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Die aktuelle Ausgabe als PDF - Pressident

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<strong>Pressident</strong>Bekannt durchSchülerzeitung der THS Pinneberg | 02/2013 | www.ths-pressident.deInklusionHirngespinst oder Jahrhundertidee?02/2013 <strong>Pressident</strong> | 1


2 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


InhaltLebenTitelthemaS. 8 AbgeordnetenwatchS. 22 InklusionPolitik auf MausklickWas ist Inklusion?S. 12S. 18Das schwere Los derindischen FrauenFrauen in Indien führenein von Ungerechtigkeitgeprägtes LebenLernen von der NaturWie ein Architekt von derNatur beeinflusst wirdS. 24S. 31VorreiterlandInterview mit Schleswig-Holsteins BildungsministerinWendeEntdecke "GOLD" in Dir<strong>Die</strong> Paralympics waren- paradoxerweise - einGroßereignis der InklusionF: Lukas Gruenke, jugendmedien.deWiederkehrendesS. 46 Schule im ÜberblickS. 36Hier sind alleWillkommenInklusion an einer Hamburger"Vorbildsschule"S. 74S. 76S. 78Dir ist langweilig?GewinnspielLehrersteckbriefS. 40BerufsporträtWie arbeitet ein Sonderpädagoge?Inklusives KlassenzimmerSo sieht heute einKlassenzimmer aus4 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


Schule<strong>Pressident</strong>chen (5.-7. Klasse)S. 48 Unbekannte RäumeS. 64 90 Minuten blind seinFotoreportageDialog im DunkelnS. 56S. 58S. 60Eine tolle Einrichtung,ganz ohne die InklusionErfahrungsbericht vomBetriebspraktikum der 9.KlassenNach PinnebergMusical-Aufführung desWahlpflichtkursesSchülerische LehrerWenn Lehrer bloggen,kann das mitunter sogarganz spannend seinS. 66S. 69S. 70S. 71<strong>Die</strong> digitale WendeHaben gedruckte Büchereine Zukunft?Basketball-AGDunkings bei der Basketball-AGder THSBoxen gegen GewaltDer Verein "Gewaltfrei"betreut verhaltensauffälligeJugendlichePolizei PinnebergZu Besuch bei der PinnebergerPolizeiS. 72Das Leben eines fastausgeschiedenen Menschender WeltTaubstumme könnenweder sehen noch hören02/2013 <strong>Pressident</strong> | 5


Wir studieren an einemexperimentellen OrtKunst und Design • ArchitekturMedien • BauingenieurwesenWer sich für einen unserer über 30 Studiengänge entscheidet, ist eingeladen, an der Konzeption,Konstruktion und Gestaltung gegenwärtiger und zukünftiger Lebensräume mitzuarbeiten –analytisch, kreativ und innovationsfreudig.Besuchen Sie uns in Weimar und erleben Sie mit unseren Bauhaus.Botschaftern vor Ort, wie essich hier lebt und studiert:www.uni-weimar.de/einblick.bauhaus6 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


LebenS. 8 AbgeordnetenwatchPolitik auf MausklickS. 12S. 18Das schwere Los derindischen FrauenFrauen in Indien führenein von Ungerechtigkeitgeprägtes LebenLernen von der NaturWie ein Architekt von derNatur beeinflusst wird02/2013 <strong>Pressident</strong> | 7


Gregor Hackmack, Gründer derWebseite Abgeordnetenwatch.dePolitik auf MausklickSeit 2004 kämpfen Gregor Hackmack und BorisHekele mit ihrem Portal Abgeordnetenwatchgegen Politikverdrossenheit, f<strong>als</strong>che Versprechenund Lobbyismus.Text S.H. und E.A.Seit 2004 kämpfen Gregor Hackmack undBoris Hekele mit ihrem Portal Abgeordnetenwatchgegen Politikverdrossenheit,f<strong>als</strong>che Versprechen und Lobbyismus.Ursprünglich nur für den HamburgerLandtag bestimmt, ist aus der ehrenamtlichenInitiative mittlerweile eine ständig8 | <strong>Pressident</strong> 02/2013wachsende Offensive auf nationaler undinternationaler Ebene geworden.Als Gregor Hackmack sich im Jahr 2004an der Hamburger Wahlrechtskampagnebeteiligte, erkannte er schnell, dassein personalisiertes Wahlrecht nur dannsinnvoll ist, wenn die Bürger ihre Abge-


ordneten auch kennen. Daher stellte erinnerhalb von zwei Monaten zusammenmit Boris Hekele ehrenamtlich die InternetplattformAbgeordnetenwatch auf dieBeine, auf der die Hamburger den für dasLandesparlament kandidierenden PolitikernFragen stellen konnten. Noch ahnteder dam<strong>als</strong> in der Marktforschung beschäftigteHackmack nicht, dass aus diesereinst spontanen Idee keine zehn Jahrespäter eine internationale Organisationwerden sollte.Mit der Absicht „ein Instrument zu schaffen,damit Bürger ihre Abgeordnetenbesser kennen lernen können“ stießendie beiden Initiatoren nicht nur in derpolitisch interessierten Bevölkerung aufbreite Zustimmung: „<strong>Die</strong> Abgeordnetenhaben auch gleich mitgemacht“, berichtetder Mitgründer der Organisation.Am 1.1.2007 trugen die beiden Begründervon Abgeordnetenwatch die Organisation<strong>als</strong> Verein ein. Seitdem arbeitenHackmack und Hekele in Vollzeit an dempolitischen Dialogportal und werden voneiner stetig wachsenden Zahl an Fördermitgliedernunterstützt. Außerdemmieteten die beiden Jungunternehmerdam<strong>als</strong> ein Büro an und stellten Personalein. Heute sind neben den beiden Gründernnoch vier weitere Angestellte in Vollzeitmit dem Projekt beschäftigt. Zudemgehört ein breiter Kreis von freien Mitarbeitern,ungefähr 15 Moderatoren sowieGrafiker und Techniker, zu dem Team.Ursprünglich beschränkte sich die Organisationauf das Hamburger Landesparlament.In den folgenden Jahren wurdesie jedoch ständig ausgeweitet, berichtetGregor Hackmack: „Mittlerweile gibt esAbgeordnetenwatch nicht nur auf Bundes-,Europa-, Landtags- und Kommunalebene,sondern auch in 4 Partnerländern.“<strong>Die</strong>se sind zur Zeit Tunesien,Irland, Luxemburg und Österreich. „Aktuellbereiten wir den Start in Frankreichvor“, so Hackmack. Des Weiteren wirdeventuell noch in diesem Jahr ein vergleichbaresProjekt in Afghanistan umgesetzt.In Deutschland ist die WebseiteAbgeordnetenwatch mit monatlich fast400.000 Besuchern und rund 4 MillionenSeitenabrufen das bundesweit größte Online-Portaldieser Art.Auf die Frage nach den typischen Nutzerndes Dialogport<strong>als</strong> antwortet Hackmacklachend, dass dies eine „bunte Mischung“sei. Allerdings variiere die tatsächlichaktive Gruppe je nach <strong>aktuelle</strong>m Thema.Generell sei das Interesse der Bevölkerungvor Wahlen jedoch am größten.Auf der Internetseite der Organisationsind neben Ergebnissen von Abstimmungenauch alle Abgeordneten in denjeweiligen Parlamenten und Informationenüber die Aufgaben und Mitgliedervon Ausschüssen für jeden Besucher einsehbar.In Deutschland sind derzeit 10Bundesländer und 54 Kommunen online.<strong>Die</strong> Betreiber hoffen, dass irgendwannalle Landtage und Kommunen auf Abgeordnetenwatchvertreten sein werden.Hierfür sind jedoch noch viele weitereSpenden notwendig: Das Internetportalwird nämlich ausschließlich durch Förderkreise,Beiträge von Partnerprojektenaus dem Ausland und Spenden von Privatpersonen,welche über den seit 2007bestehenden Trägerverein eingehen, finanziert.Außerdem werden vor Wahlenalle kandidierenden Politiker um eineeinmalige Projektkostenbeteiligung inHöhe von 179€ auf Landesebene, bzw.200€ auf Bundesebene gebeten.Obwohl es natürlich vereinzelt auch kritischePolitiker gibt, beantworten lautAbgeordnetenwatch mehr <strong>als</strong> 90% derAbgeordneten ihre Fragen. Hackmackbestätigt: „<strong>Die</strong> Mehrzahl der Abgeordnetenist offen und positiv eingestimmt undmacht fleißig mit.“Im Hinblick auf die Antwortquote und dieAnzahl der gestellten Fragen nimmt aufBundesebene Gregor Gysi von den Linkenden Spitzenplatz ein: Er beantwortete 871von 912 Fragen. Abgeschlagen auf dem02/2013 <strong>Pressident</strong> | 9


10 | <strong>Pressident</strong> 02/2013letzten Platz liegt hier die BundeskanzlerinAngela Merkel, welche keine ihrer846 Fragen beantwortete. Generell sei dieAntwortquote unabhängig von Alter undPartei der Abgeordneten, so der Gründerder Initiative. <strong>Die</strong> Bereitschaft der Beteiligunghänge ausschließlich vom Politikstilder Abgeordneten ab, da die im Netz gestelltenFragen auf Wunsch des jeweiligenNutzers häufig öffentlich einsehbar sindund auch nicht gelöscht werden, erläutertHackmack. Aus diesem Grund bedeuteteine Antwort auf Abgeordnetenwatch dasFestlegen auf eine Position und die klareArgumentation für den jeweiligen Standpunkt,was nicht jedem Politiker zusagt.Ablehnend eingestellte Politiker wolltenhäufig keine verbindlichen Aussagenmachen und scheuten Versprechungen.„Meistens haben sie selber keine klare politischePosition“, so Hackmack.Ob das seit 2004 bestehende Dialogportaldie deutsche Politik verändert habe, weißGregor Hackmack nicht: „Wir sind nurein Faktor unter vielen.“ Allerdings istder Jungunternehmer der Meinung, dassdie von ihm mitgegründete Organisationden Abgeordneten verstärkt die Gewissheitgibt, von den Bürgern überwacht zuwerden. Zudem sei auch die Aufmerksamkeitfür die Arbeit der Politiker, insbesondereim Bundestag, gestiegen.Doch neben mehr Interesse für Politik inder Bevölkerung und persönlichen Kontaktzwischen Bürgern und ihren politischenVertretern, wollen die Betreibervon Abgeordnetenwatch eine vollkommentransparente Demokratie schaffen.Aber hat nicht jeder Abgeordneter dasRecht auf eine gewisse Verschwiegenheit,sozusagen auf Betriebsgeheimnisse? Undbehindert zu viel Transparenz nicht sogardie Arbeit der Politik? „Nein“, lautet hierdie klare Antwort von Gregor Hackmack,denn Demokratie sei, anders <strong>als</strong> ein wirtschaftlicherBetrieb, kein Privatgeschäftund stehe auch nicht in Konkurrenzzu anderen Unternehmen. Demokratiefunktioniere nur durch eine ständigeKontrolle durch die Öffentlichkeit unddie Abgeordneten sollten die Wählerschließlich repräsentieren, so Hackmack:„Wie soll ich darüber entscheiden, ob jemandgute Arbeit macht, wenn ich nichtweiß, was er oder sie tatsächlich macht?“Ein weiteres Problem der deutschen Demokratiestellt Lobbyismus dar: In Berlingibt es laut Hackmack 4000-5000 Lobbyisten.Das ergibt im Durchschnitt etwa8 pro Bundestagsabgeordneten. Zudemkritisiert er, dass Deutschland eines derwenigen Länder ist, in dem Bestechungvon Politikern in vielen Fällen, zum Beispielsofern die Übergabe der Vorteile(z.B. Geld) erst nach der betreffenden Abstimmungerfolgt, nicht strafbar ist. Vordiesen Hintergründen kämpft das Teamvon Abgeordnetenwatch aktiv gegen Lobbyismusin der deutschen Demokratie:„Unser Hauptmittel gegen Lobbyismusist es, völlige Transparenz zu schaffen“, soHackmack. Im Zuge dieser Transparenzfordern die politisch engagierten Jungunternehmerauch die Offenlegung allerNebeneinkünfte von Politikern. ■Wie stelle ich einem Abgeordnetenauf www.abgeordnetenwatch.de eineFrage?Grundsätzlich kann jeder Bürger unterAngabe von Vor- und Zuname denauf www.abgeordnetenwatch.de aufgeführtenAbgeordneten eine Fragestellen. Hierzu sucht man sich lediglichden gewünschten Abgeordneten(durch Eingabe der Postleitzahlen aufder Startseite kommt man z.B. zu allenMitgliedern des Bundestages aus demeigenen Wahlkreis) heraus und kanndiesen schließlich zu jedem Thema inder Politik befragen. <strong>Die</strong> beantwortetenFragen erscheinen dann in demProfil des befragten Politikers.


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12 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Ein indisches Mädchen auf demArm ihrer Mutter. Sie hatte Glück,viele indische Mädchen werden sofortnach ihrer Geburt ausgesetztoder getötet.


Das schwere Los derindischen FrauenFrauen in Indien führen ein Leben, das nirgendwoanders auf der Welt so von Ungerechtigkeitund Gewalt geprägt ist wie in ihrem Land. DaranSchuld ist das Gesetz – und die veraltetenAnsichten der indischen Bevölkerung.Bunte Saris, scharfes Essen, Bollywood –das ist Indien. Jedenfalls war es das, bevores durch Vergewaltigungen und Protestedas Interesse weltweiter Medien auf sichzog. „Indien, dieses Land ist eine Höllefür Frauen", „Heile Welt gibt es nur inBollywood“ titeln die Zeitungen und werfeneinen dunklen Schatten auf das zweitbevölkerungsreichsteLand der Welt. Niewar die Wertlosigkeit der Frau in Indienso offensichtlich und publik wie jetzt.Dass diese Problematik jedoch schon jahrelangexistiert, ist vielen überhaupt nichtbewusst.Text M.S.Wie alles begann16. Dezember 2012: <strong>Die</strong> 23-jährige InderinJyoti Singh Pandey steigt mit einemFreund in einen privaten Schulbus ein, indem sich bereits sechs Männer befinden.Einer von ihnen ist <strong>als</strong> Busfahrer einerPrivatschule tätig und hat daher Zugriffauf den Bus. Was die junge Medizinstudentinund ihr Begleiter jedoch nichtwissen: <strong>Die</strong> sechs Männer haben Stundenvorher beim gemeinsamen Abendessenden Plan gefasst, eine Frau auszuerwählenund sich an dieser zu vergehen. Lautder Nachrichtenagentur Reuters stand zudiesem Zeitpunkt sogar bereits fest, dassdiese anschließend getötet werden soll.Für die Fahrt werden von beiden Fahrgästen10 Rupien, was ungefähr 14 Cent entspricht,verlangt. Daraufhin setzt sich derBus in Bewegung. Das Fahrzeug schlägtjedoch einen unerwarteten Weg ein, derBegleiter der Studentin wird misstrauisch.Als die Männer daraufhin die Türverriegeln, beginnt er zu protestieren. Derjüngste der Männer, ein gerade einmal17-Jähriger, reagiert lediglich mit einemlüsternen Kommentar. Es folgt eine Auseinandersetzung,die schnell ausartet: Eskommt zur Prügelei zwischen dem Begleiterund drei der Männer. Jyoti SinghPandey versucht mit ihrem Handy diePolizei zu alarmieren, doch die Männerkommen ihr zuvor, entreißen ihr dasHandy. Nachdem ihr Begleiter mit einerEisenstange niedergeschlagen worden ist,wird sie auf die Rücksitze des Busses gezerrtund von den Männern abwechselndvergewaltigt und mit der Eisenstangetraktiert. <strong>Die</strong> Tortur dauert fast eine Stunde,die Frau ist inzwischen bewusstlosund schwer verletzt. Nackt und blutendwerden sie und ihr Begleiter aus dem fahrendenBus geworfen. Doch Hilfe scheintnicht zu nahen: Vorbeifahrende RikschaundAutofahrer sehen sie schwer verletztauf der Straße liegen, fahren weiter. Nach20 Minuten treffen dann letztendlich Polizeiwagenein. Mit einer schweren Hirnverletzungund einer Infektion an der02/2013 <strong>Pressident</strong> | 13F:flickr.com/mckaysavage


Lunge und inneren Organen wird sie inein Krankenhaus in Neu-Delhi gebrachtund behandelt. Acht Tage später wird sienach Singapur, in eine Spezialklinik fürOrgantransplantationen geflogen, erleidettrotz den Bemühungen eines Speziallistenteamseinen Herzstillstand- und lösteine Protestwelle aus."Hängt die Vergewaltiger!"Jyoti Singh Pandey wurde zur Symbolfigurder Protestbewegung in Indien. Durchsie wurde die wachsende Gewalt gegenüberFrauen zum öffentlichen Thema,das Schweigen gebrochen. <strong>Die</strong> Menschengehen zu Tausenden auf die Straße, Frauenund Männer, fordern mehr Sicherheitund Gerechtigkeit. „Hängt die Vergewaltiger!“,„Kastration für Vergewaltiger!“oder „Keine Gewalt gegenüber Frauen“sind ihre Forderungen, die sie auf Plakatenzum Ausdruck bringen. „Der Fall inDelhi ist ein Symbol für das, was Frauenjeden Tag in diesem Land erleiden“, soeine Demonstrantin. Damit hat sie es aufden Punkt gebracht. Denn so schockierendder Fall der 23-jährigen Studentinauch sein mag, Vergewaltigungen stehenin Indien leider auf der Tagesordnung. Inkeinem Land der Welt ist ein Frauenlebenso wenig Wert wie in Indien. Weder inAfghanistan noch in Saudi-Arabien werdenso viele weibliche Föten abgetrieben,so viele Frauen aufgrund ihrer Mitgift ermordetoder brutal vergewaltigt. Das besagtzumindest eine Studie der ThomsonReuters Foundation aus dem Jahre 2012.Objekte der MännerDoch woran liegt das? Indiens Bevölkerunglebt größtenteils noch nach dem„Normenkontrollkatalog“ des alten Indiens,so Dagmar Hellmann-Rajanayagam,Professorin für Südostasienkunde an derUniversität Passau. Darin steht geschrieben,dass eine Frau nie unabhängig seindarf. Von Geburt an ist sie ihrem Vaterunterlegen, <strong>als</strong> Jugendliche passen ihre14 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Eine Frau ist in Indien oft nur dazuda, die Hausarbeit zu verrichtenund ihrem Ehemann zu gehorchen.Brüder auf sie auf, danach bestimmt ihrEhemann über sie und sobald sie verwitwet,hat ihr Sohn das Sagen. Nach diesenVorstellungen werden die meisten indischenMädchen auch heute noch erzogen.So leben 52 Prozent der heranwachsendenInderinnen in dem Glauben, es seigerechtfertigt, wenn der Ehemann seineFrau schlägt. Mit der weiteren Auffassung,erst dann etwas Wert zu sein, wennsie einen Jungen gebären, wachsen sie aufund arbeiten ihm familiären Haushalt.Bildung bleibt ihnen dabei oft vollständigverwehrt, 62 Prozent der indischen Mädchensind Analphabeten. <strong>Die</strong> Familiensehen oft einfach keinen Sinn, sie in dieSchule zu schicken, da sie nach ihrer Heirateh das Haus verlassen. So sorgen dieindischen Mädchen für den Haushalt, bisein Ehemann für sie gefunden ist.Laut der Patenschaft für Hungernde Kindere.V. werden 95 Prozent der Ehen inIndien von den Eltern arrangiert. <strong>Die</strong>serBrauch zieht sich durch sämtlicheBildungs- und Bevölkerungsschichten,selbst westlich orientierte Familien haltendaran fest. Nach Kastenzugehörigkeit undHoroskop werden Heiratsanwärter und-anwärterinnen ausgewählt, ob im eigenenBekanntenkreis oder per Zeitungs-F:flickr.com/ Bioversity International


02/2013 <strong>Pressident</strong> | 15


annonce. Vor der Hochzeit sieht sichdas Brautpaar im Normalfall nur wenigeMale. Eine Heirat aus Liebe? In Indienleider eine Seltenheit. Hochzeiten habenoft nur einen finanziellen Hintergrund:die Mitgift. Traditionell erhält das jungePaar nämlich von der Familie der Brauteine finanzielle Starthilfe. <strong>Die</strong>ser Brauchist zwar seit 1961 in Indien offiziell verboten,wird aber trotzdem häufig fortgeführt.Das führt dazu, dass die Familien ineiner Tochter oft lediglich eine finanzielleBelastung sehen. Dazu kommt, dass dieForderungen des Bräutigams teilweise sohoch sind, dass die Familien in den Ruingetrieben werden, oft werden sogar nochnach der Vermählung hohe Geldsummenverlangt. Werden diese Forderungennicht erfüllt, kommt es nicht selten zurErmordung der ungeliebten Ehefrau. Einbeliebter Weg, sich dieser zu entledigen,ist eine moderne Form der Sati (Witwenverbrennung).Vor der Kolonialisierungdurch England war es in Indien Brauch,dass eine Witwe ihrem Mann bis in denTod folgt- durch die Verbrennung beilebendigen Leib auf dem Scheiterhaufen.Zwar werden die Frauen heutzutagenicht mehr öffentlich auf dem Scheiterhaufenverbrannt, doch da die Saris derFrauen leicht Feuer fangen, kann maneinen derartigen Mord leicht nach einemHaushaltsunfall aussehen lassen. Dannheißt es, der Sari habe durch das offeneHerdfeuer Feuer gefangen- und im Hausist Platz für eine neue Ehefrau.Wo sind die Frauen?Doch es wird in Zukunft immer schwierigerwerden, eine Frau im heiratsfähigenAlter zu finden, immer größer wird derMännerüberschuss. Nach einer Schätzungaus dem Jahre 2012 gibt es bereitsjetzt 40 Millionen mehr männliche <strong>als</strong>weibliche Inder. “Einigen Studien zufolgewird es bis 2025 rund 20 MillionenMänner im heiratsfähigen Alter geben,die keine Partnerin finden”, warnt Harpal16 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Singh, Leiter einer Stiftung, die sich fürden Schutz von Mädchen einsetzt. Indienist sich <strong>als</strong>o dieser Schieflage bewusst.Dagegen angekämpft wird unter anderemmit einem Gesetz, das Ultraschalluntersuchungenzur Geschlechterbestimmungverbietet. <strong>Die</strong> Umsetzung dieses Gesetzesist wiederum ein anderes Thema. KorrupteArztpraxen gibt es in Indien quasian jeder Straßenecke. Für umgerechnet17 Euro wird das Geschlecht des ungeborenenKindes bestimmt, inklusive derillegalen Abtreibung im Falle eines weiblichenFötus. Nach Schätzungen werdenmonatlich rund 50.000 weibliche Fötenabgetrieben, hinzu kommen noch TausendeMädchen, die nach der Geburt ausgesetztoder ermordet werden. Ein werdenderVater erklärt: „Jeder weiß, dass esFrauen geben muss, doch niemand willsie in seinem Haus haben.“<strong>Die</strong>s sind alles Tatsachen, die die hoheZahl an Vergewaltigungen in Indien begründen.Problematisch ist dabei vor allemdie allgemein geltende Wertlosigkeitder Frauen: „Frauen sind nur wie ein PaarSchuhe“, so ein indischer Mann. Und werbehandelt ein Paar Schuhe schon mit Respektund Liebe? Hinzu kommt, dass esschon jetzt einen Überschuss an männlichenIndern gibt. Da es folglich auch zuwenig potentielle Ehefrauen gibt, kommtes bei vielen Männern zu Unzufriedenheitund Frust. Natürlich ist nicht jeder unverheirateteInder ein potentieller Vergewaltiger,aber eine Gefahr besteht.Sicherheit - Ein FremdwortDurch diese Gefahr verunsichert, trauensich viele indische Frauen nicht mehrauf die Straße. Öffentliche Verkehrsmittelgelten grundsätzlich <strong>als</strong> gefährlich, vieleFrauen wagen es nicht einmal mehr, alleinemit der Metro zu fahren, geschweigedenn alleine in ein Taxi oder eine Rikschazu steigen.Auch die indische Polizei sorgt nicht fürSicherheit, sondern eher für Verunsi-


Gedenken an Jyoti Singh Pandeycherung. <strong>Die</strong> Ordnungshüter kommenoft zu spät oder gar nicht an den Tatort,Anklagen auf Vergewaltigungen wurdenteilweise erst nachgegangen, wenn dasOpfer bereits tot war. Nicht selten ist esauch, dass sich Vergewaltigungsopfer aufdem Revier noch hämische Kommentareder Polizisten anhören müssen. Ein schockierendesBeispiel, das die Inkompetenzder Polizei unter Beweis stellt, ist der Falleines 17- jährigen Mädchens, die am 13.November 2012 von zwei Männern vergewaltigtwurde. Als sie nach der Tat zurPolizei ging, schlugen ihr die Beamtenvor, einen ihrer Peiniger zu heiraten oderüber eine finanzielle Wiedergutmachungzu verhandeln. Ermittlungen wurdennicht aufgenommen, das Mädchen begingkurz darauf Selbstmord. Solche Fälle sorgennicht nur bei Inderinnen für Unruhe.Auch Touristinnen meiden inzwischendas Land. Nach der Gruppenvergewaltigungeiner Schweizer Touristin, die genauwie der Fall aus Delhi das Interesse weltweiterMedien auf sich zog, gilt Indien fürviele Reisende <strong>als</strong> zu gefährlich. In denersten drei Monaten dieses Jahres seien35 Prozent weniger Frauen nach Indiengekommen, so die Vereinigten Kammernvon Handel und Industrie Indien. Insgesamtseien rund 25 Prozent weniger Touristengewesen, die im ersten Jahresquartaldas Land bereist haben. Zahlen, dieeine eindeutige Sprache sprechen: IndiensRuf ist zerstört.Das Hoffen auf VeränderungenDoch lassen die derzeitigen Proteste aufÄnderung hoffen? „Es ist einfach so, dassin Indien zurzeit ganz starke Veränderungenstattfinden, und es ist unglaublichtragisch, dass diese junge Frau gestorbenist. Es wird aber dazu führen, dass es Veränderungengeben wird in der indischenGesellschaft, und diese Veränderungenwerden stattfinden“, äußerte der leitendeRedakteur der Tageszeitung “IndianExpress”, Raj Kamal Jha, in einem Interviewmit dem Deutschlandradio Kultur.Immerhin wurde bisher schon ein neuesGesetz eingeführt, das besagt, dass Vergewaltigerlebenslange Haft bekommen,Wiederholungstäter und solche, bei denendas Opfer stirbt, sollen mit dem Todbestraft werden. Außerdem bekommenPolizisten und Krankenschwestern imFalle von verweigerter Hilfe zwei JahreHaft. Ob Änderungen dieser Art dengewünschten Effekt bringen? Das Landsicherer für Frauen wird? Neue Gesetzesollen für Sicherheit sorgen und in vielerleiHinsicht tun sie das bestimmt auch.Doch die eigentliche Problematik liegtauch in den veralteten Ansichten undTraditionen der indischen Bevölkerung.Denn die Gleichberechtigung von Frauenund Männern ist in der indischen Verfassungschon seit langem vorgegeben. Umsetzung?Mangelhaft. <strong>Die</strong> Rolle der Frausollte von einem Großteil der indischenBevölkerung noch einmal überdacht werden.Sonst wird sich an der Gewalt, denVergewaltigungen und der Ungerechtigkeitin Indien gegenüber Frauen undMädchen auch in Zukunft wenig ändern.■02/2013 <strong>Pressident</strong> | 17F:flickr.com/mckaysavage(2)


Lernen von der NaturAlle Gebäude werden einzig und allein vonMenschen entworfen – denkt man! In Wirklichkeitgucken sich die Architekten viel von derNatur und den Tieren ab.Text L.M.Architektur verändert unser Leben undkann unser Wohlbefinden beeinflussen.<strong>Die</strong> Häuser und Gebäude werden weltweitimmer größer, schöner, atemberaubenderund vor allem umweltfreundlicherund praktischer, denn die Architektenlernen von der Natur – den Tieren undden Pflanzen, weil diese mehrere MillionenJahren Zeit hatten, um sich ihrenindividuellen Lebensräumen mit wenigAufwand und Material anzupassen. Einesolch lange Zeit haben die Architektenbeim Planen und Gestalten neuer Gebäudenicht. Deshalb beobachten sie dieLebensweisen und den Aufbau von Pflanzenund Tieren, um von ihnen zu lernen.Das Beobachten der Natur gehört zu demBereich der Bio-Architektur, in diesemZweig der Architektur wird sehr daraufgeachtet, dass alles Leben positiv auf dasDesign der Räume reagiert und im Einklangmit den geometrischen Strukturendes Lebens stehen. Mit Hilfe ihrer Beobachtungenkonnten die Architekten auchbeispielsweise das "Clyde Auditorium",welches ein Konzertsaal ist, der in derStadt Glasgow steht, errichten. Es gleichtdem Körperbau eines Gürteltieres. Innerhalbdieses Gebäudes sind keine nervendenStützen in den Innenräumen zu finden,da die Gürtelkonstruktion die Kraftin den Boden umleitet. Ein ähnlichesBeispiel, was bei vielen Fußballfans sicherlichbekannt ist, ist die Allianz-Arenain München. Deren Außenwände werdennämlich ständig mit neuer Luft gefüllt.Der Vorteil ist, dass sich bei Schneefall die2760 Kissen der Außenwände stärker mitLuft auffüllen, um die Schneelasten bessertragen zu können. <strong>Die</strong>se geniale Idee18 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Clyde Auditorium in Glasgowflickr, wojtekgurak


hat sich kein Architekt selber ausgedacht,sondern es wurde wieder einmal von einemTier gespickt – dem Regenwurm.Dessen Außenhülle ist mit Flüssigkeitgefüllt. <strong>Die</strong>se verhilft dem Regenwurmzu seiner extremen Gelenkigkeit, denner kann diese Flüssigkeit so verschieben,dass er auch durch die schm<strong>als</strong>ten Ritzenhindurch passt. Ein weiteres Beispiel derBio-Architektur bilden die Bodenplatteneines Flugzeuges, die die Struktur vonBienenwaben haben. Auf diese Idee kamendie Architekten, da die Wabenkonstruktionwenig Material benötigt, sehrviel Platz bietet und diese Platten extremleicht sind, was für Flugzeuge von Vorteilist.Alles konnten die Architekten allerdingsbislang noch nicht aus der Natur auf denBau übertragen. Gerne hätte man zumBeispiel ein Seil, das so reißfest wie dieFäden eines Spinnennetzes ist. Mit diesemkönnten die Architekten extremstabile Hängebrücken errichten. Zum Erbauenvon Häusern bedarf es allerdingsnicht nur der Beobachtung der Natur,419 EBC HH_halbe S_210x149_4c:1 30.04.2013 10:55 Uhr Seite 1sondern auch die planmäßige Stabilitätvon Häusern. <strong>Die</strong>se gehört zwar schonin den Bereich der Ingenieure, allerdingshaben viele Architekten während ihresmindestens vierjährigen Studiums auchErfahrungen mit dem Ingenieurfachesgemacht, so dass viele zusätzlich den Berufeines Ingenieurs erlernt haben. In ihremStudium erlernen die Architekten dasVerständnis dafür, in welcher AnordnungKrankheiten oder Gesundheit entstehenkönnen, so dass „lebendige“ Räume fürein gutes Bewusstsein entstehen, da nurvollausgeschöpfte Harmonie in der technischenZweck-Funktion und in den Proportionender Formen die Schönheit derRäume hervorrufen kann. <strong>Die</strong>ses machtden Beruf der Architektur so kompliziert,aber auch vielseitig (Walter Gropius).Folgendes Zitat von Louis Hellman gibtziemlich gut wieder, was unter dem Begriffder Architektur zu verstehen ist: „Architekturkombiniert Kunst und Wissenschaftoder Technologie, um die Umweltnach den Bedürfnissen des Menschen zuordnen.“ ■Internationales ManagementstudiumEin internationales und praxisorientiertes Studium inkl. Auslands -semester und zwei Praktika. Das bietet die staatlich anerkannte,private Fachhochschule mit ihren dreijährigen, kompaktenBachelor-Studiengängen:International Business ManagementTourism & Event ManagementBusiness PsychologyFashion, Luxury & Retail ManagementInternational Business Economics & PoliticsInternational Business CommunicationInformieren Sie sich jetzt!www.ebc-hochschule.de · info@ebc-hochschule.deHAMBURG · BERLIN · DÜSSELDORF · STUTTGART02/2013 <strong>Pressident</strong> | 19


TitelthemaS. 22S. 24S. 31S. 36S. 40InklusionWas ist Inklusion?VorreiterlandInterview mit Schleswig-Holsteins BildungsministerinWendeEntdecke "GOLD" in Dir<strong>Die</strong> Paralympics waren- paradoxerweise - einGroßereignis der InklusionHier sind alleWillkommenInklusion an einer Hamburger"Vorbildsschule"BerufsporträtWie arbeitet ein Sonderpädagoge?Inklusives KlassenzimmerSo sieht heute einKlassenzimmer ausF: Lukas Gruenke, jugendmedien.de02/2013 <strong>Pressident</strong> | 21


Was ist eigentlichInklusion?In dieser <strong>Ausgabe</strong> behandeln wir vielseitig dasThema „Inklusion“. Doch was bedeutet dasüberhaupt?Inklusion ist der Begriff dafür, dass behinderteMenschen genauso behandeltwerden wie gesunde. Das heißt zum Beispiel,dass behinderte Schüler nicht inSonderschulen gesteckt werden, sondernauf die gleichen Schulen gehen wie alleanderen auch. Hierbei geht es vor allemdarum, dass die Gehandicapten nichtausgeschlossen werden. Jeder sollte sie soakzeptieren, wie sie sind.Um die Inklusion durchzuführen, müssenallerdings alle mithelfen - ohne Ausnahme.Ob und wie das funktioniert und wodie Vor- und Nachteile liegen, erfährst duauf den folgenden Seiten.Zu beachten ist die Abgrenzung des Wortes"Inklusion" von "Integration". Währenddie Integration die Eingliederung inein bestehendes System bezeichnet, ist esZiel der Inklusion, dass ein neues Systemder Gemeinschaft entsteht, in der die Unterschiededer Menschen untereinanderunbedeutend sind.Text S.W.Online+Videoumfrage "Was istInklusion?"www.ths-pressident.de/umfrage-inklusion/Online+Quiz Teste dein Wissenzur Inklusion:www.ths-pressident.de/inklusion-quiz22 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


Inklusion in SchulenAlle Bundesländer sind verpflichtet, dass sie behinderten Schülern die Möglichkeitgeben, in Regelschulen eingeschult zu werden. Während Länder wie Bremen undSchleswig-Holstein das fast 60% der betroffenen Schüler ermöglichen, wird in denSchulen anderer Länder nur wenig inkludiert.Anteil der Schüler mit Förderbedarfin Regelschulen in ProzentQuelle: Aktion Mensch55,554,136,330,411,147,319,220,5 4017,327,123,72339,127,722,402/2013 <strong>Pressident</strong> | 23


Waltraud 'Wara' Wende, Bildungsministerinvon Schleswig-HolsteinVorreiterland?Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Waltraud‘Wara’ Wende erzählt im Interview, dass die Inklusionsquotein Schulen nur die eine Seite derMedaille ist und es vor allem auf die Qualitätdes Unterrichts ankommt.Interview V.K., D.H., T.H.<strong>Pressident</strong>: Wir möchten über Inklusionreden. Inklusion, das hört sich fastso an wie Illusion.Waltraud ‘Wara’ Wende: Ist aber keine.Zunächst kann Schleswig-Holstein stolzdarauf sein, dass wir eine hohe Inklusionsrateim Vergleich zu den anderen Bundesländernhaben.<strong>Pressident</strong>: Schleswig-Holstein hat eineInklusionsquote von knapp 60% undbelegt damit einen Spitzenplatz im bundesweitenVergleich. Möchten Sie dieseZahl weiter erhöhen?Wende: Erst einmal nicht. Meine Auffassungist, dass wir quantitativ gut da stehen,aber qualitativ noch einiges geschehenmuss. Andererseits gilt: Wenn wirdie Situation in Schleswig-Holstein mitder Situation in anderen Bundesländernvergleichen, dann brauchen wir uns auchauf der qualitativen Ebene mit unserenLeistungen nicht verstecken, wir sind aufeinem guten Weg.<strong>Pressident</strong>: Andere Bundesländer gehenden Weg, dass sie diese Quote nicht exorbitantsteigern, sondern versuchen,für weniger Inklusionsschüler einen24 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


qualitativeren Unterricht anbieten.Wende: Dass wir Inklusion umsetzenwollen, war immer klar. Hätte man michaber zu Beginn der Entwicklung gefragt,dann wäre ich die Situation intelligenterangegangen (Anm. der Red.: Wende istseit 12. Juni 2012 im Amt). Das bedeutet,dass ich erst einmal die Rahmenbedingungengeschaffen hätte – zum Beispieldurch die entsprechende Qualifizierungder Lehramtsstudenten – um dann nachund nach in den Schulen mit der Inklusionzu beginnen. Ein Problem, das wiraktuell haben, ist nämlich, dass sich vieleLehrer und Lehrerinnen mit der Thematikalleingelassen und überfordert fühlen.<strong>Pressident</strong>: <strong>Die</strong> jetzigen Lehrkräfte hörtman darüber klagen, dass sie überfordertseien.Wende: Ja, und weil dem so ist, benötigenwir nicht nur eine Reform des Lehramtsstudiums,sondern auch gute Weiterbildungsangebotefür die Lehrerinnen undLehrer, die bereits an unseren Schulen arbeiten.Wir können, weil die Situation soist wie sie ist, nicht mehr darauf warten,bis die zukünftig anders ausgebildetenLehrkräfte an unseren Schulen ankommen.Es muss schnell etwas geschehen.Das sind wir nicht nur unseren Lehrkräften,sondern auch und vor allem unserenSchülern und Schülerinnen mit und ohneBehinderung schuldig.<strong>Pressident</strong>: Also ist die Inklusionsquoteeher der f<strong>als</strong>che Messwert, um erfolgreicheInklusion zu messen.Wende: Es ist ein Balanceakt. Ich treffemich regelmäßig mit "Praktikern", Schulleiternund Schulleiterinnen, Lehrkräftenund Schülerinnen und Schülern, um dieStimmung vor Ort aufzunehmen. Generellfinde ich jedoch, dass die Qualität derInklusion wichtiger ist <strong>als</strong> die Quantität.<strong>Pressident</strong>: Um die Qualität zu verbessern,bedarf es eine bessere Ausstattungder Schulen, zusätzliche Sozialpädagogen,mehr Lehrpersonal und kleinereKlassen. Das ist mit Geld verbunden,welches bekanntlich nicht gerne für Bildungausgegeben wird.Wende: Wir würden es sehr gerne ausgeben,aber wir haben es nicht. Einerseitsstimme ich der Aussage zu, dass es finanzielleMittel braucht, um die Situation anunseren Schulen zu verbessern, andererseitsfehlt aber auch schlicht das Know-How. Ein Beispiel: Wir wollen zukünftigdie Sonderpädagogen so ausbilden, dasssie nicht nur über sonderpädagogischesFachwissen verfügen, sondern auch ineinem Schulfach – beispielsweise inDeutsch, Englisch oder Mathe – Expertiseerhalten. Dann hätten wir die Möglichkeit,so ausgebildete junge Menschensowohl <strong>als</strong> Sonderpädagogen und Sonderpädagoginnenan den Förderzentrenwie auch <strong>als</strong> Fachlehrer und Fachlehrerinnenan den Regelschulen einzusetzen.Damit wäre viel gewonnen.<strong>Pressident</strong>: Sie behaupten aber imGegensatz zu anderen Befürworternschon, dass Inklusion auch sehr vielGeld kostet?Wende: Inklusion kostet Geld, benötigtgute Rahmenbedingungen, und dazu gehörtselbstredend mehr <strong>als</strong> lediglich diezuvor angesprochene Inklusionskompetenzauf Seiten der Lehrkräfte. Insbesonderedort, wo Inklusion gut läuft, sehenwir, dass durch die Schaffung von Barrierefreiheitund die Einstellung von Assistenzkräftenzusätzliches Geld in die Handgenommen wurde.<strong>Pressident</strong>: Kennen Sie überhaupt dieProbleme der Schulen vor Ort?Wende: Ich denke schon! Ich rede mit02/2013 <strong>Pressident</strong> | 25


ganz vielen Betroffenen, mit Lehrkräften,Schülern und Schülerinnen und natürlichauch mit Eltern. Das beginnt bei der Barrierefreiheitder Schulgebäude, aber dasbeinhaltet natürlich auch die Rahmenbedingungenvon Unterricht, der natürlichviel anstrengender ist, wenn man z.B. einengeistig behinderten Schüler in einerKlasse hat.<strong>Pressident</strong>: Inklusion ist ein gesellschaftlichesThema. Es braucht eineallgemeine Akzeptanz und ein Bewusstseinder Mehrheit der Bürger, die einsolches Zusammenleben befürwortenund anstreben. Inwieweit herrscht hiernoch Nachholbedarf?Wende: Zum Teil ja, zum Teil müssen wiraber den Menschen auch die Ängste vorder Inklusion nehmen. Ich war zehn Jahrein den Niederlanden und dort geht mananders mit der gleichen Thematik um.In Deutschland hat man jahrelang separiertund deshalb ist es für viele Deutscheschlichtweg ungewohnt, dass man es auchanders machen kann.<strong>Pressident</strong>: Müssen den Menschen Berührungsängstegenommen werden?Wende: Ganz genau! Es gab vor vielenJahren in meinem Leben eine Situation,wo ich meine eigenen Defizite in Bezugauf den Umgang mit Menschen mit Behinderunghautnah erlebt habe. Als ichzu Besuch in einem Krankenhaus warund dieses wieder verließ, kam mir einRollstuhlfahrer entgegen. Und ich wusstenicht, ob ich ihm jetzt helfen soll. Totalunter Stress wollte ich freundlich sein, ihnaber auch nicht bevormunden – ich bindam<strong>als</strong> nicht auf die simple Idee gekommen,ihn einfach zu fragen, ob er meineHilfe wünsche. Dafür habe ich mich anschließendziemlich geschämt.<strong>Pressident</strong>: Es gibt Menschen, die das26 | <strong>Pressident</strong> 02/2013ganze System in Frage stellen. Auch derARD-Film “Inklusion: Gemeinsam anders”kommt zu dem Schluss, dass Inklusionnicht immer praktizierbar ist.Wende: Ich bin der Meinung, dass in einigen,sehr schweren Fällen, Inklusionnicht möglich ist. Wenn ich in Förderzentrenunterwegs bin und auf Schüler miterheblichen Behinderungen treffe, kannich mir nur schwer vorstellen, dass wir irgendwanneinmal eine Inklusionsrate von100% haben – zumindest nicht unter denjetzigen finanziellen Rahmenbedingungen.<strong>Pressident</strong>: Zumal die meisten Lehrkräftebereits jetzt überfordert sind.Wende: Ich höre viel von Lehrkräften, diesich überfordert fühlen, und zwar unabhängigvom Thema Inklusion. Schulklassensind nicht homogen, jeder Schülerund jede Schülerin ist anders – und daraufmüssen sich die Lehrkräfte einstellen,sie müssen in der Lage sein, jede Schülerinund jeden Schüler individuell zu fördernund zu fordern, sie müssen in der Lagesein, eine Unterrichtsstunde binnendifferenziertanzulegen, nur dann ist Unterrichtwirklich gut.<strong>Pressident</strong>: Erzählen Sie das einem50-jährigen Lehrer, der seit 20 Jahrendenselben Unterricht macht.Wende: Es wird schwer. Deswegen ist Inklusionein Thema, dass sozusagen "anwächst"oder man könnte auch sagen, dasssich mit der Zeit "auswächst".<strong>Pressident</strong>: Wo liegen die Vorteile einerinklusiven Schule für die Schüler?Wende: Zum einen nehmen die Berührungsängsteab. Zum anderen glaube ich,dass der Toleranzgedanke größer wird.Damit wir in die Köpfe bekommen, dass


Ministerin Wende mit den <strong>Pressident</strong>-Redakteurenjeder Mensch anders ist und dass diesauch gut so ist. Aber auch die Hilfsbereitschaftist ein wichtiger Faktor. Denn Schuleist nicht nur ein Ort, an dem Schüler intellektuelllernen, sondern an dem sie sichauch sozial entwickeln. Es geht immer umden ganzen Menschen, um seine intellektuellengenauso wie um seine sozialen undauch seine kreativen Potenziale.<strong>Pressident</strong>: Ein Nachteil könnte sein,dass das Unterrichtsniveau sinkt.Wende: Nur, weil man inklusiv arbeitet,heißt es nicht, dass das Unterrichtsniveausinkt. <strong>Die</strong>ser Zusammenhang stimmtnicht.<strong>Pressident</strong>: Es geht Zeit verloren, wennAussagen für hörgeschädigte Schülerwiederholt werden müssen. Dinge könnennicht für die ganze Klasse erklärtwerden.Wende: <strong>Die</strong> Frage ist doch, ob Quantitätdas Wichtigste ist. In einer Lerngemeinschaftmit ganz unterschiedlichen Schülernprofitieren die Leistungsschwachenvon den Leistungsstarken, indem sieLernstoff von ihnen vermittelt bekommenund es profitieren die Leistungsstarkenvon den Leistungsschwachen, indem sielernen, Lernstoff zu vermitteln. Und nunkönnte man sagen, die Schlauen verlierendoch Zeit, wenn sie den weniger SchlauenDinge erklären, aber genau das ist zu kurzgedacht, denn auch die Schlauen profitierenvom Erklären: Man muss nämlichein Thema schon sehr gut verstanden unddurchdrungen haben, um es einem anderenSchüler näher zu bringen. Damit haben<strong>als</strong>o beide etwas davon, die, die erklärenund die, die etwas erklärt bekommen.<strong>Pressident</strong>: Den Forderungen, dass diefachlichen Anforderungen des Unterrichtssteigen sollten, damit Deutschlandz.B. die PISA-Defizite aufholt, würdensie <strong>als</strong>o nicht zustimmen?Wende: Dem würde ich nicht zustimmen.Schauen Sie sich die Selbstmordrate in Japanan! Wir brauchen in der Schullandschaftmehr Gelassenheit und wir solltenden Schülern und Schülerinnen mehr Zeitlassen. Kreativität, Einfühlungsvermögenund Sozialkompetenzen sind mindestensgenauso wichtig wie die Frage, ob jemandhöhere Mathematik beherrscht.<strong>Pressident</strong>: Würden Sie einem Lehrerjem<strong>als</strong> sagen: “Lassen Sie doch das letz-02/2013 <strong>Pressident</strong> | 27


te Thema, das im Lehrplan steht, weg.Wichtiger ist, dass die Schüler Sozialkompetenzlernen!”Wende: Als ich noch Professorin war,habe ich zu Beginn eines jeden Semesterseinen Seminarplan erstellt. Und ich binfast immer von diesem Plan abgewichen,wenn ich z.B. gemerkt habe, dass der Kurseine Thematik noch nicht richtig verstandenhatte. Gegenfalls bin ich dann mit denInhalten nicht durchgekommen, aber ichwusste: Das, was wir gemacht haben, habendie Studierenden tatsächlich verstanden!<strong>Pressident</strong>: Ist die Fortsetzung des Inklusionsgedankeneine Einheitsschule?Wende: Einheitsschule würde ich so nichtsagen wollen. Der Begriff unterstellt, dassSchüler und Schülerinnen <strong>als</strong> uniformund entindividualisiert gedacht werden.Genau das aber darf nicht unser Ziel sein:Schüler und Schüler sind individuell, jederist anders <strong>als</strong> der andere, und es istgleichwohl möglich, dass alle miteinanderlernen. Aus diesem Grund bin ich für denBegriff Gemeinschaftsschule, hier wirddas soziale Element, das Miteinander inder Schule betont.<strong>Pressident</strong>: Was ist mit der Abschaffungder Gymnasien?28 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Wende: Viele Schüler und Lehrer wünschensich die Gymnasien und schon deswegenmöchte ich sie nicht abschaffen.Aber ich möchte die zweite Schulform,die Gemeinschaftsschule, zu einer ebensoleistungsstarken Schule entwickeln. Auch<strong>als</strong> Schüler oder Schülerin einer Gemeinschaftsschulekann man Abitur machen,nur eben auf einem anderen Weg, der deswegenaber kein schlechterer Weg ist, erist nur eben anders. Beide Schulformen,Gymnasien und Gemeinschaftsschulen,sollen nebeneinander bestehen, pädagogischunterschiedlich arbeiten, abergleichwertig sein.<strong>Pressident</strong>: Auch wenn die finanziellenMittel nicht vorhanden sind, werden Sievermutlich nicht einfach herumsitzenund nichts tun. Was machen Sie <strong>als</strong> Bildungsministerin,um die inklusive Situationzu verbessern?Wende: Zum einen nehme ich – wie bereitserwähnt – großen Einfluss auf die Lehrerausbildung.Zum anderen werde ich michin Kürze mit der Sozialministerin (Anm.d. Red.: Kristin Alheit, ehemalige PinnebergerBürgermeisterin) zusammensetzen,um über Qualifizierungsmaßnahmenfür Inklusionshelfer zu sprechen. Bislangkann jeder Inklusionshelfer werden, ohnejedwede Vorabschulung. Das sollten wirändern. Gleichzeitig bemühe ich mich,gemeinsam mit den Schulministerinnenund Schulministerinnen der übrigen 15Bundesländer um finanzielle Mittel vomBund.<strong>Pressident</strong>: Würden Sie sich wünschen,wenn Inklusion bundesweit von allenLändern gemeinsam angegangen werdenwürde?Wende: Das hört sich für manche Ohrenmöglicherweise sinnvoll an, alle Ländermachen es so, wie Berlin es vorgibt, dochwer sagt uns, dass über zentrale Steuerungdie besseren Lösungen gefunden werden?Jedes Land muss seinen Weg gehen undwir in Schleswig-Holstein müssen uns beidieser Thematik nicht verstecken.<strong>Pressident</strong>: Was ist mit einem Schüler,der von Schleswig-Holstein nach Niedersachsenumzieht? Kann er dort keineRegelschule mehr besuchen – Niedersachsenhat eine der schlechtesten Inklusionsquoten?Wende: Sollen wir in Schleswig-Holstein


deswegen weniger inkludieren? Das istein sehr gutes Beispiel, wir in Schleswig-Holstein müssen unseren eigenen Weggehen, und sollten uns nicht durch andereLänder ausbremsen lassen.<strong>Pressident</strong>: Man könnte einen gemeinsamenKonsens finden.Wende: Nehmen wir das Bundesland Bayern<strong>als</strong> Beispiel. <strong>Die</strong>ses ist laut UN-Konventiongenauso zur Inklusion verpflichtetwie wir und trotzdem findet Inklusiondort lediglich in Ansätzen statt. Gleichschrittim Konsens würde häufig Stillstandbedeuten, oder aber Gleichschritt ineinem sehr, sehr langsamen Tempo.<strong>Pressident</strong>: Welche Gründe haben solcheLänder, das Thema Inklusion nichtvoranschreiten zu lassen?Wende: Bedenkenträger haben immerund überall Hochkonjunktur, und dieAngst davor, Dinge anders zu tun <strong>als</strong> mansie immer getan hat, ist meistens größer<strong>als</strong> der Mut, den es braucht, um Neulandzu betreten.<strong>Pressident</strong>: Seit der UN-Konvention istKritik an der Inklusion ein Tabu geworden.Umso härter wird dafür das Inklusionskonzeptin den Foren im Internetoder auf Stammtischen auseinandergenommen.Verfolgen Sie solche Debatten?Wende: Ich will sie gar nicht hören! SolcheSchimpftiraden sind unter der Gürtellinie.<strong>Pressident</strong>: Und wenn die Kritik sachlichist?Wende: Dann kommt sie mir auch zu Ohren.Und sie ist mir so wichtig, dass wirin den ersten Wochen unserer Regierung300 Stellen an die Schulen zurückgegebenhaben, die die Vorgängerregierung gekürzthat, davon haben wir 120 Stellen fürdie Verbesserung der Inklusion eingesetzt.Das ist zu wenig, aber man merkt: Inklusionist eine Herausforderung, der ich michstelle, ich setze mich dafür ein, dass dieRahmenbedingungen Schritt für Schrittbesser werden.<strong>Pressident</strong>: Wir reden die ganze Zeitüber Inklusion, dabei wissen viele überhauptnicht, was Inklusion ist. Brauchtes noch mehr aufklärerische Arbeit?Wende: Da muss man in der Tat genauerdarüber nachdenken. Das Wort Integrationwerden die meisten Menschen kennen.Das Thema ist ähnlich, aber der Begriffhat sich geändert.<strong>Pressident</strong>: Alles in allem: Sind Sie stolzauf das Inklusionskonzept in Schleswig-Holstein, auch wenn Sie sagen, dassnoch Nachbesserungen von Nöten sind?Wende: Ich bin in der Tat stolz darauf! Inklusionist ein Thema, wo wir den anderenLändern zeigen können, dass Inklusionfunktionieren kann, ich bin der festenÜberzeugung: Wo ein Wille ist, findet sichein Weg.<strong>Pressident</strong>: Wie sieht bei Ihnen die inklusiveSchule in vier Jahren aus?Wende: In vier Jahren sind die ersten Lehrer,die nach meinem Modell studieren,kurz davor, ihre Ausbildung zu beenden.Ich wünsche mir für die Zukunft, dasswir alle miteinander darüber schmunzeln,wenn wir uns daran zurückerinnern, dasswir einmal Angst davor hatten, die Inklusionkönne misslingen.<strong>Pressident</strong>: Dann brauchen Sie auch keineInterviews mehr zu diesem Thema zugeben. Vielen Dank für das Gespräch! ■02/2013 <strong>Pressident</strong> | 29


30 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Kurt Fearnley, Rennrollstuhlfahreraus Australien


Entdecke „GOLD“ inDir - und macheetwas daraus!Bei den Paralympics kämpfen ausschließlichbehinderte Menschen um Gold-Medaillen -und erleben dennoch ein vorbildhaftes Großereignisder Inklusion!Text D.H.Der Hangar 6 der Lufthansa in Hamburgbot am Abend des 26. Februars ein mehr<strong>als</strong> ungewohntes Bild. Statt Flugzeugarbeitenstand eine außergewöhnlicheFilmpremiere mit außergewöhnlich vielenverschiedenen Gästen auf dem Programm:Der Film "GOLD - Du kannstmehr <strong>als</strong> Du denkst!" zog 1.300 Personenaus Politik, Sport und Showbusiness inden "größten Kinosaal Deutschlands",wie es Tom Buhrow einleitend formulierte.Dabei war es nicht nur der größte,sondern auch der inklusivste: Durch dieBarrierefreiheit konnten auch zahlreicheRollstuhlfahrer an diesem einzigartigenEvent teilnehmen. Und von einer lapidarenund gleichzeitig tiefsinnigen Botschaftergriffen werden.Du kannst mehr <strong>als</strong> Du denkst! <strong>Die</strong>seAussage prägt den Film. Sie wird durchdrei Ausnahmesportler personifiziert, diesich dieses Motto in ihr Herz geschriebenhaben. Kurt Fearnley, Rennrollstuhlfahreraus Australien. Kirsten Bruhn, Schwimmerinaus Neumünster. Und Henry Wanyoike,Läufer aus Kenia. Alle drei habenGold-Medaillen gewonnen, Rekorde aufgestellt.Ihre Biografie zeigt einen Weg desSiegens auf, der sie zu glücklichen Sportlernund Menschen gemacht hat. Dochdie Wurzeln ihrer eigenen Geschichte habendas nicht vorhersehen lassen und dieBedingungen zu ihrem jetzigen Erfolg erheblicherschwert: Sie musste Schicks<strong>als</strong>schlägehinnehmen, die sie zu körperlichbehinderten Menschen gemacht haben."Ich wünschte mich auf die Wolken, dieich durch das Krankenhausfenster sah!"Wenn Kirsten Bruhn beginnt, über ihrenUnfall zu sprechen, kommt einiges inihr hoch. Halbweinend berichtet sie vondem Vorfall, der aus ihr, einer attraktiven,jungen Frau, welche die Flexibilität ihresLebens genossen hat, eine im Rollstuhlsitzende Patientin hat werden lassen. Siewar mit ihrem Freund im Urlaub auf dergriechischen Insel Kos gewesen, er überredetesie zu einer Motorrad-Spritztourüber die Serpentinen.Gegenverkehr in der Kurve, Abkommenvon der Straße. Kirsten merkte aus demLiegen, dass sie ihre Beine nicht mehrbewegen konnte. Nach unendlichenvierzig Stunden gelangte sie mit einemHubschrauber schließlich in eine deutscheKlinik. "Das mit dem Laufen, daskönnen sie vergessen!" An diesen Satz,den ihr ein Arzt ziemlich teilnahmslosentgegenbrachte, erinnert sich Kirstenheute noch. Es war wie ein Schlag ins Gesicht!<strong>Die</strong> dam<strong>als</strong> Anfang Zwanzigjährigefühlte sich durch diese unvorhersehbare02/2013 <strong>Pressident</strong> | 31


Kirsten Bruhn, Schwimmerin ausNeumünster32 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Querschnittlähmung ihrem schönen, unkomplizierten,normalen und vor allemselbständigen Leben beraubt. Wie solltesie mit einem Rollstuhl den Tritt ins Lebenzurückschaffen? Wie sollte sie ihrenAlltag meistern können? Doch am wichtigsten,was an ihrem neuen Leben, dasnach der Krankenhausentlassung, wärefür sie ein Grund, dem alten, jenem vordem Unfall, nicht für immer nachzutrauern?Kirsten Bruhn hat über ein Jahrzehntgebraucht, um solche Gründe zu findenund zu fixieren.Auf eine ganz andere Weise ging es HenryWanyoike sehr ähnlich. Er verlor mit20 Jahren über Nacht sein Augenlicht.Ein junger Kerl, der in der Schule derschnellste Läufer gewesen war, musstesich auf einmal in einer deutlich ungeordneterenInfrastruktur, <strong>als</strong> wir sie kennen,zurechtfinden, ohne dabei vor Augen zuhaben, was wirklich passiert.Der Australier kommt auch ohne Rollstuhlvorwärts. Es war schwer für ihn,einen festen Standpunkt im sozialenUmfeld zu finden. <strong>Die</strong> Mitmenschenbehaupteten sogar, die Familie müsstedurch einen Fluch belastet sein, auf dendie Erblindung zurückzuführen wäre.Henry wurde orientierungslos, verfiel inDepressionen. Erst eine 1997 entstandeneAugenklinik half ihm allmählich aus seinerMutlosigkeit.Kurt Fearnley, der dritte Protagonist,durchlitt eine solch radikale Lebensveränderungnicht. Er lebt von Geburt ananders. Selbst bemerkt, so sagt der Australier,habe er das zum ersten Mal erst mitdreizehn Jahren auf dem Gymnasium.Ihm fehlen Teile seiner Lendenwirbelsäule,der Arzt im Krankenhaus prognostizierteKurts Leben dam<strong>als</strong> ein frühesEnde. Ein Wahnsinn, wenn man sich denheute über 30-Jährigen ansieht, der meistein ehrliches und ansteckendes Lachenversprüht. Der Australier ist anders, ohne


Frage. Aber sein Umfeld hat ihn das niespüren lassen.Im Gegenteil: seinen Brüdern krabbelteer <strong>als</strong> Kind durch die Landschaft seinerlandschaftlich geprägten, großstadtfernenHeimat hinterher, er kämpfte sichdurch Bachläufe, durch Dornen. SeineBrüder ließen das zu, anstatt ihn zu tragen.Nicht weil sie herzlos waren. Nein,da Kurt selbst kein Mitleid, sondern sichselbst durchsetzen und stark werden wollte.Das ist ihm gelungen. Auf dem Gymnasiummachte ihn eine Lehrerin auf denRennrollstuhlsport aufmerksam. Kurt istsofort begeistert, er trifft auf andere Rollstuhlfahrerund ist sofort in der Gruppeintegriert. Von nun an gehört eisernesTraining zu seinem Alltag und durch seinoffensichtliches Talent rücken bald großeZiele näher.Bei Kirsten war es ebenfalls der Sport,der ihnen die verlorene Lebenslust Stückfür Stück zurückgegeben und ihren Blickvon dem lebensverändernden Einschnittauf lebenswertere Möglichkeiten gerichtethat. "Ich wollte lange Zeit nicht wahrhaben,dass der schlimmste Tag meines LebensAnlass für den schönsten sein sollte!"Kirsten Bruhn ist in ihrem ganzen Lebenbegeisterte Schwimmerin gewesen, auchfrüh im Leistungsbereich aktiv. Für internationaleWettbewerbe hätte es aber wohlnicht gelangt. Nach ihrem Unfall war esdas Schwimmen, das sie merken ließ, wassie immer noch, auch nach all den Veränderungen,gut kann. Mit ihren Eltern imTrainerteam ist Kirsten Bruhn zu einerambitionierten Schwimmerin geworden,die inzwischen mehrm<strong>als</strong> "den schönstenTag" ihres Lebens erlebte, bei einem ganzbesonderen Wettbewerb.Auch Henry entdeckte irgendwann wiederZiele für sich, die meisten bezog erdabei aufs Laufen. Seiner Therapeutinverrät er seinen geheimen Lebenstraum:Medaillen wolle er gewinnen, dabei Weltrekordeaufstellen. Bald hat er einen Laufpartnergefunden, mit dem er durch einBand am Arm verbunden ist. Sie laufensynchron, Langstrecken bis zur Marathonlänge.Einzig das symbolisiert schonihr wunderbares Vertrauensverhältnis.Und auf einmal geht es für den Kenianermit seinem Partner ganz schnell: 1999darf er in Nairobi <strong>als</strong> Ersatzläufer ran -und qualifiziert sich für nichts Geringe-Henry Wanyoike, blinder Läuferaus Kenia mit Begleitung02/2013 <strong>Pressident</strong> | 33


es <strong>als</strong> die Paralympischen Spiele 2000 inSydney. Dort passiert Unglaubliches: imFinallauf über 5000 Meter läuft sich dasZweier-Team um Henry konkurrenzlos,umrundet das gesamte Läuferfeld zweimal.Am Ende ist sein Guide erschöpftund kann nicht mehr weiterlaufen, Henrymuss ihn unter tosenden Anfeuerungenüber die Ziellinie ziehen. Durch diesefantastische Leistung wird jedoch seineErblindung angezweifelt. Das Komiteeerkennt den Sieg erst Tage später an. Vonunten nach ganz oben! Das Phänomendieses Sportereignisses lässt Henry niewieder los.Kirsten, Kurt und Henry haben den Sportin einer bestimmten Disziplin <strong>als</strong> eineMöglichkeit kennengelernt, ihre Beeinträchtigungenzu vergessen und überihre körperlichen Grenzen hinauszugehen.Kurt sitzt in einem für ihn vollkommenperfekten Rollstuhl und gibt Gas,Kirsten krault mit ihrer unglaublichenArmmuskulatur ungehindert durch dasSchwimmbecken und Henry rennt durcheine Umgebung, die er sich durch die Beschreibungenseines Partners so genauvorstellen kann, <strong>als</strong> nähme er sie durchseine Augen tatsächlich wahr. Sie spürenkein Handicap, dafür einen uneingeschränktenWillen. Durchhalten. Schnellerwerden. Nach der Goldmedaille ist vordem nächsten großen Turnier.<strong>Die</strong> Paralympischen Spiele haben durchdie vielen außergewöhnlichen Geschichten,die dort geschrieben werden, eineungeheure Faszination. <strong>Die</strong> zahlreichenAthleten, von denen jeder einzelne eineigenes, mutmachendes Zeugnis ist, trotzbestimmter Schwächen leistungsstark zusein, kämpfen vier Jahre lang um Teilnahme-und Medaillenambitionen. Dochdiesen "Spirit", wie es viele Teilnehmer beschreiben,spüren nicht nur die Sportlerselbst, sondern auch die Zuschauer. Mitam besten nachempfinden kann das AndreasF. Schneider, Produzent des "GOLD"-Films. Er sitzt selbst im Rollstuhl und ist34 | <strong>Pressident</strong> 02/2013seit einigen Spielen immer live dabei. Vorvier Jahren kam ihm mit Hendrik Flügge,dem zweiten Produzenten, die Idee,diese so besondere Stimmung, wie er sieim zunehmenden Maße erlebt hat, anMenschen zu transportieren, die davonbislang wenig oder gar nichts mitbekommenhaben. Gemeinsam wollten sie dieSpiele 2012 filmreif werden lassen. Einabendfüllender Dokumentarfilm solltees werden. Ziele waren von beiden frühformuliert. Der Film soll drei Personenauf ihrem eigenen Weg zu den Spielen inLondon begleiten. Das Ergebnis würdein den Kinos erscheinen, allgemein einenmöglichst hohen gesellschaftlichen,sportlichen und politischen Stellenwerterhalten. Doch auf dem Weg zum terminlichanvisierten Erscheinen war anders<strong>als</strong> bei gewöhnlichen DreharbeitenVieles nicht planbar. <strong>Die</strong> porträtiertenAkteure, die es auch erst einmal zu findenund festzulegen galt, spielten nichtetwas aus einem vorab geschriebenenDrehbuch vor. <strong>Die</strong> Aufnahmen spieltenvon ihrem Leben, zeigten ihre Geschichtenund drückten ihre Erwartungen aufdie Krönung im Sommer 2012 in Londonaus. <strong>Die</strong> Herausforderung war <strong>als</strong>o, durchauthentisches Verhalten, welches Planungim Vorfeld ausschließt, der Grundideeund -botschaft, welche sehr wohl schonim Vorfeld Bestand hatte, glaubhafte Wirkungzu verleihen. Und für beide ist diesaus heutiger Perspektive die eigentlicheKunst des Endergebnisses.Womit man vorher bereits rechnete, war,dass die Paralympics in London ein Erfolgwürden. <strong>Die</strong> unglaublichen Ausmaße derEreignisse, von denen Hendrik Flüggeund Andreas Schneider stundenlang erzählenkönnen, übertrafen jedoch jeglicheVorstellungen: "Ich komme aus demSport, habe schon viele Turniere wie zumBeispiel die Fußballeuropameisterschaftin England erlebt. Das war nichts gegendie Atmosphäre im letzten Sommer. <strong>Die</strong>serEnthusiasmus und die Anerkennung,


welche die Zuschauer den sportlichenLeistungen der Athleten entgegengebrachthaben, egal ob sie die Sprintstreckein 16 oder 20 Sekunden gelaufen sind, warunfassbar! Es war gelebte Solidarität, diefür jeden nachvollziehbar war", beschreibtHendrik Flügge, der zutiefst dankbar ist,diese Spiele miterlebt haben zu dürfen.Damit begründet er außerdem, warumein Wettkampf, an dem ausschließlichbehinderte Menschen teilnehmen, demGedanken der Inklusion dennoch entspricht."Harter Wettkampfsport hat, wasInklusion angeht, sicherlich Grenzen. <strong>Die</strong>Paralympischen Spiele sind auf eine andereArt und Weise inklusiv: Zwischen denvielen Freiwilligen, die den Athleten dieTeilnahme durch ihre Hilfsbereitschaftpraktisch ermöglichen, und den Behindertenentstehen häufig ganz besondereBeziehungen. Außerdem finden Wettkämpfenicht vor leeren Tribünen statt!"Es sind <strong>als</strong>o nicht die Spiele der Behinderten- bei diesem Wettbewerb feiern behinderteMenschen mit den Nichtbehinderten<strong>als</strong> Organisatoren, freiwilligen Helfernmitfiebernden Zuschauern ein großes,inklusives Fest. Und es geht damit sogarnoch einen Schritt weiter: <strong>Die</strong>se Spielebieten den behinderten Menschen nichtnur ein Recht auf Teilhabe, wie es die UN-Konvention von 2008 vorsieht. Sie ermöglichenihnen Respekt und Anerkennung,indem sie im Fokus der Öffentlichkeit <strong>als</strong>herausragende Sportler und nicht <strong>als</strong> behindertePersonen angesehen werden.Hendrik Flügge und Andreas Schneiderwürden gerne, dass sich möglichst vieleLeute den Film ansehen, an dem sie undviele andere über die letzten vier Jahreso intensiv gearbeitet haben. "Doch vielleicht",gesteht Andreas Schneider ein, "istdas auch nur mein sportlicher Ehrgeiz!<strong>Die</strong> wichtigste Frage ist wahrscheinlichgar nicht, wie viele diese Dokumentationletztendlich geguckt haben. Viel wichtigerist doch, wie die Aussage auf diejenigen,die sich das Ganze angeschaut haben,nachhaltig wirkt." Und so macht jeder, dernach dem Kinofilm von seinen eigenenStärken und denen anderer überzeugt ist,die Produzenten ein Stück glücklicher. ■Britische Fans bei den Paralympicsin London 201202/2013 <strong>Pressident</strong> | 35


Hier sind alleWillkommen<strong>Die</strong> Inklusion an der Hamburger Schule Langbargheideist ein Geschenk für jeden - sowohlfür behinderte <strong>als</strong> auch für nichtbehinderteMenschen.Text S.W., S.W.Eine Grundschule im Herzen Lurups.Von außen betrachtet scheint sie eineganz gewöhnliche Schule zu sein. Dochdiese Schule ist einen Tick anders <strong>als</strong> diemeisten anderen Schulen in Hamburg,denn an dieser Schule werden alle Kinderaufgenommen, egal ob mit oder ohneBehinderung. <strong>Die</strong> Kinder kommen ingemeinsame Klassen und lernen zusammen.Aber vor allem lernen sie voneinander- egal, ob sie gesund sind, ein Sprachproblem,eine Lernschwierigkeit oder dasDownsyndrom haben.So gewinnen die Kinder ohne Handicapan Sozialkompetenz. <strong>Die</strong> Kinder mitHandycap lernen von den anderen ganzalltägliche Dinge, aber auch den normalenSchulstoff.Auch die Klassenverbände sind anders,<strong>als</strong> wir sie kennen: <strong>Die</strong> Tierklassen, z.B.Frösche und Zebras, bestehen aus derVorschule, der ersten Klasse und derzweiten Klasse, die Baumklassen sind dieDritt- und Viertklässler.Von außen sieht das Gebäude ganz normalaus, wie jede andere Grundschuleeben auch, doch wir beide besuchten diesenOrt, und merkten, dass es hier um vielmehr geht <strong>als</strong> nur um Schule.Schon <strong>als</strong> wir ankommen, spüren wir,dass diese Schule ein besonderer Ort ist.Erst fühlen wir uns noch ein wenig fehlam Platz, <strong>als</strong> die ersten Grundschüler von36 | <strong>Pressident</strong> 02/2013ihren Eltern gebracht werden, und uns einwenig erstaunt mustern. Doch wenig späterwerden wir ins Lehrerzimmer geholt,wo wir herzlich begrüßt werden. Kaumeiner wusste überhaupt, dass wir kommenwürden, und doch ernten wir von fast jedemein herzliches Lächeln. Nach kurzemHin und Her nimmt uns Annika Janssen,eine junge Lehrerin, mit zu den Fröschen,damit wir uns für zwei Stunden den Unterrichtanschauen können. <strong>Die</strong> Klassebesteht aus 15 Schülern im Alter vonfünf bis acht Jahren, die in drei „Gruppen“aufgeteilt sind: <strong>Die</strong> Mondkinder, dieSternenkinder und die Wolkenkinder.<strong>Die</strong>se Gruppen werden nicht nach Altergewählt, sondern nach dem Lernstand:<strong>Die</strong> Mondkinder sind die, die schon ammeisten können, die Wolkenkinder müssennoch am meisten lernen. Und schonbeginnt der Unterricht. Als erstes setztenwir uns alle in dem gemütlichen Klassenzimmerin einen Erzählkreis, und jeder,der möchte, berichtet von einem Ereignis.Kurz bevor wir uns erheben wollen, umden eigentlichen Unterricht zu beginnen,klopft es an der Tür. Es ist ein im Rollstuhlsitzender Junge, der herein kommt,zusammen mit seiner Begleitperson, dieimmer an seiner Seite ist. <strong>Die</strong> anderenKinder begrüßen ihren Mitschüler ganznormal, und nehmen ihn in den Kreis auf.Wenig später beginnt dann der richtige


Der Schulhund mag es gerne leise,deswegen sollten alle Schüler ruhigsein.Unterricht und jeder Schüler sitzt wiederauf seinem Platz. Schon <strong>als</strong> wir uns dieAufgabenblätter anschauen, die hintenausliegen, merken wir, dass irgendetwasanders ist <strong>als</strong> in anderen Schulen. Spätererfahren wir dann, dass jeder Schüler andereAufgaben bekommt, seinem Lernstandentsprechend. „Jedes einzelne Kindwird beachtet, bei jedem überlegen wir,wie wir es am besten fördern können“,sagt uns Susanne Matzen-Krüger, dieLeiterin der Tierklassen, später in einemInterview. Das sieht so aus, dass sich dieLehrer mit Sonderpädagogen und Heilerziehernjede Woche zusammensetzenund sich über jeden Schüler und den UnterrichtGedanken machen. Außerdem,so erfahren wir, gibt es von Beginn anim Kindergarten und in allen Klassen diegleichen Rituale, damit die Kinder keinenBruch zwischen Kindergarten und Schuleerleben. <strong>Die</strong>s scheint vor allem für geistigbehinderte Schüler wichtig zu sein, tutaber jedem Kind gut.Während des Unterrichtes laufen wir einwenig durch die Klasse und helfen einersiebenjährigen Schülerin beim Schreibenlernen.Sie hat noch Schwierigkeiten beimBuchstabieren, doch es stört keinen. Siewird so akzeptiert, wie sie ist. Allgemeinsind Hänseleien fremd an dieser Schule:<strong>Die</strong> Kinder lernen von Anfang an, dass jederMensch Stärken und Schwächen hat.Sie lernen, sich nicht zu vergleichen, sowird einem Kind, das noch große Schwierigkeitenhat, einfach geholfen, anstattdass jemand darüber lacht.Ein besonders großes Ziel dieser Schuleist es, die Kinder zur Selbstständigkeitzu erziehen. So klebt auf jedem Tisch, andem ein Schüler sitzt, ein kleiner Zettel,auf dem steht, was das Kind noch lernenmuss. Hierbei geht es nicht nur umschulische Leistungen, sondern auch umVerhaltensweisen. „Wenn ein Kind besondersschüchtern ist, und nicht aus sichherauskommt, so steht das auf dem Zettel,damit sich der Schüler und die Lehrerimmer daran erinnern können“, sagtSusanne Matzen-Krüger. Auf die Frage,02/2013 <strong>Pressident</strong> | 37


Klassenraum der "Frösche"ob jedes Kind die gleichen Ziele hat undsie auch erreicht, sagt sie, dass jeder Schülerein anderes Ziel braucht, um es aucherreichen zu können. Dem stimmt auchAnnika Janssen zu, <strong>als</strong> sie uns erklärt, dasssie dem Jungen aus dem Rollstuhl, den wirkurz vorher kennengelernt haben, nichtdas Schreiben beibringen kann, er abertrotzdem ein großes Ziel an der Schulehat: Aufgenommen zu werden, und einfachglücklich zu sein, so, wie es sich fürKinder gehört.Um den Schülern ein angenehmes Lebenzu bereiten, gibt es an der Schule nichtnur Grundschullehrer und Sozialpädagogen,sondern auch Heilerzieher, Kinderkrankenschwesternund Therapeuten.<strong>Die</strong>s klingt für uns erst mal ein wenigmerkwürdig, doch schon nach kurzerZeit leuchtet uns ein, dass es sowohl fürgehandicapte Kinder <strong>als</strong> auch für ihre Elternleichter ist, wenn sie schon währendder Schulzeit Therapien bekommen, undnicht noch nachmittags zu einem Therapeutenfahren müssen. Und es gibt nochweitere "Helfer", die allerdings Vierbeinersind: die drei Schulhunde Ida, Mimo undNala. Sie sind Perro de Aguas, spanischeWasserhunde, die durch ihre Fellstrukturkeine Allergien auslösen. <strong>Die</strong> drei Hundekommen mit in den Unterricht und helfen38 | <strong>Pressident</strong> 02/2013so den Kindern beim Lernen. Vor allemwird es durch die Hunde leiser im Klassenzimmer,da sich die Hunde nur dannwohlfühlen, wenn es nicht zu laut ist unddie Kinder wollen, dass es den Hundengut geht. So wird der Unterricht für alleentspannter.Für ihre Mühe und Arbeit hat die Schuleauch schon viele Preise und Auszeichnungenbekommen, unter anderen den Karl-Kübel-Preis und den Jakob Muth-Preisin Berlin. Hierbei geht es nicht nur umdas Geld, welches die Schule <strong>als</strong> Siegerbekommt, sondern vor allem um die Anerkennungdafür, wie sehr den Kindernauf dieser Schule geholfen wird. <strong>Die</strong>seHilfe sieht man anhand des Beispiels eineskleinen Mädchens, über die zuvorgesagt wurde, dass sie niem<strong>als</strong> lesen könnenwürde, weil sie dazu nicht in der Lagesei. Inzwischen geht das kleine Mädchenin die dritte Klasse, und kann prima lesenund schreiben.Als wir beide die Schule nach drei Stundenverlassen und zu Fuß zum Bahnhofgehen, schauen wir uns glücklich an. Wirsind begeistert von dieser Schule, in derman so viel mehr lernt <strong>als</strong> Mathe undDeutsch. Nämlich, dass sich jedes Lebenzu leben lohnt. ■


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Täglich neueHerausforderungenBerufsporträt Der Beruf des Sonderpädagogenist anstrengend, gibt aber gleichzeitig eineMenge zurück.Text N.N.,W.M.40 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Kinder mit einer Behinderung oder einerKrankheit, psychischen Problemen odereinem kritischen sozialen Hintergrund,sind häufig auf gezielte Förderung angewiesen,um Lernschwierigkeiten zu lindern.Ein Sonderpädagoge arbeitet mitdiesen Kindern und Jugendlichen undhilft ihnen, die Schwierigkeiten zu überwinden.In der Sonderpädagogik wird in „HeilpädagogischeFrüherziehung“ und „SchulischeHeilpädagogik“ unterschieden undwährend der Ausbildung spezialisierensich die Fachkräfte auf jeweils einen dieserbeiden Bereiche.<strong>Die</strong> heilpädagogische Früherziehung beschäftigtsich mit Klein- und Vorschulkindern,die Auffälligkeiten und Besonderheitenbei der Entwicklung zeigen.Hierbei ist es wichtig, dass die Sonderpädagogeneng mit den Familien der Kinderzusammenarbeiten und diese beraten undunterstützen. <strong>Die</strong> Kinder können somitgezielt individuell in Einzel- oder Gruppenstundengefördert werden.Sonderpädagogen, die im Bereich derschulischen Heilpädagogik tätig sind,arbeiten <strong>als</strong> spezialisierte Lehrkräfte anSchulen, oder aber im Bildungsbereich inKinderheimen. Durch eine spezielle Schulungund individuelle Förderung der Kinderwird versucht, Lernschwierigkeiten zubewältigen. Um eine möglichst passendeLernmethode für jedes Kind zu finden,werden die Lernprozesse gründlich beobachtetund studiert und die Vorgehensweisenan die Bedürfnisse der Kinder angepasst.Außerdem gehört es zu den Aufgabendes Sonderpädagogen, die Eltern, andereLehrkräfte und die Schulleitung zu beraten.Höchstes Ziel ist immer, nicht nur dieschulischen Leistungen zu verbessern undsomit spätere berufliche Chancen für dieKinder und Jugendlichen zu schaffen,sondern diese auch erfolgreich in ein sozialesUmfeld zu integrieren.Das Förderzentrum Pinneberg unterstütztRegelschulen bei der Beschulung und imUmgang mit Schülerinnen und Schülernmit sonderpädagogischem Förderbedarf,damit alle Kinder und Jugendliche erfolgreichin ihrer Schule lernen können undgut mit ihren Mitschülern auskommen.Interview mit Sonderpädagogin PetraBlankeIm Zuge unseres Titelthemas „Inklusion“erhielten wir die Chance, Petra Blanke,Sonderpädagogin am FörderzentrumPinneberg, zum Gespräch zu treffen, umhautnah Einblicke in ihren Beruf zu erhalten.<strong>Pressident</strong>: Wie lange arbeiten Sie schon<strong>als</strong> Sonderpädagogin und seit wann sindSie am Förderzentrum Pinneberg tätig?Petra Blanke: An der Heinrich-Hanse-


mann-Schule arbeite ich nun insgesamtschon 23 Jahre, das Förderzentrum an sichgibt es erst seit einem Jahr. Ich hatte zuvorSonderpädagogik in Hamburg studiertund dort auch mein Examen gemacht.<strong>Pressident</strong>: Welche Tätigkeiten gehörenzu Ihrem Aufgabenbereich?Blanke: Hauptsächlich arbeite ich an derSprachförderung für Deutsch <strong>als</strong> ersteMuttersprache. Da ich ganztags arbeite,kommen am Nachmittag Kinder ausGrundschulen und Kindergärten hier her,die kostenlose Kurse zur Verbesserungihrer Sprache und zur Bekämpfung vonSprachfehlern belegen können. Nebenbeiführe ich noch Tests in Kitas durch, umbei den Fünfjährigen zu testen, ob ihreSprache sich normal weit entwickelt hat.Seit letztem Jahr bin nun auch noch Mentorinfür neue Auszubildende und Studentenund arbeite bei InPrax mit. Dortgehe ich an Schulen, die Fragen zum Themader Schulentwicklung im Bezug aufInklusion haben.<strong>Pressident</strong>: Wie können wir uns einentypischen Arbeitstag von Ihnen vorstellen?Gibt es so einen überhaupt?Blanke: Einen typischen Arbeitstag imFörderzentrum gibt es nicht mehr. Ichkann allerdings etwas zum Berufsbild desSonderpädagogen sagen, das sich vor allemnoch einmal durch die Inklusion veränderthat. Wir sind jetzt, was diese Schuleangeht, nicht mehr in einer Sonderschuletätig, sondern an Regelschulen und in derveränderten Eingangsphase in den KlassenEins und Drei, im sogenannten PräventivenUnterricht, um Lernstörungenund Lernbehinderungen zu vermeiden.Sonderpädagogen haben unterschiedlichebehindertenspezifische Fachrichtungenstudiert, das ist sehr breit gestreut, beginntzum Beispiel bei der Blindenpädagogik,Sonderpädagogin Blanke am FörderzentrumPinnebergder Sehbehindertenpädagogik, der Gehörlosenpädagogik,der Körperbehindertenpädagogik,der Geistesbehindertenpädagogik,der Lernbehindertenpädagogikund der Sprachbehindertenpädagogik.Früher gab es auch noch die sogenannteVerhaltensgestörtenpädagogik. Das gibtes heute weitgehend nicht mehr und allesnennt sich heutzutage ein bisschen anders,Menschen mit Problemen dieser Artgibt es natürlich immer noch.Nehmen wir meine Person <strong>als</strong> Beispiel(lacht): Ich habe die beiden behindertenspezifischenFachrichtungen Geistesbehindertenpädagogikund Sprachbehindertenpädagogikstudiert. Ich arbeite inVollzeit, mit der Hälfte meiner Stundenan der Helene-Lange-Schule, der benachbartenund eigentlich größten Grundschulehier in Pinneberg. Dort arbeiteich in den Klassen Eins und Zwei in derPrävention und zwar mit dem SchwerpunktSprachförderung, aber nicht im02/2013 <strong>Pressident</strong> | 41


Sinne von Sprachförderung für Kindermit Migrationshintergrund, die Deutsch<strong>als</strong> Zweitsprache erlernen, sondern fürKinder, bei denen Deutsch die Erst- oderdie Muttersprache ist. Mit weiteren Teilenmeiner Unterrichtsverpflichtung binich am Nachmittag hier tätig, dann kommenauch Kinder aus Grundschulen undKindergärten und haben die Möglichkeiteine Sprachförderung zu erhalten, diekostenlos ist. Mit einem weiteren kleinenTeil meiner Arbeitszeit gehe ich in Kindergärtenund biete dort bei Bedarf an,alle fünfjährigen Kinder einmal auf dieEntwicklung ihrer Lautsprache zu testen.Fünfjährige deshalb, weil dort noch dieChance besteht, dass sie vor der EinschulungHilfe bei der Logopädie bekommen.Dann bin ich zum Beispiel in diesemSchuljahr auch Mentorin gewesen, dasheißt Ausbilderin für Anwärterinnen undReferendarinnen für diesen Beruf. <strong>Die</strong>serfordert eine Menge an Kooperation mitder Grundschule, denn die Kollegin, diejetzt ausgebildet wird, muss dort drübenin den Klassen arbeiten und ich leite sie inihrer behindertenspezifischen Fachrichtungim Regelunterricht an. Und da wirimmer zwei Sonderpädagogische Fachrichtungenhaben, wird man auch immerdoppelt angeleitet. Das heißt, man hatzwei Mentoren und die entsprechendenAusbilder vom IQSH, <strong>als</strong>o vom Lehrerausbildungsinstitutund die Kollegen, diein den Klassen tätig sind. Somit ist immereine ganze Menge an Absprache nötig.<strong>Pressident</strong>: Wie kamen Sie auf die Idee,Sonderpädagogin zu werden? Wann habenSie sich dazu entschieden?Blanke: In den meisten Fällen ist es so,dass private Begebenheiten einen zu seinemBeruf führen, so war es auch bei mir.Ich selbst habe einen behinderten Bruder.<strong>Pressident</strong>: Welche sind Ihrer Meinung42 | <strong>Pressident</strong> 02/2013nach die wichtigsten Eigenschaften, dieman für Ihren Beruf mitbringen sollte?Blanke: Man sollte wissen, was einemselbst beim Lernen geholfen und was einenbehindert hat. Wichtig ist vor allem,dass man ein klares Bild von seinen persönlichenStärken und Schwächen vorAugen hat.<strong>Pressident</strong>: Was reizt Sie besonders anIhrem Beruf? Was ist spannend an IhrerTätigkeit?Blanke: <strong>Die</strong> Vielfältigkeit. In so einemBeruf und Umfeld wird einem nie langweilig,auch nicht nach den 23 Jahren, dieich hier nun schon arbeite. Jeden Tag stößtman auf neue Herausforderungen undneue Problemstellungen.<strong>Pressident</strong>: Gehen Sie an manchen Tagenunzufrieden nach Hause, weil etwasnicht so gut geklappt hat?Blanke: Ja. Ich kenne solche Situationengut, besonders aus der Zeit <strong>als</strong> ich „nur“an der Förderschule gearbeitet habe. Geradedie damaligen großen Gruppen mitsehr vielen Problemfällen haben eineneinzigen Lehrer überfordert. <strong>Die</strong> Schulewar ein Pool für sehr schwerwiegendeProbleme – die einen natürlich auch sehrbelastet haben.<strong>Pressident</strong>: Fällt es Ihnen schwer, bestimmteFälle nicht zu nah an sich ranzu lassen?Blanke: Dafür gibt es immer wieder Fortbildungen.Zum einen muss man einemenschliche Nähe aufbauen, zum anderenaber auch eine professionelle Distanzbewahren, gerade bei schwerverdaulichenSituationen und Vorfällen. Hierbei sindBeratungen mit Kollegen und Therapienwichtig, da man selbst natürlich stets gesundbleiben muss.


Allerdings muss heute auch ganz neu begonnenwerden und es kommt immer wiederzu Druck von Seiten der Regelschulen.Im Kreis Pinneberg habe ich bis jetzt abernur gute Erfahrungen gesammelt.<strong>Pressident</strong>: Gab es einen bestimmtenMoment, in dem Sie besonders frohwaren, Sonderpädagogin geworden zusein? Eine Geschichte, die Sie besondersberührt hat?Blanke: Ja, definitiv, es gibt viele Beispiele.Ich erzähle gerne von einem Erlebnis,das mir ganz spontan einfällt. Ich sprechedafür jetzt einmal ganz deutlich gegen dieSonderschule: Ich hatte mehrere Schüler,die einen Migrationshintergrund hattenund eine Schülerin, die hier sehr auffälligwar. Sie klaute, war rotzfrech, nicht angepasst.Das Mädchen stammte aus Ghana.Sie war an dieser Schule, hatte erheblicheProbleme mit dem Deutschen, in Matheallerdings lief es gut. <strong>Die</strong>se Schülerin istStudentin geworden an der Fachhochschulefür Soziale Arbeit in Köln. SolcheGeschichten berühren mich und machenmich glücklich und stolz. Wenn ich hierdurch Pinneberg gehe, treffe ich häufigehemalige Schüler mit Migrationshintergrund,die einen völlig normalen Berufergriffen haben und von denen ich denke,dass wir hier nicht der richtige Ort für siewaren und dass wir auf eine f<strong>als</strong>che Artund Weise mit ihnen umgegangen sind.Wir haben hier nie Kinder rekrutiert, sondernsie sind zu uns gekommen, weil siewoanders nicht aufgenommen wurden.Das ist eine der Geschichten, die mir einwenig die Augen geöffnet hat im Hinblickauf Selektieren, Auswählen, Zuweisen -gerade wo die Sprache so wichtig ist undwo die Sprache einen enormen Einflussdarauf hat, welchen Weg man überhauptim Leben nehmen kann.Ich habe selbst viele schöne Rückmeldungenvon Schülern bekommen, die michwirklich sehr froh gemacht und darin bestärkthaben, dass Sonderpädagogin fürmich der richtige Beruf ist. <strong>Die</strong>se Schülerhaben dann unter anderem geschrieben,dass sie es gut fanden, dass ich lustig war,einige sagten, dass ich fast so etwas wieeine Freundin war, anstatt nur eine Lehrerin.Ich glaube, das ist mit das größteKompliment, das man kriegen kann undzeigt mir auch, dass ich zu meinen Schülerneine Nähe aufbauen konnte. Inzwischenwürde ich sagen, dass dies nichtunbedingt etwas Spezifisches für Sonderpädagogenist. <strong>Die</strong>se Fähigkeit sollte jederLehrer haben.<strong>Pressident</strong>: Also haben Sie auch heuteimmer noch zu ehemaligen SchülernKontakt?Blanke: Ja, auf jeden Fall. Wir haben regelmäßigEhemaligen-Treffen und dannkommen die ehemaligen Schüler undbringen inzwischen auch schon Kindermit oder erzählen ganz glücklich über ihreWerdegänge, die zum Teil wirklich erfreulichsind. Da sieht man einfach, dass wirbei Menschen, die wirklich ganz unterschiedlicheSchwierigkeiten im Leben haben,mit mehr Zeit rechnen müssen. <strong>Die</strong>sekommen teilweise mit 27 und sind danndas erste Mal alleine mit etwas wirklichfertig geworden und darüber sehr glücklich.Zum Beispiel erzählen sie dann erfreut,dass sie eine Arbeit oder eine eigeneWohnung haben – oder sogar eine eigeneFamilie. Für uns sind viele dieser Dingeetwas völlig Normales, doch für diese ehemaligenSchüler bedeuten diese Schrittemeistens die ersten bedeutenden Erfolgein ihrem Leben und wir sind glücklich,diese Menschen ein Stück auf den richtigenWeg gebracht zu haben.<strong>Pressident</strong>: Vielen Dank für das Gespräch!■02/2013 <strong>Pressident</strong> | 43


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SchuleS. 48S. 56S. 58S. 60Unbekannte RäumeFotoreportageEine tolle Einrichtung,ganz ohne die InklusionErfahrungsbericht vomBetriebspraktikum der 9.KlassenNach PinnebergMusical-Aufführung desWahlpflichtkursesSchülerische LehrerWenn Lehrer bloggen,kann das mitunter sogarganz spannend sein02/2013 <strong>Pressident</strong> | 45


Schule im ÜberblickRock gegen Rechts<strong>Die</strong> Projektgruppe "Schule ohne Rassismus– Schule mit Courage" - bestehendaus Lehrern und Schülern - organisiert amFranzösisch-AustauschWie viele von euch vielleicht mitbekommenhaben, hatten die 8. Klassen Besuch- und zwar von Austauschschülern ausFrankreich.Zur Freude von vielen konnten FrauAdams und Frau Lassen einen Austauschmit einer französischen Schule in Sancerreorganisieren. Deshalb sind die deutschenAustauschschüler für eine Wochenach Sancerre gefahren und die französischenAustauschschüler sind wenig spätereine Woche an die THS gekommen.Man hatte die Möglichkeit neue Kulturenkennen zu lernen und viel Französisch zusprechen. Doch hauptsächlich hat man einigeneue Freunde gefunden. Es wurdenTheater-AG präsentiert"<strong>Die</strong> Physiker"Am 11. und 12. Juni 2013 (jeweils um 20Uhr) präsentiert die Theater-AG der THSdie Komödie "<strong>Die</strong> Physiker" von Friedrich+++6. Juni 2013 um 19 Uhr in der THS-Aulaein Rockkonzert gegen Rechtsextremismus.Der Eintritt kostet 3,-.jede Menge Ausflüge gemacht und alleSchüler hatten eine Menge Spaß zusammen.Am Anfang war es ein wenig schwersich einzuleben und auf den anderen zuzugehen,um ein Gespräch anzufangen,doch am Ende wollte keiner mehr gehenund es sind viele Tränen geflossen, <strong>als</strong> esdann nach einer schönen Abschiedsfeierzur Abreise kam. Es war ein wirklich einmaligesErlebnis!Wer jetzt richtig Lust darauf bekommenhat, bald in den 8. Jahrgang wechselt undFranzösisch <strong>als</strong> 2. Sprache gewählt hat,sollte sich einmal umhören, denn so etwassollte man nicht verpassen.Dürrenmatt. Karten werden für 5,- (3,-ermäßigt) in den großen Pausen vor derTHS-Aula oder im Bücherwurm verkauft.46 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


Termine ohneGewähr6. JuniBundesjugendspiele, Fitnesstag21. JuniZeugnisausgabe7. JuniEntlassung der Abiturienten24. Juni - 3. AugustSommerferienImpressumS.Print-<strong>Ausgabe</strong> bzw. Online-ImpressumTitelfoto: motto, fotolia.comInternRedaktionssitzung:• Mittwochs, 7. Stunde (MiPa) in Raum206 der THS. Neue Redakteure sindherzlich eingeladen!Kontaktmöglichkeiten:• Mail, Web: www.ths-pressident.de• Brief: <strong>Pressident</strong>,Datumer Chaussee 2,25421 Pinneberg• Für THSler: Postfach im Sekretariat02/2013 <strong>Pressident</strong> | 47


Unbekannte RäumeFotoreportage Es ist beeindruckend, wie vieleRäume es in der THS gibt, die man <strong>als</strong> Schülernoch nie gesehen hat.Fotos S.W., T.H.48 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


Unter dem Flur vor der Aula befindetsich dieser Teil des Kellers derTHS, in dem die Lüftung für Aulaund Chemieräume gemanagt wird.02/2013 <strong>Pressident</strong> | 49


50 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Einen Stock über der Mensa befindetsich dieser Raum. Von hier gehtdie Warmwasserversorgung für dieKüche aus.


In der alten Sporthalle geht eineTreppe in die 1. Etage. <strong>Die</strong> gleicheTreppe (nach unten) führt in diesenRaum, der die Lüftungsanlagen unddie Warmwasseraufbereitung beinhaltet.02/2013 <strong>Pressident</strong> | 51


52 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Im Beratungsraum (Oberstufentrakt,2. Stock) werden Schüler vonder Initiative "Wir sind ganz Ohr"beraten.


Direkt neben dem Hausmeisterbürohaben die Reinigungskräfte einenAbstellraum (Erdgeschoss). Hierfindet sich alles, was es braucht, umeine Schule, die von etwa 1000 Schülernbesucht wird, zu putzen.02/2013 <strong>Pressident</strong> | 53


54 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Chemiesammlung


Fernwärme-Rohre im Kellersystemunterhalb der Cafeteria.02/2013 <strong>Pressident</strong> | 55


Eine tolle Einrichtung,ganz ohne dieInklusionVom 15.04 bis zum 26.04 2013 machten die 9.Klassen ihr erstes Betriebspraktikum. <strong>Pressident</strong>-Redakteurin Sabrina besuchte eine Behindertenwerkstattin Pinneberg - und lernte dort Dinge,die ihr Leben bereichert haben.56 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Text S.W.In dieser Print-<strong>Ausgabe</strong> geht es um dasTitelthema „Inklusion“. Eine tolle Artund Weise, mit Behinderten umzugehen,wie ich finde. Und trotzdem bewarb ichmich für mein diesjähriges Praktikum imLebenshilfewerk Pinneberg, in der WerkstattEichenkamp. Sie ist eine staatlichanerkannte Reha-Einrichtung, die sichausschließlich um behinderte Menschenkümmert. <strong>Die</strong> Behinderten, oder, wieman auch häufig sagt, die Gehandicapten,arbeiten hier fünf Tage die Wochebis 15.00 Uhr. Würde man hier den Inklusionsgedankendurchführen, wie manes zum Beispiel im Kindergarten der Lebenshilfemacht, würden hier nicht nurBehinderte arbeiten, sondern auch gesundeMenschen. Vor Beginn meines Praktikumsam 15. April 2013 habe ich mich oftgefragt, wieso das hier nicht der Fall ist.Jetzt, im Nachhinein, weiß ich, weswegenes manchmal besser ist, die Inklusionnicht durchzuführen.An meinem ersten Tag des Praktikumsbin ich schon morgens tierisch nervös.Ich habe keine Ahnung, was mich erwartenwird, und was ich machen werde. Nureines beruhigt mich: Einer meiner Klassenkameradenmacht ebenfalls hier Praktikum.Doch wir machen das Praktikumnicht zusammen, er wird in eine völlig andereGruppe gebracht <strong>als</strong> ich. „Also mussich da wohl doch alleine durch“, denke ichund gehe langsam in die mir zugeteilteGruppe. Entgegen meiner Befürchtungensind hier alle wahnsinnig nett, sie nehmenmich sofort in ihre Gemeinschaft aufund akzeptieren mich so wie ich bin. Sosoll es hier immer sein, erfahre ich später.Nie wird jemand direkt ausgeschlossen,und trotzdem zeigt man sich gegenseitig,wenn einem das Verhalten eines Anderennicht gefällt. Im Laufe der nächsten Tagekomme ich den gehandicapten Arbeiternimmer näher und wir unterhalten unsüber alles Mögliche. Das ist eine tolle Eigenschaftvon vielen Behinderten, mankann über wirklich alles mit ihnen reden,und kann sicher sein, dass sie niem<strong>als</strong> etwasweitererzählen werden. <strong>Die</strong> Arbeit,die wir machen, ist hingegen ziemlicheintönig. Ich habe in den gesamten zweiWochen zum Beispiel selten eine andereAufgabe <strong>als</strong> Tee einzupacken. Immer dasselbe:Tee rein, Packung zu, Kleber obendrauf, Ablaufdatum unten drauf, sechsPackungen in einen Karton, Karton zukleben,fertig. Oder eine andere Teesor-


te: 15 Tüten abwechselnd stapeln, in dieSchachtel stecken, Nadel rein, Packung zu,fertig. An zwei Tagen darf ich aber sogarfür Tchibo arbeiten. Das ist dann auch umeiniges anstrengender: Werbezettel richtigherum (!) hinlegen, Kaffeestick mit zweikleinen Punkten bekleben und rauf aufden Werbezettel. Natürlich im richtigenWinkel und Abstand. Hierbei komme ichtatsächlich zwischendurch ins Schwitzen,das ist nämlich gar nicht so leicht, wie esklingt. Doch keiner beklagt sich jem<strong>als</strong>über die Arbeit. Alle wissen, dass dieWerkstatt dankbar sein kann, dass immerwieder neue Aufträge kommen. Denn fürviele Unternehmen wäre es günstiger, dieProdukte mit Maschinen fertigstellen zulassen. Und doch geben selbst große Unternehmenwie Tchibo ihre Produkte zurLebenshilfe, um den Menschen Arbeit zugeben.Meine Mittagspausen verbringe ich meistenszusammen mit einigen Auszubildenden.In der Mensa gibt es jeden Tag Essen.Erst wenn wir schon fast aufgegessen haben,kommen die ersten behinderten Personenin den Saal, aufgeteilt in Gruppen,damit nicht alle auf einmal kommen.Danach geht es wieder an die Arbeit. <strong>Die</strong>Leute aus meiner Gruppe sind mir inzwischenschon richtig ans Herz gewachsen.An meinem letzten Tag gehen wir dannalle zusammen in Hansapark. Gemeinsammit den Behinderten habe ich sogar einigeAttraktionen genutzt, obwohl ich normalerweisetotale Angst davor habe. Sie nahmenmich einfach ganz fest in die Arme,sodass ich gar nicht mehr sehen konnte,wohin wir grade fahren. Gemeinsam mitall den Leuten wird dieser Tag im Hansaparkzu einem der schönsten in meinemLeben. Ich bin glücklich, diese zwei Wochenerlebt zu haben. Und endlich weißich auch, dass Inklusion nicht immer allesist. Denn gesunde, dafür aber manchmalgefühllose Menschen wie an vielen anderenArbeitsplätzen passen in die Lebenshilfeeinfach nicht hinein. ■Einige Leute aus meiner Gruppe,mit denen ich an meinem letztenPraktikumstag in den Hansaparkging02/2013 <strong>Pressident</strong> | 57


Lisa und Merle singen gemeinsamNach PinnebergAm 7. und 8. Mai 2013 präsentierte der WahlpflichtkursMusical in der THS-Aula die Aufführung"Nach Pinneberg".58 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Text S.W.Zwei Jahre bereitete sich das WahlpflichtfachMusical auf die Vorstellung vor, jetztwar es endlich so weit: Das Musical "NachPinneberg" wurde am 7. und 8. Mai 2013in der Aula der THS von Neunt- undAchtklässlern aufgeführt. In der Hauptrollestand Kim Bernhardt <strong>als</strong> Lisa, die gegenihren Willen von Bayern nach Pinnebergzieht. Hierbei stößt sie auf einige Probleme,vor allem aber auf Merle, gespieltvon Melina Pilgenröther. Merle hält sichselbst für die Tollste, und behandelt die imDirndl kommende Lisa dementsprechendherablassend. Als das bayerische Mädchensich dann auch noch in Sasha, den Traummannvon Merle, verliebt, steht für sie fest:Ein Plan muss her, um Lisa aus dem Wegzu räumen. Doch nichts läuft so wie Merlees plant. Lisa wird immer beliebter, undSasha lädt sie sogar zum anstehenden Ballein. Doch statt glücklich mit ihm zu sein,merkt das bayerische Mädchen, dass Sashaein Idiot ist, dem es nur um sich selbstgeht. Und auch Merle ist plötzlich nichtmehr so begeistert von Sasha. Am Endedes beeindruckenden Music<strong>als</strong> sieht manLisa mit einem Jungen, der sie wirklichliebt, und mit dem sie glücklich ist. UndMerle scheint endlich zu merken, dass Beliebtheitnicht alles ist.


Merle versteht nicht, weswegen keinersie magFotos: Francesca RichterUnd nicht nur auf der Bühne wurde vielgeprobt, auch hinter den Kulissen musstenKostüme und andere kreative Dingeentworfen und hergestellt werden.<strong>Die</strong> Musik des Music<strong>als</strong> wurde vom Teamselbst geschrieben, auch die Geschichtedachten sich die Teilnehmer selbst aus. Daes nicht möglich war, das Stück innerhalbeines Schuljahres zu planen und zu üben,wurden zwei Jahre genutzt. Aus diesemGrund gab es auch einige Achtklässler imMusical.Als Zuschauer konnte man das Musicalgenießen, es war ein voller Erfolg! ■BU-Starter Plus:Voller Berufsunfähigkeitsschutzzum Starterpreis.Marcus Reikowski e.K.Thesdorfer Weg 216, 25421 PinnebergTel. 04101/69400Fax 04101/694020pinneberg.sued@provinzial.dewww.provinzial.de/pinneberg.suedAlle Sicherheitfür uns im Norden.02/2013 <strong>Pressident</strong> | 591.1.10_148x105_Pinneberg_Reikowski.indd 1 25.04.13 09:17


Schülerische Lehrer„Was die Schüler können, können wir schonlange“, denken sich einige Lehrer und fangenan, im Internet einen Blog zu errichten.„Kollege Z. hat eine Leseecke eingerichtet“,schreibt Thomas Rau, Lehrer an einemGymnasium in München, in einemEintrag vom 21. Januar 2013 auf seinemLehrerblog „Lehrerzimmer“ – einem Tagebuchim Internet.Thomas Rau unterrichtet Englisch,Deutsch und Informatik an einem Gymnasiumin Bayern. 2004 fing er an, seinenBlog zu schreiben, weil ihm seine Frausagte, dass seine vielen Geschichten auchvon anderen Leuten gehört werden sollten.Das viele Rumbasteln am Computerkannte er schon von seiner Webseiteund war daher kein Problem für ihn. Erschrieb die letzten Jahre zwischen 127und 210 Einträgen pro Jahr, die man alleim Archiv nachlesen kann. In ihnen gehtes hauptsächlich um alles Schulische, aberauch um seine Hobbys, wie z.B. das Fotografierenvon Vögeln. Zu der Frage, ob ersich Sorgen mache, ob Schüler sich lustigüber seinen Blog machen, meinte er, dasihm so etwas nicht auffiele und fügt hinzu:„Ich thematisiere mein Blog in der Schuleauch nicht, das sind getrennte Welten.“Doch sein Blog wird nur von einigenSchülern und Kollegen gelesen und nurvon einem regelmäßig kommentiert. Ersagt selber: „<strong>Die</strong> meisten Leute lesen einfachkeine Blogs, und das gilt auch fürSchüler und Lehrer“.Trotzdem ist er einer der bekanntestenLehrerblogger Deutschlands. Und daswohl auch zu Recht. Thomas Rau schreibtoffen seine Meinung. Ein Problem damit,sein Leben öffentlich zu machen, hat ernicht. Auf der rechten Seite seines Blog60 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Text S.L.platzierte er einige Bilder von sich. Beijedem Neuladen der Seite findet sich einanderes. Mal zeigt er sich mit Sonnenbrille,mal am Strand, mal beim Essen. Raugibt sich nicht <strong>als</strong> Lehrer, er gibt sich <strong>als</strong>Schüler – modern, furchtlos, alternativ.In Lehrerblogs wollen insbesondere Lehrerihr Wissen, ihren Unterrichtsinhaltund ihre Lehrmethoden mit anderen teilen.Andere Lehrer wiederum wollen bloßihrem Alltagstrott entkommen oder mitanderen ihre Erlebnisberichte teilen. Esgeht nicht darum, andere an einen Prangerzu stellen, sondern zu sagen, was einenstört, ohne dabei verurteilt zu werden.Doch dabei müssen sie aufpassen, da dasLehrerkollegium und Schüler den Blog lesenkönnen. Daher schreiben die meistenLehrer anonym, offen und unverblümt,auch weil viele ihren gesamten Frust herauslassen,und dies von witzigen bis heftigenGeschichten gehen kann.Ist es <strong>als</strong>o gut, dass die Lehrer modernerwerden und sich nun im Internet „breitmachen“? Nicht immer, da ein Lehrer zumBeispiel über ein 15-jähriges Mädchenschrieb, welches einen Schlagring in dieSchule mitbrachte. Einige Lehrer nehmenes mit der Schweigepflicht nicht ganz soernst - und das kann sie den Job kosten.Lehrerblogs sollten unbedingt mehr gelesenwerden, denn einige Blogs sindecht spannend und verfügen über vieleverschiedene Themen und Inhalte. Außerdemist es echt interessant, etwas überden Schulalltag eines Lehrers zu lesen undnicht nur die eigenen Eindrücke <strong>als</strong> Schülervom Thema Schule zu haben. ■


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Kurt Fearnley„Bei der Berlinale gab esStanding Ovations!(...) Mitreißend.”Der Tagesspiegel„<strong>Die</strong>ser Film ist berührend undmutmachend, Ihr habt mir einbesonderes Kinoerlebnis ermöglicht.”Facebook„Ein hochemotionaler Film,der viel Mut für den Alltagvermittelt.”FilmdienstDU KANNST MEHR ALS DU DENKSTTrailer unter:62 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Werde Fan!/GOLD.derFilm


<strong>Pressident</strong>chen (5.-7. Klasse)S. 64S. 66S. 69S. 70S. 71S. 7290 Minuten blind seinDialog im Dunkeln<strong>Die</strong> digitale WendeHaben gedruckte Büchereine Zukunft?Basketball-AGJede Menge Dunkingsbei der Basketball-AGder THSBoxen gegen GewaltDer Verein "Gewaltfrei"betreut verhaltensauffälligeJugendlichePolizei PinnebergZu Besuch bei der PinnebergerPolizeiDas Leben eines fastausgeschiedenen Menschender WeltTaubstumme könnenweder sehen noch hören02/2013 <strong>Pressident</strong> | 63


90 Minuten blind seinWas für ein Gefühl ist es, nichts zu sehen undvollkommen auf seinen Blindenstock und dieHilfe anderer angewiesen zu sein? Das kannman bei "Dialog im Dunkeln" in der SpeicherstadtHamburg erfahren.<strong>Die</strong> Idee der Ausstellung "Dialog imDunkeln" ist einfach: In völlig abgedunkeltenRäumen führt ein sehbehinderterMensch die "Sehenden" durch verschiedeneAlltagssituationen. Zu sehen gibtes zwar nichts, dafür kann man aber vielentdecken. Verschieden Gerüche, Geräusche,Töne und Temperaturen simulierenbeispielsweise einen Park, einen Marktoder eine viel befahrene Straße. Ich habe64 | <strong>Pressident</strong> 02/2013Der Eingang zur Ausstellung"Dialog im Dunkeln"diese Ausstellung besucht und es hat mirsehr gut gefallen. Zuerst hat uns eine netteFrau eingewiesen. Alle mussten ihre Uhren(schließlich haben die meisten UhrenLeuchtziffern) und geheimen Taschenlampenwegstecken, damit es auch völligdunkel ist und die Illusion nicht zerstörtwird. Jeder bekam einen Blindenstock,der genau zu der jeweiligen Größe passte.Danach sind wir abgetaucht in dieF: flickr, pickade


Welt der Blinden. Am Anfang war es einungewöhnliches Gefühl überhaupt nichtszu sehen. Im Vorhinein hatte ich erwartet,dass irgendwo immer ein kleiner Lichtschimmerist. Doch da hatte ich michgetäuscht. Etwas später wurden wir voneiner weiteren freundlichen Frau empfangen.Sie heißt Simone und ist blind. Gesehenhaben wir sie nicht, schließlich waralles dunkel. Sie hat uns erzählt, dass sienicht von Anfang an blind war, sondernmit zehn Jahren eine Augenkrankheit bekommenhatte und so erst auf dem einenAuge und dann auf dem anderen Auge erblindetist. Sie hat <strong>als</strong>o noch Vorstellungenvon Farben und Gegenständen. Nachdemwir uns alle persönlich vorgestellt hatten,sind wir durch eine Tür gegangen, beziehungsweisegeirrt, denn niemand wussteso recht wo er gerade lang ging. Der ersteRaum war ein Park. Hier war es schon dieerste Schwierigkeit über eine Brücke zugehen. Schwer vorstellbar. An den Seitenstanden verschiedene Pflanzen, die manerfühlen konnte und auch der Bodenbelagbestand teilweise aus Kies und teilweiseaus Rindenmulch. Vor jeder Tür, die ineinen neuen Abschnitt geführt hat, habenwir uns gesammelt und erst einmalgelauscht, was es hier zu entdecken gibt.So langsam konnte ich auch mit dem Blindenstockumgehen und hatte mich schonetwas daran gewöhnt nichts zu sehen. Balddarauf standen wir an einer dicht befahrenenStraße. Als die Ampel grün gewordenist (das haben wir natürlich nicht gesehen,aber sie hat angefangen zu piepen), solltenwir die Straße überqueren, doch leichtergesagt <strong>als</strong> getan. Erst die BordsteinkanteMit einem Blindenstock geht es indie Dunkelheit.überwinden, dann zügig und vor allemgerade über die Straße und dann wiederdie Bordsteinkante hoch. Ich habe michtotal verirrt und fand mich plötzlich zwischenzwei Autos wieder. Dann setzteauch noch so ein Motorengebrumme ein.Echt gruselig, wenn man noch zwischenzwei Autos steht. Unsere Gruppe ist nochdurch viele weitere Räume gegangen,doch ich möchte nicht alles verraten. AmEnde kamen wir in eine Dunkelbar, in derwir uns etwas Kleines kaufen konnten.Gar nicht so leicht im Dunkeln, wo mandas Geld nicht sieht. Doch Simone, unsereFührerin hat das Wechselgeld schnellerfühlt und wir haben uns alle um einenTisch gesetzt und konnten noch ein paarFragen stellen. Nachdem jeder mit demEssen fertig war, hat Simone uns zumAusgang geführt und sich verabschiedet.Durch einen langsam heller werdendenTunnel sind wir wieder ans Tageslicht gekommen.Der Ausflug hat sich auf jedenFall gelohnt und ist sehr zu empfehlen. ■Autor// F.R.// Klasse 7a// Bei <strong>Pressident</strong> seit 201102/2013 <strong>Pressident</strong> | 65


<strong>Die</strong> digitale WendeHaben Printbücher eine Zukunft oder ist es nureine Frage der Zeit, bis sich E-Books durchgesetzthaben?Ich liege gemütlich in meinem Lümmel-Sitzsack und lese gerade ein dickes Buch.Nebenbei stopfe ich mir meinen Bauchmit Schokolade voll und höre das neuesteAlbum von Linkin Park. Da kommt mirein Gedanke: Wie lange wird es wohl dauern,bis ich nicht mehr mit einem schwerenWälzer hier sitze, sondern ein leichtesE-Book nutze?Ich mache mich daher schlau, woher dasE-Book kommt. 1996 kamen die erstenPDAs (Personal Digital Assistant – kleinetragbare Computer, vergleichbar miteinigen Funktionen unserer heutigenSmartphones) auf den Markt und wareneigentlich zum Verwalten und Anlegenvon Terminen und Kontakten gedacht,konnten aber auch Texte anzeigen. Dadiese Erfindung ziemlich teuer war undwenig Buchtitel zur Auswahl hatte, wurdeder Verkauf 2003 wieder eingestellt.2007 brachte Amazon die erste Versiondes „Kindle“, ein E-Book, das knapp 292Gramm wog, mit einer erweiterten Anzahlan Büchern heraus. Seitdem läuft dasDuell: Print gegen Digital.„Seit zwei Jahren bröckeln die Buch-Umsätze– und die Entwicklung wird sich beschleunigen.Der stationäre Buchhandelverliert weiter, seit fünf Jahren geht es imGrunde nur bergab“, schreibt der Spiegelund ergänzt: „Und dann gibt es da nochdas E-Book, das bei den Verlagen langeverpönt war. Es ist zwar noch ein Minderheitsphänomen,aber die Wachstumsratensind enorm.Lasen vor zwei Jahren nur vier Prozentder Deutschen digitale Bücher auf Gerätenwie Kindle und iPad, sind es heute bereitself Prozent. Und in den USA machenE-Books bereits mehr <strong>als</strong> 15 Prozent desBuchhandelsvolumens aus.“E-Book:• Wenn ich bei Regenwetter keine Lusthabe, einzukaufen, ist das kein Problem.Der Kauf ist in Sekundenschnelleerledigt, sogar weltweit.• Ich spare Geld, indem ich mir einBuch online über eine Bücherei ausleihe.• <strong>Die</strong> Bildschirmhelligkeit ist einstellbar,ich muss <strong>als</strong>o nicht mehr meineTaschenlampe benutzen, wenn ichnachts heimlich unter der Decke lese.Auch die Größe und Schriftart wähleich nach Belieben aus.• <strong>Die</strong> Lesegeräte sind leicht und ichkann auf manchen Geräten bis zu 1500Bücher gleichzeitig verwalten. Das istideal für Bus-und Bahnfahrten und fürden Urlaub.• <strong>Die</strong> E-Books sind per Reader oderApp zu lesen. Es wird behauptet, dassdie meisten Bücher (meist illegal) ca.20% unter dem Ladenpreis liegen.• Da kein Papier benötigt wird, ist esgut für die Umwelt.• Aber es ist auch kalt, flach und anonym.• Mit Freunden kann ich die Büchernicht einfach tauschen.• Am Strand oder in der Schwimmhallewürde ich kein teures elektrischesGerät mitnehmen. Immer wieder mussich auf die Batterielaufzeit achten.66 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


Printbuch:• Es riecht nach Abenteuer und Geschichte.• Ich schalte damit von der übermächtigen,digitalen Welt ab. Es hat Ecken,Kanten, Eselsohren, ist <strong>als</strong>o mein ganzpersönlicher Schatz.• Ich blättere immer wieder gern in denBuchseiten. Manchmal finde ich dannnoch alte Lesezeichen oder den Sandvom letzten Strandurlaub und kommedarüber ins Träumen.• Es steht im Bücherregal und ich erfreuemich an den Anblick.• Aber Bücher sind schwer und im Urlaubbrauche ich eine extra Tasche fürmeine Reisebibliothek.Mich hat dieses Thema nicht mehr losgelassen.Also bin ich zum “Bücherwurm”,einer lokalen Buchhandlung in der PinnebergerInnenstadt, gefahren und habemit Antje Schirmer, Geschäftsführerindes Buchladens, und der BuchhändlerinMonika Frömming über die Zukunft desBuches geredet. Dort habe ich erfahren,dass die Nachfrage nach E-Books größerwird. Manche Kunden kaufen regelmäßigdigitale Bücher. Leser, die E-Books nutzen,gehen durch alle Altersgruppen, zumBeispiel Familien, die sich Urlaubslektürenkaufen oder Schüler, die ins Auslandgehen.Der Kunde bleibt aber trotzdem demPapierbuch treu. <strong>Die</strong> Buchhändlerinnensagten auch, je nachdem, welchen Readerman sich kauft, ist man abhängig vomBuchhandel. Das Kindle zum Beispiel isteng geknüpft an Amazon. <strong>Die</strong>se Übermachtwird den Markt verändern. Es gibtaber auch Reader, die shopunabhängigsind.Der Verdienst an E-Books ist im Bücherwurmnoch minimal, erklären beide Bücherexperten.Sie sind positiv gestimmtund Antje Schirmer meint zur Frage, obes in Zukunft noch traditionelle Buchlädengeben wird, dass Buchhandlungennicht aussterben werden. Aber größereLäden werden sich verkleinern müssenund sich verändern.Schon jetzt werden auch andere Produktewie Schokolade und Deko (Non-Books)angeboten. Bei der Leipziger Buchmesse2013 gab es eine ganze Etage zum Thema„Buchdruckkunst“ (z.B. Bücher mitbesonderen Illustrationen, Bildbände).<strong>Die</strong>se speziellen Angebote werden auchin Zukunft vor allem über Buchhandlungenverkauft werden. Auch Kinderbücherwerden weiter gedruckt. Eine Umfragein den USA und in England hat ergeben,dass 69% der Eltern ihren Kindern nochBücher aus Papier kaufen.Der Kunde wird durch das Netz selbstständiger.Persönliche Beratungen sindjedoch oft individueller, weil gerade inkleinen Läden eine Kundenbeziehungbesteht. Im Internet ist dies oft nur durcheine technische Berechnung wie „Kunden,die diesen Artikel kauften, kauftenauch…“ gegeben.<strong>Die</strong> Buchhändler befürchten aber nicht,dass sich die Kunden, wie in anderenBranchen üblich, bei ihnen gut beratenlassen und dann bei einem anderen• Wenn ich ein bestimmtes Buch sofortlesen möchte, muss ich warten, bis dieBuchhandlung geöffnet hat oder perPost geschickt wurde.• Da Hardcover teurer <strong>als</strong> Softcover istund es nicht alle Bücher im Taschenbuchformatgibt, muss ich genau überlegen,ob ich mir das leisten kann.02/2013 <strong>Pressident</strong> | 67


Buchhändlerin Schirmer: “Ich hoffe,dass Kinder noch lange mit Papierbüchernaufwachsen.”Anbieter im Netz kaufen, da es noch dieBuchpreisbindungen gibt. Der Bücherwurmhat sich der Initiative „Lass denKlick in deiner Stadt“ angeschlossen, damitdie Gewerbesteuern im Ort bleibenund kleine Läden nicht schließen müssen.Das Fazit von Antje Schirmer ist: „Ichhoffe, dass es Buchhandlungen noch langegibt und dass Kinder mit Papierbüchernaufwachsen, denn ein Buch enthält immerviele Erinnerungen.“Zu Hause habe ich noch einmal recherchiert.Während der Bücherwurm sichkeine Sorgen um Umsatzeinbußen wegendes E-Book-Trends macht, klagen andereBuchhandlungen bereits seit Jahren überdie Ausweitung des Handels im Internet.So wird zum Beispiel die große Thalia-Buchhandlung Große Bleichen in HamburgAnfang 2014 schließen.Im Börsenblatt las ich: „Thalia hat ausSicht des Konzerns unter den verändertenKaufverhalten der Kunden zu leiden.Auf vergleichbare Basis verzeichnete dieSparte im Geschäftsjahr 2011/2012 einenUmsatzrückgang von 2,3% auf 915,2 MillionenEuro.“Der Buchhandel versucht aber auch, <strong>als</strong>weiteres Standbein, ins Internetgeschäfteinzusteigen. Man kann zum Beispiel aufder Internetseite einiger Buchhandlungen,so auch des Bücherwurms, Bücherkaufen und sich diese nach Hause liefernlassen bzw. in digitaler Form erwerben.Jetzt sitze ich wieder in meinem Zimmerund lese.Gerade habe ich mir online ein Buch ausder Bibliothek ausgeliehen. Auch im Urlaubwerde ich aus praktischen Gründenmeinen neu ergatterten E-Book-Readermitnehmen.Eine Geschichte aus Papier werde ich abertrotzdem nicht zum Tode verurteilen. Beimanchen Romanen muss ich einfach dasRascheln der Blätter hören und den Duftdes Papiers riechen.Ein Zimmer ohne Bücher kann ich mirauch nicht vorstellen! ■Autor// G.J.// Klasse 7d// Bei <strong>Pressident</strong> seit 201168 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


Basketball-AGAutor// J.G.// Klasse 6a// Bei <strong>Pressident</strong> seit 2013<strong>Die</strong> Basketball-AG trifft sich jedenFreitag in der neuen Sporthalle.<strong>Die</strong> Basketball-AG wurde für alle Schülerder fünften bis zehnten Klassen gegründet.Sie findet Freitagnachmittag von14:30 bis 16 Uhr in der großen Sporthallean der THS statt.Hier wird nicht nur planlos Basketballgespielt, sondern es werden euch auchStatistiken, die Basketballregeln, die verschiedenenPassarten und eine gehörigePortion Teamgeist beigebracht. Außerdemwerden mit euch Spiele gespielt, diedas Treffen des Korbes verbessern sollen.So werdet ihr vielleicht lernen, wie einDunking funktioniert.Ihr werdet vermutlich auch gegen einenTeil der Hoppers spielen. <strong>Die</strong> AG wirdvon drei Mädchen aus der 10c geleitet.Sara, Josephine und Edwina sorgen dafür,dass die Teilnehmer jederzeit gut betreutwerden. ■02/2013 <strong>Pressident</strong> | 69


Boxen gegen GewaltKurt Schoula berichtet über den Verein „GewaltfreiPinneberg e. V.“, der verhaltensauffälligeJugendliche betreut.Kurt Schoula ist einer der sieben Gründungsmitgliederdes Vereins „Gewaltfrei“in Pinneberg. Der Verein, der zurzeit vonHermann Bührig <strong>als</strong> Vorstandsvorsitzendergeleitet wird, wurde 2006 gegründetund hat sich zur Aufgabe gemacht, überwiegendauffällig gewordene Jugendlichezu betreuen. Das Alter spielt keine Rolle,im Augenblick sind es etwa 30 Mädchenund Jungen zwischen acht und 18 Jahren,die vom Verein unterstützt werden. Dochauch nicht auffällig gewordene Jugendlichekönnen Mitglieder des Vereins werden.Für alle bietet der Verein vielfältigeMöglichkeiten zur gesellschaftlichen Eingliederungan. Durch ein intensives Boxtrainingsollen Jugendliche lernen sichan Regeln zu halten und fair miteinanderumzugehen. Außerdem hilft Kurt Schoulaschwer vermittelbaren Jugendlichen nachihrem Schulabschluss einen Ausbildungsplatzzu finden. Er hat daher zu einigenPinneberger Firmen Kontakt aufgenommenund hatte in der Vergangenheit invielen Fällen Erfolg. Immer wieder erhälter von den Firmen positive Rückmeldungenüber das Verhalten der Jugendlichen.Der Verein "Gewaltfrei Pinneberg" arbeitetim Interesse seiner Mitglieder mit derPolizei und der Jugendhilfe zusammen.Mitarbeiter des Vereins nehmen auch anGerichtsverhandlungen junger StraftäterAutor// K.R.// Klasse 6d// Bei <strong>Pressident</strong> seit 2011Kurt Schoula vom Verein "GewaltfreiPinneberg e. V."teil, um ihnen Hilfe anzubieten. Manchmalwerden straffällig gewordene Jugendlicheauch durch den Richter zu "GewaltfreiPinneberg" geschickt. „GewaltfreiPinneberg“ ist auch an dem Kontakt mitSchulen interessiert, leider beruht dasnicht immer auf Gegenseitigkeit. DerVerein ist momentan dabei, gemeinsammit dem Hamburger Projekt „Boxschool“an die Schulen zu gehen, um auch hierBoxkurse anzubieten. Da der Verein Mitglieddes Kreissportverbandes ist, könnendie jungen Boxer sogar an Wettkämpfenteilnehmen. ■70 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


Polizei PinnebergWir waren bei der Polizei Pinneberg und habendort ein Interview durchgeführt.<strong>Die</strong> Polizei Pinneberg beschäftigt 60Mitarbeiter, davon sind 14 weiblich. Damithat das Polizeirevier Pinneberg denhöchsten Anteil an weiblichen Mitarbeiternbundesweit. <strong>Die</strong> Arbeitsplätze derPolizisten werden in mehrere Kategorieneingeteilt: Schichtdienst (Streife), Telefondienst,Verwaltung.Ihre Arbeitsbelastung ist durch den anspruchsvollenSchichtdienst sehr hoch.<strong>Die</strong> Polizei, die in Pinneberg nur ein Revierhat, steht im ständigen Kontakt mitVereinen, die versuchen, die Gewalttätigkeitin Pinneberg zu lindern. <strong>Die</strong> Vereinehaben ein besseres Verhältnis zu den Jugendlichen(<strong>als</strong> Beispiel wurde der Verein"Gewaltfrei Pinneberg" genannt).<strong>Die</strong> Jugendkriminalität ist rückläufig (imVergleich zu anderen Städten im Umkreiswie z.B. Quickborn). Mit Alkohol undDrogen gibt es in Pinneberg laut Polizeikaum Probleme. Wenn es Probleme mitkriminellen Jugendlichen gibt, trifft manhäufig auf bereits bekannte Täter.Auch deswegen hat das Polizeirevier Pinnebergdie Erfahrung gemacht, dass dieJugendstrafe häufig nicht ihre gewünschteWirkung zeigt.Das Jugendschutzgesetz ermöglicht einegroße Spannweite an Maßnahmen zu einemVergehen und häufig wird sehr mildegeurteilt.Damit die Polizistinnen und Polizistenihre Aufgaben gut bewerkstelligen können,müssen sie eine zweieinhalb- bisdreijährige Ausbildung absolvieren.Es gibt 2000-3000 Bewerbungen inSchleswig-Holstein, aber nur die besten300 bekommen einen Ausbildungsplatz.<strong>Die</strong> Bedingungen dafür sind: Bewerbermüssen einen Schulabschluss haben, gutesDeutsch sprechen, sportlich, gesundund gut in Rechtschreibung sein. Außerdemmüssen sie einen guten Vortraghalten können. Wenn die Bewerberinnenund Bewerber Abitur gemacht haben,können sie gleich eine höhere Laufbahneinschlagen. ■Eine Zelle von außen......und von innenAutor// K.R., G.P.// Klasse 6d// Bei <strong>Pressident</strong> seit 201102/2013 <strong>Pressident</strong> | 71


Das Leben eines fastausgeschiedenenMenschen der WeltTaubstumme können weder sehen noch hören.Wie ist es, mit drei statt fünf Sinnen zu leben?Stellt euch mal vor, ihr wäret blind. Dannkönntet ihr diesen Artikel gar nicht lesen.Wenn ihr aber taub wäret, müssten alleKinder in eurer Umgebung die Gebärdensprachebeherrschen oder immer Zettelschreiben. So etwas wäre schrecklich.Aber stellt euch jetzt mal vor, ihr wäretblind und gleichzeitig taub. Ihr könnteteuch weder mit der stimmhaften Sprachenoch mit der Gebärdensprache oderdurch Schreiben verstehen und austauschen.So etwas wäre noch viel schlimmer.Zum Glück seid ihr das nicht. Es gibtaber leider Menschen, die sogenanntenTaubblinden, die taub und blind sind.Meist wachsen solche Menschen in bestimmtenZentren, wo sie professionellbetreut werden, auf. In Hannover undFischbeck gibt es solche Zentren. Um denHörsehbehinderten oder Taubblinden inder Wahrnehmung zu helfen, gibt es z.B.die tiergestützte Pädagogik. Dabei werdeneinmal die Woche Hühner, Schafe,Kaninchen, Meerschweinchen, ein großerund ein kleiner Esel, zwei Hunde undmanchmal auch Schweine oder Ziegen in72 | <strong>Pressident</strong> 02/2013das Zentrum gebracht. <strong>Die</strong>se Tiere dürfenvon den Kindern und Erwachsenen gefüttert,gestreichelt, geritten und geputztwerden. <strong>Die</strong>s hilft den Taubblinden zurWahrnehmung anderer Lebewesen.Das Taubblindenzentrum in Hannoverbesteht aus einem Bildungszentrum undeinem Wohnheim. Im Wohnheim leben60 Hörsehbehinderte und Taubblinde.Jeder verfügt über ein eigenes, wie aufWunsch eingerichtetes, Zimmer. AuchRäume zum Treffen und Austauschenfindet man dort. Doch wie kommuniziertman eigentlich <strong>als</strong> Taubblinder?Ein Taubblinder ohne Hände könnte fastgar nicht mit anderen kommunizieren.Denn sie sprechen mit den Händen undnicht mit Gebärden, wie taube Menschen,sondern mit sogenannten Lormen. Dabeiwird auf der Hand des Taubblindem anverschiedenen Stellen leicht gedrückt undgestrichen. Für jeden einzelnen Buchstabengibt es eine bestimmte Bewegung, dieder Taubblinde fühlt, übersetzt und tastet.Das Tastalphabet erfand HieronymusLorm (1821-1902) und half damit vielenBücher für die ganze FamilieBücher für die ganze FamilieÖffnungszeiten:Montag bis Freitag 9-19 UhrSonnabend 9-16 UhrDingstätte 24 · 25421 Pinneberg · Telefon (0 41 01) 2 32 11 · Fax 51 22 93buchhandlung@buecherwurm-pinneberg.de · www.buecherwurm-pinneberg.deÖffnungszeiten:Montag bis Freitag 9-19 UhrSonnabend 9-16 UhrDingstätte 24 · 25421 Pinneberg · Telefon (0 41 01) 2 32 11 · Fax 51 22 93buchhandlung@buecherwurm-pinneberg.de · www.buecherwurm-pinneberg.de


taubblinden Menschen anderen zuzuhörenund Gefühle und Sorgen mitzuteilen.<strong>Die</strong>se fantastische Erfindung nutzen nochheute taubblinde und hörsehbehinderteKinder, Erwachsene und ältere Menschenzum Sprechen. Da sie einen sehr ausgeprägtenTastsinn haben, gelingt es ihnenmit etwas Übung so schnell zu tasten undzu fühlen, wie wir schreiben können. Wenigstenseinen kleinen Vorteil hat dieseSprache: Sie ist viel leichter zu erlernen <strong>als</strong>die Sprache aus dem Mund. ■Autor// C.R.// Klasse 5a// Bei <strong>Pressident</strong> seit 201202/2013 <strong>Pressident</strong> | 73F: alf loidl, pixelio


Dir ist langweilig?So geht jede Schulstunde schnell vorbei!(<strong>Die</strong>se Hinweise sind natürlich nur zum Anschauen undnicht zum Nachmachen gedacht. Dementsprechendtragen wir keine Verantwortung für die Folgen.)Hat die Stundebegonnen?JAErarbeite 5 neue Möglichkeitendeine Schuhezu nutzen:1)2)3)4)5)Spiele Schere-Stein-Papier mit dir selber!Geheaus derKlasse.Renne über denFlur (auch an deinerKlasse vorbei)und schreie:Hotdogs! HeißeHotdogs!Pflanzesiehierein:74 | <strong>Pressident</strong> 02/2013NEINPflücke eineBlume vondraußen!Nimm mal dasLineal deinesNachbarn,vielleicht gehtdas besser.NeinMacht escoole Geräusche?Klatsche mitdir selber ein,wenn du gewonnenhastReiße eine Seite ausdiesem Heft undtrockne die Blumedamit wieder ab!Gehe zumWaschbeckenund bewässeredie Blume!Ach, und dasKlassenbuchnicht vergessen!Durchwühledas LehrerpultMale an der TafelJaWähle einenmarkantenLehrer(Stimme,Verhalten,...) und imitiereihn!Nimm deinLineal, hängees an dieTischkanteund schwingees!Fange einfachmal an,ganz laut zulachen!Werfe deinenRanzen zumKlassenstreber!


Baue eine Pyramideaus......Büchern...StiftenStarre so lange esgeht einen Punktan der Tafel an!JaHast dueinen Locher?Laufe gegeneine Wandund entschuldigedich beiihr! Sage:Du bistcharakterloswie ...Reiße denHeftrandStück fürStück ab!Was du damit machst,brauchen wir dir jawohl nicht zu sagen.Stelle Konfettiher!NeinJaVervollständige diesenSatz alle 15 Sekunden(Bsp: ...eine Tapete ausden 60ern, ...eine Wachsfigur,...ein Briefbogenschütze,...ein Rumpelkammersänger,...)Spiele mit ihm Ching,Chang, Schmerz! Wenner einen Zug nicht mitmacht,hast du gewonnen!Male eineZielscheibeund hänge siean die gegenüberliegendeWand!Kaue auf demBleistift deinesTischnachbarn! Ister wütend?Wenn derLehreretwas sagt:Frage:Können Siedas beweisen?Versuche mitPapierfliegerndie Zielscheibezu treffen!NeinMale50 Smileys!Nun 25StrichmännchenBemaledeine Fingerund malemit deinenFingern überdiese Seite.Klaue nach und nachunbemerkt einen Stiftnach dem anderen ausder Federtasche deinesNachbarn!Glückwunsch.<strong>Die</strong> Stundeist vorbei!Nicht? Aufzur nächstenSeite!02/2013 <strong>Pressident</strong> | 75


TeilnahmeUnd so nehmt ihr teil:▶ Füllt den Fragebogen aus, schneidet die Seite herausund legt diese in unser Fach (Schülerzeitung) im Sekretariat.Gebe bitte deine Kontaktmöglichkeiten an (E-Mail, Klasse,Name).▶ Natürlich könnt ihr den Fragebogen auch einscannenund uns per Mail zusenden▶ Einsendeschluss ist der 16. Juli.Vielen Dank für eure Mithilfe und viel Glück!GewinnenWir verlosen:▶ Einen großen Präsentkorb von Haribo für die Klasse desGewinners!02/2013 <strong>Pressident</strong> | 77


Lehrersteckbrief - dieses Mal:78 | <strong>Pressident</strong> 02/2013


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80 | <strong>Pressident</strong> 02/2013

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