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Nietzsche gegen Aristoteles mit Aristoteles - RUhosting

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60Glenn W. Most12345678910111213141516171819202122232425262728293031323334353637383940von dunklen rituellen Anfängen bis zu ihrer künstlerischen Vollendungim 5. Jahrhundert, sondern auch für die spezifische Verbindung von derTragçdie <strong>mit</strong> dem dionysischen Dithyrambus. So liegt es nahe zu fragen,ob sich Spuren von <strong>Aristoteles</strong> auch sonstwo in <strong>Nietzsche</strong>s Abhandlungfinden lassen.Die Antwort ist: ja, und zwar handelt es sich dabei gerade um Spurendes aristotelischen j\haqsir-Begriffs in der Interpretation Jacob Bernays’.Der Beweis liegt in <strong>Nietzsche</strong>s merkwürdig auffälliger und häufigerVerwendung des Wortes „Entladung“ in dieser Schrift. Es war ja Bernaysgewesen, der das Wort „Entladung“ als deutende Übersetzung für denaristotelischen Terminus j\haqsir – „Und abzusehen ist in der Thatnicht, welch triftiger Einwurf von sprachlicher Seite her aufzubringenwäre <strong>gegen</strong> folgende umschreibende Uebersetzung der Worte di’ 1k]ouja· v|bou peqa_mousa tµm t_m toio}tym pahgl\tym j\haqsim ,die Tragçdiebewirkt durch [Erregung von] Mitleid und Furcht die erleichterndeEntladung solcher [<strong>mit</strong>leidigen und furchtsamen] Gemüthsaffectionen‘“12 – in die wissenschaftliche Diskussion eingeführt hatte: Für diemoralischen und ästhetischen Deutungen des Begriffs, die das Feld vorBernays beherrscht hatten, wäre eine solche, eher technisch klingendeÜbersetzung wie „Entladung“ vçllig unbrauchbar gewesen, erst im Lichteseiner dezidiert medizinischen Auffassung war sie überhaupt denkbar.In der Nachfolge Bernays’ wurde „Entladung“ zur Standard-Fachübersetzungfür j\haqsir bei modernen deutschsprachigen Philologenüber viele Jahre – so auch bei <strong>Nietzsche</strong>, der in vielen Schriften vonseinen Basler Jahren bis zum Ende seines Schaffens konsequent den aristotelischenTerminus <strong>mit</strong> verschiedenen Formen von „Entladung“ oder„entladen“ mindestens 13 mal übersetzt. 13 Nun ist es auffallend, daß dasWort „Entladung“ immer wieder an exponierten Stellen in <strong>Nietzsche</strong>sErçrterung seines eigenen Tragçdien-Begriffs vorkommt. Zwei Beispielemçgen hier genügen. Das erste stammt aus <strong>Nietzsche</strong>s Erçrterung desSatyrchors, der so aufgeregt wird, daß er eine Vision des Gottes Dionysos12 Bernays (1970) [Anm. 4], S. 148 [= S. 16].13 Menschliches Allzumenschliches I.4 §212 (KSA 2.173), zweimal; Nachlaß Oktober– Dezember 1876, U II 5c, IV.19[99] (KSA 8.354), zweimal; Geburt der Tragçdie§22 (KSA 1.142), dreimal (oben zitiert); Nachlaß Frühling – Sommer 1875, UII 8b, IV.5[147] (KSA 8.79), zweimal; Nachlaß Sommer 1880, N V 3, V.4[110](KSA 9.128); Gçtzen-Dämmerung, „Was ich den Alten verdanke“ (KSA 6.160);Ecce Homo, „Warum ich so gute Bücher schreibe“ (KSA 6.312); NachlaßFrühjahr 1888, W II 6a, VIII.15[10] (KSA 13.410).

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