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Postoperative Übelkeit & Erbrechen - Medizin Akademie

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sam. Die wichtigsten Nebenwirkungensind extrapyramidal-motorischeSymptomatik und Sedierung. DerNNT beträgt 12. Die Daten zur Wirksamkeitbei PONV sind sehr widersprüchlich.6.5. Vorgehen im klinischenAlltagDie Prophylaxe und Therapie derPONV wird von den betreuendenÄrzten durchgeführt. Der abgebildeteStufenplan (siehe Abbildung 2)stellt eine praxiserprobte Empfehlungfür die Vorgangsweise bei derProphylaxe und Therapie im klinischenAlltag dar. Letztlich liegt dieindividuelle Therapieentscheidungaber im Verantwortungsbereich derbetreuenden Ärzte.7. PONV im Kindesalter„Wird mein Kind erbrechen?“ ist eineder häufigsten Fragen besorgter Elternvor einer Narkose. Nach wie vorgilt: <strong>Übelkeit</strong> und <strong>Erbrechen</strong> stellen inder Pädiatrie keineswegs ein ausreichendgelöstes Problem dar.7.1. EpidemiologieIn einem gemischten kinderchirurgischenPatientenkollektiv tritt PONV mit einer Inzidenzvon 20 bis 40% auf, in besonderen Fällen bis zu 70 bis80%, wenn keine prophylaktischen Maßnahmen gesetztwerden.7.2. RisikogruppenSäuglinge und Kleinkinder unter zwei Jahren sind weitweniger betroffen als Kinder über zwei Jahren. Eine endgültigeErklärung für diese Altersabhängigkeit gibt esnoch nicht, denkbar wäre ein noch nicht voll entwickelterBrechreiz im frühen Lebensalter. Das Geschlecht scheint imKindesalter keine so entscheidende Rolle zu spielen alsnach der Pubertät.7.3. Iatrogene Risikofaktoren7.3.1. AnästhetikaDer Einfluss von Inhalationsanästhetika ist auch im Kindesalterals Risikofaktor für PONV gesichert. Ob unterneueren Inhalationsanästhetika wie Sevofluran oder Desflurantatsächlich eine geringere PONV-Inzidenz im Kindesalterzu beobachten ist, konnte bisher noch nicht ausreichendbelegt werden. Einige Studien weisen daraufhin, dass Sevofluran ohne begleitende Therapie im Kindesalterein niedrigeres emetogenes Potenzial als Halothanhat. Hinsichtlich <strong>Übelkeit</strong> und <strong>Erbrechen</strong> sind dieneueren Inhalationsanästhetika auch im Kindesalter Propofolunterlegen.Univ.-Prof. Dr.AlexanderReinthallerUniversitätsklinikfür Frauenheilkunde,WienPrim. Univ.-Doz.Dr. KlausReisenbergerGynäkologie, KHder BarmherzigenSchwestern, WelsUniv.-Prof. Dr.Margot SemsrothUniversitätsklinikfür Anästhesie undAllg. Intensivmedizin,WienPrim. Dr. WolfgangStummvollGynäkologischeAbteilung, KH derBarmherzigenSchwestern, LinzUniv.-Prof. Dr.Alois WerbaUniversitätsklinikfür Anästhesie undAllg. Intensivmedizin,Wien7.3.2. OpioideOpioide sind als PONV-Risikofaktorenauch in der Pädiatrie belegt, ihr Potenzialscheint abhängig von der Dosierungzu sein. Unterschiede innerhalbdieser Analgetikagruppe könnenaus den zur Verfügung stehenden Datenin der Literatur für das Kindesalternicht ausreichend belegt werden.7.3.3. LachgasDer Einfluss von Lachgas auf die Inzidenzvon PONV im Kindesalter ist hinreichendbelegt und ebenso wie imErwachsenenalter jedoch eher gering.7.3.4. MaskenbeatmungSelbst das Ausmaß der Blähung desGastrointestinaltraktes bei diesenTechniken konnte bisher auch im Kindesalternicht schlüssig für die PONV-Inzidenz nachgewiesen werden.7.4. Allgemeine MaßnahmenDer vorsichtige Umgang mit möglichstschonendem Transport und limitiertenBewegungen nach einer Narkose kannzu einer Senkung der PONV-Inzidenzim Kindesalter beitragen.7.5. Operationen mit erhöhterPONV-Rate7.5.1. StrabismusoperationStrabismusoperationen gelten alsdie Operation im Kindesalter mitder höchsten PONV-Inzidenz. Bei dereinseitigen Strabismusoperation findet sich keine signifikanthöhere Inzidenz im Vergleich zu einem gemischtenkinderchirurgischen Kollektiv. Wird hingegen an beidenAugen operiert, steigt die Inzidenz auf über 50% an. Bemerkenswertist der Einfluss der Operationstechnik aufdie PONV-Inzidenz. Dabei führt die Myopexie zu einersignifikant höheren Inzidenz als die Resektions- bzw.Rückverlagerungsoperation.7.5.2. Tonsillektomien und AdenotomienTonsillektomien und Adenotomien bei Kindern sind insgesamtmit einer erhöhten PONV-Inzidenz verbunden. DieAngaben für das PONV-Risiko nach Tonsillektomie oderAdenotomie reichen von 40 bis 80% in den ersten 24 Stundenpostoperativ.7.6. ZusammenfassungIn der Pädiatrie ist die Senkung der PONV-Inzidenz vongroßer Wichtigkeit. Die PONV-Inzidenz lässt sich durchmultifaktorielle Ansätze wie eine gute Prämedikation undden nicht mehr aufzuhaltenden weiteren Einsatz von Regionalanästhesieverfahrenweitersenken. Sind diese opioid- undanästhetikasparenden Verfahrennicht einsetzbar oder nicht eingeführt,so scheint bereits bei mittleremPONV-Risiko eine umfassendeantiemetische Prophylaxe indiziert.7sonderausgabe clinicum


8. Ökonomische AspekteDie Verhinderung von postoperativer <strong>Übelkeit</strong> und <strong>Erbrechen</strong>(PONV) ist eines der wesentlichen Patientenanliegenan den Anästhesisten. Anteilsmäßig zu den Anästhesiekostenfür Medikamente und Verbrauchsmaterial sind dieKosten einer PONV-Prophylaxe und Therapie gering. FürSerotoninantagonisten liegen sie im Bereich von 7 bis12%, für Dexamethason bei zirka 3,6% und für Dehydrobenzperidolbei 1,9%. Selbstverständlich müssen bei einersolchen Betrachtungsweise aber auch die unerwünschtenWirkungen der einzelnen Antiemetika in Betracht gezogenwerden. Demnach könnte es zum Beispiel durch dieVerabreichung von 1,25mg Dehydrobenzperidol i.v. zu einerSedierung eines ambulanten Patienten kommen, dieeventuell die Entlassung verzögert (von den potenziell gefährlichenNebenwirkungen einmal abgesehen).8.1. Ökonomische PrädiktorenUm Kosten für eine Antiemetikaprophylaxe einzusparen,sollten möglichst nur jene Patienten, die auch tatsächlichan PONV leiden werden, therapiert werden. Daher ist eserforderlich, Risikofaktoren zu definieren, die eine signifikanteAussage über das individuelle PONV-Risiko eines Patientenin prospektiver Weise zulassen. Als Beispiel sei derApfel-Score genannt, der zeigt, dass sich mit einem vereinfachtenScoringsystem mit akzeptabler Genauigkeit dasPONV-Risiko eines Patienten voraussagen lässt.Abbildung 3:Ermittlung der Ökonomie einerAntiemetikaprophylaxe1,00,90,80,70,60,50,40,30,20,10,04 3 2 1 0Mindestanzahl von Risikofaktoren© BacherVerhältnis: (Symptomatische pro Klasse)/BehandelteVerhältnis: Unbehandelte/Gesamt-SymptomatischeDifferenzAnteil zu behandelnder Pat. (entspricht Kostensteigerung)8.2. Auswahl der PatientenDie Qualität der Auswahl von Patienten, die eine PONV-Prophylaxe erhalten sollen, kann man an zwei bis dreiKriterien messen (siehe Abbildung 3). Zum einen solltenmöglichst nur Patienten behandelt werden, die auchtatsächlich postoperativ symptomatisch werden. DieserParameter wird aus dem Verhältnis der Anzahl von symptomatischenPatienten zur Gesamtzahl der antiemetischbehandelten Patienten berechnet. Dieses Verhältnis sollnahe bei 1,0 liegen.Zum anderen sollen lückenlos alle Patienten behandeltwerden, die insgesamt an PONV leiden würden. Dieslässt sich im Verhältnis der Anzahl von unbehandeltenPatienten zur Anzahl von allen symptomatischen Patientenausdrücken. Dieser Wert sollte idealerweise 0,0 betragen.Um diesen beiden Forderungen einigermaßengerecht zu werden, muss die Differenz dieser beidenVerhältniszahlen berechnet werden. Diese Differenzwiederum sollte einen möglichst großen Wert (idealerweise1,0) ergeben.8.3. KostenentwicklungAus der Abbildung 3 ist weiters ersichtlich, dass die Anzahlder zu behandelnden Patienten und damit die Kostenimmer mehr zunehmen, je niedriger die Interventionsschwelleangesetzt wird. Die Differenz der beidenunter 8.2 beschriebenen Verhältniszahlen ist fast gleichgroß, wenn man nur diejenigen Patienten behandelt,die mit zumindest einem oder zwei Risikofaktoren nachdem Apfel-Score behaftet sind. Das bedeutet, dass dieSinnhaftigkeit einer Antiemetikaprophylaxe annäherndgleich ist, wenn man alle Patienten sowie Patienten miteinem oder zwei Risikofaktoren behandelt.Die Kosten bzw. die Anzahl zu behandelnder Patientensind aber wesentlich höher, wenn alle Patienten behandeltwerden, als wenn nur Patienten behandelt werden,die mindestens zwei Risikofaktoren aufweisen. Aus derGrafik lässt sich daher ableiten, dass es am ökonomischstenist, jene Patienten zu behandeln, die mindestenszwei Risikofaktoren aufweisen.8.4. SchlussfolgerungEine antiemetische Prophylaxe ist im Verhältnis zu denGesamtkosten einer Anästhesie bemerkenswert günstig.Eine Antiemetikaprophylaxe ist zudem besonders ökonomisch,wenn alle Patienten, die zumindest zwei Risikofaktorennach dem Apfel-Score aufweisen, damit versorgtwerden.■8Impressum:Verleger: Manstein <strong>Medizin</strong> MediengmbH DVR Nr.: 0753211 Verlags- und Redaktionsadresse: Wiedner Hauptstraße 61, 1040 Wien, Tel.: 01/503 71 66-0, Fax: DW 252, E-Mail:medizin@manstein-medizin.at Herausgeber: Hans-Jörgen Manstein Geschäftsführung: Thomas Zembacher DW 210 Für den Inhalt verantwortlich: Priv.-Doz. Dr. ChristianApfel, Prim. Univ.-Prof. Dr. Jörg Keckstein, Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Kröll, OA Dr. Wolfgang Masetti, OA Dr. Gottfried Mitterschiffthaler, Dr. Franz Pusch, , Univ.-Prof. Dr.Alexander Reinthaller, Prim. Univ.-Doz. Dr. Klaus Reisenberger, Univ.-Prof. Dr. Margot Semsroth, Prim. Dr. Wolfgang Stummvoll, Univ.-Prof. Dr. Alois Werba; Vorsitz: Prim.Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda, o. Univ.-Prof. Dr. Michael Zimpfer; Co-Vorsitz Univ.-Prof. Dr. Andreas Bacher Titelbild: Barbara Krobath Lektorat: Karl Heinz Javorsky ArtDirektion: Karl J. Kuba Layout und DTP: Judit Mihályi Litho: smartart Druck: Druckerei Bauer, 1100 Wien Auflage: 5.000 Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher,schriftlicher Genehmigung von Manstein <strong>Medizin</strong> MediengmbH.Mit freundlicher Unterstützung der Firma GlaxoSmithKlineclinicum sonderausgabe

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