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Rosen auf den Weg gestreut - Nr. 21 - Autonome Antifa Berlin [A2B]

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Intro & InhaltIn <strong>Berlin</strong> und bundesweit tobt eine Auseinandersetzungum die Unterbringung von Flüchtlingen. Für viele Anwohner_innenist das Ganze eine Frage von Sicherheit, Kriminalitätund „Überfremdung“. Wir sagen: Quatsch! Dassind Menschen, die Schutz benötigen und deshalb sindsie hier willkommen.Zum Glück ist die Stimmung in Pankow nicht wie in Hellersdorf,doch auch hier ist es notwendig, seine Solidaritätmit <strong>den</strong> Flüchtlingen auszudrücken. Mehr davon indieser Ausgabe.Natürlich kann mensch auch bei uns mitmachen. Und sogehts:1. Kommentiert <strong>auf</strong> Facebook.Jaa, wir haben eine Facebook-Seite. Da stehen unsereTexte dr<strong>auf</strong> und ihr könnt uns eure Meinung sagen.Auf: www.facebook.com/<strong>Rosen</strong>AufDen<strong>Weg</strong>Gestreut2. Schickt uns Texte oder werdet Teil des Redaktionskollektivs.Wir drucken Deine Texte und wenn Du Lust hast, aktiverTeil unseres Zeitungskollektivs zu wer<strong>den</strong>, dann schreibuns eine Mail und wir mel<strong>den</strong> uns bei Dir (rosen@riseup.net).Und jetzt: Viel Spaß beim Lesen.<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 2 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 303 - Interview mit <strong>den</strong> Bandcontest-Veranstalten<strong>den</strong> // <strong>Rosen</strong>-Redaktion04 - Chronik - März bis September05 - Ein Flüchtlingsheim in Pankow // EAG06 - Hellersdorf: Rassismus in Reinform // EAG08 - In Hellersdorf ist es zu hell // Blank Magazin13 - I holla back // Nora14 - Barbie - The Nightmare Experience // Julia16 - Femen // EAG18 - Interview mit einer Sexarbeiterin // <strong>Rosen</strong>-Redaktion22 - Die Neonazi-Clique in Buch // Recherche Buch24 - Blut und Ehre (Buchvorstellung) // Buchla<strong>den</strong> Weltkugel28 - Das Böse (Comic) // Lilitu, Moonlight Drive30 - Zwischen Verfolgung und Tanzmusik // Julia32 - Syrien: Wer gegen wen? Und warum? // Hannes Bode36 - Der Irrtum // Zusendung37 - Sojaragout indischer Art (Rezept) // Julia38 - Links und Adressen39 - Termine> 9, 11, 12, 15, 17, 22, 26, 27, 34, 35, 36 - Band-Kurzinterviews<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong>Ihr müßt sie lieb und nett behandeln,erschreckt sie nicht – sie sind so zart!Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln,getreulich ihrer Eigenart!Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft –:Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!Wenn sie in ihren Sälen hetzen,sagt: »Ja und Amen – aber gern!Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen!«Und prügeln sie, so lobt <strong>den</strong> Herrn.Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft!Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft.Und schießen sie –: du lieber Himmel,schätzt ihr das Leben so hoch ein?Das ist ein Pazifisten-Fimmel!Wer möchte nicht gern Opfer sein?Nennt sie: die süßen Schnuckerchen,gebt ihnen Bonbons und Zuckerchen ...Und verspürt ihr auchin euerm Bauch<strong>den</strong> Hitler-Dolch, tief, bis zum Heft –:Küßt die Faschisten, küßt die Faschisten,küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft –![Kurt Tucholsky]Impressum:Die Texte dieses Heftes gebennur die Meinung der jeweiligenAutor_innen wieder.Die Verteiler_innen des Heftssind nicht mit <strong>den</strong> Macher_inneni<strong>den</strong>tisch.Wir verwen<strong>den</strong> die geschlechtsneutraleForm „_innen“ bzw.„*innen“, um neben demmännlichen und weiblichen Geschlechtauch Transgendern undanderen Rechnung zu tragen.(Bei Fragen und Anregungenschreibt einfach <strong>den</strong> beteiligtenGruppen eine Mail.)V.i.S.d.P.: Greta Schloch, <strong>Berlin</strong>erStraße 8a, 13187 <strong>Berlin</strong>Interview mit einem Mitwirken<strong>den</strong> vomJugendbandcontest „Schüler_innen drehen<strong>auf</strong> – Pankow gegen rechts“Unter dem Motto „Schüler drehen <strong>auf</strong> - Pankow gegen rechts“ fand imApril und Mai diesen Monats ein Bandcontest statt. Wir sprachen mit <strong>den</strong>Menschen, die die Konzerte organisierten.<strong>Rosen</strong>: Seid ihr mit dem Bandcontest zufrie<strong>den</strong>?Was lief gut, was nicht so?Im Großen und Ganzen sind damit zufrie<strong>den</strong>. Übereinen Monat lang gab es sechs Konzerte und dreiWorkshops, z.B. zu Rassismus im alltäglichenSprachgebrauch, oder zum Zusammenhang zwischenkapitalistischer Krise und dem Aufstrebendes Faschismus. Wir haben mit zwölf unterschiedlichenSchüler_innenbands mehr als 400 Jugendlichein sechs Jugendklubs gebracht.Pankower Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungenhaben sich gegen Rassismus und Diskriminierunggestellt. Ein Versuch bzw. Jede interessierte Personhatte die Möglichkeit, sich einzubringen und dasProjekt mitzugestalten.Trotzdem war es ein gigantischer organisatorischerAufwand für alle beteiligten Aktivist_innen. Auf allesmuss eine Antwort gegeben wer<strong>den</strong>: Ob zwölfStun<strong>den</strong> vor dem Konzert eine Band oder zwei Tagevorher ein Jugendklub abspringt, ob ohne irgendwelcheMittel Materialien erstellt wer<strong>den</strong> sollenoder ohne großes Wissen über Schüler_innenbandsgleich zwölf davon gefun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> sollen.Da gehen im Stress leider zu oft die technischenProbleme vor die inhaltlichen Diskussionen.<strong>Rosen</strong>: Welche Band hat gewonnen? Welche belegte<strong>den</strong> zweiten Platz?Unser Schüler_innenbandcontest war wie folgt <strong>auf</strong>gebaut:Es gab vier Qualifikationskonzerte, wobeijeweils drei Bands an einem Abend spielten. DieEntscheidung wurde dann zu 50% von <strong>den</strong> Gästenund zu 50% von einer Jury getroffen. Die Jury bestandaus aus einer_m Schüler_in, einem Jugendklubmenschenund einer Person aus dem Vorbereitungskreis.Die Gewinner_innen kamen dann jenach Platzierung ins Finale der Erst- oder Zweitplatzierten.Das große Finale gewann dabei die BandMen-to-be, das kleine Finale Rose Hip.<strong>Rosen</strong>: Und was bekommen die dafür?Wir haben versucht, einen Anreiz zu schaffen, derdie Bands und Jugendfreizeiteinrichtungen engerzusammen bringt. Beide Bands sollen die Möglichkeitbekommen ein Studioalbum <strong>auf</strong>zunehmen,und zwar in <strong>den</strong> Jungedklubs Königsstadt und Maxim.Men-to-be war zusätzlich die Eröffnungsbanddes Open-Air-Konzerts FAYATAK am 14. Juni.<strong>Rosen</strong>: Was war das für ein Vorfall mit der einenBand und dem KIZ-Sample bzw. -Cover?Die Gewinnerband unseres Contests, Men-to-be,hat bei ihrem Qualifikationskonzert ein Cover vomKIZ-Song „Glückskeks“ gespielt, ohne eine Auseinandersetzungdamit nachvollziehbar zu machen,oder eine Begründung geschweige <strong>den</strong>n eine Ankündigungdessen abzugeben.Im Vorfeld der Konzerte hatten wir ein Treffenmit allen Bands, wo wir mit ihnen die generellenPunkte geklärt haben. Dabei natürlich auch unserepolitischen Grundsätze, die beinhalten, dasswir jede Form von Rassismus, Frem<strong>den</strong>feindlichkeit,Homosexuellenfeindlichkeit, Sexismus undjede andere Diskriminierung ablehnen und bekämpfen.Auch wenn KIZ oft versucht, durch starkvulgäre Texte gesellschaftliche Problematiken<strong>auf</strong>zugreifen und nach eigener Aussage lieber verwerflichrappt, als verwerflich zu handeln und zu<strong>den</strong>ken, benutzen sie sexistische Formulierungen.Wir haben die Band im Nachhinein nochmal dar<strong>auf</strong>angesprochen und ihnen mitgeteilt, dass sich dasnicht wiederholen soll. Dabei lehnen wir nicht KIZan sich ab, sondern kritisieren die fehlende Auseinandersetzungmit der Problematik des Sexismus.Während der Contests haben wir die Bands abgefangenund interviewt. In der Zeitung verteilt fin<strong>den</strong>sich Kurzinterviews mit <strong>den</strong> teilnehmen<strong>den</strong>Bands.


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 4 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 5Chronikrechte Aktivitäten im Großbezirk Pankow in <strong>den</strong> Monaten März bis September 201312. März 2013Auf einer Versammlung in Heinersdorf, wo es um<strong>den</strong> dort geplanten Bau einer Fleischfabrik geht,mel<strong>den</strong> sich Anhänger_innen der rechtspopulistischenPartei „Die Freiheit“ und hetzen gegen<strong>den</strong> türkischen Unternehmer, der die Fabrik bauenlassen will. Sie äußern sich anti-muslimisch.22. März 2013Zwei Neonazis jagen einen Menschen, <strong>den</strong> siefür einen Anti-Nazi-Aktivisten halten durch Buch.26. März 2013Das Mahnmal für die Opfer der Euthanasieverbrechenin Buch wird zum wiederholten Mal mitSchriftzügen wie „Lüge“ und „88“ besprüht.24. April 2013Gegen 18:00 Uhr wird in der Weißenseer Gartenstraßeein Mann rassistisch beleidigt.8. Mai 2013Neonazis sprühen am S-Bhf Buch und am nahegelegenensowjetischen Ehrenmal Schriftzügewie „Besatzer raus“ und „Wir feiern nicht“.15. Juni 2013Ein Autofahrer wird von einem anderen Autofahrerin der Schivelbeiner Straße rassistischbeleidigt.15. Juni 2013Ein Mann wird in der Naugarder Straße voneinem Unbekannten in <strong>den</strong> Rücken getreten,geschlagen und rassistisch beleidigt.12. August 2013In Buch bewegen sich zwei Neonazigruppen um23 Uhr durch die Straßen. Die erste Gruppe entferntsystematisch alle Plakate von Linkspartei,SPD, CDU, FDP, Grünen, Piraten und AfD. Die zweiteGruppe hängt dahinter Plakate der NPD <strong>auf</strong>.23. August 2013Die Betreiber_innen eines Linkspartei-Standesam S-Bhf. Buch wer<strong>den</strong> um ca. 14:30 Uhr vonChristian Schmidt und einem weiteren Neonazifotografiert und bedroht. Der Linke-DirektkandidatStefan Liebich ruft dar<strong>auf</strong>hin die Polizei.25. August 2013Von 15 bis 19 Uhr hält sich eine Gruppe von 6-8Neonazis <strong>auf</strong> dem Sommerfest „Bucher Vielfalt“<strong>auf</strong>. Mit dabei sind Christian Schmidt, DiegoPfeiffer, Markus Bischoff und Maurice Gericke(NPD). Sie versuchten eine Veranstaltung zustören und fotografierten die Besucher_innen.1. September 2013Im Heinz-Knobloch-Park versammeln sich 100Menschen, um über das geplante Flüchtlingsheimin der Mühlenstr. zu re<strong>den</strong>. 20 Personen offenbarensich in der Diskussion als Heimgegner_innen. Vereinzelt fallen rassistische Statements.Ca 10 NPD-Neonazis, u.A. Patrick Kukulies & RickHoeckberg, wer<strong>den</strong> <strong>auf</strong> Abstand gehalten.4. September 2013Ein 12-jähriger Junge wird gegen 20 Uhr imStiftsweg rassistisch beleidigt. Der 12-Jährigewird geschlagen, getreten und dabei verletzt.Diese Zusammenstellung basiert <strong>auf</strong> der Chronik der Emanzipativen & <strong>Antifa</strong>schistischen Gruppe.Sie erhebt keinen Anspruch <strong>auf</strong> Vollständigkeit. Sammlungen dieser Art sind vor allem davon abhängig,dass Betroffene von Naziaktionen diese öffentlich machen. Wenn du Opfer oder Zeug_ineiner Naziaktion, eines Übergriffs oder von Propaganda-Aktionen wirst, melde diese bitte unterfolgender E-Mail-Adresse: eag-berlin@riseup.net // Vollständig unter: www.pankow.antifa.ccEin Flüchtlingsheim in PankowRefugeesWelcomeIm August wurde bekannt, dass in der Mühlenstraße 33 ein Heim für etwa300 Flüchtlinge geplant wird. Sie sollen nach Sanierungsarbeiten im Dezembereinziehen. Die Befürchtungen, hier könnte eine ähnliche Dynamikwie in Hellersdorf entstehen, haben sich bisher nicht bewahrheitet.Von: Emanzipative & <strong>Antifa</strong>schistische Gruppe [EAG]Kurz nach dem Bekanntwer<strong>den</strong> des Vorhabenstauchten in Pankow anonyme Flugblätter <strong>auf</strong>,die zu einer Bürgerversammlung gegenüberdem Heim am 1. September einlu<strong>den</strong>. Am frühenAbend dieses Tages fan<strong>den</strong> sich dann auchtatsächlich ungefähr 100 Menschen ein, diemeisten allerdings ganz offensichtlich Antirassist_innenund Unterstützer_innen der Flüchtlinge.Etwa zehn Neonazis waren ebenfallsgekommen, <strong>Antifa</strong>schist_innen verhindertenallerdings, dass sie an der Versammlung teilnehmenkonnten. Sie mussten sich das Geschehenvon Weitem anschauen.Als sich nach längerer Zeit niemand alsVerantwortliche_r für die Einladung zu dieserVersammlung „outete“, entstan<strong>den</strong> mehrerekleinere Gesprächskreise, in <strong>den</strong>en sich aucheinzelne Leute kritisch zu <strong>den</strong> Heimplänen äußerten.Diese Einwände wur<strong>den</strong> jedoch durchArgumente entkräftet. Die Stimmung blieb<strong>den</strong> ganzen Abend über solidarisch gegenüberFlüchtlingen. Die Polizei löste schließlich dieVersammlung <strong>auf</strong>, da sich ja niemand als Anmelder_inzu erkennen gegeben hatte.Seitdem ist Einiges passiert. Sowohl von Seitendes Bezirksamtes als auch von lokalen Jugendklubsund Initiativen wur<strong>den</strong> Vernetzungsrun<strong>den</strong>gebildet, die sich zum Ziel gesetzt haben,<strong>den</strong> Flüchtlingen eine reibungslose Ankunft imBezirk zu ermöglichen. Die Vernetzungen wollenrassistischen Stimmen aus der Bevölkerung vonvornherein entgegenwirken aber auch vorhan<strong>den</strong>eVorurteile abbauen und <strong>den</strong> Flüchtlingendie Hilfe zukommen lassen, die sie benötigen.Die Versuche der Pankower NPD, Stimmunggegen das Heim zu machen, sind bis jetzt verpufft.Sie konnten sbis jetzt keinen Anklang mitihren rassistischen Parolen fin<strong>den</strong>.


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 8 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 9Der Konflikt in HellersdorfIN HELLERSDORFIST ES ZU HELLDie „Blank Magazin“-Autorin Julia Schramm war in <strong>Berlin</strong>Marzahn-Hellersdorf, wo derzeit eine unheilige Allianz vonAnwohnen<strong>den</strong> und organisierten Nazis gegen eine Flüchtlingsunterkunfthetzt. Dies ist eine fiktionalisierte Aufarbeitung. Weitere Informationenfindet ihr hier: www.infoportalhellersdorf.blogsport.deDer Text ist dem „Blank Magazin“ entnommen.Am U-Bahnhof sammelt sie Flaschen. Sie ist alt,adrett gekleidet, eine von <strong>den</strong>en, die ihre Schuheso lange putzt, bis die Löcher weg sind, die mitTaschenlampe und un<strong>auf</strong>fällig an Mülleimernvorbei geht und erst reingreift, wenn vermeintlichkeiner guckt. Sie blickt ins Leergut, in die Mülleimer,fokussiert <strong>auf</strong> die nächste Flasche, stecktsie sorgsam in die gebeutelte Plastiktüte. Ihrschütteres, weißes Haar legt sie sich bestimmtmit diesen blauen Plastikwicklern, die mit derSchnalle aus weichem Gummi. Wie meine Oma.Aus dem Discounter. Nur, dass es wohl nochkeine Discounter gab, als sie ihre gek<strong>auf</strong>t hat.Ihr Geruch erinnert mich an die Vorratskammermeiner Großeltern im Keller, als ich in sie stolpere.Es ist ihr peinlich. Sie will nicht <strong>auf</strong>fallen.Vielleicht blickt sie mir deswegen nicht zurück indie Augen. Auch, damit ich ihren glasigen Blicknicht sehe.Ich schleiche mich an der Flaschensammlerinvorbei, durchquere die Unterführung zum Busbahnhof.Ich war noch nie hier. Außer durch dieLinse eines Privatsenders. Und da wirkt das allesviel unverdrossener. Die grellen Jogginganzüge,die gleißen<strong>den</strong> Plastikfingernägel, der kleineBahnangestellte, der noch in der schlecht sitzen<strong>den</strong>Uniform in seine Plattenbauwohnung im5. Stock und zu niedrigen Decken zurückkehrt.Vielleicht guckt er dann Fernsehen. Oder klicktsich Pornographie. Vielleicht geht er auch malin ein Bordell. Vielleicht bin ich auch nur vollerVorurteile. Er schaut mich <strong>den</strong>noch an wie dieFlaschensammlerin ihre Flaschen.Unsicher, wann der Schienenersatzverkehr michweiterträgt, reihe ich mich ein in <strong>den</strong> schweigen<strong>den</strong>Pulk derer, die aus der Stadt rausfahren,um zu wohnen. Zwischen Alkoholfahnen, plakativbedruckten Kleidungsstücken in tribalerSchrift, abgewetzten Tragetaschen und ein paardie aussehen wie Studierende. An der Bushaltestelleredet niemand. Wieso auch? Meine direkteUmgebung betrachtend, stecke ich mir un<strong>auf</strong>fälligeine Zigarette an, starre in mein mobiles Endgerätund hoffe, dass die bei<strong>den</strong> breit bekreuztenJungs, nicht zur gleichen Demonstration wieich gehen. Gegen Rassismus. Die Jungs möchteKurzinterview:ich ungern <strong>auf</strong> der anderen Seite sehen. Der Buskommt. Ich steige <strong>auf</strong> der anderen Seite ein. Es istmittlerweile fast dunkel, die Straßenlaternen bereitserleuchtet. Der Bus fährt. Und fährt. Endlosan <strong>den</strong> tristen Prachtbauten des Versuches einessozialistischen Staates vorbei. Das Grau blendet,schimmert durch die bunten Übermalungen, die<strong>auf</strong>gemalten Sonnenblumen bröckeln von <strong>den</strong>dünnen Wän<strong>den</strong>. Einst war das hier zum Vorzeigen.Mit fließend Wasser und Strom. Und demGlauben an eine bessere Zukunft.Um mich herum sitzen die Bekannten von derHaltestelle. Weiße Menschen, deren Gesichterschrecklich düster wirken. Müde. Es ist Feierabendverkehr.Auch jetzt schweigen sie alle. Nurdie zwei Betrunkenen mit <strong>den</strong> <strong>auf</strong>gequollenenGesichtern und <strong>den</strong> riesigen Poren <strong>auf</strong> der gerötetenNase machen Geräusche in die dumpfeMenge des Ersatzbusses. Fahren wir im Kreis?Mein Magen hüpft. Um mich herum befin<strong>den</strong>sich Menschen, die zu 4% NPD gewählt habenbei der letzten Wahl. Menschen, die Flüchtlingskinderaus <strong>den</strong> KiTas werfen, die Sarrazin füreinen Propheten halten und Plakate mit „Natürlichdeutsch“ <strong>auf</strong>hängen, <strong>auf</strong> <strong>den</strong>en ein kleinesblondes, blauäugiges Mädchen zu sehen ist.Und auch wenn ich weiß, dass es diese Menschenüberall gibt, befinde ich mich zu weit außerhalbmeines gewohnten Umfeldes, als dassich nicht philosophieren wollte, dass das, wasT-Shirts mit dem Datum der Pogromevon Rostock-Lichtenhagenich in diesem Bus sehe, die Verdichtung dessenist, was ich zu bekämpfen fahre.Der Bus hält. Ich muss aussteigen, meine Bezugsgruppefin<strong>den</strong>. Es ist fast totenstill, nur einleichtes Wispern der Polizistinnen, die sich vorder neon beleuchteten Kneipe gegenüber positionierthaben, in der sich einige der Faschosbefin<strong>den</strong>. Trinken und Randalieren. Mut <strong>auf</strong>nehmen,um die untergebrachten Geflüchteten undUnterstützen<strong>den</strong> vielleicht doch noch anzugreifen.Vielleicht guckt die Polizei ja zu. Mal wieder.Ich schreibe meiner Bezugsgruppe eine Nachrichtvoller Tippfehler. Mein mobiles Endgerätverrät mir, dass die Polizei wohl vorhin schonmaleingegriffen hat, als die Randale zu groß wurde.Und ein Hitlergruß gezeigt wurde. Bei Tageslicht.Mit entschlossenem Schritt durchl<strong>auf</strong>e ich dieUnterführung zum abgetrennten Wohngebiet,Bandname: Men to beMusikstil: leicht poppiger Metal mit ein bisschen Sprechgesang und HipHop-ElementenVorbilder: System of a Down, aber eher ungewolltKommen aus: Pankow und Prenzlauer Berg (Kollwitz- und Ossietzky-Gymnasium)Es gibt sie seit: vier, fünf JahrenPolitische Position: „Nein, wir haben eher Spaß-Texte, wenn Gesellschaftskritik,dann ist sie eher verpackt und mehr so allgemein, am Großen und Ganzen.“„Schon, dass wir hier spielen, ist ja eine Aussage. Ein politisches Motto ist nichtwichtig, aber es ist OK, dass diese Veranstaltung dieses Motto hat.“


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 10 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 11mit einem kleinen Park, ungemähtem Rasen undfrisch gestrichenen Sitzbänken. Vor mir stehenschwarz gekleidete Menschen und im Schimmerndes Abends, kann ich die Polizei kaumvon meiner Bezugsgruppe unterschei<strong>den</strong>. Es istimmer noch sehr still, bedacht, gruselig. Nur einwenig Musik mischt sich unter die Leute. GuteMusik.„Kommst du mit hoch zur Schule?“ – endlich habenich ein bekanntes Gesicht entdeckt. Ich nicke.Deswegen bin ich hier. Wir l<strong>auf</strong>en durch <strong>den</strong>kleinen Park, vorbei an <strong>Antifa</strong>s, an bulligen Leutenmit großen Hun<strong>den</strong> und an Polizei. Die Schule,in der die Geflüchteten untergebracht sind, isthell erleuchtet, an <strong>den</strong> Laternen davor hängenPlakate, die „Gute Heimreise“ wünschen, <strong>auf</strong>dem Bo<strong>den</strong> steht in Arabisch mit weißer Kreidegeschrieben „Herzlich Willkommen“. Einige Geflüchtetesind bereits wieder geflohen, vor <strong>den</strong>Menschen, die sie nicht unterschei<strong>den</strong> können,die ihnen Angst machen, auch wenn sie eigentlichzur Unterstützung da sind. Sie sind jetzt wiederin dem ersten Ankunftslager.Auf der einen Seite der Straße stehen wir,schwarz gekleidet, bunt behaart, eindeutigeSprüche <strong>auf</strong> Plakaten und der Brust. Auf der anderenSeite der Straße stehen die Anwohnen<strong>den</strong>,die seit Wochen gegen die Unterbringung für dieGeflüchteten hetzen. Seite an Seite mit <strong>den</strong> Faschosund all <strong>den</strong> Vorurteilen, all <strong>den</strong> falschenAnnahmen, all der Grausamkeit, die Rassismusbedeutet. „In Rostock haben die sogar ihr eigenesHeim angezündet,“ steht am nächsten Tagin der Zeitung. Nancy. Sie haben leuchtendeKleidung und fleischige Glatzen. Sie strahlen inihrem Hass, lachen. Sie sehen aus, wie die Leuteim Bus. Und dazwischen die Polizei, die eineGrenze bildet zwischen uns und <strong>den</strong>en. Denen,die Photos von uns machen. Mit Blitz.Die Polizei wartet dar<strong>auf</strong> abziehen zu können,wir warten dar<strong>auf</strong>, dass die Geflüchteten nichtangegriffen wer<strong>den</strong>. Die Nazis warten <strong>auf</strong> <strong>den</strong>Führer und die Anwohnen<strong>den</strong> warten dar<strong>auf</strong>wieder unter sich zu sein. Homogen. Weiß. Daerblicke ich die Flaschensammlerin. Sie steht <strong>auf</strong>der anderen Seite. Wie es meine Oma vielleichtauch getan hätte. Ihr Blick verrät die Abneigungfür diejenigen, die es am meisten trifft, die ähnlicheErfahrungen wie meine Oma gemacht haben.Die fliehen mussten, vor der Bedrohungihres Lebens. Glaubt sie an die deutsche Nation?Oder nur an <strong>den</strong> apart aussehen<strong>den</strong> Nazikader,der auch Nachwuchskraft bei der örtlichen Sparkassesein könnte? Sie klammert sich an ihreFlaschen, als nähme sie ihr jemand umgehendweg, der glasige Blick fokussiert, die Augen zuSchlitzen formiert.Meine Oma mochte Schwarze nicht. Sie sagte abschätzigdas N-Wort, um sie zu benennen. UndMenschen, die sie Türken und Kroaten nannte,mochte sie auch nicht. Einmal fragte sie einen Taxifahrer,ob er <strong>den</strong>n auch wirklich hier Auto fahrendürfe. Sie verließ regelmäßig Lä<strong>den</strong>, wenndiese von Menschen betrieben wur<strong>den</strong>, die sieNPD-Kundgebung und antifaschistische Proteste am 13. Juni 2013 am U-Bhf. HellersdorfKurzinterview:Bandname: Derrick Skanckman and the Pikes [Eigentlich Rumblefish - die Bandhatte sich für das Konzert kurzfristig umbenannt. - <strong>Rosen</strong>]Musikstil: unplugged, Blues Rock, Folk, AlternativeVorbilder: RumblefishKommen aus: Wilmersdorf, Zehlendorf, RuhlebenBeim Bandcontest, weil: Wir wur<strong>den</strong> von Rumblefish als Ersatz angefragt.Es gibt sie seit: ein paar WochenPolitische Position: „Reine Interpretationsfrage.“Beim Bandcontest „gegen rechts“ mit dabei, weil: „Nazis fin<strong>den</strong> bei uns keine Liebe.“nicht mochte, weil sie nicht so aussahen, wie siesich Deutsche vorstellte. Wenn sie nicht Peterhießen. Oder Hans. Mein ganzes Leben erinnereich mich an sie nur als Opfer. Krieg, Aderlass,Angst, Arbeit. So viel Arbeit. So wenig Anerkennung.Die Welt war nicht gut zu ihr gewesen.Außer Deutschland. Deutschland hatte sich immerbemüht gut zu ihr zu sein. Den Preis dafürmusste schließlich nicht sie zahlen. Hatte sie niegemusst. Oder gewusst. Sie starb zusammen mitPapst Johannes Paul II, auch wenn sie nicht gläubigwar. Als erste. Dabei hatte ihr nie jemand geglaubt,wenn sie sagte, dass sie als erste sterbe.Wenn sie über Menschen sprach, <strong>den</strong>en sie <strong>auf</strong>Grund biologischer oder semantischer Merkmaleabsprach deutsch sein zu können, vogelfrei zusein, war sie immer ganz ruhig. Unterkühlt, miteiner leicht zischen<strong>den</strong> Aussprache. Als ich daserste Mal Bilder von meinem Opa in Uniform sah,fragte ich nach, ohne Antworten zu bekommen.Ich hörte nur von Hunger und Essensmarken, vonAngst und Tod. Von Hans. Irgendwann wusste ichgenug, um zu wissen, was er getan hatte mit derBinde am Oberarm. Irgendwann sprachen wirnicht mehr darüber. Sie wich mir aus. Sie warauch nicht politisch. Sie war nur ungehalten. Irgendwie.Wütend. Auf Menschen, <strong>den</strong>en sie vorwarfihr Leben zu zerstören. Zerstört zu haben.Sie sprach selten über Deutschland.Es wäre ihr wohl egal, dass ich ihr heute gegenüberstehe, sie anklage für Ideen und Urteile,die das systematische Vernichten von Menschenrechtfertigen. Massenhaft. Vielleicht würde sie– wie so viele – sagen, dass gewaltvoller Widerstandgegen diese Ideen und ihre Konsequenzenfalsch ist. So wie sie es gelernt hat. Dass die Weltso geordnet ist, wie es richtig ist. Gewalt es zuertragen gilt. Auch ohne Gott.Weniger Raum, weniger Mittel, weniger Akzeptanzoder einfach rohe Gewalt, bei der die Polizeigähnend daneben steht. Immer und immerwieder. Einfach nur, weil ein Mensch nicht so ist,wie es die Mehrheit sein will. Wie die Mehrheitglaubt, dass es richtig ist. Wie die Mehrheit ist.Und um sicher zu gehen, wird jeder Verstoß gegendie institutionalisierte Diskriminierung sanktioniert.In letzter Konsequenz mit dem Tod.Deswegen wird <strong>auf</strong> Demos der Polizei auch „Wowart ihr in Rostock?“ zugerufen, wenn sie dieFaschos besser schützen als uns. Wenn sie biszum bitteren Ende garantieren, dass Hetze gegenMenschen betrieben wer<strong>den</strong> darf, dass sich im„Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) befin<strong>den</strong>deMenschen mor<strong>den</strong> dürfen. Dass <strong>den</strong>Opfern dieser Terrorist*innen erst die Schuld gegebenwird. Dass bis heute rechte Ideologien inBehör<strong>den</strong> gängig sind und Menschenleben zerstören.Menschen verachten. Das sind täglicheAngriffe, die in unserem direkten Umfeld sind.Einfach so. Weil es geht.


16. Mai, 15.00 Uhr – Frauen und Männer, junge und ältere Menschen, Kinderund Neugierige sammeln sich an der Weltzeituhr <strong>auf</strong> dem Alexanderplatz.Es wird friedlich demonstriert. Gegen Sexismus im Alltag, die Benachteiligungvon Frauen und veraltete Rollenbilder. Über 300 Menschenbeteiligen sich an der Demonstration. Organisiert wird diese vom Bündnis„Occupy Barbie Dreamhouse“, bestehend aus Vertreter*innen verschie<strong>den</strong>erlinker Jugendverbände.Von: Julia<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 14 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 15Barbie -the Nightmare experienceWas es mit dem pinken Traumhaus <strong>auf</strong> sich hat,erklärt Franziska Sedlak von der Linksjugend-[’solid] in der Zeitschrift „junge Welt“: „[…] kleineMädchen wer<strong>den</strong> binnen einer Stunde durchzehn Räume voller Rollenklischees geschleust:Kochen, schminken, shoppen ist die Devise. AlsHöhepunkt können sie wählen, ob sie »Superstar«oder lieber »Top Model« wer<strong>den</strong> möchten.“Das klingt nach guten Berufsaussichten für diemoderne Quotenfrau von heute, die sich selbstdurch die Perfektion ihres Körpers verwirklicht.Um etwas zu lernen, wiederholen wir es solange,bis wir es uns merken. Je<strong>den</strong> Tag lachen unsschöne, schlanke Menschen an, wieder undwieder, bis wir uns an genau dieses Idealbildgewöhnen. Denn Frauen in der Werbung sehennicht gut aus, um Männern zu gefallen. Vielwichtiger ist es, dass andere Frauen ein Idealbildverinnerlichen, bzw. erlernen und ebenfalls soauszusehen haben. Um dieses Bedürfnis zu befriedigen,helfen jedoch nur Hochglanz-Shampoo,Anti-Pickel Cremes, Make-Up, Volumen-Maskara und Push-Up-BHs. Wer schön sein will,muss konsumieren. Makellosigkeit ist wichtigerals Natürlichkeit, Sexualisierung bleibt besserim Kopf als Inhalte. Ein Idealbild verk<strong>auf</strong>t auchdas wirkungsloseste Produkt.Das Einzige, was heutzutage wirklich schön ist,sind die Umsatzzahlen der Schönheitsindustrie,die im Jahr rund 180 Milliar<strong>den</strong> Dollar betragen.Bedürfnisse wer<strong>den</strong> geschaffen, um immer mehrKosmetikprodukte, Abnehm-Pillen und weitere„einfache Lösungen“ zu verk<strong>auf</strong>en. Die dahinterstehen<strong>den</strong>Profitinteressen sind für Selbstzweifelund Schönheitswahn vieler und immerjüngerer Mädchen verantwortlich.Welche Rolle das Idealbild Barbie dabei spielt,bringt eine „zeitgenössische Philosophin“ ausder Klasse 5a des Heinz-Berggruen-Gymnasiums<strong>auf</strong> <strong>den</strong> Punkt: „Früher wollte jedes Mädcheneine Barbie, während Jungs Barbies hassten.Heute ist jedes Mädchen eine Barbie und jederJunge will eine Barbie.“ Eine ungesunde Entwicklung,<strong>den</strong>n eine Frau mit Barbies Proportionenhätte im realen Leben einen Body-Mass-Indexvon 16,24 (Normalgewicht; BMI von 19-25). Damitwäre sie stark untergewichtig und könnteweder l<strong>auf</strong>en, noch Kinder bekommen.Obwohl es schwer fällt, sich <strong>den</strong> vielen Einflüssenzu entziehen, kann und sollte jede*r <strong>den</strong> Fokus<strong>auf</strong> <strong>den</strong> eigenen Körper legen. Eine reichhaltige,ausgewogene Ernährung und regelmäßigeRuhepausen machen wesentlich glücklicher alsBarbie-Proportionen. Die Grundlage für ein positivesSelbstwertgefühl ist nicht ein perfektesÄußeres, sondern das Wissen um die eigenenFähigkeiten.Mehr Infos zum Thema findet ihr <strong>auf</strong>:www.facebook.com/occupybarbiedreamhouseKurzinterview:Bandname: The Boys next DoorMusikstil: Jeder bringt sein Zeug mit rein, daher undefinierbar, aber irgendwie RockVorbilder: eine Rock’n’Roll-Band [Unverständlich. - <strong>Rosen</strong>]Kommen aus: Prenzlauer Berg (Kollwitz-Gymnasium, Mendelssohn-Bartholdy-Gymnasium)Es gibt sie seit: dreieinhalb JahrenPolitische Position: „Wir sind keine politische Band, haben keine tiefgehen<strong>den</strong> Texte.“Beim Bandcontest „gegen rechts“ mit dabei, weil: „Das finde ich richtig gut, aber ichwundere mich, dass man davon so wenig hier sieht. Obwohl, da draußen steht es irgendwo.“„Ich unterstütze alles, was gegen Gewalt ist. Sowohl gegen rechte als auch gegenlinke Gewalt.“


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 16 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 17FemenNackte Brüste, geballte Fäuste und Blumenkränze im Haar – Bilder vonFEMEN-Aktivistinnen schmückten schon nahezu jedes deutsche Titelblatt.Sie bezeichnen sich selbst als feministisch, doch viele Feminist*innenwollen nichts mit ihnen zu tun haben.Von: Emanzipative & <strong>Antifa</strong>schistische Gruppe [EAG]Die Gruppe FEMEN gründete sich 2008 in derUkraine, mittlerweile gibt es Ableger in vielenLändern, so in Deutschland, Brasilien oderFrankreich. Sie bezeichnen sich selbst als „Sextremistinnen“und ihre Aktionen sind sich meistrelativ ähnlich: Man nehme ein Thema, das mitmännlicher Dominanz zu tun hat (zumindestin <strong>den</strong> Augen von FEMEN), einen H<strong>auf</strong>en Presseund ein paar schlanke, junge Frauen mitBlumen im Haar, die sich die Shirts ausziehenund ihre mit Sprüchen bemalten Brüste in dieKamera halten. Was folgt, ist häufig ein großesMedieninteresse, die Bilder von nackten Brüstengehen um die Welt. Die Message steht dabeinicht selten im Hintergrund der Berichterstattung– was soll man auch groß über Politikberichten, wenn es doch halbnackte Frauen zusehen gibt.Der Grund, aus dem FEMEN ihre Nacktheit zumProtest nutzen wollen, ist klar und durchausnachvollziehbar, wenn auch ein bisschen traurig:Es zieht. FEMEN-Gründerin Anna Guzol sagtin einem Interview: „Das wichtigste Know-How,welches wir eingeführt haben, ist es, Medientechnikenund Feminismus zu verbin<strong>den</strong>. Wirhaben erkannt, dass es heutzutage die wichtigsteAufgabe ist, für die Medien attraktiv zuwer<strong>den</strong>.“ 1 Und wie wird man attraktiv für dieMedien, gerade als Frau? Sie zieht blank. Dochdamit fangen sich die Aktivistinnen auch massiveKritik ein. Denn sie stellen mitnichten einQuerschnitt verschie<strong>den</strong>ster Frauen dar, sindAbbildungen oder gar Vertreterinnen einer breitenMasse. Dicke, alte, behinderte oder einfachdurchschnittlich aussehende Frauen sucht manvergeblich: Die FEMEN-Frauen sind schlank,perfekt gestylt und entsprechen voll und ganzdem herrschen<strong>den</strong> Schönheitsideal. Das zeigtnicht nur, dass sie sich offenbar wenig Gedankendarüber machen, welche Ausschlüsse sieproduzieren. Auch bildet es gut das FrauenundGeschlechterbild der Gruppe ab. Frauensind schön (und - okay - auch stark), Trans- oderIntersexuelle kommen überhaupt nicht vor, undBild im Hintergrund: Feministische Transparentaktion gegen Femen am <strong>21</strong>. September 2013 - die Femen-Frauen versuchten das Transparent zu zerstören1 http://femen.de/anna-guzol-russland-ist-ein-gutes-fallbeispiel-für-junge-feministinnen-190/2 http://www.zeit.de/sport/2012-06/interview-femen-ukraine-protest/seite-23 http://www.spiegel.de/netzwelt/web/musliminnen-gegen-femen-a-893163.htmlKurzinterview:Männer sind die erklärten Gegner. AlexandraSchewtschenko, die sogenannte „Anführerin“von FEMEN Deutschland, meint dazu: „'Wennes so weit ist, müssen wir kämpfen. Dann wirdwieder Blut fließen. Die Revolution wird brutal.'Reporter: 'Wessen Blut?' Schewtschenko: 'Dasder Männer.'“ 2 Am Ende des Protestes stehtfür sie nicht die Emanzipation oder sogar einebefreite Gesellschaft, sondern das Matriarchat,also die Herrschaft von Frauen über Männer.Dieser Ansatz schien in feministischen Diskussioneneigentlich schon sehr lange begraben,aber mit FEMEN hat er scheinbar eine Wiederbelebungerfahren.Also keine befreite Gesellschaft, sondern Frauenherrschaft,keine durchschnittlichen Frauen,sondern Modelmaße: Wogegen protestiert manmit solchen Voraussetzungen? Dar<strong>auf</strong> gibt esviele Antworten, <strong>den</strong>n FEMEN gehen gegen unterschiedlichsteDinge vor, zum Teil auch gegenwirklich fiese: So protestierten sie zum Beispielim Februar gegen <strong>den</strong> italienischen Präsi<strong>den</strong>tenBerlusconi, zogen sich in Frankreichvor Gegner*innen der Schwulenehe aus oderunterstützten die russische feministische Gruppe„Pussy Riot“. Doch in ihrem sogenanntenfeministischen Protest wollen sie auch Frauen„befreien“, die gar nicht von FEMEN befreit wer<strong>den</strong>wollen. So zogen sie sich beispielsweisevor einer Moschee aus, um für die Freiheit muslimischerFrauen zu protestieren. Doch vieledieser Frauen möchten gar nicht, dass nackteBrüste für sie ins Feld geführt wer<strong>den</strong>. „WennIhr mir die Freiheit nehmt, mich zu verschleiern,unterdrückt IHR mich.“, schreibt eine Frau <strong>auf</strong>einem Protestschild. 3Ein ähnliches Beispiel sorgte vor einiger Zeit inHamburg für viel Furore: FEMEN-Aktivistinnenzogen aus, um Prostituierte zu „befreien“, mitFackeln, Hitlergrüßen und <strong>auf</strong> Brüsten geschriebenenSprüchen wie „Sex Industry is Fascism“marschierten sie durch St. Pauli. Dass Sexarbeitnichts, aber so gar nichts mit Faschismusoder Holocaust zu tun hat, dass sich Menschendurch die stilisierten Hakenkreuze <strong>auf</strong> ihrenKörpern angegriffen fühlen könnten, und dasses viele Frauen gibt, die freiwillig als Sexarbeiterintätig sind, spielte für FEMEN bei der Aktionoffenbar keine Rolle.Am Ende bleibt nicht viel mehr als ein fader Geschmackim Mund. FEMEN sind massiv selbstbezogenund fokussiert <strong>auf</strong> Aufmerksamkeitder Medien, inhaltliche Auseinandersetzungoder auch nur Kommunikation mit Betroffenenbleibt dabei <strong>auf</strong> der Strecke. Wenn solche Leutesich als Feministinnen bezeichnen, kannman eigentlich nur müde lächeln.Bandname: A Mormon knows best („Aber wir sind nicht religiös.“)Musikstil: „Drunk“ (Punk, Funk, HardRock, Blues – das Ganze zeitweise betrunken)Vorbilder: Keine.Politische Position: Wenig bis gar nicht, eher Kritik am Menschen als an der GesellschaftBeim Bandcontest „gegen rechts“ mit dabei, weil: „Eine andere Band konnte nichtspielen, daher sind wir eingesprungen.“ „Für politische Fragen sind wir nicht die richtigenAnsprechpartner.“ „Ich kenne die Hintermänner dieser Veranstaltung nicht undmöchte mich jetzt nicht blind mit irgendeinem Projekt i<strong>den</strong>tifizieren.“ „Wir sind aberkeine Nazis.“


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong>: Hallo, schön, dass duZeit gefun<strong>den</strong> hast. Stell dich doch am besten erstmalvor.Nina: Hi, ich heiße Nina, ich bin 23 Jahre alt und arbeiteals Sexarbeiterin.R: Da stellt sich mir gleich die erste Frage: Warumnennst du dich „Sexarbeiterin“ und nicht „Hure“oder „Prostituierte“ oder noch anders?N: Naja, Sexarbeit war ja gesellschaftlich noch niesonderlich gern gesehen. Die Wörter „Hure“ und„Prostituierte“ haben, finde ich, immer einen Beigeschmackvon dieser Ablehnung – auch wenn vieleLeute seltsamerweise der Meinung sind, „Prostituierte“klinge besonders wissenschaftlich und neutral.Vielleicht, weil es lateinisch klingt, ich weiß nicht. DerBegriff „Sexarbeiterin“ hat <strong>den</strong> Vorteil, dass dieser in<strong>den</strong> Fokus rückt, dass es sich hier um Arbeit handelt,so wie Bauarbeiterin oder Hausarbeit. Also nichts mitSeele verk<strong>auf</strong>en oder so, sondern einfach eine Arbeitwie andere Arbeiten auch.<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 18 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 19„Wenn es passt, vereinbartman einen Preis und gehthoch <strong>auf</strong> ein Zimmer“Interview mit einer SexarbeiterinR: Und wie kamst du dazu? Die meisten Frauen wür<strong>den</strong>wohl kaum dr<strong>auf</strong> kommen, oder <strong>den</strong>ke ich mirdas nur so in meiner Männerposition und der Gedanke,mit Sex Geld zu verdienen, ist bei vielen Frauentatsächlich viel präsenter als viele <strong>den</strong>ken wür<strong>den</strong>?N: Wie präsent das bei anderen Frauen ist, kann ichnatürlich nicht sagen. Obwohl schon ein, zwei Freundinnenvon mir halb im Witz gesagt haben, wenn siekeine Kohle mehr haben, kommen sie mal mit (lacht).Ich selbst habe mal mit einer Kommilitonin darübergeredet, die in einem Bordell gearbeitet hat, und ichhatte Lust, das mal auszuprobieren. Sie hat michdann mitgenommen, und ich war natürlich ziemlich<strong>auf</strong>geregt und unsicher, weil sowas macht man janicht alle Tage. Aber das Bordell, in dem wir arbeiten,ist ziemlich nett und achtsam, also wur<strong>den</strong> meine Unsicherheitenda schnell <strong>auf</strong>gefangen.R: Was unterscheidet deine Arbeitsstelle von anderenBordellen oder anderen Formen der Sexarbeit?N: „Mein“ Bordell wird von einer Frau geleitet, dieziemlich nett ist und die früher auch viel für die Rechtevon Sexarbeiterinnen gekämpft hat. Das merktman auch an der Atmosphäre: Zickenkrieg wird nichtgern gesehen, und wir wer<strong>den</strong> auch mal gefragt, obbei uns alles okay ist und wir was brauchen. Praktischläuft das bei uns so, dass es eher wie eine Bar ist. Allesitzen da rum und können sich unterhalten, und dieMänner können die Frauen ansprechen. Und wenn espasst, vereinbart man einen Preis und geht hoch <strong>auf</strong>ein Zimmer. Das gibt uns natürlich immer die Möglichkeit,zu sagen „Nein, <strong>den</strong> will ich nicht“, und ichfinde es auch ganz nett, mit dem Typ vorher ein paarWorte wechseln zu können. Ich glaube, das läuft vonder Struktur her in vielen Bordellen nicht anders, aberich finde das eigentlich ziemlich gut.Soweit ich weiß, arbeitet die Betreiberin auch mitHydra zusammen, zumindest haben die Leute vonHydra sehr positiv von ihr gesprochen.R: Hydra?N: Ja, das ist eine Selbstorganisation von Sexarbeiterinnen.Also, eigentlich ist es ein Verein, der einerseitspolitische Arbeit zum Thema Sexarbeit macht,aber auch alle möglichen Formen von Unterstützunganbietet: Einstiegsberatung, Ausstiegsberatung,Schulungen, Gesundheitsberatung, Veranstaltungenfür Freund*innen oder Familienmitglieder von Sexarbeiterinnen,Steuerberatung und so weiter. Ich selbstwar bei <strong>den</strong>en bei der Einstiegsberatung, was fantastischwar, und gefühlte hundert Mal, weil ich mit demSteuer-Scheiß nicht klargekommen bin. Soweit ichweiß, können in <strong>den</strong> Vorstand nur Sexarbeiterinnengewählt wer<strong>den</strong>, um sicherzustellen, dass es eineSelbstorganisation bleibt.R: Welcher Art sind die Erlebnisse, die du bei deinerArbeit machst? Macht das auch mal Spaß, oder istes manchmal richtig eklig? Was ist normal, was istAusnahme?N: Also wie gesagt, wenn ich jeman<strong>den</strong> richtig ekligfinde, dann kann ich ihn ja jederzeit ablehnen. Aberansonsten ist eigentlich alles dabei. Manchmal sinddie Typen richtig nett und wir können uns gut unterhalten.Obwohl die Gespräche natürlich für mich meistenshalbwegs langweilig sind, wenn ich das naiveMädchen spielen muss und kaum was Politischessagen kann. Wenn wir <strong>auf</strong> dem Zimmer sind, ist esfür mich in der Regel entweder langweilig oder unangenehm.Ich gehöre nicht zu <strong>den</strong> Sexarbeiterinnen,<strong>den</strong>en das total viel Spaß macht, obwohl es das sichernicht selten gibt. Es gehört halt nicht zur Rolle,meine Bedürfnisse äußern zu können, und ich kannauch nicht sagen: „Hey, lass doch jetzt lieber Serienschauen“, wie ich das beim Sex mit Freund*innenmachen könnte. Also, zumindest theoretisch (lacht).Und ich hab halt auch <strong>den</strong> Rahmen von einer Stunde,<strong>den</strong> ich nicht überschreiten darf, weil ich sonst Ärgerkriege, und andererseits darf der Typ aber auch nichtzu schnell kommen, sonst ist er vielleicht ärgerlich.Also schaue ich im Grunde viel <strong>auf</strong> die Uhr und konzentrieremich dar<strong>auf</strong>, was ihm zu gefallen scheint.R: Gibt es einen bestimmten Männer-Typ, der deinerErfahrung nach besonders gern und häufig deine unddie Dienste deiner Kolleginnen nachfragt?N: Nein, bisher habe ich ehrlich gesagt kein Mustererkennen können (lacht). Ich glaube, die Typen, dieda kommen, sind so ziemlich ein Querschnitt der Gesellschaft.Jung oder alt oder verheiratet oder Single...alles. Wobei – wahrscheinlich sind die meistennicht grade arm. Also, auch nicht unbedingt reich,aber ich schätze mal, dass Leute, die von ein paarhundert Euro im Monat leben müssen, kaum 200 davonfür einen Abend raushauen wer<strong>den</strong>.R: Wie hat dein privates Umfeld reagiert, und wiedein politisches?N (lacht): Das ist ja im Grunde das gleiche. Also, naja.Meine Familie weiß nicht, was ich arbeite, und dassoll auch so bleiben. Aber ansonsten habe ich michdafür entschie<strong>den</strong>, offen damit umzugehen. Weilerstens ein Doppelleben viel anstrengender ist, alsein bisschen Gossip jemals sein kann, und zweitensweil es ja sonst eh irgendwann durchsickert. Aber ichhabe <strong>den</strong> Eindruck, dass die meisten Leute nicht wissen,wie sie damit umgehen sollen. Wenn ich erzähle,was ich arbeite, dann geht in <strong>den</strong> Leuten glaub ichso ein Gedankenkarussell los: Wie, wirklich? Was sollich jetzt dazu sagen, was ist politisch korrekt? Ist dasnicht alles zu intim, um nachzufragen? Und am Endekommt meistens dabei raus, dass sie dann gar nichtssagen. Und das fühlt sich natürlich scheiße an: StellProtestaktion von „Hydra“ vor dem Bundestag, 24. Juni 2013


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 20 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite <strong>21</strong>dir mal vor, du erzählst einer_m Freund_in irgendwasaus deinem Leben, und sie_er sagt so gar nichtsdazu. Diese Reaktionen führen halt auch dazu, dassich ganz unsicher bin, wie offen ich überhaupt darüberre<strong>den</strong> kann. Also, wenn ich in einer Runde sitze,und alle erzählen lustige Storys von ihrer Arbeit, dannweiß ich nicht, ob ich jetzt auch ins Gespräch einsteigensoll, oder ob die Leute das vielleicht gar nicht hörenwollen. Es ist <strong>auf</strong> je<strong>den</strong> Fall nicht wie wenn ich alsBäckerin arbeiten würde.Aber mein engstes Umfeld, meine WG, mein nähererFreund*innenkreis, meine Beziehung, sind ganzfantastisch. Mit <strong>den</strong>en kann ich wirklich re<strong>den</strong>, diescheuen sich nicht, mal nachzufragen oder zu sagen,wenn sie was nicht cool fin<strong>den</strong>. Das unterstützt michtotal. Denn ich brauche ja <strong>auf</strong> je<strong>den</strong> Fall auch einenOrt, an dem ich darüber re<strong>den</strong> kann, wenn vielleichtwas scheiße gel<strong>auf</strong>en ist, oder auch total gut, oderwas auch immer. Dafür bin ich sehr dankbar.R: Welchen Umgang mit dir und anderen Sexarbeiter_innenwürdest du dir wünschen von Seiten derFreund_innen, aber auch seitens des Staates?N: Ich würde mir wünschen, dass sich das Bild vonSexarbeit ein bisschen normalisiert. Klar, es ist keinJob wie jeder andere, es gibt natürlich spezielle Problemeund Schwierigkeiten. Aber trotzdem sind wirja keine Aliens. Vom Staat, sofern man sich von demwas wünschen könnte, würde ich mir wünschen, beipolitischen Auseinandersetzungen auch Sexarbeiter_innenzu Wort kommen zu lassen. Außerdemsollte das Prostitutionsgesetz, das ja an sich keineschlechte Idee war, angepasst und verbessert wer<strong>den</strong>,und die blö<strong>den</strong> Konservativen und Pseudo-Feministinnensollen endlich <strong>auf</strong>hören, ein Verbot derSexarbeit zu fordern.Von meinen Freund*innen und Bekannten würde ichmir wünschen, dass sie etwas lockerer mit meinemJob umgehen und nicht immer so beklemmt undsuper-vorsichtig sind. Wir machen ja sonst auch überalles Mögliche Witze und Sprüche und erzählen Geschichtenund was auch immer – warum nicht darüber?R: Für viele Leute, auch für die meisten Linken, istSexarbeit so ungefähr das Schlimmste gleich nachVergewaltigung. Auf einem Plakat der trotzkistischenGruppen „Arbeitermacht“ und „Revolution“zum Frauentag am 8. März 2013 war von Prostitutionimmer nur im Zusammenhang mit Sklaverei und Ausbeutungdie Rede. Das wurde als eine Hölle dargestellt,die Frauen weltweit bedroht. Die feministischeGruppe „Femen“ setzt Pornografie und Prostitutionerstmal mit Faschismus gleich. Was sagst du zu solchenHaltungen und Wahrnehmungen?N: Also, am liebsten würde ich sagen, das sind dochalles Verrückte. Aber so einfach ist es natürlich nicht.Die Vorstellung, dass Sexarbeiterinnen immer versklavt,unglücklich und drogenabhängig sind, habendie Trotzkist*innen ja nicht gepachtet, sondern dasgeistert super viel in der Gesellschaft herum. Ich findedas krass entmündigend, <strong>den</strong>n Sexarbeiter*innenwird damit abgesprochen, für sich selbst sprechenzu können. Und anstatt die Leute wenigstens mal zufragen, wie es ihnen geht, und individuelle Schlüssezu ziehen, wer<strong>den</strong> gleich mal alle in einen Topf geworfen,noch ein paar Horrorvorstellungen dazu, kräftigumgerührt und fertig. Das hat mit Unterstützungnichts zu tun, sondern ist meiner Meinung nach totalbevormun<strong>den</strong>d und kontraproduktiv. Anderes Beispiel:Wenn eine Frau in ihrer Beziehung unglücklichist und meinetwegen geschlagen wird, dann würdestdu ja auch nicht sagen: „Klar, alle Beziehungen undMänner im allgemeinen sind halt scheiße und gewalttätigund gehören verboten“, nur weil sie sich ineinem Gewaltverhältnis befindet. Damit will ich sagen:Es gibt sicher Sexarbeiterinnen, die unfreiwilligarbeiten, unter Druck von einem Typ stehen, Betroffenevon Menschenhandel sind, keine Aufenthaltsgenehmigunghaben, drogenabhängig sind, was auchimmer. Auch wenn das viel weniger sind, als uns AliceSchwarzer [eine prominente, schon etwas ältere Frauenrechtlerin– <strong>Rosen</strong>] glauben lassen will. Aber dassind doch nicht alle, und deswegen kann man dochnicht einen ganzen Berufszweig verbieten oder durch<strong>den</strong> Dreck ziehen. Nur weil einige Kellnerinnen sexistischeSprüche über sich ergehen lassen müssen, willja auch niemand alle Cafés verbieten.R: Was müsste geschehen, damit es keine Sexarbeitmehr gibt, die mit Zwang, Elend und Ausbeutung verbun<strong>den</strong>ist?N: Naja, es dürfte keinen Zwang zur Arbeit mehrgeben, keine Grenzen, kein arm und reich, keineAusbeutung im allgemeinen, kein Patriarchat...Befreite Gesellschaft wäre ganzgut (lacht). Nein, im Ernst: Ich glaube,solange wir im Kapitalismus und im Patriarchatleben, wird Sexarbeit immer, wieandere Arbeit auch, herrschaftsförmig organisiertsein. Solange es Grenzen gibt,wird es illegalisierte Menschen geben,die wenig Auswahlmöglichkeiten haben,was sie arbeiten wollen. Solange jederMensch arbeiten muss, um zu überleben,wird es Frauen geben, die keinen anderenAusweg als Sexarbeit sehen, es aber soschlimm fin<strong>den</strong>, dass sie sich zukoksenmüssen, um das zu überstehen. Aber ichglaube, das liegt daran, dass unsere Gesellschaftso scheiße organisiert ist. Unddie Sexarbeit vorzuschieben und zu sagen:„Da kommt alles Übel her“, ist totaldaneben und bringt nieman<strong>den</strong> weiter.R: Bringt der Job eigentlich gut Knete?N: Jap (lacht)R: Hat sich deine eigene Sexualität bzw.dein Umgang mit ihr durch diese Arbeitverändert, und wenn ja, inwiefern?N: Ja, irgendwie schon, ist aber schwerzu beschreiben. Also, ich habe <strong>auf</strong> je<strong>den</strong>Fall weniger Affären, was glaub ich unteranderem daran liegt, dass der ganze Abl<strong>auf</strong>von Flirten, Küssen, Sex nicht mehrso <strong>auf</strong>regend für mich ist. Ich hatte früherviel öfter was mit Leuten, die natürlichalle irgendwie cool waren, aber die ich imGrunde kaum kannte, wo kein Vertrauenbestand. Und wenn kein Vertrauen zwischenMenschen besteht, läuft das allesja meistens nach ziemlich klassischenMustern ab, und jede*r weiß, was er*siezu machen hat. Und das ist eine Sache,die ich heute nicht mehr so oft mache,weil ich das ja ständig <strong>auf</strong> Arbeit habe –und da krieg ich auch noch Geld dafür.Außerdem könnte man noch sagen, dassmeine Ansprüche an Affären gestiegensind. Ich erwarte jetzt zumindest, dasssie sich meinen Namen merken können(lacht).R: Und gibt es noch was, dass du zum Abschlusssagen möchtest?N: Ja, ich möchte allen Leuten sagen, dasssie sich informieren und nachfragen sollen,bevor sie voreilige Schlüsse ziehen.Das würde viele Probleme schon mal ausder Welt schaffen.R: Okay, dann danke für das Interview!N: Danke dir. Ciao!Hydra e.V.Treffpunkt & Beratungfür ProstituierteKöpenicker Straße187/188D-10997 <strong>Berlin</strong>Fon: 030 - 611 00 23Fax: 030 - 611 00 <strong>21</strong>www.hydra-berlin.deProtestaktion von „Hydra“ vor dem Bundestag, 24. Juni 2013


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> gestReut . HeRbst 2013 . seite 22 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> gestReut . HeRbst 2013 . seite 23RechercheDie Neonazi-Clique in BuchDer Pankower Bezirksteil Buch ist seit mehr als zehn Jahren stetig WohnundAktionsort für organisierte und unorganisierte Neonazis. In regelmäßigenWellen bil<strong>den</strong> sich hier Gruppierungen, die versuchen, ihr Wohngebietin eine neonazistische Dominanzzone zu verwandeln.Von: Recherche BuchChristian Schmidt (vermummt) <strong>auf</strong> einem Balkon inder Wiltbergstraße fotografiert <strong>Antifa</strong>schist_innenKurzinterview:Dabei verkleben und verprühen sie massiv Propaganda,beschädigen Ge<strong>den</strong>ksteine und bedrohenalternative Jugendliche, Migrant_innenund weitere Personen, die in ihr Feindschemapassen. Meist verschwin<strong>den</strong> diese Gruppierungennach einer kurzen Hochphase wiederin der Bedeutungslosigkeit. Höhepunkt dieserwellenhaften Organisierung war der Mord andem Sozialhilfeempfänger Dieter Eich im Mai2000. Seit Anfang 2012 haben in Buch mehrereNeonazicliquen <strong>auf</strong> sich <strong>auf</strong>merksam gemacht,die teilweise in Konkurrenz miteinander stehen,aber zusammen Buch über ein Jahr lang mit Neonazipropagandaverschandelten. Die Neonaziaktivitätenzeigten sich auch in <strong>den</strong> Ergebnissender Bundestagswahl 2013. In drei von sechsBucher Wahllokalen (um die Karower Chaussee)wählten zwischen 4 und 6,2% der Menschendie NPD, das sind über 150 Menschen. Im Wahlkampfhatten die Neonazis NPD-Plakate <strong>auf</strong>gehängtund gleichzeitig alle Plakate andererParteien zerstört. Wir stellen an dieser Stelle diedominante lokale Gruppierung vor:Von der <strong>Autonome</strong>-Nationalisten-Clique zur organisiertenGruppeDie massiven Sprühereien, Sachbeschädigungenund Ansätze von Anti-<strong>Antifa</strong>-Arbeit, dieFabian Knop (links), Christian Schmidt (mitte), Daniel Stern(rechts) bei einer NPD-Kundgebung in HellersdorfBandname: stumbling districtMusikstil: HardRock, aber weit gefächert, blues und Reggae kommen auch mal vorVorbilder: Led Zeppelin („Da wollt ihr aber hoch hinaus!“ – <strong>Rosen</strong>)Kommen aus: Pankow (u.a. Rosa-Luxemburg-gymnasium)Es gibt sie seit: anderthalb Jahren, aber in der besetzung erst etwa einen MonatPolitische Position: nicht mit <strong>den</strong> songs, aber jeder für sich. alle sind gegen rechts undsind auch links, einer war früher auch mal bei der antifa, „aber nicht extrem“ [? - <strong>Rosen</strong>]Beim Bandcontest „gegen rechts“ mit dabei, weil: Mit dem anliegen können sich allei<strong>den</strong>tifizieren.Mathias Ebert (links) bei einer NPD-Kundgebungin Prenzlauer Berg 2011seit Mitte 2012 in Buch zu beobachten sind,sind <strong>auf</strong> eine Clique von Neonazis zurückzuführen,die unter wechseln<strong>den</strong> Bezeichnungen<strong>auf</strong>tritt. Sie bezeichneten sich z.B. als „Freie NationalistenBuch“, „Aktionsgruppe Buch“ und„Anti-<strong>Antifa</strong> Buch“. Neben Aufklebern und Plakatender NPD, „NW-<strong>Berlin</strong>“ und aus dem Internetbezogenen Aufklebern von „PRO Deutschland“und „Bewegung Neue Ordnung“ stellensie auch eigene, schlecht produzierte Motivemit Bezügen zum Nationalsozialismus her. Teileder Gruppe trainiert(e) im Bucher Sportjugendklubund hielt sich dort regelmäßig <strong>auf</strong>. Nichtverwunderlich, so sympatisiert auch der TrainerBenno Atorf (inzwischen gekündigt) mit der Neonaziideologie.Der aktive Kern dieses Zusammenhangssetzt sich aus <strong>den</strong> Neonazis ChristianSchmidt, Daniel Marc Stern, Fabian Knop,Tobias Reinholz und Mathias Ebert zusammen.-Der <strong>Berlin</strong>er Neonazi Christian Schmidt ist voreiner Weile von Lichtenberg nach Buch gezogen.Der ehemalige Aktivist der „Freien Nationalisten<strong>Berlin</strong>-Mitte“ fotografierte von einemBalkon in der Karower Straße am 2. März 2013die Teilnehmer_innen eines <strong>Antifa</strong>-Rundgangs.Am 19. Mai 2013 lief er mit Mathias Ebert undDaniel Stern in sicherem Abstand hinter demzweiten <strong>Antifa</strong>-Rundgang her und entfernte<strong>Antifa</strong>-Aufkleber. Als die drei Neonazis dabeientdeckt wur<strong>den</strong>, lieferten sie sich eine Auseinandersetzungmit <strong>Antifa</strong>schist_innen. Am 6.August 2013 wur<strong>den</strong> Schmidt, Knop und Sternmit weiteren Neonazis dabei gesehen, wie sieNPD-Plakate in Weißensee hängten.-Fabian Knop und Tobias Reinholz stammenTobias Reinholzin BuchKnop (links), Stern (3.v.l.) beimAufhängen von NPD-PlakatenBenno Atdorf (ehem. SJC, links) und TobiasReinholz (2.v.r.) bei einer Veranstaltung des SJCbeide aus Buch und waren/sind hier im Ringer-Team des Sportjugendklub aktiv. Von KnopsWohnung ging im Mai 2013 eine Aktion gegen<strong>Antifa</strong>schistist_innen aus. Er war im Mai2012 mit weiteren Neonazis am Rande derDieter-Eich-Demonstration unterwegs. TobiasReinholz ist scheinbar für einen guten Teil derSprühereien in Buch verantwortlich. Im Umfeldseiner Wohnung waren Hauswände regelmäßigmit Nazisprüchen verunstaltet. Auch er war Teilder Gruppe, die aus Knops Hausflur Linke ausspähten.-Daniel Stern stammt aus Eisenhüttenstadt undbeteiligte sich an mehreren Aktionen z.B. demAufhängen von NPD-Wahlplakaten im Bezirkund einer NPD-Kundgebung in Hellersdorf.-Der ebenfalls aus Eisenhüttenstadt stammendeMathias Ebert - ist seit mindestens 2010 inder Bucher Neonaziszene aktiv. Ebert nahm –zusammen mit <strong>den</strong> Angehörigen des BucherS<strong>auf</strong>-Nazi-Zusammenhangs „KS DeutscheEiche“ um Paul Schilling - an einigen Aufmärschenin <strong>Berlin</strong> und Bran<strong>den</strong>burg teil und übernahmdort auch Aufgaben (Fahnenträger am


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 24 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 2513. August 2011 in Prenzlauer Berg / Transparentverantwortlicheram 6. Juli 2013 in Halle).Den zwischenzeitlich betriebenen Facebook-Account der „A.G. Buch“ zierte als Profilbildein Foto von ihm <strong>auf</strong> dem Aufmarsch am 15. Juli2011 in Britz. Die Konflikte mit anderen BucherNeonazis trug er allerdings nicht nur in Formvon Sprühereien aus. Ebert leitete auch Informationen,wie Namen, Fotos und Treffpunktevon weiteren Neo-nazis (auch von seinen eigenenMitstreitern) an <strong>Antifa</strong>schist_innen undan Strafverfolgungsbehör<strong>den</strong> weiter. So wurdezum Beispiel ein Aufmarschversuch von Neonazisam 10. Januar 2013 <strong>auf</strong>grund seines Tippsvon der Polizei <strong>auf</strong>gelöst.Der Zusammenhang von Schmidt, Stern, Knop,Reinholz und Ebert versuchte in <strong>den</strong> letzten Monatenmehrere Male antifaschistische und bürgerlicheVeranstaltungen in Buch auszuspähenund zu stören, bedrohten die Betreiber_innenvon Wahlkampfstän<strong>den</strong> und klebten weiterhinBuchvorstellungBlut und EhreGeschichte und Gegenwartrechter Gewalt in DeutschlandAndrea Röpke/Andreas Speit (Hg.): Ch. Links Verlag 2013, 286 S., 19,90 €Vorgestellt vom: Buchla<strong>den</strong> zur schwanken<strong>den</strong> Weltkugel (Kastanienallee 85- Prenzlauer Berg)„Bis zuletzt“ habe er sich „nicht vorstellenkönnen, dass es Rechtsterrorismusin diesem Ausmaß gibt“.Wolfgang Geier, leitender Kriminaldirektorbeim Polizeipräsidium UnterfrankenIm Jahr 1952 teilte der ehemalige SS-OffizierHans Otto der Hessischen Polizei mit, Mitgliedeiner bewaffneten Organisation namensNeonazi-Propaganda in Buch. Und doch isteine Veränderung festzustellen.Blick in die ZukunftEs scheint so, als hätte auch diese Clique inzwischenihren Höhepunkt bereits überschritten.Seit einiger Zeit haben die wöchentlichenmassiven Propagandarun<strong>den</strong> in Buch nachgelassen.Nur vereinzelt wer<strong>den</strong> noch Aufklebergeklebt. Die Neonazis suchen derzeit <strong>den</strong> Anschlussan die Pankower NPD. Sie waren aktivim Wahlkampf, hängten NPD-Plakate undnahmen an NPD-Kundgebungen teil. Es deuteteiniges dar<strong>auf</strong> hin, dass sie auch in Zukunftversuchen wer<strong>den</strong>, Buch als Neonazi-Dominanzraum<strong>auf</strong>zubauen und darüber hinaus ihrenWirkungsbereich erweitern. Jetzt allerdingsunter dem Label NPD.Für <strong>Antifa</strong>schist_innen ist das Problem Naziszenein Buch noch nicht erledigt.„Bund Deutscher Jugend“ (BDJ) zu sein, deren„Technischer Dienst“ <strong>den</strong> Partisanenkrieg für<strong>den</strong> Fall einer „bolschewistischen Invasion“trainiere. Diese Organisation hatte nach eigenenAngaben 17.000 (siebzehntausend!), nachEinschätzung des Innenminsteriums „nur“etwa 700 Mitglieder. Sie übte in einem Hausim O<strong>den</strong>wald mit unterirdischen Schießanlagenund Bunkern. Waffen und Munition stelltenus-amerikanische Geheimdienststellen zurVerfügung. Erst Anfang der 1990er Jahre wurdedie Dimension dieses Skandals klarer, als derBDJ als erster Versuch eines europaweiten bewaffnetenGeheimdienst-Netzwerkes namensGladio entlarvt wurde. Der Bundesnachrichtendienst(BND) räumte ein, sich seit 1959 an diesemProjekt beteiligt zu haben.„Die Brutalität und Präzision“ derNSU-Morde habe es vorher noch nie gegeben,betonte der Chef des Bundeskriminalamtes,Jörg Ziercke.Am 26.September 1980 explodierte eine Bombeam Haupteingang des Münchner Oktoberfestes.13 Menschen starben, <strong>21</strong>1 wur<strong>den</strong> verletzt,davon 68 schwer. Als alleiniger Täter giltoffiziell bis heute Gundolf Köhler, ein Anhängerder „Wehrsportgruppe Hoffmann“. Auch nachdem1982 ein anderes Mitglied der Wehrsportgruppe,Stefan Wagner, kurz bevor er sich beieinem Amokl<strong>auf</strong> selbst tötete, sich selbst derMittäterschaft bezichtigte, und trotz Zeugenaussagen,wonach Köhler vor dem Anschlag inBegleitung zweier Männer gesehen wurde, giltKöhler immer noch als Einzeltäter. Trotz Hinweisen<strong>auf</strong> Geheimdienstspitzel im Umfeld derWehrsportgruppe, trotz eines Leichenteils, daskeiner bzw. keinem der Toten zugeordnet wer<strong>den</strong>konnte, trotz der Wieder<strong>auf</strong>nahmeanträgeeines Opferanwaltes, schloss die Generalbundesanwaltschaft<strong>den</strong> Fall ab und vernichtetewichtige Asservate.„Man konnte sich bis vor wenigenTagen nicht vorstellen, dass es tatsächlichterroristische Organisationengeben könnte oder Zellengeben könnte, die mor<strong>den</strong>d durchsLand l<strong>auf</strong>en.“Hans-Peter Friedrich, CSU, Bundesinnenminister,16.11.2011Im Dezember 1980, drei Monate nach demOktoberfestattentat, wur<strong>den</strong> in Erlangen derVorsitzende der Jüdischen KultusgemeindeShlomo Levin und seine Frau Frida Poeschkeerschossen. Die Polizei suchte <strong>den</strong> Täter in derJüdischen Gemeinde.Gab es keine Hinweise <strong>auf</strong> <strong>den</strong> neonazistischenTäter? Doch. Der Mörder, Uwe Behrendt, Mitgliedder wenige Monate zuvor verbotenen„Wehrsportgruppe Hoffmann“, hatte am Tatorteinen Wink mit der chinesischen Mauer hinterlassen:Die Sonnenbrille der Freundin seinesChefs Karl-Heinz Hoffmann. Dieser setzte sichnach dem Verbot in <strong>den</strong> Libanon ab, wo ersich in einem PLO-Camp an der Kalaschnikowund Panzerfaust ausbil<strong>den</strong> ließ. Er wurde 1986wegen vielerlei Vergehen verurteilt und 1989vorzeitig aus der Haft entlassen. Seit 2010 tritter wieder offen in der Nazi-Szene <strong>auf</strong> und hatzuletzt ein Buch über das „NSU-Trio“ veröffentlicht,worin er klagt, dass drei junge Menschenwegen „Jugendstreichen“ in <strong>den</strong> Untergrundgetrieben wor<strong>den</strong> seien.„Derzeit sind in Deutschland keinerechtsterroristischen Organisationenund Strukturen erkennbar.“Das teilte das Bundesamt für Verfassungsschutzin seiner Studie „Rechtsextremismus <strong>Nr</strong>.<strong>21</strong> –Entwicklung von 1997 bis Mitte 2004“ mit.2005 wur<strong>den</strong> der aus Anklam stammendeMünchner Neonazi Martin Wiese und drei weitereAngehörige der Kameradschaft Süd wegenMitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigungverurteilt. Sie hatten Wehrsportübungendurchgeführt, Sprengstoff und Waffen gehortet


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 26 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 27Kurzinterview:und einen Anschlag <strong>auf</strong> das jüdische Kulturzentrumgeplant. Auch von einem Selbstmordattentat<strong>auf</strong> dem Marienplatz soll die Rede gewesensein. Woher erfuhren die Ermittler*innenvon <strong>den</strong> Terrorplänen? Richtig. Von ihrem V-Mann. Der V-Mann heißt Didier Magnien undwar Mitglied der französischen TerrorgruppeParti nationaliste francais et européen (PNFE),die Bombenanschläge <strong>auf</strong> Cafés und Büros vonMigrant*innenorganisationen in Paris verübte.Magnien ist außerdem Mitglied der HammerskinNation. Der ehemalige Fallschirmjägerführte mit <strong>den</strong> Kamera<strong>den</strong> um Martin Wieseparamilitärische Übungen durch und besorgteWaffen und Munition. Vor Gericht konnte er sichnicht mehr an die Anschlagspläne erinnern.Dass man nichts hätte ahnen können, istQuark. Das von Andreas Speit und AndreaRöpke herausgegebenen Buch „Blut und Ehre.Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt inDeutschland“ stellt eindrücklich dar, dass esweder ungewöhnlich noch überraschend ist,dass organisierte Nazis „mor<strong>den</strong>d durchs Landl<strong>auf</strong>en“. Um von der Existenz, der Brutalitätund dem Ausmaß des Rechtsterrorismus nichtdermaßen überrascht zu wer<strong>den</strong>, hätte mannicht viel Fantasie gebraucht, sondern nur diejüngere deutsche Geschichte zur Kenntnis nehmenmüssen. Seit 1945 haben neonazistischeOrganisationen zahlreiche Morde, Brand- undBombenanschläge und andere Gewaltverbrechenverübt.An das Oktoberfestattentat, die WehrsportgruppeHoffmann und vielleicht auch an dasAttentat <strong>auf</strong> Rudi Dutschke erinnern sich nochmanche. Aber insgesamt ist die Geschichte desrechten Terrors in Deutschland seit 1945 nichtins kollektive Gedächtnis eingegangen. DenNeonazis dienen die Gewalttaten aber bis heuteals Vorbild.Den Herausgeber*innen geht es darum, demVergessen und Verdrängen entgegen zu wirken.Gleichzeitig korrigieren sie die Darstellungdes NSU als Fall aus dem heiteren Himmelund schärfen die Wahrnehmung aktuellerEntwicklungen des Rechtsterrorismus. Neben<strong>den</strong> Herausgeber*innen schreiben weitereFachjournalist*innen. Beiträge zum NSU wechselnsich mit historischen Kapiteln ab.Die Geschichte des Terrors von rechts - notgedrungennur kursorisch erzählt - wird dabei indrei Abschnitte eingeteilt: 1945 bis 1990, 1991bis 1995 (die Pogrome, neue Militanzkonzepte,Kameradschaftsgründungen) und 1996 bis2011 (Terror und Musik, Blood & Honour, Combat18).Auch wenn natürlich nichts wesentlich Neuesmitgeteilt wird bzw. viele neue Puzzleteilchen,die l<strong>auf</strong>end bekannt wer<strong>den</strong>, noch nicht in dasBuch eingearbeitet wer<strong>den</strong> konnten, sind dieKapitel über <strong>den</strong> NSU sehr lesenwert. In einerRezension von Patrick Gensings Buch „DasZwickauer Terror-Trio“ wurde der Autor dafür gelobt,nicht zum wiederholten Male zu erzählen,wann Beate Zschäpe welche Katze zum Tierarztgebracht hat. Zwar kann der Zschäpesche Kat-Bandname: LamusMusikstil: Elektro-PunkVorbilder: T.Raumschmiere, <strong>Rosen</strong>stolzKommen aus: Pankow (Delbrück- und Ossietzky-Gymnasium)Es gibt sie seit: Herbst 2011Politische Position: „Wir haben einen kritischen Song über Josef Ackermann [<strong>den</strong> ehemaligenChef der Deutschen Bank - <strong>Rosen</strong>] und die Zukunft unserer Generation.“Beim Bandcontest „gegen rechts“mit dabei, weil: „Wir sind nicht unbedingt <strong>Antifa</strong>, abereine Veranstaltung gegen rechts ist <strong>auf</strong> je<strong>den</strong> Fall zu unterstützen, auch wenn wir nichtmit der <strong>Antifa</strong>-Fahne durch <strong>den</strong> Park l<strong>auf</strong>en. Aber wenn man uns fragt, dann sind wireher links orientiert.“Kurzinterview:Bandname: Rose HipMusikstil: Rock, aber offenVorbilder: Red Hot Chili Peppers, Stevie WonderKommen aus: Prenzlauer Berg, waren aber ursprünglich die Schulband der EvangelischenSchule in Mitte.Es gibt sie seit: zweieinhalb JahrenPolitische Position: „Nichts, was sich in der Musik ausdrücken würde. Alle sind unterschiedlicherMeinung. Aber wir fin<strong>den</strong> das auch nicht so wichtig. Wir sind nicht radikalpolitisch.“[Was auch immer das sein soll – <strong>Rosen</strong>.]Beim Bandcontest „gegen rechts“ mit dabei, weil: „Die Aussage ist schon OK, auch unsereSchule ist gegen Rechtsradikalismus und jegliches nationalistisches Gedankengut.Diese Richtung unterstützen wir <strong>auf</strong> je<strong>den</strong> Fall.“zenfimmel auch <strong>auf</strong>schlussreich sein, aber in„Blut und Ehre“ wird <strong>auf</strong> eine solch akribischeRekonstruktion verzichtet und stattdessen eineübersichtliche Darstellung über Entwicklungdes NSU, über sein Netzwerk und über das Versagender Ermittlungsbehör<strong>den</strong> – soweit bisherbekannt, geboten.Ein Überblick über aktuelle Ten<strong>den</strong>zen desrechten Terrors führt schließlich die bei<strong>den</strong> „Erzählstränge“zusammen.Die eingangs erwähnten Beispiele entstammeneher dem Bereich von bis an die Zähne bewaffneten,konspirativ operieren<strong>den</strong> Terrorvereinigungen.Nicht vergessen sei aber, dass rechterTerror auch in aller Öffentlichkeit und scheinbarspontan durch größere Gruppen ausgeübtwird. Das ist vor allem von <strong>den</strong> Pogromen der1990er Jahre bekannt, leider aber auch ganzaktuell. (Zuletzt haben im Zusammenhang mitder Eröffnung einer Flüchtlingsunterkunft inHellersdorf Neonazis das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen glorifiziert und kaum verhohleneine Wiederholung angedroht.)Im Kapitel über aktuelle Entwicklungen skizzierenRöpke und Speit u.a. die Verflechtungenvon Rocker- und Neonaziszene, die Rolle derHammerskin Nation und erinnern auch an diefast schon wieder vergessene „WinterbacherHetzjagd“. Der Fall wird (überregional) kaumbeachtet. Auch deshalb sei er hier etwas ausführlichererwähnt.Im April 2011 überfielen circa 60 Neonazis einekleine Grillparty in einer Kleingartenkolonieund setzten die Datsche in Brand, in die sichihre Opfer, junge Männer mit italienischen undtürkischen Wurzeln, in Todesfurcht geflüchtethatten. Aktuell läuft ein Prozess gegen elf derTäter*innen wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung,Meineids und Strafvereitelung.Dabei treten neben der Szeneanwältin NicoleSchneiders, die gleichzeitig im NSU-ProzessRalf Wohlleben verteidigt, prominente Blood &Honour Musiker als Strafverteidiger <strong>auf</strong>. AlexanderHeinig ist der ehemalige Frontmann derBand „Ultima Ratio“. Sein Kanzleipartner WilfriedHammer sang früher bei „Noie Werte“.Die Täter*innen gehören verschie<strong>den</strong>en Kameradschaftenan, die in der Region seit Jahrenimmer wieder Mord- und Brandanschläge begehen.Selbst der Verfassungsschutz hatte schon<strong>auf</strong> die „über das übliche Gewaltniveau hinausreichendeNeonazi-Struktur“ im GroßraumStuttgart hingewiesen. Eine Regionalstudieder Uni Tübingen sieht das Problem vor allemin einer „politischen Kultur, die eine Akzeptanzgegenüber dem Rechtsextremismus entwickelthabe.“ Wie weit diese Akzeptanz reicht, erweistsich auch in dem empören<strong>den</strong> Umstand, dasseinige der Opfer ihrerseits der Körperverletzungbeschuldigt wer<strong>den</strong>. Der neonazistische Angriffwird so als eine „Auseinandersetzung zwischenJugendlichen“ umgedeutet, die Opfer einmalmehr zu Schuldigen erklärt.


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 28Comic<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 29


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 30 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 31Das Theaterstück „Ab heute heißt du Sara“ entführt das Publikum in eineZeit der Gegensätze: Die Massenmorde in <strong>den</strong> Konzentrationslagern stehendem Überleben Einzelner gegenüber. Überzeugte Nazis und Mitläuferbil<strong>den</strong> <strong>den</strong> Kontrast zu <strong>den</strong> Menschen, die ihr Leben riskieren, um anderezu retten. Trotz der allgegenwärtigen Angst wird gelacht.Von: JuliaZwischen Verfolgungund TanzmusikMärz 1933, Hufelandstraße 9„Morgen is allet wieder jut!“, beruhigt das KindermädchenInge Deutschkron. Ihre Mutter hattesie daran gehindert, mit <strong>den</strong> anderen Kindern<strong>auf</strong> der Straße zu spielen. Ihre Begründung: „Wirsind Ju<strong>den</strong>!“ – „Na und?“ die Antwort der 11-Jährigen.Noch ist Familie Deutschkron überzeugt, dass essich beim Nationalsozialismus um ein vorübergehendesPhänomen handelt. Keiner der Protagonistenhat eine Vorstellung von dem, wasdas Publikum über <strong>den</strong> Verl<strong>auf</strong> der Geschichteweiß. So wird eine Spannung erzeugt, die sichdurch viele Situationen des Theaterstücks zieht.Monat, Jahr und Ort der Handlung wer<strong>den</strong> an dieWand projiziert. Eine Hand scheint dies in ein Tagebuchzu schreiben. Das hilft dem Publikum, dieSzene in <strong>den</strong> historischen Kontext einzuordnen.Verlorene JugendDie Autobiographie „Ich trug <strong>den</strong> gelben Stern“von Inge Deutschkron diente Volker Ludwig undDetlef Michel als Grundlage für ihre szenischeCollage „Ab heute heißt du Sara“.In 33 Bilder aus zwölf Jahren Nationalsozialismuswer<strong>den</strong> Schlüsselsituationen aus dem Lebender Inge Deutschkron gezeigt. Das vorlaute<strong>Berlin</strong>er Schulmädchen wird bald eine selbstbewussteFrau, die sich als Deutsche fühlt. DieNazis rauben ihre Jugend, alles was sie kenntverschwindet.Nachdem ihr Vater nach England flieht, mussihre Mutter die Wohnung <strong>auf</strong>lösen und allenBesitz verscherbeln. Denn als Jüdinnen undJu<strong>den</strong> sind sie erpressbar und <strong>auf</strong> Hilfe angewiesen.Inge arbeitet illegal als Sekretärin inder Blin<strong>den</strong>werkstatt von Otto Weidt. In seiner„kriegswichtigen“ Bürstenfabrik stellt er blindeund gehörlose Ju<strong>den</strong> ein und bewahrt sie so vorder Deportation. Das funktioniert allerdings nurdurch Bestechung und auch hier ist niemandwirklich sicher. Trotz der gegenwärtigen Bedrohungherrscht in diesen Räumlichkeiten meisteine fröhlichere Atmosphäre. Es wird Wein getrunken,gelacht und die Realität ausgeblendet.Aber die Angst, entdeckt zu wer<strong>den</strong>, schwingtjederzeit mit. „Der Mensch gewöhnt sich an allesund das ist sein Untergang“ formuliert IngesMutter diese traurige Lebensrealität.Das Stück endet im Mai 1945. „Wir haben gewonnen“,sagt Inges Mutter, „glaubst du“, dieAntwort der mittlerweile 23-Jährigen. Inge undihre Mutter stehen in <strong>den</strong> Trümmern. Was istmit Vater Deutschkron, was mit Inges Freund?Fragen, die für das Publikum offen bleiben. DieNazi-Diktatur ist vorbei, das Ausmaß des Kriegesnoch nicht bekannt. Den Ju<strong>den</strong>sternbrauchen sie jetzt nicht mehr. Dochdie Schuld, die Deutschland im2. Weltkrieg <strong>auf</strong> sich gela<strong>den</strong> hat,ist wie ein „großer gelber Fleck“,der nicht so leicht zu entfernen ist.Geschichte erlebbar machenDie emotionale Ebene des Stücksergänzt das historische Vorwissenund ermöglicht einen Einblick in dieLebensrealität der Verfolgten. VieleSchulklassen sitzen im Publikum,zucken zusammen, wenn die Türklingelt und lachen, als Inge mit ihremKollegen flirtet. Ein Lachen, dasim Hals stecken bleibt, wenn sichein überzeugter Nazi das Buch „Liebe,die wie Feuer brennt“ ausleihtoder während einem Bombenangriff<strong>auf</strong> <strong>Berlin</strong> „Es lebe das Chaos,<strong>den</strong>n Chaos macht frei“ gesungenwird. Doch die fröhlich-musikalischeKomponente schafft einen neuenZugang zu dem bedrücken<strong>den</strong> Thema.Inge Deutschkron selbst zog dasFazit: „Wenn wir nicht hätten lachenkönnen, hätten wir nicht überlebt.“Anzeige:


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 32 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 33Wer gegen wen?Über <strong>den</strong> historischen und soziopolitischenKontext des Kriegs in Syrien.Gastbeitrag von Hannes BodeNur ab und an berichten deutsche Medienüber das Geschehen im „Nahen Osten“, dieAufmerksamkeitsökonomie lässt nur Neues,besonders Schreckliches zur interessieren<strong>den</strong>und damit verkäuflichen Nachricht wer<strong>den</strong>. DieHintergründe der Geschehnisse einerseits unddie Alltagsprobleme der Menschen andererseitssind dabei keine Nachricht wert. Da hierzulandealso nur wenig Wissen über die Regionvorhan<strong>den</strong> ist, viele aber gleichzeitig unbedingteine Meinung zu Syrien und Co. haben wollen,ist es sinnvoll, einmal genauer hinzuschauen.Und warum?Der geschichtliche HintergrundDazu ist zunächst ein Blick in die wechselhafteGeschichte unumgänglich. Als der Begriff„Syrien“ Ende des 19. Jahrhunderts <strong>auf</strong>kam,bezog er sich <strong>auf</strong> eine Provinz des großen OsmanischenReiches. Sie umfasste Gebiete, dieheute syrisch, libanesisch, südtürkisch, jordanisch,israelisch und palästinensisch sind.Vor allem unter wohlhaben<strong>den</strong> und gebildetenStadtbewohnern entwickelten sich republikanische,nationalistische oder pan-islamischeDiskurse. Noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundertsforderte beispielsweise der IntellektuelleButrus al-Bustani seine „Mitbürger“ <strong>auf</strong>,von ethnischen und religiösen I<strong>den</strong>titäten abzusehenund sich dem „Wohle des Vaterlandes“zu widmen. Wie viele andere Angehörige desjungen arabischen „Bürgertums“ stand er inder Tradition der französischen Idee der politischenStaatsbürgernation. Doch die Realpolitikder Kolonialmächte Frankreich und Großbritannienwar eine des „Teile und Herrsche“ <strong>auf</strong>ethnischen und religiösen Grundlagen. Unterfranzösischem Mandat wurde das Gebiet inTeilstaaten <strong>auf</strong>geteilt, darunter ein drusischer,ein alawitischer und ein christlicher.Über mehrere Jahrzehnte machten die Kolonialmächteim Zusammenspiel mit regionalennationalistischen Akteuren die ethnoreligiöseI<strong>den</strong>tität zu einer bedeuten<strong>den</strong> Grundlagepolitischer Aktivität und I<strong>den</strong>tifikation. So istetwa im Libanon bis heute ein konfessionellesWahlsystem in Kraft: Die Mitglieder des Parlamentsmüssen zu genau festgelegten TeilenChristen und Muslime sein, der Präsi<strong>den</strong>t einmaronitischer Christ, der Ministerpräsi<strong>den</strong>t einsunnitischer Muslim, der ParlamentssprecherSchiit, ihre Stellvertreter griechisch-orthodoxeChristen.Die heute von <strong>den</strong> meisten Medien übernommeneRede von Assads „alawitischem Regime“wurde in <strong>den</strong> letzten Jahrzehnten von verschie<strong>den</strong>enPublizisten, Wissenschaftlern sowiesunnitischen Islamisten verbreitet. Erklärungsversuchebeschränken sich fast immer <strong>auf</strong> dieAussage, wonach in Syrien „die regimetreuenAlawiten gegen Sunniten kämpfen“. Doch vieleAlawiten leben bis heute in Armut, und die Tatsache,dass das Regime zu großen Teilen ausAlawiten besteht, hat einen simplen Grund:Die Anhängerschaft der säkularen nationalistischenBaath-Partei rekrutierte sich in <strong>den</strong>1940er Jahren zum größten Teil aus Mitgliedernethnoreligiöser Minderheiten, die sich von derensäkularem, nicht <strong>auf</strong> Religion bezogenemProgramm eine Verbesserung ihrer Positiongegenüber <strong>den</strong> privilegierten Sunniten versprachen.Nach Richtungskämpfen innerhalb derPartei und nach Putschen baathistischer Militärsgelangte schließlich ein Militärrat an dieTruppen der Freien Syrischen Armee in AleppoMacht. Als im Jahr 1970 Hafiz al-Assad an derSpitze des Landes stand, kamen enge Vertrauteund Familienmitglieder in zentrale Positionen –die Geburt des Assad-Regimes.Der soziopolitische HintergrundDoch Alawiten hatten nun viel zu lei<strong>den</strong>, malentschied man sich, sie zu Sunniten zu machenund unterstützte sunnitische Islamisten, dannwieder wurde nach einem Strategiewechselversucht, sie zu Schiiten zu machen, und demiranischen Regime eine massive Einflussnahmeim Land ermöglicht. Zahlreiche Schreinewur<strong>den</strong> mit iranischem Kapital neu gebaut oder<strong>auf</strong>wendig renoviert, Pilgerzentren errichtetund schiitische, oft explizit anti-sunnitischePropagandasendungen im Staatsfernsehenausgestrahlt. Iranische Experten und Kämpferunterstützen auch heute noch die 4. Divisionund die Präsi<strong>den</strong>tengarde. Das sind Elitetruppen,die von Assads Bruder Maher geführt wer-Die Kategorien „Sunniten“, „Schiiten“,„Alawiten“ oder „Christen“stehen für moderne, als „rein“vorgestellte Gemeinschaften.Verschie<strong>den</strong>e Faktoren habendazu beigetragen, dass sie, obwohlsie real noch nie existierten,heute wieder die größte Rolle fürSelbst- und Fremdzuschreibungenspielen. Ethnoreligiös sind diese,weil sie die Einzelnen unabhängigvon ihren Vorstellungen und ihrerreligiösen Praxis an ein Abstammungskollektivbin<strong>den</strong>.Von der Mehrheit der Muslime,<strong>den</strong> Sunniten, unterschei<strong>den</strong> sichdie Schiiten durch die Verehrungdes Kalifen Ali und einer folgen<strong>den</strong>Reihe von Imamen, religiösen Anführern.Sie folgen mehrheitlich einerreligiösen Elite von Heils- undWissenvermittlern, die im Iran,aber auch im Irak eine große Rollespielen. Die Alawiten sind eineaus der Schia und vorislamischenLehren entstan<strong>den</strong>e Strömung,die noch stärker <strong>auf</strong> eine Traditiondes Geheimwissens setzt, wieauch die Drusen. Die Mehrheitder Christen in der Region sindMaroniten, sie hängen einer mitRom verbun<strong>den</strong>en Abspaltung dersyrisch-orthodoxen Kirche an.


<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 34 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 35Kurzinterview:ehemalige Militärschule in Aleppo<strong>den</strong>. Während das Assad-Regime das Bündnismit dem iranischen Regime und verschie<strong>den</strong>enMilizen im Libanon zur Sicherung seiner regionalenPosition nutzte, setzten iranische Strategenstark <strong>auf</strong> <strong>den</strong> religiös-kulturellen Bereich.Diese Entwicklungen trafen die sunnitischeBevölkerungsmehrheit auch <strong>auf</strong> anderenGebieten als der Propaganda.Im Umfeld von dutzen<strong>den</strong> iranischenGroßbauprojekten sorgten massiveVeränderungen der Bo<strong>den</strong>-, Immobilien-und Lebenshaltungskosten fürsoziale Verwerfungen in Syrien. SunnitischeGeistliche und Gruppierungenwie die Muslimbrüder reagierten ihrerseitspropagandistisch <strong>auf</strong> die Offensive,zudem griffen die Golfstaaten undSaudi-Arabien ein und beschworendie drohende „Gefahr für <strong>den</strong> sunnitischenGlauben“. Die im Rahmen vonVetternwirtschaft forcierte Liberalisierungs-und Privatisierungspolitik undder Rückbau des Sozialstaats – seit<strong>den</strong> 1990ern forciert vom InternationalenWährungsfond und der Weltbank– schufen ebenfalls sozialenSprengstoff, genauso wie in Tunesienoder Ägypten, wo Massenarbeitslosigkeitund Verarmung ursächlich für dieAufstände des „arabischen Frühlings“waren. Um Städte wie Damaskus legtesich ein Armutsgürtel von größtenteilssunnitischen Landflüchtlingen. In dersozialen Misere kamen die Gewinner –ob Alawiten, Sunniten oder Christen – aus <strong>den</strong>Städten, die Verlierer größtenteils aus traditionellsunnitisch geprägten ländlichen Gebieten,die stark verelendeten.Die <strong>auf</strong> demokratische Reformen abzielendeBandname: Unknown PrincipleMusikstil: softer Rock, mit Funk- und anderen EinflüssenVorbilder: Red Hot Chili Peppers, das kommt aber in der Musik nicht so richtig durch,sonst hat jeder seine eigenen VorbilderKommen aus: Pankow (Rosa-Luxemburg-Gymnasium), Prenzlauer Berg, WeddingEs gibt sie seit: ca. anderthalb JahrenPolitische Position: „Ich bin ziemlich links, aber als Band haben wir keine politischeRichtung. In einem Lied kritisieren wir das System. Aber <strong>auf</strong> je<strong>den</strong> Fall: Gegen Nazis.“„Als Band haben wir keine Richtung, jeder sieht das anders.“Kurzinterview:Bandname: Quiet FootstepsMusikstil: Alternative RockVorbilder: Green Day, No FX, The Offspring u.v.m.Kommen aus: Teilweise aus Pankow und Prenzlauer Berg (Ossietzky-Gymnasium)Es gibt sie seit: zweieinhalb JahrenBeim Bandcontest „gegen rechts“ mit dabei, weil: „Wir sind eher zufällig mit dabei,aber schon irgendwie gegen rechts.“Protestbewegung in <strong>den</strong> Städten schaffte esim Jahr 2011 nicht, einen „syrischen Frühling“auszulösen. Erst die Mobilisierung entlang(groß-)familiärer I<strong>den</strong>titäten und Loyalitätenführte zu ersten Massendemonstrationen. Diegewaltfreie Form und die interreligiöse undinterethnische Ausrichtung dominierte jedochnoch monatelang die Proteste, erst die anhaltendeBrutalität des Regimes führte zur Militarisierungdes Konfliktes. Verstärkt wurde dieseEntwicklung von der internationalen Politik,die abgesehen von Verbalnoten untätig bliebbzw. im Falle Russlands und Irans das Regimemassiv militärisch und diplomatisch stützte.Die kleinen Golfregime finanzierten und bewaffnetengleichzeitig ausgerechnet die salafistischenund jihadistischen Milizen, die ausder ganzen Region ins Land kamen, um einen„heiligen Krieg“ für einen islamischen Staat zuführen – immer öfter auch gegen syrische Aufständischeund Oppositionelle.Nach dem Tod von tausen<strong>den</strong> ZivilistInnen kames zu militanten hit-and-run-Aktionen von übergel<strong>auf</strong>enenSoldaten, bewaffneten Oppositionellenund Jihadisten. Neben Lynchaktionenvon Seiten regimetreuer, teilweise alawitischerMilizen und Übergriffe <strong>auf</strong> zumeist mehrheitlichsunnitische Dörfer und Städte traten Lynchaktionenvon Seiten sunnitischer Milizen.Und an die Stelle des Slogans „Kein Muslimbruderund kein Salafist, ich bin Anhängerder Freiheit“ trat angesichts der Brutalität derKämpfe der verzweifelte Ausruf „Allahu akbar“(Gott ist groß) – nun jedoch immer öfter gerufenaus islamistischer Inbrunst. Die internationaleGemeinschaft ergeht sich derweil weiterin geheuchelten und verlogenen Verbalnotenund geostrategischem Machtpoker. Schon imFrühjahr dieses Jahres war mehrmals in kleinenMengen Giftgas gegen Aufständische imRaum Ghouta eingesetzt wor<strong>den</strong> – nieman<strong>den</strong>hatte es interessiert. Als im Rahmen eines massivenRegimebombardements im August dannschließlich hunderte Zivilisten durch Giftgasgetötet wur<strong>den</strong>, aus Geschossen, die <strong>den</strong> Waffenarsenalendes Regimes zuzuordnen waren,zeigten sich Medien, Politiker und Diplomaten„schockiert“ und „entrüstet“ – um angesichtsvon heute mehr als 50.000 getöteten Zivilistenund der Tatsache, dass jeder vierte Syrer innerhalbdes Landes oder in Nachbarländergeflüchtet ist, weitere „Gespräche“ zu fordernoder einen Militärschlag anzudrohen, der dasZiel gehabt hätte, „nichts zu ändern“. In der nationalstaatlichstrukturierten kapitalistischenModerne sind „Menschenrechte“ eben nur einehohle, ideologische Floskel. Das Töten geht täglichweiter.Hannes Bode hat Islamwissenschaft und Geschichtestudiert und ist freier Autor und Referent.Der Artikel ist eine gekürzte und überarbeiteteVersion des Artikels „Wer gegen wen?“in der Zeitschrift iz3w (332/2012), Onlineversionunter: www.iz3w.org/zeitschrift/ausgaben/332_Stadt/syrien* Dieser Text wurde nicht durchgängig gegendert, da in ihm häufig Kollektivbezeichnungen verwendetwer<strong>den</strong>, von Gruppierungen, die eine maskuline I<strong>den</strong>tität vertreten. Gendern würde an dieser Stelle diepatriarchale Verfasstheit verschleiern.


<strong>Antifa</strong>schistische Aktion BernauWeb: bernau.antifa.ccMail: antifa-bernau@riseup.net<strong>Antifa</strong>schistische Initiative Nord-Ost [AINO]Web: aino.blogsport.euMail: aino-berlin@riseup.net<strong>Autonome</strong> <strong>Antifa</strong> <strong>Berlin</strong> (<strong>A2B</strong>)Web: a2berlin.orgMail: a2b@riseup.netGruppen aus dem BezirkEmanzipative & <strong>Antifa</strong>schistische GruppePankow (EAG)Web: pankow-antifa.ccMail: eag-berlin@riseup.netsss<strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 38 <strong>Rosen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Weg</strong> <strong>gestreut</strong> . Herbst 2013 . Seite 39Baiz (Mitte)Christinenstr. 1baiz.infoBandito Rosso (Prenzlauer Berg)Lottumstr. 10abanditorosso.netBunte Kuh/KuBiZ (Weissensee)Bernkasteler Straße 78buntekuhverein.deCafé Morgenrot (Prenzlauer Berg)Kastanienallee 85cafe-morgenrot.deDosto (Bernau)Breitscheidstraße 43dosto.deNorth-East <strong>Antifa</strong>scists (NEA)Web: nea.antifa.deMail: nea@riseup.netVosifaWeb: vosifa.deMail: info@vosifa.deVVN-BdA <strong>Berlin</strong>-Pankow e.V.Web: pankow.vvn-bda.deMail: bda-pankow@gmx.deJugendklubs & LocationsGarage (Pankow)Hadlichstraße 3garagepankow.deJUP (Pankow)Florastraße 84 - jup-ev.orgKönigstadt (Prenzlauer Berg)Saarbrücker Straße 24jugendhaus-koenigstadt.deKurt-Lade-Klub (Pankow)Grabbeallee 33kurtladeklub.deMaxim (Weissensee)Charlottenburgerstraße 117im-maxim.deM24 (Pankow)Mühlenstraße 24myspace.com/deinjugendklubHausprojekt M29 (Prenzlauer Berg)Malmöer Straße 29hausprojekt-m29.orgSonntagsclub (Prenzlauer Berg)Greifenhagener Straße 28sonntags-club.deSubversiv e.V. (Mitte)Brunnenstraße 7subversiv.squat.netTermineFr, 19. Oktober 2013 - Ort per AnfrageSeminar: Psychoanalyse und GeschlechtTagesseminar über Freuds Ansätze zur Entstehungder Geschlechtsi<strong>den</strong>tität und die Kritikenund Weiterentwicklungen aus der feministischenPsychoanalyse.Anmeldung: uli@naturfreundejugend-berlin.deMo, <strong>21</strong>. Oktober 2013 - 19:00 Uhr - JUP (Florastraße94 - Pankow)Montagscafé - LesekreisMehr <strong>auf</strong> der JUP-Facebook-SeiteMo, <strong>21</strong>. Oktober 2013 - 19:00 Uhr - Café Größenwahn(Kinzigstraße 9 - Friedrichshain)Veranstaltung mit e*vibes: Did Femen takeover Feminism?Fragen zu Femens „feministischem“ Gehalt und<strong>den</strong> Auswirkungen <strong>auf</strong> die Befreiung der Frau*www.pankow.antifa.ccDi, 22. Oktober 2013 - 18:30 Uhr - Egon-Erwin-Kisch-Bibliothek(Frankfurter Allee 149 -Lichtenberg)Lesung: „Hunderte solcher Hel<strong>den</strong>“ - Der Aufstandjüdischer Gefangener im NS-VernichtungslagerSobibórIm Mai 2013 veröffentlichte Franziska Bruder ihrBuch, das über die Akteure des Aufstandes berichtet.Mehr unter: www.ah.antifa.deMo, 28. Oktober 2013 - 19:00 Uhr - JUP (Florastraße94 - Pankow)Montagscafé - Kleidertausch & NähworkshopMehr <strong>auf</strong> der JUP-Facebook-SeiteFr, 1. November 2013 - <strong>21</strong>:00 Uhr - ZGK Scharni(Scharnweberstraße 38 - Friedrichshain)<strong>Antifa</strong>-Halloween-Soliparty (Dress up!)Soli für antifaschistische Arbeit in Lichtenberg.Party mit: DJ Bela (Trash), NoPop-NoStyle(Schenkelklopfer), The Third Floor (Soul, HipHop), O.F. (Drum‘n‘bass), www.ah.antifa.deMo, 4. November 2013 - 19:00 Uhr - JUP (Florastraße94 - Pankow)Montagscafé - Diskussion: „Lieb doch wie duwillst! - Beziehungskonzepte im Wandel“Mehr <strong>auf</strong> der JUP-Facebook-SeiteDo, 7. November 2013 - 19:00 Uhr - Das WeiteTheater (Parkaue 23, Lichtenberg)Filmveranstaltung: Der Aufstand in Sobibórund die „Aktion 1005“Der Autor Jens Hoffmann, liest aus seinem Buch„Diese außeror<strong>den</strong>tliche deutsche Bestialität“.Im Anschluss: Claude Lanzmann - „Sobibór, 14.Oktober 1943, 16 Uhr“, www.ah.antifa.deMo, 11. November 2013 - 17:00 Uhr - ehem. JüdischesWaisenhaus Pankow (<strong>Berlin</strong>er Str. 120)Rundgang: Stätten jüdischen Lebens in PankowDanach (19:00 Uhr) Vortrag und Diskussion zuaktuellen Erscheinungsformen von Antisemitismusin <strong>Berlin</strong> (Referent_in der MBR, VVN-BdAPankow) im JUP (Florastraße 84)www.pankow.vvn-bda.deMi, 13. November 2013 - 18:00 Uhr - Amadeu-Antonio-Stiftung (Linienstraße 139 - Mitte)Einführung in die Faschismustheorie(n)Eine Veranstaltung des Roten Stern <strong>Berlin</strong>.www.roter-stern-berlin.comMo, 18. November 2013 - 19:00 Uhr - JUP (Florastraße94 - Pankow)Montagscafé - Infoabend: Kampange für saubereKleidungMehr <strong>auf</strong> der JUP-Facebook-SeiteSa, 23. November 2013 - 10:30 Uhr - Ehrenmalfür ermordete <strong>Antifa</strong>schisten in Schönow (Bernaubei <strong>Berlin</strong>)Ge<strong>den</strong>kkundgebung für Wolfgang Knabe, derWiderstand gegen das NS-Regime leistete.Beginn am Ehrenmal, danach in der Dorfkirche.Organisiert vom VVN BdA <strong>Berlin</strong>, mit Unterstützungder <strong>Antifa</strong>schistischen Aktion Bernau.


Deine SchuldHast du dich heute schon geärgert, war es heute wieder schlimmHast du dich wieder gefragt, warum kein Mensch was unternimmtDu musst nicht akzeptieren, was dir überhaupt nicht passtWenn du deinen Kopf nicht nur zum Tragen einer Mütze hastEs ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie istEs wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibtGlaub keinem, der dir sagt, dass du nichts verändern kannstDie, die das behaupten, haben nur vor Veränderung AngstEs sind dieselben, die erklären, es sei gut so, wie es istUnd wenn du etwas ändern willst, dann bist du automatisch TerroristEs ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie istEs wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibtWeil jeder, der die Welt nicht ändern will, ihr Todesurteil unterschreibt»Lass uns diskutieren, <strong>den</strong>n in unserem schönen LandSind zumindest theoretisch alle furchtbar tolerantWorte wollen nichts bewegen, Worte tun niemandem wehDarum lass uns drüber re<strong>den</strong>, Diskussionen sind ok«Nein – geh mal wieder <strong>auf</strong> die Straße, geh mal wieder demonstrierenDenn wer nicht mehr versucht zu kämpfen – kann nur verlierenDie dich verarschen, die hast du selbst gewähltDarum lass sie deine Stimme hörn, weil jede Stimme zähltEs ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie istEs wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt(Die Ärzte, 2003)

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