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Diagnostik einfacher und komplexer posttraumatischer ... - Springer

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Komplexe PTSD DESNOS SIDESTabelle 3Diagnostische Kriterien für DESNOS(nach Luxenberg et al. 2001, übersetzt: F.G.)I. Veränderungen in der Regulation von Affekten <strong>und</strong>Impulsen (A <strong>und</strong> ein Kriterium von B–F gefordert):A AffektregulationB Umgang mit ÄrgerC Autodestruktives VerhaltenD SuizidalitätE Störungen der SexualitätF Exzessives RisikoverhaltenII.Veränderungen in Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Bewusstsein(A oder B gefordert):wie Geiselhaft oder langer Gefangenschaft mitdrohender Todesgefahr entwickeln. Eine PTSDkann dieser Störung vorausgegangen sein, dieals irreversible Folge der extremen Belastungangesehen wird. Die Diagnose darf erst gestelltwerden, wenn eine solche Persönlichkeitsänderungüber mindestens zwei Jahre besteht. Validierungsstudienzu dieser ICD-10-Diagnose fehlenbisher (Beltran u. Silove 1999; Schreuder1999).DESNOS – Disorders of Extreme Stress NotOtherwise SpecifiedIm DSM-IV findet sich keine der „AndauerndenPersönlichkeitsänderung“ des ICD-10 entsprechendeKategorie. Judith Herman (1992) beschriebeine Komplexe PTSD mit Folgeerscheinungenprolongierter Traumatisierung, die„nicht ohne weiteres mit den klassischen diagnostischenKriterien der PTSD übereinstimmen.“Sie schilderte ein <strong>komplexer</strong>es, diffuseres<strong>und</strong> zäheres Störungsbild als bei „<strong>einfacher</strong>PTSD“, mit einer Fülle von Symptomen, einer erhöhtenVulnerabilität für Reviktimisierung <strong>und</strong>der Neigung zu autoaggressivem Verhalten.Selbstverletzungen zeigten sich insbesonderebei den Opfern, deren Traumatisierung in früherKindheit begann; zudem beschrieb die Autorincharakteristische Veränderungen der Persönlichkeit,der Beziehungsgestaltung <strong>und</strong> derSelbstwahrnehmung.„Während das Opfer eineseinzelnen akuten Traumas sagen mag, sie sei,nicht sie selbst‘ seit dem Vorfall, kann das Opfereiner chronischen Traumatisierung den Sinn dafürverlieren, ein Selbst zu besitzen“ (Herman1992, S. 385). Neben einer Selbstwahrnehmung,die durch Schuldgefühle <strong>und</strong> Unwertgefühlekontaminiert ist, kommt es zur Selbstfragmentation,in der extremen Form als DissoziativeIdentitätsstörung (Herman 1992).Um die nicht in der DSM-III-R (AmericanPsychiatric Association 1989) enthaltenen Folgenextremer Traumatisierung zu erfassen, entwickelten die ursprünglich unabhängigvoneinander arbeitenden Arbeitsgruppen um Spitzer, Kaplan <strong>und</strong> Pelcovitz (Spitzeret al. 1989) <strong>und</strong> um Herman <strong>und</strong> van der Kolk (Herman u. van der Kolk 1987) Diagnose-Schemata,die schließlich zu einer gemeinsamen Liste aus 27 Symptomenführten. Herman ordnete diese in sieben Kategorien ein (Pelcovitz et al. 1997), von denenspäter die der „veränderten Täterwahrnehmung“ wegen mangelnder Validitätfallengelassen wurde. Als DESNOS (dt.„Störung durch Extrembelastung nicht anderweitigbezeichnet) (Herman 1992; van der Kolk et al. 1996) wurde die KomplexePTSD in den DSM-IV-Felduntersuchungen erforscht (Tabelle 3).Als strukturiertes klinisches Interview für DESNOS wurde das SIDES (StructuredInterview for Disorders of Extreme Stress) in den DSM-IV-Felduntersuchungeneingesetzt (Pelcovitz et al. 1997; Roth et al. 1997), das eine hohe Konstruktvaliditätfür DESNOS ergab. Umso früher der Beginn einer Traumatisierung <strong>und</strong> jelänger sie andauerte, umso eher ergab sich ein ausgeprägteres Leiden an den fürDESNOS spezifischen Symptomen (Pelcovitz et al. 1997). Insbesondere nach interpersonalenTraumatisierungen durch sexualisierte Gewalt wurde das Störungsbildfestgestellt (Roth et al. 1997). Die DSM-IV-Felduntersuchungen ergaben damalsA. AmnesienB. Transiente dissoziative Episoden <strong>und</strong> DepersonalisationserlebenIII.Veränderungen der Selbstwahrnehmung(Zwei Kriterien von A–F gefordert):A. IneffektivitätB. StigmatisierungC. SchuldgefühleD. SchamE. IsolationF. BagatellisierungIV.Veränderungen in Beziehungen zu anderen(Ein Kriterium von A–C gefordert):A. Unfähigkeit zu vertrauenB. ReviktimisierungC. Viktimisierung andererV. Somatisierung (Zwei Kriterien von A–E gefordert):A. Gastrointestinale SymptomeB. Chronische SchmerzenC. Kardiopulmonale SymptomeD. KonversionssymptomeE. Sexuelle SymptomeVI.Veränderungen von Lebenseinstellungen(A oder B gefordert):A. Verzweiflung <strong>und</strong> HoffnungslosigkeitB. Verlust früherer stützender Gr<strong>und</strong>überzeugungenWeiter- <strong>und</strong> FortbildungPsychotherapeut 1•2003 | 55

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