Wie oft im Engadin finden wir im Grand <strong>Hotel</strong> Kronenhof sowie im <strong>Kulm</strong> <strong>Hotel</strong> Handwerk,Zimmer oder Suiten aus bzw. mit Arvenholz oder haben die Möglichkeit, aufKissen, gefüllt mit Mondholz der Arve, zu schlafen. Grund genug für eine Hommagean die Bergkönigin.14 Kronenhof <strong>Kulm</strong> Magazin
<strong>Hotel</strong>sDuftköniginManchmal kauert sie wie eine Greisin, gezeichnet vom <strong>St</strong>urm des Lebens. Oftzerschmetterten Wind und Wetter den Schaft. Dann steht sie wieder wie eineHeldin über allem. Berge machen auch gelassen. Ein Hauch von Ewigkeit liegtin einem Arvenwald, ein <strong>St</strong>ück Poesie im Hochtal. Und wenn wir in eine warmeEngadiner <strong>St</strong>ube mit kunstvoll verziertem Täfer treten, fühlen wir die Kraftdieses Baumes. Eine Sinnesreise. Deshalb sei hier als Erstes der Arvenduft beschrieben:Weihrauch der AlpenBeim Wort Engadin riechen wir unseren höchstgelegenen Arvenwald Europas.Obwohl, draussen in der Natur steigt kein Arvenduft zur Nase. Es riecht ehernach frischem Gras, vielleicht nach Wacholder oder Moos. Doch werden dieBäume zersägt, öffnet sich eine Duftschatztruhe. Parfumeure beschreiben denArvenduft als „mild, rund, warm vibrierend, wie trockene Nadeln in der Herbstsonne“.Wer Arvenholz einmal gerochen hat, erkennt es immer wieder und verwechseltes nicht mit Tannen- oder Lärchenholz. Vielleicht ist der Arvenduftsogar der Weihrauch der Alpen.So werden aus dem wertvollen Arvenholz nicht nur kunstvolle Kassettendeckengezimmert, sondern der aus Zweigen und Ästen destillierte Duft soll MenschenMut, Ausdauer und Selbstvertrauen schenken. 1965, im Jahr der Alpen, warsogar ein Arvenduft aus der Spraydose lanciert worden. Zudem liegt ein Hauchvon Ewigkeit in der Luft. Im Kloster San Jon im Müstair beispielsweise ist dasDormitorium im Plantaturm aus Arvenholz. An den Brettern stehen die Jahreszahlendes geschlagenen Holzes: 1436, 1500 und 1501. Deren Duft hat sich bisheute erhalten, wenn auch verändert: Altes Arvenholz rieche wärmer, voller undzeige den Schatten einer blumigen Note. Ein wenig erinnert es sogar an Vanille.Schlafspendend und charakterstarkSchliesslich müssen die Schwestern im besagten Kloster göttlich geschlafen haben.Eine <strong>St</strong>udie des österreichischen Instituts Joanneum Research belegt, dasssich Menschen in einem Arvenraum besser erholen. Das Herz von Versuchspersonen,die sich in einem Arvenzimmer aufhalten, schlägt deutlich langsamer.Angeblich spart, wer im Arvenduft schläft, pro Tag eine <strong>St</strong>unde Herzarbeit.Auftraggeber der <strong>St</strong>udie war übrigens der Tiroler Waldwirtschaftsverband. DerBündner Waldwirtschaftsverband Selva war daran mitbeteiligt, was sich lohnte:Nachdem einige Jahre die Nutzung sank, ist die Nachfrage nach Arvenholz heutewieder gestiegen.Neben dem Geruch ist auch das Leben der Arve – in Deutschland wird sieZirbelbaum genannt – einzigartig: Sie ist eine charakterstarke Berglerin, undman bezeichnet sie gerne als „Königin der Bäume“. Sie wächst, obwohl dieTemperaturen extrem schwanken. Damit passt sie sich von den einheimischenBaumarten am besten an die Launen der Berge an und bildet den obersten Waldsaum.Es ist die einzige Nadelbaumart mit fünf Nadeln pro Büschel. EinzelneBäume werden 25 Meter hoch und erreichen einen <strong>St</strong>ammdurchmesser von 1,7Metern. Schnee, <strong>St</strong>urm oder Lawinen brechen oft die Wipfel, doch die Alpenkönigintreibt wieder aus, es entstehen eindrückliche „Wetterbäume“.Schützenwertes KulturgutArvensamen kann man zudem essen. In einem Arvenzapfen stecken bis zu 150Samen. Deren Inneres ist weich und ähnelt den Pinienkernen, ist nährstoffreichund schmackhaft. Deshalb wurde früher mit Arvensamen der Speiseplan ergänzt.Dies hinterliess Spuren: Im Engadin heissen die Arvenzapfen „Betschla“.Davon ist der Nachname Bezzola abgeleitet. Ursprünglich sollen die Engadinerihre Nusstorten sogar mit Arvennüsschen statt mit Baumnüssen hergestellt haben… Und schliesslich ernährt sich ein Vogel heute noch von Arvensamen: derTannenhäher. Was den Bäumen wiederum hilft, sich auszubreiten. Denn die Samensind schwer und haben keine Flughilfen – ausser dem Tannenhäher. Für denFall, dass die Häher alle Vorräte verputzen, ist die Arve gerüstet: Alle vier bisfünf Jahre sorgen Mastjahre für mehr Zapfen, als aufgefressen werden können.Weiter schätzt die Arve den sauren Boden, wie beispielsweise im <strong>St</strong>azerwald bei<strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>. Doch in der Schweiz wachsen Arven vom Wallis bis ins Engadin,am wohlsten fühlen sie sich in den inneralpinen Trockentälern mit extremenTemperaturschwankungen. Die Arve hinterliess so auf der Landkarte Spuren:Mindestens 76 Berg-, Flur- und Ortsnamen sind von „Arve“ abgeleitet.Allerdings: Neue Forschungen zeigen, dass insbesondere die Bestände in denRandalpen einer unsicheren Zukunft entgegenblicken. Die Arve hat über dieJahrhunderte an genetischer Vielfalt verloren, und die Klimaerwärmung zeigtihre Folgen: Grössere Niederschlagsmengen bei höheren Temperaturen lassenden Jungwuchs häufiger erkranken. – Ein Grund mehr für uns, über unserenEngadiner Baum zu schreiben und auf seinen Wert aufmerksam zu machen.Kronenhof <strong>Kulm</strong> Magazin 15