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Johann Caspar Bluntschli und die Sklaverei. - Louverture.ch

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© 1. September 2012. Hans Barth, <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong>.Hans Barth<strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong><strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong>.<strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>(Quelle: wikipedia; gemeinfrei)Seite 1 von 5


© 1. September 2012. Hans Barth, <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong>.Hans Barth<strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong>.Im Jahre 1993 ers<strong>ch</strong>ien in Züri<strong>ch</strong> ein Aufsatz über den bedeutenden s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>tstheoretiker<strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> (1808-1881) mit dem Titel: "Die Rassentheorie von <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong><strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>." 1 Die Autorin, Frau Brigitte Geiger (heute: Deubelbeiss) hatte ein Jahr zuvor über <strong>die</strong>sesThema bei Prof. Jörg Fis<strong>ch</strong> an der Universität Züri<strong>ch</strong> eine Lizenziatsarbeit mit dem glei<strong>ch</strong>en Titelges<strong>ch</strong>rieben. 2In ihrem Aufsatz behauptet <strong>die</strong> Historikerin, der Re<strong>ch</strong>tsgelehrten <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> habe eines derabs<strong>ch</strong>euli<strong>ch</strong>sten Verbre<strong>ch</strong>en gegen <strong>die</strong> Mens<strong>ch</strong>heit, <strong>die</strong> Versklavung von Millionen Afrikanern, aufeine Weise erklärt, <strong>die</strong> si<strong>ch</strong> wie eine Re<strong>ch</strong>tfertigung liest. Laut <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> habe si<strong>ch</strong> <strong>die</strong> Versklavung"geradezu zwangsläufig" aus dem Charakter der Opfer ergeben.Das Ganze läuft in zwei Sätzen ab. Zunä<strong>ch</strong>st zitiert <strong>die</strong> Historikerin <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>s rassistis<strong>ch</strong>e 3Bes<strong>ch</strong>reibung des Charakters von Afrikanern: "Der Neger wirft si<strong>ch</strong> nieder vor seinem Herrn in denStaub, bestreut seinen Kopf mit As<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> setzt selbst den Fuss des Herrn auf seinen Kopf. Einederartige Niedrigkeit der Gesinnung war von jeher allen aris<strong>ch</strong>en Völkern ein Gräuel." 4 Dannallerdings zitiert sie ni<strong>ch</strong>t mehr direkt, sondern plötzli<strong>ch</strong> indirekt: "Einem sol<strong>ch</strong> niedrigen Charakterfehle vollends <strong>die</strong> Eignung für eine ordentli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tsspre<strong>ch</strong>ung <strong>und</strong> damit für eine moderneStaatsbildung, so dass "Negerdespotien" <strong>und</strong> <strong>die</strong> Versklavung der Rasse geradezu zwangsläufig seien.[Fussnote 91]" 5Frage: wo hat <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> <strong>die</strong> ihm hier angelastete re<strong>ch</strong>tfertigende Erklärung der <strong>Sklaverei</strong> geäussert?Die Fussnote 91 gibt bei Geiger <strong>die</strong> Antwort : "Vgl. <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>, Demokratie. Bd. 2, S. 701f.". Der Lesermuss erraten, dass mit dem Werktitel "Demokratie" <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>s Aufsatz "Demokratie" gemeint ist, derim von <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> <strong>und</strong> Brater herausgegebenen "Deuts<strong>ch</strong>es Staats-Wörterbu<strong>ch</strong>" im Jahre 1857 auf denSeiten 696 bis 707 ers<strong>ch</strong>ien.Wer dort na<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>lägt, findet folgendes: "Die Neger wurden in den südli<strong>ch</strong>en Staaten als Sklaveneingeführt <strong>und</strong> als Sklaven behandelt. Es war ni<strong>ch</strong>t daran zu denken, eine Demokratie aufVolkselemente zu gründen, wel<strong>ch</strong>e weder frei geboren no<strong>ch</strong> zur Freiheit erzogen waren, <strong>die</strong> Fähigkeitzur Selbstregierung besassen no<strong>ch</strong> den Trieb dazu empfanden." 6 Sonst ni<strong>ch</strong>ts. Von einerRe<strong>ch</strong>tfertigung der <strong>Sklaverei</strong> in Form einer Rückführung der <strong>Sklaverei</strong> auf den Charakter derAfrikaner kein einziges Wort.Wie war Frau Geiger dazu gekommen, eine wie au<strong>ch</strong> immer zu beurteilende Bemerkung über <strong>die</strong>Unmögli<strong>ch</strong>keit, eine "Demokratie" auf versklavte Afrikaner zu gründen, umzumünzen in <strong>die</strong>Behauptung, <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> habe <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong> aufgr<strong>und</strong> des Charakters der Afrikaner als "geradezuzwangsläufig" angesehen?In einem Brief am 13.6.2012 stellte i<strong>ch</strong> Frau Geiger-Deubelbeiss genau <strong>die</strong>se Frage, auf <strong>die</strong> sie mir gutsieben Wo<strong>ch</strong>en später, am 2.8.2012, s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> antwortete: "Damals bin i<strong>ch</strong> auf das Thema "DieRassentheorie von <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>" gestossen, weil Herr Professor Jörg Fis<strong>ch</strong> <strong>die</strong>1 GEIGER, Brigitte (1993) : Die Rassentheorie von <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>. In: "Zür<strong>ch</strong>er Tas<strong>ch</strong>enbu<strong>ch</strong> 1994", Züri<strong>ch</strong>1993. pp. 143-171.2 GEIGER, Brigitte (1992) : Die Rassentheorie von <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>. (liz. mas<strong>ch</strong>.) Universität Züri<strong>ch</strong>.3 Vgl. zu <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>s Rassismus: SENN, Marcel (1993) : Rassistis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> antisemitis<strong>ch</strong>e Elemente im Re<strong>ch</strong>tsdenken von<strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>. In: Zeits<strong>ch</strong>rift der Savigny-Stiftung für Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te. Bd. 110. 1993. pp. 372-405. (Es handeltsi<strong>ch</strong> um <strong>die</strong> überarbeitete Fassung von Prof. Senns Zür<strong>ch</strong>er Antrittsvorlesung vom 4.5.1992.)4 BLUNTSCHLI, J. C. & K. Brater (1857) : Deuts<strong>ch</strong>es Staats-Wörterbu<strong>ch</strong>. Bd. 1. Stuttgart <strong>und</strong> Leizig, 1857. p. 323.5 GEIGER (1993), op.cit. p. 165.6 BLUNTSCHLI, J. C. & K. Brater (1857) : Deuts<strong>ch</strong>es Staats-Wörterbu<strong>ch</strong>. Bd. 2. Stuttgart <strong>und</strong> Leizig, 1857. p. 701.Seite 2 von 5


© 1. September 2012. Hans Barth, <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong>.Rassentheorien des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts in einem Colloquium vorgestellt hat. Diese Fragestellung kanndazu verleiten, dass man <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> in einem zu negativen Li<strong>ch</strong>t darstellt. (<strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> wurde in einerReihe mit nationalsozialistis<strong>ch</strong>en Vordenkern behandelt.)" 7In meiner abs<strong>ch</strong>liessenden Antwort vom 9.8.2012 bemerkte i<strong>ch</strong> dazu: "Ihre Erklärung ist sehreinleu<strong>ch</strong>tend. Bedenkt man aber, dass <strong>Sklaverei</strong> ein extrem s<strong>ch</strong>eussli<strong>ch</strong>es Verbre<strong>ch</strong>en gegen <strong>die</strong>Mens<strong>ch</strong>heit ist <strong>und</strong> zu <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>s Zeiten au<strong>ch</strong> so (u.a. von ihm selbst) wahrgenommen wurde, danners<strong>ch</strong>eint <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> in der Behauptung, für ihn sei "<strong>die</strong> Versklavung der s<strong>ch</strong>warzen Rasse geradezuzwangsläufig" gewesen, ni<strong>ch</strong>t nur in "einem zu negativen Li<strong>ch</strong>t", sondern in einem gänzli<strong>ch</strong> fals<strong>ch</strong>en<strong>und</strong> zudem extrem ehrenrührigen Li<strong>ch</strong>t." 8In der Tat. Die hier diskutierte Fals<strong>ch</strong>zus<strong>ch</strong>reibung wirft Fragen auf: Warum wurde <strong>die</strong> Historikerinoffenbar von niemandem <strong>und</strong> zu keiner Zeit auf ihren Irrtum aufmerksam gema<strong>ch</strong>t, <strong>und</strong> <strong>die</strong>s 20 Jahrelang? Warum kommt <strong>die</strong> Historikerin ni<strong>ch</strong>t auf <strong>die</strong> Idee, ihren Fehler zu korrigieren <strong>und</strong> z.B. denVerlag um eine entspre<strong>ch</strong>ende Mitteilung zu bitten oder einen sol<strong>ch</strong>en Hinweis in einer Fa<strong>ch</strong>zeits<strong>ch</strong>riftzu veröffentli<strong>ch</strong>en? Von mir darauf aufmerksam gema<strong>ch</strong>t, dass ihre Fals<strong>ch</strong>-Interpretation vonzumindest einem Historiker 9 in einem vielgelesenen Bu<strong>ch</strong> übernommen wurde, kommt <strong>die</strong>Historikerin ni<strong>ch</strong>t auf <strong>die</strong> Idee, <strong>die</strong>s bei ihrem Fa<strong>ch</strong>kollegen ri<strong>ch</strong>tigzustellen: warum ni<strong>ch</strong>t? Warumversu<strong>ch</strong>t es <strong>die</strong> Historikerin mit einem erneuten Fals<strong>ch</strong>-Bezug: <strong>die</strong>smal wird Prof. Fis<strong>ch</strong> <strong>und</strong> dessenganz korrekte "Fragestellung" zu <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>s Rassismus in Ans<strong>ch</strong>lag gebra<strong>ch</strong>t: <strong>die</strong> könne "dazuverleiten, dass man <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> in einem zu negativen Li<strong>ch</strong>t darstellt". Ist es ni<strong>ch</strong>t weiter s<strong>ch</strong>limm,einem Rassisten wie <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> den unbere<strong>ch</strong>tigten Vorwurf zu ma<strong>ch</strong>en, <strong>die</strong> Opfer selbst für das anihnen begangene Verbre<strong>ch</strong>en der Versklavung verantwortli<strong>ch</strong> zu ma<strong>ch</strong>en?Was nun sagt aber <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> zur <strong>Sklaverei</strong>?1852 : In seinem "Allgemeines Staatsre<strong>ch</strong>t" 10 nennt er das Ziel der Aufhebung der <strong>Sklaverei</strong> "einheiliges <strong>und</strong> gere<strong>ch</strong>tes". Immerhin fünf Jahre vor seinem "Demokratie"-Aufsatz!1863 : Die 3. Auflage seines "Allgemeines Statsre<strong>ch</strong>t" 11 enthält ein langes Kapitel über "Die Sklaven",in dem der Text aus dem “Allgemeines Staatsre<strong>ch</strong>t” von 1852 weiterverwendet <strong>und</strong> ergänzt wird. Klarist für <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong>: "Der Mens<strong>ch</strong> ist von Natur Person, daher kann er ni<strong>ch</strong>t Sa<strong>ch</strong>e, d.h. ni<strong>ch</strong>t Sklavesein." (p. 165). <strong>Sklaverei</strong> in Nordamerika, also an den "Negern" ist alles andere als "geradezuzwangsläufig", nämli<strong>ch</strong>: "Frevel am Geiste der Humanität" (p. 168). Zwar hält <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> <strong>die</strong> US-<strong>Sklaverei</strong> für weniger verwerfli<strong>ch</strong> als <strong>die</strong> antike <strong>Sklaverei</strong>, weil in den USA "<strong>die</strong> Herrs<strong>ch</strong>aft derweiszen Herrn […] über eine von Natur untergeordnete s<strong>ch</strong>warze Rasse geübt wird" (p. 168), aber<strong>die</strong>s führe andererseits zu besonderer "Grausamkeit der Miszhandlung" (p. 169). Kurz, <strong>die</strong>Versklavung der S<strong>ch</strong>warzen "verletzt so <strong>die</strong> göttli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Ordnung aufs tiefste" (p. 169).Man sieht: <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> war Rassist, aber zuglei<strong>ch</strong> ein ganz ents<strong>ch</strong>iedener <strong>Sklaverei</strong>-Gegner.1968 : Dies findet man bestätigt in seinem "Das moderne Völkerre<strong>ch</strong>t der civilisierten Staten alsRe<strong>ch</strong>tsbu<strong>ch</strong> dargestellt." 12 von 1868. Dort heisst es in einem langen Kapitel über "Maßregeln gegen7 GEIGER-DEUBELBEISS, Brigitte (2012) : Brief an mi<strong>ch</strong> vom 2.8.2012.8 BARTH, Hans (2012) : Brief an Frau Geiger-Deubelbeiss vom 9.8.2012.9 FÄSSLER, Hans (2005) : Reise in S<strong>ch</strong>warz-Weiss. S<strong>ch</strong>weizer Ortstermine in Sa<strong>ch</strong>en <strong>Sklaverei</strong>. (Rotpunkt Verlag, 2005). p.261. Ein anderer Historiker, der Geigers Aufsatz kritiklos erwähnt, ist Christian Koller. Er ist seit 2011 "Titularprofessor" ander Uni Züri<strong>ch</strong>. Titularprofessor ist ein Ehrentitel, der in der S<strong>ch</strong>weiz verliehen wird, ohne dass damit ein Anspru<strong>ch</strong> auf einenLehrstuhl verb<strong>und</strong>en wäre. In der Regel ist damit aber eine Lehrverpfli<strong>ch</strong>tung von zwei oder vier Semesterwo<strong>ch</strong>enst<strong>und</strong>enverb<strong>und</strong>en. (Wikipedia). Christian Koller verweist auf Geigers Arbeit: sowohl in seiner Doktorarbeit (1998), als au<strong>ch</strong> inseiner Habilitationss<strong>ch</strong>rift (2003): KOLLER, Christian (2001) : Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt : <strong>die</strong> Diskussionum <strong>die</strong> Verwendung von Kolonialtruppen in Europa zwis<strong>ch</strong>en Rassismus, Kolonial- <strong>und</strong> Militärpolitik (1914 - 1930).Stuttgart, 2001. (Zugl. Dissertation 1998, Universität Züri<strong>ch</strong>); KOLLER, Christian (2001) : Fremdherrs<strong>ch</strong>aft: Ein politis<strong>ch</strong>erKampfbegriff im Zeitalter des Nationalismus. Frankfurt, 2005. (Zugl. Hab.-S<strong>ch</strong>rift 2003, Universität Züri<strong>ch</strong>).10BLUNTSCHLI, J. C. (1852) : Allgemeines Staatsre<strong>ch</strong>t. Mün<strong>ch</strong>en, 1852. p. 56.11 BLUNTSCHLI, J. C. (1863) : Allgemeines Statsre<strong>ch</strong>t. Bd. I. (3. umgearbeitete Aufl.) Cotta. Mün<strong>ch</strong>en, 1863.12 BLUNTSCHLI, <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> (1868) : Das moderne Völkerre<strong>ch</strong>t der civilisierten Staten als Re<strong>ch</strong>tsbu<strong>ch</strong> dargestellt.C.H.Beck's<strong>ch</strong>e Bu<strong>ch</strong>handlung. Nördlingen, 1868.Seite 3 von 5


© 1. September 2012. Hans Barth, <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong>.<strong>die</strong> Sclaverei" : "Der Wiener Congreß mißbilligt in einer förmli<strong>ch</strong>en Erklärung vom 8. Februar 1815den von Afrika na<strong>ch</strong> Amerika betriebenen Negerhandel, "dur<strong>ch</strong> wel<strong>ch</strong>en Afrika entvölkert, Europages<strong>ch</strong>ändet <strong>und</strong> <strong>die</strong> Humanität verletzt" werde. Früher s<strong>ch</strong>on hatten <strong>die</strong> Vereinigten Staten vonAmerika <strong>die</strong>sen s<strong>ch</strong>mähli<strong>ch</strong>en|Seehandel mit s<strong>ch</strong>warzen Mens<strong>ch</strong>en gesetzli<strong>ch</strong> verboten. DieVerurtheilung <strong>die</strong>ser besonders gefährli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> s<strong>ch</strong>ädli<strong>ch</strong>en Art der Sclavenzü<strong>ch</strong>tung dur<strong>ch</strong> denSpru<strong>ch</strong> der civilisierten Mens<strong>ch</strong>heit war nun im Prinzip ents<strong>ch</strong>ieden <strong>und</strong> damit wenigstens erwiesen,daß das Re<strong>ch</strong>tgefühl der Welt humaner <strong>und</strong> freier geworden war, als es im Alterthum <strong>und</strong> imMittelalter gewesen." (p. 19-20).<strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> spri<strong>ch</strong>t von "der Befreiung der Welt von der S<strong>ch</strong>ma<strong>ch</strong> der Sclaverei" (p. 20) <strong>und</strong> sagt: "Eswird daher ni<strong>ch</strong>t mehr lange dauern, bis das allgemeine Re<strong>ch</strong>tsbewusstsein der Welt <strong>die</strong> grossen Sätzeeines jeden humanen Re<strong>ch</strong>ts au<strong>ch</strong> mit völkerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Garantien s<strong>ch</strong>ützen wird: Es gibt keinEigenthum des Mens<strong>ch</strong>en am Mens<strong>ch</strong>en. Die Sclaverei ist im Widerspru<strong>ch</strong> mit dem Re<strong>ch</strong>te dermens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Natur <strong>und</strong> mit dem Gemeinbewusstsein der Mens<strong>ch</strong>heit." (p. 21).Und dann sagt <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> etwas, das ihn deutli<strong>ch</strong> von fast allen heutigen <strong>Sklaverei</strong>-Gegnernunters<strong>ch</strong>eidet: <strong>Sklaverei</strong> sei zu allen Zeiten erkennbar unmoralis<strong>ch</strong> gewesen! 13 Er s<strong>ch</strong>reibt: "Es gibtkein Eigenthum des Mens<strong>ch</strong>en am Mens<strong>ch</strong>en. Jeder Mens<strong>ch</strong> ist Person, d.h. ein re<strong>ch</strong>tsfähiges <strong>und</strong> mitRe<strong>ch</strong>t begabtes Wesen. Dieser natürli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tssatz, der s<strong>ch</strong>on von den römis<strong>ch</strong>en Juristen erkanntwurde, ist während Jahrtausenden von den meisten Völkern gegen ihr besseres Gewissen mißa<strong>ch</strong>tet<strong>und</strong> verdunkelt worden." (p. 209, meine Hervorhebung).Ja, er geht no<strong>ch</strong> einen S<strong>ch</strong>ritt weiter indem er <strong>die</strong> editoris<strong>ch</strong>e Verantwortung für einen Textübernimmt, in dem über <strong>die</strong> "Vorbereitung zur Trennung der Union" der Vereinigten Staaten vonAmerika gesagt wird: "S<strong>ch</strong>amlos, wie nie zuvor, wurde <strong>die</strong> Lehre verkündet, Gott habe <strong>die</strong> s<strong>ch</strong>warzeRasse zur Kne<strong>ch</strong>ts<strong>ch</strong>aft für <strong>die</strong> Weißen ges<strong>ch</strong>affen, <strong>die</strong> Zukunft der Civilisation beruhe auf derAusbreitung <strong>die</strong>ser <strong>Sklaverei</strong> über den Erdball. Sie bilde <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>s<strong>ch</strong>welle jeder Gesells<strong>ch</strong>aft." 14 . Ineinem weiteren S<strong>ch</strong>ritt verteidigt <strong>die</strong>ser Text, dessen Autor ni<strong>ch</strong>t <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> ist, das gewaltsameVorgehen gegen <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong> <strong>und</strong> erklärt John Brown (1800-2.12.1859) zum "Märtyrer" <strong>und</strong> "vomgöttli<strong>ch</strong>en Geist getrieben" : "Ein frommer Volksmann John Brown, ein Abkömmling eines jenerpuritanis<strong>ch</strong>en Pilger, <strong>die</strong> zuerst na<strong>ch</strong> Neuengland gekommen waren, wagte es, vom göttli<strong>ch</strong>en Geistgetrieben, mit bewaffneter Hand für <strong>die</strong> Befreiung der Sklaven zu wirken. Er wurde in Virginienhingeri<strong>ch</strong>tet (Dec. 1859). Aber der Tod des Märtyrers war eine Saat der Freiheit." (p. 727).John Brown war gewaltsam gegen <strong>Sklaverei</strong>-Aktivisten vorgegangen <strong>und</strong> mitverantwortli<strong>ch</strong> für das"Pottawatomie Massacre" (25. mai 1856), der Ermordung von fünf Pro-<strong>Sklaverei</strong>-Siedlern. SeineVerurteilung <strong>und</strong> Hinri<strong>ch</strong>tung ma<strong>ch</strong>te ihn zum Helden der <strong>Sklaverei</strong>gegner in den USA. Victor Hugobat um Gnade für John Brown <strong>und</strong> s<strong>ch</strong>rieb am 2.12.1859 in seinem Offenen Brief aus seinem Exil inGuernsey: "Au point de vue politique, le meurtre de Brown serait une faute irréparable. Il ferait àl’Union une fissure latente qui finirait par la disloquer. Il serait possible que le supplice de Brownconsolidât l’esclavage en Virginie, mais il est certain qu’il ébranlerait toute la démocratie américaine.Vous sauvez votre honte, mais vous tuez votre gloire." 15 Zwei Jahre später traf das ein, was VictorHugo vorausgesagt hatte: <strong>die</strong> Union bra<strong>ch</strong> auseinander <strong>und</strong> der Bürgerkrieg begann.13 Als besonders abstossendes Beispiel für <strong>die</strong> irrige Behauptung, unsere heutige Verurteilung der <strong>Sklaverei</strong> <strong>und</strong> unsere<strong>die</strong>sbezügli<strong>ch</strong>en moralis<strong>ch</strong>en Standards liessen si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t z.B. auf das 19. Jahrh<strong>und</strong>ert anwenden, sei an den Historiker Jean-Pierre Jelmini erinnert <strong>und</strong> an <strong>die</strong> ihm applau<strong>die</strong>rende Stadt Neu<strong>ch</strong>âtel, zu ihrer Zeit eine Ho<strong>ch</strong>burg S<strong>ch</strong>weizer<strong>Sklaverei</strong>profiteure. (Siehe: JELMINI, Jean-Pierre (2010 A) : Neu<strong>ch</strong>âtel 1011 – 2011. Mille ans – Mille questions –Mille etune réponse. Editions Attinger, Hauterive (NE) & La Ville de Neu<strong>ch</strong>âtel, Nov. 2010. 545 Seiten.)14 BLUNTSCHLI, <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> & BRATER, K. (1870) : Deuts<strong>ch</strong>es Staats-Wörterbu<strong>ch</strong>. Bd. 11 (S<strong>ch</strong>luß). Stuttgart <strong>und</strong>Leipzig, 1870. Text von D.H. Meier. p. 726.15 HUGO, Victor : Oeuvres complètes de Victor Hugo. Actes et Paroles, vol. II Pendant l'exil 1852-1870. Pais 1882. p. 239.Seite 4 von 5


© 1. September 2012. Hans Barth, <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong>."The last moments of John Brown" by Thomas Hovenden. (wikipedia; public domain)1872 : S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> beruft si<strong>ch</strong> <strong>Blunts<strong>ch</strong>li</strong> 1872, in seiner S<strong>ch</strong>rift gegen <strong>die</strong> Jesuiten, auf das "heutigeRe<strong>ch</strong>t": "Es verwirft <strong>die</strong> <strong>Sklaverei</strong> pincipiell, weil es wider <strong>die</strong> Mens<strong>ch</strong>ennatur <strong>und</strong> <strong>die</strong> mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>eEhre ist, dass Mens<strong>ch</strong>en als blosse Sa<strong>ch</strong>en behandelt werden, <strong>die</strong> ein Eigenthum anderer Mens<strong>ch</strong>ensind." 16 .16 BLUNTSCHLI, Der Jesuitenorden <strong>und</strong> das deuts<strong>ch</strong>e Rei<strong>ch</strong>. 1872. IN: BLUNTSCHLI, <strong>Johann</strong> <strong>Caspar</strong> : Gesammelte KleineS<strong>ch</strong>riften. Bd. II, Elibron Classics = Faksimile der Ausgabe von 1881, bei C.H. Beck. Seite: 231-232.Seite 5 von 5

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