13.07.2015 Aufrufe

finden Sie die ausführliche Geschichte des Georgenhofs als PDF ...

finden Sie die ausführliche Geschichte des Georgenhofs als PDF ...

finden Sie die ausführliche Geschichte des Georgenhofs als PDF ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der St. Georgenhof <strong>als</strong> ExilFamilie Robert von MendelssohnMit dem Berliner Bankier Robert von Mendelssohnübernahm ein Mann den St. Georgenhof, der wieder Vorbesitzer kein Landwirt war. Er kaufte ihnauch nicht vordergründig, um es <strong>als</strong>landwirtschaftlichen Betrieb zu nutzen. Der ausBerlin kommenden Familie Mendelssohn ging esvielmehr darum, „weit vom Schuss zu sein, denn<strong>die</strong> Familie hatte jüdische Vorfahren und in Berlinbegann es mulmig zu werden“.Der Stammvater der Mendelssohns war der am 6.September 1729 in Dessau geborene Philosoph derAufklärung, Moses von Mendelssohn. Er starb am4. Januar 1786. An Bekanntheit überragte Ihn nochsein Enkel, Felix Mendelssohn Bartholdy, der <strong>als</strong>Komponist Weltberühmtheit erlangte.Die Nachkommen Moses Mendelssohns hatten sichim Laufe <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts der Finanzweltzugewandt und in Berlin ein Bankhaus gegründet,das zu Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts eines dergrößten privaten Geldinstitute in Europa gewordenwar. Zu den Empfängen der Familie in ihrer Villaim Berliner Grunewald erschienen selbst der Kaiser<strong>des</strong> Deutschen Reiches sowie der Hoch- undGeldadel der Hauptstadt und <strong>des</strong> ganzen Lan<strong>des</strong>.Mit Fug und Recht kann behauptet werden, dassRobert von Mendelssohn aus einer der reichstenFamilien <strong>des</strong> Königreiches entstammte.Als Mendelssohn 1931/32 den St. Georgenhoferwarb, war <strong>die</strong> Familie sehr wohlhabend.Neben den geschäftlichen Aktivitäten wurde imHause Mendelssohn auch stets <strong>die</strong> Kunst gepflegt,von der Malerei bis zur Musik. Die Leidenschaft für<strong>die</strong>se schönen Künste blieb den Nachgeborenenerhalten; und so gab es auch auf dem Georgenhofregelmäßig Hauskonzerte und Lesungen.Mit der Machtübernahme der Nation<strong>als</strong>ozialisten imJahre 1933 wurden <strong>die</strong> Zeiten für <strong>die</strong> Familie unddas Bankhaus Mendelssohn schwerer. Alsweitblickender Mann jedoch hatte HerrMendelssohn schon frühzeitig vorausgesehen, was<strong>die</strong> Politik der Nation<strong>als</strong>ozialisten für Menschen mitjüdischen Vorfahren bedeuten würde. Als Halbjude,wie es im dam<strong>als</strong> offiziellen Sprachgebrauch hieß,d.h. mit einer jüdischen Großmutter, war Robertvon Mendelssohn zwar bis zu einem gewissenGrade vor Verfolgung sicher, gleichwohl aberrechnete er damit, in Berlin, dem Zentrum derMacht, Schwierigkeiten mit den Machthaben zubekommen. Weitsichtig schaute er sich nach einemWohnsitz um, der möglichst weit von derMachtzentrale in Berlin abgelegen war. In denJahren 1930/31 waren verschiedene Makler damitbeauftrag, ein solches Anwesen in Süddeutschlandoder Österreich zu <strong>finden</strong>. Jeder von den Maklernvorgeschlagene Ort hatte aber <strong>die</strong>sen oder jenenNachteil. Entmutigt hatte Robert von Mendelssohn<strong>die</strong> Suche schon fast aufgegeben, <strong>als</strong> ihm vom St.Georgenhof berichtet wurde. Zusammen mit seinemSchwager, Herrn Boedecker, fuhr er <strong>als</strong>o auf <strong>die</strong>Schwäbische Alb, um den Bauernhof zubesichtigen. Auf den ersten Blick war den Männernklar, dass sie genau das gefunden hatten, was sie solange gesucht hatten: Einsamkeit und ein großesWohnhaus für <strong>die</strong> Familie mit ihren 17Enkelkindern. Der St. Georgenhof wurde gekauft.Mendelssohn ließ das Grundstück und <strong>die</strong> Häusernicht auf seinen Namen, sondern zunächst auf seineSchwester Emma Witt und dann auf ihre dreiKinder eintragen. Nach dem NürnbergerRassengesetz galten <strong>die</strong> Kinder <strong>als</strong> „arisch“. Diedrohende Enteignung konnte so von vornehereinvermieden werden.Ganz anders sah es bei der Eigentumsfrage <strong>des</strong>Berliner Bankhauses aus, der Verlust warunumgänglich. Mendelssohn hatte schon bald keinMitspracherecht mehr, das Bankhaus wurdeaufgelöst.Mit dem Verlust <strong>des</strong> Geschäftes hatte <strong>die</strong> Familieden größten Teil ihres Vermögens eingebüßt. DerVerlust <strong>des</strong> Besitzes, erinnert sich Frau Boedecker,wurde dennoch <strong>als</strong> Befreiung empfunden. Wenigbraucht der Mensch zum Leben und das auch nurfür kurze Zeit. Mit <strong>die</strong>sem Ausspruch <strong>des</strong>Philosophen Sören Kirkegaard beschrieb FrauMendelssohn <strong>die</strong> damalige Einstellung der Familiezum unausweichlichen, zum Verlust der materiellenGüter.In den ersten Jahren nach dem Erwerb <strong>des</strong> St.Georgenhofes kamen <strong>die</strong> neuen Eigentümer nursporadisch auf <strong>die</strong> Schwäbische Alb. DieVerwaltung <strong>des</strong> gesamten landwirtschaftlichenBetriebes übernahm Landwirt Waurik, einVerwandter Mendelssohns. Der Besitzer wusste denHof in guten Händen.Im Jahre 1936 hatte Robert von Mendelssohngeheiratet. Seine Frau war jedoch schon wesentlichfrüher in <strong>die</strong> Familie gekommen und hatte denGeorgenhof bei einem der zahlreichen Besuchekennengelernt. Im ersten Kriegsjahr übersiedelteFrau Mendelssohn mit einigen Angestellten dannendgültig auf <strong>die</strong> Alb. Zuvor waren sie in Österreichgewesen wo dann aber <strong>die</strong> Ernährung knappgeworden war. Da der Georgenhof leer stand undreichlich landwirtschaftliche Nutzfläche bot, war<strong>die</strong> Entscheidung leicht gefallen. Kurz zuvor war


vorgesetzt, der den Mendelsohns das Lebenmöglichst schwer machen sollte. Dies wartatsächlich gelungen. Während FamilieMendelssohn von dem Vorgänger mitLebensmitteln reichlich versorgt wurde, verweigerteder neue Verwalter der Familie jeglicheUnterstützung.Mit etwas gutem Willen wäre es dem Verwalter <strong>des</strong>St. Georgenhofes möglich gewesen, FamilieMendelssohn ausreichend mit Nahrungsmitteln zuversorgen. Doch daran hatte der Verwalterüberhaupt kein Interesse. Er hielt sich genau an <strong>die</strong>Abgabepflicht und behielt den Rest für sich.Inzwischen war Familie Mendelssohn auf 25-30Personen angewachsen.Viele Verwandten hatten in den letztenKriegsjahren Berlin verlassen und auf der ruhigenAlb Zuflucht gesucht. In den zwei Bombennächtenwurde 1943 der gesamte Hausbesitz der Familie iBerlin dem Erdboden gleichgemacht. Ein zurückwar ausgeschlossen, der Georgenhof wurde fürviele <strong>die</strong> letzte Zuflucht. Tigerfelder erinnern sich:Die Mendelssohns lebten am Anfang sehrzurückgezogen. Erst <strong>als</strong> im Krieg <strong>die</strong> Lebensmittelknapp wurden, entstanden mehr und mehrpersönliche Kontakte. Der aus <strong>die</strong>sem Geschäftresultierende Kontakt war durchaus herzlich. FrauMendelssohn kam mit den Schwaben gut klar.Während <strong>des</strong> Krieges mussten einigeKriegsgefangene auf dem Georgenhof arbeiten. DerHof mit seinen 80 ha wurde <strong>als</strong> Grossbetriebeingestuft und hatte von daher eine relativ großeZahl von Fremdarbeitern zugeteilt bekommen.Während <strong>die</strong>ser Zeit dauerte <strong>die</strong> Feindseligkeitzwischen Verwalter und Mendelssohns <strong>als</strong> Besitzeran. Die ganzen Jahre ist man mehr schlecht <strong>als</strong> rechtmiteinander ausgekommen. Kurz vor Kriegsendekam es noch zu einer Hausdurchsuchung bei denMendelssohns, <strong>die</strong> auf eine Anzeige derVerwaltersfrau zurück zu führen war. Ich musstemit ins Gefängnis. Acht Tage verbrachte ich in<strong>die</strong>sem „Stall“ mit anderen politischen Häftlingen,ohne Hintergründe meiner Verhaftung zu kennen.Ich wurde dann beschuldigt, einen Juden geheiratetzu haben, worauf ich entgegnete, dass mein Mannim Jahre 1936 doch wohl nur eine Arierin heiratenkonnte. <strong>die</strong> SS wollte mit <strong>die</strong>sem Manöver denGeorgenhof enteignen. Dieser gehörte aber offiziellnicht mehr uns, sondern war auf <strong>die</strong> Schwestermeines Mannes umgeschrieben. Frau Mendelssohnwurde dann nach einigen Wochen auf Interventionvon freunden frei gelassen.Wenige Monate später war der Krieg zu Ende.Einrückende Franzosen beschlagnahmten zahlreicheWertgegenstände, <strong>die</strong> sie jedoch später teilweisewieder zurückgaben. Der Verwalter wurde verhaftetund tauchte nie wieder auf dem Georgenhof auf.Auch erinnerte sich niemand mehr an seinenNamen. Sein Nachfolger wurde der aus Riedlingenstammende Paul Neubrand. Er baute nach demkrieg <strong>die</strong> Landwirtschaft neu auf und beendete auchden biologisch-dynamischen Anbau. Inzwischenhatte auch Familie Mendelssohn eingesehen, dassauf der rauen Alb nicht genügend Erträgeerwirtschaftet werden können.An Pfingsten 1951 erlitt Neubrandt einenHerzinfarkt und verstarb wenig später. FürMendelssohns ein großer Verlust, denn es bestandein gutes Verhältnis zwischen Besitzer undVerwalter.Die <strong>Geschichte</strong> der Landwirtschaft soll an <strong>die</strong>serStelle gekürzt werden. Viele Ereignisse,Fehlinvestitionen, Seuchen, Erfolg und Misserfolggehörten zu dem auf und ab in der Landwirtschaft<strong>die</strong>ses Betriebes. Zu nennen ist noch, dass dasVerhältnis <strong>des</strong> neuen Verwalters Wilhelm Planerwieder sehr harmonisch mit den Mendelssohnsverlief. Im Wesentlichen überließen sie <strong>die</strong>landwirtschaftlichen Belange ihrem Verwalter.Planer, seine Frau und drei Kinder fühlten sich trotzder harten Arbeit auf dem Georgenhof wohl. Auch<strong>die</strong> Kinder störten sich nicht am langen Schulwegnach Tigerfeld. !959 erlitt Planer einen schwerenArbeitsunfall, nach dem er <strong>die</strong> schwere Arbeit nichtmehr bewältigen konnte. Schweren Herzens verließer mit seiner Familie den Georgenhof.Von 1959 an übernahm Herr Schrodi <strong>die</strong>landwirtschaftliche Verwaltung. Auch hier gab esFehlinvestitionen und Fehlplanungen. Durch <strong>die</strong>ständigen Defizite sah sich der Besitzer genötigt,zunächst einen Teil <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong>, später dengesamten Hof zu verkaufen. Ende der 60er Jahrewaren schon etliche Felder verpachtet, anderewurden nicht mehr bewirtschaftet. Der Verkaufallerdings gestaltete sich schwieriger <strong>als</strong> gedacht.Erst im Jahr 1972 fand sich ein Käufer. DieMendelssohns verließen den Georgenhof, auf demsie über 30 Jahre gelebt und zuflucht gefundenhatten. Zumin<strong>des</strong>t Frau Mendelssohn ist <strong>die</strong>serAbschied sehr schwer gefallen.Das Ende <strong>des</strong> St. Georgenhofes?Reutlinger Baufirma plant Retortenstadt für 2000Gäste.


Bereits seit Ende der 60er Jahre trug sich <strong>die</strong>Familie Mendelssohn mit dem Gedanken, denGeorgenhof zu verkaufen.Wesentlichen Einfluss auf den Entschluss zumVerkauf <strong>des</strong> St. Georgenhofes hatte sicher auch <strong>die</strong>Tatsache, dass sich das Ehepaar zur Scheidungentschlossen hatte. Herr von Mendelssohn gingwieder nach Berlin zurück, Frau Mendelssohnheiratete Herrn Boedecker und zog mit Ihm nachTübingen. Obwohl sich beide auf dem <strong>Georgenhofs</strong>ehr wohl gefühlt hatten, wollten sie den Hof sobaldein Käufer gefunden war, verlassen.Die <strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> Georgenhofes zeigt, dass seineAttraktivität und Anziehungskraft nur zum geringenteil aus der landwirtschaftlichen Nutzungresultierte. Interessant erschien das fast 70 ha großeAreal für touristische Überlegungen. Die ReutlingerBaugesellschaft Informbau trat 1972 mit derFamilien Mendelssohn in Verbindung und sichertesich das Vorkaufsrecht. Es sollte ein 30 MillionenMark Mammutprojekt zur Erschließung der Alb <strong>als</strong>Naherholungsgebiet entstehen. Die Informbauplante den Bau von 700 Wohneinheiten auf demAreal. Individuelle Ferien-Holzhäuser mit bis zusechs Betten, Küchenraum und Dusche. DasFeriendorf sollte 2000 Einwohner beherbergen. EinHallenbad, Restaurant, eine Reithalle, einSupermarkt, Clubhaus, überdachte Sportanlagen,ein Golfplatz und natürlich massenweise Parkplätzewaren geplant.Vielerlei Probleme von der Finanzierung(Informbau ging inzwischen Konkurs), ökologischeGesichtspunkte und Abwasserbeseitigung ließenerhebliche Bedenken laut werden, so dass <strong>die</strong>Informbau auf ihr Vorkaufsrecht verzichtete undder Hof wieder zum Verkauf stand.<strong>die</strong> landwirtschaftliche Nutzfläche vomLandheim Buttenhausen bewirtschaftet.- - Die vorhandenen landwirtschaftlichenGebäude werden für <strong>die</strong> Landwirtschaftgenutzt.- Die Häuser sollen für Mitarbeiterfreizeitenund ähnliche Veranstaltungen genutztwerde.- Die Strom und Wasserversorgung, sowie <strong>die</strong>Abwasserentsorgung und Heizung musstenneu eingebaut werden.Das Freizeitheim St. Georgenhof wurde sehrschnell zu einer Freizeit- und Begegnungsstättefür Menschen aus der Diakonie,Wohlfahrtsverbänden und Kirchengemeinden.Nachdem <strong>die</strong> umfangreichen Arbeiten im Jahr1981 abgeschlossen waren, lud <strong>die</strong> Haus amBerg GmbH zu einer Feier. DerLandtagsabgeordnete Theo Götzbeglückwünschte den Bauherren undArchitekten zu der geleisteten Arbeit. DieseAnlage werde wohl vielen Menschen zurBegegnung und Freizeit in der herrlichenLandschaft und Ruhe <strong>die</strong>nen. Architekt Brändleist glücklich, dass <strong>die</strong> wunderschöne Landschaftnicht durch eine Freizeitindustrie zerstörtwurde. Auch der Pfronstetter Bürgermeisterfand lobende Worte: Hier ist eineMeisterleistung vollbracht worden.Inzwischen stehen den Gästen 120 Betten invier Häusern zur Verfügung. Für Sport undSpiel ist ausreichend Platz, Scheunen undGelände vorhanden. Ein Allwetterplatz, einegroße Feuerstelle und <strong>die</strong> Nähe zum Wald,machen <strong>die</strong> Einrichtung für Familien- undJugendgruppen besonders attraktiv.Die Haus am berg GmbH aus Bad Urach kauft denGeorgenhof.Für Außenstehende kam der Kauf überraschend, <strong>als</strong><strong>die</strong> Haus am Berg GmbH 1972 das Anwesenerwarb. Einige Bilder zeigen den Georgenhof inseinem damaligen Zustand, der natürlich nicht mitdem heutigen zu vergleichen ist. Unmittelbar nachdem Erwerb, begann Haus am Berg das gesamteAnwesen zu sanieren. Die Häuser sollten zurUnterbringung von Behinderten- undFreizeitgruppen in größerer Zahl <strong>die</strong>nen. ArchitektRudolf Brändle aus Münsingen erarbeitete einendetaillierten Gesamtplan zur Sanierung <strong>des</strong> Hofes.Im Einzelnen sah der Plan vor- Der St. Georgenhof wird mit seinen fast 70Hektar arron<strong>die</strong>rter Besitzfläche renoviert,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!