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Zur Vertragspraxis der Kaufpreiszahlung in den Tablettes Albertini ...

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<strong>Zur</strong> <strong>Vertragspraxis</strong> <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong><strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i und <strong>in</strong> <strong>den</strong>Ravennater KaufpapyriElisabeth KOSSARZ(Université de Vienne)1. Fragt man e<strong>in</strong>en juristischen Laien nach dem Zeitpunkt des Eigentumserwerbsan <strong>der</strong> gekauften Sache, so wird ihn dieser meistens mit<strong>der</strong> Zahlung des Kaufpreises annehmen. Dagegen bestimmt etwa§ 1063 des österreichischen ABGB ausdrücklich, dass das Eigentumbei Übergabe <strong>der</strong> Ware auf <strong>den</strong> Käufer übergeht, auch wenn er <strong>den</strong>Preis noch nicht bezahlt hat 1 . Die Rechtspraxis bei Kreditkäufen wie<strong>der</strong>umzeigt uns aber, dass die Vere<strong>in</strong>barung e<strong>in</strong>es Eigentumsvorbehaltsso verbreitet ist, dass die Rechtswirklichkeit <strong>der</strong> Laienvorstellungeher entspricht als dem Gesetzeswortlaut 2 .Welche Funktion die <strong>Kaufpreiszahlung</strong> für <strong>den</strong> Eigentumserwerbim römischen Recht hatte und wie die diesbezügliche Rechtspraxisaussah, soll im Folgen<strong>den</strong> anhand von Belegen aus <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Al-1 Unabhängig von <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> erwirbt <strong>der</strong> Käufer auch nach französischemRecht (Art.1583 Cciv.) Eigentum am Kaufgegenstand, und zwar gemäß dem Konsenspr<strong>in</strong>zipbereits bei Vertragsschluss durch E<strong>in</strong>igung über Sache und Preis; genausoim italienischen Recht (Art 1376 Codice Civile). Im deutschen BGB, das dem Abstraktionspr<strong>in</strong>zipfolgt, genügt ebenfalls die bloße Vere<strong>in</strong>barung, dass Eigentum übergehensoll (§ 929 BGB); die <strong>Kaufpreiszahlung</strong> dient bloß <strong>der</strong> Erfüllung des Vertrages(§ 241 BGB). Vgl. dazu etwa LUIG, Das Verhältnis von <strong>Kaufpreiszahlung</strong> und Eigentumsübergangnach Deutschem Recht, <strong>in</strong>: Vacca (Hg), Vendita e trasferimento dellaproprietà nella prospettiva storico-comparatistica, Milano 1991, Band I, 225-258.2 Vgl. FEENSTRA, Eigentumsvorbehalt und die Regel von Inst.2.1.41 über das Verhältnisvon <strong>Kaufpreiszahlung</strong> und Eigentumsübertragung, <strong>in</strong>: TR 58 (1990), 133-141.


208 ELISABETH KOSSARZbert<strong>in</strong>i 3 (TA) und <strong>den</strong> Ravennater Kaufpapyri 4 (P. Tjä<strong>der</strong>) überprüftwer<strong>den</strong>.Die <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i 5 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>den</strong> Jahren 493-496 <strong>in</strong> late<strong>in</strong>ischerSprache verfasst und 1928 im Grenzgebiet zwischen Algerien undTunesien gefun<strong>den</strong> wor<strong>den</strong> 6 . 34 E<strong>in</strong>zeldokumente s<strong>in</strong>d, zum größerenTeil nur fragmentarisch 7 , auf 45 Ze<strong>der</strong>nholztafeln erhalten. Die Tafelnhaben die Form länglicher Rechtecke, <strong>der</strong>en Länge von 111 bis 260und <strong>der</strong>en Breite von 44 bis 104 Millimetern variiert. Aufgrund unregelmäßigerBearbeitung weist dieselbe Tafel oft sehr unterschiedlicheStärken auf, die zwischen zwei und neun Millimetern betragen.Die Kaufdokumente s<strong>in</strong>d niemals nur auf e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen, son<strong>der</strong>nauf mehreren <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es codex zusammengelegten Holztafeln geschrieben;<strong>in</strong>sgesamt liegen zehn Di- und drei Triptycha vor. In 13Fällen s<strong>in</strong>d sämtliche Holztafeln e<strong>in</strong>er Urkunde erhalten. Die Rechentafelund das Zahlungsregister, die ke<strong>in</strong> Rechtsgeschäft beurkun<strong>den</strong>,umfassen h<strong>in</strong>gegen nur je e<strong>in</strong>e Seite e<strong>in</strong>er Tafel 8 .Insgesamt 29 Urkun<strong>den</strong> haben Kaufverträge über landwirtschaftlichgenutzte Grundstücke zum Gegenstand, die sich überwiegend aufe<strong>in</strong>em fundus Tuletianos o<strong>der</strong> Tuletianensis bef<strong>in</strong><strong>den</strong> 9 .3 COURTOIS/LESCHI/PERRAT/SAUMAGNE (Hg), <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i. Actes privés del’époque Vandale (f<strong>in</strong> du V e siècle), Paris 1952.4 TJÄDER, Die nichtliterarischen late<strong>in</strong>ischen Papyri Italiens aus <strong>der</strong> Zeit 445-700, 1.Band Lund 1955, 2. Band, Stockholm 1982, 3. Tafelband Lund 1954.5 Benannt s<strong>in</strong>d die <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i nach Eugène Albert<strong>in</strong>i, dem Leiter <strong>der</strong> algerischenAntikenverwaltung, <strong>der</strong> die Urkun<strong>den</strong> erstmals genauer untersuchte und zwei<strong>der</strong> besterhaltenen Stücke (IV und XI) im Journal des Savants 1930 ediert hat. Jetztbef<strong>in</strong><strong>den</strong> sie sich im Nationalmuseum von Algier. Vgl KAISER, Rezension zu WEßEL,Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i (Berl<strong>in</strong> 2003), <strong>in</strong>: SZ 122 (2005), 303. Die erstekritische Edition stammt aus dem Jahre 1952: COURTOIS/ LESCHI/ PERRAT/SAUMAGNE (Hg), <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i. Actes privés de l’époque Vandale (f<strong>in</strong> du V esiècle), Paris 1952.6 LEVY, Rezension zu COURTOIS/LESCHI/PERRAT/SAUMAGNE (Hg), <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i.Actes privés de l’époque Vandale (f<strong>in</strong> du V e siècle), Paris 1952, <strong>in</strong>: SZ 70 (1953),499-507.7 Zu berücksichtigen ist, dass e<strong>in</strong> unbekannter Anteil des Urkun<strong>den</strong>horts nach <strong>der</strong>Entdeckung vernichtet wurde, wie sich aus <strong>den</strong> Berichten über die Auff<strong>in</strong>dung undBrandspuren an e<strong>in</strong>er erhaltenen Holztafel ergibt (WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong>Albert<strong>in</strong>i [Berl<strong>in</strong> 2003], 44).8 WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 54.9 E<strong>in</strong>erseits s<strong>in</strong>d die <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i „nicht nur e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wenigen Funde vonDokumenten <strong>der</strong> juristischen Praxis im late<strong>in</strong>ischen Westen, welche es ermöglichen,die Geltung von Rechtsnormen im täglichen Leben nachzuprüfen“, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong>


ZUR VERTRAGSPRAXIS DER KAUFPREISZAHLUNG 209Die Ravennater Papyri hat Jan-Olof Tjä<strong>der</strong> als Sammlung von <strong>in</strong>sgesamt55 nicht-literarischen, late<strong>in</strong>ischen Dokumenten aus dem erzbischöflichenArchiv von Ravenna, 1955 und 1982 (nach <strong>der</strong> AusgabeMar<strong>in</strong>i aus dem Jahre 1805) ediert 10 . Darunter bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich <strong>in</strong>sgesamtzehn Kaufverträge 11 , von <strong>den</strong>en nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger (P.35) vollständigerhalten ist.In Ravenna im 6. Jahrhun<strong>der</strong>t wur<strong>den</strong> drei Hauptformulare angewandt,das früheste kann als das spätrömische o<strong>der</strong> das vorjust<strong>in</strong>ianische(vor 540; P.29 und 30) bezeichnet wer<strong>den</strong> (Formular 1). Dieseswurde vom byzant<strong>in</strong>ischen Prov<strong>in</strong>zformular abgelöst, das als nachjust<strong>in</strong>ianischesHauptformular anzusehen ist, und <strong>in</strong> <strong>den</strong> P.31, 33, 35,37 und 38-41 vertreten ist (540-616/19; Formular 2). Zu e<strong>in</strong>em nichtbekannten Zeitpunkt, wahrsche<strong>in</strong>lich aber nicht lange nach 540, entstanddas nachjust<strong>in</strong>ianische ravennatische Mischformular, das imP.36 (575/591) und <strong>in</strong> <strong>den</strong> sehr fragmentarisch erhaltenen, etwa um600 geschriebenen P.42 und 46 vorliegt. Dieses Formular (2b) ist e<strong>in</strong>eKomb<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> Formulare 1 und 2, aber es enthält auch e<strong>in</strong>ige neueFormulierungen. Die erste Form des Formulares, die uns <strong>in</strong> Ravennaentgegentritt (P.29 und 30), sche<strong>in</strong>t bereits das Ergebnis e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ationvon zwei Urkun<strong>den</strong> zu se<strong>in</strong>, und zwar e<strong>in</strong>er, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erlaubniszur Besitznahme erteilt wurde (das <strong>in</strong>strumentum testationis vacuaepossessionis) und e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en, die <strong>den</strong> eigentlichen Kaufkontrakt,das <strong>in</strong>strumentum venditionis, ausmachte.Das Kaufgeschäft ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> sämtlichen Gestaltungen als e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>seitigerAkt, die Urkunde wird formell auf Veranlassung des Verkäufersh<strong>in</strong> geschrieben. 12Der Vergleich <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i mit <strong>den</strong> P. Tjä<strong>der</strong> hat e<strong>in</strong>enbeson<strong>der</strong>en Reiz, da die <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i Grundstückskaufverträgevon nordafrikanischen Bauern im Vandalenreich des späten 5. Jahr-„e<strong>in</strong>zige größere Fund von Kaufverträgen im Westen überhaupt.“ (WEßEL, Das Recht<strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 18).10 TJÄDER, Die nichtliterarischen late<strong>in</strong>ischen Papyri Italiens aus <strong>der</strong> Zeit 445-700,1. Band Lund 1955, 2. Band, Stockholm 1982, 3. Tafelband Lund 1954.11 P.30, 35, 36, 37, 38-41, 42 und 46, zu datieren <strong>in</strong> die Zeit von 540 bis 616-19. InP.29, 31 und 33 s<strong>in</strong>d, mehr o<strong>der</strong> weniger unvollständig, Kaufverträge <strong>in</strong> Gestaprotokollenüberliefert wor<strong>den</strong>. Vgl TJÄDER, Die nichtliterarischen late<strong>in</strong>ischen Papyri II,2.12 TJÄDER, Die nichtliterarischen late<strong>in</strong>ischen Papyri II, 4ff.; LEVY, Rezension zuTJÄDER, Die nichtliterarischen late<strong>in</strong>ischen Papyri Italiens aus <strong>der</strong> Zeit 445-700, TeilI und III (1955), <strong>in</strong>: SZ 74 (1957), 477ff.Revue Internationale des droits de l’Antiquité LII (2005)


210 ELISABETH KOSSARZhun<strong>der</strong>ts zum Gegenstand haben; <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ravennater Papyri des 6. und7. Jahrhun<strong>der</strong>ts h<strong>in</strong>gegen wollten Personen <strong>der</strong> dort ansässigen Oberschichtihre Käufe beurkun<strong>den</strong>. E<strong>in</strong>erseits stammen die Kaufverträgeaus völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten und an<strong>der</strong>erseitsliegt, abgesehen von <strong>der</strong> verschie<strong>den</strong>en Herkunft, aufgrund <strong>der</strong>Datierung m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t zwischen ihnen. Dennoch weisendie Urkun<strong>den</strong>formulare <strong>in</strong> Aufbau und Inhalt viele Ähnlichkeitenauf.Hendrik Weßel 13 hat 2003 e<strong>in</strong>e ausführliche Bearbeitung <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong>Albert<strong>in</strong>i vorgelegt 14 , <strong>in</strong> <strong>der</strong> auch des Öfteren die RavennaterPapyri zum Vergleich herangezogen wer<strong>den</strong>.Weßel konstatiert, dass, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> <strong>der</strong> Spätantike, „die Zahlunggrundsätzlich Voraussetzung des Eigentumserwerbs“ sei. Dies lassesich <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i selbst zwar nicht entnehmen, wohl aber<strong>den</strong> Ravennater Kaufpapyri. Dort heißt es, dass die Verkäufer <strong>den</strong>Kaufpreis „ob quam distractionem iuristraditionisque causa“ empf<strong>in</strong>gen.Der Kaufpreis werde – nach Weßels Interpretation – ausdrücklichzum Zweck <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong> Eigentumsrechte am Kaufgegenstandgezahlt 15 . Weßels These soll nun im Folgen<strong>den</strong> nachgegangenwer<strong>den</strong>.Dabei s<strong>in</strong>d drei Fragen zu unterschei<strong>den</strong>:1. Wurde die <strong>Kaufpreiszahlung</strong> im römischen Recht tatsächlich alsVoraussetzung für <strong>den</strong> Eigentumsübergang angesehen?2. Warum sollte dieses Pr<strong>in</strong>zip <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i nicht zuentnehmen se<strong>in</strong>, wohl aber <strong>den</strong> Ravennater Kaufpapyri?3. Ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ravennater Papyri die Phrase „ob quam distractionemiuristraditionisque causa“ tatsächlich <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n zu verstehen, <strong>den</strong>Weßel ihr zuschreibt?2. Rufen wir uns zu Beg<strong>in</strong>n zwei Quellen aus dem corpus iuris civilis<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung, die dem Thema <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> gewidmet s<strong>in</strong>d(und die auch Weßel zur Untermauerung se<strong>in</strong>er These verwendet):13 WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen,Band 40 (Berl<strong>in</strong> 2003).14 Vgl dazu KAISER, Rezension zu WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, <strong>in</strong>: SZ122 (2005), 303; KEHOE, Roman law <strong>in</strong> Africa, Rezension zu WEßEL, Das Recht <strong>der</strong><strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, <strong>in</strong>: The Classical Review vol. 55 no. 1 (2005), 284f, im Internetabrufbar unter http://cr.oxfordjournals.org/cgi/repr<strong>in</strong>t/55/1/284.15 WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 145.


ZUR VERTRAGSPRAXIS DER KAUFPREISZAHLUNG 211Inst 2.1.41 :Sed si quidem ex causa donationis aut dotis aut qualibet alia ex causatradantur, s<strong>in</strong>e dubio transferuntur: venditae vero et traditae non aliteremptori adquiruntur, quam si is venditori pretium solverit vel alio modoei satisfecerit, veluti expromissore aut pignore dato, quod cavetur quidemetiam lege duodecim tabularum: tamen recte dicitur et iure gentium, idest iure naturali, id effici. Sed si is qui vendidit fidem emptoris secutusfuerit, dicendum est statim rem emptoris fieri.Und wenn nun Sachen aufgrund e<strong>in</strong>er Schenkung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Mitgifto<strong>der</strong> aus irgende<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Grund übergeben wer<strong>den</strong>, wird das Eigentumunzweifelhaft übertragen. Sachen jedoch, die verkauft und übergebens<strong>in</strong>d, erwirbt <strong>der</strong> Käufer nur dann, wenn er dem Verkäufer <strong>den</strong> Kaufpreisgezahlt o<strong>der</strong> ihm <strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Form Genüge getan hat, zum Beispiel durchStellung e<strong>in</strong>es Schuldübernehmers o<strong>der</strong> durch Pfandbestellung. Dies wirdzwar auch im Zwölftafelgesetz so bestimmt; doch sagt man mit Recht,dass es auch nach Völkergeme<strong>in</strong>recht, das heißt, nach Naturrecht, gilt.Wenn aber <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> die Sache verkauft hat, dem Käufer <strong>den</strong> Kaufpreiskreditiert, muss man sagen, dass die Sache sogleich Eigentum desKäufers wird 16 .In dieser Stelle geht es um <strong>den</strong> Eigentumserwerb an verkauftenund übergebenen Sachen. Just<strong>in</strong>ians Institutionen zitieren das Zwölftafelgesetz17 , das bereits bestimmte, dass das Eigentum nur dann auf<strong>den</strong> Käufer übergeht, wenn dieser dem Verkäufer entwe<strong>der</strong> <strong>den</strong> Kaufpreisbezahlt o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Sicherstellung <strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Form gegeben hat.Dies kann beispielsweise durch Pfandbestellung (pignore dato) geschehen.Weiters sei hier auf <strong>den</strong> letzten Satz h<strong>in</strong>gewiesen, demzufolgedas Eigentum an <strong>der</strong> Sache gemäß dem ius gentium genauso bereitsbei Kreditierung des Kaufpreises, und zwar si fidem emptorissecutus fuerit 18 erworben wer<strong>den</strong> kann 19 .Auch bereits Pomponius hält <strong>in</strong> D.18.1.19 an dem Pr<strong>in</strong>zip fest,dass neben tatsächlicher <strong>Kaufpreiszahlung</strong> auch ebenso Formen <strong>der</strong>16 BEHRENDS/KNÜTEL/KUPISCH/SEILER, Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung,I: Institutionen², Heidelberg 1997.17 E<strong>in</strong>geordnet wird <strong>der</strong> Satz als tab 7, 11.18 Vgl die Untersuchung <strong>der</strong> Phrase „fidem emptoris sequi“ im Rahmen <strong>der</strong> Textstufenforschungbei FEENSTRA, Fidem emptoris sequi, <strong>in</strong>: Studi <strong>in</strong> onore di Ugo EnricoPaoli (Florenz 1955), 273-287.19 Das fidem emptoris sequi ist <strong>der</strong> Sache nach für klassisch zu halten. So etwaKASER, ‘Comptes rendus’ zu WATSON, The Law of Obligations <strong>in</strong> the Later RomanRepublic (Oxford 1965), <strong>in</strong>: TR 34 (1966), 412.Revue Internationale des droits de l’Antiquité LII (2005)


212 ELISABETH KOSSARZSicherheitsleistung, sowie die Kreditierung des Kaufpreises, genügen,damit das Kaufgeschäft schuld- und sachenrechtlich abgewickelt wer<strong>den</strong>kann 20 :Pomponius (31 ad Qu<strong>in</strong>tum Mucium) D.18.1.19 :Quod vendidi non aliter fit accipientis, quam si aut pretium nobis solutumsit aut satis eo nom<strong>in</strong>e factum vel etiam fidem habuerimus emptoris<strong>in</strong>e ulla satisfactione.Was ich verkauft habe, gelangt nur dann <strong>in</strong> das Eigentum des Empfängers,wenn uns entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Preis bezahlt o<strong>der</strong> für ihn Sicherheit geleistetist o<strong>der</strong> auch wenn wir dem Käufer ohne jede SicherheitsleistungKredit gewährt haben 21 .Dass Just<strong>in</strong>ian <strong>in</strong> Inst.2.1.41 an erster Stelle die <strong>Kaufpreiszahlung</strong>nennt, kann als Anklang an die nachklassische, sich durch hellenistischenE<strong>in</strong>fluss 22 auszeichnende Rechtslage gedeutet wer<strong>den</strong>, wo die<strong>Kaufpreiszahlung</strong> als Erfor<strong>der</strong>nis für <strong>den</strong> Eigentumsübergang angesehenwurde 23 . Pr<strong>in</strong>gsheim etwa stellte die These auf, erst die Byzant<strong>in</strong>erhätten die Voraussetzung <strong>der</strong> Preiszahlung <strong>in</strong> das römische Rechte<strong>in</strong>geführt und verfocht radikale Interpolationsmaßnahmen zuD.18.1.19 und 53 24 .Meylan 25 versuchte <strong>den</strong> Nachweis, dass die <strong>Kaufpreiszahlung</strong> imrömischen Recht zu allen Zeiten Voraussetzung für <strong>den</strong> Eigentumserwerbvon res nec mancipi durch traditio gewesen sei, dass jedoch20 So wird die fides Verpflichtungsgrundlage, das creditum tritt an die Stelle <strong>der</strong><strong>Kaufpreiszahlung</strong> und führt bereits zur Abwicklung des Kaufverhältnisses. VglBÜRGE, Geld- und Naturalwirtschaft im vorklassischen und klassischen römischenRecht, <strong>in</strong>: SZ 99 (1982), 151.21 BEHRENDS/KNÜTEL/KUPISCH/SEILER, Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung,III: Digesten 11-20, Heidelberg 1999.22 PRINGSHEIM, Der Kauf mit fremdem Geld (Leipzig 1916), 1ff.23 Vgl va LEVY, West Roman Vulgar Law (Philadelphia 1951), 132f; KASER, RömischesPrivatrecht II² (München 1975), 278; ZIMMERMANN, The Law of Obligations(Kapstadt ua 1990), 273ff; KASER/KNÜTEL, Römisches Privatrecht 17 (München2003), 153f.24 PRINGSHEIM, Der Kauf mit fremdem Geld, 70f sowie <strong>der</strong>selbe, Eigentumsübergangbeim Kauf, <strong>in</strong>: SZ 50 (1930), 333-348. Vgl zur Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>den</strong> Thesenund Kritikern Pr<strong>in</strong>gsheims: SCHÖNBAUER, <strong>Zur</strong> Frage des Eigentumsüberganges beimKauf, <strong>in</strong>: SZ 52 (1932), 195-250.25 MEYLAN, Le paiement du prix et le transfert de la propriété de la chose vendue endroit roma<strong>in</strong> classique, <strong>in</strong>: Studi <strong>in</strong> onore di Pietro Bonfante I (Mailand 1930), 443-491.


ZUR VERTRAGSPRAXIS DER KAUFPREISZAHLUNG 213das Preiszahlungserfor<strong>der</strong>nis im klassischen Recht nur noch ger<strong>in</strong>gepraktische Bedeutung hatte, weil die actio Publiciana unabhängigdavon gewährt wurde 26 .Nach Kaser könnte <strong>der</strong> Zwölftafelsatz <strong>in</strong> Inst.2.1.41 auf die Auktoritätshaftungaus <strong>der</strong> mancipatio weisen, die bestimmte, dass <strong>der</strong> Bezahlungdes Kaufpreises das b<strong>in</strong><strong>den</strong>de Versprechen <strong>in</strong> Stipulationsform(expromittere) gleichgehalten wer<strong>den</strong> soll, jedoch sei auch nichtauszuschließen, dass sich die Zwölftafelnorm „auf alle Käufe bezog,auch die von res nec mancipi und ohne mancipatio 27 “. Zimmermannsieht Inst.2.1.41 als Regel, <strong>in</strong> <strong>der</strong> klassisches Recht wie<strong>der</strong>belebt wird,wie dies heute allgeme<strong>in</strong> angenommen wird 28 .Voß kritisiert, dass Levy und Kaser zur Untermauerung ihrer These,dass die <strong>Kaufpreiszahlung</strong> e<strong>in</strong> Erfor<strong>der</strong>nis des nachklassischenRechts für <strong>den</strong> Eigentumsübergang sei 29 , die Novellae Valent<strong>in</strong>iani32pr-§3 30 aus 451 für Kaufgeschäfte von Beamten und Offizierenheranziehen 31 :Nov.Valent.32pr:(…) Nem<strong>in</strong>em volo potestatis iussu et <strong>in</strong>pressione conpelli. Volentiven<strong>der</strong>i def<strong>in</strong>itam et conscriptam pecuniam oportet <strong>in</strong>ferri. (…)Die ratio legis von Nov.Valent.32pr-3 sei nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong>als Übereignungserfor<strong>der</strong>nis gelegen, son<strong>der</strong>n die Vorschriftbetreffe nur e<strong>in</strong>en begrenzten Personenkreis, dem vorher <strong>der</strong> Erwerb26 HOFSTETTER, In memoriam Philippe Meylan, <strong>in</strong>: SZ 90 (1973) 551f.27 KASER, Stellvertretung und “notwendige Entgeltlichkeit”, <strong>in</strong>: SZ 91 (1974), 162.Derselbe, Comptes rendues zu WATSON, The Law of Obligations, <strong>in</strong>: TR 34 (1966),412ff; HORAK, Rezension zu WATSON, Rome of the XII Tables, Persons and Property(New Jersey 1975), <strong>in</strong>: SZ 94 (1977), 390. Für KÜBLER (Geschichte des römischenRechts [Erlangen 1925], 51) wäre <strong>der</strong> Satz für die Manzipation überflüssig, da diePreiszahlung notwendigerweise zum Manzipationsgeschäft gehörte.28 ZIMMERMANN, The Law of Obligations, 274ff mwN.29 „To Constant<strong>in</strong>e <strong>in</strong> FV 35, 4 it was a mere naturale negotii.“ Vgl LEVY, WestRoman Vulgar Law, 132.30 Novellae Valent<strong>in</strong>iani 32pr: … Nem<strong>in</strong>em volo potestatis iussu et <strong>in</strong>pressione conpelli.Volenti ven<strong>der</strong>e def<strong>in</strong>itam et conscriptam pecuniam oportet <strong>in</strong>ferri. Videat<strong>in</strong>strumentorum scriptor, sciant ii, apud quos venditionis documentum necesse estadlegari. Nihil refert quis emat, cum publica fide pretium venditor consequatur… §3:Hac sanctione eos quoque iubemus esse munitos, quos adm<strong>in</strong>istrantes et ulla gerentesofficia praedia rustica vel urbana certum est dato pretio conparasse. (451)31 Vgl. Zu dieser Stelle etwa auch SIEMS, Handel und Wucher im Spiegel frühmittelalterlicherRechtsquellen, Hannover 1992, 230-236.Revue Internationale des droits de l’Antiquité LII (2005)


214 ELISABETH KOSSARZvon Grundstücken verboten war und <strong>der</strong> erst durch dieses Gesetz –allerd<strong>in</strong>gs kontrolliert – wie<strong>der</strong> am allgeme<strong>in</strong>en Grundstücksverkehrteilnehmen durfte 32 .Kaiser Valent<strong>in</strong>ian III. wollte damit bloß verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, dass die Bürgervon Beamten o<strong>der</strong> Militärpersonen zu Verkäufen genötigt wur<strong>den</strong>33 . Ke<strong>in</strong> Wort steht aber <strong>in</strong> dem Text davon, dass die Preiszahlungfür die Wirksamkeit des Vertrages und für die Herbeiführung desEigentumsübergangs erfor<strong>der</strong>lich sei, ebenso wenig erlaube diesRückschlüsse auf das geme<strong>in</strong>e Kaufrecht, wie dies etwa Levy 34 aus„dummodo emptio et venditio celebretur iure communi“(Nov.Valent.32pr) ableiten wollte 35 .Freilich fehlt es nicht an weiteren Quellen, die e<strong>in</strong>en Zusammenhangzwischen <strong>Kaufpreiszahlung</strong> und Eigentumserwerb herstellen 36 .Doch schon seit jeher – nach Kaser 37 seit <strong>den</strong> Zwölf Tafeln – war dasErfor<strong>der</strong>nis <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> zum Eigentumserwerb durch an<strong>der</strong>eFormen <strong>der</strong> satisfactio 38 durchbrochen; als e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutiges Erfor<strong>der</strong>nisdes Eigentumserwerbs durch traditio kann die Preiszahlung alle<strong>in</strong>daher we<strong>der</strong> für das klassische 39 , noch für das nachklassische römischeRecht angesehen wer<strong>den</strong> 40 .32 Aussagekraft für e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Übereignungsdogmatik habe dieNovelle daher nicht, VOß, Recht und Rhetorik <strong>in</strong> <strong>den</strong> Kaisergesetzen <strong>der</strong> Spätantike(Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 1982), 195.33 So zuvor bereits auch SCHINDLER, Die Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong>, <strong>in</strong>: FSDu<strong>den</strong> (München 1977), 555-570, <strong>der</strong> überzeugend darlegt, dass die Preiszahlung imnachklassischen römischen Recht e<strong>in</strong>e weit weniger wichtige Rolle hatte als ihr oftzugeschrieben wird. Weiters s<strong>in</strong>d nach SCHINDLER PS.2.17.1 sowie die zwei TexteIP.2.18.10 und IP.1.13.4 ke<strong>in</strong>e Belege für das Preiszahlungserfor<strong>der</strong>nis, son<strong>der</strong>n fürzulässige Beweismittel o<strong>der</strong> Verkäuferpflichten.34 LEVY, West Roman Vulgar Law, 132.35 SCHINDLER, Die Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong>, 560f.36 Vgl etwa Gai. D.18.1.53; Ulp. D.19.1.11.2.37 Vgl KASER, ‘Comptes rendus’ zu WATSON, The Law of Obligations, <strong>in</strong>: TR 34(1966), 412. Derselbe, Stellvertretung und “notwendige Entgeltlichkeit”, <strong>in</strong>: SZ 91(1974), 161f.38 <strong>Zur</strong> satisfactio <strong>in</strong> Inst.2.1.41 vgl etwa BÜRGE, Geld- und Naturalwirtschaft imvorklassischen und klassischen römischen Recht, <strong>in</strong>: SZ 99 (1982), 149ff.39 HONSELL/MAYER-MALY/SELB, Römisches Recht 4 (Berl<strong>in</strong> 1987), 162f.40 <strong>Zur</strong> Ausstrahlung <strong>der</strong> Gedanken des römischen Rechts auf die europäische Rechtsentwicklungvgl etwa zum französischen Recht WESENER, Rezension des Beitragesvon TROFIMOFF, Le privilège du vendeur à credit impayé en droit écrit et coutumier(99-137) <strong>in</strong>: Ius Commune XXIII, 1996, <strong>in</strong>: SZ 115 (1998), 705f, sowie BLANK, Altes


ZUR VERTRAGSPRAXIS DER KAUFPREISZAHLUNG 215Die These Weßels für e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung des Eigentumserwerbs an die<strong>Kaufpreiszahlung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ravennater Papyri würde folglich bedeuten,dass die Rechtspraxis <strong>in</strong> Ravenna von <strong>der</strong> herrschen<strong>den</strong> Rechtslageabwich und <strong>der</strong> Kaufpreis ausdrücklich zum Zweck <strong>der</strong> Übertragung<strong>der</strong> Eigentumsrechte am Kaufgegenstand gezahlt wer<strong>den</strong> musste.3. Die Kaufurkun<strong>den</strong> <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i und <strong>der</strong> RavennaterKaufpapyri folgen demselben Schema, sie gehen möglicherweise aufe<strong>in</strong> römisches „Musterformular“ zurück 41 . Genauso wie die <strong>Tablettes</strong>Albert<strong>in</strong>i stellen auch die Ravennater Urkun<strong>den</strong> chirographa dar,welche auf Veranlassung des Verkäufers geschrieben wur<strong>den</strong> undbereits vorgenommene Rechtshandlungen berichten bzw beweisensollen 42 .Im Kontext <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> <strong>in</strong>teressieren die Abschnitte 4und 5 <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i und <strong>der</strong> Abschnitt 6 <strong>in</strong> <strong>den</strong> P. Tjä<strong>der</strong>.Auf die Feststellung, dass <strong>der</strong> Kaufpreis vollständig entrichtetwurde, wird <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i ersichtlich großer Wert gelegt.Sie erfolgt mit Worten wie bei <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> <strong>in</strong> TA IX:(4a) hac die emit gem<strong>in</strong>ius felix de s(upra)s(cri)p(tis) bentitoribus(b) folles pecuniae numero nonag<strong>in</strong>ta(c) quos folles nonag<strong>in</strong>ta acceperunt iulius maximanus et peregus u-xor eius bentitores et secum sustulerunt coram{que} signatoribus…Es wird die Höhe <strong>der</strong> Kaufsumme genannt und mitgeteilt, dass dieVerkäufer sie an- und mitgenommen haben, meist dazu noch <strong>in</strong> Anwesenheitvon Zeugen. Die Feststellung, <strong>den</strong> Kaufpreis erhalten zuhaben, wird jedoch nicht als ausreichend erachtet. Zusätzlich gebendie Verkäufer e<strong>in</strong>e Erklärung ab, die von <strong>den</strong> Herausgebern <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong>Albert<strong>in</strong>i wie folgt gelesen wird:im Neuen, <strong>in</strong>: SZ 97 (1980), 4f, wo die Texte Pomp. D.18.1.19 und Inst.2.1.41 mitdem § 139 Abs.3 ZGB (<strong>der</strong> ehemaligen DDR) verglichen wer<strong>den</strong>. <strong>Zur</strong> Aufnahme <strong>der</strong>Regel Inst.2.1.41 <strong>in</strong> das ius commune sowie <strong>in</strong> das geltende südafrikanische Recht vglZIMMERMANN, The Law of Obligations, 273 Fn.10 und 11.41 WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 63ff.42 Das Formular <strong>der</strong> Ravennater Urkun<strong>den</strong> weist gegenüber <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i –ungeachtet ger<strong>in</strong>ger struktureller und <strong>in</strong>haltlicher Unterschiede – weit mehr Wörterauf, so ist etwa P. Tjä<strong>der</strong> 35 mit 500 Wörtern <strong>der</strong> am besten erhaltene ravennatischeKaufvertrag. Dazu bemerkt WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 70: „Die umfangreichenund oft redundanten Formulierungen <strong>der</strong> Ravennater Papyri bezweckenzwar die Berücksichtigung jeglicher Eventualität, führen im Ergebnis aber kaum zudifferenzierteren und angemesseneren Lösungen […]“.Revue Internationale des droits de l’Antiquité LII (2005)


216 ELISABETH KOSSARZ(5) nicilque siui de pretio agri supraiscriptis quiquam anplius deuerisibi res[pondi<strong>der</strong>unt 43 …Die Verkäufer versprechen, dass ke<strong>in</strong> Teil des Kaufpreises mehraussteht 44 .Die Ravennater Kaufpapyri nennen genauso die Höhe <strong>der</strong> Kaufsummeund beurkun<strong>den</strong>, dass sie <strong>der</strong> Verkäufer <strong>in</strong> bar entgegengenommenhat:(6b) solidos… numero [quattuo]rdecim tantum, de quo omnem praetiumplacitum et def<strong>in</strong>itum atque [<strong>in</strong> pr]aesenti perceptumWeiters wird – genauso wie <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i – festgestellt,dass ke<strong>in</strong> Teil des Betrages mehr geschuldet wird:(6c) nihilque sibi s(upra)s(crip)tus venditor ex hoc omni pretio aliquidam[p]lius apud s(upra)s(crip)tum conparatorem remansisse dixit45 …4. 1) Dass nun <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> viel Raum gegeben wird, mussmE nicht unbed<strong>in</strong>gt mit ihrer konstitutiven Wirkung zusammenhängen.Vielmehr weisen die Argumente, die <strong>den</strong> Aufbau und Inhalt <strong>der</strong>Urkun<strong>den</strong> betreffen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Richtung.43 Diese Stelle bereitet nach WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 142f, Schwierigkeiten,e<strong>in</strong>erseits was das verme<strong>in</strong>tlich als Verb zu verstehende quaesibi anbelangt,an<strong>der</strong>erseits ob es danach nicht nicil quaesibi, son<strong>der</strong>n vielmehr nicilque sibi laute.E<strong>in</strong>erseits verwendet <strong>der</strong> Schreiber <strong>in</strong> TA XXXI e<strong>in</strong>deutig nicilque, aber dafür nichtsibi, an<strong>der</strong>erseits muss nach WEßEL das Urkun<strong>den</strong>muster nihilque sibi vorgesehenhaben, da sich dies mit e<strong>in</strong>em Vergleich mit <strong>den</strong> Ravennater Papyri belegen lässt.Dort heißt es nach m<strong>in</strong>utiöser Beschreibung <strong>der</strong> Auszählung des Kaufpreises <strong>in</strong>P.31.I.3f: nihilque sibi suprascriptus venditor ex hoc omni praetio quidquam ampliusredhiberi dixit.44 Das Versprechen <strong>der</strong> Verkäufer, dass ihnen nichts mehr gebühre, ist nach WEßELnichts an<strong>der</strong>es, als dass sie <strong>den</strong> Kaufpreis erhalten haben, <strong>der</strong> Sache nach e<strong>in</strong>e acceptilatio,nur ohne die <strong>in</strong> klassischer Zeit für sie üblichen Worte accepisse et habere sedixit. Dass das Verhalten <strong>der</strong> Verkäufer mit respondi<strong>der</strong>unt umschrieben wird, mussnicht unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e stipulatio bedeuten, wenn <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Urkun<strong>den</strong>, zB <strong>in</strong> <strong>den</strong> RavennaterPapyri, bloß e<strong>in</strong> dictum ersche<strong>in</strong>t. Vgl dazu WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong>Albert<strong>in</strong>i, 144f. <strong>Zur</strong> acceptilatio im Gegensatz zur stipulatio vgl etwa PRINGSHEIM,Symbol und Fiktion <strong>in</strong> alten Rechten, <strong>in</strong>: Gesammelte Abhandlungen (Heidelberg1961), 394ff.45 Die Ravennater Papyri stimmen <strong>in</strong>soweit mit <strong>den</strong> älteren Urkun<strong>den</strong> (vgl etwa FIRAIII 87) übere<strong>in</strong>, als die Erklärung des Verkäufers über <strong>den</strong> Erhalt des Kaufpreises <strong>in</strong>Form e<strong>in</strong>es dictum erfolgt. Vgl dazu WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 143.


ZUR VERTRAGSPRAXIS DER KAUFPREISZAHLUNG 217Wenn Weßel me<strong>in</strong>t, die <strong>Kaufpreiszahlung</strong> sei als zw<strong>in</strong>gendes Erfor<strong>der</strong>nisfür <strong>den</strong> Eigentumsübergang <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ravennater Papyri genanntund damit e<strong>in</strong> Beweis für die Geltung des Pr<strong>in</strong>zips <strong>in</strong> <strong>der</strong> Spätantike,so verwun<strong>der</strong>t zunächst die Stellung im Formular, nämlich erstNACH <strong>der</strong> Beurkundung <strong>der</strong> traditio 46 .H<strong>in</strong>gegen wird <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i die <strong>Kaufpreiszahlung</strong>VOR <strong>der</strong> Übergabsklausel beschrieben, doch sieht Weßel dort ke<strong>in</strong>ennotwendigen Zusammenhang zwischen <strong>Kaufpreiszahlung</strong> und Eigentumserwerb.2) Wenn nun aber die <strong>Kaufpreiszahlung</strong> tatsächlich konstitutiv für<strong>den</strong> Eigentumsübergang wäre (wie dies zum<strong>in</strong>dest nach Pr<strong>in</strong>gsheimfür das hellenistische Recht galt 47 ), müsste die Übergabe nicht mehreigens so ausführlich beschrieben wer<strong>den</strong>. Doch <strong>in</strong> bei<strong>den</strong> Quellenstellens<strong>in</strong>d mit <strong>der</strong> Beurkundung von causa und traditio die Voraussetzungenfür <strong>den</strong> Eigentumserwerb dokumentiert. In bei<strong>den</strong> Urkun<strong>den</strong>formularenist <strong>der</strong> Traditionsformel sogar e<strong>in</strong> eigener Abschnittgewidmet.Weßel legt überzeugend dar, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>irekonstruierten dreiteiligen Übergabsformel – trotz <strong>der</strong> Verwendungvon transferre – die traditio des Kaufgegenstandes geme<strong>in</strong>t war 48 . Fürihn hatte die traditio <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i außerdem dieselbeFunktion wie <strong>in</strong> klassischer Zeit 49 .Der Vergleich <strong>der</strong> Übergabsformel <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i mit <strong>der</strong><strong>in</strong> P. Tjä<strong>der</strong> 36, weil sie ihr „am ähnlichsten 50 “ sei, veranlasst Weßelallerd<strong>in</strong>gs nicht dazu, von se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>ordnung <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> alskonstitutives Element für <strong>den</strong> Eigentumserwerb <strong>in</strong> <strong>den</strong> RavennaterKaufpapyri abzugehen.Außerdem fällt auf, dass <strong>in</strong> bei<strong>den</strong> Dokumenten <strong>der</strong> Ausdruck <strong>in</strong>perpetuum/<strong>in</strong> perpetuo im Rahmen <strong>der</strong> traditio verwendet wird. Sieht46 Dies kann mit <strong>der</strong> Anwendung des Manzipationsformulars auf das Traditionsformularzusammenhängen. Da dort die <strong>Kaufpreiszahlung</strong> ke<strong>in</strong> essentiale des Geschäftswar, brauchte sie erst am Schluss des Kontexts vermerkt zu wer<strong>den</strong>. Vgl WOLFF,Römische Grundstückskaufverträge aus dem Vandalenreich, <strong>in</strong>: TR 14 (1936), 410.47 PRINGSHEIM, Der Kauf mit fremdem Geld, 1f und passim.48 KAISER, Rezension zu WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i (Berl<strong>in</strong> 2003), <strong>in</strong>:SZ 122 (2005), 309.49 WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 151f.50 WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 148.Revue Internationale des droits de l’Antiquité LII (2005)


218 ELISABETH KOSSARZman sich <strong>den</strong> Text <strong>der</strong> TA IX 51 an, so zeigt <strong>der</strong> H<strong>in</strong>weis, dass <strong>der</strong> Besitz<strong>in</strong> perpetuum verschafft wird, nachdem zuvor das Eigentum desVerkäufers an <strong>den</strong> zu verkaufen<strong>den</strong> Sachen festgestellt wor<strong>den</strong> ist 52 ,dass erst im Laufe <strong>der</strong> Traditionsformel und nicht schon bei <strong>Kaufpreiszahlung</strong>o<strong>der</strong> bei Abschluss des Kaufvertrages Eigentum übergehensoll.In <strong>der</strong> Übergabsklausel <strong>der</strong> Ravennater Papyri 53 ist sehr ausführlichunter Abschnitt 4 beschrieben, wie zuerst – bono, optimo et <strong>in</strong>concussoiure – das gute, volle und unangefochtene Recht des Verkäufers amGrundstück bestan<strong>den</strong> hat, sodann unter Abschnitt 5 – ac se suosqueomnes ex<strong>in</strong>de exisse, excessisse, decessisse – nachdem er und alle dieSe<strong>in</strong>igen daraus ausgegangen, ausgezogen und weggezogen s<strong>in</strong>d, sichdie Kaufsache <strong>in</strong> vacuam possessionem 54 befun<strong>den</strong> hat, damit sieschließlich vom Käufer <strong>in</strong>gredi, habere, tenere, possi<strong>der</strong>e, … alsobezogen, gehalten, <strong>in</strong>negehabt, besessen, verkauft, geschenkt, getauschtwer<strong>den</strong> konnte und er <strong>in</strong> perpetuo an ihr das Recht behauptenkonnte.In e<strong>in</strong>igen Ravennater Kaufurkun<strong>den</strong> wird außerdem nochmals unterAbschnitt 11 e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf die Übergabe mit Nießbrauchsvorbehaltfestgehalten 55 .51 TA IX, 13-16: (6a) a pridie quam uen<strong>der</strong>ent h(abuerunt) t(enuerunt) p(osse<strong>der</strong>unt)iuris eorum omnia fuerunt (b) et ex ac die <strong>in</strong> nom<strong>in</strong>e emto]rem eorum transtulerunt(c) ut h(abeat) t(eneat) p(ossideat) utatur fruatur ipse eredesbe eorum <strong>in</strong> perpetuum.52 WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i, 154.53 Vgl etwa P. Tjä<strong>der</strong> 36, 2-7: (4) sicuti a s(upra)s(sript)o venditore vel ab [eiusaucto]rem proauctorem bono, optimo et <strong>in</strong>concusso iure posessae sunt, ita [nun]c etusque <strong>in</strong> h(anc) d(iem) possi<strong>den</strong>tur atque s(upra)s(cript)o conparatori tra<strong>den</strong>tur (5)ac se suosque omnes ex<strong>in</strong>de exisse, excessisse, decessisseque dixit ets(upra)s(crip)tum conparatorem hom<strong>in</strong>esque eius <strong>in</strong> rem s(upra)s(criptam) <strong>in</strong>gredi,habere, tenere, possi<strong>der</strong>e, v<strong>in</strong><strong>der</strong>e, donare, com[mutare a]c suo iuri <strong>in</strong> perpetuovendicare permisit…54 Die Konzeption <strong>der</strong> vacua possessio ist im corpus iuris civilis etwa bei Labeo,Pomponius, Ulpian o<strong>der</strong> Diokletian (C.4.38.12 DIOCL./MAXIM. Non idcirco m<strong>in</strong>usemptio perfecta est, quod emptor fideiussorem non accepit vel <strong>in</strong>strumentum testationisvacuae possessionis omissum est: nam secundum consensum auctoris <strong>in</strong> possessionem<strong>in</strong>gressus recte possidet.) zu f<strong>in</strong><strong>den</strong> und sche<strong>in</strong>t bereits <strong>in</strong> Urkun<strong>den</strong> des 2./3.Jahrhun<strong>der</strong>ts auf (vgl etwa FIRA III, 94). Vgl WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i,149 mit Fn.204 sowie TJÄDER, Die nichtliterarischen late<strong>in</strong>ischen Papyri II,13ff.55 Dieser lautet etwa <strong>in</strong> P. Tjä<strong>der</strong> 36, 29-31: „reservat sibi s(upra)s(crip)tus venditorusumfructum rei dierum trig<strong>in</strong>ta, quod s(upra)s(cript)o conp(aratori) pro sollemni etcorporale traditione constavit”. Dieser Umschwung von <strong>der</strong> corporalis traditio sei


ZUR VERTRAGSPRAXIS DER KAUFPREISZAHLUNG 2193) An die Übergabsklausel als Abschnitt 4 und 5 <strong>in</strong> <strong>der</strong> RavennaterKaufurkunde schließt nun <strong>in</strong> Abschnitt 6 das Zitat vom Beg<strong>in</strong>n an:„…ob quam distractionem iuristraditionisque causam accepit…“heißt es hier als Begründung für die <strong>Kaufpreiszahlung</strong>.Im Formular <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i f<strong>in</strong><strong>den</strong> wir diese – sche<strong>in</strong>barVerwirrung stiftende – Phrase nicht; <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i ist jaauch das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> traditio für <strong>den</strong> Eigentumsübergang wie <strong>in</strong> klassischerZeit für Weßel unbestritten.Trotzdem sollte diese Phrase <strong>in</strong> dem Zusammenhang, wie sie imFormular steht, gelesen wer<strong>den</strong> und dies bedeutet, geme<strong>in</strong>sam mitdem gesamten Abschnitt 6, <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong>: „… aufgrund diesesVerkaufs und dieser Rechtsübertragung hat <strong>der</strong> oben erwähnteVerkäufer, vir honestus Deusdedit, vom oben genannten Käufer, virclarissimus Hildigernus, <strong>den</strong> Kaufpreis (nämlich 14 solidi) für dasGrundstück angenommen 56 .“Entgegen Weßels Interpretation soll daher mE „ob quam distractionemiuristraditionisque causa“ nicht heißen, dass <strong>der</strong> Kaufpreis <strong>in</strong><strong>den</strong> Ravennater Papyri zum Zweck <strong>der</strong> Übertragung des Eigentumsrechtesam Kaufgegenstand gezahlt wurde; son<strong>der</strong>n dass die Übertragungdes Eigentums <strong>in</strong> <strong>der</strong> Urkunde wie <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>ieigens dokumentiert ist und mit <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> nur zeitlichzusammenfällt.5. Die Belege <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i und <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ravennater Papyrizeigen, dass die Vertragsparteien großen Wert auf die ausführlicheBeurkundung <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> legten. Dies erklärt sich mE daraus,dass sie Interesse daran haben mussten, sich die H<strong>in</strong>gabe und <strong>den</strong>Erhalt des Kaufpreises exakt dokumentieren zu lassen, um späterenBeweisschwierigkeiten E<strong>in</strong>halt zu gebieten.nach VOß aus <strong>der</strong> Gesetzgebung Just<strong>in</strong>ians direkt ablesbar, da die bereits <strong>in</strong>CTh.8.12.9 (417) für die Schenkung und die dos gestattete retentio usufructus erstdurch Interpolation <strong>in</strong> C.8.53.28 als Übergabesurrogat auch auf die Übereignung beiKaufgeschäften zugelassen wurde. So bei VOß, Recht und Rhetorik <strong>in</strong> <strong>den</strong> Kaisergesetzen<strong>der</strong> Spätantike, 134. Vgl dazu auch WEßEL, Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tablettes</strong> Albert<strong>in</strong>i,149 mit Fn.205f sowie TJÄDER, Die nichtliterarischen late<strong>in</strong>ischen Papyri II, 37f.56 P. Tjä<strong>der</strong> 36, 7-11: (6) ob quam distractionem iuris[tra]ditionisque causam accepitq(ui) s(upra) Deusdedit v(ir) h(onestus), venditor, a s(upra)s(cript)o Hildigernov(iro) c(larissimo) [co]nparatore (…) solidos (...) numero [quattuo]rdecim tantum …Revue Internationale des droits de l’Antiquité LII (2005)


220 ELISABETH KOSSARZDennoch kann daraus noch nicht geschlossen wer<strong>den</strong>, dass dieZahlung für <strong>den</strong> Eigentumserwerb konstitutiv gewesen wäre. Vielmehrbezeugen die Dokumente, dass erst mit Übergabe <strong>der</strong> Kaufsacheund unabhängig von <strong>der</strong> <strong>Kaufpreiszahlung</strong> das Eigentum übergehensollte und sich damit die Regeln des römischen Rechts <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtspraxiswi<strong>der</strong>spiegelten. Offen bleiben muss freilich die Frage, welchenStellenwert die von Just<strong>in</strong>ian erwähnten Formen <strong>der</strong> Sicherheitsleistung<strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtspraxis hatten. In <strong>den</strong> hier untersuchten Quellenwurde <strong>der</strong> Kaufpreis je<strong>den</strong>falls stets bar gezahlt, so dass für die Dokumentationvon Sicherungsformen offenbar ke<strong>in</strong> Bedarf mehr bestand.

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