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32 Probleme aus dem Strafrecht - Hillenkamp, Leseprobe - Vahlen

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eck-shop.de18. Problem (§ 24 StGB)»Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die den Erfolgseintritt nach der Lebenserfahrungnahe legen«, die BGH JR 2005, 383 <strong>aus</strong>reichen lässt, ist nicht zwingend gegeben,da O im Originalfall »ohne erhebliche körperliche Beeinträchtigung« vor T stand) –würde das bloße Absehen von weiteren Stichen für Rücktritt nicht <strong>aus</strong>reichen. Da erdas nicht tut (s. BGHSt 35, 92), ist T strafbefreiend zurückgetreten, weil weitere Messerstichenach natürlicher Betrachtung insgesamt nur eine Tötungshandlung, ersterVersuch und weiteres Zustechen also einen einheitlichen Lebensvorgang dargestellthätten. Weil T weiß, dass er mit <strong>dem</strong> weiterhin zur Hand liegenden Messer die Tatnoch vollenden könnte, ist ein Fehlschlag nicht gegeben. Auch die Strafzwecktheorievertritt dieses Ergebnis, weil T ohne erhöhtes Risiko nochmals hätte zustechen könnenund dadurch, dass er es nicht tat, seine Ungefährlichkeit (bezogen auf § 211StGB) unter Beweis stellte.2. T will die O mit einem schwer nachweisbaren Gift töten. Der Anschlag misslingt.Von einer möglichen Tötung der O mit <strong>dem</strong> zufällig neben ihr liegenden Brotmessersieht T ab, weil er das Entdeckungsrisiko für zu groß hält. – Isolierungstheorie undTatplantheorie bestrafen T wegen Mordversuchs. Nach der Gesamtbetrachtungslehremüsste T dagegen wohl Straffreiheit zugestanden werden. Die Verschiedenheitder Mittel schließt Handlungseinheit bzw. einen einheitlichen Lebensvorgang nachüberwiegender Ansicht jedenfalls nicht <strong>aus</strong>, s. BGHSt 40, 75, 77. Nach Jäger DerRücktritt vom Versuch als zurechenbare Gefährdungsumkehr, 1996, 122 ff. müsste Tallerdings das Messer schon ergriffen haben, weil eine »Gefährdungsumkehr« verlangtwird; so i.E. auch Murmann § 28 Rn. 122. Andere Vertreter dieser Lehre prämierennur die Abstandnahme von solchen Tatmitteln, die <strong>dem</strong> Täter als nicht nurobjektiv, sondern auch für ihn selbst geeignet und zumutbar erschienen sind (sog.modifizierte Gesamtbetrachtungslehre, s. z.B. Roxin II § 30 Rn. 195 ff.; NK/Zaczyk§ 24 Rn. 31). Hiernach wäre ein Rücktritt zu verneinen. Auch für die Strafzwecktheorieist dies der Fall eines nicht privilegierungswürdigen Rücktritts, weil T lediglichder Verbrechervernunft gehorcht (zum Fall s. auch Kühl JuS 1981, 195).3. T will O einen »Denkzettel« verpassen und sticht ihm ein Messer in den Leib. Dabeihält T den Tod des O ernstlich für möglich, findet sich aber damit ab. T erkennt,dass O durch den Stich nicht lebensgefährlich verletzt wurde, verzichtet aber auf weitereStiche, da er sein Ziel, das Verabreichen eines »Denkzettels«, erreicht hat (vgl.BGH GS St 39, 221). – In diesem Fall hat T sein außertatbestandliches Ziel, die Verabreichungeines Denkzettels, erreicht, den in den Eventualdolus aufgenommenenTodeserfolg dagegen nicht. Ihn zu bewirken, war ihm durch weitere Stiche möglich.Auf diese Konstellation des von einem außertatbestandlichen Ziel begleiteten doluseventualis ist der Streit nicht ohne Vorklärung der Frage übertragbar, was unter Tati.S. des § 24 StGB und ihrem Erfolg zu verstehen ist (s. dazu Linke Der Rücktrittvom Versuch bei mehreren Tatbeteiligten gemäß § 24 Absatz 2 StGB, 2010, 101 ff.).Begreift man hierunter das Verwirklichen des motivierenden Zieles – Erteilung einesDenkzettels – so hat T dieses erreicht und kann daher von einer »weiteren Ausführungder Tat« nicht mehr Abstand nehmen: Es gibt zur Erreichung des Erfolgs nichtsmehr zu tun. So gesehen fehlt es an der Rücktrittsfähigkeit dieses Versuchs (so z.B.Roxin II § 30 Rn. 47 ff.; nach Murmann Versuchsunrecht und Rücktritt, 1999, 53;ders. § 28 Rn. 1<strong>32</strong> wegen Fehlschlags), an der Aufgabe der Tat (so z.B. BGH NJW1990, 522; Herzberg JR 1991, 159 ff.; Lackner/Kühl § 24 Rn. 12; Puppe JZ 1993, 361;dies. § 21 Rn. 12 ff.; dies. ZIS 2011, 529; Rudolphi JZ 1991, 525 ff.; Schall JuS 1990,623; Seier JuS 1989, 102; Wessels/Beulke Rn. 635) oder jedenfalls an der Freiwilligkeit143

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