Im GesprächGeht es Ihnen auch so ? Ich kenne viele Mitbewohner, bin aber <strong>im</strong>mer wieder erstaunt, wiewenig ich von ihnen weiss. Meine Beiträge <strong>im</strong> <strong>Ruederblatt</strong> sollten mithelfen, diese Wissenslückeein wenig kleiner zu machen. So werde ich auf besondere Hobbys, Leistungen und Gegensätzeunserer Leserschaft einzugehen versuchen. Das geht natürlich nicht ohne Sie. Ich bedanke michschon jetzt für Ihre Mithilfe.Walter BruggerREPORTAGEDer Überflieger20<strong>Ruederblatt</strong> 4<strong>–</strong><strong>2013</strong>Es ist der 1. November <strong>2013</strong>. Der Nebel hat sich verzogen,dieser Nachmittag eignet sich hervorragendzum Helikopterfliegen. Thomas Hunziker, der Pilot,und ich, sein Gast, fliegen mit einem Zweiplätzer übersRuedertal. Wir bestaunen das Tal mit den bunten Wäldern,aber natürlich insbesondere die «Schür». Thomasist <strong>im</strong> Schürhof aufgewachsen. Er hat die Schulen<strong>im</strong> Tal besucht und die Z<strong>im</strong>mermannslehre in Schöftlandgemacht.Heute arbeitet er als Z<strong>im</strong>mermann-Vorarbeiter inSchöftland. Andrea Hasler ist seine Lebenspartnerin.Die beiden sind seit Mitte April die stolzen Eltern ihresSohnes Nolan. Thomas hat sich als Conferencier <strong>im</strong>Turnverein Schmiedrued einen Namen gemacht undmotiviert seine Turnkameraden in der Funktion desOberturners.Seit zwei Jahren überfliegt er das Tal als Flugschülerund nach bestandener Prüfung auch als selbständigerPilot. Wenn Sie das neue <strong>Ruederblatt</strong> in Händen haben,sollte Thomas die Ausbildung für den Vierplätzer bereitsabgeschlossen haben.Erzähl doch bitte unseren Lesern warum du zum Fliegengekommen bist.Mein Helifliegen ist nicht die Erfüllung einesJugendtraumes. Ich bin eher zufällig auf die Idee gekommen:Ein Arbeitskollege schwärmte von seiner Befähigung,Kräne führen zu dürfen. Ich bemerkte be<strong>im</strong>Lesen eines Zeitungsinserates, dass Kräne ja wohl baldnicht mehr nötig seien, das mache man doch neuerdingsmit dem Helikopter.Ja, warum eigentlich nicht mal an einem Probeflugteilnehmen ? Und da hat es mich gepackt !Welche Voraussetzungen braucht es denn, dass manals Flugschüler akzeptiert wird ?Eigentlich gar keine <strong>–</strong> bis zum 1. Soloflug. Davormuss man einen Arztcheck und das Leumundzeugnisvorweisen. Das Mindestalter ist 17 Jahre. Englischkenntnissesind von Vorteil.Der Schürhof liegt unter unsWie hat sich diese Ausbildung abgespielt ?Eigentlich hätte ich gerne ein Mal wöchentlich dieFlugschule in Beromünster besucht. Infolge schlechtenWetters, Arbeit und anderen Gründen erstreckt sichmeine Praxisausbildung von ca. 50 Stunden auf 1 ½Jahre. Dazu kamen zwei Blocks Theorie, zwe<strong>im</strong>al wöchentlichwährend dreier Monate. Zusätzlich mussteich auch einen Funkkurs absolvieren.Nach 20 Flugstunden kam der erste Alleinflug. Einmächtiges Gefühl, wenn der Fluglehrer aussteigt unddir sagt, du sollest jetzt den Heli alleine starten, vomBoden abheben und einen Landeanflug machen umihn dann wieder abzuholen! Ein Überlandflug von 100Meilen Distanz mit einer Landung auf einem fremdenFlugplatz war der nächste grosse Schritt. Ich flog übersToggenburg ins Rheintal und landete in Bad Ragaz.Eine Alpenüberquerung, diese allerdings in Begleitungdes Fluglehrers, von Beromünster nach Sion, zeigtemir klar, dass sich der Helikopter in grösserer Höhemarkant anders verhält als dass ich es bis anhin erlebthatte.Welches sind deine aktuellen Ziele ?Ich will regelmässig fliegen, um die Routine zu erhalten,zudem möchte ich Leuten mit verschiedenenkleinen Dienstleistungen, wie z.B. Geschenkflüge oderBeizenflüge, Freude und unvergessliche Momente bereitenkönnen.
Im GesprächKannst du dir vorstellen, dass die Fliegerei zu deinemBeruf werden könnte, wie würde sich dein Leben verändern?Schon aus finanzieller Sicht ist das wohl eher unrealistisch,aber ich bin kein Pess<strong>im</strong>ist. Es hat sehr vielePiloten in ähnlicher Situation, man würde Glück undBeziehungen brauchen, um beruflich einsteigen zuKonzentration be<strong>im</strong> FliegenWenn du der Interviewer wärst, welche Frage würdestdu stellen ?Ja, da kommt schon die Frage nach der Angst voreinem Flugunfall. Ein Restrisiko bleibt, das ist nichtauszuschliessen. Fakt ist, 99 % aller Unfälle sind aufmenschliches Versagen zurückzuführen. Umso genauermuss ich meine Checks vor und während desFluges durchführen und darf nichts dem Zufall überlassen.Ich probiere, mit viel Ruhe und Weitsicht, meinemHobby nachzugehen. Angst nein <strong>–</strong> Respekt ja.Thomas muss auf vieles achten !können. Aber weil die Geschichte des Lebens nochnicht fertig geschrieben ist, bin ich gespannt darauf,was mich noch erwarten wird.Herzlichen Dank für den tollen Flug und dein Mitmachenfür unser <strong>Ruederblatt</strong>. Ich gratuliere dir nochmalszu deinen Erfolgen und wünsche dir weiterhinviel Freude und Erfolg be<strong>im</strong> Fliegen.Vielleicht eine etwas unangenehme Frage, aber sie interessierthalt viele Leser: Wie teuer kommt dich dieAusbildung, von den Anfängen bis zum Helikopterpilotenfür Vierplätzer, zu stehen ?Bis und mit dem Fähigkeitsausweis für den Zweiplätzerwaren es 40 500 CHF. Wenn ich mit dem Vierplätzersoweit bin, rechne ich mit ungefähr 50 000 CHF.Ja, das ist viel Geld, aber mit einem eher bescheidenenLebensstil lässt sich das machen.Sollte ich jetzt aufhören müssen, so wäre mir meinepersönliche Entwicklung durch die Flugschule denPreis wert. Die breit gefächerte Ausbildung mit Funk,Mechanik, Englisch, Geografie und Allgemeinbildunghaben mich weiter gebracht.Wenn wir schon bei den Finanzen sind: Der Helikopterwird nach geflogener Minute abgerechnet. DieKosten pro Minute betragen 6 CHF und mehr, je nachTyp, Auslastung und Fluglänge.Ich habe von Kindern schon gehört: «Log, do obe flügtde ‹Moschti› ». Wie kommst du zu diesem Namen, alsSchüler sagte man dir doch nicht so ?Ich hatte vor Zeiten den sauren Most gern. Da habenmich Frauen des Turnvereins so «getauft».Startbereit21<strong>Ruederblatt</strong> 4<strong>–</strong><strong>2013</strong>