Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik ... - Bildung & ICT
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BEITRÄGE ZUR LEHRERBILDUNG, 31 (2), 20134.3 Potenzial des kriteriengeleiteten PerspektivenabgleichsDie Konstellation einer kriteriengeleiteten, beobachtungsbasierten wechselseitigenUnterrichtsbeobachtung in Verbindung mit darauf beruhen<strong>der</strong> gemeinsamer Reflexionbietet ein grosses kognitives Lernpotenzial. Sie stellt zum einen eine Gelegenheit dafürdar, auf eigene Routinen, Gewohnheiten und Marotten aufmerksam zu werden,vor allem aber auch dafür, eigener handlungsleiten<strong>der</strong> subjektiver Theorien gewahr zuwerden. Ziel dabei ist nicht die Zerschlagung dieser subjektiven Theorien (weitgehendsynonym mit Alltagstheorien, naiven Theorien, impliziten Theorien), son<strong>der</strong>n vielmehrihre «Öffnung» (Fauser, Rissmann & Weyrauch, 2009). Zum an<strong>der</strong>en sind kognitiveKonflikte, Dissonanzen und Irritationen Katalysatoren für Lernprozesse, wie man seitPiaget weiss: Die Erfahrung solcher Wi<strong>der</strong>sprüche kann günstigenfalls dazu führen,bisherige Konzepte zu überdenken, d.h. zu schärfen o<strong>der</strong> zu kalibrieren, und den damitverbundenen Kurs zu än<strong>der</strong>n.Auch <strong>der</strong> Forschungsansatz des Conceptual Change (Schnotz, 2006) ist in diesem Zusammenhangvon Bedeutung: Letztendlich geht es ja um die Verän<strong>der</strong>ung von Wissen,insbeson<strong>der</strong>e darum, subjektiv vorhandene, aber dysfunktionale Vorstellungen zu korrigieren,sowie darum, «vorhandene Fehlkonzepte durch wissenschaftliche Konzeptezu ersetzen. ... Dementsprechend soll <strong>der</strong> Lernende mit neuen Erfahrungen konfrontiertwerden, die bei ihm kognitive Konflikte auslösen und die bisherigen Konzepte in Fragestellen» (Schnotz, 2006, S. 78). Solche Prozesse <strong>der</strong> Wissensverän<strong>der</strong>ung werden – sodie Forschung zum Conceptual Change – vor allem dann geför<strong>der</strong>t, wenn es sich umauthentische und persönliche Kontexte handelt und «wenn <strong>der</strong> Wissenserwerb in einerermutigenden Lernkultur stattfindet, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> kooperative Erwerb von Kompetenzenim Vor<strong>der</strong>grund steht» (Schnotz, 2006, S. 81). Genau dies ist die Essenz von EMU:Die Hospitationssituation ist situiertes Lernen in Reinform. Es handelt sich um Lernen«vor Ort», um ein persönlich hoch bedeutsames Thema, und <strong>der</strong> kollegiale Austauschim Anschluss an die Unterrichtsstunde findet auf Augenhöhe und im bewertungsfreienRaum statt.4.4 Handlungsorientierung und ZielbezugDiagnostik ist kein Selbstzweck, son<strong>der</strong>n hat ebenso wie eine aufwendige externe Evaluationnur eine dienende Funktion, nämlich die Qualität von Schule und Unterricht zusichern und – falls nötig – zu verbessern. Konstitutiver Bestandteil des EMU-Szenariosnach einer gemeinsamen Besprechung einer Unterrichtsstunde anhand <strong>der</strong> dazu erhobenenDaten sind (a) die stichwortartige Zusammenfassung <strong>der</strong> Essentials des Gesprächs,(b) die Planung konkreter Massnahmen <strong>der</strong> Unterrichtsentwicklung, verbundenmit einer Schätzung des Unterstützungsbedarfs, und – bei mehreren Sitzungen imgleichen Schuljahr – (c) eine rückblickende Reflexion darüber, ob die Massnahmenüberhaupt realisiert wurden und, wenn ja, wie effektiv (Hat es etwas gebracht? Wer hatdavon profitiert? Wie habe ich das festgestellt?) und wie effizient (Stand <strong>der</strong> Aufwandin einem gesunden Verhältnis zum Ertrag? Wenn nein, was könnte man künftig optimieren?)diese Massnahmen waren.224