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Das Rubikon-Modell

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Dr. Götz FabryVorlesung Medizinische Psychologie06.02.2013: Motivation II – Vom Wünschen zum HandelnDer Anreiz eines bestimmten Zieles bzw. der Wunsch, etwas Bestimmtes zu erreichen, garantiert – wiewir alle aus leidvoller Erfahrung wissen – allerdings noch nicht, dass wir auch entsprechend handeln.Was ist also noch notwendig, damit Wünsche sich in Handlungen manifestieren? Mit dieser Frage befasstsich das sogenannte <strong>Rubikon</strong>-<strong>Modell</strong>, das den Namen jenes schicksalsträchtigen Flusses trägt, denJulius Cäsar am 10. Januar 49 v. Chr. mit den Worten „alea iacta est“ („Der Würfel ist gefallen“) überschritt,um damit zum Ausdruck zu bringen, dass er sich entschieden hatte, gegen Rom zu marschieren.Seinen Wunsch nach mehr Macht hatte er mit dem Überschreiten des <strong>Rubikon</strong> in eine klare Absicht(Intention) umgesetzt, die für sein weiteres Handeln bestimmend war. Genau darum geht es auch impsychologischen <strong>Rubikon</strong>-<strong>Modell</strong>, das die beiden deutschen Psychologen Heinz Heckhausen (1926 –1988) und Peter Gollwitzer formuliert haben (Folien 1-3). Vor dem Überschreiten des <strong>Rubikon</strong> gehtes um die Auswahl von Wünschen und deren Umwandlung in Absichten (Intentionen), danach um dasUmsetzen, Durchführen und Bewerten von Handlungen.Folie 1<strong>Das</strong> <strong>Rubikon</strong>-<strong>Modell</strong>WünscheVorentscheidungVorhandlungHandlungNachhandlungWählenWollenHandelnBewertenIntentionsbildungHandlungsplanflexible Reaktionauf SituationBewertung desErreichtenEntscheidung„<strong>Rubikon</strong>“Rudolph 2003, Heckhausen 1990Man kann z.B. den Wunsch haben, seine Fitness zu steigern. In dieser allgemein formulierten Form wirdes vermutlich aber immer bei dem bloßen Wunsch bleiben (daher werden die guten Vorsätze für dasneue Jahr auch so selten in die Tat umgesetzt). Was vielmehr notwendig ist, ist eine klare Intention, diesich auf ein bestimmtes Verhalten bezieht, z.B. in der Form: „Ich gehe ab sofort einmal pro Woche joggen“(und nicht etwa „Schwimmen“ oder „ins Fitness Studio“, was ja auch möglich wäre). Für die Bildungsolcher Zielintentionen sind die in der letzten Vorlesung vorgestellten Erwartung-Mal-Wert-Abwägungen von Bedeutung, die den Anreiz eines Erfolges in Bezug setzen zur subjektiven Wahrscheinlichkeit,diesen Erfolg auch zu erreichen. 1 Nachdem die Entscheidung für ein bestimmtes Handelngefallen ist, ist der <strong>Rubikon</strong> überschritten, und es geht jetzt darum, die konkrete Absicht in Verhaltenumzusetzen. Dazu sind zunächst sogenannte Realisierungsintentionen notwendig, d.h. Unterabsichtenbzw. konkrete Planungen, die den Weg zur eigentlichen Handlung frei machen (z.B. „am Samstaggehe ich erst einkaufen und dann joggen“). Realisierungsintentionen folgen also der „Fiat-Tendenz“(lat.: fiat: es geschehe).1 Zur Erinnerung: Dabei gilt folgender Zusammenhang: Je schwerer eine Aufgabe ist, die man gerade noch bewältigen kann,umso zufriedener kann man mit seiner eigenen Leistung sein, d.h. der Anreiz des Erfolges ist umso größer, je schwieriger dieAufgabe ist. Umgekehrt ist der affektive Wert eines Misserfolges umso größer, je leichter eine Aufgabe ist. Für die Motivation istaber nicht nur der Anreiz des Erfolges entscheidend, sondern auch die Frage, inwieweit eine Person es sich selbst zutraut, dieseAufgabe auch bewältigen zu können. Zur Berechnung des Erwartungswertes für Erfolg bzw. Mißerfolg wird das Produkt ausAnreizwert des Erfolges (A E ) und subjektiver Erfolgswahrscheinlichkeit (SW E ) gebildet. Den größten Wert erhält man demnachbei mittelschweren Aufgaben, die sich somit als besonders motivierend erweisen. Umgekehrt erweist sich auch dasScheitern bei einer mittelschweren Aufgabe am schwerwiegendsten, was auch psychologisch leicht zu erklären ist: <strong>Das</strong> Scheiternan einer leichten Aufgabe ist wegen des geringen Erfolgsanreizes, das Scheitern an einer schwierigen Aufgabe wegen dergeringen subjektiven Erfolgswahrscheinlichkeit leichter zu verschmerzen.© Dr. Götz Fabry, Abteilung für Medizinische Psychologie, Freiburg. www.medizinische-psychologie.de 1 / 7


Folie 2<strong>Das</strong> <strong>Rubikon</strong>-<strong>Modell</strong>Wunsch:„Ich will fitter werden“VorentscheidungsphaseWählen: Joggen? Radfahren?Uni-Sport? Schwimmen?Erwartung x Wert-Abwägung(was scheint realisierbarer, wasattraktiver?)Intentionsbildung(Fazit-Tendenz)Zielintention:(„Ich werde regelmäßig joggengehen.“)VorhandlungsphaseWollen: morgens? amWochenende? allein? 1h? 2h?konkrete Umsetzungsplanung(wie gelingt es am besten?Handlungsplan(Fiat-Tendenz)Realisierungsintention:(„Ich gehe amSamstagnachmittag für einehalbe Stunde joggen.“)„<strong>Rubikon</strong>“Rudolph 2003, Heckhausen 1990Mit dem Beginn der eigentlichen Handlung werden dann erneut andere Aspekte wichtig. Jetzt geht esnämlich darum, flexibel auf die Situation zu reagieren, um die Handlung zu einem erfolgreichen Abschlusszu bringen (was passiert etwa, wenn es zum Zeitpunkt des geplanten Waldlaufs in Strömen regnetoder unerwarteter Besuch vor der Türe steht?). Folie 4 verdeutlicht, welche Prozesse für die Handlungskontrollebedeutsam sind, um sich gegen Störungen zu schützen.Folie 3<strong>Das</strong> <strong>Rubikon</strong>-<strong>Modell</strong>Wünsche:???HandlungsphaseHandeln: klappt alles wiegeplant? Hindernisse?flexible Reaktion auf Situationund Anforderung(Handlungskontrolle)erfolgreicher Abschluß derHandlungNachhandlungsphaseBewertenBewertung des Erreichten(„Fitness wird überbewertet“,„Joggen ist langweilig“, etc.)Vergleich zwischen Erwünschtemund ErreichtemHandlungsbeginnHandlungsergebnisRudolph 2003, Heckhausen 1990Folie 4HandlungskontrolleHandlungsbeginnHandlungsergebnisselektiveAufmerksamkeitsparsameInformationsverarbeitungMisserfolgsbewältigungMotivationskontrolleUmweltkontrolleStörungenEnkodierungskontrolleEmotionskontrolleStörungenRudolph 2003, Kuhl 1985© Dr. Götz Fabry, Abteilung für Medizinische Psychologie, Freiburg. www.medizinische-psychologie.de 2 / 7


Stellen wir uns vor, jemand wollte sich auf ein Testat in Anatomie vorbereiten. Er setzt sich dazu an denSchreibtisch und zieht seine Unterlagen aus einem der dort liegenden Stapel. Dabei findet er das aktuelleKinoprogramm, das er bereits händeringend gesucht hatte und legt es zur Seite, weil er ja lernenmöchte (selektive Aufmerksamkeit). Außerdem findet er seine Mitschriebe aus der Anatomie- unddie Skripte der Psychologie-Vorlesung wieder. Während er sich genau merkt, wo er die Anatomie-Mitschriebe jetzt hinlegt, weil er sie gleich wieder zum Lernen braucht, hat er den Aufbewahrungsort derPsychologie-Skripten sofort wieder vergessen, denn jetzt ist Anatomie dran (Enkodierungskontrolle,d.h. was kommt ins Gedächtnis hinein und was nicht). Nach den ersten Minuten des Lernens sinkt jedochdie Stimmung angesichts der enormen Menge an Lernstoff. Aber: Interessant ist es ja irgendwiedoch, und als er feststellt, dass er seit dem letzten Lernen doch weniger vergessen hat, als befürchtet,steigt die Laune wieder (Emotionskontrolle). Auch der Gedanke, dass jetzt die letzte Möglichkeit wäre,noch pünktlich ins Kino zu kommen, kann ihn nicht vom Lernen abhalten, schließlich will er das Testatgleich auf Anhieb bestehen und nicht noch in den Semesterferien auf die Wiederholungsprüfung lernen(Motivationskontrolle). Hoffentlich rufen jetzt die anderen, die vor dem Kino nach ihm Ausschauhalten, nicht auch noch an, sonst käme er doch noch in Versuchung, daher schaltet er das Handy gleichganz aus (Umweltkontrolle). Er verschwendet keinen Gedanken an den Spätfilm, bzw. daran, die anderenspäter noch im Biergarten zu treffen, es geht jetzt nur um die Anatomie (sparsame Informationsverarbeitung).Während des Lernens bemerkt er plötzlich, dass er etwas nicht verstanden hat undfindet auch in den Lehrbüchern keine ausreichende Erklärung dafür. <strong>Das</strong> macht ihm aber nichts aus, erlernt dennoch weiter und nimmt sich vor, am nächsten Tag in der Vorlesung den Prof. zu fragen, vielleichthaben ja andere das gleiche Problem (Misserfolgsbewältigung).Angesichts dieser vielfältigen möglichen Störeinflüsse auf unser Handeln und der damit notwendigenHandlungskontrolle, ist es wenig erstaunlich, dass Handlungen manchmal nicht bis zum erfolgreichenAbschluss geführt werden, insbesondere wenn die motivationalen Voraussetzungen uneindeutig gebliebensind. Aber selbst dann, wenn eine klare Zielintention vorliegt, ist eine umfassende Selbstregulationim Sinne der dargestellten Handlungskontrolle notwendig, um die Handlung zu einem (erfolgreichen)Abschluss zu bringen. Besonders hilfreich für eine solche Selbstregulation sind Vorsätze, worunter manin der Motivationspsychologie spezifische Pläne für bestimmte Situationen versteht (und nicht wie imAlltagsverständnis eher unkonkrete Wünsche und Absichten, wie sie meist zu Neujahr gefasst werden)(Folie 5).Folie 5VorsätzeDef.:Wenn-Dann-Pläne, d.h. Situation/Bedingung, bei derenEintreten ein bestimmtes Verhalten gezeigt wird.z.B.:Ziel: „Ich will mit dem Rauchen aufhören.“Vorsatz: „Und wenn mir jemand eine Zigarette anbietet, dannsage ich „Nein, danke!“Ziel: „Ich will mich gesund ernähren.“Vorsatz: „Und wenn ich im Restaurant bestellen muss, dannnehme ich einen Salat.“Mechanismen von Vorsätzen:- Situation/Bedingung ist chronisch aktiv iert: besseres Gedächtnis,bessere Aufmerksamkeit, bessere Entdeckungsleistung- zielförderliches Verhalten verläuft automatisiert- vorgenommene Handlung wird automatisch initiiert (ohne bewußtesWollen)Achtziger & Gollwitzer 2007Gelingt es schließlich, die Handlung zu einem erfolgreichen Ende zu führen, müssen das Ergebnis undseine Folgen noch bewertet werden. Wir könnten beispielsweise zu dem Schluss kommen, dass es unsdurch regelmäßiges Joggen zwar gelungen ist, unsere Fitness zu steigern, dass dabei jedoch andereDinge zu kurz gekommen sind und wir daher der Fitness keinen so großen Stellenwert mehr beimessen,wie vor dem Training. Diese Bewertung wird natürlich für zukünftige Entscheidungen große Bedeutunghaben.© Dr. Götz Fabry, Abteilung für Medizinische Psychologie, Freiburg. www.medizinische-psychologie.de 3 / 7


Eine zentrale Erkenntnis des <strong>Rubikon</strong>-<strong>Modell</strong> ist die Tatsache, dass sich die gedanklichen Inhalte, dieSteuerung der Aufmerksamkeit und die Art der Informationsverarbeitung in Abhängigkeit von der Positionin Bezug zum „<strong>Rubikon</strong>“ fundamental voneinander unterscheiden (Folie 6).Folie 6<strong>Das</strong> „<strong>Rubikon</strong>“-<strong>Modell</strong>• motivationale Bewusstseinslage•weite Aufmerksamkeit• realitätsorientierte InformationsverarbeitungVorentscheidungVorhandlungHandlungNachhandlungWählenWollenHandelnBewertenIntentionsbildungHandlungsplanflexible Reaktionauf SituationBewertung desErreichten• volitionale Bewußtseinslage• selektive Aufmerksamkeit•optimistische InformationsverarbeitungRudolph 2003, Heckhausen 1990In den Phasen der Vorentscheidung und der Nachhandlung ist eine motivationale Bewusstseinslagevorherrschend, das heißt, der gedankliche Fokus liegt auf subjektiven Erwartungen und Werten.Die Aufmerksamkeit ist in diesen Stadien nur wenig selektiv, die Offenheit für Informationen ist groß(die Person ist sich ihrer Sache ja noch nicht sicher), die Informationsverarbeitung erfolgt realitätsorientiertund präzise (die Person möchte ja herausfinden, was sie will). In der Vorhandlungs- und Handlungsphasedagegen herrscht eine sogenannte volitionale Bewusstseinslage vor (Volition = Wille),die mit einer Fokussierung der gedanklichen Inhalte auf die Möglichkeiten und Hindernisse des Handelnseinhergeht. Die Aufmerksamkeit ist jetzt stark selektiv, die Offenheit für Information eingeschränkt (Ablenkungstört) und die Informationsverarbeitung erfolgt optimistisch, das heißt in Erwartung eineserfolgreichen Handlungsabschlusses (negative Rückmeldungen werden möglichst ausgeblendet).Solche Unterschiede in der psychischen Verarbeitung können nicht nur situativ bedingt sein (das heißtals Antwort auf die unterschiedlichen Anforderungen im Prozess von Willensbildung, Planung, Handlung)sondern auch Ausdruck von zeitlich stabilen Persönlichkeitsmerkmalen. Man spricht in diesem Zusammenhangvon Handlungs- bzw. Lageorientierung (Folie 7).Folie 7Handlungs-/LageorientierungHandlungsorientierung:• auf Aktivitäten gerichtet, dieDiskrepanz zwischengegenwärtigem undbeabsichtigten Zustandbeseitigen könnenLageorientierung:• Realisierung der Absichtgefährdet• Nachdenken übergegenwärtige, vegangene,zukünftige Lage• Nachdenken über Mißerfolg•situativ• überdauerndes PersönlichkeitsmerkmalRudolph 2003, Kuhl 1981Während sich im Zustand der Handlungsorientierung (die weitgehend der volitionalen Bewusstseinslageentspricht) alles um die Aktivitäten dreht, die einen gewünschten Zustand herbeiführen können und sollen,tritt der Zustand der Lageorientierung vor allem dann auf, wenn eine bestimmte Absicht in ihrerRealisierung gefährdet ist. Eine Person ist im Zustand der Lageorientierung dann nicht mehr so sehr mit© Dr. Götz Fabry, Abteilung für Medizinische Psychologie, Freiburg. www.medizinische-psychologie.de 4 / 7


der Realisierung ihrer Absicht beschäftigt sondern damit, über ihre gegenwärtige, zurückliegende oderkünftige Lage nachzudenken. Man kann sich leicht vorstellen, dass die Lageorientierung das Handelnvon Personen auf Dauer eher ungünstig beeinflusst (Folie 8).Folie 8Handlungs-/Lageorientierung• wiederholte Mißerfolge bei einer Aufgabe könnenzum Zustand der Lageorientierung führen• lageorientierte Personen...– brauchen länger, um zu Entscheidungen zu kommen– sind mit höherer Wahrscheinlichkeit ablenkbar– denken länger über Mißerfolge nach– lassen sich von Mißerfolgen schneller entmutigenRudolph 2003, Kuhl 1981Warum sind die Erkenntnisse der Motivations- und Willenspsychologie für die ärztliche Tätigkeit von Bedeutung?Medizinische Maßnahmen beinhalten häufig Verhaltensänderungen für den Patienten(z.B. Gewichtsreduktion, Änderung der Genussgewohnheiten) und diese Verhaltensänderungen sindhäufig vom Scheitern bedroht. <strong>Das</strong> <strong>Rubikon</strong>-<strong>Modell</strong> erlaubt es, dieses Scheitern eines beabsichtigtenVerhaltens sehr differenziert zu analysieren und die notwendigen Interventionen entsprechend daraufabzustimmen: Ist der <strong>Rubikon</strong> schon überschritten, oder geht es noch darum, eine klare Intention überhaupterst herauszubilden und verschiedene Alternativen gegeneinander abzuwägen (z.B. Ist der Patientsich sicher, dass er tatsächlich auf das Rauchen verzichten möchte, um seine Gesundheit zu verbessern,oder wiegt die Einbuße an subjektiver Lebensqualität schwerer)? Vielleicht braucht der Patient aber auchUnterstützung bei der Handlungskontrolle, weil ihm z.B. die kommunikativen Fertigkeiten für eine erfolgreicheUmweltkontrolle fehlen oder weil ihm die Motivationskontrolle zu schwer fällt (z.B. Ein Patient hatsich entschieden mit dem Rauchen aufzuhören, schafft es aber nicht, ihm angebotene Zigaretten abzulehnen).Für die Beratung von Patienten, die eine Verhaltensänderung anstreben, ist ein dem <strong>Rubikon</strong>-<strong>Modell</strong> eng verwandtes Konzept gebräuchlich, das die Orientierung von Interventionen im eben skizziertenSinn für die Praxis sehr erleichtert (Folie 9). Die Bezeichnung transtheoretisches <strong>Modell</strong> verdanktes der Tatsache, dass verschiedene theoretische Annahmen in diesem <strong>Modell</strong> integriert wurden.Folie 9Konsequenzen für die Praxistranstheoretisches <strong>Modell</strong> der VerhaltensänderungRückfälle sind immer möglich!Absichtslosigkeit(precontemplation)Bewusstwerden,Absichtsbildung(contemplation)Vorbereitung(preparation)Handlung(action)Aufrechterhalten(maintenance)ProblembewusstseinschaffenVorteileaufzeigenKonkretisierungfördernHandlungskontrolleunterstützenStrategiengegen RückfallentwickelnBeispiele für spezifische Interventionen(n. Di Clemente et al. 1991)Die wichtigste Botschaft des <strong>Rubikon</strong>- wie auch des transtheoretischen <strong>Modell</strong>s ist es, die Entscheidungund Umsetzung eines geplanten Verhaltens nicht als eine einmalige Sache anzusehen, sondern als einenkomplexen Prozess, der aus verschiedenen Gründen scheitern kann und bei dem zu unterschiedlichen© Dr. Götz Fabry, Abteilung für Medizinische Psychologie, Freiburg. www.medizinische-psychologie.de 5 / 7


Zeitpunkten qualitativ unterscheidbare kognitive, emotionale und motivationale Aspekte eine Rolle spielen.Wie bei anderen <strong>Modell</strong>en, die solche Prozesse idealisiert beschreiben, gilt allerdings auch hier, dassim individuellen Fall immer überprüft werden muss, ob die Annahmen, die das <strong>Modell</strong> macht, auch tatsächlichzutreffen. Insgesamt gibt es aber mittlerweile vielfältige empirische Studien, die gezeigt haben,dass die hier beschriebenen <strong>Modell</strong>e die verschiedenen Schritte, die zu einer Verhaltensänderung führen,adäquat beschreiben. Folie 10 zeigt die Ergebnisse einer Übersichtsarbeit, in der verschiedene Studienzu Veränderungen von gesundheitsschädlichem Verhalten ausgewertet wurden. Dargestellt ist jeweilsdie Entwicklung von mittels Fragebögen ermittelten Pro- und Contra-Argumenten in Bezug auf dieangestrebte Veränderung (z.B. was spricht dafür, mit dem Rauchen aufzuhören, was spricht dagegen?).Es hat sich gezeigt, dass diese Für- und Wider-Abwägungen für die Verhaltensänderung besonders relevantsind. Als Ergebnis der Übersicht kann festgehalten werden, dass sich zum einen die im transtheoretischen<strong>Modell</strong> postulierten Phasen empirisch nachweisen lassen (in den Abbildungen zeigen die x-Achsen die englischen Bezeichnungen der Phasen durch die jeweiligen Anfangsbuchstaben). Zum anderenzeigt sich, dass es insbesondere während der Phase des Bewusstwerdens zu einem starken Anstiegder Pro-Argumente (blaue Kreise) und während der konkreten Handlungsplanung zu einem Rückgangder Contra-Argumente kommt (orange Kreise). Diese Erkenntnis lässt sich unmittelbar für die Beratungder Patienten nutzen, in dem man diese Tendenz unterstützt und entweder die Vorteile verstärkt oderdie Nachteile entkräftet bzw. nach spezifischen Lösungen sucht.Folie 10Verhaltensänderungpro-/contra-AbwägungProchaska et al. 1994Stadien des transtheoretischen <strong>Modell</strong>sFolie 11Schlußfolgerungen• Die Motivation für leistungsbezogenes Handeln ist abhängig...…vom Wert (Anreiz) eines Erfolges (z.B. Stolz) bzw. Mißerfolges (z.B.Scham)…von der subjektiven Erfolgserwartung… von der Neigung Erfolge anzustreben bzw. Mißerfolge zu vermeiden• Informationsverarbeitung, Aufmerksamkeitsfokus und gedankliche Inhalteunterscheiden sich bei Willensbildung, Planung, Handlung (<strong>Rubikon</strong>-<strong>Modell</strong>)• diese Unterschiede können situativ, aber auch persönlichkeitsbedingtsein (Handlungs-/Lageorientierung)• effiziente Interventionen, die einem Patienten bei Verhaltensänderungenhelfen sollen, müssen sich am „<strong>Rubikon</strong>“-<strong>Modell</strong> orientieren© Dr. Götz Fabry, Abteilung für Medizinische Psychologie, Freiburg. www.medizinische-psychologie.de 6 / 7


Literaturhinweise:• DiClemente CC, Prochaska JO, Fairhurst SK, Velicer WF, Velasquez MM, Rossi JS (1991): The processof smoking cessation: an analysis of precontemplation, contemplation, and preparation stages ofchange. Journal of Consulting and Clinical Psychology 59(2): 295-304.• Heckhausen j, Heckhausen H: Motivation und Handeln. 3. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York(Springer Verlag), 2007.• Immelmann K (Hrsg.): Psychobiologie – Grundlagen des Verhaltens. Weinheim (Psychologische Verlagsunion),1988.• Martens J-U, Kuhl J: Die Kunst der Selbstmotivierung. Neue Erkenntnisse der Motivationsforschungpraktisch nutzen. 3. Aufl. Stuttgart (Verlag W. Kohlhammer) 2009.• Pinel JPJ: Biopsychologie. Übersetzt und herausgegeben von P. Pauli. 6. aktualisierte Auflage. München(Pearson Studium), 2007.• Prochaska JO, Velicer WF, Rossi JS, Goldstein MG, Marcus BH, Rakowski W, Fiore C, Harlow LL,Redding CA, Rosenbloom D, Rossi SR (1994) : Stages of change and decisional balance for 12 problembehaviors. Health Psychology 13(1): 39-46.• Rudolph U: Motivationspsychologie. Weinheim (Beltz PVU) 2003.© Dr. Götz Fabry, Abteilung für Medizinische Psychologie, Freiburg. www.medizinische-psychologie.de 7 / 7

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