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Streiflichter 4-2010 - CVJM Baden

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Und plötzlich bin ich stumm …Wer kennt diese Situationen nicht?In einer Gesprächsrunde kommt manunerwartet auf das Thema „Kirche“.Schnell sind sich alle einig, dass essich bei der Kirche um eine verkrusteteund veraltete Institution handelt, mitder keiner mehr etwas anfangen kann.Ich spüre, dass dies der Momentist, in dem ich sagen könnteund müsste, wie ich christlicheGemeinschaft – sprich Kirche –positiv erlebe. Doch es kommtvon mir nichts! Ist es mir peinlich?Oder fehlen mir einfach die Worte?Habe ich keine Lust, mich an einersolchen Diskussion zu beteiligen?Und dann abends im Bett grübele ich:Das wäre doch eine Situation gewesen,in ein Gespräch über den Glaubeneinzusteigen! Warum aber war ichplötzlich stumm?Dann dieses: Jemand erzählt mir vonDas Verstummen hatseinen SinnÜber den persönlichen Glauben zureden ist in unseren Breitengradenmeist „political uncorrect“ und hathäufig das Geschmäckle „Du willstmich bekehren!“. Bestes Beispiel sinddafür die untersagten christlichenGlaubensbekenntnisse unter Bundesliga-Fußballer-Trikots.Und damit stoßenwir auf eine – nicht ganz unbegründete– abendländische Grundangst.Nämlich, dass Erfahrungen wiez.B. der 30-jährige Krieg (1618-48)dazu geführt haben, dass persönlicheBekenntnisse gelebten Glaubens imöffentlichen Raum nichts zu suchenhaben. Zu oft haben die Rechthabereienunter religiösen Fanatikern unnötigeMenschenleben gekostet undzu Katastrophen geführt. DeswegenDiese und andere Einwände sind vielleichtinteressant, aber helfen nicht beiden tief sitzenden Ängsten, die imAlltag in unserer Gesellschaft einfachda sind. Von daher müssen wir – obwir wollen oder nicht – damit umgehen,dass es in unserer Gesellschafteine große Sensibilität gibt, wie überReligion gesprochen wird; und dassdies auch eigentlich nicht negativ ist,sondern seinen Grund hat. Mir gehenja umgekehrt die auch auf den Senkel,bei denen ich den Eindruck habe, dasssie mir ihren Glauben aufzwingen wollen.Von daher ist das oben beklagteVerstummen erst mal gar nicht soschlecht, sondern notwendig, um zueiner Sprache zu finden, die den berechtigtenÄngsten Rechnung trägt.Das Verstummen hat seinen Sinn undist nicht nur selbstgrüblerisch zu beklagen.Es verbietet sich von dahereinem Problem – gesundheitlich, beruflichoder in einer Beziehung. Ichhöre zu und versuche, durch Fragenzu helfen, dass die Person selber einenWeg aus der Situation herausfindet.Ich bleibe aber stumm, daraufhinzuweisen, dass es neben allenmenschlichen Lösungsmöglichkeitendie Einladung von Gott gibt,sich an ihn zu wenden. Nicht dassGott die Probleme einfach lösen würde,aber oft schenkt er neue Perspektiven,vielleicht auch konkrete Hilfe. Wieeinfach wäre es, dieses Angebotauszusprechen: „Probier es dochmal mit dem Gebet. Soll ich einGebet sprechen?“ Was könntedenn schlimmstenfalls passieren?Dass die Person Nein sagt? Wovorhabe ich eigentlich Angst? Ein Neinwäre doch kein „Unfall“, aberein Ja eine große Chance. Warumbin ich plötzlich stumm?04 4 | <strong>2010</strong> <strong>Streiflichter</strong> <strong>CVJM</strong> <strong>Baden</strong>klingt es doch nicht unlogisch, wennJohn Lennon über den Weltfriedenresümiert: „Imagine there is no heaven… and no religion too“.Wollten wir jetzt in eine religionsphilosophischeDiskussion einsteigen, dannkönnten wir sicherlich feststellen, dassdiese Sicht der Geschichte etwas einseitigist. Immerhin haben die großenatheistischen Ideologien des Nationalismusund des Sozialismus im ach soaufgeklärten europäischen 20. Jahrhundertso viele Tote produziert, wiees in keinem Jahrhundert irgendeineReligion geschafft hat. Und wohin derherrschende ausbeuterische Materialismusdie Welt führt, weiß keiner vonuns. Die unguten Gefühle haben sichin den letzten Jahren wohl eher verstärkt.Ohne „heaven and religion too“scheint der Weltfriede sich also auchnicht automatisch einzustellen.auch, dem Verstummen mit ein paareinfachen rhetorischen Rezepten zubegegnen, die einen missionarischenErfolg versprechen. Dies wird immerzu kurz greifen; denn Sprache istmehr als Rhetorik. Sie verrät, wie ichmich verstehe und den anderen sehe.Wie sehe ich denanderen?Wie ist das z.B., wenn ich anderen vonder Liebe Jesu erzählen will? Geschiehtdas frei nach dem Motto „Ich hab’s,du nicht“? Oder: „Ich weiß, wie dasmit dem Glauben funktioniert, dunicht.“ So habe ich mich schon oftselbst ertappt und tue es immer wieder.Und das läuft dann immer nachdem gleichen inneren Muster ab:„Ich bin ja immerhin schon soviele Jahre Christ, habe schon eine

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