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Vorlesung: Denken, Erkennen, Wissen (Teil II) - Humboldt ...

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1Prof. Dr. Jörg Wernecke Sommersemester 2007<strong>Vorlesung</strong>: <strong>Denken</strong>, <strong>Erkennen</strong>, <strong>Wissen</strong> (<strong>Teil</strong> <strong>II</strong>)Sitzung: 03.05.2007Thema: John Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung; dgl., Ein Brief über Toleranz.__________________________________________________________________I. Biographische Daten:‣ 29. August 1632 in Wrington bei Bristol; † 28. Oktober 1704 in Oates (Essex); (Spross einerwohlhabenden bürgerlichen Familie)‣ ab 1652 Studium der klassischen <strong>Wissen</strong>schaften (u.a. der Philosophie) in Christ Church an derUniversity of Oxford,‣ 1656 Bachelor of Arts und 1658 Master of Arts;‣ Tätigkeit als Dozent (Lecturer für Griechisch, Rhetorik und Ethik);‣ Studien in den sich etablierenden empirisch-experimentellen <strong>Wissen</strong>schaften (Chemie / Physik undMedizin)‣ Abschluss des Bachelor in Medizin;‣ Studien der Descartes´schen Schriften, Bekanntschaft mit Robert Boyle, Sydenham und Newton;‣ 1665 in diplomatischem Auftrag Reise durch Europa / 1672 erhielt er ein Regierungsamt /Verstrickungen in den Bürgerkrieg;‣ 1667 - 1675 lebte Locke als Arzt und Erzieher im Hause Shaftesbury (Lordkanzler);‣ 1675 - 1679 weitere Europareise (u.a. Frankreich);‣ 1683 - 1688 Exil in Holland‣ 1690 Veröffentlichung »An Essay Concerning Human Understandig«.‣ 1704 Tod von John Locke.<strong>II</strong>.Werke / Veröffentlichungen:‣ 1669 »The Fundamental Constitutions of Carolina« (Koautor 1. Earl of Shaftesbury?);‣ 1675 »Letter from a Person of Quality« (Koautor 1. Earl of Shaftesbury?);‣ 1686 »Briefe über Toleranz« (anonym);‣ 1690 »Two Treatise of Government« (Zwei Abhandlungen über die Regierung) (anonym);‣ 1690 »An Essay concerning Human Understanding« (Versuch über den menschlichen Verstand, einerster Versuch datiert von 1671);‣ 1692 erscheinen die bereits 1668 geschriebenen »Betrachtungen über die Senkung des Zinssatzesund die Erhöhung des Münzwertes« (Plädoyer für den Freihandel).‣ 1694 »Thoughts Concerning Education«.‣ 1695 »Über die Vernunftmäßigkeit des Christentums«<strong>II</strong>I.Allgemeine Bedeutung:Formulierung wesentlicher Grundpositionen neuzeitlicher (a) Erkenntnistheorie und (b) politischerPhilosophie des aufgeklärten Staates und Bürgers, d.i.:1


2(a) erkenntnistheoretischer Empirismus (Abgrenzung von Descartes´, Leibniz´ Rationalismus); Eine Theorieder Erkenntnis bedeutet infolge eine Selbst-Aufklärung des Bewusstseins des Erkenntnissubjekts hinsichtlichdes eigenen, humanen Erkenntnisvermögens.Die Zentrierung auf den Menschen beinhaltet demnach einen Emanzipationsgeschehen auf mehreren EbenenEnde des 17. / Beginn des 18. Jhdt.: Selbst-Bewusstsein hinsichtlich seiner Selbst (im <strong>Denken</strong>(<strong>Wissen</strong>schaft) und Handeln (Moralphilosophie), gegenüber theologischer Dogmatik (Deismus Vernunftsreligion) und gegenüber politischer Autorität (Emanzipation des Bürgers bezüglich der Ansprücheeines absoluten Monarchen, Liberalismus). Grundlegung der Aufklärung in Europa I. Kant.(b) Liberalismus bzw. Vorbereitung der Aufklärung (»enlightment«, Hume und Kant)Allgemein: Verschränkung theoretischer und praktischer Philosophie.IV. »Two Treatise of Government (Zwei Abhandlungen über die Regierung)« (1690)Grundsätzliche Problemstellung: Die Begründung und Legitimation politischer Macht und Herrschaft.Allgemeiner Zugang: Anknüpfung an ideengeschichtlich gegebene naturrechtliche und vertragstheoretischeModelle der Legitimation politischer Herrschaft (vgl. Th. Hobbes, WS 06/07).Zielsetzung: Verfassungsrechtliche Fundierung politischer Herrschaft vor dem Hintergrund der Etablierungeiner bürgerlichen Gesellschaft.Wirkungen: Basis der US-Unabhängigkeitserklärung (1776)Basis der franz. Verfassung von 1791Wirkt bis heute im modernen Verfassungsstaat nachInhalt und zentrale Thesen:Zwei getrennte Bände (hier im Vordergrund: »Second Treatise of Government«)Band I: - Widerlegung Robert Pilmers- Begründung der Souveränität des Einzelnen- Problem der Begründung durch Bibel (Adam) Erbfolge- Problem der Vererbung monarchischer GewaltBand <strong>II</strong> (Über den wahren Ursprung, die Reichweite und den Zweck der staatlichen Regierung):1. Einleitung: Verneinung der Erbmonarchie als gottgegebener Institution2. Der Naturzustand:- vollkommene Freiheit, Gleichheit, nicht Zustand der Zügellosigkeit- Gesetz der Natur: Frieden und Erhaltung der gesamten Menschheit (niemand soll einen anderenschädigen);- jeder kann mittels Vernunft das Naturgesetz erkennen und hat das Recht, das Gesetz der Natur zuvollstrecken- wechselseitige Rechtssprechung und Vollstreckung - Strafe (Wiedergutmachung & Abschreckung)- Recht auf Wiedergutmachung ist nicht abtretbar(3) Der Kriegszustand:- Zustand der Feindschaft und Vernichtung;2


3- geplante Schädigung versetzt in den Kriegszustand (Erklärung durch Versuch oder Ankündigung dieFreiheit eines anderen zu nehmen);- Angreifer darf ungeachtet des drohenden Schadens vernichtet werden ;- Zusammenschluss zur Gesellschaft um den Kriegszustand durch Gesetze zu beenden(4) Die Sklaverei:- Nicht zulässig, da der Mensch keine Gewalt über sein eigenes Leben hat;- Da der Mensch keine Gewalt über das eigene Leben hat, kann er sich nicht unterwerfen, nur durcheigene Schuld kann er seinen Leben an einen anderen verwirken;- aber: Zwangsarbeit zum Todeverurteilter möglich(5) Das Eigentum:- wurde den Menschen von Gott als Gemeingut gegeben (Bibel begründet Besitzanspruch des/allerMenschen an der Natur)- Mensch hat Eigentum an seiner Person und eigener Arbeit- Arbeit begründet Besitzanspruch des Einzelnen- durch Hinzufügen von Arbeit erwirbt er Eigentum bezüglich des Gemeingutes- Notwendigkeit des Privatbesitzes (grundlegende Wirtschaftstheorie)- Bedingungen: es muss genug für andere bleiben, es darf nicht mehr als nötig angeeignet werden- Eigentum ist begrenzt durch das Verbot von Verschwendung- Geld befähigt zur Anhäufung von Reichtum, da es unbegrenzt haltbar ist;(6) Grundthesen:- Selbsterhaltungsrecht des Einzelnen / Widerstandsrecht gegen die Regierung- Freiheit und Gleichheit des Einzelnen (Individuum, Subjekt)- Recht auf Privateigentum- Gesellschaft als Mittel zur Eigentumswahrung- Gesellschaftsvertrag- Begründungsgrundlage: Naturzustand, Kriegszustand- Gewaltenteilung- rationale Begründung von Gesellschaft und Justiz.(7) Die Entstehung von politischen Gesellschaften:- durch Übereinkunft geben die Menschen ihre Freiheit auf und gründen einen politischen Körper, dernach dem Willen der Mehrheit handelt (Mehrheitsprinzip);- Gesellschaftsvertrag: Gewaltabtretung an die Gesellschaft und Zusammenschluss freier und gleicherMenschen;- Eintritt von nachfolgenden Generationen in die Gesellschaft selbst zu wählen;- Zustimmung erfolgt ausdrücklich und bindend oder stillschweigend und widerruflich(8) Ziele der politischen Gesellschaft und der Regierung:- oberstes Ziel: Erhaltung des Eigentums- übergreifende Ziele: Friede, Sicherheit und öffentliches Wohl / Gemeinwohl;3


4- durch Verzicht auf den Status des Naturzustandes können Freiheit und Eigentum besser geschütztwerden;- Gewaltmonopol der Gesellschaft Vollstreckungsgewalt;- Regierung ist verpflichtet nach bestehenden Gesetzen, die verkündet und bekannt gemacht werdenmüssen, zu regieren (Rechtssicherheit), unparteiische und unabhängige Richter einzusetzen ;- keine Entwendung von Eigentum ohne Zustimmung(9) Staatsformen und Regularien politischer Herrschaft- Demokratie, Oligarchie, Monarchie (Erbmonarchie oder Wahlmonarchie bzw. Mischformen dergenannten sind möglich;- Staat nicht als spezifische Regierungsform, sondern unabhängige Gemeinschaft;- Regulation politischer Herrschaft: Gewaltenteilung legislative, exekutive und föderative Gewaltdes Staates- Staat als Ausdruck legislativer, exekutiver und föderativer Macht(10) Die Reichweite der legislative Gewalt:- Legislative ist oberste Gewalt- Ohne Zustimmung der Legislative keine Gesetze- aber: legislative ist nicht absolute / willkürliche Gewalt- Legislative muss nach öffentlich verkündeten, stehenden Gesetzen und durch anerkannte,autorisierte Richter für Gerechtigkeit sorgen- Verbot der Enteignung, Steuern bedürfen der Mehrheitsbilligung- Gesetzgebungsgewalt ist nicht abtretbar(11) Die legislative, exekutive und föderative Gewalt des Staates:Verhalten des Staats nach aussen entspricht einer Person im Naturzustandföderative Gewalt lässt sich schwer durch Gesetze regeln4

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