13.07.2015 Aufrufe

Vortrag [PDF] - Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

Vortrag [PDF] - Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

Vortrag [PDF] - Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Seite 4klar, dass die jeweiligen <strong>Vertreibung</strong>svorgänge in ganz unterschiedlichen politischenund ideologischen Kontexten mit je eigenen Ausprägungen von Gewalt standen.Die <strong>Vertreibung</strong> von über eineinhalb Millionen Polen seit September 1939durch das nationalsozialistische Deutschland war eben nicht nur eine ethnischmotivierte Zwangsmigration, sondern auch die brutale Umsetzung einer rassenideologischenBevölkerungspolitik, die die systematische Versklavung der polnischenBevölkerung sowie die Vernichtung der polnischen Eliten intendierte unddurchführte. Dies wird die Ausstellung herausarbeiten.Dennoch hat es gegen diesen europäischen Ansatz Bedenken gegeben. Wenn mandie <strong>Vertreibung</strong> der Deutschen in die Geschichte der Zwangsmigration in Europa im20. Jahrhundert einbette, so die Befürchtung, dann laufe dies darauf hinaus, diezahlenmäßig größte Gruppe der 14 Millionen deutschen Vertriebenen zum Hauptopferzu erklären. Ein Einwand, mit dem man sich ernsthaft auseinandersetzenmuss, der aber früher unter ganz anderen Vorzeichen vorgebracht wurde. Erinnernwir uns: Anfang der 1960er Jahre plante der renommierte Historiker TheodorSchieder eine mehrbändige Dokumentation der <strong>Vertreibung</strong> mit einem Voraussetzungsbandabzuschließen: Die <strong>Vertreibung</strong> der Deutschen sollte im historischenKontext „ethnischer Säuberungen“ seit dem 19. Jahrhundert verortet werden.Damals hieß es aus den Vertriebenenverbänden: So nicht. Das würde doch aussehenwie ein „Entschuldigungszettel“ für die <strong>Vertreibung</strong> der Deutschen.Der Fall zeigt, dass man eine europäische Betrachtungsweise von Zwangsmigrationaus ganz unterschiedlichen Perspektiven kritisieren kann. Insofern halte ich die Behauptungfür falsch, dass die europäische Perspektive zwangsläufig über den nationalsozialistischenKontext hinweg ginge, in dem die <strong>Vertreibung</strong> der Deutschen zusehen ist. Das Gegenteil ist der Fall. Der historische Kontext, insbesondere derzentrale Bezugspunkt Zweiter Weltkrieg, wird keineswegs „entsorgt“, wenn in derAusstellung außer der <strong>Vertreibung</strong> der Deutschen andere Schicksale wie die derArmenier oder der Kosovo-Albaner gezeigt werden. Dargestellt wird auch dieVernichtung der europäischen Juden, der Sinti und Roma und der polnischen Eliten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!