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Der frohe Botschafter - Benoit et moi

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GLAUBEN &18 DOSSIER Titel: Die Welt liebt ihn, aber ...ZWEIFELN5. DEZEMBER 2013 DIE ZEIT N o 50Päpste als ReformerFranziskus ist nicht der erste reformerischePapst. Eine Auswahl mutiger Vorgänger:Innozenz III.integrierte zwischen 1198 und 1216 Orden,die damals der Irrlehre bezichtigt wurden,<strong>et</strong>wa die Franziskaner. Unter ihm beschloss dieKirche die Lehre der Transsubstantiation:der Umwandlung von Brot und Wein in Leibund Blut Christi während der Messe.Pius V.war Papst von 1566 bis 1572 und erneuerteseine für Geldgier berüchtigte Kirche. Als ersterPapst trug er die schlichte weiße Soutane,ging barfuß und ohne Kopfbedeckung.Gregor VIII.brachte zwischen 1572 und 1585 Lehre undLeben einander näher. Vor allem reformierteer Julius Cäsars Kalender – der gegenüberdem astronomischen Kalender pro Jahr umelf Minuten und 14 Sekunden zu lang war.Johannes XXIII.war Papst von 1958 bis 1963 und berief dasZweite Vatikanische Konzil ein. Er bahntevolkssprachlichen Gottesdiensten den Weg,schaffte Fußkuss und dreifachen Kniefall beiPrivataudienzen ab und verließ als erster Papstden Vatikan für eine offizielle Reise.Johannes Paul I.amtierte nur 33 Tage. Vom 26. August bis29. September 1978 brach er alle Regeln, sagte»ich« statt »wir«, stand der Presse Rede undAntwort. Bei einem Mittagsgeb<strong>et</strong> auf demP<strong>et</strong>ersplatz meinte er, Gott sei Vater, »abernoch mehr Mutter«. Um seinen plötzlichenTod ranken sich bis heute Gerüchte.Eine Art Revolutionsrat: <strong>Der</strong> Papst und die neue Kardinalsrunde tagen im VatikanFotos: Osservatore Romano/Reuters (1.10.2013); Alessandra Bened<strong>et</strong>ti für DIE ZEIT (u.l.); Daniel Biskup für DIE ZEIT (u. r.)Forts<strong>et</strong>zung von S. 17<strong>Der</strong> <strong>frohe</strong> <strong>Botschafter</strong>und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangenist«, näher steht als eine Kirche, »dieaufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeitkrank ist«. Seine Kirche sei freudlosund lieblos geworden, so formuliert es Franziskus– Zeit für eine »unaufschiebbare Erneuerung«. Ausdem Grundgebot der Nächstenliebe leit<strong>et</strong> derPapst sozialrevolutionäre Maximen ab: Nein zurVergötterung des Geldes! Nein zur sozialen Ungleichheit!Nein zur Trägheit des Herzens! Vor allemaber sagt er der Hartherzigkeit den Kampf an,beginnend im eigenen Haus.Hier raunt j<strong>et</strong>zt mancher Kardinal: Dieser Papstwird die Kirche ruinieren! Er wirft dem Klerusmehr Sünden vor als der Welt da draußen. Erschmückt die Kirche mit dürrem Reisig. Er will siedurch Schwäche stärken. Im Vatikan, dem katholischenKreml, fallen die Namen »Franziskus« und»Gorbatschow« immer öfter in einem Atemzug.Die Revolution beginnt beim Frühstück imGästehaus Santa Marta, wo der Papst wohnt. ImGemeinschaftsraum hat er keinen festen Tisch, erholt sich sein Essen selbst und s<strong>et</strong>zt sich zu denanderen. Erst zum Arbeiten geht er in den ApostolischenPalast hinüber, ins Staatssekr<strong>et</strong>ariat eins,wo die großen Fresken sind, die alten Weltkarten,die einem den Eindruck vermitteln, sehr weit obenzu sein. Herrscher des Erdkreises.Er aber interessiert sich für die ganz unten.Viele Katholiken, deren Alltag zul<strong>et</strong>zt wenig damitzu tun hatte, was ein alter Mann in Rom sagt,können es kaum glauben: Endlich will ein Papst<strong>et</strong>was von ihrem Leben wissen. Endlich sagt einerauf dem Samtstuhl, dass Ausgrenzen, Denunzierenund Angsteinflößen keine christlichen Tugendensind. Endlich bricht das System aus Bestrafung derAndersdenkenden und Belohnung der strammenGefolgsleute zusammen. Keine Lehrverbote, keineSchreibverbote, keine Denkverbote.ANZEIGEDIE ZEIT mit »Christ & Welt«zeit.de/christundweltVerschenken SieDIE ZEIT mit»Christ & Welt«zu Weihnachten.J<strong>et</strong>ztAngebotsichern!Noch ist vieles nur Papier statt Praxis. Dochnach Jahren des Nichts reicht schon der Satz, zuviele Kleriker blickten in den Kirchen »wie beieiner Beerdigung«, um die Menschen zu euphorisieren.Ausgerechn<strong>et</strong> im Namen der <strong>frohe</strong>nBotschaft seien zu viele Kulturpessimisten, Nörgelfrommeund Jammertalbewohner unterwegs,meint der Papst. Ausgerechn<strong>et</strong> der Mann ganzoben verordn<strong>et</strong> j<strong>et</strong>zt ein befreiendes, anarchischesLachen.Das Lächeln in seinen Augen sei das Schwierigstean Franziskus, find<strong>et</strong> Cesare Bella. Er istMeister im Studio Mosaico, einer steinalten Werkstattdirekt neben dem Gästehaus Santa Marta.Bella und Franziskus sind Nachbarn, aber ihr Verhältnisist noch ungeklärt: Während der Papst indie Zukunft strebt, hat Bella eine Tradition zuschützen. Sein Job ist es, ein Mosaik vom neuenPapst zu machen, wie es seit 500 Jahren Brauchist. Das Bild ist fast fertig. Und Bella fragt sich:Wird es diesem Traditionszertrümmerer überhauptgefallen?Im Studio Mosaico sind sie zu acht. Ihre Vorgängerhaben die gewaltigen Wände des P<strong>et</strong>ersdomsausgeschmückt, all die Engel und die gigantischenHeiligenmosaiken bis hinauf in die Kuppel.Große Verklärung aus kleinen Steinchen. ImAtelier riecht es nach dem Staub der alten Fliesenbruchstücke,die sie in endlosen Schubkastenreihenaufbewahren.Wann immer ein neuer Papst gewählt ist, wirdim Studio Mosaico eine schwere Steinplatte aufdie Staffelei gehievt, rund, mit 136 Zentim<strong>et</strong>ernDurchmesser. Zuerst macht sich einer der Künstleran den goldenen Hintergrund. Dann an daspäpstliche Gewand mit dem roten Überwurf.Schließlich übernimmt einer der Meister das Gesicht.Für Franziskus’ Haut benutzte Bella zweihundertJahre alte, matte Mosaikstückchen, fasttausend Schattierungen. Und allein für die Pupillenbrauchte er 70 Farben. Dabei hatte er nur einunscharfes Foto als Vorlage. Denn dieser Papst –der keinen Personenkult will und ihn gerade dadurchbefördert – lässt sich nur widerwillig fotografieren.Erst zwei Termine hat er den Vatikanfotografengewährt. Jedes Mal sagte er nach einpaar Minuten: »J<strong>et</strong>zt ist es aber genug.«Im Mosaikstudio sagen sie, dass sie ihren neuenNachbarn mögen. Wegen der guten Laune, die erverbreit<strong>et</strong>. Weil er die Schweizergardisten mitHandschlag begrüßt, mit den Gendarmen plaudertund sich seinen Kaffee nicht kommen lässt,sondern aus dem Automaten holt. In dieser Wochewird der Papst sein Porträt in Augenschein nehmen,bevor es in Sankt Paul am Ende der Reiheseiner 265 Vorgänger eingefügt wird. Ein Fries vonGottesstellvertr<strong>et</strong>erköpfen. Eine Galerie, die ausder Vergangenheit in die Gegenwart ragt. Wofürwohl dieser Papst mit den lächelnden Augen einmalstehen wird?Das fragt sich auch Kardinal Gerhard LudwigMüller und lächelt dabei nicht. <strong>Der</strong> Bayer stammtaus dem Bistum Regensburg, ist der zweitmächtigsteMann der katholischen Kirche – und Franziskus’hartnäckigster Gegner.An einem Mittag der vergangenen Woche fährtder Wagen des Papstes an der Piazza della CittàLeonina direkt neben den Kolonnaden des P<strong>et</strong>ersdomesvor Müllers Privatwohnung vor. Wenigspäter sitzt Franziskus bei Müller am Esstisch, dieOrdensschwestern Huberta und Helgardis tragenSchnitzel und Kartoffelsalat auf. Als der Kaffeefolgen soll, sagt Jorge Mario Bergoglio aus Argentinienin schönstem Bayerisch: »I ko nimma.«<strong>Der</strong> Papst gibt auf, aber bloß beim Essen. SeinemGastgeber zu Ehren hatte er sich von Hubertaund Helgardis ein paar Brocken Bayerisch beibringenlassen. Dieser Mann, so scheint es, machtselbst seinem hartnäckigsten Gegner noch eineFreude. Lieb<strong>et</strong> eure Feinde.Franziskus und Müller, Papst und Präfekt derKongregation für die Glaubenslehre – die beidenunterscheiden sich nicht nur in der Länge ihrerTitel. Selten lag der oberste Hüter alter Glaubenslehren,also Müller, so sehr mit dem Verkünderebendieses Glaubens, dem Papst, über Kreuz. Ausder Warte des Deutschen reißt da ein Lateinamerikanergutmütig oder leichtfertig ein uraltes Gebäudeein. Was hat dieser Franziskus nicht alles anUnordnung und Unsicherheit über die geordn<strong>et</strong>eWelt der römisch-katholischen Dogmatik gebracht!Keine Ehrfurcht, noch nicht einmal Respektzeigt er für das Heilige Offizium, MüllersMachtbasis, einst Behörde der Inquisition, in dienoch unter Papst Johannes Paul II. die Abweichleraus aller Welt einbestellt wurden, um sich in einemaussichtslosen Ringen gegen den Entzug ihrerLehrbefugnisse zu wehren.Franziskus dagegen? Ri<strong>et</strong> neulich Besuchernaus seiner Heimat unverhohlen, sich nicht denKopf zu zerbrechen, falls ein Mahnschreiben ausFrancescaChaouqui berätden Papst inFinanzfragen –zuvor beri<strong>et</strong> sieLehman BrothersRom sie erreiche. Durchlesen, wegstecken, weitermachen,laut<strong>et</strong>e seine schelmische Empfehlung.Wo Franziskus eine arme Kirche will, wünschtsich Müller eine glanzvolle. Wo Franziskus Verbünd<strong>et</strong>esieht, bei Protestanten zum Beispiel, sieht MüllerRivalen oder Abtrünnige. Wo Franziskus Verständnispredigt, gegenüber Wiederverheirat<strong>et</strong>en oderSchwulen, pocht Müller auf die Verbote. Und währendFranziskus dem verschwenderischen deutschenBischof Tebartz-van Elst eine Auszeit verordn<strong>et</strong> hat,w<strong>et</strong>tert Müller gegen Medien, die einen redlichenWürdenträger niedermachen. Nirgends aber liegenChef und Chefideologe weiter auseinander als inihrem Blick auf die Millionen und AbermillionenKatholiken weltweit. Für Müller regiert die Kircheüber das Christenvolk, sie sagt ihm, was gut undschlecht, was zu tun und was zu lassen sei. Wie andersdagegen tritt der Papst auf. Für ihn beginnt die Kircheunten und muss sich oben bewähren – erst das Volk,dann die Fürsten. Nicht umgekehrt.Wieder und wieder hat Müller aufbegehrt, hatden Rest an Autorität aufgeboten, der ihm gebliebenist als spät berufener Präfekt, ernannt vombayerischen Papst in dessen Abendröte. Was hatMüller seit dem Konklave nicht alles versucht:Umarmung erst, Herablassung dann, schließlichIntrige. So hat er Franziskus von oben herab »pastorales«Talent bescheinigt – was so viel heißt wie:<strong>Der</strong> neue Mann ist ein braver Hirte, aber gegen dieWölfe der Welt lasst besser mich zu Werke gehen.Doch der Mann aus Buenos Aires, mutiger alserwart<strong>et</strong>, will sich die Welt nicht vergällen lassenvon jemandem, der überall nur Feinde wittert. Undso prallen sie immer wieder aufeinander, hier der»Papst des Tangos und des Kinos« – und dort derdeutsche Glaubenswächter aus dem Stall Ratzinger,ein harter Knochen mit weichem Händedruck.Kardinal ReinhardMarx aus München– er gehörtzum neuen Zirkel,mit dem sich derPapst austauschtFast schon verzweifelt pocht Ratzingers Ziehsohnauf die Einhaltung der Regeln. Lässt <strong>et</strong>waFranziskus erkennen, dass ihm Barmherzigkeit fürwiederverheirat<strong>et</strong>e Geschiedene ein Anliegen sei,schießt Müller mit einem Beitrag im L’OsservatoreRomano, der Prawda des Vatikans, zurück: Ausgeschlossensei, dass Wiederverheirat<strong>et</strong>e jemals dieKommunion erhalten könnten. Roma locuta, causafinita: Rom hat gesprochen, der Fall ist erledigt.In früheren Jahren hätte ein solcher Bannstrahljedes Aufmucken unterbunden. J<strong>et</strong>zt kommt dasAufmucken von ganz oben. Und Kardinäle, die nur<strong>et</strong>was unterhalb dieses Ganz-oben angesiedelt sind,stellen Müllers Macht infrage. Als Erster widersprachder deutsche Kardinal Reinhard Marx ausMünchen. Keine Gnade für Wiederverheirat<strong>et</strong>e?»<strong>Der</strong> Präfekt der Glaubenskongregation kann dieDebatte nicht beenden.« Wenig später trauten sichschon kleinere Lichter wie <strong>et</strong>wa der Bischof vonTrier mit ähnlichen Äußerungen hervor.Es ist in dieser Kirchen-Perestroika nicht ganzklar, wer im Machtspiel nur ein wortgewandterWendehals ist und wer nun frei sagt, wovon er jahrelangüberzeugt war. Klar ist nur: So läuft es, wennein Reich ins Rutschen gerät.Während der Inquisitor Müller noch um seinenEinfluss auf den Kurs der Kirche kämpft, hat Franziskuslängst eine Neben-, nein eine Überregierunggeschaffen. Sie besteht aus mehreren neu installiertenGremien.Regelmäßig ruft er acht Kardinäle aus allenKontinenten zusammen, ein katholisches G 8,kaum weniger international als das Gipfeltreffenvon Regierungschefs aus aller Welt. Diese Wochefind<strong>et</strong> bereits die zweite Sitzung statt, KardinalMarx, der einzige Deutsche in der Runde, mussteim Eiltempo sein rudimentäres Italienisch auffrischen.Es sitzt kein Simultan-Dolm<strong>et</strong>scher undauch kein Sekr<strong>et</strong>är mit am Tisch, die Gesprächsthemensind zu brisant.Die Szenerie hat den Charakter einer Verschwörung,bloß dass der Boss dabei ist: Da steht– irgendwo im Vatikan – ein Tisch. Daran sitzenGäste und Hausherr. Neun Köpfe, mehr brauchtes anscheinend nicht, um eine Milliarde Katholikenzu regieren. Was undenkbar war in der RegierungszentraleVatikan mit all ihren Dikasterien,Eminenzen, Exzellenzen, Ehrenprälaten und Protonotaren,hier passiert es einfach. St<strong>et</strong>s galt dieabsolutistische Verfassung des Kirchenstaats – mitdem Papst als Legislative, Exekutive und Judikativein Personalunion – als Inbegriff der Fortschrittsverweigerung.J<strong>et</strong>zt zeigt sich: Aufbruch im Absolutismuskann erfrischend einfach sein.Erzbischof Müller – fast überflüssig, es zu erwähnen– ist nicht mit von der Partie. Währendder Papst seine Revolte plant, bleibt Müller nur derSpaziergang die Via della Conciliazione hinunterzum Hotel Columbus. Die Via ist eine breiteStadtschneise, die 500 M<strong>et</strong>er vom P<strong>et</strong>ersplatz hinabzum Tiber führt, eine fernsehberühmte Straßenflucht.Im Gehen versucht Müller, vertrauteJournalisten von seiner Sicht der Dinge zu überzeugen,von seinem Beharren.An keinem anderen Ort der Welt sind Freundeund Feinde im Kampf um die Macht in einerWeltorganisation auf derart wenigen Quadratm<strong>et</strong>ernversammelt. Das macht die Sache für Zuschauerso spannend. Und für Kombattanten sogefährlich.Die Sessel im Apostolischen Palast haben nochimmer goldene Lehnen, und an den Wändenprunkt roter Damast. Doch der Mann, der hierempfängt, spricht von einem Leben, das ihn in derMitte durchschneide. Georg Gänswein führt eineExistenz, die ihm bis zum Rücktritt von Papst Benediktso unvorstellbar war, wie sie j<strong>et</strong>zt quälendsein muss: Tagsüber dient er dem neuen Papst,abends dem alten – und es sind zwei Herren, wiesie sich ein Diener kaum unterschiedlicher ausmalenkönnte.»Eine Amputation« sei Benedikts Rücktritt fürihn gewesen – und noch in weiteren Sprachbildernfließt Blut, wenn Gänswein beschreibt, wie seinLeben sich geändert hat, seit sein einstiger Herr inden Ruhestand ging.Acht Jahre lang war Gänswein der berühmtesteMonsignore des Apostolischen Palastes: Als Sekr<strong>et</strong>ärdes Papstes regelte er den Zugang zu und die Geschäftevon Benedikt XVI. Als »George Clooney desVatikans« bezeichnen ihn Verehrer wie Spötter, dieKombination aus männlichem Zug ums Kinn undbubenhaftem Schalk in den Augen verhalf ihm aufdas Cover der italienischen Vanity Fair. Vor allem aberwar Gänswein der Intendant des Benedikt-Ensembles.Joseph Ratzinger sollte mit Gänsweins Hilfe dasPapsttum zu einer neuen intellektuellen und ästh<strong>et</strong>ischenBlüte bringen – ein Gegenentwurf zu Egalitarismusund Relativismus. Von 2005 bis 2013 hatGänswein alles gegeben – und viel bekommen: »Ichhabe acht Jahre Blut gelassen und auch Blut geleckt,manchmal«, sagt er.In vita <strong>et</strong> in morte, Treue in Leben und Tod, hatteGänswein Ratzinger einst geschworen. J<strong>et</strong>zt sagt er:»Ich habe den Eindruck, in zwei Welten zu leben. Ichmuss da ehrlich sein mit mir selbst: Das ist einSchmerz, das Sichabfinden mit der neuen Rolle.«Die neue Rolle – das sind auch kritische Fragen.Gänsweins Gegner sagen, dass der Sekr<strong>et</strong>ärselbst Benedikt am meisten geschwächt habe, weiler über seine Machtbefugnisse hinausgegangen seiund »im Sinne des Papstes« entschieden habe,ohne dessen formale Zustimmung abzuwarten.Was für eine Absurdität: Am chaotischsten ging esim Vatikan zu, als er noch straff geführt wurde.Günstlingswirtschaft, Intrigantentum und Machtkämpfegipfelten in einem Durcheinander, dasBenedikt die l<strong>et</strong>zte Kraft raubte. Er signalisierte:Auch ein Papst kann kapitulieren. Womöglich öffn<strong>et</strong>eer damit die Tür zur Veränderung.Kurz bevor es zu Ende ging, hat Benedikt seinenPrälaten Gänswein noch zum Erzbischof und Präfektendes päpstlichen Hauses befördert. Franziskushat ihn geb<strong>et</strong>en, das zeremonielle Amt weiterzuführen,das ihm Auftritte an der Seite des Papstes beschert.»Wenn das Ihr Wille ist, dann nehme ich dasin Gehorsam an«, hat Gänswein erwidert. Er sitztj<strong>et</strong>zt auf zwei Ämtern und doch zwischen allen Stühlen.Und kein Titel kann ihn täuschen oder tröstenüber den Verlust der Stellung im Zentrum des römisch-katholischenWeltreichs. Sein Leben, »es istnicht mehr ständig am Herzpuls«.

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