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6. Sonntag n. Trinitatis, 07.07.2013 über Jesaja 43

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Predigt am <strong>6.</strong> <strong>Sonntag</strong> nach <strong>Trinitatis</strong>, den <strong>07.07.2013</strong><strong>über</strong> <strong>Jesaja</strong> <strong>43</strong>,1-7Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserm Vater und Herrn JesusChristus. Amen.Liebe Gemeinde,Vor mehreren Jahren haben wir einmal eine Reise nach Frankreichgemacht. Wir kamen damals auch nach Cluny. Im Mittelalter stand dorteine der berühmtesten Klosteranlagen. Die Klosterkirche von Clunywar mehrere Jahrhunderte lang die größte Kirche von Europa.In einem Museum dort zeigt ein Modellbau die weitläufigen Anlagenvon damals.Draußen freilich, kann man die Dimensionen des früheren Baus nurmehr erahnen. Man sieht noch ein paar Steine und ein paarMauerreste. Mehr nicht. Von den einst fünf Türmen der gewaltigenKlosterkirche steht heute nur noch ein Einziger.Ein paar Ruinen also, vielmehr ist nicht geblieben von der einst großenAbtei Cluny.Ich weiß noch, wie ich vor den paar Steinen stand und mir nur schwervorstellen konnte, dass hier mal eine rießige Kirche gestanden habensoll. Ich weiß noch, wie es mich schon irgendwie betroffen machte,dass hier nicht mehr zu sehen ist, wo doch früher soviel da war.„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinemNamen gerufen; du bist mein!“Unser Predigtwort von heute. Passend zum diesem <strong>Sonntag</strong>, wo dieTaufe im Mittelpunkt steht. Denn wie oft habe ich die Zeilen schon alsTaufspruch ausgewählt gehört.Allerdings, fast noch öfter habe ich dieselben Worte bei Beerdigungengehört oder selber gesprochen.Unser Predigtwort von heute. Es sind Worte für unser ganzes Leben.Für den Beginn. Für das Ende. Für unser ganzes Christenleben:„Fürchte dich nicht. Du bist mein!“So spricht Gott. In unserm Predigtwort spricht er so zuerst zu seinemVolk Israel. Zu den Israeliten und die, die standen gerade selberzwischen Trümmern und Ruinen, die standen gerade selber mitten imWiederaufbau.Ich erzähle Ihnen davon:Das Volk Israel war gefangengenommen worden. Die Babylonier undderen König hatten Jerusalem erobert, die Stadt und vor allem denTempel dem Erdboden gleichgemacht und die Bevölkerung gefangenund weggeführt ins ferne Babylon. Viele Jahre leben die Israeliten dort,in der Fremde.Nach mehr als 40 Jahren beendet dann ein anderer König, Kyros vonPersien, die Gefangenschaft der Israeliten. Wer will, der darf jetzt nachJerusalem zurückkehren. Wer möchte, darf Babylon jetzt verlassen.1


Und ein kleiner Rest kehrt tatsächlich in die heilige Stadt zurück. Einpaar Leute aus dem Volk Israel machen sich auf den Weg. - Zu denRuinen und zu den Bruchstücken aus der Vergangenheit. Viel war nichtmehr übriggeblieben vom einstigen religiösen und politischenZentrum. Viel war nicht übriggeblieben von Jerusalem, der altenHeimat.„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst;“ spricht Gott zu denIsraeliten. ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Wenndu durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nichtersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen,und die Flamme soll dich nicht versengen.“So spricht Gott zu den Israeliten, inmitten von Trümmern und Ruinen.Und so langsam fasst sein Volk wieder neuen Mut. So langsam lösen siesich aus der Schockstarre. Und nach und nach fangen sie an und bauenauf den alten Ruinen einen neuen Tempel auf. Und so nach und nachbauen sie auf den alten Trümmern ganz Jerusalem wieder auf.So prachtvoll wie früher sehen die neuen Bauten freilich nicht mehraus. So herrlich, wie der frühere Tempel ist der Neue bei weitem nichtmehr. Und als Zentrum kann man das neuerbaute Jerusalem auch nichtbezeichnen. Aber es gab wieder einen Ort, an dem man beten konnteund es gab wieder Orte, an denen man leben konnte.„Fürchte dich nicht. Du bist nicht nichts, du bist mein.“spricht Gott zu seinem Volk Israel und zu uns - inmitten von Trümmernund Ruinen.Manchmal, da liegen die Trümmer nicht nur vor unseren Augen.Manchmal gleicht ein Mensch selber den Trümmern einer Ruine.Manch einem bleiben nur ein paar Steine an Erinnerungen, ein paarBruchstücke aus der Vergangenheit. Und alles bricht weg, bis nichtsmehr übrigbleibt.So oder so ähnlich erzählte Einer:„Am meisten Angst habe ich davor, dass ich irgendwann im Kopf nichtmehr richtig denken kann. Und am schlimmsten wäre, wenn ich meineFamilie nicht mehr erkennen würde. Dement zu werden, davor habeich am meisten Angst. Davor, dass mir keine Erinnerung mehr bleibtund dass ich nichts mehr alleine entscheiden kann.“„Ich habe dich bei deinem Namen gerufen.“ heißt es im Predigtwort. DieDemenzkrankheit wirkt da wie der absolute Gegensatz dazu: Da weißman keinen Namen mehr, den man rufen könnte. Und wenn man selberbeim Namen gerufen wird, kann man nicht mehr antworten, weil mansich nicht mehr erinnert.2


Nur Bruchstücke, nur ein paar Trümmer bleiben. Und die Angst, dassbald gar nichts mehr ist. Die Angst, dass man selbst bald nicht mehr ist.Wahrscheinlich hilft gegen solche Angst <strong>über</strong>haupt nur Eins. Ich lesenoch ein Stückchen aus unsrem Predigtwort, ein Stückchen GottesWort:„Ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland. Ich habeÄgypten für dich als Lösegeld gegeben, (...), weil du in meinen Augen sowert geachtet und auch herrlich bist und weil ich dich lieb habe. Sofürchte dich nun nicht.“Wahrscheinlich hilft gegen solche Angst nur die Liebe und unserliebevoller Gott, der sagt: „Ich will, dass es dich gibt, so wie du bist.“„Ich will, dass du lebst, so wie du bist, denn genauso bist du mirwertvoll. Weil ich dich lieb habe, sollst du mein sein und zu mirgehören.“Und wir, wir hören es in der Taufe und hoffentlich immer wieder inunsrem ganzen Christenleben lang und <strong>über</strong> unsren Tod hinaus.Du brauchst dich nicht zu fürchten, nicht wenn du durch strömendesWasser gehen musst. Auch nicht, wenn du durchs Feuer gehen musst.Wer so von Gott geliebt ist, wie wir es sind, der braucht sich eigentlichvor nichts zu fürchten. Der kann sich aus der Schockstarre lösen undneuen Mut fassen.Freilich, nicht jede Ruine wird wieder zu einer neuen Burg. VieleTrümmerhaufen werden nicht mehr aufgebaut. Und manche Ängstebleiben, so lange wir leben.Und trotzdem staune ich weiter, was Gottes unbedingter Liebes- undLebenswille hier schon möglich macht.Ich halte ja öfters Gottesdienste in unseren Altenheimen. Stehe dannvor der Gemeinde und blicke in die Gesichter der Senioren – und <strong>über</strong>vielen liegt ein grauer Schleier. Viele bekommen scheinbar nichts mehrmit.Doch dann feiern wir zusammen Gottesdienst, singen die alten Lieder,beten die alten Gebete und auf einmal fügen sich die Bruchstückezusammen. Die einzelnen Steine können wieder zusammengesetztwerden. Und spätestens beim Vater Unser beten sie fast alle mit.Man soll niemals meinen, dass Gott keine Wege mehr findet. Er, der unslieb hat und will, dass wir leben.Amen.Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft bewahre eureHerzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.3

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