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Nr 2009-2 - Schweizerisch-Chinesische Gesellschaft

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SCHWEIZ–CHINASUISSE–CHINESVIZZERA–CINAInformationsorgan der <strong>Schweizerisch</strong>-<strong>Chinesische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>Bulletin d’information de la Société Suisse-ChineOrgano d’informazione della Società Svizzera-CinaRUIZHONG2– <strong>2009</strong> / September BaselWas die Chinesen lesenChinas Literatur im UmbruchVon Eva Lüdi Kong 1Fotos: LüdiDer «Buchkonsum-Center» isteiner der fünf grössten Buchlädender wohlhabenden DreimillionenstadtHangzhou. In der grossräumigenEingangshalle ist eineverwirrende Fülle von Publikationenausgelegt; Lesende stehen vor denRegalen, sitzen auf der Treppe, imBuch-Café – was wird gelesen, wasinteressiert?Think & Grow RichHalten wir uns an die Bestseller,fällt der grosse Anteil an Publikationenzur chinesischen Geschichteund Philosophie auf, einschliesslichNeuinterpretationen konfuzianischerKlassiker, die im vergangenen Jahrdurch Fernsehvorträge grosse Erfolgeverzeichneten. Am grösstenjedoch ist eine Spezialauslage mitKarriere- und Erfolgsgeschichten,darunter nicht wenige Übersetzungenaus dem Amerikanischen wie Think1 Eva Lüdi Kong lebt als Sinologin und Übersetzerinin Hangzhou. Die Bilder hat sieim Buchladen Booku an der Wenerlu in& Grow Rich oder How to winfriends and influence people. Auf deranderen Seite das häusliche Gegenstückzum geschäftigen Business:Gesundheit, Ernährung, Interieur,auch trivialpsychologische Ratgeberzu Fragen wie: Wie werde ich einselbstsicherer Mensch? Wie werdeich zur attraktiven Frau?Bleibt da noch Musse undInteresse für Belletristik, möchteman sich besorgt fragen. In der Tatwird ein rapides Schwinden derLeserschaft beklagt. «Heutzutageliest nur noch Bücher, wer untersechzehn oder über sechzig ist»,stellt ein junger Schriftsteller nüchternfest. Ein 15-jähriger Gymnasiast,der wie seine Mitschüler täglich bisMitternacht über seinen Hausaufgabensitzt, lacht nur: «Natürlichhaben wir keine Zeit zum Lesen.»Wie die meisten Teenager beziehter seine Informationen aus demInternet.Das Internet, obschon immerrigider zensuriert, bietet eine relativoffene Plattform des Austauschs; werschreiben will, braucht heute nichtmehr auf die Publikation seinesErstlingsmanuskrips durch ein offiziellesLiteraturmagazin zu hoffen,sondern schreibt direkt auf einer virtuellenManuskript-Plattform. Hierstöbern denn auch marktorientierteVerlage anhand von Aufrufquotennach trendigen Jungautoren.gu, jin, zhong, waiDennoch ist im Buchhandel einumwerfendes Angebot an Belletristikzu finden. Wer in China von Belletristikspricht, betritt ein weitesFeld – im <strong>Chinesische</strong>n lapidarmit gu jin zhong wai (alt, neu, chinesisch,ausländisch) umschrieben.Wasdarunter im Allgemeinen verstandenwird, verraten die beliebten «Lektüre-Empfehlungen für Mittelschüler»:Gelesen haben sollte ein Mittelschülernicht nur die klassischenchinesischen Romane der spätenKaiserzeit und die aus der antitraditionalistischenBewegung von 1919hervorgegangenen Schriftsteller LuXun, Mao Dun oder Lao She, sondernHangzhou aufgenommen. Fortsetzung Seite 5


Unsere <strong>Gesellschaft</strong> / Notre société / La nostra societàDie erste Bauetappe hat begonnenDer Kindergarten in Longxing (Sichuan)Das Schweizer Schulprojekt inder Erdbebenregion von Sichuan,an dem sich unsere <strong>Gesellschaft</strong>beteiligt, kommt voran. Die Bauarbeitenwurden inzwischen aufgenommen.Die Grundsteinlegung fand am20.5.09 statt. Dabei anwesend warenu.a. Blaise Godet, Botschafter derSchweiz in China, Vertreter derSchweizer Projektleitung und vonSchweizer Firmen. Ebenso DanielHeusser, Architekt und Direktor desProjektes sowie Vertreter der lokalenRegierung.Bis zum Datum der Grundsteinlegungbetrug dasTotal der erhaltenenSpenden RMB 6250 000 (ca. CHF1 Mio) nebst verschiedenen Zusagenfür Spenden in Form von Naturalienund Dienstleistungen.Die Beziehung der Projektverantwortlichenzur Schule und zur lokalenRegierung ist hervorragend und baldschon werden chinesische Lehrerinnenaus Chengdu in Shanghai und Pekingeinen Weiterbildungskurs absolvieren.Zudem arbeitet das Projektteam aneinem Kalender für das Jahr 2010.Dieser Kalender soll in der Schweizund in China verkauft werden undder Erlös wird vollumfänglich demProjekt zugute kommen.Noch immer ist die Finanzierunggewisser Dinge nicht gesichert. DieUntersuchung des Bodens hat nämlichergeben, dass Sanierungsarbeiten amGrundstück nötig sind, welche zusätzlicheKosten verursachen. Vor diesemHintergrund sind Spenden nach wievor sehr willkommen.Rudolf SchaffnerKinder der Schule bei der Grundsteinlegung.Die Kinder der Schule.Die Honoratioren an der Arbeit. Fotos: SwissCham Dorfbewohner.China und die WeltwirtschaftslageGV <strong>2009</strong> der <strong>Schweizerisch</strong>-<strong>Chinesische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>Die Jahresversammlung verlief programmgemäss inAnwesenheit von zirka 80 Mitgliedern und Gästen ausder Botschaft der VR China, Bern, und des Generalkonsulatesin Zürich. Zu den Gästen zählte auch NationalratBruno Zuppiger, Präsident der ParlamentarischenGruppe Schweiz–China.Neu in den Vorstand wurde Frau Claudia Wirz gewähltals Ersatz für Frau Christina von Podewils, die letztes Jahrnach über 20-jähriger Zugehörigkeit aus dem Vorstandzurücktrat. Die beiden Revisorinnen, Frau CharlotteHaefliger und Frau Ruth Schilling, wurden wiedergewählt.Im Anschluss an die statutarischen Traktanden folgte einsehr interessanter Vortrag von Herrn alt Botschafter MeiZhaorong, Beijing, zum Thema «Die Herausforderungder VR China in der gegenwärtigen Weltwirtschaftslage».Das Skript kann über info@schweiz-china.ch bezogenwerden.Das Protokoll der GV sowie der Jahresbericht desPräsidenten in deutscher und französischer Sprache sinddiesem Bulletin beigefügt.Der Jahresbericht ist auch unter www.schweiz-china.chzu finden.RS2


Editorial Editorial EditorialeChina ist Ehrengast auf der Buchmessevom Oktober in Frankfurt.Dies kündigt sich seit Monatendurch eine Flut von Büchern überund aus China an. Es ist auch fürden informierten Leser nicht einfach,den Kopf über diesen Publikationswellenzu halten, und dieFluten, durch die wir uns zu kämpfenhaben, sind von unterschiedlicherQualität.Nicht alles, was wir dabei schlucken,ist bekömmlich. Da werdenin aller Eile noch Bildbände produziert– wir haben darüber berichtet–, da wird hüben und drübenmit Literatur Politik gemacht, dawerden Autoren übersetzt, diebesser unübersetzt blieben, und daist oft nur wichtig, dass derAutor, die Autorin einen chinesischenNamen hat und/oder sichüber China auslässt. Je reisserischer,je mehr Sex and Crime,desto besser.Und doch gibt es viel Lesenswertesund Informatives, nachdenklichStimmendes und Lustiges, Fundiertesund Weiterführendes.Wir haben der Literatur denSchwerpunkt dieser Nummer gewidmet.Dies hat mehrere Gründe.Einmal der Anlass der Buchmesseselbst; dann die Tatsache, dassSchweizerinnen und Schweizer –und dabei gerade auch Mitgliederunserer <strong>Gesellschaft</strong> – in der Literatur-und Kunstvermittlung aktivsind; und schliesslich weil guteLiteratur einen Zugang zu einemLand ermöglicht, der weit überdas Intellektuell-Rationale hinauszu einem gefühlsmässigen Erkennenführt.Insbesondere Letzteres ist wichtig.Nur so kann die Freundschaft fürein Land und ein Volk mehr seinals ein kritisch-distanziertes Aufdie-Schulter-Klopfen.Nur so kenntsie beides: Wissen um Unzulänglichkeiten,ohne enttäuscht zu sein,ebenso wie einfühlsames, vonSympathie und Anteilnahme getragenesVerstehen.Jürg BaumbergerEn octobre, la Chine est l’invitéed’honneur du Salon du livre deFrancfort. Depuis des mois, cetévénement est annoncé par uneavalanche de livres sur et enprovenance de la Chine. Pour lelecteur averti, il est ardu de garderla tête au-dessus de ce flotde publications, et de lutter contrecette marée de qualité variable.Tout ce que nous avons à avalern’est pas forcément digérable.En tout hâte, des livres illustréssont encore produits – nous avonsdéjà écrit à ce sujet – on fait detous côtés de la politique à partirde la littérature, des auteurs sonttraduits, alors qu’il eut été préférablede ne pas les traduire, etil est souvent vital que l’auteur,homme ou femme, ait un nom chinois,ou se défoule sur la Chine.Plus on donne dans le sinistre,dans le sexe et le crime, mieux celavaut.Et pourtant, il y a beaucoup delectures intéressantes, de grandevaleur informative, qui incitent àla réflexion ou au rire, des chosesargumentées et de pointe.La littérature est au centre de cenuméro. En plus du Salon dulivre lui-même, ceci a plusieursraisons: le fait que des Suissesseset des Suisses – en particulieraussi parmi les membres de notreSociété – sont actifs en matièrede littérature et de médiation artistique,et parce qu’une bonne littératuredonne accès à un pays parune connaissance émotionnelle,qui va au-delà des aspects intellectuelset rationnels.Ce dernier motif est particulièrementimportant, car seule l’amitiépour un pays et un peuple offredavantage qu’une approche critiqueet distanciée qui revient àse taper sur l’épaule en guise decontentement. Elle permet tantla connaissance des insuffisancessans risque de déception qu’unecompréhension empathique, faitede sympathie et de participation.Jürg BaumbergerLa Repubblica Popolare di Cina èospite d’onore della Fiera del Libroche si tiene in Ottobre a Francoforte.Già da mesi arriva una quantitàdi libri dalla e sulla Cina. Ancheper i lettori più esperti è difficilemantenere la testa al disopra diquest’ondata di pubblicazioni elottare contro un’inondazione diopere di dubbia qualità. Inoltre ilcontenuto non è sempre piacevolené appetitoso.Sono prodotti a grande velocitàvolumi illustrati – ne abbiamo giàaccennato in passato – utilizzati perscopi politici. Sono tradotte opereche sarebbero meglio non tradurre.Sovente è solo importanteche l’autore o l’autrice abbia unnome cinese oppure si sfoghinocontro la Cina. Più i libri sono pienidi adrenalina, più Sex and Crime,meglio è.Pertanto ci sono pure molte opereletterarie informative, basate sufatti, di divertenti e di molto valoreculturale, che vale la pena di leggere.Per diverse ragioni questo numerodi Ruizhong è dedicato alla letteratura.In primo luogo per l’occasionedella Fiera del Libro, poi perchéle svizzere e gli svizzeri, tra iquali figurano pure i nostri soci,sono spesso coinvolti nella propagazionedella letteratura e delleopere d’arte. Non bisogna dimenticareche un’ottima letteraturapermette di accedere a un paesea un livello superiore a quello intellettualee razionale per raggiungerecon affetto una mutua conoscenza.In particolare è importante questaconsapevolezza. Solo in questomodo è possibile sviluppare unavera amicizia con un paese e il suopopolo. Meglio che con una criticae distanziata battuta sulla spalla.Solo così possiamo apprenderesensibilmente quali sono le nostremanchevolezze senza restarnedelusi, con simpatia e una partecipazionepiena di comprensione.Jürg Baumberger3


Unsere <strong>Gesellschaft</strong> / Notre société / La nostra societàSchiffstechnik und AgrarwirtschaftAusflug in die Innerschweiz zu Ehren von Botschafter Dong Jinyi und Generalkonsul Li XiaosiDie <strong>Schweizerisch</strong>-<strong>Chinesische</strong><strong>Gesellschaft</strong> hat am 20. Juni <strong>2009</strong>eine Delegation der chinesischenBotschaft in Bern, unter der Leitungvon Herrn Botschafter DongJinyi sowie Herrn GeneralkonsulLi Xiaosi, zu einem Auflug in dieInnerschweiz eingeladen.Mit dem KatamaranTreffpunkt am Samstagmorgen:Schiffsteg 3 in Luzern. Das istder Standplatz des neusten Passagierschiffesder Vierwaldstättersee-Flotte, des Katamaran MS 300. DerKatamaran, auf den Namen Cirrusgetauft, wurde eigens von der SchifffahrtgesellschaftVierwaldstättersee(SGV) entwickelt und in der LuzernerWerft gefertigt. Die erste Inbetriebnahmeerfolgte am 20. Mai <strong>2009</strong>.Herr Björn Hensler, Schiffbauingenieur,führte uns äusserst kompetentin die innovative Schiffstechnik desKatamaran ein. So wurde zum Beispielfür die gesamte KonstruktionAluminium eingesetzt, was einensehr ökonomischen Treibstoffverbrauchmit sich bringt, dies nichtzuletzt auch, weil das Schiff auf zweiKufen über den See gleitet.Zweite Station: Sammlung Rosengart,Luzern, im sehr schön restauriertenGebäude der ehemaligenNationalbank. Die Delegation wurdedurch Frau Angela Rosengart persönlichund sehr herzlich begrüsst.Die Sammlung besteht aus weit überDie Delegation in Hochdorf.4300 Werken von 23 verschiedenenKünstlern der sogenannten KlassischenModerne. Darunter finden sich125 Werke von Paul Klee und gegen180Werke von Pablo Picasso.Weiterein der Sammlung vertretene Künstlersind Braque, Cézanne, Chagall,Kandinsky, Matisse, Miro, Monetund viele mehr. Frau Rosengart weisses, in überaus liebenswürdiger undgewinnender Art und Weise in ihreSammlung einzuführen und verrietuns viele Anekdoten zu den persönlichenBegegnungen mit denKünstlern, mit denen sie und ihrVater, Siegfried Rosengart, herzlicheFreundschaften pflegten.Von der Sammlung Rosengartspazierten wir durch die LuzernerAltstadt ins Restaurant Des Balances,wo wir auf der Terrasse direkt überder Reuss lokale Köstlichkeiten genossen.Nahrungsmittel für alleDas Nachmittags-Programm führteuns ins Luzerner Seetal. Der ersteBesuch galt der Hochdorf-Gruppe inHochdorf. Die Hochdorf-Gruppe istein international ausgerichtetes,ultramodernes lebensmitteltechnologischesUnternehmen. Aus natürlichenRohstoffen wie Milch undWeizenkeimen entwickelt und produziertdie Hochdorf-Gruppe gesundeNahrungsmittel für jede Altersgruppe,vom kompletten Ernährungs-Sortiment für Babys bis zur Nahrungs-Ergänzungfür Senioren. Unternehmender Nahrungsmittelindustrie,der Detailhandel, Bäckereienund die Gastronomie gehörendeshalb zum Kundenkreis der Hochdorf-Gruppe.Die Herren Hans-Rudolf Schurter, Präsident desVerwaltungsrates, und Michiel J. deRuiter, Managing Director, hiessenuns herzlich willkommen, führtenuns durch den ganzen Milchverarbeitungs-Betriebund bereitetender schweizerisch-chinesischen Delegationdurch ihre Erklärungen einehochinteressante Zeit.Der zweite Besuch führte unszu Herrn alt Nationalrat Josef Leu,welcher in Hohenrain bei Hochdorfzusammen mit seinem Sohn einenmodernen Bauernbetrieb (Milchwirtschaft)führt. Zu den Höhepunktenauf dem Bauernhof gehörte sicherder Besuch im modernen Stallund zum Abschluss die köstlicheVerpflegung im Bauerngarten durchdie ganze Familie Leu.Marianne Heller


Das Thema / Le thème / Il temaFortsetzung von Seite 1auch die Fabeln des Äsop, den DonQuijote, die Divina Commedia undnatürlich die grossen Klassiker vonHugo, Balzac, Shakespeare,Tolstoi ...Neueres kommt in solchen Ratgebernkaum zu Sprache, obschon nahezualles in chinesischer Übersetzungzu haben ist. Besonders den Nobelpreisträgernkommt jeweils grosseBeachtung zu – ausser Gao Xingjian.Unbekannte ExilautorenDer Name des chinesischen Nobelpreisträgersfranzösischer Staatsangehörigkeitist bekannt, doch seinWerk, Der Berg der Seele, gibt esnicht. Keiner fragt mehr danach undkeiner weiss wirklich, warum dasBuch nicht publiziert wird. Andereemigrierte Autoren sind kaumbekannt. «Qiu Xiaolong? Xinran?Nie gehört. Ha Jin? Soll in den USAeinen Preis gewonnen haben. Aberer schreibt auf Englisch.» Umgekehrtsind die meisten der im Westen relativbekannten Autoren, die in derVolksrepublik leben, hier ebenfallsanerkannt, besonders Schriftstellerälterer Generationen wie Wang Anyi(*1954), Jia Pingwa (*1952), MoYan(*1956), Yu Hua (*1966), Su Tong(*1963) – alle Mitglieder des<strong>Chinesische</strong>n Schriftstellerverbands.Etabliert sind heute auch die inden 90er Jahren mit «Internetliteratur»bekannt gewordenen AutorinnenWei Hui (Shanghai Baby) oderMian Mian (La la la), die einenvoyeuristischen Blick auf Partyszenenim jungen Neureichenmilieuerlaubten und dank partiellemBuchverbot umgehend in westlicheSprachen übersetzt wurden. In Chinaselbst sind sie längst nicht mehraktuell. Heute sind Jugendliche fasziniertvon erfolgreichen Jungautorenwie der werbespotmässig auftretendeGuo Jingming oder AutorennfahrerHan Han, die beide die Gemüter einerbreiten Masse von Jugendlichenanzusprechen vermögen. Was denBeliebtheitsgrad anbelangt, sindausserdem die vom kommerziellenKulturbetrieb stark beeinflusstenVorlagen zu Verfilmungen zu erwähnensowie die erst seit dem 21. Jahrhundertzugelassene Literatur zumilitärischen Themen.VerdauungsbeschwerdenWenn die zeitgenössische chinesischeLiteratur, nach einem Statementdes Bonner Sinologen WolfgangKubin, heute in China mitunter als«Müll» bezeichnet wird, trifft dieszwar die tatsächlich mangelndeQualität vieler jüngerer Werke, lässtjedoch ausser Acht, dass solcheProduktionen dem vielmehr existentiellendenn literarischen Bedürfnisentspringen, die tiefgreifenden gesellschaftlichenUmwälzungen derneueren Zeit überhaupt zu verdauen.«Ein Europäer hätte 400 Jahre lebenmüssen, um eine ähnlich grosseVeränderung zu erfahren, wie sie einChinese in 40 Jahren durchgemachthat», sagt Yu Hua, der in seinemneuen Roman Brüder eine erschütterndeAnalyse der menschlichenPsyche von der Kulturrevolution bisheute unternimmt.Ausserdem muss in Betracht gezogenwerden, dass sich die Literaturszenein China im Zusammenspielzweier Kräfte entwickelt, diesich beide nicht unbedingt qualitätsförderndauswirken: der staatlichenund der kommerziellen. In derenDienst steht auch der überwiegendeAnteil der Literaturkritik, die deshalbeine wenig eigenständige Funktionausübt. Massgebende Institution aufstaatlicher Seite ist der 1947 gegründete<strong>Chinesische</strong> Schriftstellerverband,der direkt der Partei untersteht.Gemäss offiziellen Angaben fungierter als «Bindeglied zwischen Parteiund Literaturschaffenden» und betätigtsich in «parteipolitischerBildung, Preisverleihung, Forschungund gesund argumentierender Literaturkritik».Zahllose Zweigverbändeauf Provinz- und Gemeindeebeneerfüllen dieselbe Funktion.Neun Zeitschriften, fünf PreiseDem Schriftstellerverband unterstehenneun offizielle Literaturzeitschriften,eine Stipendienstelle undfünf nationale Literaturpreise. DieMitgliedschaft verleiht den Statuseines offiziell anerkannten Schriftstellers,erhöht die Chancen aufPreise und erfolgreiche Vermarktungund garantiert ein geringes Monatsgehalt(100–200 Euro). Galt dieAufnahme in den Schriftstellerverbandfür ältere Generationen nochals Bestätigung und Ehre, geben sichjüngere Autoren eher skeptisch undsehen das Propagandainstrument inzwiespältigem Licht. Dass sich unterden diesjährigen 408 neuen Mitgliedernauch der beliebte HongkongerSchriftsteller Louis Cha (Jin Yong,*1924) befindet, löste heftige Diskussionenaus und wurde als«Kapitulation vor dem Kaiserhof»kritisiert. «Wenn ich Vorsitzenderdes Schriftstellerverbands würde»,meint der selbstbewusste Han Han,«würde ich diese Institution in dernächsten Sekunde abschaffen.»Mit der Zensur lebenHan Han, dessen Bestseller Millionenauflagenerreichen, kann mitdem kommerziellen Buchmarkt allerdingszufrieden sein. FreischaffendeAutoren wie er, die abseits der staatlichenSchiene arbeiten, äussern sichim Allgemeinen kritischer. Dennochist die staatliche Kontrolle in jedemFall gewährleistet. Denn gleichgültigob ein Buch in einem der 570 staatlichenVerlage erscheint oder über eineder vielen inoffiziellen aber wirtschaftlicherorientierten «Buchagenturen»auf den Markt kommt, wirddie staatlich verwaltete ISBN-Nummererst nach eingehender Prüfungdes Inhalts vergeben. Wer publiziert,muss mit der Zensur leben: Es kommtdarauf an, die Grenzen ausfindigzu machen, innerhalb derer man sichfrei bewegen kann.Eva Lüdi Kong5


Das Thema / Le thème / Il temaDer lange Fluss des LesensEhrengast China auf der Frankfurter Buchmesse <strong>2009</strong>Von Margrit ManzSo stellt sich China dar.6Ein Tropfen Wasser, ein BlattPapier, ein Buch und ein Schriftzeichen,das sind die Elemente, vondenen die chinesische Kultur zusammengehaltenwird. Der chinesischeKünstler Li Jiwei hat zu diesemThema eine Ausstellung für Frankfurtkonzipiert, bei der aus viergegenständlich greifbaren Elementenein künstlerischer Raum geschaffenwird. Im Zentrum dieser Präsentationsteht das Element Wasser, der Ursprungallen Lebens und wesentlicherBestandteil der Papierherstellungund -verarbeitung. Mehr alszehntausend Bücher werden von LiJiwei auf dem Messegelände zueinem «langen Fluss des Lesens»verknüpft.China in FrankfurtNeben dieser Ausstellung werdennoch weitere zahlreicheVeranstaltungenden eigentlichen Anlass derBücherschau aus China in Frankfurtschmücken. Eine Zeltlandschaft miteiner Bühne wird Einblick bieten inweitere kulturelle Traditionen wiez.B. Scherenschnitt, Schatten- oderFigurentheater sowie in Handwerkskünste,die von den Besuchern gleichan Ort und Stelle erlernt werdenkönnen. Zum Zuschauen und Hinhörenwerden u.a. noch chinesischeVolksmusik, chinesische Oper, TanzundKung-Fu-Darbietungen angeboten.Ausserhalb der Buchmesseflankieren weitere Anlässe das chinesischeProgramm in Frankfurt.In der alten Oper wird derPianist Lang Lang auftreten und dasLiving XXL serviert seinen Gästenim Rahmen einer chinesischenNacht «Chinese-Vibes». Im DeutschenFilminstitut DIF e.V. wird eineRetrospektive des chinesischen Filmszu sehen sein und das DeutscheArchitekturmuseum bietet eine Ausstellungzur modernen chinesischenArchitektur. Ausserdem wird es nochweitereAusstellungen zu denThemenComics, zeitgenössische Kunst, Holzdruckund Papierschnitt geben. BereitsMitte Juni wurde die Fotoausstellung«China im letzten Jahrhundert»eröffnet, die Einblick in dasLeben chinesischer Familien gibt.Lesungen und DiskussionenAber im Zentrum der Buchmessestehen natürlich das Buch und dieMenschen, die Bücher schreiben,übersetzen, gestalten, verlegen undvertreiben. In Lesungen und Podiumsdiskussionenwerden sowohldie Medien als auch das Fachpublikuman der vielseitigen Präsentationdes Reiches der Mitte teilnehmensowie diejenigen, die sich für Chinainteressieren oder deren Interesse erstnoch geweckt werden muss.Mit hochkarätigen internationalenBesetzungen und spannenden Inhaltenwirbt man für die sogenanntenHigh-Level-Foren, wie z.B. das «InternationalPublisher Forum», aufdem man über die von der Finanzkrise,dem Internet und den neuenTechnologien verursachten Herausforderungen,aber auch über Chancenfür die Medien und die Entwicklungder Weltpresse diskutieren will. Beim«International Economist Forum»werden sechs internationale Ökonomen,darunter auch Nobelpreisträger


Das Thema / Le thème / Il temaBuchhandlung in der Boom-Stadt Shenzhen.für Wirtschaftswissenschaften eingeladensein, die über Chinas wirtschaftlichesWachstum und dessenInteraktion mit der Weltwirtschaftsprechen.Auf 1000 Quadratmetern werdensich vom 14. bis 18. Oktober <strong>2009</strong>chinesische Verlage am Gemeinschaftsstandin der Halle 6.0 aufdem Frankfurter Messegelände präsentieren.Gestartet wurde bereits imVorfeld ein grosses Förderprogrammfür Übersetzungen. Rund 100 Titel,von China anlässlich der FrankfurterBuchmesse in Auftrag gegeben, wurdenins Deutsche oder Englischeübersetzt veröffentlicht und werdenam China-Stand aufliegen.Die Einladungsliste«Namhafte chinesische Autorenwerden zur Buchmesse nach Frankfurtkommen», teilt mir stolz der emeritierteProfessor für Germanistik YeTingfang aus Beijing mit und legtseinem Brief die Namen der offiziellenEinladungsliste des <strong>Chinesische</strong>nSchriftstellerverbandes bei:Tie Ning, Präsidentin des CSVB,Mo Yan, Yu Hua, Ye Yanbin, ZhaoBenfu, He Sheng, Dong Xi (TieDailin), Tian Er, Chen Ran (w), XuYigua (w), Ge Shuiping (w), A Lai,Li Er, Ani Baobei (Li Jie, w), YangHongying (w), Xu Zechen, Li Jingze,Huang Liaoyu, Su Tong (TongZhonggui), Liu Zhenyun. Alle ihreWerke seien bereits ins Deutscheübersetzt.Lei Ren, Projektmanagerin derInternationalen Abteilung der FrankfurterBuchmesse, zeigt sich überden Stand der Vorbereitungen desEhrengastes China sehr erfreut. Alleslaufe auf Hochtouren, versichert sie,schliesslich habe man sich bereits2007 für diesen Auftritt entschieden.Es sei eine grosse Chance für China,die Verlagsbranche auf sich aufmerksamzu machen und sich über dieKultur international verständlich zumachen.Mehr als Kalligrafie und Oper«Das China-Bild im Westen isteben ein ganz anderes als das meinige»,sagt sie. «Es bezieht seinWissen oft aus Romanstoffen wieJung Chan’s ‹Wilde Schwäne› oder‹Töchter des Himmels› von AmyTan oder glaubt, der chinesischeAlltag bestehe aus Kalligrafie undPekingopern.» Aber Autorinnen wiez.B. Jung Chan und Amy Tan schreibennur auf Englisch. Chinas Literaturwird im Westen vermehrt überenglisch geschriebene Bücher vermittelt.Übersetzungen direkt ausdem <strong>Chinesische</strong>n sind eher selten.«Daher freut es mich», setzt LeiRen nach, «dass China im OktoberGelegenheit hat, sein vielstimmigeszeitgenössisches Gesicht zu zeigen.Viele Verlage – rund 120 sind esbislang – haben Neuerscheinungenauf Deutsch angekündigt, darüberca. 50 Titel in der Belletristik.» Alsich nach den Erwartungen frage, dieChina mit seinem Auftritt verknüpft,erklärt mir die Projektmanagerin,dass man nicht von einem Chinasprechen könne, denn es gäbe vieleChinas. Aber was allen gemeinsamsein könnte, ist der Wunsch, überdie Literatur in Kontakt zu kommenmit internationalen Verlagen, aberauch zukünftigen Lesern und sichüber ihre Grenzen hinaus verständlichmachen zu können.Tradition und InnovationDas Motto des chinesischen Auftrittsals Ehrengast heisst «Traditionund Innovation». Der grösste Wunschsei, so Zhang Fuhai, der stellvertretendeDirektor der General Administrationof Press and Publication sowieVorsitzender des chinesischen Organisationskomitees,dass die chinesischeKultur, eine der ältesten Kulturender Weltgeschichte, im Westennoch relativ unbekannt, somit Annerkennungund Aufmerksamkeiterfahre, wie sie der chinesischenWirtschaft schon seit längerem entgegengebrachtwerde.Nach Jürgen Boos, Direktor derBuchmesse, geht es um nichts Geringeresals einen Beitrag zur Verständigungder Kulturen der Welt zuleisten. «Mit dem Ehrengastauftrittin Frankfurt macht China einen grossenSchritt auf uns zu: Erstmals präsentiertes seine Kultur auf einer internationalenBühne», sagte er bei derPressekonferenz Anfang Juni inFrankfurt.7


Das Thema / Le thème / Il temaDie chinesische Literatur auf dem PrüfstandExperten äussern sich zur chinesischen Literatur und zu deren Szene in Deutschland und der SchweizVon Margrit ManzWir haben Persönlichkeiten ausdem Literaturbetrieb in China, derSchweiz und Deutschland befragt,wie sie die Vorbereitungen für denAuftritt Chinas als Ehrengast wahrnehmen,wie sie die Reaktionen derhiesigen Verlage, der Leserschaftund Medien einschätzen und welcheBücher aus China sie in der letztenZeit besonders beeindruckt haben.Alice Grünfelder hinzu. Sie hebtzwei Bücher hervor:Yan Liankes «Der Traum desGrossvaters» berichtet wie durchden Schleier eines Traums über einskandalöses Geschäft mit Blut, beidem sich viele Menschen mit demAlice GrünfelderLektorin und Literaturvermittlerinaus Zürichkennt die Stärken und Schwächenin der chinesischen Literatur. «Ichzitiere hier gern Luo Lingyuan, dieauf einer Konferenz sagte, ein guterRoman in China sei nur dann gut,wenn auf den ersten Seiten 100 verschiedenePersonen erwähnt werden,die noch nicht einmal die Handlungssträngevorantreiben. Damit bringensie natürlich die westlichen Leser zurVerzweiflung, die eine konzentrierteAusgestaltung von einem oder nurweniger Charaktere goutiert.» <strong>Chinesische</strong>Autoren neigen manchmalzu einer Art Geschwätzigkeit, diehiesige Leser eher enerviert und diesie auch, fernab der eigenen Klassiker,nicht mehr gewohnt sind. «Leiderist es nach wie vor so,» bedauertAliceGrünfelder, «dass viele chinesischeAutoren meinen, nur die korrekteAbbildung der Realität mache Literaturaus; sie sind damit noch immerOpfer der maoistischen Doktrin, wonachLiteratur dem Volk zu dienenhabe und dem sozialistischen Realismusverpflichtet ist.»Als Stärken der chinesischenLiteratur hebt die Lektorin die literarischversierten und dennoch unverblümtenBeschreibungen vomchinesischen Alltag hervor, die diegesellschaftlichen Bedingungen aufdie Spitze treiben und manchmalsatirisch, surrealistisch verbrämtoder ins Absurde gesteigert daherkommen.Die wichtigsten Werke sind übersetztworden, wie z.B. die Romanevon MoYuan,Yu Hua,Yan Lianke undAlai. «Autoren, die der chinesischenRegierung gegenüber eher kritischeingestellt sind, werden eben aufandere Weise repräsentiert», fügt8Lo Kwai Cheung, 2. v. r., Alice Grünfelder, 3. v. r., Yang Qian, 5. v. r.HI-Virus infizieren. In Yu Hua’sRoman geht es um zwei Brüder, ihrenHumor und ihre Naivität gepaart mitder Überzeugung, es schon irgendwiezu schaffen.Veronika LicherFreie Redakteurin, Lektorin undVerlagsberaterin mit SchwerpunktVR China aus Mannheimbeobachtet die chinesische Verlagslandschaftschon länger undspürt die Trends auf. «Natürlichmöchten die Chinesen ihr Land inbestmöglichem Licht darstellen unddie Vielfalt der chinesischen Kulturpräsentieren, die herausragenden Erfindungenwie das Papier, die chinesischeSchrift, die sich im Designder Gastlandhalle widerspiegeln.» Zuerwähnen ist auch die den Gastlandauftrittflankierende Übersetzungsförderung,die die aktuelle undklassische chinesische Literatur imAusland bekanntmachen soll.«Man kann sich aus dem Fensterlehnen ohne sich hinauszustürzen.In diesem Sinne werden sicher keinekritischen Diskussionen forciert. Andererseitsaber werden Autoren, dieaus bekannten Gründen nicht im(Foto Zeller)chinesischen Schriftstellerverbandsind, bestätigt mir Veronika Licher,nicht abgehalten, aus eigener Initiativeoder auf Einladung ausländischerVerlage nach Frankfurt zu kommen.»Veronika Licher hebt nicht eineinzelnes Buch hervor sondern mutigeAutoren wie Xinran, Xu Xingoder Yan Lianke, die es sich nichtin der eigenen <strong>Gesellschaft</strong> bequemmachen wollen.Raffael KellerSinologe, Übersetzer und Bibliothekarin der Sammlung Alte Druckeder Zentralbibliothek Zürichwird mit eigenen Publikationenzur Frankfurter Buchmesse fahren.Raffael Keller hat schon viele guteAutoren aus China übersetzt. «Diemeisten Verlage interessieren sichleider nur für die Gegenwartsliteratur.Sie vergessen, dass die chinesischeLiteratur in ihrer 3000-jährigen GeschichtezahlreicheAutoren vonWeltranghervorgebracht hat, die in Europaimmer noch kaum bekannt sind.» Daswäre so, fügt er an, «wie wenn wir dieChinesen zuerst mit Durs Grünbein,Peter Stamm und Judith Hermann vertrautmachen würden und sie überGoethe, Hölderlin, Rilke, Kafka u.a.im Dunkeln liessen.»«Mein Hauptautor, der DichterDu Fu, der in China einen Stellenwerthat wie Goethe in Deutschland,lebte im 8. Jahrhundert und konntedaher nicht eingeladen werden», sagt


Das Thema / Le thème / Il temaKeller. «Der zeitgenössische DichterXiao Kaiyu (geb. 1960), den ich mitdrei anderen Dichtern für ein Hörbuchübersetze, hat es abgelehnt, amvon der chinesischen Regierungfinanzierten offiziellen Gastlandprogrammteilzunehmen, wird aber vielleichtim Rahmen der Hörbuch-Präsentation dennoch in Frankfurtauftreten.»Die gesammelten Werke von DuFu nennt Keller einen «Höhepunktder Weltliteratur». «Das sind 1400Gedichte, die frischer, geistvollerund paradoxerweise oft sogar aktuellerwirken als vieles, was heute inChina geschrieben wird. 1Samuel HerzogJournalist aus Zürich, der seit 2001im Feuilleton der NZZ das RessortBildende Kunst betreutsieht uns, was China betrifft, ineiner Post-party-Stimmung. «Chinaerhält in den Medien viel Aufmerksamkeit,steht immer in den Schlagzeilen.Vielleicht ist da eine gewisseMüdigkeit zu spüren. Im BereichKunst merke ich das deutlich. DieQualität ist einfach nicht mehr sohoch und es gibt gegen die chinesische‹Masche› mehr Widerstand vonSeiten der Journalisten.» Er verfolgtalles, was in der Kunst passiert, vonden grossen Klassikern bis zur momentanenErnüchterung, die ähnlichwie bei der Krise in der Wirtschafteinem Boom folgen muss.Sein Lieblingsbuch ist «derKauderwelsch-Sprachführer ‹Chinesischkulinarisch›, an dessen Speisekarten-Hermeneutikich mich kaumsattstudieren kann. Ausserdem liebeich das Buch zur Klassischen <strong>Chinesische</strong>nKüche von Yan-Kit So(das es leider nur auf Englisch gibt)sowie den kleinen, süssen Spaziergangdurch Shanghai und seine kulinarischenMemorabilia von Qiu Xialolong.Auch Weng Fus ‹Gourmet›habe ich natürlich mit Vergnügengelesen.»1 Du Fu: Gedichte.Aus dem <strong>Chinesische</strong>n übersetztund kommentiert von Raffael Keller.Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Mainz<strong>2009</strong>.Schmetterlinge auf der Windschutzscheibe.Hörbuch mit Gedichten von ChangYao, ChenDongdong, Hai Zi, Han Dong, OuyangJianghe, Xi Chuan, Xiao Kaiyu, Yan Jun, YinLichuan, Yu Jian und Zhai Yongming. Ausdem <strong>Chinesische</strong>n von Marc Hermann undRaffael Keller. Berlin: Fly Fast, <strong>2009</strong>. Siehe:http://www.literaturhaus.net/projekte/poesie/<strong>2009</strong>/hoerbuch.htmLo Kwai CheungAutor, Journalist und Professorfür Philosophie an der BaptistUniversity Hongkongerklärt, dass es immer darauf ankäme,ob die Bücher der Autoren inEnglisch oder andere westliche Sprachenübersetzt seien. Wenn dem so ist,sei es eine gute Gelegenheit, sich zupräsentieren. Wenn dem nicht so istLo Kwai Cheung.(Foto Zeller)und die Bücher nur auf Chinesischvorlägen, werde keiner der Autorenbeachtet werden. «Da die Scheinwerferauf dem Mainland China liegen,könnte jeder Autor aus Hongkongnur einen sehr, sehr marginalenPlatz am Rande einnehmen.» Erwähnenswertfindet erYu Hua’s «Brüder»und Mo Yan’s «Der Überdruss» (dt.2008).Annemarie Pfisterführt eine gut sortierte Buchhandlungund ein Antiquariatgleichen Namens in Basel.Annemarie Pfisters Kunden greifenzu bei der chinesischen Literatur,die in der Buchhandlung angebotenwird. China beschäftige eben dieLeute im Guten wie im Schlechten,meint Annemarie Pfister. Welchechinesischen Bücher sie denn bestellthabe, will ich wissen. «Mehr Büchervom Festland, nicht so viele von denExil-Autoren aus Kanada oder England.»Besonders gut verkauft sieden «Gourmet» von Lu Wenfu, dessenHeld überzeugt ist, der Mensch(über)lebe, um zu essen. Beschwerlichist für die Buchhändlerin, dass dieNamen der chinesischen Autoren inuneinheitlicher Schreibweise auf demBuchmarkt angeboten werden. Dasirritiere auch die Kunden. Ihr liebstesBuch ist und bleibt «Der Berg derSeele» von Gao Xingjian (dt. 2003).Der in Paris lebende Autor erhieltim Jahr 2000 den Nobelpreis. Seinletzter Roman war «Das Buch eineseinsamen Menschen» (dt. 2006).Nathalie BaoChina Projects Coordinator ander Zürcher Hochschule der Künsteund Chinesischlehrerin an derNeuen Kantonsschule Aarausagt, ihre Recherche über die neueLiteratur aus China sei für sie wenigbefriedigend, viele Neuauflagen undkein richtig zu durchschauendes Konzept.«Aber das hängt wohl mit dengrundsätzlichen Schwierigkeiten derchinesischen Literatur zusammen,im Westen gebührlich wahrgenommenzu werden», resümiert sie dieSituation.«Richtig zu begeistern vermochtenmich zuletzt die Erzählung‹Shading› von Ba Jin und der Roman‹Die umzingelte Festung› von QianZhongshu, die in den 30er bzw.40er Jahren des letzten Jahrhundertsentstanden sind. Die eindringlicheErzählkraft Ba Jin’s und der stellenweiseumwerfende Humor QianZhongshu’s haben diese Lektürensehr spannend und kurzweilig gemacht.Aber ich war vor allem fasziniert,wie scharfsinnig und luziddiese Autoren schreiben, wie brennendaktuell ihre Geschichten undGedanken auch fürs heutige Chinasind.»Wu ShulinMitglied des Organisationskomiteesdes Auftritts von China in Frankfurtberichtet von der Vorliebe derChinesen für das Lesen.In den Zeiten, als das kapitalistischeund sozialistische Lager nochdeutlicher voneinander zu unterscheidenwaren, gab es immer die Legende,dass die Menschen im Sozialismusmehr läsen, sei es aus einem Überschussan Zeit oder weil das Buch dasFenster zur Welt darstellte. China, einLeseland?Eine alte chinesische Geschichteerzählt von zwei Gelehrten, die trotzihrer Armut nicht aufs Lesen verzichtenwollten. Während der eine vonihnen Leuchtkäfer in Flaschen einfing,um mit Hilfe ihres Lichts zulesen, nutzte der andere den Widerscheindes Schnees, der zurück auf dieSeiten seines Buches fiel.Das tausend Jahre alte chinesischeSprichwort «Zehntausend Bücherlesen ist wie zehntausend Meilenreisen» könnte somit bedeuten:Bleibe zu Hause und lese oder fahrein die Welt hinaus und nimm deineBücher mit.Zum Beispiel nach Frankfurt!9


Das Thema / Le thème / Il temaDas Fremde erfahrbar machenEin Austauschprojekt mit Autoren und Künstlern aus beiden LändernIm Rahmen des Programms«Swiss Chinese Cultural Explorations»der Schweizer KulturstiftungPro Helvetia initiierte das Projekt«Foodscape» von September 2008 bisOktober<strong>2009</strong>BegegnungenzwischenAutoren und bildenden Künstlernaus China und der Schweiz (wirberichteten in der Nummer 3/2008).Ziel des Projekts ist es, einen längerfristigerAustausch und ein Netzwerkvon Autoren und Künstlern, vonInstitutionen, Kulturvermittlern, Kuratoren,Übersetzern und Verlegernin beiden Ländern aufzubauen und zuetablieren.Als Arbeitsthema dieser Begegnungdiente die Geschichte und Kulturdes Essens in beiden Ländern. Daswechselseitig Fremde wurde übereinen zugleich sprachlichen wie sinnlichenZugang erfahrbar gemacht.Viel GemeinsamesDie Schweiz und die Region desPerlfluss-Deltas haben einiges gemeinsam:So zum Beispiel die Vielsprachigkeit.Während auf der einenSeite die Landessprachen Deutsch,Französisch, Italienisch und Rätoromanischsind, spricht man auf deranderen Chinesisch, Kantonesisch,Englisch und Portugiesisch.An diesem Projekt teilgenommenhaben die Autoren und Künstler ausder Schweiz Vanni Bianconi, Locarno;Arno Camenisch, Tavanasa/Biel;Odile Cornuz, Neuchâtel; PeterWeber, Zürich; Martin Zeller, Basel;aus China Lo Kwai-cheung, Hongkong;Yang Qian, Shenzhen; HuangLihai, Guangzhou; Sou Vai Keng,Macau; und Xu Pei-wu, Guangzhou;Konzeption und Projektleitung hatteMargrit Manz.Die literarischen Texte und fotografischenArbeiten der an diesemProjekt beteiligten Autoren undKünstler, sowie weitere Interviews,Berichte und Essays aus Chinaund der Schweiz sind in einem aufwendiggestalteten Buch «Foodscape»versammelt, das im August<strong>2009</strong> im Verlag MCCM CreationsHongkong erscheinen wird (ISBN978-988-98653-8-2).Zusätzlich liegt dem Buch eineDVD bei, die Videoarbeiten desSchweizer Jungfilmers Milan Büttnermit dem Titel «Inter-View» zeigt.Er begleitete zusammen mit seinemFilmteam das Projekt Foodscape aufden Reisen durch China und dieSchweiz.Zwei Gedichte von Lo KwaiCheung und Huang Li Hai sindim Zusammenhang mit dem Projektentstanden.MMRed paper napkinHold dessert on a red paper napkin in your palmadd a jazz step, a chocolate bass,wear a brown smile.Smell the high aroma of a trumpetstutter step, twinkling mama andthe first night with a lover’s shadow.Not just that but hold it all in the palm of your handmother’s milk, whiskey, a cigar,a house in the suburbs, a mortgage, a big car.Red paper napkin in the palm of your hand touch the hammer and sicklemarch to the music, on the ticket the high sound of the trumpetblares the color of blood.Lo Kwai Cheung Translated by Liang Huichun and Steven SchroederBy the WindowThe newly, fallen snow, feels like love cascading upon usearthly mortals.By the window you sit,Rays of light streaming down your delicate cheek.Swift and sudden this sunlight, like the limited happinessof your life.The thread of light, slowly appearing thinner and thinnerYour mind a quiet limped pool.Oh, innocent, deeply beloved child.Huang LihaiTranslated by Hilda10


China, Land und Leute / Chine, le pays et les gens / Cina, il paese e la gente100 NamenOb «Kleine Morgenröte», «Orchideeim Morgentau» oder «Lotusblüte,die die Tränen der Welt sammelt» –chinesische Namen sind wie Musik.Da muss es grotesk anmuten, wennein chinesischer Beamter zu folgendemUrteil kommt: Tut uns sehr leid,aber Ihr Name ist uns zu ausgefallen.Ändern Sie ihn bitte umgehend. Sokönnte es demnächst rund sechzigMillionen Chinesen ergehen, derenNamen aus Sicht der chinesischenBehörden zu ungewöhnlich sind.So ist geplant, die bislang handgeschriebenenPersonalausweise der1,3 Milliarden Staatsbürger durchWangcomputergedruckte Ausführungenmit Farbfoto und Mikrochip zuersetzen.47 000 ZeichenAllerdings birgt die Umstellungein grosses Problem: Die offizielleComputersoftware vermag nur32 252 chinesische Schriftzeichen zuerkennen. Dem gegenüber steht dasberühmte Wörterbuch des Kangxi-Kaisers aus dem Jahre 1716. Die rund47 000 darin aufgeführten Schriftzeichenbilden die Grundlage der chinesischenSchrift in ihrer heutigenForm. Die geplante UmstellungLiwürde somit die Zeichenauswahlum knapp 15 000 Zeichen reduzieren.Im alltäglichen Sprachgebrauch findenviele dieser Schriftzeichen keineVerwendung mehr.Bei der Namensfindung hingegengreifen Chinesen bevorzugt aufselten gebrauchte Schriftzeichenzurück. Das liegt daran, dass chinesischeFamiliennamen kein hinreichendesUnterscheidungsmerkmaldarstellen. Wang beispielsweise istder meistverwendete Familiennamein China. Mehr als 92 MillionenChenChinesen führen ihn, dicht gefolgtvon Li (91 Millionen) und Zhang(86 Millionen). Einer Untersuchungder «New York Times» zufolge istdie Konzentration auf wenige Familiennamenin China frappierend.Hundert Namen decken demnach85% der chinesischen Bevölkerungab – ein Umstand, aus dem sichdie Bezeichnung für Volk, nämlich«laobaixing», ableitet, was so vielwie «die alten hundert Namen»bedeutet. Zum Vergleich: In denZhangVereinigten Staaten haben neunzigProzent der Amerikaner circa 70 000verschiedene Nachnamen.Dieser Umstand zeigt, dass chinesischeFamiliennamen ein besonderswenig hinreichendes Unterscheidungsmerkmaldarstellen, was wiederumdie Bedeutung der Individualnamendrastisch erhöht. ÜberWochen und Monate hinweg suchenElternpaare nach einem geeignetenVornamen, der ihre Zöglinge von denanderen 92 Millionen Wangs unterscheidet.Wie der Sinologe WolfgangBehr vom Ostasiatischen Seminar derUniversität Zürich erläutert, sollenchinesische Individualnamen dabeinicht nur schön klingen.Sie verweisen oft auch auf physiologischeCharakteristika («KraftstrotzenderRecke») oder spiegelnden Zeitgeist und politische Rahmenbedingungenwider. So lässt beispielsweiseder fortschrittverheissendeName «England übertreffen»(Chaoying) darauf schliessen, dassdie Namensträgerin im Jahr 1958geboren wurde, als die chinesischeRegierung die Kampagne «GrosserSprung nach vorn» initiierte. DiesesPhänomen ist nicht passé: 2008 bezeugtendie Chinesen ihre Vorfreudeauf ein Grosssportereignis dadurch,dass allein im Januar des vergangenenJahres viertausend Kinderden Namen «Olympische Spiele»(Aoyun) erhielten.In ihrem Versuch, chinesischeNamen elektronisch zu erfassen,belassen es die RegierungsbehördenLiujedoch nicht bei einer Einengungauf jene 32 252 computerlesbarenSchriftzeichen, sondern sie wollennur eine Auswahl von achttausendZeichen als Grundlage bei derNamensgebung gelten lassen. Derzeitwird zu diesem Zweck eine standardisierteListe von Zeichen aus dem täglichenGebrauch zusammengestellt.Schönheit, Vielfalt und EnergieIn China ist um diese Initiativeeine sehr emotionale Debatte entbrannt.Die Befürworter verweisenauf ähnliche Restriktionen in anderenLändern. Die Gegner der Regierungsinitiativesehen es hingegen alsfundamentales Recht an, den eigenenNamen frei wählen zu dürfen. Geradeausgefallene Zeichen würden derchinesischen Sprache Schönheit,Vielfalt und Energie verleihen. DieRegierung dürfe das nicht beschneiden,ist in vielen Internetkommentarenzu lesen. Es wird auf GeorgeOrwells Roman «1984» verwiesen, indem Sprache bis auf ihr Gerüst reduziertwird und Wörterbücher im Jahre2050 nur noch aus einem einzigenWort bestehen sollen.Yang11


China, Land und Leute / Chine, le pays et les gens / Cina, il paese e la genteiWer seinen Beruf liebt, macht einen guten Job.»Felix Bieger –ein Schweizer Hotelier in HongkongVon Margrit ManzAls im Dezember 2008 der 80. Geburtstagder Grand Old Lady derLuxushotels «The Peninsula Hongkong»gefeiert wurde, galt die Gratulationscourebenso dem SchweizerFelix Bieger, der das «Pen», wiedas Hotel von seinen Stammgästenliebevoll genannt wird, über 40 Jahreleitete. In diesem Jahr wird ein weiteresJubiläum folgen. Seine Tätigkeitenim Pen und den Hong Kong &Shanghai Hotels zusammengenommen,feiert Felix Bieger sein 55. Jahrals Hotelier.Wir sind an einem heissen Oktobertagin der Lobby des PeninsulaHongkong verabredet. Ich möchteihm von meinem Austauschprojekt«Foodscape – Die Geschichte undKultur des Essens in China und derSchweiz» erzählen, bei dem Autorenund Bildende Künstler aus beidenLändern über längere Zeit zusammenarbeiten werden. «Das Themainteressiert mich» sagt er, «ein gutesEssen ist entscheidend für die schönenStunden des Lebens und lebenswichtigfür geschäftliche Entscheidungen.»Die 7 BsFelix Bieger führt mich durchsHotel. Der glänzende Marmor, versprichtAbkühlung. Aber wir kommennur drei Schritte weit. Von allenSeiten eilen Menschen auf ihn zu,um ihn zu grüssen oder kurz für einenRatschlag beiseite zu ziehen.«Ja, das gehört dazu», sagt FelixBieger. «Das ist das Wichtigste. Die7 Bs: Begrüssen, Beraten, Bedienen,Betreuen, Bedanken, Begeistern unddamit Binden. Für jeden Gast dasBeste, das wäre das 8. B!».«Man isst ja mit den Augenund nicht nur mit dem Hunger», entgegnetmir Felix Bieger auf meineFrage, welche Rolle die gesamteAtmosphäre in einem Restaurantspiele und wie wichtig für ihn dasAnrichten und Servieren des Essenssei, um gleich noch zu ergänzen:«Doch ein Lokal muss nicht in Samtund Seide sein, um eine guteAtmosphäre zubieten».Doch die Zeiten haben sichgewandelt und mit ihnen die Gäste12des «Pen». Zu dem rasanten Tempodes Reisens und den damit einhergehendenVeränderungen der Ansprüchean den Aufenthalt in Hotelsund auch an die Küche sagt FelixBieger: «80% der Gäste der Restaurantsim Pen setzen sich aus derHongkonger Einwohnerschaft zusammen.Die Restaurants laufen indiesem Traditionshotel alle gut undals Tourist ist ein Besuch dort lautdem Guide Book ein ‹must›. DieGeschäfte warten nicht. Auch dieGeschäftsreisen sind deutlich kürzergeworden. In den 60ern rechneteman dafür noch 8,5 Tage ein, heutesind es gerade mal 3,3 Tage. Abergrundsätzlich ist schon noch Zeitfür ein gutes Essen und denWein.»Der heutige Zeit- und Erfolgsdruckhat aber auch die Arbeit einesHoteliers verändert. Sich für allesund jedes im Hotel persönlich verantwortlichzu fühlen, heisst mehr,als nur Tag für Tag ins Büro zu gehen.Die starke Identifizierung mit «seinem»Hotel sieht Felix Bieger immernoch als Garant für den Erfolg.Gerade im Angesicht des immergrösser werdenden Konkurrenzdrucksder Hotelketten und derenaustauschbaren Standards, «ist sieauch unerlässlich im Sinne der Shareholderund im Sinne der Besitzer.Heute verbringt man halt sehr vielZeit im Büro. Ein guter Hotelierjedoch muss sichtbar bleiben fürseine Gäste und zu ihnen kommen,dann kommen sie auch zu ihm».Abenteuer FernostDie Biografie von Felix Biegerliest sich wie ein Abenteuerroman.1953 verliess er nach seiner Ausbildungdie Schweiz zuerst in Richtungder britischen Kanal-Inseln, woer während der Sommersaison ineinem Hotel in Jersey arbeitete.Danach trat er der P & O ShippingCompany in London bei, wo er alsKoch auf der HMS «Chusan», einem25 000-Tonnen-Passagierschiff, nachFernost aufbrach. Im Juli 1954wurde er Küchenchef der Hong Kong& Shanghai Hotels Ltd. und arbeiteteüber 4 Jahre im Repulse BayHotel. 1959 kehrte er in die Schweizzurück, doch anstatt dort Ferien zumachen, schrieb er sich für einenManagementkurs bei der Hotelfachschulein Lausanne ein. NachAbschluss des Studiums kehrte ernach Hongkong zurück, um eineStelle am Empfangstresen im PeninsulaHotel anzutreten. Kurze Zeitspäter avancierte er zum Direktionsassistenten.Foto Zeller


China, Land und Leute / Chine, le pays et les gens / Cina, il paese e la gente«Felix» –Die Bar im obersten Stock des Peninsula trägt den Namen des über Jahre prägenden Mannes.Foto Zeller1963 war Felix Bieger dannder erste Hongkonger Hotelier, derdie wachsenden Märkte in Australienbereiste. Von 1970 bis 77 war erManager des Peninsula, avanciertedanach zum Geschäftsführer im neueröffnetenPeninsula Manila bis 1980und ging dann für ein Jahr ins PeninsulaHongkong zurück. Es folgtenJahre im Hong Kong Hotel, KowloonHotel, um dann, alle guten Dingesind drei, ein drittes Mal von 1990 bis94 als Generalmanager ins PeninsulaHongkong zurückzukehren.«Die Schweiz ist meine Heimatund wird es auch immer bleiben.Meine Muttersprache ist das Schweizerdeutsch,das ich gerne spreche.Ich habe es nicht vergessen oder abgelegtseit ich 1953 aus der Schweizweggegangen bin. In Hongkong binich zu Hause. Hongkong hat mir dieKarriere und ein Leben gegeben.Aber man darf nicht vergessen, ichbin nicht als Auswanderer nachHongkong gekommen sondern alsExpat.»Schweizer TraditionDie erfolgreiche Nachkriegsgeschichtedes Peninsula ist eng mitseinen Schweizer Direktoren, u.a.Leo Gaddi, Peter Gautschi und FelixBieger, verbunden. Nach Felix Biegerwar Peter C. Borer ab 1994 langeJahre Geschäftsführer im Nobelhaus,wurde dann vom Iren Ian Coughlanabgelöst, bis 2007 erstmals eine Frau,die Chinesin Rainy Chan, Chefindes Hongkonger Peninsula Flaggschiffswurde und es seither mit vielGeschick leitet.1994 wurde als Erweiterung desHotels ein Turm eröffnet, der unteranderem über zwei Helikopterlandeplätzeund luxuriöse Suitenverfügt. Im obersten Stockwerk liegtdas von Philippe Starck eingerichteteLuxusrestaurant «Felix». Die Namensgebungist eine Hommage anden ehemaligen GeschäftsführerFelix Bieger. Und der Versuch, mitdem Restaurant vor allem eine jüngereKundschaft anzusprechen undstärker an das «Pen» zu binden, istaufgegangen.«Die Schweizer Tradition imPeninsula geht mit dem exzellentenKüchenchef Florian Trento weiter»,sagt Felix Bieger. «Früher brauchteman Köche aus Europa, um europäischesEssen zu kochen. Von ihnenhaben die chinesischen Lehrlingegelernt und sind heute als Köcheeinsame Spitze.» Lachend fügt erhinzu: «Früher haben chinesischeKöche europäisch gekocht, selberaber chinesisch gegessen. Heutekochen sie chinesisch, aber esseneuropäisch.»Dann frage ich nach den Unterschiedenin der Kultur des Kochensund Essens in der Schweiz und inChina. Felix Bieger sieht es ganzeinfach: «Wissen Sie, die Chinesenessen gerne auswärts. Die würdenstaunen, wenn ihr Restaurant nichtalle Tage für sie offen wäre. In derSchweiz gibt es die Schliesstage,meistens Montag.»«Früher», sagte er zum Abschied,«hat man, wenn man lange genug inder Lobby sass, immer jemandengetroffen. Diese Lobby besitzt einemagische Anziehungskraft, findenSie nicht auch?» Also bleibe ichnoch etwas und studiere die langeListe, die Felix Bieger mir notierthat. Gleich am Nachmittag beginneich zu telefonieren. Und immer, wennich sage, dass Felix Bieger dieEmpfehlung gab, öffnen sich dieTüren.13


China, Land und Leute / Chine, le pays et les gens / Cina, il paese e la genteAlles war in Ordnung ...Der Maler Zhou Jinhua in der Kunsthalle Konstanz«Alles war in Ordnung, bis dasunerwartete geschah» – so lautet derTitel einer speziellen Präsentationdes Kunstvereins Konstanz (bis 27.September). Unerwartetes wird dageboten von dem jungen chinesischenKünstler Zhou Jinhua. So wirktes völlig unerwartet, etwas befremdendund zugleich komisch, wennauf einem chinesischen Dorfplatzeine Stierkampfszene stattfindet.Oder wenn in einer Videoinstallationin einer mitWasser gefüllten Schüsselkleine schwimmende Körper scheinbaraus dem Nichts unerwartet auftauchenund ebenso schnell wiederverschwinden.Amüsieren werden sich die Besucherüber eine grosse Kloschüssel,14in der kleine Figuren schwimmen,während unten eine durch ein Leckherausgespült wird. Wasser undHügel, in denen sich viele kleineMenschen bewegen, sind ein wiederkehrendesThema – eine Verfremdungder klassischen chinesischerLandschaftsmalerei.Inspirieren lässt sich Zhou Jinhuavon Bildern aus Zeitschriften undMagazinen, von Beobachtungen undselbst aufgenommenen Fotos. Er hältdie Szenen auf der Leinwand fest undkombiniert sie – überraschend undunerwartet. Auch in Konstanz hält ervor und während der Vernissage seinerAusstellung fest, was ihn interessiert– und er wird es wohl gelegentlichfür seine Bilder verwenden.Der junge Künstler malt seineBilder – trotz Höhenangst, wie erbekundet – meist aus der Vogelperspektive.«Nur die Beobachtungvon oben gibt die nötige Distanz,die einen klaren Blick auf die Seeleder <strong>Gesellschaft</strong> ermöglicht», glaubter. So steht er denn auf dem Dachder Fabrikhalle, in der er seinStudio hat, und beobachtet dasTreiben auf den Strassen der MetropoleChongqing in seiner HeimatprovinzSichuan.Sein Werk «Erweiterung» istwohl auf diese Weise entstanden.Und Erweiterung nimmt er dennin Konstanz sehr wörtlich. DieAusschnitte von Strassenszenen, dieer auf Leinwand in verschiedenenFormaten aufgehängt hat, hat ernoch bis kurz vor der Eröffnungauf der Wand erweitert und miteinanderverbunden. Erst als erauch den Boden einbeziehen wollte,haben ihm die Veranstalter Einhaltgeboten. Das hatten sie nicht erwartet.«Bei jedem Treffen mit ZhouJinhua faszinieren die neuen Ideen,die aus ihm sprudeln; seine Inspirationsquellenscheinen unerschöpflich,seine Gedanken rastlos zu sein»,sagen Cordelia Steiner und ChristophNoe. Die beiden jungen Deutschen,die sich als Vermittler zwischenden Kulturen verstehen, haben Zhounach Konstanz gebracht. Mit ihrerGalerie «The Ministry of Art» inPeking wollen sie jungen chinesischenKünstlern eine Plattform bieten,um im Westen bekannt zuwerden. Denn zeitgenössische chinesischeKunst ist zwar im Westensehr gefragt, die jungen Künstlersind mit dem Kunstmarkt aber oftüberfordert. Obwohl die Werke mitihren Anspielungen auf Traditionund aktuelles Zeitgeschehen nichtleicht zugänglich sind, erzielensie weltweit Höchstpreise aufAuktionen.Ein Blick auf die Bilder ZhouJinhuas lohnt sich. Man muss sichdie Zeit nehmen, genau hinzuschauen,um die Details zu erkennen.Dann entdeckt man dasUnerwartete.(eb)www.kunstverein-konstanz.dewww.theministryofart.com


China, Land und Leute / Chine, le pays et les gens / Cina, il paese e la genteKunming wird Drehscheibe SüdostasiensZur Entwicklung von Yunnans HauptstadtVon Thomas Wagner, Präsident der <strong>Schweizerisch</strong>-<strong>Chinesische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>Noch vor zwanzig Jahren warKunming, die Hauptstadt der ProvinzYunnan, eine eher etwas verträumte,von alten (zum Teil mit Strohdächernbedeckten) Häusern geprägte Provinzhauptstadtmit einem pulsierendenVogel- und Blumenmarkt. DerEin äusserst einprägsames Beispielfür diesen Veränderungsprozessbildet der jetzt im Bau befindlicheneue Flughafen, 25 km vom StadtzentrumKunming entfernt. Rund30 000 Arbeiter sind auf dieserBaustelle während 7 Tagen TagEine der neuen Universitäten von KunmingFlughafen entsprach in der Grösseetwa dem Gebäude des FlugplatzesDübendorf; das Hauptverkehrsmittelwar das Velo und es gab nur wenigegrössere Hotels. In der Stadt war diegeschichtliche Vergangenheit vielerortssichtbar. Als eine der wenigen,von den Japanern nicht besetztenStädte Chinas hatte Kunming eineIdentität mit deutlichen Zeugnissenihrer Geschichte.Eine Stadt im Ab- und UmbruchHeute vermittelt Kunming einvöllig anderes Bild: Ganze Stadtteileoder zumindest einzelne Stadtquartieresind abgerissen und durch moderne,oft hochhausähnliche Bautenersetzt worden. Vier- und Fünfsternehotelsladen Touristen zum Verweilen.Neue Expressstrassen und Überwerfungenwurden und werden neugebaut. Velos werden mehr und mehrdurch leise Elektroroller oder Automobileersetzt, mit dem Resultat, dassviele Strassen hoffnungslos verstopftsind. Neue Wohnblöcke entstehenanstelle der ehemaligenVerwaltungs-Siedlungen. Innerhalb weniger Jahrewurde eine neue Satellitenstadt –Chenggong –gebaut mit dem Ziel,dort die gesamte Stadtregierung undStadtverwaltung anzusiedeln.Verschiedene Sportstadien, mehreregrosszügige Universitätscampus-Anlagen,gehobene Wohnsiedlungenmit herrschaftlichen Wohnresidenzen,neue «Industrial Parks»sowie sechs geplante und teilweiseschon im Bau befindliche U-Bahnlinienverwandeln Kunming in eineWeltstadt.Verlorene IdentitätAls Folge davon ist die ursprünglicheIdentität von Kunming weitgehendverlorengegangen. Nur nocheinzelne – dank der Zürcher Denkmalpflege– erhaltene Gebäudeensemblesund die wenigen unterSchutz gestellten historischen Monumentewie die alte Apotheke, zweiPagoden und einzelneTempelanlagenerinnern an die geschichtliche Vergangenheitdieser schon von MarcoPolo besuchten «Stadt des ewigenFrühlings».Für viele Chinesen bedeutet Fortschritteben Erneuerung. Die wirtschaftlichewie auch soziale Entwicklungsoll sich – so die Auffassungvieler chinesischer Entscheidungsträger– in der Monumentalität undin der Modernität von Bauten widerspiegeln.So wollen die Behördenvon Kunming mit diesem schnellenund unaufhaltsamen Tranformationsprozessbewusst ihrer Stadt ein neuesGesicht geben, denn auch Kunmingsteht in einem wechselseitig heftigenWettbewerb der ökonomischen unddurchaus auch politischen, sozialen,kulturellen wie touristischen Kräfte.Foto Wagnerund Nacht tätig. Ganze Hügelkettenmit rund 200 Millionen m 3 sindabgetragen worden. Geplant sindvier parallel geführte Pisten. DasAbfertigungsgebäude hat eine Flächevon rund 550 000 m 2 mit total86 Gates, wovon 68 Andock-Gates.Tor zu SüdostasienDie Eröffnung des Flughafens –strategisch geplant als Tor zumsüdostasiatischen Raum – ist für2012 geplant. Es wird dann derviertgrösste Flughafen in der VRChina sein, grösser als der FlughafenHeathrow in London.Mit diesem neuen gigantischenFlughafen wird die einst etwasverträumte Provinzhauptstadt Kunmingzu einer Drehscheibe für einengrossen Wirtschafts- und Kulturraumin Asien und zu einem Hub, der nichtnur Südchina, sondern auch Hongkong,Vietnam, Laos, Thailand,Burma und weitere interkontinentaleDestinationen verbindet. Die StadtKunming mit dem neuen Flughafenist ein beeindruckendes Beispiel fürdas nach wie vor auf Wachstumund wirtschaftlichen Erfolg ausgerichteteLand, das eine grosseZukunft vor sich sieht und an dieseZukunft glaubt!15


Pekinger Notizen / Chronique pékinoise / Novità da PechinoGaokaoIn der Familie von Xiao Ting 1herrscht der Ausnahmezustand. Esist Juni und die Schülerin bereitetsich nach 12 Schuljahren wie Millionenandere junge Chinesinnen undChinesen auf die ZulassungsprüfungAn dieser dreitägigen Prüfunggeht es darum, eine möglichst hohePunktzahl zu erreichen, um späteran einer Eliteschule wie zum Beispielder Peking- oder Tsinghua-Universität studieren zu können. ImGegensatz zur Schweizer Maturitätsprüfungwerden dabei Leistungenoder Noten während der Schulzeitoder Nachhilfeunterricht; Kinder vonärmeren Familien sind also klarbenachteiligt. Immer wieder liestman von Versuchen, Lehrer oderSchulleitung mit Geschenken oderGeld dazu zu bewegen, Inhalte derPrüfungen vorzeitig anzugeben.VieleSchüler putschen sich mit Vitaminenauf und nehmen Beruhigungsmittel,für die Universität, der sogenanntenGaokao vor. Die als Einzelkind ohnehinschon ziemlich verwöhnte Tochtereines höheren Beamten erhält nunerst recht die volle Zuwendung ihrerEltern und dies fast rund um die Uhr.Immerhin geht es bei dieser dreitägigenPrüfung nicht nur darum, obund allenfalls wo sie später studierenwird, sondern es wird eigentlich überihre ganze berufliche Zukunft entschieden.Auf Xiao Ting lastet einenormer Druck. Sie muss sich nichtnur den Herausforderungen der Prüfungselber, sondern auch den grossenHoffnungen ihrer Eltern und derganzen Verwandtschaft stellen.PekingerLuxusproblemeMit der schnellen Entwicklung inChina und insbesondere auch in Pekinghaben sich auch die Gesprächsthemenim Freundeskreis im Laufeder Zeit geändert. So musste ich schonetwasschmunzeln,alsichkürzlichmitFreunden um einen Topf mit SuanTang Yu (scharf-saurer Fisch, Spezialitätaus der Provinz Guizhou)sowie reichlich Yanjing-Bier sass undeiner Diskussion zuhörte, wie manwohl am besten zu Nummernschil-1 Die Namen aller Personen wurden geändert.16kaum berücksichtigt. In etwa achtFächern wird Wissen abgefragt, esist also Pauken und Auswendiglernenangesagt. Kreativität, kritisches Hinterfragenoder das Erkennen vonZusammenhängen ist kein Themain der Schule und schon gar nichtan der Gaokao.Rund um diese Prüfung, die nachder Kulturrevolution ursprünglichim Sinne einer erhöhten Chancengleichheitfür alle Bevölkerungsteileeingeführt wurde, gibt es diverseUngerechtigkeiten, Auswüchse undleider auch tragische Geschichten.Viele Eltern investieren ihre ganzenErsparnisse in PrivatschulenFotos: Hu Yangviele leiden unter Depressionen. Undimmer wieder gibt es Suizidfälle vonSchülern, die dem Druck nicht standhaltenoder bei einem ungenügendenResultat mit dem Gesichtsverlust beiEltern und Verwandten nicht umgehenkönnen.Es gibt zwar immer wieder auchkritische Stimmen zur Gaokao, esscheint aber nicht, dass sich andiesem System in absehbarer Zeitetwas ändern wird.PS. Xiao Ting hat die notwendigePunktzahl erreicht und wird inXiamen, Privinz Fujian, an der Südküstestudieren.UM


Pekinger Notizen / Chronique pékinoise / Novità da Pechinodern mit der «richtigen» Endziffer fürdas Zweitauto kommen kann.Während den Olympischen Spielenhaben die Behörden nämlich beschlossen,dem Verkehrschaos miteiner Regelung zu begegnen, bei deran geraden Tagen nur Autos mit geradenNummern, an ungeraden Tagenmit ungeraden Nummern fahren dürfen.Jeder, der die Stadt während denSpielen besuchte, musste anerkennen,dass diese doch recht einschneidendeRegelung tatsächlich zu einererheblichen Verkehrsberuhigung geführthat. Aufgrund dieser Erfahrungengilt seit diesem Jahr eine ähnlicheVerordnung:AnWerktagenhabenjeweils zwei Endziffern ein Fahrverbotund das System wird so angewendet,dass die Autofahrer nichtimmer an den gleichen Tagen miteinem Fahrverbot belegt werden. Daheisst es also aufpassen, dass mannicht an den «falschen» Tagen fährt.Geschäftstüchtig wie die Chinesennun einmal sind, gibt es inzwischenkostenpflichtige SMS-Dienste, welchedie Leute rechtzeitig an ihreFahrverbote erinnern.Wie bei unsEs wird sich zeigen, wie langediese Massnahme den notorischenStaus entgegenwirken kann. Mittlerweilegibt es In Peking etwa 3,8Millionen Fahrzeuge und täglich werdenetwa 1000Wagen neu zugelassen.Warum schmunzeln? Weil sichder Schreibende einfach wundert, mitwelchen Luxusproblemen sich diebesserverdienenden Pekinger heutzutagebefassen. Eine ähnliche Diskussionhätte tatsächlich auch in Zürichstattfinden können. Es sind halt oftauch banale Gespräche, bei deneneinem bewusst wird, welche rasanteEntwicklung die Stadt in den letzten20 Jahren durchgemacht hat. Vorzwanzig Jahren gab es eher Diskussionenum die Frage, welchesRestaurant nach 19 Uhr wohl noch einwarmes Essen serviert (heute kannman rund um die Uhr essen) oderwann die günstigste Zeit ist, um denKohl (baicai) einzukaufen, mit demfast jede Familie ihr Sauerkraut produzierte(vor allem jüngere Leutekochen heute kaum noch). Ansonstenist man mit dem Bus auf fast autofreienStrassen gefahren und vorausgesetzt,er hatte keine der öftersvorkommenden Pannen, ist man vielschneller zum Ziel gekommen alsheute.UM17


Bücher / Les livres / I libriIm BücherbergVersuch einer Übersicht zu den Publikationen aus und über ChinaVon Eleonore und Jürg BaumbergerAn der Buchmesse in Frankfurt, die vom 14. bis 18. Oktober stattfindet, istChina Ehrengast. Dementsprechend haben die Europäischen Verlage vieleTitel produziert, entweder von chinesischen Autoren oder über China. Wirversuchen hier, einen Überblick zu geben, ohne Anspruch auf Vollständigkeitund zum Teil mit kritischer Beurteilung, zum Teil ohne.Literatur aus ChinaNicht alles, was uns an chinesischerLiteratur entgegenkommt, istvon gleicher Qualität. Überhaupt istdie Beurteilung der Qualität nichtimmer ganz einfach, denn die Literaturaus und über China ist fürden westlichen Leser oft schwerzugänglich.Das liegt nicht nur an den Themenund Charakteren, sondern am Erzählstil:lange, epische Beschreibungenoder ein Wust an Namen, die auftauchenund wieder verschwinden, ohneeine bedeutende Rolle gespielt oderdie Handlung vorwärts gebracht zuhaben. Spannende Erzählungen sindselten. Eine Geschichte fängt irgendwoan und hört irgenwo auf, wie einLandschaftsbild aus der Song-Dynastie.Der an eine Zentralperspektivegewohnte Leser ist irritiert.Auffallend ist auch, dass die meistenRomane und Erzählungen tristeZustände schildern, teilweise mitgutem Humor, aber trotzdem. Esscheint alles ohne Perspektive, trostlos,sinnlos. In diese Kategorie gehörtz.B. «Im Laufschritt durch Peking»von Xu Zechen, der wohl eine ArtKultroman über Pekings Jugend werdensollte, aber gründlich misslungenist. Auch die modernen chinesischenErzählungen «Neue Träume aus derroten Kammer», die einen gutenÜberblick über das Schaffen vonAutoren geben, erzählen meistensvon unglücklichen Menschen, die alleIllusionen verloren haben. Der Nihilismusder chinesischen Jugend fasstbereits derTitel von ZhuWens Sammlungvon Kurzgeschichten zusammen:«I love Dollars». Deng Xiaopings«Reich werden ist gut» lässtgrüssen.Zumeist lesenswertLesenswert sind die Bücher – bisauf wenige Ausnahmen – eben dennoch.Sie geben uns Einblick in denAlltag, das Denken und Fühlen derMenschen, in die Entwicklung vonLand und <strong>Gesellschaft</strong>.18Yan Lianke erzählt in «Der Traummeines Grossvaters» die Geschichtedes Dorfes Dingzhuang aus der Perspektiveeines vergifteten 12-Jährigen.Es ist die – leider wahre –Geschichte rund um den Aids-Skandalin zentralchinesischen Provinzen.Mit leicht zu verdienendem Geldwerden die Dorfbewohner verlockt,ihr Blut zu verkaufen. Die skrupellosenGeschäftemacher, die mit unhygienischenProzeduren Aids indie Dörfer bringen, verdienen imZusammenspiel mit lokalen Bossendann auch noch an den Särgen undan Totenhochzeiten.Yan Liankes anderer Roman«Dem Volke dienen» ist dagen nurlächerlich und peinlich. Da hat sichein ehemaliger Armeeangehörigerseinen Frust von der Seele geschrieben.Besser gefällt uns «Bekenntnisseeines Hundertjärigen» von Liu Heng,ein Roman aus dem feudalen China.Unaufgeregt erzählt ein Diener ausdem Hause Cao. Das feudale Lebenwird lebendig. «Brüder» von Yu Huaist ein Schelmenroman aus neuererZeit. Zwei ungleiche Brüder wollenmit allen Mitteln reich werden, mitunterschiedlichen Mitteln und unterschiedlichemErfolg. «Ein vermeintlicherHerr» von Feng Li schildert dasLiebeswerben und die schliesslicheSelbstfindung eines verklemmtenglatzköpfigen IntellektuellenErwähneneswert ist insbesondereauch «Der Zorn der Wölfe» von JiangRong, der in China Furore machte.Die beiden Themen Umgang mitNatur und Umwelt und unterschiedlicheEigenschaften von Nomadenvölkernund Sesshaften werden amBeispiel eines jungen Chinesen entwickelt,der in der mongolischenSteppe als Hirte arbeitet. Die Widersprüchesind nicht lösbar, Natur undNomaden gehen im Meer der Sesshaftenunter. Die bewunderte Kraftder Nomaden entpuppt sich alsmachtlos. Natur und Nomaden werdenverschlungen.Die Schnittfläche Minderheiten-Han-Chinesen beschäftigt auch dentibetischen Autor Alai in «FerneQuellen». Identität, Entwicklung undLoyalität stehen im Zentrum der inIch-Form gehaltenen Erzählung.


Bücher / Les livres / I libri<strong>Chinesische</strong> Autoren im AuslandVeröffentlichungen von im Auslandarbeitenden chinesischen Autorendecken ein weites Feld ab. Dagibt es die Geschichten der AutorinXinran «Chinesen spielen kein Mao-Mao», in denen sie ihre journalistischenErfahrungen in China mitdenen in London geschickt und gekonntverwebt. Dann hat uns die autobiografischeErzählung von EmilyWu «Feather in the Storm» über dietraumatischen Erlebnisse einer Intellektuellenfamiliewährend des grossenSprungs und der Kulturrevolutiondurch die Authentizität der Schilderungund die Zurückhaltung desUrteils überzeugt.In diese Kategorie gehören auchNeuauflagen wie Werke der in den40er-Jahren in China bekanntenSchriftstellerin Eileen Chang, OberinspektorChens fünfter Fall in «Blutund rote Seide» von Qiu Xialong,«Muo und der Pirol im Käfig» vonDai Sijie – der allerdings bei weitemnicht an seinen Erstling «Balzacund die kleine Schneiderin» herankommt–sowie «Wie eine Chinesinschwanger wird» von der in Berlinlebenden Luo Lingyuan.TibetDas Thema Tibet ist im Jahr vonChinas Auftritt an der Buchmesseselbstverständlich prominent vertreten.Der vonAlice Grünfelder herausgegebeneErzählband «Flügelschlagdes Schmetterlings» vereinigt tibetischeund exiltibetische Literatur. Ergibt einen lesenswerten Überblicküber das tibetische Literaturschaffen.Die 12 Lebensgeschichten «ExilSchweiz, Tibeter auf der Flucht»zeigen, wie sich die Exiltibeter inder Schweiz eingerichtet haben. Siestehen ihrer Heimat unterschiedlichgegenüber: Zwischen engagiert politischund distanziert kritisch sind alleNuancen zu finden. Manuel Bauers«Flucht ausTibet» dokumentiert fotografischdie Flucht einer Sechsjährigenüber die Schneeberge nachNepal.Über ChinaDie Sekundärliteratur über Chinaist an der Buchmesse ebenso vertreten.Dazu gehört die kurze, aber informativeBiografie «Mao Zedong» vonSabine Dabringhaus. Christoph Neithartzeigt in «Die Kinder des Konfuzius:Was Ostasien so erfolgreichmacht», dass die Wirtschaftsmachtim Fernen Osten alte Wurzeln hat.James Mann warnt in «China-Morgana:Chinas Zukunft und die Selbsttäuschungdes Westens» vor einervon ihm antizipierten chinesischenAutokratie und fordert den Westenauf, aktiv zu werden.Und noch diesNicht fehlen darf auch diePhilosophie und dabei insbesondereder Konfuzianismus. Ein Beispieldafür ist «Konfuzius im Herzen: AlteWeisheit für die moderne Welt»von Yu Dan. Yu ist in China eineBerühmtheit. Sie hat ihre Heldenmit einer Fernsehserie popularisiertund ihr Buch ist ein Bestseller inChina. Von ganz anderem Holz alsder eher trockene NationalphilosophKonfuzius ist der Zen-buddhistischeEinsiedler Hanshan, der währendder Tang-Dynastie im 7. Jahrhundertseine Gedichte hinterlassen hat. Diein der Sammlung «Gedichte vomKalten Berg» zusammengefassten150 Werke haben eine breite Spannevon sinnlicher Lebensfreude zu meditativerKontemplation.Auch Chinas grösster Schiftstellerdes 20. Jahrhunderts erhält eine neueAusgabe von Kurzgeschichten. In«Das trunkene Land» sind die wichtigstenvon ihnen versammelt.Guter ÜberblickEin sehr empfehlenswertes Werkfür Leser, die sich in überschaubarerWeise mit China beschäftigenwollen, ist das von Françoise Hauserherausgegebene «Reise nach China:Kulturkompass fürs Handgepäck».Texte über den Alltag, das Essen, dieReligion, die Literatur, das Familienlebenoder Umweltprobleme erleichternden Einstieg in das komplexeLand.Einen sehr guten Überblick überdie chinesische Literatur von denAnfängen bis in die Moderne gebendie Texte im von Christian Lux undHans-Joachim Simm herausgegebenen«Insel Almanach <strong>2009</strong>».Bibliografie(Die kursiv gesetzten Titel werdenvon den Autoren dieser Übersichtempfohlen.)Literatur aus ChinaAlai, Ferne Quellen, Roman, Unionsverlag,Zürich <strong>2009</strong>, ISBN 978-3-293-00405-4, CHF 26.9019


Bücher / Les livres / I libriFeng Li, Ein vermeintlicher Herr, Roman,Ostasien Verlag, Gossenberg <strong>2009</strong>, ISBN978-3-940527-14-1, T 24.80Jiang Rong, Der Zorn der Wölfe, Roman,Goldmann Verlag, München <strong>2009</strong>, ISBN978-3-442-31108-8, CHF 43.90Liu Heng, Bekenntnisse eines Hundertjährigen,Roman, Hanser Verlag, München<strong>2009</strong>, ISBN 978-3-446-20534-5,CHF 42.90Mainzhausen, Frank, Rademacher Anne(Hg.), Neue Träume aus der RotenKammer, Moderne chinesische Erzählungen,dtv, München <strong>2009</strong>, ISBN 978-3-423-13770-6, CHF 17.40Xu Zechen, Im Laufschritt durch Peking,Roman, Berliner Taschenbuch Verlag<strong>2009</strong>, ISBN 978-3-8333-0599-3, S 8.95Yan Lianke, Dem Volke dienen, Roman,Ullstein, Berlin 2007, ISBN 978-3-550-08687-3, Gebunden, 208 Seiten, S 16.90Yan Lianke, Der Traum meines Grossvaters,Roman, Ullstein, Berlin <strong>2009</strong>,ISBN 978-3-550-08749-3, T 22.90Yu Hua, Brüder, Roman, Fischer Verlag,Frankfurt <strong>2009</strong>, ISBN 978-2-10-095803-7, T 24.95Zhu Wen, I love Dollars, und andereGeschichten aus China, A1 Verlag München<strong>2009</strong>, ISBN 978-3-940666-07-9,CHF 35.90<strong>Chinesische</strong> Autoren im AuslandDai Sijie, Muo und der Pirol im Käfig,Roman, Piper, München/Zürich 2008,ISBN 978-3-492-24520-3, S 9.95Chang Eileen, Das Reispflanzerlied,Roman, Claassen Verlag, Berlin <strong>2009</strong>,ISBN 978-3-546-00431-2, CHF 35.90Chang Eileen, Gefahr und Begierde,Erzählungen, List Verlag, Berlin <strong>2009</strong>,ISBN 978-3-548-60917-1, CHF 16.90Luo Lingyuan, Wie eine Chinesinschwanger wird, Roman, dtv, München<strong>2009</strong>, ISBN 978-3-423-24744-3, S 14.90Qiu Xiaolong, Blut und rote Seide, Der5. Fall von Oberinspektor Chen, Roman,Paul Zsolnay Verlag, Wien, <strong>2009</strong>, ISBN978-3-552-05461-5, T 19.90Wu, Emily und Engelmann, Larry, Federim Sturm, Eine Kindheit in China,Droemer / Knaur München, ISBN 978-3-42678197-1, T 8.95Xinran, Chinesen spielen kein Mao-Mao,Geschichten aus meinem Land, KnaurTaschenbuch Verlag, München, 2008,ISBN 978-3-426-78074-9, T 7.9520TibetBauer Manuel, Flucht aus Tibet, LimmatVerlag Zürich <strong>2009</strong>, ISBN 978-3-85791-573-4, CHF 48.–Günfelder,Alice, Flügelschlag des Schmetterlings,Tibeter erzählen, UnionsverlagZürich <strong>2009</strong>, ISBN 978-3-293-00406-1,CHF 29.90Schmidt, Christian und Bauer, Manuel(Hg.), Exil Schweiz, Tibeter auf derFlucht, 12 Lebensgeschichten, LimmatVerlag Zürich <strong>2009</strong>, ISBN 978-3-85791-574-1, CHF 44.–Über ChinaDabringhaus, Sabine, Mao Zedong,Beck München 2008, ISBN 978-3-406-56239-6, CHF 14.90Hessler, Peter, Über Land, Begegnungenim neuen China, Berlin Verlag <strong>2009</strong>,ISBN 978-3-8270-0858-9, T 24.– (Wirdin einer der nächsten Nummern besprochen.)Mann, James, China Morgana, ChinasZukunft und die Selbsttäuschung desWestens, CampusVerlag, Frankfurt 2008,ISBN 978-3-593-38626-3, CHF 27.90Neidhart, Christoph, Die Kinder desKonfuzius, Was Ostasien so erfolgreichmacht, Herder, Freiburg 2008. ISBN978-3-451-03006-2, CHF 34.50Und noch diesHanshan, Gedichte vom Kalten Berg,Das Lob des Lebens im Geiste des Zen,Gedichte, Arbor Verlag, Freiburg, ISBN978-3-924195-71-4, T 18.80Lu Xun, Das trunkene Land, Erzählungen,Unionsverlag Zürich <strong>2009</strong>, ISBN978-3-293-00408-5, CHF 29.90Yu Dan, Konfuzius im Herzen, AlteWeisheit für die moderne Welt,Droemer, München <strong>2009</strong>, ISBN 978-3-426-27490-3, CHF 29.90Zhao Ziyang, Prisoner of the State, TheSecret Journal of Chinese Premier ZhaoZiyang, Simon und Schuster, London<strong>2009</strong>, ISBN 978-1-84737-697-8, T 15.90(Wird in einer der kommenden Nummernbesprochen.)ÜberblickHauser, Françoise (Hg.), Reise nachChina, Kulturkompass fürs Handgepäck,Unionsverlag Zürich <strong>2009</strong>, ISBN 978-3-293-20438-6, CHF 18.90Lux, Christian, Simm, Hans-Joachim(Hg.), Insel Almanach auf das Jahr<strong>2009</strong>, Insel-Verlag Frankfurt 2008, ISBN978-3-458-17418-9, CHF 23.–


Bücher / Les livres / I libriGegen alleWahrscheinlichkeitWenn den Bewohnern von Ningpoetwas ausgesprochen Seltenes undKostbares begegnet, dann nennensie das einen grossen gelben Fisch.Die Liebesgeschichte zwischen JulieChenchu Yang und Robert ReuvenSokal ist so ein grosser gelber Fisch.Schanghai:einMolochamanderenEnde der Welt, Gangsterstadt undSündenpfuhl, geprägt von einem mörderischenKlima, einer kaum begreiflichenKultur – und Exil für 18 000jüdische Emigranten. Es ist Ende der30er-Jahre, und entgegen aller Wahrscheinlichkeitlernen der Wiener JudeRobert und die christlich getaufteChinesin Julie sich kennen und lieben... Die Geschichte ihres Lebensklingt wie ein Roman. Dem Autorgelingt es meisterhaft, zwei völlig verschiedeneKulturen unvoreingenommenaufeinandertreffen zu lassen undden Leser in einen faszinierend fremdenKosmos zu entführen.Das spannendeBuch wurde vom Autor durchdie Lesung vom 8. Juli <strong>2009</strong> in Zürichdem Publikum vorgestellt. Der spannendeAnlass wurde durch unserMitglied Alice Grünfelder organisiert.RSSchomann Stefan, Letzte ZufluchtSchanghai, Heine-Verlag, ISBN: 978-3-453-15260-1,240Seiten,CHF34.90Auch Ursula Krechels Roman «Shanghaifern von wo» beschreibt die jüdischeGemeinschaft in der chinesichenHafenstadt Shanghai während derNazizeit.Jung und JungVerlag, Salzburg, 2008,ISBN 978-3-902497-44-4, CHF49.90«Peking – Eine Zeitreise» Fotobuchvon Susanne SchererIn ihrem zweiten Fotobuch hältSusanne Scherer die Veränderungenfest, die sich in den letzten Jahrenin Peking vollzogen haben. Pekingpräsentiert sich heute anders als imJahre 2001. Trotzdem, noch findensich ruhige, friedvolle und authentischeGassen (Hutongs), inmitten derhektischen und lauten Metropole. Altund Neu ist so eng zusammen, einPhänomen, welches bis jetzt in diesemExtrem noch nie erlebt wurde. Pekinghat sich zu einer Weltstadt entwickelt,mit all den positiven und negativenAspekten – und hat dabei ein menschlichesGesicht bewahrt.Das Fotobuch beinhaltet grossartigeBilder mit Kontrasten ausdem Alltag der lebendigen MetropolePeking. Ein «must have» für allePekingfans.RSDas Buch kann seit Juni <strong>2009</strong> direktbei der Fotografin bestellt werden:photo@susannescherer.chFotos: SchererDer Gelehrte,der China wieder insZentrum rückteEine Biographie zu Joseph Needham,Schöpfer des Monumentalwerkes«Science and Civilisationin China»Traditionell betrachteten die Chinesenihr Land und ihre Kultur alsMittelpunkt der zivilisierten Welt.Leider führte diese Selbsteinschätzungmit der Zeit allmählich dazu,dass die Chinesen sich auf ihrenLorbeeren auszuruhen begannen undan Innovativkraft einbüssten. DieKonsequenz war, dass China in technologischerHinsicht ab Ende des18. Jahrhunderts von den westlichenStaaten überflügelt werden konnte,wobei dies bis zum traumatischenAusgang des Ersten Opiumkriegesim Jahre 1842 unbemerkt von denChinesen erfolgten.EurozentrismusDies wie auch die Tatsache, dasses den europäischen Kolonialmächtenin grossem Umfang gelungen war,nicht europäische Kulturen auf allenKontinenten zu unterwerfen, führteim Westen wiederum zu einem ver-21


Bücher / Les livres / I librizerrten Bild, wonach die nichteuropäischenKulturen, insbesondere auchdie chinesische, «rückständig» wären.Dass diese nicht nur einseitige,sondern grundfalsche Auffassungheute widerlegt ist, verdankt manhauptsächlich dem lebenslangen, unermüdlichenWirken von ProfessorJoseph Needham von der Cambridge-Universität.Den Anstoss, die chinesischeZivilisation akribisch zu dokumentieren,erhielt er von seiner GeliebtenLu Guizhen, einer aus Nanjing stammendenForscherin, die 1937 in Cambridgeihre Kenntnisse in Biochemiebei Needham vertiefen wollte. DieFreundschaft zwischen Lu und Neehamführte dazu, dass er sich baldintensiv mit China und vor allemmit der chinesischen Sprache beschäftigte.Zur gleichen Zeit, da Needham indie chinesische Kultur eingeweihtwurde, hatten die Japaner ihre GrossinvasionChinas begonnen. Needhamsetzte sich mit Protestmärschen, Vorträgen,Leserbriefen und Plakaten inEngland und Amerika dafür ein,die Öffentlichkeit über die Brutalitätder japanischen Aggression zu informieren.Reisen in China1942 sandte ihn die britischeRegierung als offiziellen Delegiertennach China, um sich über die Situationan den Universitäten im unbesetztenTeil Chinas zu informieren wie auchüber die Bedürfnisse der chinesischenIntellektuellen und um ihnen danndie nötige Hilfe und Unterstützung zuorganisieren. 1943 bis 1946 unternahmer elf Reisen, darunter vierausgedehnte Expeditionen unter anderemnach Dunhuang und in diesüdostchinesische Provinz Fujian,während derer er möglichst vielWissen und Unterlagen über traditionellesWissen der Chinesen undchinesische Erfindungen sammelte.Dieses Material sollte dann dieGrundlage bilden für das Werk«Science and Civilisation in China»,deren Idee er erstmals am 15. Mai1948 in einer Projektskizze präsentierte.Auch mehr als sechzig Jahre nachder Lancierung dieses Projektes undder Produktion von 24 voluminösen,gut recherchierten Bänden ist einEnde dieses Projektes noch immernicht absehbar. Was ursprünglich alsHobby eines begnadeten Forschersbegonnen hatte, sollte sich als eines22der grössten Vorhaben der Wissenschaftsgeschichteentpuppen und seinenUrheber – Needham starb 1995im Alter von 94 Jahren – überleben.Vor allem aber ist es ihm – und seinenMitarbeitern, darunter auch LuGuizhen, die bei acht Bänden Mitherausgeberinwar, – definitiv gelungennachzuweisen, dass China nichtnur dem Westen punkto Erfindungenin nichts nachstand, sondern vielmehrüber Jahrtausende hinweg diein wissenschaftlicher Hinsicht fortschrittlichsteKultur unserer Erde war.GMSimon Winchester, Bomb, Book &Compass. Joseph Needham and theGreat Secrets of China, London / NewYork / Toronto et al., <strong>2009</strong>, ISBN 978-0-141-01158-5, 317 S., CHF 27.90Zusammenarbeitim 17. JahrhundertWenn man um die Bedeutungweiss, welche die chinesischen Kaiserund die konfuzianischen Beamtendem Kalenderwesen beimassen, soist es erstaunlich, dass von 1629bis 1774 das Kalenderamt faktischunter der Führung der westlichenJesuiten stand. Dass es so weit kommenkonnte, hängt nicht zuletzt mitdem Wirken des Konstanzer Gelehrtenund Jesuiten JohannesSchreck(1576–1630)zusammen.DasLeben dieser eher unbekannten, dafürumso bemerkenswerteren Persönlichkeitwurde von Rainer-K. Langnerin seinem neuesten Band auf eindrucksvolleWeise dargestellt.Trotz vieler Gefahren war Schreckbereit, in den Osten zu reisen, nichtzuletzt deshalb, weil er dadurch wenigerstarkunterderKontrolledespäpstlichenRoms stand.Dass Schreck ausgerechnet demJesuiten-Orden beigetreten ist, dürftesich viel weniger mit persönlichenSympathien zu den damaligen Dogmendieses Ordens erklären lassenals mit der Tatsache, dass ein solcherBeitritt mit Abstand die besten Möglichkeiteneröffnete, in ferne Länderzu reisen.Als er 1621 schliesslich Chinaerreichte, musste er dort bald feststellen,dass China in wissenschaftlicherHinsicht Europa keineswegsnachstand. Gerade in den Schreckbesonders interessierenden Bereichender Astronomie und der Zeitmessunghatten die Chinesen schon vieleJahrhunderte vor den ersten Kontaktenmit Europa Grossartiges geleistet.Allerdings war Schreck dank derneuesten in Europa gewonnenen Erkenntnissein der Astronomie und derMathematik fähig, Phänomene wieSonnenfinsternisse genauer zu berechnenals die chinesischen Astronomen.Als es seinem Freund, demKonvertiten und zweitwichtigstenMann des Ritenministeriums, XuGuangqi, gelungen war, den Chongzhen-Kaiserzu überzeugen, die fürden 21. Juni 1629 terminierte Sonnenfinsterniszum Anlass zu nehmenfür einen Wettbewerb zwischen chinesischen,europäischen und muslimischenAstronomen, sagte Schreckeine zweiminütige Finsternis ampräzisesten voraus, woraufhin derKaiser bereit war, mit Hilfe derJesuiten eine Kalenderreform vorzunehmen.GMRainer-K. Langner, Kopernikus inder verbotenen Stadt. Wie der JesuitJohannes Schreck das Wissen derKetzer nach China brachte, Frankfurta. M.: S. Fischer Verlag., 2007,ISBN 978-3-10-043932-1, 313 S.,CHF 36.90


Diverses / Divers / Diverso+++ Kurznachrichten +++ Kurznachrichten +++ Kurznachrichten +++Subventionen für SolarindustrieDie chinesische Regierung will künftig biszu 70% der Kosten von neuen Solarkraftwerkenübernehmen. Damit solle die Solarindustrieals neuer Wachstumsmotor gefördertwerden, teilte das Finanzministeriumam Mittwoch mit. In den nächsten zwei bisdrei Jahren sollen demnach 50% der Kostenfür neue Kraftwerke mit einer Leistung vonmindestens 500 Megawatt übernommenwerden –das entspricht etwa der Leistungeines Kohlekraftwerks. In abgelegenen Gebietenwolle die Regierung 70% eines solchenProjekts finanzieren. China will bis2020 mindestens 15% seiner Energie ausregenerativen Quellen decken, um Emissionenzu reduzieren und die Abhängigkeitvon fossilen Energiequellen zu verringern.apDen Dirnen traut manProstituierte geniessen in China mehr Vertrauenals Beamte. Das ist das Ergebniseiner Umfrage, die von der Tageszeitung«China Daily» als «erstaunlich und erschütternd»gewertet wurde.Bei der Internetumfrage nach den vertrauenswürdigstenBerufsgruppen landetendie Prostituierten nach Bauern und Geistlichenauf dem dritten Platz, deutlich vorBeamten und Funktionären.«Aber wenigstens sind die Beamten undFunktionäre nicht in die am wenigsten vertrauenswürdigeGruppe abgerutscht», konstatierte«China Daily». Dort tummeltensich vielmehr Immobilienmakler, Entertainerund Direktoren. An der Umfrage beteiligtensich mehr als 3300 Chinesen.bru/sdaVorbilder gesuchtChina kicked off a campaign to vote for thecountry’s role models, with candidates comingfrom a wide spectrum of social sectorsincluding the first Chinese astronaut YangLiwei, NBA star Yao Ming and kung fumaster Jackie Chan.The campaign, part of the country’s driveto promote patriotism on the eve of its60th founding anniversary, which falls onOctober 1, is conducted by 10 governmentagencies including the Publicity Departmentof the Communist Party of China(CPC) Central Committee and the GeneralLogistic Department of the Chinese People’sLiberation Army.Voters are expected to choose 100 candidatesfrom 150 as “heroes and role modelswho made outstanding contributions tothe founding of the People’s Republic ofChina,” according to the campaign’s organizingcommittee.Xinhua18 000 Jahre alte TonscherbenWashington (sda/dpa) Die ältesten bekanntenTonscherben der Welt sind rund 18 000Jahre alt und stammen aus einer Höhle inder chinesischen Provinz Hunan. Das berichteteine internationale Forschergruppein den «Proceedings» der US-Akademie derWissenschaften (»PNAS», online vorab).Die Scherben selbst sind bereits seit einigerZeit beschrieben, die Forscher umXiaohong Wu von der Universität Pekingbestimmten jetzt aber deren Alter genauerals zuvor.Dazu analysierten sie nicht allein die Fundstücke,sondern auch das umgebende Erdreichsowie darin enthaltene KnochenundKohlereste aus dem Bodengrund derYuchanyan-Höhle. Dort hat sich im Laufder Jahrtausende Schicht um Schicht abgelagert,so dass ein in die Tiefe reichendesArchiv entstanden ist.Laut der Altersbestimmung nach der sogenanntenC14-Methode (Radiocarbon-Verfahren)sind die Scherben zwischen 17 500und 18 300 Jahre alt. Dies stütze die These,dass die Töpferei ihren Ausgang im südlichenChina hatte, heisst es in dem Journal.Ausbau erneuerbarer EnergienChina will die erneuerbaren Energien kräftigfördern. In den kommenden Jahren solltenumgerechnet mehr als 450 Mrd. Frankeninvestiert werden. Im Vordergrund steht derAusbau der Windkraft, wie die chinesischeStaatspresse am Montag berichtete.Künftig sollten rund 100 Gigawatt Stromaus Windkraft gewonnen werden. Das wäreeine Verdreifachung des bisherigen Ausbauzielsvon 30 Gigawatt bis zum Jahr 2020.Derzeit produziert China etwa zwölf GigawattWindstrom. Damit liegt das Land weltweitauf dem vierten Platz, nach den USA,Deutschland und Spanien. China ist einerder grössten Klimasünder weltweit, darund 70% des Stroms aus Kohlekraftwerkenstammt.Die Windparks Chinas stehen im Nordenund Nordwesten. Künftig sollen aber auchim Süden und Osten Windräder stehen. Indiesen Regionen befinden sich die Zentrendes chinesischen Wirtschaftsbooms.Das neue Milliardenprogramm für erneuerbareEnergien wäre von seiner Grösse vergleichbarmit dem Konjunkturprogramm,das die Regierung aufgelegt hat, um derWirtschaft aus der Krise zu helfen. Dabeisollen in diesem und im nächten Jahr mehrals 600 Mrd. Franken ausgegeben werden.sda-atsEinstein-Ausstellung in ChinaDie Dauerausstellung über Albert Einsteinim Historischen Museum Bern geht 2010und 2011 höchstwahrscheinlich auf eineChina-Tournee. Präsenz Schweiz, die Bundesstellezur Imagepflege der Schweiz imAusland, finanziert das Unternehmen.Botschafter Johannes Matyassy, Chef vonPräsenz Schweiz, und Vertreter des BernerMuseums unterzeichneten am Dienstag vorden Medien in Bern den entsprechendenVertrag. Anwesend war auch der chinesischeBotschafter in der Schweiz. Matyassysagte auf Anfrage, Präsenz Schweiz leiste950 000 Franken.Für Matyassy ist es ein Glücksfall, dasssich chinesische Museen für die Ausstellunginteressieren. Sie passe hervorragendin die China-Kampagne 2007–2011von Präsenz Schweiz. Sie soll im Landder Mitte zeigen, dass die Schweiz nichtnur ein Reise-, sondern auch ein humanistischgeprägtes und forschungsorientiertesLand ist.Die Verträge mit den chinesischen Museensind zwar noch nicht unterschrieben,doch geht Museumsdirektor Peter Jezlerdavon aus, dass die Ausstellung überden genialen Schweizer Physiker 2010 inPeking sowie Guangzhou (Kanton) und imJahr 2011 in Hongkong sowie Schanghaizu sehen ist.Bei allen Museen handelt es sich um Wissenschafts-,Technologie- oder Geschichtsmuseenmit zum Teil mehr als einer MillionBesuchern pro Jahr. Jenes in Peking –nebendem Olympiastadion –wird nächstens eröffnet.Die Einstein-Ausstellung im HistorischenMuseum Bern wurde 2005 als Sonderausstellungeröffnet und zog innert 16 Monaten350 000 Besucher an. Nun ist sieDauerausstellung. Damit das Museum eineseiner Attraktionen nicht verliert, ist vorgesehen,die Einstein- Originale in Berndurch Repliken zu ersetzen. sda-atsKatastrophenschutz verbessernChina will seinen Katastrophenschutzverbessern. Die Regierung veröffentlichteam Montag in Peking ein Weissbuch überdie Vorbeugung gegen Katastrophen undbessere Rettungs- und Hilfsmassnahmen.«Die Mechanismen, um die Hilfsbemühungenzu koordinieren und zu integrieren,sind noch nicht ausreichend», stellt dasWeissbuch fest. Die Fähigkeiten der Menschen,auf Katastrophen zu reagieren,müssten verbessert werden.Anlass der Veröffentlichung war der ersteJahrestag des verheerenden Erdbebens inder südwestchinesischen Provinz Sichuan,bei dem 87 000 Menschen ums Lebenkamen.Offenbar als Reaktion auf die Empörungüber den Einsturz besonders vieler Schulenin Sichuan, die wegen Pfusch am Bau nachgaben,heisst es in dem Weissbuch, innerhalbvon drei Jahren sollen landesweitalle Schulen erdbebensicher gemacht undauch gegen andere Katastrophen geschütztwerden.Bei dem Erdbeben am 12. Mai 2008 in derSüdwestprovinz sind nach offiziellen Angabenallein 5335 Schulkinder ums Lebengekommen. Doch schätzen Eltern undAktivisten diese Zahl höher ein.In dem Weissbuch heisst es, mehr alsdie Hälfte der Chinesen lebten in Gegenden,die von schweren Erdbeben oder anderenKatastrophen heimgesucht werden könnten.In zwei Dritteln des Landes drohtenimmer wieder Überschwemmungen.«China gehört zu den Ländern, die amhäufigsten von Naturkatastrophen heimgesuchtwerden.»sda-ats23


China, Land und Leute / Chine, le pays et les gens / Cina, il paese e la genteSchweizer Sessellift verbindet Stadtund Land an der EXPO 10Erlebnisse in Stadt und Land will dieSchweiz an der Weltausstellung in Chinaden Besucherinnen und Besuchern bieten.Herzstück der Schau dürfte der Sesselliftsein, der die urbane Welt im Pavillon unddie grüne Landschaft auf dessen Dachverbindet.Im Mai beginnen die Bauarbeiten für denSchweizer Pavillon auf dem Ausstellungsgeländein Schanghai. Das Gebäudewill den Gästen Wechselwirkungen zwischendem städtischen und dem ländlichemRaum aufzeigen. Die Fassaden tragenein grobmaschiges Drahtseilnetz mit11000 Zellen aus umweltfreundlichemKlarharz.Diese Fassade gibt nicht nur den Blick voninnen nach aussen frei, sondern erzeugtmit Hilfe von Solartechnik auch Strom,der sich in Leuchtdioden entlädt. Je nachSonneneinstrahlung und- intensität blitzendeshalb am Pavillon unzählige winzigeLichtlein auf.Am Mittwoch stellte Präsenz Schweiz denSchweizer Auftritt in Bern vor. Die Expo2010 findet vom 1.Mai bis 31.Oktober2010 statt und ist die bisher grösste ihrerArt. Das Ausstellungsgelände misst 5,28Quadratkilometer. 70 Millionen Gästewerden erwartet. Bisher 187 Länder und47 internationale Organisationen nehmenteil. (Notiz: Folgt mehr) sda-atsSponsoringDie Herausgabe des Bulletinswird unterstützt durch die FirmenVeranstaltungenVon Yaks und rotem MohnLiteraTour durch das multiethnische China mit Alice GrünfelderAlice Grünfelder berichtet über die Literatur aus Chinas Randregionen,aus Nordostchina, der Mongolei, Xinjiang und Hongkong.Dienstag, 22. September, 19.00 Uhr, Travel Book Shop, Rindermarkt 20,ZürichWie China Europa verändertVeranstaltung des China Forums BaselPeter Sieren, Bestseller-Autor, Dokumentarfilmer und Asienspezialistlebtseit eineinhalb Jahrzenten in China. Er sieht in China den Motor derGlobalisierung, das Land, das daran ist, die Welt auf den Kopf zu stellen.Europa hat einen neuen Konkurrenten erhalten, und alles relativiert sich,unser Einfluss ebenso wie unser Wertsystem.Die Veranstaltung findet statt am Montag, 12. Oktober, 18.30–20.30 UhrHotel Bildungszentrum 21, Missionsstrasse 21, BaselBotschafter Johannes Matyassy (Präsenz Schweiz)Die <strong>Schweizerisch</strong>-<strong>Chinesische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> veranstaltet einen Informationsabendüber die Expo 2010 in Shanghai.Dienstag, 24. November <strong>2009</strong> um 18.15 Uhr mit nachfolgendem Apérofür die Gäste.Ort: Wird auf der Webpage der <strong>Gesellschaft</strong> bekannt gegeben.Für unsere ambulanten Zentren für Ganzheitliche <strong>Chinesische</strong>Medizin in Bad Zurzach, Basel, Winterthur, Baden, Zugund Wil suchen wir per sofort oder nach Vereinbarung eine/nÄrztin/Arzt für TCM 100%Verantwortliche/n TCM-Ärztin/Arzt 100%Anforderungen■ Abgeschlossenes TCM-Studium mit Berufserfahrung■ Gute Teamfähigkeit■ Soziale KompetenzZusätzliche Anforderungen für die Stelle Verantwortliche/rTCM-Ärztin/Arzt■ Abgeschlossenes TCM-Studium mit mehrjähriger klinischerErfahrung■ Teamorientierte Persönlichkeit mit Führungsqualitäten■ Gute mündliche Deutschkenntnisse■ Interesse an ForschungsarbeitIhre vollständige, schriftliche Bewerbung senden Sie bitte an:RehaClinic Bad ZurzachPersonalabteilung, Frau Monika WehrleQuellenstrasse 34, 5330 Bad ZurzachTelefon: 056 269 54 11Die Redaktion ist unabhängig,und die <strong>Schweizerisch</strong>-<strong>Chinesische</strong><strong>Gesellschaft</strong> trägt die Verantwortungfür den Inhalt. Die <strong>Gesellschaft</strong> danktden grosszügigen Sponsoren.24Redaktion:Nathalie Bao-GötschDr. Eleonore BaumbergerDr. Jürg BaumbergerMargrit ManzUeli MerzDr. Guido MühlemannRudolf SchaffnerÜbersetzung Editorial:Adresse der Redaktion:<strong>Schweizerisch</strong>-<strong>Chinesische</strong> <strong>Gesellschaft</strong>Postfach, 4002 BaselE-Mail: ruizhong@schweiz-china.ch, www.schweiz-china.chAnregungen, Leserbriefe und Zuschriften (Veröffentlichungenbzw. Kürzungen vorbehalten) unter Kennwort«SCHWEIZ–CHINA» an die vorstehende redaktionelle AnschriftAuflage/Tirage/Tiratura: 600 Ex.Gérald Béroud (französisch), Gian Paolo Morelli (italienisch)

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