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Bildung als Kunst der Entfaltung - Otto Scharmer

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EditorialImpressumLiebe Les*Lernen <strong>als</strong> sich selbst steuerndes Reifen von Fähigkeitund Erkenntnis bis zum süßen Moment, wennalles an seinen Platz fällt, vorerst. Lernen in Umfel<strong>der</strong>n,in denen wir uns bewegen wie Fische imWasser, Rehe im Wald, im angestammten Element.Forschen <strong>als</strong> <strong>der</strong> eigenen Neugierdefolgen, diszipliniert und begeistert.Arbeit <strong>als</strong> Weg <strong>der</strong> Selbstbildung imAustausch mit <strong>der</strong> Welt. Ist es nichtabsurd, wie abwegig solche Bil<strong>der</strong>vielen erscheinen?Die fünfte Ausgabe von TAU erkundet weiter undkonkreter die Strukturen <strong>der</strong> Freiheit (TAU03),diesmal im Feld <strong>der</strong> <strong>Bildung</strong>. Die dominierendenStrukturen zielen darauf ab zu normieren, zu vereinheitlichen,wobei doch die <strong>Entfaltung</strong> echter Vielfaltuns zu einer neuen Stufe <strong>der</strong> Integration führen will.Qualitativ neue Strukturen entstehen aber nichtauf Verordnung und <strong>als</strong> Masterplan – das liegt in<strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache. Wir schenken daherunsere Aufmerksamkeit konsequentGeschichten, die unser Verständnisnähren, was die Entstehung organischerOrdnungen för<strong>der</strong>t. Geschichten,die manchmal so individuellsind, dass sie etwas Allgemeingültigeshaben.Diese Ausgabe wurde unterstützt von:Herzlichen Dank!So haben wir wie<strong>der</strong> einen wun<strong>der</strong>bar üppigenStrauß gebunden, bestehend aus Betrachtungen, Erfahrungen,Projektdarstellungen, Bil<strong>der</strong>n, Tipps undÜbungen. Richtig gute Nahrung für die Samen in uns,die zur <strong>Entfaltung</strong> drängen und die Welt verschönernwollen!TAU machen zu dürfen ist für die Redaktionsmitglie<strong>der</strong>ein unglaublich reiches Lern- und <strong>Entfaltung</strong>sfeld.An dieser Stelle eine große Empfehlung dafür,es zu wagen, schlummernde Ideen in die Verwirklichungzu bringen! Uns hilft es auch, unseren Unternehmensgeistzu wecken, ja sogar unseren Geschäftsgeist;o).Wir haben uns von Anfang an dafürentschieden, nur mit den Firmenund Initiativen zu kooperieren, <strong>der</strong>enArbeit wir schätzen und die einenBeitrag für eine lebensfreundlicheKultur leisten. Dies ist eine Einladung,die Anzeigen in TAU nicht<strong>als</strong> notwendiges Übel zu sehen, son<strong>der</strong>n<strong>als</strong> Empfehlungen zu lesen!Frohes Üben in <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Entfaltung</strong> und einegute Zeit wünschen Michael Nußbaumer, ChristianLechner und Irma PelikanvonMedieninhaberin undHerausgeberin:Lebenskreis – Plattformfür freudvolles, ganzheitlichesund selbst-ermächtigendes LernenSitz und Erscheinungsort: WienPostadresse: Seeböckgasse 36/45, 1160 WienDas innere Herz von TAU sind:Michael Nußbaumer:inhaltliche Leitung; Thema-RedaktionChristian Lechner:wirtschaftliche Leitung; Netz-RedaktionIrma Pelikan:künstlerische Leitung; Mitte-RedaktionBlattlinie: TAU widmet sich lebensbejahendenund kulturtransformierenden Sichtweisenund Projekten.Layout: Irma Pelikan, Irmgard StelzerLektorat: Ulrike Prochazka, Christine Schatz,Clara WeissingerIllustrationen: Irma Pelikan, Irmgard StelzerFotos: Maria NoisternigRedaktionelle Mitarbeit: Stephi PongratzBankverbindung: Lebenskreis Plattform,Kontonr.:20010928223, BLZ:14200 easybank,Verwendungszweck TAU.Kontakt: welcome@tau-magazin.netAnzeigen: anzeigen@tau-magazin.netWeb: www.tau-magazin.netZVR-Nr.: 640796633Herstellerin: gugler cross mediaHerstellungsort: MelkWIE ALLES BEGINNT ...2 Editorial, ImpressumREISEN5 So kann Schule Spaß machen!7 Das Leben <strong>als</strong> Lernort. Eine Pilgerreise.10 Auf dem langen Weg des Entlernens12 Werden am „Du“ <strong>der</strong> Natur14 Vollkommen, unfertigSCHULEN19 Lebenswürdige Schulen – eine CollageFreiheit und StrukturDie Kraft <strong>der</strong> ReformpädagogikEcht COOLBefreiendes Lernen durch Mentoring …25 Reifeprüfung30 FreilernenFORSCHEN45 Forschen: Wie kommt das wirklich Neue in die Welt48 bleib so, wie Du wirst52 Geschichten aus dem Land <strong>der</strong> Regenbogenkrieger54 Lebens-Lern-WegeDRACHENPOESIEFotoserie Maria Noisternig S. 28-29www.marianoisternig.comPARTNERiNNEN-SEITEN57 Lebenskreis58 Vom Lernprozess das Lernen zu lernen60 LernKulturZeit62 Integrales Training64 Waldkin<strong>der</strong>garten St. Andrä-Wör<strong>der</strong>n66 Pioneers of Change67 Interessen- und Selbstfindungs-Akademie (ISA)68 Gewaltfreie Kommunikation in <strong>der</strong> Schule70 HerzensHände72 Buchpiloten73 Veranstaltungen9 Verrückter Alltag13 Der Mausefall17 Malin erzählt33 In <strong>der</strong> Ferne zu Haus‘42 Müßiggang ist aller Anfang50 Michael Schütz antwortet55 Frisch gechannelt71 Unterwegs... ZU GUTER LETZT74 TAU-LeserInnen-Echo75 TAU abonnieren76 FreundInnen über TAU


Geschichten aus dem Land <strong>der</strong> RegenbogenkriegerBuchtipp:Andrea Hirata: „Die Regenbogen-Truppe“(Hanser Verlag,2013)Bupati ist <strong>der</strong> direkt gewählteRegent einer Gemeinschaft von100.000 bis zu mehreren MillionenPersonen.Übersetzung:Ursula Hillbrand, arbeitet in<strong>der</strong> EU-Kommission, hat einigeSeminare mit <strong>Otto</strong> <strong>Scharmer</strong>absolviert und bringt seine Arbeit,insbeson<strong>der</strong>e die U-Theorie,in emergente Prozesse ein.Ich bin gerade von einer Woche in Indonesienzurück, wo wir Belitung besucht haben, eine wun<strong>der</strong>schöneInsel, die unter an<strong>der</strong>em <strong>als</strong> die „Heimat<strong>der</strong> Rainbow Warriors“ gilt. Eine wahre Geschichteaus einer Schulbaracke für zehn an den Rand gedrängteAußenseiter-Kin<strong>der</strong> – eine inspirierendeGeschichte erzählt von Andrea Hiratas Bestseller<strong>als</strong> Roman und <strong>als</strong> Film, auf Englisch: „The RainbowTroops“ (das Foto zeigt unsere Gruppe in einemNachbau des Klassenzimmers).Wir gingen nach Belitung auf eine Erkundungsreise, um dieSituation vor Ort zu erfahren. Auch wollten wir die fünf Prototyp-Initiativenansehen, an denen unsere Tri-Sektor-Gruppe<strong>der</strong> IDEAS Changemakers arbeitet.Eines Abends lud <strong>der</strong> Bupati ca. 30 Interessensvertreter <strong>der</strong> Gemeinschaftein: Abteilungsleiter <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung,NGOs, religiöse Führer, Unternehmer etc. Es war schon spät,<strong>als</strong> wir vom Abendessen zurückkamen (20.30 Uhr): Alle warenvon einem langen Tag, <strong>der</strong> für viele um 5 Uhr Früh begonnenhatte, erschöpft, und es gab eine beträchtliche Menge an Spannungim Raum, genauer gesagt, eine Frustration über den aktuellenZustand <strong>der</strong> Gemeinschaft. Die Menschen waren müde,<strong>der</strong> Lärm und die Musik von nebenan waren beträchtlich, undes sah für einen Moment so aus, <strong>als</strong> ob dasGanze leicht nirgendwo hinführen könnte.Aber dann, langsam aber sicher, nahm <strong>der</strong> Abend eine wirklichbemerkenswerte Wende. Es entwickelte sich eine Situation undeine Verän<strong>der</strong>ung, die in meinen Augen einen wahren Mikrokosmosunserer heutigen weltweiten Entwicklungssituationdarstellt. Ehe wir uns versahen war es 23.00 Uhr, und absolutniemand wollte nach Hause gehen.Eine Zusammenfassung des Ablaufs:1. Eröffnung: Der Bupati eröffnete <strong>als</strong> Gastgeber die Sitzung.Ich machte ein paar Bemerkungen über die drei Klüfte <strong>als</strong> dieuniverselle Führungsherausfor<strong>der</strong>ung für alle Gemeinschaftenund Zivilisationen von heute.Die drei Klüfte• die ökologische Kluft: unsere steigende Distanz zur Natur• die soziale Kluft: unsere wachsende Distanz zueinan<strong>der</strong>• die geistige Kluft: unsere wachsende Distanz zu uns selbst2. Film: Dann zeigten wir einen zehnminütigen inspirierendenVideoclip, <strong>der</strong> die Geschichte und tolle Bil<strong>der</strong> von Astronautenzeigt, die in den Weltraum fliegen und dann „die Kamerazurück auf unseren Planeten Erde schwenken“ und von <strong>der</strong>Schönheit und lebendigen Gegenwart des Planeten Erde überwältigtwerden.3. Kleine Gruppen: Wir baten die Gäste, „die Kamera wie<strong>der</strong>auf den Planeten Belitung zu schwenken“ und in kleinenGruppen auszutauschen, was sie bemerken, was gerade stirbtund was geboren werden will. Die kleinen Gruppen setzten sichaus Gemeinschaftsmitglie<strong>der</strong>n und aus Teilnehmern unseresTri-Sektor-Programms zusammen (Changemaker, die alle, mitAusnahme des Bupati, von außerhalb <strong>der</strong> Stadt kamen).4. Social Presencing Theater: Dann baten wir die Gäste wie<strong>der</strong>zurück in unseren großen Kreis. Innerhalb dieses Kreiseshatten wir 15 Blatt Papier aufgelegt, jeweils mit einem <strong>der</strong>wichtigen Interessensvertreter in <strong>der</strong> Gemeinschaft bezeichnet:Bupati, Verwaltung, Gesetzgebung, religiöse Führer, Lehrer,Fischer, Mutter Natur, Kin<strong>der</strong>, Jugendliche, Bergbauunternehmen,Ölgesellschaften, Zentralregierung, Polizei usw. Wirbaten sie, die fehlenden Interessensvertreter hinzuzufügen (wassie auch taten). Und dann bat ich sie, die Stimme, den Standpunktund die Bedenken aller Interessensvertreter in einem„Live-Film“ zu spielen, <strong>der</strong> die tatsächliche Realität darstellensollte. Je<strong>der</strong> war eingeladen sich in eine <strong>der</strong> Interessensvertreterrollenzu stellen (außer <strong>der</strong> eigenen Rolle) und „aus dem Ichheraus zu sprechen“.Was geschah, war ein erstaunlicher Ausbruch von Energie, indem die ganze komplexe und ineinan<strong>der</strong> verflochtene, konfliktgetragene,hochaktuelle Realität innerhalb weniger Minutenvöllig lebendig wurde.5. Reflexion: Nun baten wir die Gäste zu reflektieren, was siegesehen hatten. „Betrachten Sie noch einmal das Geschehen:Wenn <strong>der</strong> Film, <strong>der</strong> die tatsächliche Realität darstellen sollte,wichtige Aspekte des aktuellen Systems beleuchtet, wasfällt Ihnen dabei auf?“ Es folgte ein Moment transformativerStille. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Dannergriff die erste Person das Wort: „Ich habe bemerkt, dass je<strong>der</strong>zuerst dem Bupati die Schuld für alle Probleme gab. Wirdachten, dass <strong>der</strong> große Führer die alleinigeQuelle und die Lösung für all unsereProbleme sei. Später stellten wir fest, dasswir alle unsere Rolle zu spielen haben. Wirmüssen die Art, wie wir kommunizieren, verän<strong>der</strong>n.“ Wasfolgte, war eine erstaunlich scharfe und genaue Abfolge vonReflexionen, in denen die Menschen bemerkten, dass das tiefereProblem ihrer Situation nicht <strong>der</strong> Bupati o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>enInteressensvertreter waren, son<strong>der</strong>n eine tiefere Denkweiseund Bewusstheit.„Niemand übernimmt Verantwortung“, sagte eine zweitePerson. „Statt die Schuld dem Bupati zu geben, sollten dieMenschen sich fragen, was sie tun können und wo sie Verantwortungübernehmen können, um das Problem zu lösen.“ Einedritte Person sagte: „Wir müssen die Kommunikation zwischenden Interessensvertretern verbessern. Dieses Rollenspiel hatübertrieben dargestellt, wie wir mehr tun könnten. Durch dieÜbertreibung <strong>der</strong> Rollen und ihre Platzierung in kleine Boxenist es nun klar, wie die Kommunikation verbessert werdenkann.“ Schließlich sagte jemand: „Je<strong>der</strong> Interessensvertretersprach nur aus seinem Ego. Aberwir waren nicht fähig, wirklich <strong>als</strong> Gemeinschaftzusammen zu denken.“6. Hebelpunkt: Am Ende, <strong>als</strong> alles gesagt und getan war, stellteeiner <strong>der</strong> jüngsten Teilnehmer eine Frage an die Mo<strong>der</strong>atorenund die ganze Gruppe. „Das Problem ist“, sagte er, „dass wirnoch nie vorher so ein Gespräch hatten, weil wir in <strong>der</strong> Regelkeinen Raum haben, <strong>der</strong> so ein Gespräch halten und begleitenkann, wie wir heute Abend gesehen haben. Was können wirtun, um einen solchen Raum zu schaffen?“7. Nächste Schritte: Die Gruppe wird eine kleine Kerngruppebilden, die die unterschiedliche Interessensgruppenzusammensetzungwi<strong>der</strong>spiegelt und die Verantwortung übernimmt fürdie Co-Kreation eines för<strong>der</strong>lichen Raumes, <strong>der</strong> es ermöglicht,dass so ein Dialogprozess fortgesetzt werden kann.Für mich war es, <strong>als</strong> hätte ich einen Mikrokosmos einer allgemeinenverfahrenen Situation gesehen, die wir heute in unzähligenGemeinschaften und Systemen erleben. Was mich faszinierthat, war die Erfahrung, dass mit <strong>der</strong> geringen Infrastrukturdes Raum-Haltens (gezeigt in den sieben oben genanntenSchritten) die Gemeinschaft alles aus sich selbst heraus getanhat. Sie haben es geschafft. Sie verwandelten dasalte Muster. Und man konnte spüren, wiesehr sie diese Energie liebten. Es ist ein kleiner,aber hoffnungsvoller Beginn einer langen, langen Reise.Claus <strong>Otto</strong> <strong>Scharmer</strong>Senior Lecturer am MassachusettsInstitute of Technology(MIT). Mitgrün<strong>der</strong> und Chairdes Presencing Institutes. AlsBerater und Begleiter in Wandlungsprozessenarbeitet er mitinternationalen Unternehmen,multilateralen Institutionen wie<strong>der</strong> Weltbank und Nichtregierungsorganisationen.Sein BuchTheory U wurde bisher in zehnSprachen übersetzt.Mehr Infos:www.blog.ottoscharmer.comBuchtipp:<strong>Otto</strong> <strong>Scharmer</strong>: „Leading fromthe Emerging Future: FromEgo-System to Eco-System Economies“(Berrett-Koehler Publishers,2013)52

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