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Das Wunder von Attendorn - Ursula Pfennig

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Sauerland<br />

Foto: <strong>Ursula</strong> <strong>Pfennig</strong><br />

6 Westfalium extra<br />

<strong>Das</strong> <strong>Wunder</strong> <strong>von</strong><br />

Foto: Olpe Aktiv e. V.


<strong>Attendorn</strong><br />

Denken Sie bei „<strong>Attendorn</strong>“ an Tropfsteine, Ausflüge zum Biggesee und Waldspaziergänge? Alles<br />

richtig. Doch ganz nebenbei verteidigt <strong>Attendorn</strong> den Titel als reichste Kommune Nordrhein-<br />

Westfalens. Selbst in Düsseldorfer Millionärsvororten verfügen die Menschen im Durchschnitt über<br />

weniger Geld als in dem beschaulichen Städtchen am Biggesee. Westfalium auf Spurensuche.<br />

Sauerland<br />

Westfalium extra 7


Sauerland<br />

Foto: <strong>Ursula</strong> <strong>Pfennig</strong><br />

8 Westfalium extra<br />

Vor dem Treffen mit dem Eigentümer der Atta-Höhle bleibt noch<br />

ein halbes Stündchen. Reicht das, um einen ersten Eindruck <strong>von</strong><br />

der Altstadt zu gewinnen? Ja, denn <strong>Attendorn</strong> ist übersichtlich. Ein<br />

begrünter Ring markiert die ehemaligen Wallanlagen. Von dort sind es<br />

nur wenige Schritte bis zum Marktplatz mit dem „Sauerländer Dom“.<br />

Nichts Besonderes auf den ersten Blick. Ein paar niedrige Häuserzeilen,<br />

wobei schmuckes Fachwerk sich mit mehr oder weniger bescheidenen<br />

Steinhäuschen abwechselt. Ein paar Läden, ein paar Gaststätten.<br />

Alles recht bieder und bescheiden. So wie man das erwarten kann <strong>von</strong><br />

einem sauerländischen Industriestädtchen mit 25.000 Einwohnern, in<br />

dem vor allem die Traditionen <strong>von</strong> Schützenfest und Karneval hochgehalten<br />

werden.<br />

Auf den zweiten Blick macht <strong>Attendorn</strong> Staunen. Da ist zunächst<br />

einmal diese überraschende Statistik. <strong>Das</strong> verfügbare Einkommen pro<br />

Kopf betrug in <strong>Attendorn</strong> im Jahr 2008 satte 48.418 Euro – das ist<br />

in Nordrhein-Westfalen ein Spitzenwert, der Landesdurchschnitt lag<br />

bei unter 20.000 Euro. Als Grund nennt das Landesamt für Statistik<br />

einen „gesunden Mittelstand“. Tatsächlich kann <strong>Attendorn</strong> auf eine<br />

erkleckliche Reihe gut situierter Familienunternehmen blicken, vor<br />

allem Automobil-Zulieferer und Metall verarbeitende Betriebe. Kirchhoff,<br />

Viega, Mubea, Gedia, Aquatherm und Aba Beul sind Namen, die<br />

weltweiten Ruf genießen.<br />

Nun hinkt die Statistik der Wirklichkeit hinterher – das liegt an<br />

den Fristen zur Abgabe der Einkommensteuererklärungen. Die Krise<br />

hat das Sauerland hart getroffen, auch die <strong>Attendorn</strong>er Unternehmen.<br />

Die exportorientierten Industriebetriebe mussten bluten. Doch fast<br />

alle hielten durch, und heute hat Christof Schneider, Leiter des Amts<br />

für Wirtschaftsförderung, wieder guten Grund zum Optimismus. Die<br />

meisten Firmen sind Familienunternehmen, seit Generationen ansässig.<br />

Da wirft man nicht so leicht das Handtuch. „Es geht wieder nach<br />

oben“, fasst der Wirtschaftsförderer die Situation zusammen. „Und<br />

nun kommt den Firmen zugute, dass sie in der Krise ihre Leute gehalten<br />

haben. Während andere noch händeringend Fachkräfte suchten,<br />

konnten unsere Betriebe sofort wieder die Kapazitäten hochfahren.“<br />

Ein „Kompetenzzentrum Automotive“, das im Rahmen der Regionale<br />

2013 in <strong>Attendorn</strong> errichtet werden soll, soll Forschung und Entwicklung<br />

weiter beflügeln und den Standort auf Dauer sichern.<br />

Selbstbewusste Kaufleute<br />

Wie kommt es, dass sich ausgerechnet in <strong>Attendorn</strong> so leistungsstarke<br />

Unternehmen der Eisen- und Metallverarbeitung ansiedelten?<br />

Monika Löcken, Leiterin des Südsauerlandmuseums am Alten Markt,<br />

verweist auf die Zeit der frühen Industrialisierung. In der Wendener<br />

Hütte, 20 Kilometer südlich <strong>von</strong> <strong>Attendorn</strong>, kann man heute noch<br />

sehen, wie die Erzvorkommen verhüttet und zu Stahl verarbeitet wurden.<br />

In <strong>Attendorn</strong> spezialisierte man sich früh auf die Herstellung <strong>von</strong><br />

Blechwaren, woraus Automobilzulieferer und Armaturenhersteller<br />

hervorgingen.<br />

Doch das ist nicht alles. Sucht man nach den Ursprüngen eines<br />

selbstbewussten Unternehmertums, landet man im Mittelalter. <strong>Attendorn</strong><br />

ist eine Hansestadt. <strong>Attendorn</strong>er Kaufleute machten Geschäfte<br />

in Nowgorod, Stockholm und London. Der erste Stadtrat im 13. Jahrhundert<br />

bestand aus Fernhändlern, die anderen Gilden wurden erst<br />

später zugelassen. <strong>Attendorn</strong> war nie sonderlich groß, genoss aber<br />

das Recht, eigene Münzen zu prägen. <strong>Das</strong> Rathaus am Marktplatz,<br />

das heute das Südsauerlandmuseum beherbergt, zeugt vom Stolz der<br />

Die Altstadt <strong>von</strong> <strong>Attendorn</strong> wird <strong>von</strong> der Kirche St. Johannes Baptist überragt,<br />

auch „Sauerländer Dom“ genannt


geschäftigen Bürgerschaft. Auch der Adel profitierte. Die Herren <strong>von</strong><br />

Fürstenberg erlangten im 17. Jahrhundert unter anderem aufgrund<br />

<strong>von</strong> Kreditgeschäften einen derart unerhörten Reichtum, dass sie ihre<br />

Burg Schnellenberg – heute Luxushotel – zur größten Renaissance-<br />

Anlage der Region ausbauen konnten. <strong>Das</strong>s sie gleichzeitig treu zu<br />

den kölnischen Erzbischöfen standen und dort wichtige Ämter ergatterten,<br />

förderte Ruhm und Reichtum zusätzlich.<br />

Bevor der <strong>Attendorn</strong>er aufgibt, lässt er sich etwas einfallen. So auch<br />

Wolfgang Böhmer, geschäftsführender Gesellschafter der Atta-Höhle.<br />

Im Gegensatz zu den meisten anderen Höhlen blieb die Atta-Höhle<br />

seit ihrer Entdeckung 1907 immer in Privatbesitz. Die Familien Epe<br />

und Böhmer investierten. Sehr schnell wurde die Höhle Besuchern zugänglich<br />

gemacht, ein neuer Zugangstunnel in den Berg getrieben. Die<br />

Atta-Höhle ist <strong>Attendorn</strong>s unterirdische <strong>Wunder</strong>welt. Neben unzähligen<br />

Stalagmiten und Stalaktiten wuchsen hier aufgrund der besonderen<br />

Gesteinszusammensetzung sogenannte Sinterfahnen: nur wenige<br />

Millimeter dünne, <strong>von</strong> Eisenoxiden gefärbte und bis zu 2,5 Millionen<br />

Jahre alte Vorhänge aus durchscheinendem Kalk. Mehr als 40 Millionen<br />

Besucher ließen sich bereits <strong>von</strong> der Tropfsteinhöhle verzaubern,<br />

eine der größten und schönsten Deutschlands.<br />

Doch Böhmer verlässt sich nicht allein auf die Faszination des Naturdenkmals.<br />

„Die Ansprüche der Touristen haben sich in den letzten<br />

zehn Jahren gewaltig verändert“, beobachtet er. „Es gibt deutlich weniger<br />

Schulklassen und Busse, dafür mehr individuell reisende Familien<br />

und Paare und mehr ältere Besucher. Wer sich darauf nicht einstellt,<br />

wer nicht selbst etwas tut, geht unter.“ An der Atta-Höhle selbst baute<br />

er einen großen, überdachten Eingangsbereich. Die Gastronomie<br />

wurde durch einen schmucken Festsaal ergänzt, in dem auch Feiern<br />

und Tagungen stattfinden können. Demnächst will er auch einen<br />

Am Samstag, 23. Juni heißt<br />

es an der Luisenhütte in Balve-<br />

Wocklum <strong>von</strong> 16-23 Uhr<br />

„Luise heizt ein!“ Ein Kulturevent<br />

für die ganze Familie<br />

inszeniert <strong>von</strong> Forum<br />

Inter-Art, mit Walking-Acts,<br />

Akrobatik, Musik, museumspädagogischen<br />

Aktionen<br />

und einer Lichtinszenierung zum großen Finale mit<br />

Einbruch der Dämmerung.<br />

Entdecken Sie das internationale Denkmal und<br />

selbsterklärende Museum zur Hüttentechnologie<br />

<strong>von</strong> einer neuen Seite! Rund um die Luisenhütte<br />

führt ein schöner Wanderweg mit Anbindung an<br />

die Sauerland Waldroute. Thematisch angebunden<br />

ist der Bergbau-<br />

Wanderweg in Balve-<br />

Langenholthausen.<br />

Am ersten August-<br />

Wochenende, vom<br />

5. bis 7. August,<br />

laden die Stadt Altena<br />

und die Museen des<br />

Märkischen Kreises<br />

auf der Burg Altena<br />

wieder zu Südwestfalens<br />

größtem<br />

Mittelalterspektakel<br />

ein. Die Besucher<br />

erwarten Ritterturniere,<br />

alte Handwerkskunst,<br />

rustikale Speisen,<br />

Musik, Gaukelei und<br />

Narretei. Erstmals<br />

dabei: Wikinger und<br />

ein Orientmarkt mit<br />

orientalischen<br />

Tänzerinnen.<br />

Foto: <strong>Ursula</strong> <strong>Pfennig</strong><br />

Die Burg Altena präsentiert sich <strong>von</strong> ihrer<br />

märchenhaften Seite. Am Freitagabend ab 20<br />

Uhr tritt die Gruppe Schelmisch auf dem oberen<br />

Burghof auf. Am Samstag locken die Museen<br />

mit einer langen Museumsnacht bis 24 Uhr. Wie<br />

haben Ritter und Adelige im Mittelalter und in<br />

der frühen Neuzeit gewohnt, gegessen, gebetet,<br />

gejagt und gekämpft? Wie lebten die Bauern und<br />

was stellten die Schmiede her? Auf diese und<br />

viele andere Fragen gibt das erlebnisorientierte<br />

Sauerland<br />

Selbst was tun oder untergehn: Wolfgang Böhmer, Eigentümer der Atta-Höhle<br />

Aufzug zum Eingangsbereich bauen, damit gehbehinderte Reisende<br />

zumindest das Restaurant mühelos erreichen können. In einer Höhle<br />

hat er eine Gesundheitsgrotte eingerichtet, wo vor allem Allergiker gut<br />

eingemummelt die absolut staub- und allergenfreie feuchte Höhlenluft<br />

genießen.<br />

In einem anderen Teil des Höhlensystems reift der Atta-Käse zu<br />

einer gefragten Spezialität heran. Rainer Schmitz, Landwirt und Käser<br />

aus dem Bergischen Land, hatte auch bei anderen Höhlen angefragt.<br />

„Aber die anderen haben sofort abgewunken. Wolfgang Böhmer hingegen<br />

hat die Chance gesehen, hier etwas Neues aufzubauen.“ Der<br />

Atta-Käse ist der einzige Käse, der in Deutschland in einer Naturhöhle<br />

reift – auch wenn er sich nicht „Höhlenkäse“ nennen darf, weil<br />

Sommerhits für Jung und Alt<br />

Mit der Familie noch nichts vor?<br />

Der Märkische Kreis ist immer einen Ausflug wert!<br />

Regionalmuseum der Grafschaft<br />

Mark Antworten. Übrigens:<br />

die Burg Altena ist auch<br />

Sitz der Weltjugendherberge<br />

und Einstiegsportal für den<br />

Sauerländer Höhenflug, einem<br />

der schönsten Höhenwanderwege<br />

Deutschlands!<br />

Auch das Deutsche Drahtmuseum beteiligt sich mit<br />

Aktionen und Vorführungen an dem Mittelalterevent in<br />

Altena. Im Mittelalter war Altena das Zentrum der Drahtindustrie.<br />

Wie wurde und wird Draht hergestellt, unter<br />

welchen Bedingungen arbeiten Drahtzieher, zu welchen<br />

Produkten wird Draht weiterverarbeitet, was machen<br />

Künstler mit Draht? Diese und viele andere Fragen<br />

werden im Deutschen Drahtmuseum beantwortet.<br />

Eine Reihe <strong>von</strong> Experimentierstationen animieren<br />

zum Mitmachen. So wird der Museumsbesuch für<br />

die ganze Familie zu einem unvergesslichen Erlebnis.<br />

Wandernswert ist auch der historische Drahthandelsweg<br />

zwischen Altena und Iserlohn.<br />

Westfalium extra 9<br />

www.maerkischer-kreis.de


Sauerland<br />

Foto: Sauerland Tourismus<br />

Wohlstand durch Mittelstand<br />

Die Viega GmbH & Co KG ist ein Musterbeispiel für die<br />

mittelständischen Unternehmen, denen <strong>Attendorn</strong> und<br />

das ganze Sauerland ihre wirtschaftliche Stärke verdanken. Aus<br />

kleinsten Anfängen heraus hat sich das 1899 gegründete Unternehmen<br />

zu einem weltweit anerkannten Systemanbieter <strong>von</strong><br />

Produkten für die Installations technik entwickelt. Heute beschäftigt<br />

Viega weltweit rund 3.000 Mitarbeiter, und zumindest<br />

in Deutschland lässt sich wohl kein Gebäude mehr finden, in dem<br />

Produkte mit dem Viega-Logo nicht verbaut sind. Stammsitz ist<br />

seit Gründung des Unternehmens <strong>Attendorn</strong> – heute Sitz <strong>von</strong><br />

Verwaltung, Forschung und Entwicklung sowie des weltweiten<br />

Vertriebs und Marketings. Auch die Eigentümer und Geschäftsführer<br />

des Unternehmens, Walter und Heinz-Bernd Viegener<br />

wohnen in <strong>Attendorn</strong> – das sorgt für Verbundenheit mit dem<br />

Standort. In <strong>Attendorn</strong>-Ennest konzentriert sich heute die Produktion<br />

<strong>von</strong> Rohrverbindungstechnik sowie das weltweite Logistik-<br />

und Seminarcenter. Nur wenige Kilometer entfernt fertigt<br />

Viega in Lennestadt-Elspe Produkte für die Entwässerung <strong>von</strong><br />

Badewannen und Duschen sowie Spülkästen. Neben den sauerländischen<br />

Standorten produziert das Unternehmen in Thüringen,<br />

Bayern und den USA. Ohne hochqualifizierte Mitarbeiter,<br />

zum Beispiel Entwicklungsingenieure oder Facharbeiter, wäre<br />

diese Entwicklung nicht möglich gewesen. Wie wichtig Viega die<br />

Qualifikation der Mitarbeiter ist, lässt sich unter anderem an der<br />

Zahl der Auszubildenden ablesen. Aktuell bildet das Unternehmen<br />

160 Jugendliche in 16 Berufen aus. wg<br />

10 Westfalium extra<br />

<strong>Attendorn</strong>, rechts oben im<br />

Bild, liegt am nördlichen<br />

Zipfel des Biggesees<br />

ein Käse-Konzern den Begriff hat schützen lassen. „Dann nennen wir<br />

ihn eben Atta-Käse“, meint Schmitz. „Was letztlich zählt, ist der Geschmack.“<br />

Eine Kostprobe überzeugt: Die spezielle, für die niedrigen<br />

Temperaturen in der Atta-Höhle entwickelte Bakterienkultur und das<br />

besondere Höhlenklima verleihen dem Rohmilchkäse schon nach<br />

relativ kurzer Reifezeit ein sehr würziges Aroma, ähnlich dem eines<br />

Schimmelkäses. Nach wenigen Jahren konnte die Produktion deutlich<br />

ausgeweitet werden, der Käse wird in ganz Deutschland verkauft.<br />

Leuchtturm und Biggolino<br />

Böhmers Engagement endet nicht am Höhleneingang. Zusammen<br />

mit zwei weiteren Unternehmern hat er vor zwei Jahren die Biggetal<br />

Touristik und Gastronomie GmbH (BGT) gegründet. Der Zweite im<br />

Bunde ist Wolfgang Keseberg, Inhaber der Weißen Flotte vom Biggesee,<br />

der dritte Christof Platte vom Romantik Hotel Platte in <strong>Attendorn</strong>-Niederhelden.<br />

Zusammen machten sie sich daran, die touristische<br />

Infrastruktur <strong>von</strong> <strong>Attendorn</strong> aufzumöbeln. Dazu bauten sie<br />

mitten auf dem Biggedamm ein Ausflugslokal, den „Leuchtturm am<br />

Biggesee“. Innerhalb kürzester Zeit erhielten sie die Baugenehmigung.<br />

In Erinnerung an die Bauzeit gerät der toughe Unternehmer ins Träumen:<br />

„Frühmorgens saß ich hier oben mit Wolfgang Keseberger auf<br />

einer Planke“, erzählt er. „Die Berge rundum waren in Nebel gehüllt.<br />

Und dann tauchte im Sonnenaufgang wie aus dem Nichts ein Schiff<br />

auf dem See auf. <strong>Das</strong> war so schön, dass mir die Tränen kamen.“ Geschäftssinn,<br />

Heimatliebe und Zusammenhalt sind die Zutaten für das<br />

Erfolgsrezept der <strong>Attendorn</strong>er. Die Bank hinterm Leuchtturm wurde<br />

zum Andenken an den Moment aufgestellt.<br />

Damit die Gäste das etwa drei Kilometer <strong>von</strong> der Altstadt entfernte<br />

Ziel auch bequem erreichen, wurde – ebenfalls in Privatinitiative –


Sauerland<br />

Markttag in <strong>Attendorn</strong><br />

12 Westfalium extra<br />

Bizzare Steinformationen<br />

in der Atta-Höhle<br />

Foto: Satdt <strong>Attendorn</strong> Foto: <strong>Ursula</strong> <strong>Pfennig</strong> Foto: Atta-Höhle<br />

Überraschend gewann vor<br />

zwei Jahren der Parteilose<br />

Wolfgang Hilleke die Wahl<br />

zum Bürgermeister<br />

eine Bimmelbahn angeschafft, der „Biggolino“. Er verbindet im Stundentakt<br />

Altstadt, Atta-Höhle, Biggedamm und Schiffsanlegestelle und<br />

kann auch <strong>von</strong> Gruppen für Rundfahrten bis ins Repetal nach Niederhelden<br />

gemietet werden. Die Stadt sorgte im Gegenzug für eine<br />

Beleuchtung entlang der Promenade am Seeufer und schnitt den Blick<br />

auf die Ruine Waldenburg gegenüber dem Damm frei.<br />

<strong>Das</strong> Engagement trägt Früchte. An einem sonnigen Wochenende<br />

tummeln sich heute ganze Scharen <strong>von</strong> Familien mit Kindern, Radler<br />

und Spaziergänger auf dem Damm – Touristen, vor allem aber auch<br />

<strong>Attendorn</strong>er. „Alte Leute haben mir erzählt, dass sie dank Biggolino<br />

– der mit einer Rampe für Rollstuhlfahrer ausgestattet ist – endlich<br />

mal wieder hier heraus kommen konnten“, erzählt Böhmer. „Zum Teil<br />

waren sie seit 20 Jahren nicht mehr hier, denn selbst die zehn Minuten<br />

Fußweg vom Parkplatz aus waren für sie zu weit.“<br />

<strong>Attendorn</strong> hat bislang gut <strong>von</strong> seiner Industrie leben können. Die<br />

Industrie war es, die die Arbeitsplätze schaffte und Gewerbesteuern<br />

ins Stadtsäckel spülte. Tourismus war zweitrangig. Doch die Attraktivität<br />

einer Stadt wird im Wettbewerb der Kommunen um den besten<br />

Standort immer wichtiger. <strong>Das</strong> weiß auch Wolfgang Hilleke, der vor<br />

zwei Jahren zum parteilosen Bürgermeister <strong>von</strong> <strong>Attendorn</strong> gewählt<br />

wurde: „Der Erfolg <strong>von</strong> <strong>Attendorn</strong> war und ist hausgemacht im besten<br />

Sinne. Die vielen erfolgreichen Familienunternehmen fühlen sich in<br />

besonderer Weise mit unserer Stadt verbunden und gehen mit ihr sozusagen<br />

durch dick und dünn. Dieser Mut und dieses Engagement sind<br />

ein großes Pfand. Heute kommt es mehr denn je darauf an, Fachkräfte<br />

– auch junge Akademiker – für <strong>Attendorn</strong> zu gewinnen. Freizeit- und<br />

Bildungsangebote sowie die Stadtbildpflege gewinnen angesichts der<br />

demografischen Herausforderungen ein ganz neues Gewicht.“<br />

„Ich baue gern“<br />

Auch Gerhard Rosenberg, Seniorchef der Firma Aquatherm, redet<br />

gern vom Stadtbild. Gerhard Rosenberg ist 71 Jahre alt und könnte<br />

sich zurücklehnen. In den 1970er Jahren war er einer der ersten, die<br />

in Deutschland Fußbodenheizungen auf den Markt brachten. Daraus<br />

wurde ein florierendes Unternehmen mit mehr als 400 Mitarbeitern,<br />

das er mittlerweile seinen drei Söhnen übergeben hat. Doch nun baut<br />

er ein Hotel. Direkt gegenüber der Atta-Höhle. Es soll ein besonders<br />

schickes Bauwerk werden, ein Business-Hotel mit 90 Zimmern. Die<br />

Grube wird zurzeit ausgehoben, im April 2013 könnte das Hotel eröffnet<br />

werden. „In der Stadt fehlt ein Hotel dieser Kategorie“, begründet<br />

er sein Vorhaben. Tatsächlich gibt es in der Altstadt selbst nur kleinere<br />

3-Sterne-Hotels. <strong>Das</strong> luxuriöse Burg-Hotel Schnellenberg und die<br />

4-Sterne-Hotels in Niederhelden liegen etwas außerhalb. „Zu weit“,<br />

findet Rosenberg, und sowieso: „Ich will das einfach. Ich baue gern.“<br />

Und schon schwärmt er <strong>von</strong> Kühldecken und Wandheizungen, nur<br />

das Beste aus dem Hause Aquatherm. Außerdem soll ein Park in der<br />

Nähe des Hotels entstehen, das habe die Stadt zugesagt. „Es gibt in dieser<br />

Stadt bislang keinen Park“, führt er aus. „Schließlich will ich, wenn<br />

ich alt bin, mit meinem Rollator hier irgendwo spazieren gehen.“<br />

Nicht jeder begrüßt Rosenbergs Baupläne. Schließlich müssen die<br />

alteingesessenen Hotels sich in Zukunft noch mehr einfallen lassen,<br />

um ihre Stammgäste ans Haus zu binden und neue zu gewinnen. Und<br />

im Gegensatz zu Rosenberg, der erklärtermaßen mit dem Hotel kein<br />

Geld mehr verdienen muss, geht es um deren Existenz. Doch wahrscheinlich<br />

wird den findigen Sauerländern wieder etwas einfallen –<br />

und irgendwie wird man sich zusammenraufen und gemeinsam neue<br />

Pläne schmieden.<br />

<strong>Ursula</strong> <strong>Pfennig</strong>


Wer wo was in <strong>Attendorn</strong><br />

Gucken<br />

Atta-Höhle. Eine Führung durch die <strong>Wunder</strong>welt der Stalagmiten, Stalagtiten und Sintervorhänge<br />

in der größten Tropfsteinhöhle Deutschlands dauert etwa 40-60 Minuten und<br />

kostet 7,50 Euro (Kinder 4,50 Euro). Finnentroper Str. 39, 57439 <strong>Attendorn</strong>, tägl. 10:00-16:30<br />

Uhr (1. Mai bis 4. Sept., danach abweichend), Tel. 02722/93 750, www.atta-hoehle.de<br />

Südsauerlandmuseum. <strong>Das</strong> ehemalige gotische Rathaus beherbergt die kunst- und kulturhistorische<br />

Sammlung des Kreises Olpe. Sonderausstellungen zu Ötzi (bis 10. Okt.) und<br />

Afrika (mit Gemälden und Skulpturen, 26. Juni – 28. Aug.), Alter Markt 1, Di-Fr 11:00-18:00<br />

Uhr, Sa 11:00-15:00 Uhr, So 13:00-18:00 Uhr, Eintritt 3 Euro (Kinder und Jugendliche 1<br />

Euro), Tel. 02722/3711, www.suedsauerlandmuseum.de<br />

Bieketurm. Zeughaus und Schützenmuseum im mittelalterlichen Wehrturm, Bieketurmstr.,<br />

Sa 10:00-12:00 Uhr, Tel. 02722/52546, www.1222ev.de<br />

Machen<br />

Personenschifffahrt Biggesee. Auf den Schiffen der Weißen Flotte kann man feiern,<br />

heiraten und Pirat spielen. Normale Rundfahrten starten in <strong>Attendorn</strong> am Biggedamm im<br />

Sommer (bis 11. Sept.) <strong>von</strong> 11:00-17:00 Uhr immer zur vollen Stunde, dauern etwa 2 Std.<br />

und kosten 9,50 Euro (Kinder 4,50 Euro), Tel. 02761/96590, www.biggesee.de<br />

Biggolino. Die Bimmelbahn verbindet <strong>Attendorn</strong>s Altstadt (Haltestelle am Marktplatz vor<br />

der Kirche) mit der Atta-Höhle, dem Strandbad Waldenburg, dem Biggedamm und der<br />

Schiffsanlegestelle. Abfahrt stündlich, Sonderfahrten möglich (z. B. nach Niederhelden).<br />

Beheizt, verglast und flotter als man denkt. Tel. 02722/93750, www.biggolino.de<br />

SGV-Hütte. Der Aufstieg zur Hütte ist ausgeschildert, toller Ausblick auf den See. Etwa 15<br />

Minuten ab Biggedamm.<br />

Golfclub Repetal. Eine wunderschön in die sanften Hügel bei Niederhelden eingebettete<br />

18-Loch-Anlage mit sechs zusätzlichen Kurzbahnen für Nichtmitglieder. Golf-Club Repetal<br />

Südsauerland e.V., Repetalstr. 220, 57439 <strong>Attendorn</strong>-Niederhelden, Sekretariat Di-So 9:00-<br />

18:00 Uhr , Nichtmitglieder zahlen 10 Euro +2 Euro für Leihschläger, Tel. 02721/718032,<br />

www.gc-repetal.de<br />

Kaufen<br />

Atta-Käse. In den Tiefen der Atta-Höhle reift der Käse zu einer würzigen Spezialität. Erhältlich<br />

in der Atta-Höhle, deutschlandweit in manchen Fachgeschäften und manchmal auch in<br />

Rewe-Märkten, www.dream-and-do-farm.de<br />

<strong>Attendorn</strong>er Iserköppe. Handgemachten Schokoladen-Pralinés aus dem Hause Harnischmacher,<br />

geziert <strong>von</strong> einem „Iserkopp“ – dem traditionellen Ritterhelm der <strong>Attendorn</strong>er<br />

Schützen. Konditorei & Café, Niederste Str. 5, 57439 <strong>Attendorn</strong>, www.harnischmacher.com<br />

(Wiedereröffnung des Cafés nach Neugestaltung am 23. Juni)<br />

Sauerland<br />

Essen<br />

Hanse-Kogge. Ein Fischfachgeschäft mit eigener Räucherei betreiben Dieter und Christiane<br />

Jakob bereits in der zweiten Generation. Nebenan bereiten Sohn Sven und Schwiegertochter<br />

Bettina Labskaus, Salm und Felsenaustern in der offenen Küche vor den Augen der Gäste zu.<br />

Am Kirchplatz 2, 57439 <strong>Attendorn</strong>, Di-Mi 11:00-17:00 Uhr, Do-Fr 11:00-17:00 und 18:00-<br />

21:00 Uhr, Sa 11:00-13:30 und 18:00-21:00 Uhr, Tel. 02722/2396, www.jakob-feinkost.de<br />

Schultenhaus. Im Fachwerkhaus überraschen stilvoll hergerichtete Räume und eine frische<br />

Mittelmeer-Küche mit griechischen Akzenten. Ennester Str. 3, 57439 <strong>Attendorn</strong>, Mo-Fr<br />

11:30-14:30 Uhr und 19:30-24:00 Uhr, Sa-So 17:30-24:00 Uhr, Tel. 02722/657030, www.<br />

schultenhaus.de<br />

Leuchtturm am Biggesee. <strong>Das</strong> gastronomische Ziel mitten auf dem Biggedamm. 2009<br />

wurde der stylische Pavillon mit großer Sonnenterrasse errichtet und hat sich seitdem<br />

zum beliebten Ausflugsziel entwickelt. Fußweg vom Parkplatz etwa 10 Minuten. Der „Biggolino“<br />

hält direkt vorm Lokal. Am Biggedamm 9, 57439 <strong>Attendorn</strong>, tägl. 10:30-22:00 Uhr,<br />

Tel. 02722/8089020, www.leuchtturm-am-biggesee.de<br />

Schlafen<br />

Burg Schnellenberg****. Luxuriöses Hotel in einer Renaissance-Burg über den Dächern<br />

<strong>von</strong> <strong>Attendorn</strong>. Mit Gourmet-Küche. Schnellenberg 1, 57439 <strong>Attendorn</strong>, Tel. 02722/6940,<br />

www.burg-schnellenberg.de<br />

Romantik Hotel Platte****. Schickes Hotel mit Wellness-Angebot und ausgezeichneter<br />

Küche in Niederhelden. Gestüt und Golfplatz liegen gleich nebenan. Repetalstr. 219,57439<br />

<strong>Attendorn</strong>-Niederhelden, Tel. 02721/1310, www.platte.de<br />

Landhotel Struck ****. Traditionsreiches Hotel mit Wellness in Niederhelden, Nähe<br />

Golfplatz, Repetalstr. 245, 57439 <strong>Attendorn</strong>-Niederhelden, Tel. 02721/13940,<br />

www.landhotel-struck.de<br />

Hotel garni Rauch***. Traditionsreiches Haus mitten in der Altstadt. Die Zimmer sind<br />

geschmackvoll und mit Liebe zum Detail eingerichtet. Wasserstr. 6, EZ ab 71, DZ ab 92 Euro<br />

inkl. Frühstück, Tel. 02722/92420, www.hotel-rauch.de<br />

Pension Göbel***. Wanderer und Motorradfahrer lieben dieses Haus im idyllischen Niederhelden<br />

(2010 ausgezeichnet als „Bundesgolddorf“) besonders, denn Hermann Josef Göbel<br />

kennt die besten Touren. Kapellenweg 3, 57439 <strong>Attendorn</strong>-Niederhelden, Tel. 02721/ 3661,<br />

www.pensiongoebel.de<br />

Familiencamping Biggesee-Waldenburg****. Die Anlage liegt in einer bewaldeten Bucht<br />

direkt am See etwa 3 Kilometer vom Stadtzentrum <strong>Attendorn</strong> entfernt. Waldenburger Bucht<br />

11, 57439 <strong>Attendorn</strong>, Tel. 02722/95500, www.camping-biggesee.de<br />

Westfalium extra 13

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