WIR UND DIE KARTOFFELN Kartoffelbekenntnis Sie ist das wahrhaft demokratische Gemüse: Erschwinglich für jedermann, ist sie in der ärmlichen Hütte wie im prunkvollen Palast zuhause. Mild im Geschmack gibt sie dem Koch alle Freiheiten. Kaum ein Lebensmittel ist so wandlungsfähig und variantenreich wie die robuste Knolle. Und kaum eine Kulturpfl anze hat so entscheidend zum Wandel der Weltgeschichte beigetragen wie die Kartoffel. Sie ist nicht nur eines der wertvollsten Nahrungsmittel überhaupt, sondern auch noch kalorienarm, genügsam im Anbau und das ganze Jahr verfügbar. Heute gilt es, die Seele der Kartoffel wieder zu entdecken, die Vielfalt und erstaunliche Ausdruckskraft ihrer verschiedenen Sorten wieder kennen zu lernen und die Nährstoffe und Vitamine zu schätzen, die hinter der Schale liegen. Denn im Ozean industrieller Massenprodukte droht ihre Mannigfaltigkeit Kartoffelgeschichte Wie alles, was Grazie mühelos mit Kraft und innerem Feuer verbindet, stammt auch die Kartoffel ursprünglich aus Südamerika. Schon vor 8000 Jahren formten die Ureinwohner von Peru Tonkrüge und andere Grabbeigaben nach ihrem Vorbild. Mit ihren sprießenden Augen und Keimen wurde sie von den Indios als Symbol der Fruchtbarkeit verehrt. Für die spanischen Eroberer des 16. Jahrhunderts war das Nachtschattengewächs allerdings nur ein seltsam blühendes Souvenir, und so hat niemand darauf geachtet, wer genau die Kartoffel 1565 nach Europa brachte. Dort galt sie zunächst als Heilpfl anze und Zaubermittel. Die Spanier gaben der Pfl anze, die sie für Trüffel hielten, auch fälschlicherweise den Namen Taratoufl i (heute patata), bei den Italienern dann später tartifole (heute batata); daraus wurde im deutschen Volksmund die Tartuffel, Artuffel, Kartuffel und schließlich Kartoffel. Es dauerte allerdings mehr als 200 Jahre, bis die Kartoffel allgemeines Nahrungsmittel wurde. Friedrich II. unternimmt 1750 mit dem ersten der sog. »Kartoffelbefehle« einen Versuch, die Kartoffel auf den preußischen Äckern heimisch zu machen, mit landesväterlicher Güte und Trommelschlag und geziemendem Zeremoniell: Er droht Pächtern und Bauern an, die sich seiner Empfehlung widersetzen, dass ihnen nicht "die geringste Remission bey Mißwachs und anderen Unglücksfällen angedeihn werde". www.Das<strong>Kartoffelhaus</strong>.de unterzugehen. Sie heißt beileibe nicht nur Bintje, Linda, Nicola oder Sieglinde, sondern auch Schneefl ocke, Bamberger Hörnle, Schönheit von Hebron oder Cherie. Sie lässt sich nicht nur in Frittenbuden malträtieren, sondern ist ebenso Lieblingsspeise berühmter Feinschmecker wie Gunter Sachs, Vincent Klink oder Arlette Sirlot. Kartoffeln verdienen eine aufmerksame und sensible Behandlung: Dann entfalten sie auch die feinen und seelenvollen Aromen, die Sie bei uns erkosten können. Das <strong>Kartoffelhaus</strong> hat sich zum Ziel gesetzt, nicht nur den Ruf der Kartoffel zu retten, sondern darüber hinaus ein wenig dazu beizutragen, bedrohte Sorten vor dem Untergang zu bewahren. Deshalb retten Sie, indem Sie bei uns genießen! Die Motive für die außerordentlichen preußischen Anstrengungen zur Einführung des Kartoffelbaus ergaben sich aus der politisch-militärischen Situation. Die abgabenpfl ichtigen Bauern mussten die Möglichkeit erhalten, durch Produktionssteigerung ihre Abgabenpfl icht zu erfüllen, ohne selbst hungern zu müssen. Anlass für die endgültige Eingliederung der Kartoffel in die Mahlzeiten war die Getreidemissernte 1771, als in vielen Teilen Deutschlands, vor allem in Bayern und Württemberg, durch die neue Kulturpfl anze eine allgemeine Hungersnot abgewendet werden konnte. Kaum etabliert, wurde die Kartoffel so wichtig, dass Missernten, ausgelöst durch Befall mit der Kraut- und Knollenfäule, in mehreren nasskalten Sommern zum Auslöser für die gescheiterte demokratische Revolution von 1848 wurden. Der Historiker Henry Hobhouse entwickelt in seinem Buch „Fünf Pfl anzen verändern die Welt“ sogar die These, die Kartoffel habe die Industrialisierung erst ermöglicht. Denn erst durch ihre Kultivierung ist das enorme Bevölkerungswachstum im 19.Jh. möglich geworden. In Irland z.B. verfünffachte sich die Bevölkerung zwischen 1801 und 1841. Sie setzte darüber hinaus Arbeitskräfte in der Landwirtschaft frei. Sie war die erste Anbaukultur, die es dem Bauern erlaubte mit seiner Produktion mehr als nur die eigene Familie und eine relativ kleine Oberschicht und die städtischen Handwerker zu versorgen. Der Sprung in die Neuzeit war mit der Kartoffel ermöglicht.