Depression - Medizin Akademie
Depression - Medizin Akademie
Depression - Medizin Akademie
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
sonderausgabe april 2001<br />
P.b.b. Verlagspostamt 1040 Wien, Zulassungsnummer: 79460W91E<br />
Das Magazin für die Führungskräfte im Krankenhaus<br />
<strong>Depression</strong><br />
Medikamentöse<br />
Therapie<br />
State of the Art 2001<br />
Konsensus-Statement<br />
Univ.-Prof. Dr. Harald Aschauer, OA Dr. Andreas Conca, Prim. Univ.-Prof. Dr. Rainer Danzinger,<br />
OA Dr. Eberhard Deisenhammer, Univ.-Prof. Dr. Martina De Zwaan,<br />
Univ.-Doz. Dr. Christian Geretsegger, Prim. Univ. Doz. Dr. Christian Haring,<br />
Prim. Dr. Manfred Haushofer, Prim. Dr. Marion Kalousek, Univ.-Doz. Dr. Gernot Langs,<br />
Dr. Elisabeth Lenzinger, Prim. Dr. Albert Lingg, Prim. Dr. Heinz Pfolz, Prim. Dr. Thomas Platz,<br />
w. Hofr. Prim. Univ.-Doz. Dr. Werner Schöny, Prim. Univ.-Prof. Dr. Harald Schubert,<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Simhandl, O. Univ.-Prof. Dr. Marianne Springer-Kremser,<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Christoph Stuppäck, Prim. Dr. Elmar Windhager, Dr. Wilhelm Wolf<br />
Herausgeber: O. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Siegfried Kasper<br />
Prim. Univ.-Doz. DDr. Michael Lehofer
Vorwort<br />
<strong>Depression</strong>en zählen nicht nur zu den häufigsten Erkrankungen in<br />
der Psychiatrie, sondern werden auch bei verschiedenen organmedizinischen<br />
Erkrankungen, z.B. kardiovaskulären Erkrankungen,<br />
neuroendokrinologischen Erkrankungen, rheumatischen Erkrankungen,<br />
und in der Onkologie häufig beobachtet. Epidemiologische<br />
Daten haben ergeben, dass die Prävalenzraten an <strong>Depression</strong>en<br />
zunehmen, was u.a. mit den veränderten Lebensgepflogenhei-<br />
O. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Prim. Univ.-Doz. DDr.<br />
Siegfried Kasper<br />
Michael Lehofer<br />
ten und -bedingungen in Zusammenhang gebracht wird. Während<br />
Klinische Abt. für Allgemei- Allgemein-Psychiatrische früher, vor Einführung der Psychopharmaka, keine wesentlichen<br />
ne Psychiatrie, Universitäts- Abteilung I, Landesnerven-<br />
therapeutischen Maßnahmen zur Verfügung standen, weisen nun<br />
klinik für Psychiatrie, Wien krankenhaus, Graz<br />
die neuen, nebenwirkungsarmen Medikamente eindrucksvolle Besserungsraten<br />
auf und werden, im Vergleich zu den älteren Antidepressiva<br />
der 50er Jahre, von den Patienten akzeptiert. Komplementär dazu entwickelten sich syndromspezifische psychotherapeutische,<br />
chronomedizinische und soziotherapeutische Methoden zur <strong>Depression</strong>sbehandlung entscheidend weiter.<br />
Häufig werden <strong>Depression</strong>en nicht als Erkrankungen angesehen und von Laien, aber auch von Ärzten als unausweichlicher<br />
bzw. unveränderbarer Ausdruck von Lebensumständen bzw. des Charakters angesehen und dadurch nicht einer effektiven Behandlung<br />
zugeführt. Der Umgang mit <strong>Depression</strong>en wird in der Praxis auch dadurch erschwert, dass, etwa im Vergleich zur Inneren<br />
<strong>Medizin</strong>, lange Zeit kein adäquates Krankheitsmodell zur Verfügung stand. Dies hat sich jedoch geändert, und es stehen<br />
nun biopsychosoziale Krankheitsmodelle zur Verfügung, die es dem Patienten erlauben, die ihn betreffende <strong>Depression</strong> als mit<br />
somatischen Erkrankungen vergleichbares Leiden zu verstehen. Damit kommt es zur Entmystifizierung depressiver Erkrankungen<br />
und Patienten werden nicht nur über die Entstehung und den Verlauf der Erkrankung aufgeklärt, sondern auch über die<br />
verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Das vorliegende Konsensus-Dokument wurde mit österreichischen Experten sowohl in<br />
der persönlichen Diskussion als auch im schriftlichen Austausch erarbeitet und stellt die konsensuelle Meinung der Teilnehmenden<br />
dar. Diese Arbeit wurde durch die finanzielle Unterstützung von insgesamt elf Unternehmen der Arzneimittelindustrie<br />
möglich, die sich die Kosten teilten. Ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Wie immer bei dieser Art von Konsensus-Dokumenten<br />
ist jedoch bei Schriftlegung bereits der eine oder andere Aspekt überholt, sodass geplant ist, in regelmäßigen Abständen<br />
eine Neuauflage zu erarbeiten. Die Grundzüge der in diesem Konsensus-Dokument festgehaltenen Diagnose- und Therapiegepflogenheiten<br />
sollen nicht nur Anhalt für die tägliche Praxis geben, sondern auch entsprechenden politischen Gremien als<br />
Ausgangspunkt für einen effektiven und kostengünstigen Umgang mit <strong>Depression</strong>en dienen.<br />
Wir hoffen sehr, dass Ihnen das Konsensus-Dokument „<strong>Depression</strong>“ für Behandlung und Verständnis depressiver Erkrankungen<br />
nützlich sein kann, und würden uns über eine Rückmeldung für die 2. Auflage freuen.<br />
In diesem Sinne zeichnen<br />
O. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Siegfried Kasper Prim. Univ.-Doz. DDr. Michael Lehofer<br />
Mag. Andrea Budin, Manstein <strong>Medizin</strong> Medien Karl E. Buresch, Manstein <strong>Medizin</strong> Medien
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Einleitung<br />
1.1 Bedeutung der <strong>Depression</strong> im Spektrum der Diagnosen<br />
der heutigen <strong>Medizin</strong><br />
1.2 Entwicklung der Inzidenz depressiver Störungen im<br />
Laufe des 20. Jahrhunderts<br />
2. Diagnostik<br />
2.1 Psychopathologische Leitsymptomatik<br />
2.2 Diagnostisches Vorgehen in der Praxis<br />
3. Behandlung<br />
3.1 Das stufenweise Vorgehen in der Behandlung von<br />
depressiven Patienten<br />
3.2 Wo soll die <strong>Depression</strong> behandelt werden? – Indikation<br />
des Settings<br />
3.3 Einflussgrößen auf die Therapie<br />
3.4 Auswahl des Psychopharmakons …<br />
3.4.1 … nach Schweregrad<br />
3.4.2 nach phasenprophylaktischer Wirkung<br />
3.4.3 nach Wirkungseintritt<br />
3.4.4 nach Wirkungsprofil<br />
3.4.5 nach Nebenwirkungsprofil<br />
3.4.6 nach Rezeptorprofil (pathophysiologische Indikationsstellung)<br />
3.4.7 nach klinischen Traditionen in Österreich<br />
4. Therapieresistenz<br />
4.1 Definition<br />
4.2 Primäre Maßnahmen<br />
4.3 Adjuvante Maßnahmen<br />
4.3.1 Augmentierende Medikationen<br />
4.3.2 Psychotherapeutische Maßnahmen<br />
5. Psychotherapeutische Maßnahmen<br />
6. Nicht medikamentöse, biologisch fundierte Maßnahmen<br />
7. Therapieevaluation<br />
8. Langzeittherapie<br />
<strong>Depression</strong><br />
1.3 Behandlungsbedürftigkeit der Bevölkerung im Gegensatz<br />
zur tatsächlichen Versorgung<br />
1.4 Bio-psychosoziale Bedingungskonstellationen depressiver<br />
Erkrankungen<br />
2.3 Biologische Korrelate bei <strong>Depression</strong><br />
3.4.7 nach dem Metabolismus der Substanz<br />
3.4.9 nach den Dosierungsmöglichkeiten<br />
3.4.10 nach dem Preis<br />
3.4.11 nach der Relevanz und der Anzahl relativer und<br />
absoluter Kontraindikationen<br />
3.4.12 bei Multimorbidität und beim alten Menschen<br />
3.4.13 bei Komorbidität<br />
3.4.14 bei Schwangerschaft<br />
3.4.15 bei Kindern und Jugendlichen<br />
3.4.16 nach objektiver Evaluierbarkeit (Blutspiegel)<br />
3.4.17 unter dem Aspekt drohender Suizidalität<br />
3.4.18 unter dem Aspekt der Sedierung<br />
3.4.19 bei perimenopausalem Syndrom<br />
3.4.20 bei der kurzen wiederkehrenden <strong>Depression</strong><br />
4.3.3 Weitere bewährte unterstützende therapeutische<br />
Maßnahmen (Lichttherapie, Schlafentzug)<br />
4.3.4 Stellenwert von EKT und rTMS in der <strong>Depression</strong>sbehandlung<br />
5.1 Supportive Psychotherapie 5.2 Störungsspezifische Psychotherapie<br />
3<br />
sonderausgabe clinicum
4<br />
1. Einleitung<br />
1.1 Bedeutung der <strong>Depression</strong> im Spektrum<br />
der Diagnosen der heutigen <strong>Medizin</strong><br />
<strong>Depression</strong>en zählen gemeinsam mit kardiovaskulären<br />
Erkrankungen zu den häufigsten Erkrankungen. Auf<br />
Grund epidemiologischer Studien weist die WHO darauf<br />
hin, dass sie in Zukunft die am häufigsten gestellte Diagnose<br />
sein werden. Depressive Erkrankungen stellen daher<br />
ein großes Gesundheitsproblem der heutigen Gesellschaft<br />
dar.<br />
In Tabelle 1 sind die häufigsten Ursachen von Erwerbsunfähigkeit<br />
dargestellt, woraus hervorgeht, dass psychiatrische<br />
Erkrankungen die häufigsten Ursachen von<br />
Erwerbsunfähigkeit weltweit sind (siehe Tabelle 1).<br />
Tabelle 1:<br />
Die häufigsten Ursachen von<br />
Erwerbsunfähigkeit weltweit 1990<br />
Fälle in Millionen in %<br />
Alle Fälle 472,7<br />
1 Unipolare Major <strong>Depression</strong> 50,8 10,7<br />
2 Eisenmangel-Anämie 22,0 4,7<br />
3 Stürze 22,0 4,6<br />
4 Alkoholmissbrauch 15,8 3,3<br />
5 COPD 14,7 3,1<br />
6 Bipolare Störungen 14,1 3,0<br />
7 Kongenitale Anomalien 13,5 2,9<br />
8 Osteoarthritis 13,3 2,8<br />
9 Schizophrenie 12,1 2,6<br />
10 Zwangserkrankungen 10,2 2,2<br />
(Murray CJL, Lopez AD eds.; The global burden of disease. Summary.<br />
Cambridge, Massachusetts, USA: Harvard School of Public Health, 1996: 20–6)<br />
Verglichen mit anderen häufigen medizinischen<br />
Erkrankungen wie Hypertonie,<br />
Diabetes, Herzerkrankungen, Arthritis<br />
bzw. Lungenerkrankungen weisen Patienten,<br />
die an einer <strong>Depression</strong> erkrankt<br />
sind, einen größeren Grad an Behinderung<br />
auf. Sie haben mehr Krankheitstage<br />
als Patienten mit Arthritis, Hypertension<br />
und Diabetes (siehe Abbildung 1). <strong>Depression</strong>en<br />
stellen die Hauptursache von<br />
Suiziden dar, und im Vergleich zu den<br />
Todesfällen mit Aids bzw. Malaria kann<br />
festgehalten werden, dass weltweit etwa<br />
dreimal so häufig Menschen an Suiziden<br />
versterben wie an Aids und etwa achtmal<br />
so häufig wie an Malaria.<br />
Innerhalb der<br />
psychiatrischen Erkrankungen<br />
nehmen<br />
<strong>Depression</strong>en einen<br />
großen Anteil ein.<br />
Wie aus Tabelle 1<br />
clinicum sonderausgabe<br />
Hypertonie<br />
Diabetes<br />
Herzkrankung<br />
Arthritis<br />
Lungenerkrankung<br />
Keine<br />
auch entnommen werden kann, gehören <strong>Depression</strong>en<br />
zu den häufigsten psychiatrischen Störungen, und in der<br />
allgemeinmedizinischen Praxis sind sie wahrscheinlich<br />
jene Krankheit, mit welcher der Hausarzt am häufigsten<br />
konfrontiert ist. Epidemiologische Studien in verschiedenen<br />
Ländern haben gezeigt, dass im Verlaufe ihres Lebens<br />
(Lebenszeit-Prävalenz) etwa 17% der Gesamtbevölkerung<br />
an einer <strong>Depression</strong> erkranken. Etwa ein Drittel<br />
davon, also ca. sechs Prozent, leiden an einer <strong>Depression</strong>,<br />
die zwar gering ausgeprägt, aber immerhin noch klinisch<br />
relevant ist (siehe Abbildung 2).<br />
Abbildung 2:<br />
Epidemiologie depressiver Erkrankungen<br />
Noch höher ist die Prävalenz von <strong>Depression</strong>en bei Patienten,<br />
die den praktischen Arzt aufsuchen. Verschiedene<br />
Fragebogenstudien haben gezeigt, dass zwischen 12%<br />
und 25% dieser Patienten an einer <strong>Depression</strong> unterschiedlichen<br />
Schweregrades leiden. Mehrere Untersuchungen<br />
haben darauf hingewiesen, dass bei einem<br />
Großteil der depressiven Patienten, die den Hausarzt<br />
aufsuchen, das Krankheitsbild der <strong>Depression</strong> unerkannt<br />
bleibt.<br />
Abbildung 1:<br />
Einschränkung der Lebensqualität<br />
(Allgemeinbevölkerung)<br />
<strong>Depression</strong> in %<br />
82,9% keine<br />
5,6% leichte<br />
7,3% mittelgradige<br />
4,2% schwere<br />
<strong>Depression</strong> im Vergleich mit anderen chronischen Erkrankungen<br />
„Physical” „Social” „Role” „Bed days”<br />
<strong>Depression</strong> hat größere Einschränkung der Lebensqualität (p < 0,05)<br />
<strong>Depression</strong> führt zu kleinerer Einschränkung der Lebensqualität (p < 0,001)<br />
Kein Unterschied (p > 0,05)<br />
Wells et al 1989
1.2 Entwicklung der Inzidenz depressiver<br />
Störungen im Laufe des 20. Jahrhunderts<br />
Epidemiologische Untersuchungen haben ergeben, dass<br />
die Inzidenz depressiver Störungen im Laufe des 20. Jahrhunderts<br />
zugenommen hat. Dies wird mit den Lebensumständen<br />
seit Eintritt des Industriezeitalters in Zusammenhang<br />
gebracht, mit dem Zerfall der Großfamilien und der<br />
zunehmenden Beschleunigung des Informationsprozesses,<br />
der ein höheres Ausmaß an Coping-Strategien von den<br />
einzelnen Individuen fordert.<br />
1.3 Behandlungsbedürftigkeit der Bevölkerung<br />
im Gegensatz zur tatsächlichen Versorgung<br />
Verschiedene Studien haben darauf hingewiesen, dass nur<br />
ein kleiner Prozentsatz der Patienten in der allgemeinen<br />
Bevölkerung, die an einer depressiven Erkrankung leiden,<br />
auch eine adäquate antidepressive Therapie erfahren.<br />
In einer großangelegten <strong>Depression</strong>s-Studie, die in Frankreich<br />
durchgeführt wurde, konnte gezeigt werden, dass<br />
von den diagnostizierten depressiven Patienten nur etwa<br />
20% eine medikamentöse Behandlung erhielten und von<br />
diesen 20% wiederum nur etwa 17% eine antidepressive<br />
Therapie von dieser Art, die von den jeweiligen Zulassungsbehörden<br />
anerkannt wird bzw. der aktuellen Lehrmeinung<br />
entspricht (siehe Abbildung 3).<br />
Abbildung 3:<br />
Behandlungsbedürftigkeit vs. tatsächliche<br />
Behandlung<br />
100%<br />
75%<br />
50%<br />
25%<br />
0%<br />
Depressive Patienten in der Bevölkerung<br />
„evidence based medicine”<br />
in der <strong>Depression</strong>s-Behandlung<br />
mit nicht evaluierten Mitteln<br />
behandelt in % Bevölkerung<br />
Unbehandelte <strong>Depression</strong><br />
in % Bevölkerung<br />
Da eine unbehandelte depressive Erkrankung sowohl für<br />
den unmittelbar Betroffenen selbst, aber auch für die Gesellschaft<br />
eine große Belastung darstellt, erscheint es angezeigt,<br />
durch Aufklärung in der Bevölkerung sowohl das<br />
Stigma gegen psychiatrische Erkrankungen abzubauen, als<br />
auch aufzuzeigen, dass effektive und nebenwirkungsarme<br />
Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen.<br />
1.4 Bio-psychosoziale Bedingungskonstellationen<br />
depressiver Erkrankungen<br />
In der Frage nach der Ursache depressiver Erkrankungen<br />
hat sich zunehmend das Konzept der multifaktoriellen<br />
Ätiologie durchgesetzt. Im Einzelfall steht jedoch möglicherweise<br />
entweder ein organischer Faktor (z.B. Enze-<br />
phalitis bzw. Hypothyreose) oder ein so genannter „endogener<br />
Faktor“ bzw. ein situativ-psychologischer Faktor<br />
im Zentrum der ursächlichen Betrachtung. Auch<br />
wenn dies so ist, muss gleichzeitig den anderen mitursächlichen<br />
Faktoren Rechnung getragen werden, die in<br />
unterschiedlicher Weise an der Krankheitsentstehung<br />
beteiligt sein können.<br />
In empirischen Untersuchungen konnten im Wesentlichen<br />
die folgenden Ursachen, Faktoren und Entstehungsbedingungen<br />
für depressive Erkrankungen nachgewiesen werden:<br />
Genetische Faktoren, Störungen der Neurotransmission<br />
(insbesondere Serotonin und Noradrenalin), neuroendokrinologische<br />
Störungen (insbesondere der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse),<br />
chronobiologische,<br />
psychophysiologische und psychologische Faktoren, wie z.B.<br />
plötzlicher unerwarteter sowie chronischer Stress.<br />
Psychologische Betrachtungsweisen haben häufig einen<br />
psychoanalytisch- oder einen lerntheoretisch-orientierten<br />
Ansatz als Grundlage für deren Modellvorstellungen.<br />
Aus der psychoanalytischen Sicht sind insbesondere frühkindliche<br />
Störungen, und zwar jene in der oralen Entwicklungsstufe,<br />
als Hintergrund für eine Disposition zu depressiver<br />
Persönlichkeit bzw. <strong>Depression</strong> anzusehen.<br />
Kognitiv-behaviorale Modellvorstellungen gehen von<br />
unterschiedlichen Theorien aus, wobei nach dem derzeitigen<br />
Stand der Forschung ein mehrfaktorieller Ansatz der<br />
<strong>Depression</strong>sentstehung am ehesten gerecht wird.<br />
Die Modellvorstellungen umfassen neben den bekannten<br />
biologischen Theorien u.a. das <strong>Depression</strong>smodell dysfunktionaler<br />
Schemata, das Verstärkerverlustmodell sowie<br />
das Modell der erlernten Hilflosigkeit.<br />
In Abbildung 4 ist die psycho-biosoziale Bedingungskonstellation<br />
für die Entstehung und den Verlauf einer depressiven<br />
Erkrankung skizziert, dabei ist das multifaktorielle<br />
Modell erkennbar, das sowohl psychobiologische Dispositionen<br />
bzw. im weiteren Leben erworbene Vulnerabilitätsfaktoren<br />
als auch auslösende Lebensereignisse bzw. chronische<br />
Belastungen für die akute Episode, aber auch für<br />
das Therapieergebnis und den Verlauf beeinflussende Faktoren<br />
berücksichtigt (siehe Abbildung 4).<br />
Abbildung 4:<br />
Ätiologie der <strong>Depression</strong><br />
Biopsychosoziale Bedingungskonstellation<br />
Psychobiologische<br />
Disposition<br />
Vulnerabilitätsfaktoren<br />
Auslösende Lebensereignisse<br />
Chronische Belastung<br />
<strong>Depression</strong><br />
Verlauf<br />
Das Therapieergebnis und den<br />
Verlauf beeinflussende Faktoren<br />
5<br />
sonderausgabe clinicum
6<br />
In diesem Modell ist erkennbar, dass auch das beste Medikament<br />
nicht adäquat wirken kann, wenn das Individuum<br />
in einer belastenden Lebenssituation verbleibt. Eine Psychotherapie<br />
ohne eine medikamentöse Therapie hat komplementär<br />
dazu häufig den Nachteil, dass die intendierten<br />
psychotherapeutischen Interventionen nicht adäquat umgesetzt<br />
werden können.<br />
2. Diagnostik<br />
2.1 Psychopathologische Leitsymptomatik<br />
Die Diagnostik der depressiven Erkrankung orientiert sich<br />
an psychopathologischen Leitsymptomen, welche man<br />
auch als Kernsymptome dieser affektiven Erkrankung bezeichnen<br />
kann. Bei typischen depressiven Episoden (Diagnostik<br />
nach ICD-10) leidet die betreffende Person üblicherweise<br />
unter gedrückter Stimmung, Interessensverlust,<br />
Freudlosigkeit, Verminderung des Antriebs bzw. der Energie<br />
und neigt zu einer erhöhten Ermüdbarkeit, welche<br />
auch schon nach geringfügigen Anstrengungen auftritt<br />
(siehe Abbildung 5).<br />
Abbildung 5:<br />
Kernsymptome der depressiven Erkrankung<br />
nach ICD-10<br />
Die Möglichkeiten der Kodierung depressiver Erkrankungen<br />
gemäß ICD-10 sind in der Tabelle 2 angeführt.<br />
Um zu der Diagnose einer <strong>Depression</strong> zu gelangen, müssen<br />
in der neuen Version der ICD-Diagnostik (ICD-10) zumindest<br />
zwei der Grundsymptome vorhanden sein. Je<br />
nach Anzahl und Intensität dieser und der übrigen Symptome<br />
spricht man dann von leichter, mittelschwerer oder<br />
schwerer depressiver Episode.<br />
Eine diagnostische Sonderstellung nimmt die kurze wiederkehrende<br />
depressive Störung<br />
(Recurrent brief depressive disorder,<br />
RBD) ein, die durch zahlreiche,<br />
sehr kurze, auf alle Fälle weniger<br />
als zwei Wochen andauernde, depressive<br />
Episoden gekennzeichnet<br />
ist. Oftmals dauert eine Krankheits-<br />
clinicum sonderausgabe<br />
Hauptsymptome Andere häufige Symptome<br />
1. Gedrückte Stimmung<br />
2. Interessens-/Freudlosigkeit<br />
3. Antriebsstörung, Müdigkeit<br />
2 oder 3 Hauptsymptome<br />
müssen vorhanden sein<br />
1. Konzentration<br />
2. Selbstwertgefühl<br />
3. Schuldgefühl<br />
4. Hemmung/Unruhe<br />
5. Selbstschädigung<br />
6. Schlafstörung<br />
7. Appetitminderung<br />
Dauer: mindestens 2 Wochen<br />
2 bis 4 andere Symptome<br />
müssen vorhanden sein<br />
episode nur zwei Tage lang oder sogar noch kürzer. Die<br />
Episoden erreichen, abgesehen von der zeitlichen Dimension,<br />
die Kriterien einer Major <strong>Depression</strong>, weisen<br />
also eine multiple, signifikante Symptomatik auf. Die<br />
Störung ist relativ häufig (1-Jahres-Prävalenz für die Allgemeinbevölkerung<br />
wird in der Literatur mit 5% angegeben)<br />
und tritt am häufigsten im jungen Erwachsenenalter<br />
auf. Die Biografie der Patienten zeigt Aspekte starker<br />
Diskontinuität, die sich in der Anamnese als Folge<br />
der Stimmungsschwankungen entpuppt.<br />
2.2 Diagnostisches Vorgehen in der Praxis<br />
Da aus der Praxis bekannt ist, dass depressive Menschen<br />
primär möglicherweise völlig andere Symptome, vor allem<br />
Symptome aus dem körperlichen Bereich, schildern und als<br />
Hauptursache der Veränderung ansehen, sollten nachfolgende<br />
Aspekte als Hilfestellung für die diagnostische Vorgangsweise<br />
in der Praxis dienen.<br />
Unter Einbeziehung körperlicher Untersuchungen zeigt<br />
Tabelle 3 die diagnostischen Möglichkeiten auf.<br />
2.3 Biologische Korrelate bei <strong>Depression</strong><br />
• Pathologischer Dexamethason-Hemmtest 1<br />
• Pathologischer TRH-Belastungstest 2<br />
• Verminderte 5-HIES-Konzentration<br />
im Liquor 3<br />
• Reduzierte REM-Latenz 4<br />
• Pathologischer Glukose-Metabolismus<br />
im links-präfrontalen Kortex 5<br />
• Hypocholesterinämie 6<br />
• Positiver Neurotransmitter-Depletionstest 7<br />
1 Die Kortisolkonzentration im Blut wird bei manchen depressiven Patienten –<br />
vermutlich durch eine hypothalamisch-hypophysäre Entkoppelung – nach Ga-<br />
Tabelle 2:<br />
Möglichkeiten der Kodierung depressiver<br />
Erkrankungen nach *ICD-10<br />
F 32 Depressive Episode<br />
F 32.0 Leichte depressive Episode<br />
F 32.1 Mittelgradige depressive Episode<br />
F 32.2 Schwere depressive Episode ohne psychotische<br />
Symptome<br />
F 32.3 Schwere depressive Episode mit<br />
psychotischen Symptomen<br />
F 33 Rezidivierende depressive Störung<br />
F 33.0 Gegenwärtig leichte Episode<br />
F 33.1 Gegenwärtig mittelgradige Episode<br />
F 33.2 Gegenwärtig schwere Episode ohne<br />
psychotische Symptome<br />
F 33.3 Gegenwärtig schwere Episode mit<br />
psychotischen Symptomen<br />
F 33.4 Gegenwärtig remittiert<br />
* früher als „Endogene <strong>Depression</strong>en“ bezeichnet
e des synthetischen Kortikoids Dexamethason nicht erniedrigt (der physiologische,<br />
negative Feedback-Mechanismus ist unterbrochen).<br />
2 Bei 20–40% der depressiven Patienten führt die Gabe von TRH (thyroid releasing<br />
hormone) nicht zu einem TSH- bzw. Schilddrüsenhormon-Anstieg. Dies wurde<br />
allerdings auch bei schizophrenen und alkoholkranken Patienten beschrieben.<br />
3 Verminderung der Konzentration des Serotonin-Metaboliten 5-Hydroxy-<br />
Indolessigsäure (5-HIES) im Liquor depressiver, vor allem suizidaler und impulsiver<br />
Patienten als Ausdruck eines reduzierten Serotonin-Turnovers im<br />
ZNS.<br />
4 Reduktion der Zeit (im Vergleich zum Gesunden) bis zum Auftreten der ersten<br />
REM-Phase im Schlaf-EEG depressiver Patienten.<br />
5 Ein reduzierter Glucose-Umsatz in bestimmten Hirnarealen könnte ein Hinweis<br />
auf eine verminderte metabolische neuronale Aktivität sein.<br />
6 Die Befunde bezüglich des Cholesterinspiegels bei <strong>Depression</strong> sind äußerst<br />
kontroversiell; die in mehreren Studien gefundenen erniedrigten Cholesterinwerte<br />
könnten Ausdruck reduzierter Nahrungszufuhr sein.<br />
7 Nach Absenkung zentraler Neurotransmitter (5-HT, NA) kommt es bei remittierten<br />
depressiven Patienten zu einer subklinisch-ausgeprägten Symptomatik<br />
(vgl. Ergometrie in der Inneren <strong>Medizin</strong>).<br />
Insgesamt sind alle neurobiologischen Befunde bei depressiven<br />
Patienten zu wenig robust, um als valide biologische<br />
Marker für die klinische Beurteilung in der Diagnostik<br />
der <strong>Depression</strong> herangezogen zu werden, geschweige<br />
denn diese ersetzen zu können. Für die Grundlagenforschung<br />
stellen diese Befunde jedoch wesentliche<br />
Ausgangspunkte für weitere wissenschaftliche Untersuchungen<br />
dar.<br />
3. Behandlung<br />
Tabelle 3:<br />
Von den (psychopathologischen) Symptomen zum Syndrom<br />
Verhaltensbeobachtung:<br />
Mimikarmes, angsterfülltes, „leeres“<br />
Gesicht, hängender Kopf, hängende<br />
Schultern, seufzende, stöhnende,<br />
langsame Sprache, ratloses Erzählen,<br />
verlangsamter Bewegungsablauf, Bewegungsunruhe,<br />
verhaltene oder offen<br />
gezeigte Aggressivität.<br />
Subjektive Beschwerdeschilderung<br />
des Patienten:<br />
Organisch anmutende Symptome:<br />
Schwindel, Sensibilitätsstörung, Kopfschmerzen,<br />
Kreuzschmerzen, Gelenksschmerzen,<br />
Müdigkeit, allgemeine<br />
Schwäche, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen.<br />
Psychische Symptome: Antriebs-, Lust-,<br />
Rat-, Mut-, Hoffnungs-, Perspektivenlosigkeit,<br />
Weinerlichkeit, Grübeltendenzen,<br />
innere Leere, innere Unruhe,<br />
ungerichtete Angst, Einengung des<br />
Denkens, Fühlens und Handelns, Biorhythmusstörungen.<br />
Vegetative Symptome: Diese Symptome<br />
erfordern sowohl eine organische<br />
Abklärung wie auch eine Exploration.<br />
3.1 Das stufenweise Vorgehen in der Behandlung<br />
von depressiven Patienten<br />
Grundlage der <strong>Depression</strong>sbehandlung ist die Diagnostik<br />
und das verständnisvolle, stützende ärztliche Gespräch<br />
mit Erstellung eines Behandlungsplanes. Der<br />
Schwerpunkt der Therapiemaßnahmen orientiert sich<br />
zum einen am klinischen Zustandsbild, zum anderen an<br />
den anzunehmenden Bedingungskonstellationen der Erkrankung.<br />
Nach korrekter Diagnosestellung sollte nach<br />
dem in Abbildung 6 (siehe Seite 8) dargestellten Diagramm<br />
vorgegangen werden.<br />
Wenn auf zwei Antidepressiva mit unterschiedlichem<br />
Wirkmechanismus keine Effizienz zu erzielen ist: siehe<br />
Kapitel 4 „Therapieresistenz“.<br />
Nach der Akutbehandlung einer ersten depressiven Episode<br />
sollte die weitere medikamentöse Behandlungsdauer<br />
im Sinne einer Erhaltungstherapie vier bis sechs Monate<br />
betragen, danach kann man die Medikation eventuell<br />
langsam ausschleichen.<br />
Ab drei Krankheitsphasen (bereits nach zwei Phasen bei Vorliegen<br />
von spezifischen Risikofaktoren) innerhalb von fünf<br />
Jahren ist eine Langzeitmedikation im Sinne einer prophy-<br />
Fremdanamnese:<br />
Sollte möglichst durchgeführt werden.<br />
Syndrom: Es ist wichtig, bei der Exploration trotz der Mannigfaltigkeit der geschilderten Symptomatik unbedingt nach<br />
den Kernsymptomen der <strong>Depression</strong> zu fragen. Eine <strong>Depression</strong> ohne depressive Symptomatik ist selten (sog. larvierte <strong>Depression</strong>).<br />
Durch die einfache Frage, ob der Patient diesen Zustand schon von früher her kennt, oder ob es in der Familie jemanden<br />
gibt, der an einem ähnlichen Beschwerdebild gelitten hat, bekommt man relativ rasch einen Hinweis darauf, ob es sich um<br />
eine wiederkehrende <strong>Depression</strong> handelt, beziehungsweise ob eine positive Familienanamnese vorliegt.<br />
7<br />
sonderausgabe clinicum
8<br />
Abbildung 6:<br />
Stufenweises Vorgehen in der Behandlung<br />
depressiver Patienten<br />
laktischen Therapie über Jahre hinweg notwendig (siehe<br />
auch Kapitel 8 „Langzeittherapie“) (siehe Abbildung 7).<br />
3.2 Wo soll die <strong>Depression</strong> behandelt werden?<br />
– Indikation des Settings<br />
Ausschlaggebend für die Form des Behandlungssettings ist<br />
der Schweregrad der Erkrankung und verschiedene Risikofaktoren.<br />
Gesundheit<br />
Krankheit<br />
Diagnose<br />
Antidepressivum<br />
Nach 2 Wochen<br />
Effizienz vorhanden<br />
Nein<br />
Erhöhung der<br />
Dosis möglich<br />
Nein<br />
Umstellung auf AD<br />
mit alternativem<br />
Wirkmechanismus<br />
Abbildung 7:<br />
Verlaufsstadien der <strong>Depression</strong><br />
clinicum sonderausgabe<br />
Ansprechen<br />
Symptom<br />
Symptom<br />
Akuttherapie<br />
Ja<br />
Ja<br />
Nein<br />
Fortführung der<br />
Therapie<br />
Erhöhung<br />
der Dosis<br />
Effizienz<br />
vorhanden<br />
Ja<br />
Erhaltungsdosis<br />
(=Akutdosis)<br />
Remission Vollst. Gesundung<br />
Rückfall<br />
4-6 Monate lang<br />
Erhaltungstherapie<br />
Wiedererkrankung<br />
Monate/Jahre lang<br />
Prophylaktische<br />
Therapie<br />
Ambulantes Setting: Leichte und mittelschwere depressive<br />
Episode mit ausreichender familiärer Unterstützung.<br />
Tagesklinische Behandlung: Mittelschwere depressive Episode,<br />
keine Suizidalität, fehlende Möglichkeit der notwendigen<br />
familiären Unterstützung untertags.<br />
Stationäres Setting: Bei mittelschweren und schweren<br />
depressiven Episoden v.a. mit folgenden Risikofaktoren:<br />
Suizidgefahr, psychotische Symptomatik, Therapieresistenz,<br />
massive soziale oder berufliche Funktionsstörungen.<br />
Komorbidität: Relevante somatische Erkrankungen,<br />
andere psychiatrische Erkrankungen. Die Indikation für<br />
eine stationäre Therapie kann auch in der Art der Behandlung<br />
liegen (z.B. Elektrokrampftherapie).<br />
3.3 Einflussgrößen auf die Therapie<br />
• Arzt-Patient-Beziehung<br />
• Kenntnis der Erkrankung durch den Arzt<br />
• Kenntnis der Erkrankung durch den Patienten, Therapieakzeptanz<br />
• Kenntnis der Erkrankung durch die Angehörigen, soziale<br />
Unterstützung<br />
3.4. Auswahl des Psychopharmakons<br />
3.4.1 Auswahl des Psychopharmakons nach dem<br />
Schweregrad<br />
Antidepressiva, die sich als klinisch effektiv erwiesen haben<br />
(und von der österreichischen Zulassungsbehörde<br />
für die Indikation „<strong>Depression</strong>“ zugelassen sind), sind in<br />
der Tabelle 4 aufgelistet.<br />
Die klinische Wirksamkeit der verschiedenen Substanzen<br />
ist sowohl zwischen den verschiedenen Substanzgruppen<br />
als auch innerhalb derer vergleichbar,<br />
sodass die Auswahl der Substanz sich<br />
weitgehend nach dem jeweiligen Nebenwirkungsprofil,<br />
der individuellen Verträglichkeit,<br />
Vorerfahrungen des Patienten<br />
oder von genetisch Verwandten, der ei-<br />
genen Erfahrung und der wissenschaftlichen<br />
Datenlage richten wird. Einzig die<br />
Johanniskraut-Präparate eignen sich nur<br />
zur Behandlung leichter bis mittelschwerer<br />
<strong>Depression</strong>en.<br />
Prinzipiell sollten bei suizidalen Patienten<br />
wegen der Toxizität keine tri- oder tetrazyklischen<br />
Antidepressiva gegeben werden.<br />
Bei Therapieresistenz (siehe Kapitel 4) ist<br />
ein Umsteigen auf eine Substanzgruppe mit<br />
einem anderen Wirkmechanismus zu empfehlen,<br />
ebenso eine pharmakotherapeutische<br />
Augmentation bzw. die zusätzliche<br />
Applikation einer nichtpharmakologischen<br />
Methode (adjuvante Psychotherapie,<br />
Schlafentzug etc.).
Die Auswahl des Antidepressivums erfolgt nach:<br />
• dem Nebenwirkungsprofil und möglichen Wechselwirkungen,<br />
• der individuellen Verträglichkeit (Alter, Komorbidität,<br />
Verkehrstauglichkeit),<br />
• den Vorerfahrungen und Erwartungen der Patienten,<br />
• den Vorerfahrungen von genetisch Verwandten,<br />
•„Evidence based“-Daten,<br />
• eigenen Usancen des Arztes.<br />
Die Monotherapie mit einer antidepressiven Substanz ist<br />
grundsätzlich vorzuziehen. Bei Bestehen von psychotischen<br />
Symptomen ist die Kombination eines Antidepressivums<br />
mit einem atypischen Antipsychotikum zu empfehlen.<br />
In dieser Kombination ist mit einer Effektivität<br />
von 70–80% zu rechnen, bei alleiniger Gabe nur einer<br />
dieser Substanzen nur von 30–40%.<br />
Patienten mit einer schweren <strong>Depression</strong>, psychotischen<br />
Symptomen oder Suizidalität sollten grundsätzlich in<br />
Tabelle 4:<br />
Klinisch effektive Antidepressiva bei der Behandlung der <strong>Depression</strong><br />
fachärztlich-psychiatrische Behandlung zur alleinigen<br />
oder Mitbehandlung überwiesen werden.<br />
3.4.2 Auswahl des Psychopharmakons nach phasenprophylaktischer<br />
Wirkung<br />
Bei unipolaren <strong>Depression</strong>en soll nach dem Abklingen<br />
der depressiven Symptomatik noch vier bis sechs Monate<br />
mit dem Antidepressivum weiterbehandelt werden, das<br />
zum Abklingen der Symptomatik geführt hat (Erhaltungstherapie).<br />
Die Dosis soll jener der Akutbehandlung entsprechen,<br />
eine Dosisreduzierung beinhaltet das Risiko eines<br />
Rückfalles.<br />
Eine prophylaktische Langzeittherapie über Jahre (oder<br />
lebenslang) zur Verhinderung neuer depressiver Episoden<br />
ist bei Patienten angezeigt, die drei oder mehr depressive<br />
Episoden durchlebten, davon zwei innerhalb<br />
der letzten fünf Jahre, und bei Patienten mit besonderen<br />
Risikofaktoren (z.B. Suizidalität, psychotische Symptome,<br />
lange Episodendauer, Komorbidität, schwere so-<br />
Antidepressiva Dosis mg/Tag<br />
Freiname Handelsname Start Bereich Standardtagesdosis1 Selektive Serotonin Wiederaufnahme Inhibitoren (SSRI)<br />
Citalopram Seropram ® 20 20–60 20<br />
Fluoxetin<br />
Fluctine ®<br />
div. Generika<br />
20 20–60 20<br />
Fluvoxamin Floxyfral ® 50 100–300 100<br />
Paroxetin Seroxat ® 20 20–50 20<br />
Sertralin<br />
Gladem ®<br />
Tresleen ® 50 50–200 50<br />
Serotonin und Noradrenalin Wiederaufnahme Inhibitoren (SNRI)<br />
Milnacipran<br />
Dalcipran ®<br />
Ixel ® 50 100 100<br />
Venlafaxin Efectin ® 50 75–375 100<br />
Serotonin Wiederaufnahme Verstärker (Enhancer) (SRE)<br />
Tianeptin Stablon ® 37,5 37,5 37,5<br />
Noradrenalin und Serotonin Spezifisches Antidepressivum (NaSSA)<br />
Mirtazapin Remeron ® 30 15–45 30<br />
Noradrenalin Wiederaufnahme Inhibitor (NARI)<br />
Reboxetin Edronax ® 4 4–10 8<br />
Monoaminoxidase-A-Hemmer (MAO-A-Hemmer)<br />
Moclobemid Aurorix ® Phytopharmaka<br />
300 300–600 300<br />
Johanniskraut z.B. Jarsin ® 900 900 900<br />
Duales Serotonerges Antidepressivum (DSA)<br />
Nefazodon Dutonin ® Serotonin-Modulatoren<br />
200 200–600 400<br />
Trazodon Trittico ® Andere Antidepressiva<br />
50 75–600 200<br />
Mianserin Tolvon ® 30 30–90 60<br />
Diverse 50 25–300 150<br />
1 lt. Vidal 2000<br />
9<br />
sonderausgabe clinicum
10<br />
ziale Funktionsstörungen). Zum Verlauf depressiver Episoden<br />
siehe Abbildung 7 auf Seite 8.<br />
Es eignen sich alle neueren Antidepressiva für die Langzeitbehandlung.<br />
Von tri- und tetrazyklischen Substanzen<br />
ist abzuraten, da gerade in der Langzeitbehandlung die<br />
individuelle Verträglichkeit und einfache Dosierung eine<br />
wesentliche Rolle spielen, ebenso die Sicherheit (Toxizität,<br />
Interaktionen u.a.), die für die älteren Substanzen nicht<br />
gegeben ist.<br />
Nicht geeignet ist die alleinige Gabe von Antidepressiva<br />
in der Langzeitbehandlung bipolarer Störungen, hier<br />
kommen an erster Stelle Stimmungsstabilisatoren wie<br />
Lithium, Carbamazepin und Valproinsäure zum Einsatz.<br />
3.4.3 Auswahl des Psychopharmakons nach dem<br />
Wirkungseintritt<br />
Derzeit ist eine Auswahl der psychopharmakologischen<br />
Behandlung mit Antidepressiva nach der Schnelligkeit<br />
des Wirkungseintrittes nicht möglich. Allerdings lassen<br />
aktuellere Ergebnisse erkennen, dass die neueren gleichermaßen<br />
serotonerg- und noradrenerg-wirksamen<br />
Substanzen (Venlafaxin, Milnacipran, Mirtazapin) einen<br />
zum Teil dosisabhängigen schnelleren Wirkungseintritt<br />
aufweisen könnten.<br />
Tabelle 5:<br />
Nebenwirkungen von Antidepressiva (Auswahl)<br />
clinicum sonderausgabe<br />
3.4.4 Auswahl des Psychopharmakons nach dem<br />
Wirkungsprofil<br />
Grundsätzlich bestehen im klinischen Wirkprofil hinsichtlich<br />
der antidepressiven Wirkung mit Ausnahme von Johanniskraut-Präparaten,<br />
deren Wirkung bisher nur bei leichter<br />
und mittelschwerer <strong>Depression</strong> nachgewiesen wurde, keine<br />
Unterschiede. Bei der psychotischen <strong>Depression</strong> empfiehlt<br />
sich die Kombination mit einem atypischen Antipsychotikum,<br />
bei einer agitierten <strong>Depression</strong> oder ausgeprägten<br />
Schlafstörung die Kombination mit einem modernen Hypnotikum.<br />
Das früher in Österreich sehr populäre sog. Kielholz-Schema<br />
ist wissenschaftlich nicht ausreichend begründet<br />
und daher für die Praxis auch nicht empfehlenswert.<br />
Indikationsstellung von standardisierten und klinisch anhand<br />
von placebokontrollierten Untersuchungen geprüften<br />
Johanniskraut-Präparaten:<br />
• Bei leichter <strong>Depression</strong>: „first line treatment“ möglich<br />
• Bei mittelschwerer <strong>Depression</strong>: Verordnung möglich,<br />
vor allem bei Skepsis gegenüber „chemischen Substanzen“<br />
und bei ausdrücklichem Patientenwunsch<br />
• Bei schwerer <strong>Depression</strong>: nicht empfehlenswert<br />
3.4.5 Auswahl des Psychopharmakons nach dem<br />
Nebenwirkungsprofil<br />
Die wesentlichsten Nebenwirkungsprofile können der<br />
Substanzgruppe: Substanz (Handelsname) Anticholinerg Sedierung Kardiovaskulär Gastrointestinal<br />
SSRI Citalopram (Seropram ® ) 0 0 0 ++<br />
Fluoxetin (z.B. Fluctine ® ) 0 0 0 ++<br />
Fluvoxamin (Floxyfral ® ) 0 0 0 ++<br />
Paroxetin (Seroxat ® ) 0 0 0 ++<br />
Sertralin (Gladem ® , Tresleen ® ) 0 0 0 ++<br />
SNRI Milnacipran (Dalcipran ® , Ixel ® ) 0* 0 0 +<br />
Venlafaxin (Efectin ® ) 0* 0 0 ++<br />
SRE Tianeptin (Stablon ® ) 0 0 0 +<br />
NaSSA Mirtazapin (Remeron ® ) 0 ++ 0 0<br />
NARI Reboxetin (Edronax ® ) 0* 0 0 0<br />
MAO-A-H. Moclobemid (Aurorix ® ) 0 0 0 0<br />
Phyto-<br />
Johanniskraut-Präparate (z.B. Jarsin ® pharmaka<br />
) 0 0 0 0<br />
DSA Nefazodon (Dutonin ® ) 0 + 0 +<br />
Serotonin-<br />
Trazodon (Trittico ® Modulatoren<br />
) 0 ++ 0 +<br />
TZA z.B.<br />
Amitriptylin (z.B. Tryptizol ® ) +++ +++ ++ 0<br />
Clomipramin (Anafranil ® ) ++ + ++ +<br />
Doxepin (Sinequan ® ) +++ +++ ++ 0<br />
TeZA + andere Maprotilin (Ludiomil ® ) +++ ++ ++ 0<br />
Mianserin (Tolvon ® ) ++ ++ + 0<br />
Abkürzungen: Legende:<br />
SSRI: Selektive Serotonin-Aufnahmehemmer MAO-A-H.: Monoaminoxidase-A-Hemmer 0 nicht vorhanden 0* noradrenerg, d.h.<br />
SNRI: Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer DSA: Duales Serotonerges Antidepressivum + leicht pseudo-anticholinerg<br />
SRE: Serotonin-Wiederaufnahmeverstärker TZA: Trizyklische Antidepressiva ++ mittel<br />
NaSSA: Noradrenerg, spezifizisch serotonerges Antidepressivum TeZA: Tetrazyklische Antidepressiva +++ schwer<br />
NARI: Selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
Tabelle 5 entnommen werden. Bezüglich<br />
einzelner spezifischer Nebenwirkungen<br />
sei auf die Fachinformation<br />
verwiesen.<br />
Aus Tabelle 5 geht deutlich hervor,<br />
dass die älteren Medikamente (TZA,<br />
TeZA) wesentlich mehr Nebenwirkungen<br />
aufweisen als die neueren.<br />
3.4.6 Auswahl des Psychopharmakons<br />
nach dem Rezeptorprofil<br />
Die wesentlichen Rezeptorprofile<br />
können nachstehender Tabelle 6<br />
entnommen werden und sind deshalb<br />
von klinischer Relevanz, da sie<br />
auf mögliche Nebenwirkungen,<br />
aber auch (was sich jedoch wissenschaftlich<br />
nicht eindeutig belegen<br />
lässt) auf ein spezifisches Wirkprofil,<br />
z.B. Sedierung bzw. Antrieb,<br />
hinweisen.<br />
Folgende Rezeptorprofile werden<br />
mit antidepressiver Wirkung in<br />
Zusammenhang gebracht: NA, DA,<br />
5-HT (Sedierung: 5-HT 2; Gewichtszunahme:<br />
H 1; Orthostatische Hypotension:<br />
α 1; kognitive Störungen, Prostatakarzinom,<br />
Glaukom, Herzleistungsstörungen:<br />
M 1; Unruhe: NA; gastrointestinale<br />
Beschwerden: 5-HT-Wiederaufnahmehemmung).<br />
3.4.7 Auswahl des Psychopharmakons nach klinischen<br />
Traditionen in Österreich<br />
Die Einteilung der Antidepressiva auf der Basis therapeutischer<br />
Wirkprofile (Desipramin-, Imipramin-, Amitriptylin-Typ)<br />
bezieht sich auf das klinische Bild einer<br />
Tabelle 6:<br />
Rezeptorprofile<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Harald Aschauer<br />
Klin. Abt. für Allg.<br />
Psychiatrie, Univ.-<br />
Klinik für Psychiatrie,<br />
Wien<br />
OA Dr. Andreas<br />
Conca<br />
1. Abteilung<br />
für Psychiatrie,<br />
Landeskrankenhaus<br />
Rankweil<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />
Rainer Danzinger<br />
Landesnervenkrankenhaus<br />
Graz<br />
<strong>Depression</strong> (agitiert, gehemmt,<br />
ängstlich) und wurde gemäß dem<br />
Kielholz-Schema ausschlaggebend<br />
für die Auswahl eines Präparates<br />
gesehen.<br />
Neue Forschungsergebnisse können<br />
dies jedoch nicht belegen. So führen<br />
sedierende Substanzen auch bei<br />
gehemmten <strong>Depression</strong>en zu einer<br />
Antriebsnormalisierung, und ängstlich<br />
agitierte Patienten können auch<br />
mit antriebssteigernden Substanzen<br />
erfolgreich behandelt werden, allerdings<br />
ist bei dieser Patientengruppe<br />
initial zusätzlich eine Sedierung, z.B.<br />
mit Benzodiazepinen, notwendig.<br />
3.4.8 Auswahl des Psychopharmakons<br />
nach dem Metabolismus der<br />
OA Dr. Eberhard Substanz<br />
A. Deisenhammer<br />
Antidepressiva werden gastrointesti-<br />
Universitätsklinik<br />
nal resorbiert und gelangen über<br />
für Psychiatrie,<br />
den portalen Kreislauf in die Leber<br />
Innsbruck<br />
(First-pass-Effekt). Bei parenteraler<br />
Verabreichung fällt der First-pass-<br />
Univ.-Prof. Dr. Effekt weg.<br />
Martina De Zwaan In der Leber sind zwei Möglichkeiten<br />
Klin. Abt. für Allg.<br />
der Metabolisierung (Überführung<br />
Psychiatrie, Univ.eines<br />
Substrates in eine über die Nie-<br />
Klinik für Psychiare<br />
ausscheidbare Form) möglich:<br />
trie, Wien<br />
• Bei einer Form der Metabolisierung<br />
erfolgt eine Oxidation oder Reduktion<br />
oder Hydrolyse, wobei die klinische Wirksamkeit<br />
einer Substanz erhalten bleiben kann.<br />
• Bei einer anderen Form der Metabolisierung erfolgt eine<br />
Konjugation mit Substraten wie Glucuronsäure, Sulfuronsäure<br />
oder eine Aminosäure, wodurch das Substrat<br />
seine Wirksamkeit verliert.<br />
Substanzgruppe<br />
Rückaufnahme<br />
Antagonismus<br />
Hemmung Forcierung<br />
5-HT NA DA 5-HT 5-HT 2A, 2C α2 α1 H1 M1 5-HT3 SSRI +++<br />
SNRI +++ +++ (+) 1<br />
SRE +<br />
NaSSA ++ +++ ++ +++ ++ +<br />
NARI +++<br />
Phytopharmaka + + +<br />
DSA +++<br />
Serotonin-Modulatoren + +++ ++ +<br />
1 Nur Venlafaxin in hohen Dosen Legende: Abkürzungen: Abkürzungen der Substanzgruppen<br />
+ leicht NA Noradrenalin H Histaminerg siehe Tabelle 5<br />
++ mittel 5-HT Serotonin M Muskarinerg<br />
+++ schwer DA Dopamin a alpha-adrenerg<br />
11<br />
sonderausgabe clinicum
Die wichtigsten Antidepressiva im Überblick<br />
Substanzgruppen SSRI SNRI SRE NaSSA<br />
Wirkstoffe Citalopram Fluoxetin Fluvoxamin Paroxetin Sertralin Milnacipran Venlafaxin Tianeptin Mirtazapin<br />
Pharmakodynamik<br />
5-HT +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ + +++ 4)<br />
NA 0 0 0 0 0 +++ +++ 0 ++<br />
MAO 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
mACH 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
H1 0 0 0 0 0 0 0 0 ++<br />
5-HT2 0 0 0 0 0 0 0 0 ++<br />
DA 0 0 0 0 0 0 05) 0 0<br />
α1 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
α2 0 0 0 0 0 0 0 0 +++<br />
Pharmakokinetik<br />
Metabolit Desmethyl- Norfluoxetin - - Desmethyl- keine Desmethyl- MC5 Desmethylcitalopram<br />
sertralin Metaboliten venlafaxin mirtazapin1) Halbwertszeit (h) 33 24-96 14-22 24 26 8-10 5 2,5-3 20-40<br />
Bioverfügbarkeit (%) 80 85 80 65 88 85 - 99 50<br />
Plasmaeiweißbindung (%) 80 75 77 95 98 13 30 94 85<br />
Dosierung (mg/Tag)<br />
<strong>Depression</strong> 20-60 20-60 50-300 20-50 50-200 100 75-375 37,52) Andere Indikationen<br />
15-45<br />
Bulimie - 60 - - - - - - -<br />
Kataplexie - - - - - - - - -<br />
Schmerz - - - - - - - - -<br />
Soziale Phobie - - - 20-50 - - - - -<br />
Panik 10-60 - - 40-60 25-200 - - - -<br />
Prämenstruelles Syndrom - 20 - - - - - - -<br />
Zwang 20-60 60-80 50-300 40-60 50-200 - - - -<br />
Zwang Kinder - - - - 25-200 - - - -<br />
Posttraum. Belastungsstör. - - - - 25-200 - - - -<br />
Nebenwirkungen<br />
Anticholinerge Wirkung 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
Übelkeit, Erbr., Diarrhoe ++ ++ ++ ++ ++ + ++ + 0<br />
Sedierung 0 0 0 0 0 0 0 0 ++<br />
Agitation, Schlafstörungen + ++ ++ + ++ + ++ 0 0<br />
Sexuelle Funktionsstörungen + ++ + ++ ++ 0 ++ 0 0<br />
Orthostatische Hypotonie 0 0 0 0 0 + 0 0 +<br />
Gewichtszunahme 0 0 0 + 0 0 0 0 ++<br />
EKG-Veränderungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
Fußnoten:<br />
1) pharmakologisch ähnlich wie Muttersubstanz<br />
2) Bei Patienten über 70 Jahren und in Fällen von schwerer<br />
Niereninsuffizienz ist die Dosierung auf 25 mg zu reduzieren.<br />
3) 37 h für Hypericin, 12 h für Hyperforin<br />
4) Wirkung auf 5-HT nicht über Wiederaufnahme-Hemmung vermittelt.<br />
5) In hohen Dosen: +<br />
Abkürzungen:<br />
SSRI: Selektive Serotonin-Aufnahmehemmer<br />
SNRI: Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer<br />
SRE: Serotonin-Wiederaufnahmeverstärker<br />
NaSSA: Noradrenerg, spezifisch serotonerges Antidepressivum<br />
NARI: Selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer<br />
MAO-A-H.: Monoaminoxidase-A-Hemmer<br />
DSA: Duales Serotonerges Antidepressivum<br />
TZA: Trizyklische Antidepressiva<br />
TeZA: Tetrazyklische Antidepressiva
NARI MAO-A- Phyto- Antidepressiva Antidepressiva Andere<br />
Hemmer pharmaka trizyklisch tetrazyklisch Antidepressiva<br />
Reboxetin Moclobemid Hypericum Amitriptylin Clomipramin Doxepin Maprotilin Mianserin Nefazodon Trazodon<br />
0 0 + ++ +++ + 0 0 0 +<br />
+++ 0 + ++ ++ ++ ++ ++ 0 -<br />
0 ++ 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
0 0 - +++ ++ ++ ++ 0 0 0<br />
0 0 - +++ + +++ +++ +++ 0 0<br />
0 0 - ++ + ++ + ++ +++ +++<br />
0 0 + 0 + 0 0 0 0 -<br />
0 0 - +++ ++ +++ + ++ + ++<br />
0 0 - 0 0 0 0 + 0 +<br />
keine geringe Nach- keine Nortriptylin Desmethyl- Desmethyl- - - H0-Nefazodon mCPP<br />
Meta- weisbarkeit aktiven clomipramin doxepin mCPP,<br />
boliten pharmakolog.<br />
aktiver Metab.<br />
Metaboliten Triazoldion<br />
13 1-3 12-373) 15 21 15-20 40-50 32 2-4 9,1<br />
60 50-80 - 45 50 30 66-70 30 15-23 99 85-95<br />
4-10 300-600 3 x 300 75-225 75-225 25-300 25-150 30-90 200-600 75-600<br />
- - - - - - - - - -<br />
- - - - - - - - - -<br />
- - - - 10-150 - - - - -<br />
- ≤600 - - - - - - - -<br />
- - - - 10-150 - - - - -<br />
- - - - - - - - - -<br />
- - - -
14<br />
Tabelle 7:<br />
Hemmung von CYP-P-450-Isoenzymen durch neue Antidepressiva<br />
Antidepressiva Cytochrom-P-450-Isoenzyme<br />
Substanz * Handelsname 1A2 2C9 2C19 2D6 2E1 3A4<br />
Citalopram Cipram ® , Seropram ® + 0 0 0 0 0<br />
Metabolit Desmethylcitalopram 0 0 0 + 0 0<br />
Fluoxetin Fluctine ® + ++ +/++ +++ – +<br />
Metabolit Norfluoxetin + ++ +/++ +++ – ++<br />
Fluvoxamin Floxyfral ® +++ ++ ++ 0 – ++<br />
Milnacipran Dalcipran ® , Ixel ® 0 0 0 0 0 0<br />
Mirtazapin Remeron ® 0 – – 0 (–) 0<br />
Nefazodon Dutonin ® 0 0 0 0 – +++<br />
Paroxetin Seroxat ® + + + +++ – +<br />
Reboxetin Edronax ® 0 0 0 0 0 0<br />
Sertralin Gladem ® , Tresleen ® 0/+ + +/++ + – 0/+<br />
Metabolit Desmethylsertralin + + ++/+ + – +<br />
Tianeptin Stablon ® 0 0 0 0 0 0<br />
Trazodon Trittico retard ® 0 0 0 + 0 0<br />
Venlafaxin Efectin ® 0 0 0 0 – 0<br />
* in alphabetischer Reihenfolge Legende: Anmerkung:<br />
0 minimale oder keine Hemmung Metabolite sind nur insofern berück-<br />
In Anlehnung an: Interaktionen und Wirkmechanismen + leichte Hemmung sichtigt, wenn deren CYP-Hemmung<br />
ausgewählter Psychopharmaka, Hg. Frank König ++ moderate Hemmung verschieden von der Muttersubstanz ist.<br />
und Wolfgang P. Kaschka, Georg Thieme Verlag, +++ starke Hemmung<br />
Stuttgart, 2000 (–) bisher keine Daten verfügbar<br />
• Die meisten Substanzen werden mehr oder weniger<br />
über beide Metabolisierungswege verstoffwechselt.<br />
• Während derart metabolisierte Substrate in der Niere<br />
durch Diffusion ausgeschieden werden können (z.B. Milnacipran),<br />
bedarf es bei nicht metabolisierten Molekülen<br />
eines aktiven Transportes.<br />
Da das Cytochrom P-450 aus verschiedenen Isoenzymen<br />
besteht, kann der Einfluss verabreichter Antidepressiva<br />
auf andere Psychopharmaka oder Pharmaka bei Berücksichtigung<br />
des jeweiligen Effektes auf ein Isoenzym besser<br />
abgeschätzt werden. So bewirkt z.B. die gleichzeitige<br />
Verabreichung von Fluoxetin und trizyklischen Antidepressiva<br />
(TZA) eine Steigerung der Plasmaspiegel von<br />
beiden Substanzen. Dasselbe gilt für Neuroleptika/atypische<br />
Antipsychotika und Theophyllin und diverse andere<br />
Pharmaka. Eine entsprechende Dosisanpassung ist notwendig.<br />
Die Tabelle 7 zeigt die Wirkung verschiedener<br />
Antidepressiva auf das Cytochrom P-450 und die diversen<br />
Isoenzyme. Das hepatische-Cytochrom-P450-System<br />
(CYP) ist ein wichtiger Ort pharmakokinetischer Interaktionen.<br />
Das Cytochrom-P450-System besteht aus einer<br />
Reihe von Isoenzymen, von denen fünf Enzyme in der<br />
Psychopharmakologie im Bereiche des oxidativen Phase-<br />
I-Metabolismus von Bedeutung sind.<br />
Arzneimittelinteraktionen sind immer<br />
dann zu bedenken, wenn zwei<br />
Substanzen eingenommen werden,<br />
die vom gleichen Isoenzym metabolisiert<br />
werden. Manche Substanzen<br />
wirken als Induktoren (Carbamazepin,<br />
Alkohol, Barbiturate, Rau-<br />
clinicum sonderausgabe<br />
chen), andere als Inhibitoren (Fluvoxamin CYP-1A2, Fluoxetin<br />
und Paroxetin CYP-2D6, Nefazodon CYP-2A4).<br />
3.4.9 Auswahl des Psychopharmakons nach den Dosierungsmöglichkeiten<br />
Welche Dosis man wie, wann und wie oft verabreicht,<br />
Tabelle 8:<br />
Besonderheiten der Therapie mit Antidepressiva<br />
im höheren Lebensalter<br />
• Arzneimittelinteraktionen beachten<br />
• Koordination der Therapie (wenn verschiedene Kollegen<br />
behandeln)<br />
• Berücksichtigung altersabhängiger pharmakokinetischer<br />
und pharmakodynamischer Besonderheiten<br />
• Syndromdiagnose mit nosologischer Zuordnung<br />
• Körperliche Durchuntersuchung (EKG, Echo etc.)<br />
• Gesamtbehandlungskonzept (antidepressive Therapie,<br />
Psychotherapie, Milieutherapie, internistische Versorgung)<br />
• Sorgfältige Nutzen-Risiko-Analyse (klinischer Erfolg<br />
und Verträglichkeit früherer antidepressiver Behandlungen,<br />
NW-Profil, individuelle Risikofaktoren)<br />
• Aufklärung über den Wirkungseintritt und über mögliche<br />
Nebenwirkungen<br />
• Einbindung von Familienangehörigen<br />
• Einfaches Dosiskonzept (wenn möglich psychopharmakologische<br />
Monotherapie)<br />
• Einschleichende Dosierung<br />
• Geringere maximale Dosishöhe (ca. 50% der Dosis jüngerer<br />
Patienten)<br />
• Häufige Vorstellungstermine
Tabelle 9:<br />
Medikamente mit gehäufter Inzidenz<br />
von depressiven Symptomen<br />
• Antikonvulsiva<br />
• Antihypertonika (Reserpin, Clonidin, Diuretika)<br />
• Antiparkinsonmittel (Amantadin, L-Dopa, Bromocriptin)<br />
• Tuberkulostatika<br />
• Barbiturate<br />
• Benzodiazepine<br />
• Beta-Blocker (Propranolol)<br />
• Cholinesterasehemmer<br />
• Cimetidin, Ranitidin<br />
• Orale Kontrazeptiva<br />
• Kortikosteroide<br />
• Interferon<br />
hängt von der jeweiligen Indikationsstellung, der Phase<br />
der Therapie (Therapiebeginn, Ausschleichen), der Verabreichungsform<br />
und der Halbwertszeit (HWZ) ab.<br />
Bei Antidepressiva kann der Wirkungseintritt mit einer Latenzzeit<br />
von mindestens zwei Wochen erwartet werden.<br />
Es empfiehlt sich daher am Beginn der Therapie eine Standarddosis<br />
zu verwenden. Das ist jene Dosis, die bei einer<br />
großen Zahl von Patienten eine Wirksamkeit gezeigt und<br />
dabei zu möglichst wenig Nebenwirkungen geführt hat.<br />
Bei unangenehmen Nebenwirkungen wird die erniedrigte<br />
Standarddosis verordnet, bei mangelndem<br />
Therapieerfolg nach zwei bis drei Wochen<br />
die erhöhte Standarddosis. Bei wenigen<br />
Substanzen ist eine Dosis-Wirkungs-Beziehung<br />
nachgewiesen (z.B. bei Venlafaxin).<br />
3.4.10 Auswahl des Psychopharmakons<br />
nach dem Preis<br />
Nicht der Preis (Tagestherapiekosten), sondern<br />
ausschließlich die zu erwartende klinische<br />
Wirksamkeit darf für die Indikationsstellung<br />
eines Antidepressivums ausschlaggebend<br />
sein. Einschränkungen von Seiten<br />
der Kostenträger, die ganze Substanzgruppen<br />
ausschließen, sind ethisch inakzeptabel.<br />
Kurzsichtigen Preisüberlegungen müssen<br />
vor allem menschliche, aber auch volkswirtschaftliche<br />
Aspekte entgegengehalten werden,<br />
denn die überwiegende Mehrzahl der<br />
optimal therapierten Patienten wird rascher<br />
genesen und sich dann auch wieder in ihren<br />
beruflichen Alltag reintegrieren können<br />
und darüber hinaus weniger andere medizinische<br />
Leistungen in Anspruch nehmen, die<br />
im Rahmen der depressiogenen Somatisierung<br />
notwendig werden.<br />
3.4.11 Auswahl des Psychopharmakons<br />
nach der Relevanz und Anzahl<br />
der Kontraindikationen<br />
Absolute Kontraindikationen der trizykli-<br />
schen Antidepressiva stellen delirante Verwirrtheit, Ileus,<br />
Engwinkelglaukom oder (ausgeprägte) Reizleitungsstörungen<br />
des Herzens dar. Bei den tetrazyklischen Antidepressiva<br />
stellt das Engwinkelglaukom eine absolute<br />
Kontraindikation dar. Für alle Antidepressiva stellt das<br />
Vorliegen einer bekannten Überempfindlichkeit einen<br />
Ausschlussgrund für die Therapie dar. Relative Kontraindikationen<br />
sind im Einzelfall zu erwägen.<br />
Wechselwirkungen mit anderen (Psycho-)Pharmaka können<br />
zu kontraindizierten Kombinationen führen (siehe<br />
Kapitel 3.4.11).<br />
3.4.12 Auswahl des Psychopharmakons bei Multimorbidität<br />
und beim alten Menschen<br />
Die Multimorbidität ist vor allem beim älteren Patienten<br />
zu finden. Die Behandlung des zusätzlich zur depressiven<br />
Symptomatik vorliegenden Grundleidens kann eine ganz<br />
wichtige antidepressive Maßnahme darstellen (siehe Tabelle<br />
8).<br />
Ein anderer Faktor, der im Zuge der Multimorbidität eine<br />
Rolle spielen kann, liegt darin begründet, dass unterschiedlichste<br />
Medikamente respektive Medikamentengruppen<br />
eine gehäufte Inzidenz depressiver Symptome<br />
zeigen (siehe Tabelle 9).<br />
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass beim<br />
multimorbiden, vor allem älteren depressiven Patienten<br />
Tabelle 10:<br />
Psychotrope Substanzen und Krankheitsbilder die zu depressiven<br />
Symptomen führen können<br />
Psychotrope Substanzen, die depressive<br />
Symptome bewirken können<br />
• Alkohol<br />
• Sedativa<br />
• Phencyclidin<br />
• Marihuana<br />
• Amphetamine<br />
• Kokain<br />
• Opiate<br />
Somatische Erkrankungen, die zu depressiven<br />
Symptomen führen können<br />
(Auswahl)<br />
• Kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
• Kardiomyopathien<br />
• Myokardinfarkt<br />
• Rheumatische Erkrankungen und<br />
Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates<br />
Neurologische Erkrankungen<br />
• Morbus Parkinson<br />
• Multiple Sklerose<br />
• Morbus Alzheimer u.a. dementielle<br />
Prozesse<br />
• Narkolepsie<br />
• Morbus Wilson<br />
• Tumore des Gehirns<br />
Endokrine Erkrankungen<br />
• Hypothyreoidismus<br />
• Hyperthyreoidismus<br />
• Morbus Cushing<br />
• Morbus Addison<br />
• Hyperparathyreoidismus<br />
• Hypoparathyreoidismus<br />
• Hypoglykämie<br />
• Phaeochromocytom<br />
• Karzinoid<br />
Infektionserkrankungen<br />
• AIDS (Acquired Immunodeficiency<br />
Syndrome)<br />
• Mononucleose<br />
• Hepatitis<br />
• Encephalitis<br />
• Lyme Borreliose<br />
• Syphilis<br />
• Influenza<br />
• Pneumonie<br />
Ernährungsdefizite<br />
• Folatmangel<br />
• Vitamin B12-Mangel<br />
• Eisenmangel<br />
• B1-, B2-, B6-Mangel<br />
15<br />
sonderausgabe clinicum
16<br />
besondere Sorgfalt im therapeutischen<br />
Vorgehen wegen veränderter<br />
pharmakodynamischer und pharmakokinetischer<br />
Situationen geboten<br />
ist, die sich auf Nebenwirkungen<br />
und Interaktionen auswirken können<br />
(siehe Tabelle 10).<br />
3.4.13 Auswahl des Psychopharmakons<br />
bei Komorbidität<br />
Viele Patienten zeigen gleichzeitig<br />
mehrere psychiatrische Störungen<br />
(Komorbidität). So leiden z.B. viele<br />
depressive Patienten auch unter einer<br />
Abhängigkeitserkrankung bzw. umgekehrt<br />
viele Suchtpatienten unter<br />
einer affektiven Störung. Werden<br />
nicht beide Störungen diagnostiziert<br />
und behandelt, was leider häufig der<br />
Fall ist, besteht die Gefahr der Chronifizierung<br />
und einer ungünstigeren<br />
Prognose.<br />
3.4.14 Auswahl des Psychopharmakons<br />
bei Schwangerschaft<br />
Eine Indikation für die Einnahme von<br />
Antidepressiva in der Schwangerschaft<br />
kann bestehen bei:<br />
• Entwicklung einer schweren <strong>Depression</strong><br />
während der Schwangerschaft,<br />
• unbedingt notwendiger Erhaltungstherapie<br />
wegen Rückfällen<br />
nach Absetzen in der Anamnese (eine Dauermedikation<br />
sollte nicht unterbrochen werden) (siehe Tabelle 11).<br />
Antidepressiva während der Schwangerschaft:<br />
• In den ersten 20 Tagen besteht keine pharmakologische<br />
Beeinflussung des Embryo durch die Medikamenteneinnahme<br />
der Mutter.<br />
• Auf eine Medikation im 1. Trimenon sollte möglichst<br />
verzichtet werden.<br />
Tabelle 11:<br />
Auswirkungen von <strong>Depression</strong> bei werdenden<br />
Müttern<br />
clinicum sonderausgabe<br />
<strong>Depression</strong> der Mutter führt zu<br />
Intrauterin<br />
• Ev. direkter Einfluss auf<br />
die Kindesentwicklung<br />
in utero<br />
• Versäumen von Mutter-<br />
Kind-Pass-Untersuchungen<br />
• Vernachlässigung der<br />
persönlichen Pflege<br />
• Suizidalität<br />
Postpartum<br />
• Gestörte Mutter-Kindbeziehung<br />
• Vernachlässigung<br />
• Geringe Förderung des<br />
Kindes<br />
Univ.-Doz. Dr. Christian<br />
Geretsegger<br />
1. Psychiatrische<br />
Abt.,Landes-Nervenklinik,<br />
Salzburg<br />
Prim. Univ.-Doz. Dr.<br />
Christian Haring<br />
Psychiatrisches<br />
Krankenhaus des<br />
Landes Tirol,<br />
Hall<br />
Prim. Dr. Manfred<br />
Haushofer<br />
Psychiatrische Abt.,<br />
Donauspital im<br />
SMZ-Ost,<br />
Wien<br />
Prim. Dr. Marion<br />
Kalousek<br />
3. Psych. Abt., Psychiatrisches<br />
KH<br />
Baumgartner Höhe,<br />
Wien<br />
Univ.-Doz. Dr.<br />
Gernot Langs<br />
Kurklinik Bad<br />
Bramstedt,<br />
Deutschland<br />
• Es sollten keine neu auf dem Markt<br />
befindlichen Pharmaka eingesetzt<br />
werden.<br />
• Im dritten Trimenon sind höhere<br />
Dosen erforderlich (Induktion des<br />
Cytochrom P-450-2D6-Isoenzyms,<br />
größere Volumsverteilung, veränderte<br />
Proteinbindung und gastrointestinale<br />
Resorption, Erhöhung der<br />
glomerulären Filtrationsrate).<br />
• 14 Tage vor der Geburt sollte die<br />
Medikamentendosis um 50% reduziert<br />
werden (sonst Ileus und Harnverhaltung<br />
bei TCAs, die Kapazität<br />
der Medikamentenelimination ist<br />
vermindert und eine Akkumulation<br />
ist möglich).<br />
Antidepressiva während der<br />
Stillperiode:<br />
Es besteht keine absolute Kontraindikation<br />
gegen die Einnahme von Antidepressiva<br />
während des Stillens. Alle<br />
Antidepressiva treten zwar in die<br />
Muttermilch über, wobei aber zu bedenken<br />
ist, dass der Säugling nur geringe<br />
Milchmengen aufnimmt und<br />
die darin enthaltenen Medikamente<br />
noch resorbieren muss. Die pharmakologische<br />
Belastung ist daher wesentlich<br />
geringer als intrauterin!<br />
Unter oben angeführten Prämissen<br />
ist im Einzelfall individuell zu entscheiden, ob das Antidepressivum<br />
während des Stillens weiter verabreicht<br />
werden soll oder das Abstillen für Mutter und Kind die<br />
zweckmäßigere Lösung darstellt.<br />
Welche Präparate sind in der Schwangerschaft und Stillperiode<br />
zu bevorzugen?<br />
• Generell stellen die SSRI die Mittel der ersten Wahl dar,<br />
wobei über Fluoxetin die meisten Daten vorliegen. Auch<br />
von den anderen SSRI liegen bis jetzt keine negativen<br />
Daten vor.<br />
• Als Mittel der zweiten Wahl gelten TCA und die Elektroheilkrampftherapie.<br />
• Auf Antidepressiva, die erst seit kurzem am Markt sind,<br />
sollte wegen fehlender Daten vorläufig verzichtet werden.<br />
• Kontraindiziert sind weiters Valproinsäure, Lithium,<br />
Carbamazepin (Spina bifida in 1%) und Benzodiazepine<br />
(Lippenspalten, kontroversiell diskutiert).<br />
3.4.15 Auswahl des Psychopharmakons bei Kindern<br />
und Jugendlichen<br />
Insgesamt liegen wenig Untersuchungen zur antidepressiven<br />
Therapie bei Kindern und Jugendlichen vor.<br />
Die wenigen durchgeführten Untersuchungen ergeben,<br />
dass die Antidepressiva auch bei dieser Gruppe einen
guten antidepressiven Effekt aufweisen.<br />
Leider werden in dieser Altersgruppe<br />
häufig die älteren trizyklischen<br />
Antidepressiva gegeben, wobei argumentiert<br />
wird, dass damit bereits<br />
breitere Erfahrungen vorliegen und<br />
die neueren erst in der Erwachsenen-Psychiatrie<br />
etabliert sein müssen,<br />
bevor sie bei Kindern und Jugendlichen<br />
eingesetzt werden können.<br />
Diese Argumentation ist insofern<br />
verwunderlich, da kontrollierte<br />
Untersuchungen bei Erwachsenen<br />
eine hochsignifikant höhere Nebenwirkungsrate<br />
bei Trizyklika im Vergleich<br />
zu den moderneren Antidepressiva<br />
ergeben haben (SSRIs und<br />
neuere Präparate).<br />
Die wenigen durchgeführten klinischen<br />
Untersuchungen bzw. Beobachtungen<br />
favorisieren eindeutig<br />
die moderneren Antidepressiva bei<br />
Kindern und Jugendlichen, insbesondere<br />
auf Grund der bestehenden<br />
Nebenwirkungsarmut. Untersuchungen<br />
zum Metabolismus haben ergeben,<br />
dass höhere Dosen im Kinderbzw.<br />
Adoleszentenalter gegeben<br />
werden sollten, da in dieser Altersgruppe<br />
höhere Metabolisierungsraten<br />
vorliegen.<br />
3.4.16 Auswahl des Psychopharmakons<br />
nach objektiver Evaluierbarkeit<br />
(Blutspiegel)<br />
Die Plasmaspiegel von Psychopharmaka<br />
können stark variieren. Wirkungslosigkeit,<br />
starke Nebenwirkungen oder Compliance-Probleme<br />
können über eine Plasmaspiegelbestimmung<br />
eine mögliche Begründung erfahren. Wirksame<br />
Metaboliten müssen in die Analysen miteinbezogen<br />
werden. Zu bedenken ist auch, dass bei Kombinationstherapien<br />
eine zusätzliche Beeinflussung möglich<br />
ist.<br />
3.4.17 Auswahl des Psychopharmakons unter dem<br />
Aspekt der drohenden Suizidalität<br />
Bei drohender Suizidalität ist in erster Linie die Auswahl<br />
des Behandlungssettings entscheidend. Gelegentlich<br />
kann es möglich sein, einen Patienten gemäß dem Unterbringungsgesetz<br />
behandeln zu müssen. In weiterer<br />
Folge kann es heutzutage als Kunstfehler angesehen<br />
werden, einen depressiven Patienten, der bereits Suizidversuche<br />
mit trizyklischen Antidepressiva hinter sich hat,<br />
mit Psychopharmaka zu behandeln, die von relativ hoher<br />
Toxizität sind.<br />
Dr. Elisabeth<br />
Lenzinger<br />
Niedergelassene<br />
Fachärztin,<br />
Wien<br />
Prim. Dr.<br />
Albert Lingg<br />
2. Abteilung für<br />
Psychiatrie,<br />
Landeskrankenhaus<br />
Rankweil<br />
Prim. Dr.<br />
Heinz Pfolz<br />
5. Psych. Abt., Psychiatrisches<br />
KH<br />
Baumgartner Höhe,<br />
Wien<br />
Prim. Dr.<br />
Thomas Platz<br />
Zentrum für seelische<br />
Gesundheit,<br />
Landeskrankenhaus<br />
Klagenfurt<br />
w. HR. Prim.<br />
Univ.-Doz. Dr.<br />
Werner Schöny<br />
Landes-NervenklinikWagner-Jauregg,<br />
Linz<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />
Harald Schubert<br />
Psychiatrisches<br />
Krankenhaus des<br />
Landes Tirol,<br />
Hall<br />
Die neuere Generation von Antidepressiva,<br />
beginnend mit SSRIs über<br />
MAO-A-Hemmer, SNRIs oder die<br />
neuesten Antidepressiva mit dualem<br />
Angriffspunkt, sind, was die Toxizität<br />
anlangt, deutlich günstiger einzustufen<br />
als die tri- oder auch tetrazyklischen<br />
Antidepressiva. Die effiziente<br />
Behandlung der depressiven<br />
Symptomatik respektive der Suizidalität<br />
muss im Vordergrund stehen.<br />
Neben der Wahl des richtigen Settings<br />
und der Auswahl eines möglichst<br />
wenig toxischen Antidepressivums<br />
kann es auch nötig sein, in der<br />
Akutphase eine sedierende Substanz<br />
wie etwa ein Benzodiazepin, möglicherweise<br />
auch ein sedierendes, so<br />
genanntes niederpotentes Antipsychotikum<br />
zusätzlich zu verabreichen.<br />
Es ist müßig zu sagen, dass die Verwendung<br />
eines in seiner Wirksamkeit<br />
nachgewiesenen Antidepressivums in<br />
einer ausreichenden Dosierung zu erfolgen<br />
hat.<br />
3.4.18 Die Auswahl des Psychopharmakons<br />
unter dem Aspekt<br />
der Sedierung<br />
Während die älteren Antidepressiva<br />
wegen der antihistaminergen Nebenwirkung<br />
durchwegs einen sedierenden<br />
Effekt aufwiesen, ist dies bei<br />
einem Großteil der neueren Medikamente,<br />
insbesondere bei den SSRIs<br />
und den dual wirkenden Antidepressiva,<br />
sowie auch bei den selektivenNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmern,<br />
nicht gegeben.<br />
Für die Sedierung ist vorwiegend die antihistaminerge<br />
Wirkkomponente eines Psychopharmakons pharmakodynamisch<br />
von Bedeutung. Von den neueren Antidepressiva<br />
ist bei Mirtazapin eine initial sedierende Wirkung,<br />
die allerdings nach einer etwa zweiwöchigen<br />
Dauer nicht mehr zu beobachten ist (Adaptationseffekt),<br />
bekannt.<br />
3.4.19 Die Auswahl des Psychopharmakons bei perimenopausalem<br />
Syndrom<br />
Für die Behandlung einer <strong>Depression</strong> in diesem Lebensabschnitt<br />
gelten sämtliche in diesem Statement aufgezählten<br />
Kriterien. Eine ausschließliche<br />
Behandlung der depressiven Erkrankung<br />
mit Hormonen ist nicht zielführend<br />
und wissenschaftlich nicht<br />
belegt. Eine Hormonmedikation sollte<br />
in Kooperation mit der Gynäkologie<br />
in Erwägung gezogen werden.<br />
17<br />
sonderausgabe clinicum
18<br />
3.4.20 Behandlung bei der kurzen wiederkehrenden<br />
<strong>Depression</strong> (RBD)<br />
Die Behandlung der RBD (Recurrent Brief <strong>Depression</strong>) ist<br />
eine bis jetzt noch wissenschaftlich nicht klar gelöste Frage.<br />
Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass antidepressive<br />
Substanzen wie z.B. Fluoxetin und Mirtazapin einen günstigen<br />
Erfolg aufweisen. Kontrollierte Untersuchungen stehen<br />
jedoch für diese Erkrankung noch aus.<br />
4. Therapieresistenz<br />
4.1 Definition<br />
Ein fehlendes oder nicht ausreichendes Ansprechen auf als<br />
ausreichend definierte therapeutische Maßnahmen werden<br />
als Therapieresistenz bezeichnet. Objektiv sollte das<br />
folgende therapeutische Schema angewandt worden sein,<br />
ohne dass sich die Symptomatik gebessert hat:<br />
Erste und zweite Woche: Antidepressivum, Auswahl nach<br />
zu erwartendem Nebenwirkungsprofil, vorherigem Ansprechen<br />
und persönlicher Präferenz. Dosierung: Vom Hersteller<br />
empfohlene Standarddosis.<br />
Dritte und vierte Woche: Fortsetzung der begonnenen<br />
Therapie. Dosierung: Erhöhte Dosierung, entspricht meist<br />
der doppelten Standarddosis. Erste augmentierende Maßnahme.<br />
Auswahl nach individueller Symptomatik. (Zur genauen<br />
Indikationsstellung der Augmentationstherapie siehe<br />
auch Punkt 4.3).<br />
Fünfte und sechste Woche: Therapie mit einem anderen<br />
Antidepressivum. Dieses sollte einen biochemischen<br />
Schwerpunkt aufweisen, der sich von dem des ersten Antidepressivums<br />
unterscheidet. Wirkt z.B. das erste Antidepressivum<br />
serotonerg (SSRI), dann sollte das zweite Antidepressivum<br />
vorwiegend oder zusätzlich noradrenerg wir-<br />
Tabelle 12:<br />
Symptomorientierte augmentierende<br />
Medikation<br />
clinicum sonderausgabe<br />
Symptomatik Medikation<br />
Antriebsschwäche<br />
prominent<br />
Trijodthyronin 25–50µg/d<br />
<strong>Depression</strong> in der<br />
Postmenopause<br />
Östradiol 21,5mg/d<br />
Bipolare Störung Lithiumsalz Retardform<br />
in der Anamnese 2x150mg/d<br />
Unruhe bzw. Agitation<br />
prominent<br />
Pindolol 3x2,5mg/d<br />
Partielles Ansprechen Zusätzlich pharmakodynamisch<br />
unterschiedliches<br />
Antidepressivum ohne<br />
Interaktionspotential<br />
Psychotische Merkmale<br />
(z.B. Wahn)<br />
Atypisches Antipsychotikum<br />
ken (SNRI bzw. NARI). Dosierung: Vom Hersteller empfohlene<br />
Standarddosis.<br />
Siebte und achte Woche: Fortsetzung der Therapie mit<br />
dem anderen Antidepressivum. Dosierung: Erhöhte Dosierung,<br />
entspricht meist der doppelten Standarddosis.<br />
Zweite augmentierende Maßnahme. Auswahl nach individueller<br />
Symptomatik (siehe auch Punkt 4.3).<br />
4.2 Primäre Maßnahmen<br />
Checkliste Therapieresistenz:<br />
„Falsches“ Medikament?<br />
Dosierung?<br />
Plasmaspiegel?<br />
Diagnose(n)?<br />
Zusätzliche psychiatrische Diagnosen?<br />
Somatische Erkrankungen?<br />
Compliance?<br />
Psychosoziale Belastung?<br />
Persönlichkeitsstörung?<br />
Abhängigkeitserkrankung?<br />
Medikamenteninteraktion?<br />
Krankheitsgewinn?<br />
4.3 Adjuvante Maßnahmen<br />
4.3.1 Augmentierende Medikationen<br />
(siehe Tabelle 12)<br />
Cave:<br />
• Nur nach Dosismaximierung des primären<br />
Therapeutikums!<br />
• Erst nach ausreichend langer Therapiedauer<br />
bzw. entsprechendem Misserfolg der primären<br />
Medikation!<br />
• Erst nach Ausschluss der Gefahr von Medikamenteninteraktionen<br />
(siehe Kapitel 3.4.11)!<br />
• Wird in der Regel wie eine Monotherapie<br />
implementiert!<br />
4.3.2 Psychotherapeutische Maßnahmen<br />
(siehe Tabelle 13)<br />
Zur Auswahl der psychotherapeutischen Maßnahmen<br />
(supportive versus spezielle Psychotherapie) siehe<br />
Kapitel 5.<br />
4.3.3 Weitere bewährte unterstützende therapeutische<br />
Maßnahmen<br />
• Lichttherapie: siehe Kapitel 6<br />
• Schlafentzugstherapie, Schlafrhythmusänderungstherapie<br />
(Phase-Advance-Therapie): siehe Kapitel 6<br />
• Sporttherapie: Die psychiatrische Sporttherapie verbindet<br />
leichten Ausdauersport, Dehnungsgymnastik und<br />
ausgewählte sportliche Spiele mit körperpsychotherapeutischen<br />
Elementen.<br />
• Maltherapie: Nicht schulenpuristische, utilitaristisch orientierte<br />
kunsttherapeutische Ansätze mit Elementen der
Gestalttherapie und hypnoiden<br />
Techniken, vielfach tiefenpsychologisch<br />
orientierter Gesprächsteil.<br />
• Musiktherapie: Kreative Therapie,<br />
die den Selbstausdruck betont und<br />
Elemente der Gestalttherapie bzw.<br />
analytischer Therapierichtungen<br />
aufweist.<br />
• Konzentrative Bewegungstherapie,<br />
Tanztherapie: Körperpsychotherapeutische<br />
Ansätze, die das körperliche<br />
Erleben des Menschen zum Ausgangspunkt<br />
psychotherapeutischer<br />
Arbeit wählen.<br />
• Ergotherapie<br />
4.3.4. Stellenwert von EKT<br />
und rTMS in der <strong>Depression</strong>sbehandlung<br />
Die Elektrokrampftherapie (EKT) ist<br />
eine sehr wirksame antidepressive<br />
Methode, die nur in speziellen Zentren<br />
angewandt wird.<br />
Diese Tatsache und die große Stigmatisierung<br />
der Methode führt in<br />
der Praxis sicherlich dazu, dass die<br />
Methode trotz der hohen Wirksamkeit<br />
derzeit in der klinischen Praxis<br />
als eine der letzten Wahl bezeichnet<br />
wird.<br />
Die Methode weist – wenn „lege artis“<br />
durchgeführt – ein akzeptables<br />
Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil auf, relativ häufig<br />
findet man allerdings vorübergehende kognitive<br />
Defizienzsymptome.<br />
Die repititive transkranielle Magnetstimulation (rTMS)<br />
Tabelle 13:<br />
Indikationen zur begleitenden Psychotherapie<br />
Absolute Indikationen<br />
• Vorhandensein psychosozialer Defizite<br />
• Beziehungskonflikte<br />
• Innerseelische Konflikte<br />
• Zugleich bestehende Persönlichkeitsstörung<br />
• Unsichere Compliance<br />
•Ängste<br />
• Mangelnde Krankheitseinsicht<br />
• Signifikante Selbstunsicherheit<br />
Relative Indikationen<br />
• Schwere gehemmte <strong>Depression</strong><br />
• Rascher Therapieerfolg mit pharmakotherapeutischer<br />
Monotherapie in der Vorgeschichte<br />
Kontraindikationen<br />
• Ausdrückliche Ablehnung durch<br />
den Patienten nach Information<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />
Christian Simhandl<br />
Sozialpsychiatrische<br />
Abteilung,<br />
Krankenhaus<br />
Neunkirchen<br />
O. Univ.-Prof. Dr.<br />
Marianne Springer-Kremser<br />
Univ.-Klinik für Tiefenpsychologie<br />
und<br />
Psychother., Wien<br />
Prim. Univ.-Prof.<br />
Dr. Christoph<br />
Stuppäck<br />
1. Psychiatrische<br />
Abt., Landes-Nervenklinik<br />
Salzburg<br />
Prim. Dr.<br />
Elmar Windhager<br />
Psychiatrische<br />
Klinik<br />
Wels<br />
Dr. Wilhelm Wolf<br />
Niedergelassener<br />
Facharzt,<br />
Wien<br />
ist nun seit zehn Jahren bei depressiven<br />
PatientInnen in klinischer Untersuchung.<br />
Es liegt eine Anzahl von klinischen<br />
Studien zur <strong>Depression</strong>sbehandlung<br />
vor. Die Methode ist derzeit als adjuvante<br />
Methode in spezialisierten<br />
Zentren für die Indikation „<strong>Depression</strong>“<br />
zu empfehlen.<br />
5. Psychotherapeutische<br />
Maßnahmen<br />
5.1 Supportive<br />
Psychotherapie<br />
Methode: Begleitung in tragfähiger<br />
Beziehung und themenzentrierte<br />
Gespräche. Individuelle Anpassung<br />
der therapeutischen Interaktion an<br />
Art (Diagnose, Symptomenkonstellation)<br />
und Natur (Verlauf) der Erkrankung<br />
einschließlich der Haupt- und<br />
Nebenwirkungen der gegebenen<br />
Medikation.<br />
Ziele der supportiven<br />
Psychotherapie:<br />
• Herstellen einer therapeutischen<br />
Beziehung, Empathie<br />
• Psychoinformative Maßnahmen: Informationsvermittlung<br />
zur Entstehung und zum Umgang mit <strong>Depression</strong>en<br />
(z.B. PatientInnen-Broschüren)<br />
• Besprechung der Haupt- und Nebenwirkungen der<br />
gegebenen Medikamente<br />
• Umgang mit Suizidgefahr<br />
• Strategien zur Verbesserung der Compliance<br />
• Förderung der Akzeptanz, z.B. initial in der Krankenrolle,<br />
Krankschreibung<br />
• Aufklärung der Angehörigen, ev. Einbeziehung des<br />
Arbeitsmilieus<br />
• Hilfe bei Entscheidungsfindungen<br />
• Vermittlung praktischer Hilfen<br />
• Strukturierung der Tagesabläufe<br />
5.2 Störungsspezifische Psychotherapie<br />
(siehe Tabelle 14)<br />
19<br />
sonderausgabe clinicum
20<br />
Tabelle 14:<br />
Störungsspezifische Psychotherapie<br />
Therapieform Hauptziel Methodik Indikation Anwendungsbereich<br />
Kognitive Verbesserung der Kurztherapien Aufbau positiver Akuttherapie,<br />
Verhaltenstherapie Symptomatik (
den. Bei dieser Form der <strong>Depression</strong> liegt in etwa 70%<br />
der Fälle eine atypische Psychopathologie mit Hypersomnie,<br />
Hyperphagie mit Kohlehydratheißhunger vor. Bei<br />
nichtsaisonal abhängigen <strong>Depression</strong>sformen kann die<br />
Lichttherapie als adjuvante Therapie hilfreich sein, eventuell<br />
im Anschluss an einen therapeutischen Schlafentzug,<br />
um den ansonsten regelhaften Rückfall zu verhindern.<br />
Die praktischen Richtlinien zur Lichttherapie sind<br />
der Tabelle 17 zu entnehmen.<br />
Nebenwirkungen sind gering, wenn überhaupt, dann ist<br />
mit Kopfschmerzen, Augenbrennen, Irritabilität und evtl.<br />
Hypomanie zu rechnen. Bei Kombination mit trizyklischen<br />
Psychopharmaka sowie Lithium ist eine augenärztliche<br />
Kontrolle empfehlenswert.<br />
Elektrokrampftherapie (siehe auch Punkt 4.3.4):<br />
Die Elektrokrampftherapie (EKT) hat in einer lege artis<br />
durchgeführten Art, wie sie durch nationale und internationale<br />
Konsensus-Konferenzen festgelegt ist, einen unbestrittenen<br />
Stellenwert in der Palette der Behandlung<br />
depressiver Syndrome.<br />
Als Indikation wird neben der refraktären <strong>Depression</strong> die<br />
wahnhafte <strong>Depression</strong> und die febrile Katatonie im Rahmen<br />
schizophrener Erkrankungen genannt. Im angloamerikanischen<br />
Raum und in Europa wird diese Therapiemethode<br />
jedoch über diese Indikationen hinaus mit Erfolg für<br />
die Akut- und in wenigen Fällen auch im Sinne der Erhaltungstherapie<br />
von depressiven Erkrankungen angewandt.<br />
Transkranielle Magnetstimulation (siehe auch<br />
Punkt 4.3.4):<br />
Tabelle 16:<br />
Praktisches Vorgehen bei der Schlafentzugsbehandlung (SE)<br />
Tabelle 15:<br />
Arten der Schlafentzugsbehandlung (SE)<br />
A. Praktisch gut durchführbar<br />
Totaler Schlafentzug beginnend am Morgen vor der<br />
SE-Behandlung bis zum Abend<br />
nach SE (max. 40 Stunden)<br />
Partieller Schlafentzug beginnend ab 1 bzw. 2 Uhr<br />
der zweiten Morgens bis zum Abend dieses<br />
Nachthälfte Tages (d.h. SE der 2. Hälfte<br />
der Nacht). Cave: Der partielle<br />
Schlafentzug der 1. Hälfte der<br />
Nacht ist nicht antidepressiv<br />
wirksam.<br />
Schlafrhythmus- Vorverschiebung des<br />
änderungstherapie Schlaf-Wach-Rhythmus<br />
(siehe auch Kapitel 4.3.3.)<br />
Nach Aufklärung des Patienten wird bei der Schlafrhythmus<br />
Therapie folgendes Schlafschema realisiert:<br />
Tag 1 21.00 bis 1.00 Uhr Tag 5 20.00 bis 4.00 Uhr<br />
Tag 2 17.00 bis 1.00 Uhr Tag 6 21.00 bis 5.00 Uhr<br />
Tag 3 18.00 bis 2.00 Uhr Tag 7 22.00 bis 6.00 Uhr<br />
Tag 4 19.00 bis 3.00 Uhr<br />
B. Mehr für Forschungsabteilungen geeignet<br />
REM-Schlafentzug Selektiver Entzug der REM-<br />
Schlafes. Nur im Schlaflabor<br />
möglich.<br />
Die transkranielle Magnetstimulation (TMS) hat in einer<br />
Reihe von Untersuchungen aufgezeigt, dass möglicherweise<br />
ein antidepressiver Effekt vorliegt, der deutlich<br />
über dem Placeboeffekt liegt. Die Anwendung der Me-<br />
Patient sollte die SE nicht alleine durchführen. Am besten sollte der Effekt stationär im<br />
Stationär oder ambulant? Beisein einer Nachtwache kennengelernt werden. Kann dann später evtl. zu Hause z.B.<br />
gemeinsam mit einem Angehörigen durchgeführt werden.<br />
Aufklärung des Patienten<br />
Tätigkeit während der SE<br />
Sollte als „physiologische“ Maßnahme neben anderen Therapien dargestellt werden.<br />
Keine zu großen Erwartungen wecken.<br />
Patient kann allen ihm möglichen und sinnvollen Tätigkeiten nachgehen. Auch körperliche<br />
Betätigung, wie z.B. Gymnastik oder ein Spaziergang, ist möglich.<br />
Der Patient sollte genau aufgeklärt werden, dass er am Tag nach der durchwachten<br />
Einschlafen während der SE<br />
Nacht nicht schlafen soll.<br />
Den Tag vor und nach SE soll der Patient in üblicher Weise verbringen. Kein „Vor- oder<br />
Schlafen am Tag von und nach SE Nachschlafen“. Der Patient soll am Tag nach SE zu einer für ihn üblichen Zeit Schlafengehen<br />
(Ausnahme Schlafrhythmusänderungstherapie).<br />
Wiederholung der SE<br />
Verschlechterung am<br />
2. Tag nach SE<br />
Psychopharmaka<br />
während SE<br />
Der SE kann noch bei nicht ausreichend behandelter depressiver Symptomatik 1- bis 2 mal<br />
pro Woche wiederholt werden (Schlafrhythmusänderungstherapie nach einer Woche).<br />
Darüber muss mit dem Patienten am besten an diesem Tag gesprochen werden.<br />
Häufig kann eine auch nur kurzfristig sich einstellende positive Erfahrung der Besserung<br />
für den Arzt psychotherapeutisch nutzvoll sein. Bei Schlafrhythmusänderungstherapie<br />
vermindert sich der Therapieerfolg durchschnittlich während der Therapiewoche um<br />
50%, d.h. der effektive Therapieerfolg beträgt etwa die Hälfte der Remission.<br />
Der Patient kann die Medikamente wie gewohnt weiternehmen. Ein sedierendes<br />
Psychopharmakon am Abend des SE sollte jedoch weggelassen werden, um dem Patient<br />
das Wachbleiben nicht unnötig zu erschweren.<br />
21<br />
sonderausgabe clinicum
22<br />
Tabelle 17:<br />
Praktische Richtlinien zur Lichttherapie<br />
Wirkungsmechanismus<br />
thode ist jedoch auf spezialisierte Fachabteilungen beschränkt.<br />
Vagus-Nerv-Stimulation:<br />
Die Vagus-Nerv-Stimulation (VNS) hat sich als Methode<br />
für die Therapie refraktärer Epilepsie in der Neurologie<br />
als adjuvante Therapie bewährt. Es liegen vorläufige<br />
Daten bei psychiatrischen Erkrankungen vor, die als adjuvante<br />
Therapie bei behandlungsrefraktären <strong>Depression</strong>en<br />
möglicherweise Anwendung finden, wenn sich erste<br />
Ergebnisse durch weitere Untersuchungen bestätigen<br />
lassen.<br />
7. Therapieevaluation<br />
Vor allem im Rahmen klinischer Studien, aber auch<br />
außerhalb derart spezieller Settings erweist es sich als<br />
sinnvoll, den Therapiefortschritt mit<br />
standardisierten Methoden festzuhalten.<br />
Sowohl der therapeutische<br />
Effekt als auch Nebenwirkungen<br />
sollten derart erfasst werden.<br />
Zur Evaluation des Therapieeffekts<br />
stehen als Evaluationsskalen sowohl<br />
clinicum sonderausgabe<br />
Der antidepressive Effekt wird<br />
über das Auge vermittelt<br />
Die Augen des Patienten sollen<br />
etwa 90 cm von der Lichtquelle<br />
Lichtquelle entfernt sein, der Patient soll<br />
etwa 1 mal pro Minute direkt<br />
in die Lichtquelle schauen.<br />
Lichtintensität 10.000 Lux<br />
Wellenlänge Volles Spektrum<br />
Dauer<br />
Tageszeit<br />
30 Minuten pro Tag vom<br />
Herbst bis Frühjahr<br />
Latenz bis zum<br />
Auftreten des 3 bis 7 Tage<br />
antidepressiven Effekts<br />
Unabhängig vom therapeutischen<br />
Erfolg, wann es für den<br />
Patienten günstig ist, morgens<br />
bevorzugt.<br />
Sprechen gewöhnlich auf antidepressive<br />
Medikation an<br />
Nonresponder (Daten zu SSRI bzw. NRI;<br />
sedierende Antidepressiva<br />
nicht zu empfehlen).<br />
Lichttherapie und antide-<br />
Teilweises Ansprechen pressive Medikation empfehlenswert.<br />
Fremdbeurteilungs- als auch Selbstbeurteilungsskalen<br />
zur Verfügung.<br />
Evaluationsskalen<br />
Fremdbeurteilungsskalen:<br />
• MADRS: Montgomery Asberg <strong>Depression</strong> Rating Scale<br />
• HAMD: Hamilton <strong>Depression</strong> Rating Scale<br />
• NOSIE: Nurses Observation Scale for Inpatient Evaluation<br />
Selbstbeurteilungsskalen:<br />
• BDI: Beck <strong>Depression</strong> Inventary<br />
• SDS: Self Rating <strong>Depression</strong> Scale<br />
Eine sehr verkürzte Form zur Erfassung von Wirkungen<br />
und Nebenwirkungen stellt die CGI (Clinical Global Impression)<br />
dar.<br />
8. Langzeittherapie<br />
Langzeittherapie der unipolaren <strong>Depression</strong><br />
Hinsichtlich der Langzeittherapie wird von internationalen<br />
Expertengremien das 3-Phasen-Schema von Akuttherapie,<br />
Erhaltungstherapie und prophylaktischer Therapie<br />
(siehe Abbildung 7 auf Seite 8) erarbeitet.<br />
Dabei wird hervorgehoben, dass für den Zeitraum von<br />
vier bis sechs Monaten nach der akuten Therapie, im Sinne<br />
einer Erhaltungstherapie, die antidepressive Medikation<br />
in der Dosierung beibehalten werden sollte, mit der<br />
die Remission erzielt wurde, und bei Vorliegen spezieller<br />
Prädiktoren (siehe Tabelle 18) sollte an eine über mehrere<br />
Jahre dauernde prophylaktische Therapie gedacht<br />
werden.<br />
Empirische Studien haben ergeben, dass eine Dosisreduktion<br />
bzw. ein zu frühes Absetzen der antidepressiven Medikation<br />
jeweils mit einer Verschlechterung der Symptomatik<br />
bzw. mit einem Wiederauftreten der <strong>Depression</strong><br />
verbunden war.<br />
Tabelle 18:<br />
Indikationen für eine Langzeittherapie der<br />
unipolaren <strong>Depression</strong><br />
• ≥ 3 Episoden (innerhalb von 5 Jahren)<br />
• 2 Episoden (innerhalb von 5 Jahren) und folgende Risikofaktoren:<br />
• Spätes Erkrankungsalter (über 60 Jahre)<br />
• Frühes Erkrankungsalter (unter 40 Jahre)<br />
• Kurzes Intervall zwischen Episoden<br />
• Rasche Symptomentwicklung bei Episoden<br />
• Positive Familienanamnese mit affektiven Erkrankungen<br />
• Komorbidität Dysthimie, Angsterkrankungen,<br />
Missbrauch von Alkohol und/oder Medikamenten<br />
• Schwere der Indexepisode (inklusive Suizidalität)<br />
• Schlechte Behandelbarkeit in der Erhaltungstherapie<br />
• Geringes Maß an Arbeitsfähigkeit
Tabelle 19:<br />
Medikamente zur prophylaktischen Therapie<br />
bei bipolaren und ev. bei unipol. Störungen<br />
Stimmungsstabilisatoren<br />
Wirksubstanz Dosierung* mg/Tag Blutspiegel<br />
Lithiumcarbonat 400–800 0,6–1mmol/l<br />
Carbamazepin 400–1200 4–10µg/ml<br />
Valproinsäure<br />
Na-Valproat<br />
750–1250 50–120µg/ml<br />
* Initialdosis deutlich geringer (einschleichend dosieren)<br />
Entscheidend für das Gelingen einer Langzeittherapie sind<br />
der Aufbau einer vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung<br />
und die umfassende Information des Patienten über<br />
das Wesen seiner Erkrankung und die Möglichkeiten seines<br />
Krankheitsmanagements (siehe Tabelle 18).<br />
Langzeitbehandlung der bipolaren Störung<br />
Die bipolare Störung bedarf einer Langzeittherapie. Bei<br />
einer bipolaren <strong>Depression</strong> sollte zusätzlich zum Antidepressivum<br />
bzw. in der Phase der prophylaktischen Therapie<br />
ein Stimmungsstabilisator wie z.B. Lithium, Carbamazepin<br />
bzw. Valproinsäure entweder als Monotherapie<br />
oder als zusätzliche Therapie zu Antidepressiva bzw. zu<br />
atypischen Antipsychotika verordnet werden, da die alleinige<br />
antidepressive Medikation der Placebogabe gleichzusetzen<br />
ist und zum Auftreten einer manischen Verstimmung<br />
bzw. zu Mischbildern führen kann.<br />
Zur Zeit stehen die in Tabelle 19 angeführten Medikamente<br />
für diese Indikation zur Verfügung. Die prophylak-<br />
Impressum:<br />
tischen Eigenschaften von Lithium sind unbestritten,<br />
wenngleich auch die Effektivität nicht so hoch ist, wie<br />
man früher gedacht hat. Neuere placebo- und lithiumkontrollierte<br />
Langzeituntersuchungen haben ergeben,<br />
dass die Valproinsäure in der Langzeitbehandlung der bipolaren<br />
Störung wirksam ist. Im Gegensatz dazu liegen<br />
keine placebokontrollierten Ergebnisse für Carbamazepin<br />
vor, obwohl dieses Präparat in Europa für diese Indikation<br />
in einigen Ländern zugelassen ist.<br />
In der Praxis wird oft eine Kombination von Stimmungsstabilisatoren<br />
verordnet, obwohl keine kontrollierten Daten<br />
vorliegen, die ein solches Vorgehen rechtfertigen<br />
würden. Bei „rapid cyclers“ hat sich jedoch diese Kombination<br />
bewährt. Auf Grund der von dem US-amerikanischen<br />
Forscher Post aufgestellten Kindling-Hypothese<br />
geht man davon aus, dass eine bipolare Erkrankung zu<br />
einem späteren Zeitpunkt wahrscheinlich eher von der<br />
Gabe eines Antiepileptikums als von Lithium profitiert<br />
(siehe Tabelle 19).<br />
Obwohl Neuroleptika/atypische Antipsychotika in der<br />
prophylaktischen Therapie der bipolaren Erkrankung häufig<br />
verwendet werden (bis zu 50%), gibt es wenig Untersuchungen,<br />
um dieses Vorgehen zu rechtfertigen. Die<br />
Langzeitbehandlung mit Flupenthixol hat z.B. ergeben,<br />
dass inakzeptabel hohe Raten von <strong>Depression</strong>en auftreten.<br />
Atypische Antipsychotika versprechen hingegen<br />
durch das spezifische Rezeptorprofil (5-HT 2-Blockade) eine<br />
deutlichere Effizienz, wie z.B. bereits aus den Erfahrungen<br />
mit Clozapin, Olanzapin, Risperidon, Quetiapin,<br />
Ziprasidon und Zotepin bekannt ist. ■<br />
Verleger: Manstein <strong>Medizin</strong> MediengesmbH DVR-Nr: 0753211 Verlags- und Redaktionsadresse: Wiedner Hauptstraße 61, 1040 Wien, Tel: 01/503 71 66-0, Fax-DW 252 Herausgeber:<br />
Hans-Jörgen Manstein Verlagsleitung: Thomas Zembacher DW 210 Für den Inhalt verantwortlich: Univ.-Prof. Dr. Harald Aschauer, OA Dr. Andreas Conca, Prim.<br />
Univ.-Prof. Dr. Rainer Danzinger, OA Dr. Eberhard Deisenhammer, Univ.-Prof. Dr. Martina De Zwaan, Univ.-Doz. Dr. Christian Geretsegger, Prim. Univ. Doz. Dr. Christian<br />
Haring, Prim. Dr. Manfred Haushofer, Prim. Dr. Marion Kalousek, Univ.-Doz. Dr. Gernot Langs, Dr. Elisabeth Lenzinger, Prim. Dr. Albert Lingg, Prim. Dr. Heinz Pfolz, Prim. Dr.<br />
Thomas Platz, w. Hofr. Prim. Univ.-Doz. Dr. Werner Schöny, Prim. Univ.-Prof. Dr. Harald Schubert, Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Simhandl, O. Univ.-Prof. Dr. Marianne Springer-<br />
Kremser, Prim. Univ.-Prof. Dr. Christoph Stuppäck, Prim. Dr. Elmar Windhager, Dr. Wilhelm Wolf, Herausgeber: O. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Siegfried Kasper, Prim. Univ.-Doz. DDr.<br />
Michael Lehofer Titelbild: Artville/Lisa Zador Lektorat: Karl Heinz Javorsky Art Direction: Karl J. Kuba Layout und DTB: Judith Mihályi Litho: smartart Druck: Druckerei Bauer,<br />
1100 Wien Auflage: 25.200. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung von Manstein <strong>Medizin</strong> MediengesmbH.<br />
Mit freundlicher Unterstützung von: Boehringer Ingelheim, CSC, Lilly, Kwizda, Germania, Lundbeck, Organon, Pfizer, Pharmacia, Servier und Wyeth Lederle.<br />
23<br />
sonderausgabe clinicum