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Das Adult Attachment Interview und psychoanalytisches Verstehen

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dem Vater, nicht aber in Form von Verleugnung niederschlagen.Der Patient schildert sich insgesamt selbst als unschuldiges, passives Opfer, dasdem Vater vollständig ausgeliefert war. Auch heute noch ist die unbändige Wutauf den Vater deutlich <strong>und</strong> es ist zu erkennen, daß der Patient noch keineversöhnende Lösung zur Verarbeitung dieser schmerzhaften Beziehunggef<strong>und</strong>en hat (so z. B. seine adoleszente Ausdrucksweise: „bin heute auchknallhart„). Er bemüht sich um eine Metaebene, findet aber letztlich keineemotionale Distanz (vom Vater spricht er beispielsweise „der alte Herr„). DerPatient selbst sagt, daß seine Kindheitserfahrungen ihn insofern blockiert haben,da er heute noch diese „ständige Unsicherheit, diese Existenzangst spürt, allessei angstbesetzt, es könnte ja schief gehen„, er erwartet in vielen Situationeneine Bestrafung; seine einzige Bewältigungsstrategie dabei ist: „ich mache liebermeine Sachen selber, ich kann mich auf niemanden verlassen, ich bitteniemanden um Hilfe„.Diskussion der Passung von bindungstheoretischer <strong>und</strong> psychoanalytischerPerspektiveAus der Perspektive der Behandlung thematisiert das AAI sehr prägnant den zuBeginn der ersten Behandlung, der Fokaltherapie, noch wenig verarbeitetenKonflikt mit dem Vater. Die Hypothese „unsicher-verwickelt„ seitens desAnalytikers konnte durch die AAI-Auswertung bestätigt werden. <strong>Das</strong> Bild derMutter, insbesondere die Geprägtheit des Patienten durch ihre rigide Über-Ich-Positionierung in Sachen Moral, scheinen dem Analytiker <strong>und</strong> seinemSupervisor im AAI nicht so deutlich zu werden wie es sich in der analytischenArbeit darstellte. Die großen Schamprobleme im Umgang mit der Sexualität,der Konflikt kein braver mit der Mutter identifizierter Junge zu sein, entfaltetensich im Laufe der Behandlung in der Weise, dass sich die anklagende Positionder Mutter gegenüber sehr viel prägnanter darstellte. Die von ihr vermitteltenRegeln des Anstandes in all ihren Konsequenzen machten ihm im Laufe derBehandlung sehr zu schaffen. Diese Limitierung des AAI-Bef<strong>und</strong>es ergibt sichdaraus, daß dessen Fokus vorwiegend auf erinnerten Beziehungserfahrungenmit wichtigen Bindungsfiguren (Kummer, Trennung, Krankheit) <strong>und</strong> nicht aufschambehaftete Situationen, sei es moralischer oder sexueller Art Bezuggenommen wird. Es scheint, als ob so etwas wie Ödipalität nicht durch das AAIerfasst werden kann 4 .4Es besteht zwischen Bindungstheorie <strong>und</strong> Psychoanalyse nur eine gewisse Übereinstimmung im Hinblick auf dieKonzeptualisierung von Sexualität <strong>und</strong> Aggression. Die Bindungstheorie sieht zwar die Aggression als ein Produktenttäuschter <strong>und</strong> frustrierter Bindungsbedürfnisse <strong>und</strong> nimmt an, daß Sexualität <strong>und</strong> Aggression durch Strukturen geformtwerden, die mit der frühen Beziehung zu Bindungsfiguren verknüpft wird; in der Methodik der Bindungsforschungkommen diese beide elementaren Konstrukte jedoch in der Tat noch zu kurz (Fonagy, 2002)18

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