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Die Walzen muss man lieben - Westland Gummiwerke GmbH & Co ...

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EINBLICK„<strong>Die</strong> <strong>Walzen</strong> <strong>muss</strong> <strong>man</strong> <strong>lieben</strong>“C2 im Gespräch mit der Unternehmerin Dagmar zur Nedden,die seit 30 Jahren Geschäftsführerin der <strong>Westland</strong> <strong>Gummiwerke</strong><strong>GmbH</strong> istSicher kennen auch Sie schätzungsweiseeinhundertGeschäftsführer von Unternehmen,die in der <strong>Co</strong>nvertingbranchetätig sind. Wie viele davon sind eigentlichFrauen? Eine, zwei, allerhöchstensdrei? Ziemlich wenige, finden Sienicht auch? Schon allein das wäreGrund genug, einen Artikel überDagmar zur Nedden zu schreiben,die Geschäftsführerin der <strong>Westland</strong><strong>Gummiwerke</strong>. Doch nicht allein dieTatsache, dass sie als eine der wenigenFrauen die Geschicke eines weltweitaktiven und erfolgreichen Unternehmenslenkt, hat uns interessiert.Sondern auch die Frage, wie es ihr inden letzten Jahrzehnten gelungenist, <strong>Westland</strong> von einem „Gummierer“zu einem breit aufgestellten undinternational tätigen Anbieter von<strong>Walzen</strong> und technischen Formteilenzu entwickeln.Mit Schuhsohlen fing es anAls Dagmar von Lilienfeld 1962den jungen Unternehmer Claus zurNedden heiratete, wurde sie vomdonnernden Applaus der Belegschaftder <strong>Westland</strong> Werke und dem ohrenbetäubendenLäuten der Betriebsglocken,die sonst den Schichtwechselanzeigten, begrüßt. Sicherhätte sie sich in diesem Moment nieträumen lassen, dass sie eines TagesUnternehmerin, Geschäftsführerinund „Lenkerin“ dieses mittelständischenUnternehmens mit heute400 Mitarbeitern sein würde.Ernst zur Nedden, ihr Schwiegervater,hatte die Firma 1920 als Handelsgeschäftfür technische Gummiartikelgegründet und offenbar schonfrüh erkannt, dass dieser neue, flexibleWerkstoff zukünftig vielfältige Einsatzmöglichkeitenund Marktchancenbieten würde.Bereits wenige Monate späterbeteiligte er sich an einer kleinenGummiwarenfabrik in Bredenscheidbei Hattingen und konnte Gummi nunauch selbst herstellen. <strong>Die</strong> Rezepturenund Notizen von damals existierennoch und zeigen, wie unkonventionellund innovativ zur Nedden seinerzeitdie besten Kautschuk-Mixturenentwickelte: Temperaturresistenzwurde kurzerhand mit der glühendenZigarre getestet und auf die Wäscheleinegehängte Gummiplatten zeigtennach Wochen von selbst an, wie dasMaterial auf UV-Einstrahlung, Feuchtigkeitund Sauerstoff reagierte.Schuhsohlen und Absätze ausGummi waren die ersten Verkaufschlager,denn Leder war knapp und teuer.Schon vor dem zweiten Weltkrieg wardas Unternehmen von anfangs 30 auf160 Mitarbeiter gewachsen. 1941erwarb zur Nedden das GeländeDagmar zur Nedden auf dem diesjährigen drupa-Stand der <strong>Westland</strong> <strong>Gummiwerke</strong>.Ein Schwerpunkt des Messeauftritts war u.a. die neue Lototec-TechnologieEin Blick auf das vielfältige<strong>Walzen</strong>sortiment des Unternehmens46Juni / Juli 08 | COATING & CONVERTING | C2 Deutschland


EINBLICK<strong>Die</strong> Produktionshalle im Panoramaeiner stillgelegten Textilfabrik inWesterhausen und schuf damit dieVoraussetzung für eine industrielleMassenproduktion und den heutigenStandort.Wieder bewies Ernst zur Neddenseinen unternehmerischen Weitblickund begann nach dem Krieg mit derHerstellung von Gummiteilen für dieZweiradindustrie. Im zerstörtenDeutschland, in dem Fahrräder dasHauptverkehrsmittel waren, entwickeltensich die Gepäckträgerriemen,Pedalgummis, Fahrradgriffe undSatteldecken zu echten Rennern.1959 stieg Sohn Claus, von Lilienfeldsspäterer Mann, als Teilhaber indie Firma ein und brachte seine inEngland und den USA gesammelteBerufspraxis ins Unternehmen ein.Deutschlands Wirtschaftswunderbescherte der Schuhindustrie eine bisdato nicht gekannte Hochkonjunktur,von der auch <strong>Westland</strong> profitierte.Mehr als 600 Mitarbeiter fertigtenneben Sohlen und Fahrradzubehörauch Rollringe für Dichtungen, Sportartikelund Gummimetallverbindungen.<strong>Die</strong> Entscheidung, die Produktionauf eine breitere Grundlage zu stellenund auch <strong>Walzen</strong> zu produzieren, fieleigentlich eher zufällig Ende der 60erJahre. <strong>Die</strong> Platten, aus denen dieGummisohlen gestanzt wurden,<strong>muss</strong>ten vorab gewalzt werden. „Der<strong>Walzen</strong>hersteller konnte plötzlichnicht liefern und mein Mann stand damit vollen Auftragsbüchern. Also hatteer die Idee: Das machen wir einfachselber“, erinnert sich Dagmar zurNedden an die Erzählungen ihresMannes. Gesagt, getan: Nach erstenVersuchen gelangen die <strong>Walzen</strong>gummierungenimmer besser und die erstenKunden ließen nicht lange auf sichwarten. <strong>Die</strong> Tür zum <strong>Walzen</strong>geschäftstand einen kleinen Spalt breit offen.„Plötzlich hatte ich dieVerantwortung für ein ganzesUnternehmen“1978 starb Claus zur Nedden völligunerwartet mit nur 49 Jahren. SeineFrau Dagmar war zu diesem Zeitpunkterst 37 Jahre alt und hatte zwei Söhneim Alter von 15 und 13 Jahren. Trotzdes schmerzlichen persönlichen Verlustesstellte sich schnell die Frage,wie es mit dem Familienunternehmenweitergehen sollte. Für Momente derBesinnung und der Trauer blieb wenigZeit. „Kurz bevor mein Mann starb,sagte er zu mir, ich solle nach ihm dasUnternehmen leiten“, erinnert sichzur Nedden an einen der wichtigstenWendepunkte in ihrem Leben. „Ichbin ein sehr religiöser Mensch unddachte mir, Gott würde mir dieseschwere Aufgabe nicht stellen, wennich sie nicht auch erfüllen könnte.“So ließ die junge Frau zum Begräbnisihres Mannes noch einmal dieBetriebsglocken der <strong>Westland</strong> Werkeläuten, so wie sie lange Jahre vorherbei ihrer Hochzeit geläutet hatten,nahm die Herausforderung an undwurde alleinige Geschäftsführerindes Unternehmens.Wer Dagmar zur Nedden heute,viele Jahre später, gegenüber sitzt,kann spüren, mit welchem Elan undTatendrang sie dabei zu Werke ging.Weichenstellung für dieZukunftMit viel unternehmerischemGeschick und Sachverstand und mitder Hilfe erfahrener <strong>Westland</strong>-Technikerund -Ingenieure fällte sie schonbald Entscheidungen, die das Unter-Alle <strong>Walzen</strong> werden einer strengen Qualitätskontrolle unterzogenC2 Deutschland | COATING & CONVERTING | Juni / Juli 0847


EINBLICKHeute machen <strong>Walzen</strong> ca. 70 %des Firmenumsatzes aus. Das Unternehmen,das mit einem kleinenStandort in Bredenscheid begann, istheute international breit aufgestelltund unterhält z. B. Niederlassungenin West- und Osteuropa und Asien.Ein Blick auf die Fertigung im Stammwerk in Westerhausennehmen bis heute prägen. Währenddie Produkte für die SchuhindustrieEnde der 70er Jahre noch 50 % desUmsatzes ausmachten, brach diesesStandbein schon zehn Jahre späterfast völlig weg. Umso konsequenterbaute die Unternehmerin das <strong>Walzen</strong>geschäftaus und stellte dazu ein Teamvon hochkarätigen Experten zusammen.Farb- und Feuchtwalzen für dieDruckindustrie gehören bis heute zuden wichtigsten <strong>Westland</strong>-Produkten.„Bei einem Osterausflug nachHeidelberg 1982 habe ich an einerAbfahrt zufällig das Firmenschild vonHeidelberger Druckmaschinen gesehenund zu meinen Kindern gesagt:Eines Tages verkaufe ich denen auchunsere <strong>Walzen</strong>.“ Zur Nedden hatteRecht: Wenige Jahre später hattesich die Qualität der <strong>Westland</strong>-<strong>Walzen</strong>schon so herumgesprochen, dassHeidelberger auf das Unternehmenaus dem Osnabrücker Land aufmerksamwurde. Nach einem kleinerenTestauftrag sagte sich überraschenddie Geschäftsführung von Heidelbergin Westerhausen an. „Ich fragte meineleitenden Mitarbeiter, was wir eigentlichtun, wenn uns Heidelberg einenrichtigen Großauftrag anbietet. AlsBeispiel nannte ich 3 Mio. Mark. Allemeine Kollegen erklärten mich fürvöllig verrückt und konnten sich soetwas nicht vorstellen“, erinnert sichzur Nedden schmunzelnd.Wie groß war die Überraschungals sich der Heidelberg-Geschäftsführermit der <strong>Westland</strong>-Chefin zueiner Unterredung zurückzog unddiese wenig später tatsächlich dieErteilung eines doppelt so hoch dotiertenAuftrags verkünden konnte … IhrGespür für das Mögliche, das anderenvöllig unmöglich erscheint, hatte sienicht getäuscht. Seitdem besteht einenges und produktives Geschäftsverhältniszu Heidelberg. Auch derDruckmaschinen-Hersteller <strong>man</strong>rolandist zu einem wichtigen strategischenPartner geworden.International erfolgreichaufgestelltNach und nach wurde das <strong>Walzen</strong>sortimenterweitert und umfasst heuteein breites Portfolio an technischen<strong>Walzen</strong> für die Holz-, Stahl- undFolienindustrie. In der Kunststoffverarbeitenden Industrie kommen<strong>Westland</strong>-<strong>Walzen</strong> als Wickelwalzen,Transport-, Breitstreck-, Kontakt- oderSchneide-, Gegen- und Prägewalzenzum Einsatz. Alle <strong>Walzen</strong> werdendabei teilweise extrem chemischoder physikalisch belastet, und dieGummierung <strong>muss</strong> diesen Belastungenüber einen möglichst langenZeitraum standhalten.Angesichts der langjährigen Erfahrungin der Herstellung und Entwicklungvon Natur- und Synthesekautschuk-Mischungenbietet <strong>Westland</strong>für alle Einsatzgebiete die passendeGummierung. Aktuell macht das Unternehmenbeispielsweise durch dasneue Loto-Tec®-Beschichtungssystemvon sich reden, das auf Fluorkautschukbasiert und Elastomerwalzen vollkommenneue Eigenschaften verleiht.Immer die Menschen im BlickIst allein der berufliche Werdegangvon Dagmar zur Nedden schonbemerkenswert genug, so fragt <strong>man</strong>sich unweigerlich, wie neben demEngagement für die Firma immer auchZeit blieb für vielfältige gesellschaftlicheAktivitäten. So war zur Neddennicht nur jahrelang Mitglied derSynode der Evangelisch-LutherischenLandeskirche Hannover, sondernauch Handelsrichterin am LandgerichtOsnabrück und Vorstandsmitglied derUniversitätsgesellschaft Osnabrück.Soziales Engagement und Verantwortungist für die <strong>Westland</strong>-Geschäftsführerin eine Herzenssache,die nicht vor den Werkstorenendet. In Westerhausen arbeiten beispielsweisemehr als 50 Menschenmit einer körperlichen oder geistigenBehinderung, die hier eine Aufgabegefunden haben. Zur Freude derAngestellten grenzt direkt an dasFirmengelände ein kleiner „Zoo“, indem sich neben Damwild auch allerleiVögel tummeln. Kein Wunder also,dass ein Großteil der Mitarbeiter demUnternehmen über viele Jahre – oftsogar ein ganzes Berufsleben lang –treu bleibt. „Einmal <strong>Westland</strong>, immer<strong>Westland</strong>.“Das gilt auch für Dagmar zur Nedden:Auch wenn sie sich langsamSchritt für Schritt aus dem aktivenGeschäftsleben zurückzieht – ihr SohnGeorg stieg 1995 als GeschäftsführenderGesellschafter ins Unternehmenein – ist ihre Begeisterung fürdie Geschicke des Unternehmensungebrochen. Wer Gelegenheit hatte,sie kürzlich auf der drupa zu treffen,erlebte eine Geschäftsführerin, diefür jeden ein offenes Ohr hat, alleMitarbeiter bestens kennt, vor Ideensprüht, lobt und nachfragt und lacht …Ihr „Erfolgsgeheimnis“ sei eigentlichganz einfach, verrät sie uns: „<strong>Die</strong><strong>Walzen</strong> <strong>muss</strong> <strong>man</strong> <strong>lieben</strong>.“48 Juni / Juli 08 | COATING & CONVERTING | C2 Deutschland

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