<strong>Alternativ</strong>-<strong>Grammatik</strong>,"bergerwunder" - 12 -es heißt: »Da <strong>an</strong>twortete der Herr dem Hiob aus dem Wettersturm...«Und daß Jesus nach Markus <strong>an</strong> den Jüngern vorübergehen wollte(6,48), ist gleichfalls ein Stück Gotteserfahrung Israels.Nach 2 Mose 33,22 gibt Gott Mose Anweisungen, wie er sichverhalten soll, wenn seine Herrlichkeit vorüberzieht. Nach34,5f zieht der Herr d<strong>an</strong>n <strong>an</strong> Mose vorüber. Auch nach l Könige19,11 »zog der Herr vorüber«.Kein Zweifel: Jesus erscheint hier wie der Gott Israels.Denn auch daß er auf dem Wasser geht, ist nichts weiter alsdie Offenbarung seiner Gottheit. Nach allen Zeugnissen derReli(138) gionen im näheren und weiteren Umfeld k<strong>an</strong>n nurGott auf dem Meer gehen.Meer, Nacht und Sturm sind die tödliche Bedrohung. In dieserunheimlichen Szene ist Jesus der gegenwärtige Gott. Denn werauf dem Meer gehen k<strong>an</strong>n. hat den Tod besiegt. Er ist Herrüber den größten, unheimlichsten Schrecken.Die Jünger entdecken plötzlich ihren vertrauten Meister indieser Sturmnacht. Sie sind aufs äußerste erschrocken. Wiek<strong>an</strong>n der freundliche Lehrer plötzlich in einer surrealenSzenerie vorkommen?Das Besondere <strong>an</strong> dieser Erzählung ist: Sturm und Finsternissind nicht nur die Vorboten Gottes, der sich d<strong>an</strong>n selbst inihrer Mitte in Ruhe befindet wie im Auge des Sturms. Nein,gleichzeitig wird er als der Herr dieser Elemente dargestellt.Er ist auch der Sieger über die finsteren Gewalten.Er schreitet darauf wie auf einem Teppich. Äußerster Schreckenund ruhige Souveränität kommen hier zusammen.Was für eine merkwürdige Erzählung! M<strong>an</strong> sollte <strong>an</strong>gesichtsihrer nicht kleinkariert nach der Historizität fragen. EineVision oder auch eine symbolische Erfahrung, der VerklärungJesu ähnlich.Die Botschaft selbst ist viel zu ungeheuerlich, und als Erbscnzählerwird <strong>m<strong>an</strong></strong> sich leicht die Finger dar<strong>an</strong> verbrennen.Die Botschaft: In Jesus ist Gott gegenwärtig, der souveräneHerr über Gewalten und Tod. Diese Gewalten sind um ihn herumsichtbar. Ohne das nächtliche Grauen, das diese Gewaltenverbreiten, gibt es auch keine Erfahrung Gottes. Um zu erfassen,wer der Sieger ist, muß <strong>m<strong>an</strong></strong> wissen, was er besiegt.Die Erzählung ist realistisch, weil das Grauen des Todeskaum zutreffender eingef<strong>an</strong>gen wird als in der Not einesnächtlichen Seesturms. Nicht nur für Fischer in Galiläa k<strong>an</strong>n<strong>m<strong>an</strong></strong> so das Ev<strong>an</strong>gelium erzählen.Fort<strong>an</strong> wird dieses typisch christlich sein: In der kleinenAlltagswelt zum Beispiel der Fischer ist doch mit Jesus dergroße (139) Gott gegenwärtig. G<strong>an</strong>z nah ist dieser siegreicheGott den Menschen.Indem bei Matthäus die Erzählung um den im Meer versinkendenPetrus erweitert wird (14,22-36), gibt dieser Ev<strong>an</strong>gelisteine Anwendung für die Jünger: Wenn <strong>m<strong>an</strong></strong> nur ein wenig Glaubenhat, d<strong>an</strong>n darf <strong>m<strong>an</strong></strong> teilhaben <strong>an</strong> dieser Kraft, die überMächte und Tod triumphiert.Gespenster<strong>glauben</strong> wird wieder groß geschrieben in unserenTagen. Die sichtbar-unsichtbaren Mächte sind zurückgekehrt.
<strong>Alternativ</strong>-<strong>Grammatik</strong>,"bergerwunder" - 13 -Totengeister, obskure Kräfte, Mächte und diverse Engel bevölkernnicht nur die Ph<strong>an</strong>tasie. Daß sie wirklich sind, bezweifelnjedenfalls all die nicht, die den Esoterik-Eckender Buchläden dreißig Prozent alles Gedruckten abkaufen.Und weil die g<strong>an</strong>ze Esoterik-Welle nur Reaktion auf einkirchliches Defizit ist und auf eine Über-Aufgeklärtheitunserer Theologie, nimmt es nicht wunder, daß der Berichtvon Jesu Gehen auf dem Meer und mitten im Sturm unter denBibelauslegern nicht viele Freunde hat. Denn dies ist einesolche »esoterische« Geschichte, oder besser gesagt: eineErzählung für Menschen, die das Grauen vor den unbek<strong>an</strong>ntenMächten kennen, die <strong>an</strong> Gespenster <strong>glauben</strong>. Denn es ist eineBegegnung der dritten Art, die hier berichtet wird. Stilechtbesonders im Joh<strong>an</strong>nes-Ev<strong>an</strong>gelium: Als die Jünger Jesus insBoot nehmen wollen, ist er selbst offenbar weg, das Bootaber ist <strong>an</strong> L<strong>an</strong>d (Joh<strong>an</strong>nes 6,16-21). Aus der Traum. Ausdrücklichfällt das Wort »Gespenst« in den Versionen beiMarkus und bei Matthäus. Allem Anschein nach ist es einesolche Begegnung.Würden wir nicht schon erschrecken, wenn nachts im Wald eineGestalt geradewegs auf uns zukäme? Wie viel mehr erst, wenndie Gestalt über das Wasser schritte! Haben Gespenstergeschichtensolcher Art nicht seit jeher die Ängste der Menschenbewegt, von Wüstengeistern über den Geist, der dieGestalt des Petrus hatte, wie die Gemeinde dachte (Apostelgeschichte12,15), bis hin zum Schimmelreiter?