Einführung in die Inhalte des vorliegenden BerichtsEtwa 4 bis 6 % und damit ein nicht unwesentlicher Teil der Schulpopulation sind von einerLese-/Rechtschreibstörung (<strong>LRS</strong>), also von massiven Beeinträchtigungen des Schriftspracherwerbsbetroffen. In den frühen Phasen zeigen sich typischerweise Probleme im Erwerb derBuchstabe-Lautzuordnungen, dem lautierenden Lesen (Zusammenlauten) und dem lautorientiertenSchreiben. In späteren Entwicklungsphasen stehen zumeist deutliche Beeinträchtigungender Leseflüssigkeit und auffällig schwache Rechtschreibleistungen im Vordergrund(Landerl & Klicpera, 2009). Ohne geeignete Intervention weist die <strong>LRS</strong> eine hohe Stabilität undPersistenz bis ins Erwachsenenalter auf (z.B. Klicpera, Gasteiger-Klicpera & Schabmann, 1993; Landerl &Wimmer, 2008), aber auch mit konsistenter Unterstützung und Förderung stellen sich die Lernfortschrittehäufig deutlich langsamer ein als bei den anderen unauffälligen Kindern in derKlasse. Lese-Rechtschreibstörungen resultieren im Allgemeinen aus einem komplexen Zusammenspielneurobiologischer und Umweltfaktoren.Eine genetische Grundlage der Störung ist gut belegt (Schulte-Körne, 2002). Auch Auffälligkeitenin der neurokognitiven Verarbeitung können inzwischen mit bildgebenden Verfahren genauuntersucht werden (Überblick bei Landerl & Kronbichler, 2007). Die geeignete Berücksichtigung dieserspeziellen Lernvoraussetzungen sowie gute Kenntnisse über die Prozesse des Lesen- und(Recht)schreibenlernens sind wesentliche Voraussetzungen für die Arbeit mit Betroffenenim Rahmen einer <strong>LRS</strong>-Förderung. Insgesamt erweisen sich in der Förderung so genanntesymptomorientierte Förderprogramme am ehesten als effizient, also Trainingsmethoden, dieunmittelbar am Lesen und/oder Rechtschreiben ansetzen. Die Förderung soll individuell aufdie Bedürfnisse des Kindes zugeschnitten sein (tailored intervention), also Lernmöglichkeitengenau dort anbieten, wo das Kind spezielle Unterstützung benötigt. (vgl. die Zone der proximalenEntwicklung nach Vygotski).Voraussetzung sind sowohl eine genaue Erhebung des aktuellen Leistungsstandes im Lesenund Rechtschreiben als auch eine geeignete Auswahl von Förderprogrammen und -materialien.In den letzten Jahren konnten erfreuliche und für Betroffene deutlich spürbare Fortschrittein der rechtzeitigen Erkennung und auch Akzeptanz der Lese-Rechtschreibstörunggemacht werden. Besonders im Grundschulbereich ist die Störung bekannt und üblicherweisekann eine Diagnose inzwischen ohne lange Irrwege gestellt werden. Ist die Diagnoseallerdings erst einmal erfolgt, so stellt sich die Frage, welche Förder- und Interventionsmaßnahmennun angezeigt sind. Die Orientierung auf dem sehr unübersichtlichen „Fördermarkt“ist aufgrund des breiten Angebots und der zum Teil stark überzogenen Erfolgsversprechungenschwierig.Die strengen allgemeinen Regelungen für die Zulassung medizinischer (insbesondere medikamentöser)Behandlungsmethoden und die genauen methodischen Vorgaben für derenwissenschaftlich kontrollierte Überprüfung gelten für den Bereich der pädagogischpsychologischenIntervention leider nicht. Hier kann jede Intervention angeboten werden, die vorgibteffizient zu sein, ohne dass eine geeignete objektive Evaluierung stattfinden muss. Es obliegtsomit den Anwendern, sich einen naturgemäß sehr subjektiven Eindruck von der Wirksamkeiteines Förderansatzes zu verschaffen. Diese Situation ist zutiefst unbefriedigend.Um effektive Förderansätze und Fördermethoden auch objektiv nachvollziehbar zu machen,sollten sie (1) theoretisch fundiert und modellgeleitet sein und (2) es sollte ihre Wirksamkeitdurch kontrollierte empirische Evidenz belegt sein.4
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann von einem evidenzbasierten Förderprogrammgesprochen werden.Kritisch diskutiert wird in diesem Zusammenhang häufig, wie die Wirksamkeit eines Förderansatzesbelegt werden kann. Unsystematische Beobachtung und Einzelfallberichte könnenkaum als ausreichend angesehen werden, weil sie meist nicht in der Lage sind, allgemeineLeistungsverbesserungen von solchen zu unterscheiden, die spezifisch auf die Interventionzurückzuführen sind. Von Suchodoletz (2006) weist auch darauf hin, dass eine Festlegung derZielparameter von zentraler Bedeutung für die Bestimmung der Wirksamkeit ist. Ist ein <strong>LRS</strong>-Training bereits dann wirksam, wenn sich das Wohlbefinden des Kindes verbessert und dasKind Spaß an den durchgeführten Übungen hat, oder handelt es sich bei diesen Faktoreneher um zentrale Voraussetzungen für einen Fördererfolg? Reicht eine Verbesserung derakustischen oder visuellen Differenzierungsfähigkeit oder eine Verbesserung des Schriftbildesaus, um ein <strong>LRS</strong>-Training als wirksam zu beschreiben? Das eigentliche Ziel einer <strong>LRS</strong>-Förderungbesteht offenkundig in einer Verbesserung der Lese- und/oder Rechtschreibleistung.Dieses Kriterium hat auch den wesentlichen Vorteil, dass es objektiv und zuverlässig erhobenwerden kann. Für den vorliegenden Bericht wurde dieses Kriterium als zentraler Zielparametergewählt sowie Forschungsbefunde recherchiert, die eine Verbesserung der Lese- und Rechtschreibleistungenspeziell bei Kindern mit <strong>LRS</strong> belegen konnten.ZielvorstellungenWesentliches Ziel des vorliegenden Berichts ist ein Überblick über Förderprogramme und Förderansätze,für die eine Verbesserung der Lese- und/oder Rechtschreibleistungen bei Kindernmit <strong>LRS</strong> in kontrollierten Studien belegt werden konnte und die daher für den Einsatz imRahmen der schulischen und außerschulischen <strong>LRS</strong>-Förderung empfohlen werden können.Weiters haben wir eine umfangreiche Sichtung von derzeit im Rahmen des <strong>LRS</strong>-Unterrichtseingesetzten Fördermaterialien vorgenommen und überprüft, inwiefern diese MaterialienFörderkomponenten enthalten, deren Wirksamkeit empirisch belegt werden konnte. DieseMaterialiensammlung soll für AnwenderInnen eine hilfreiche Orientierung bieten.Es werden also im vorliegenden Bericht nur wissenschaftlich fundierte und empirisch überprüfteFörderansätze berücksichtigt. Insgesamt wird sich zeigen, dass aktuell ein großerMangel an wissenschaftlich fundierter Evaluierung von <strong>LRS</strong>-Förderansätzen besteht. Wichtigist hier die Feststellung, dass das Fehlen von Wirksamkeitsbelegen nicht notwendigerweisebedeutet, dass ein Programm nicht wirksam ist – möglicherweise wurde die Wirksamkeit bishernur noch nicht adäquat untersucht. Eine sehr umfassende Darstellung unterschiedlichsterAnsätze in der <strong>LRS</strong>-Förderung – auch solcher, die bisher nicht geeignet evaluiert wurden,findet sich im Buch von Waldemar von Suchodoletz (2006).Erfreulicherweise gibt es aber eine ganze Reihe von Förderprogrammen, die einer freiwilligenwissenschaftlich kontrollierten Evaluierung unterzogen werden, sodass objektive Informationenüber ihre Wirksamkeit vorliegen. Darüber hinaus besteht ein breites Forschungsfeld, dassich mit der Frage befasst, welche methodischen Zugangsweisen geeignet sind, Kinder mit<strong>LRS</strong> in ihrem Schriftspracherwerb effizient zu unterstützen. Ziel des vorliegenden Berichts istes daher, AnwenderInnen einen Einblick in diese oft nicht unmittelbar zugänglichen wissenschaftlichenBefunde zu vermitteln und somit eine wesentliche Orientierungshilfe bei derAuswahl von Fördermethoden anzubieten.5
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Förderkomponenten, die auf eine Ve
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Forster, M., Martschinke, S. (2001)
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Einsatzmöglichkeiten:> Vorbereitun
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Hinweis: Dieses Förderprogramm kan
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zung für den Einsatz dieses Lernsp
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Einsatzmöglichkeiten:> Rechtschrei
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Wörter. Das Training ist wie eine
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Mangstl, A. (2008). LRS-Training mi
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zum Erlernen der Rechtschreibung ve
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Einsatzmöglichkeiten:> (Erst)Lese-
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Grissemann, H., Rosen, H. (1991). L
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Kleinmann, K. (2003). Lese-Rechtsch
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Mahlstedt, D. (1999). Lernkiste Les
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Das Förderprogramm „Lautgetreue
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Teil V: Exemplarische Darstellung v
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Förderkomponenten zur Verbesserung
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Förderkomponenten zur Verbesserung
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Förderkomponenten zur Verbesserung
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Faber, G. (2003). Lösungsalgorithm
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Popp, U. (2005). AUDILEX - aus schu
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Broschüren zum Thema Lernender Sch