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Nietzsche gegen Aristoteles mit Aristoteles - RUhosting

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<strong>Nietzsche</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Aristoteles</strong> <strong>mit</strong> <strong>Aristoteles</strong> 6112345678910111213141516171819202122232425262728293031323334353637383940erlebt, wobei diese Vision als eine „Entladung“ ihrer Affekte gedeutetwird:Die Verzauberung ist die Voraussetzung aller dramatischen Kunst. In dieserVerzauberung sieht sich der dionysische Schwärmer als Satyr, und als Satyrwiederum schaut er den Gott d. h. er sieht in seiner Verwandlung eineneue Vision ausser sich, als apollinische Vollendung seines Zustandes. Mitdieser neuen Vision ist das Drama vollständig.Nach dieser Erkenntniss haben wir die griechische Tragçdie als den dionysischenChor zu verstehen, der sich immer von neuem wieder in einerapollinischen Bilderwelt entladet. Jene Chorpartien, <strong>mit</strong> denen die Tragçdiedurchflochten ist, sind also gewissermaassen der Mutterschooss des ganzensogenannten Dialogs d.h. der gesammten Bühnenwelt, des eigentlichenDramas. In mehreren auf einander folgenden Entladungen strahlt dieserUrgrund der Tragçdie jene Vision des Dramas aus […] (§8: KSA 1.61 –62;kursive GWM)Das zweite findet sich in der Anwendung seiner Interpretation der Affektedes Satyrchors auf die außerhalb der Szene sitzenden Zuschauer,deren musikalische Erregung über eine Entladung zum apollinischenDrama führt:Wir hatten unter den eigenthümlichen Kunstwirkungen der musikalischenTragçdie eine apollinische Täuschung hervorzuheben, durch die wir vordem un<strong>mit</strong>telbaren Einssein <strong>mit</strong> der dionysischen Musik gerettet werdensollen, während unsre musikalische Erregung sich auf einem apollinischenGebiete und an einer dazwischengeschobenen sichtbaren Mittelwelt entladenkann. Dabei glaubten wir beobachtet zu haben, wie eben durch diese Entladungjene Mittelwelt des scenischen Vorgangs, überhaupt das Drama, ineinem Grade von innen heraus sichtbar und verständlich wurde, der in allersonstigen apollinischen Kunst unerreichbar ist […]. (§24: KSA 1.149 –50;kursive GWM)Auffällig ist an beiden Stellen, daß nicht nur das Wort „Entladung“benutzt wird, sondern auch, daß dabei die ganze Begrifflichkeit der aristotelischenKatharsis <strong>mit</strong> im Spiel ist. In einer ersten, dionysischen Phasewerden Emotionen erregt und immer stärker potenziert; aber nachdemsie eine sehr hohe Intensität erreicht haben, gibt es einen plçtzlichenUmschlag in eine ganz andere Dimension, die <strong>mit</strong> Visualisierung, Vision,Theater (im etymologischen Sinn von he\olai) gekennzeichnet und also<strong>mit</strong> dem Bereich von Apollo identifiziert wird.Die Identifikation der tragischen Wirkung als „Entladung“ in diesemspezifischen Sinne findet sich in wesentlichen Zügen schon in einerhandschriftlichen Notiz <strong>Nietzsche</strong>s aus dem Winter 1869/70 – Frühjahr1870 (P I 15a 3[12]: KSA 7.62–63). Danach aber wird sie zu einem

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