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Nahrungsmangel und Hungerkrisen in Äthiopien - Dr. Jasmin Touati

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1Jasm<strong>in</strong> <strong>Touati</strong><strong>Nahrungsmangel</strong> <strong>und</strong> <strong>Hungerkrisen</strong> <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> -Zerstörung traditionaler Produktionssysteme am Beispiel derOgaden-NomadenErschienen <strong>in</strong>: Manfred Gailus; He<strong>in</strong>rich Volkmann (Hrsg.): Der Kampf um dastägliche Brot. <strong>Nahrungsmangel</strong>, Versorgungspolitik <strong>und</strong> Protest 1770-1990.Opladen: Westdeutscher Verlag 1994, S. 434-447.Nach den beiden letzten großen Dürreperioden <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>, Anfang der 1970erJahre <strong>und</strong> Mitte der 1980er Jahre, <strong>in</strong> deren Folge 200 000 bzw. 1 Million Menschenstarben, s<strong>in</strong>d die Ursachen für die <strong>Hungerkrisen</strong> breit diskutiert worden. Nebenklimatischen Faktoren wurden ökologische Degradationsersche<strong>in</strong>ungen, aber auchdie politische Situation als ursächlich für das Ausmaß der Not ausgemacht. Undwieder bahnt sich e<strong>in</strong>e neue Hungerkrise an; so drängte die Ernährungs- <strong>und</strong>Landwirtschaftsorganisation der Vere<strong>in</strong>ten Nationen (FAO) Ende Dezember 1990 auffrühzeitige Aktionen zur Verhütung der sich abzeichnenden Hungersnot, von dernach Schätzungen der britischen Hilfsorganisation "Save the Children" mehr alsvier Millionen Menschen <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> bedroht s<strong>in</strong>d ( 1 ).Wassermangel <strong>und</strong> periodisch auftretende, regional begrenzte Dürren s<strong>in</strong>dkonstituierende Merkmale der Sahelzone. Obwohl die Extremität der Dürren von1973/74 <strong>und</strong> 1984/85 unbestritten ist, reicht sie als Erklärung für diekatastrophalen Folgen nicht aus. Transformationsprozesse ökonomischer <strong>und</strong>sozialer Art haben darüber h<strong>in</strong>aus zur Des<strong>in</strong>tegration traditionaler Sozial- <strong>und</strong>Wirtschaftssysteme geführt, mit der Folge, daß Krisenmanagement <strong>und</strong>Handlungsstrategien, die ehemals <strong>Hungerkrisen</strong> verh<strong>in</strong>derten bzw. milderten, anEffektivität verloren haben oder aufgr<strong>und</strong> externer E<strong>in</strong>wirkungen nicht mehranwendbar s<strong>in</strong>d. Gr<strong>und</strong>züge dieser Entwicklung sollen im folgenden, sowohl <strong>in</strong>ihren Ursachen als auch <strong>in</strong> ihren Auswirkungen, am Beispiel der nomadisierendenBevölkerung im Ogaden-Gebiet <strong>Äthiopien</strong>s, aufgezeigt werden.Nomadismus <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>Legt man offizielle Statistiken zu Gr<strong>und</strong>e, so nimmt der Nomadismus <strong>in</strong> derVolkswirtschaft <strong>Äthiopien</strong>s nur e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle e<strong>in</strong> ( 2 ).Nichtsdestoweniger bildet dieses subsistenzorientierte Produktionssystem <strong>in</strong>se<strong>in</strong>en, je nach Ethnie vielfältigen Ausprägungen, die Lebensgr<strong>und</strong>lage großerBevölkerungsteile <strong>in</strong> den semi-ariden Regionen der Sahel-Zone (so <strong>in</strong> Mali,Senegal, Niger, Burk<strong>in</strong>a Faso, Sudan, Kenya, Somalia <strong>und</strong> Tansania).Im Vielvölkerstaat <strong>Äthiopien</strong>, <strong>in</strong>nerhalb dessen Grenzen 83 Sprachen <strong>und</strong> ca. 200verschiedene Dialekte gesprochen werden, s<strong>in</strong>d es vor allem Teile des Oromo-Volkes, das mit 45 % der Gesamtbevölkerung die größte ethnische Gruppedarstellt, Teile der Tigrebevölkerung <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z Eritrea, sowie dieSomalibevölkerung, die direkt von der nomadischen bzw. semi-nomadischenWirtschaftsweise leben ( 3 ). Mit e<strong>in</strong>er Gesamtbevölkerung von ca. 35 MillionenMenschen ist Athiopien nach Nigeria <strong>und</strong> Ägypten das bevölkerungsreichste LandAfrikas. Insgesamt macht die nomadisierende Bevölkerung <strong>Äthiopien</strong>s e<strong>in</strong>en Anteilvon 10 % der Gesamtbevölkerung aus ( 4 ). Knapp 60 % des äthiopischenStaatsgebietes wird als Weideland genutzt, während lediglich 14,8 % alsAckerfläche genutzt wird ( 5 ).Bei der im Ogaden-Gebiet, <strong>in</strong> den Prov<strong>in</strong>zen Hararghe <strong>und</strong> Bale praktiziertenWanderviehwirtschaftsform handelt es sich hauptsächlich um Vollnomadismus, fürden sich folgende Merkmale zusammenstellen lassen:- Die menschlichen Gruppen leben fast ausschließlich von der Viehhaltung (<strong>in</strong>diesem Fall Kamele, Schafe <strong>und</strong> Ziegen) <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d Eigner des Viehs.- Sie erwerben die nichttierischen Nahrungsmittel durch Tausch, E<strong>in</strong>treiben vonAbgaben oder durch gelegentliche räuberische Überfälle.- Sie nutzen fast auschließlich e<strong>in</strong>fache Unterkünfte wie Zelte <strong>und</strong> transportableHütten; als Transportmittel dienen Tiere.- Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> segmentären L<strong>in</strong>eage-Systemen organisiert, deren Angehörigeökonomisch meist gleichberechtigt, sozial jedoch nach genealogischenKriterien hierarchisch gegliedert s<strong>in</strong>d ( 6 ).


2Die Ogaden-Nomaden s<strong>in</strong>d sozial fest im L<strong>in</strong>eage-System des Somali-Volkesverankert. Sie sprechen die somalische Sprache <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d, wie 99 % derBevölkerung Somalias, sunnitische Moslems.Das somalische Volk ist <strong>in</strong> sechs Gruppen oder "Clan-Familien" unterteilt, diesich wieder <strong>in</strong> drei Segmente (Clan, Primary-L<strong>in</strong>eage, Dia-Pay<strong>in</strong>g-Group)untergliedert ( 7 ). Die Ogadeni gehören zu der Clan-Familie der Darood <strong>und</strong> bildenden Ogaden-Clan. Jedes Individuum nimmt aufgr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Abstammung e<strong>in</strong>en festenPlatz <strong>in</strong> diesem patril<strong>in</strong>ear determ<strong>in</strong>ierten Sozialgefüge e<strong>in</strong>. Die Clans bildenzwar ke<strong>in</strong>e geographischen E<strong>in</strong>heiten, halten sich aber <strong>in</strong> bestimmten Gebietenauf, daher der somalische Name "Ogaden-Gebiet" für die äthiopischen Prov<strong>in</strong>zenHaraghe <strong>und</strong> die Südteile der Prov<strong>in</strong>zen Bale <strong>und</strong> Sidamo. Traditionell bestehenke<strong>in</strong>e exklusiven Rechte auf Weideland, das im Kollektivbesitz ist. Weiderechtewerden vielmehr durch soziale Verträge, die zwischen den Clans ausgehandeltwerden, geregelt.Die unterste ökonomische E<strong>in</strong>heit der somalischen Nomadengesellschaft bildet e<strong>in</strong>eGruppe eng verwandter Kernfamilien bzw. polygamer Familien (reer). Ingeme<strong>in</strong>samen Weidelagern werden Schafe, Ziegen sowie milchgebende Kamele <strong>und</strong>Lastkamele gehalten. Die Weidelager werden <strong>in</strong> der Nähe von Wasserstellenaufgeschlagen <strong>und</strong> vom jeweils ältesten Mann geleitet. Bei täglichenBesprechungen beraten alle erwachsenen Männer über Entscheidungen, die dasWeidelager betreffen (z. B. Verweildauer).Die rassische Vielfalt der Herdentiere <strong>und</strong> die verschiedenen Tierarten stellenunterschiedliche Anforderungen an Weidefutter <strong>und</strong> Wasserversorgung. DiesenBedürfnissen der Herden wird die Sozialstruktur durch e<strong>in</strong> differenziertes Systemder Arbeitsteilung gerecht. So gibt es neben den Weidelagern die sog.Satellitenlager, <strong>in</strong> denen ausschließlich Kamele gehalten werden <strong>und</strong> die ihrenStandort häufiger wechseln als die Weidelager mit den Kle<strong>in</strong>tierherden. DieAnspruchslosigkeit der Kamele ermöglicht es den meist jugendlichen Hütern, dieHerden bis zu e<strong>in</strong>igen h<strong>und</strong>ert Kilometern von Wasserstellen entfernt zu weiden( 8 ).Auch die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung ist <strong>in</strong> der nomadischen Familiestark ausgeprägt. Die Hauptverantwortung für die Produktion <strong>in</strong>nerhalb desWeidelagers tragen die Frauen. Sie s<strong>in</strong>d für die Bewirtschaftung der Schafe <strong>und</strong>Ziegen zuständig, es gehört zu ihren Aufgaben, Material für die Herstellung vonMatten <strong>und</strong> Decken zu sammeln sowie diese anzufertigen; sie sammeln dasFeuerholz, bereiten die Nahrung zu <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d für den Auf- <strong>und</strong> Abbau der mobilenBehausungen (aqal), sowie für deren aufwendige Instandhaltung verantwortlich( 9 ).


( 24 ). Die Militärrregierung leitete e<strong>in</strong>e radikale gesellschaftlicheTransformation e<strong>in</strong>, deren Hauptpfeiler die Verstaatlichung der Industrie <strong>und</strong> dieantifeudale Agrarreform bildete ( 25 ). Bereits am 4. März 1975 trat dieProklamation des Dergue zur Verstaatlichung des Agrarlandes <strong>in</strong> Kraft, derzufolge von Nomaden genutztes Weideland <strong>in</strong> deren Besitz übergehen <strong>und</strong> dieseselbst <strong>in</strong> Verbänden organisiert werden sollten, um e<strong>in</strong>e Kooperation bei derNutzung von Weideland <strong>und</strong> Wasserressourcen herbeizuführen ( 26 ). Die Regierungverpflichtete sich "(...) die Weiden zu verbessern <strong>und</strong> die Nomaden zum Zweckedes Ackerbaus anzusiedeln" ( 27 ). Erklärtes Ziel der Ansiedlung der Nomaden <strong>und</strong>deren Organisation <strong>in</strong> Kooperativen war es, die hohe Bevölkerungsdichte <strong>in</strong> denNordregionen zu verr<strong>in</strong>gern <strong>und</strong> die Landwirtschaft durch Modernisierung <strong>und</strong>Produktivitätssteigerung zu entwickeln ( 28 ).Die Intention, nomadische Völker seßhaft zu machen, hat ihre Wurzeln <strong>in</strong> dergenerellen Wahrnehmung dieser Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialsysteme <strong>in</strong>nerhalb derEliten dieser Länder, die zumeist bäuerlicher Herkunft s<strong>in</strong>d. (Lediglich <strong>in</strong>Somalia <strong>und</strong> Mauretanien s<strong>in</strong>d die Regierenden nicht bäuerlicher Herkunft.) Wieoben bereits erwähnt gehört hierzu die Annahme, Nomaden seien konservativ <strong>und</strong>nicht <strong>in</strong> der Lage, ihre Produktionsweise den Erfordernissen modernerViehwirtschaft anzupassen. Diese Annahme basiert auf e<strong>in</strong>er Vorstellung, die vonder Evolutionstheorie des 19. Jhds. geprägt ist. Die nomadische Lebensweise istdemnach e<strong>in</strong>e Art historisches Fossil; das Endprodukt e<strong>in</strong>er evolutionären L<strong>in</strong>ie,das nicht für Modifikationen zugänglich ist. Die Sedentarisierung verhilft denNomaden zum Sprung <strong>in</strong>s nächste Stadium, der bäuerlichen Produktionsweise; vonhier aus können sie sich zu Städtern <strong>und</strong> Industriearbeitern weiterentwickeln( 29 ).Daß die nomadischen Produktionssysteme sich gerade durch Flexibilitätausgezeichnen, haben wir bereits erläutert, nichtsdestoweniger hält sich dienegative E<strong>in</strong>stellung gegenüber Nomaden hartnäckig <strong>in</strong> den Köpfen der fürEntwicklungsprogramme zuständigen Planer. Die politischen Intentionen, diemittels Seßhaftmachung verfolgt werden, lassen sich folgendermaßengeneralisieren:- Die Nomaden sollen <strong>in</strong> die nationale Gesellschaft <strong>in</strong>tegriert <strong>und</strong> ihrLebensstandard erhöht werden.- Sie sollen ihren Beitrag zur Entwicklung der nationalen Ökonomien leisten( 30 ).Die Seßhaftmachung soll darüber h<strong>in</strong>aus die adm<strong>in</strong>istrative Erfassung sowie dieDurchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols ermöglichen. Letzteres wird vone<strong>in</strong>igen Beobachtern als wesentliches Motiv der meisten Sahelländer ausgemacht,die die Seßhaftmachung propagieren ( 31 ).Bereits unter der Regentschaft Kaiser Haile Selassies ist der Versuch die Awash-Afar Nomaden <strong>in</strong> Nordäthiopien seßhaft zu machen kläglich gescheitert ( 32 ). E<strong>in</strong>enwahren Siedlungsboom erlebte das Land jedoch erst nach der großen Dürre Mitteder 1970er Jahre, <strong>in</strong> deren Folge im August 1974 die halbstaatliche "Relief andRehabilitation Commission" (RRC) gegründet wurde. Sie leitete An- <strong>und</strong>Umsiedlungsprogramme als "long - term solutions to persistent drought <strong>und</strong>population displacement problems" e<strong>in</strong> ( 33 ). 1983 unterstanden der RRC bereits 85Siedlungen, die jedoch nur teilweise dem Ziel der Seßhaftmachung dienten. 7 000Nomaden wurden 1983 auf 15 Siedlungen verteilt <strong>und</strong> machten somit 21 Prozent derumgesiedelten Bevölkerung aus ( 34 ).E<strong>in</strong>e noch ehrgeizigere Umsiedlungsaktion fand 1984/85 statt. Über 600 000 Bauernsollten hier<strong>in</strong> e<strong>in</strong>bezogen werden. Nicht selten wurden Familien gewaltsamause<strong>in</strong>ander gerissen; 100 000 Menschen flohen aus Furcht vor den Umsiedlungen <strong>in</strong>den Sudan; 14 000 Menschen starben während der Aktion ( 35 ).Der Erfolg der Umsiedlungen ist, auch wenn man den Zwangscharakterunberücksichtigt läßt, verschiedenen Ortes bezweifelt worden ( 36 ). Das mit derUmsiedlung <strong>in</strong>tendierte Teilziel der Seßhaftmachung von Nomaden birgt darüberh<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e Problematik sozio-kultureller Art, die <strong>in</strong> Zusammenhang mit denäthiopischen Erfahrungen jedoch kaum diskutiert wurde.Zwangsweise Sedentarisierungen s<strong>in</strong>d bereits vielerorts mit z. T. katastrophalenFolgen durchgeführt worden. Schlee (1982) konstatiert daher, daß es sich beidieser Strategie der Entwicklungspolitik nicht um e<strong>in</strong>en Fortschritt derViehwirtschaft handelt, sondern um deren teilweise Ersetzung. Das PlanungszielSeßhaftmachung richte sich <strong>in</strong> jedem Fall gegen die Wanderhirten ( 37 ).Der ger<strong>in</strong>ge ökonomische Erfolg von Nomadenansiedlungen führt daher auch zurerneuten Aufnahme der Wanderviehwirtschaft durch die Betroffenen, sobald dieklimatischen, politischen <strong>und</strong> ökonomischen Umstände es erlauben. Sollte dieser5


6Weg jedoch verschlossen se<strong>in</strong>, so vermehren die ehemaligen Nomaden oft das Heerder Arbeitslosen <strong>in</strong> den Städten ( 38 ).Hunger <strong>und</strong> ProtestDie Liste der Proteste, Aufstände <strong>und</strong> bewaffneten Ause<strong>in</strong>andersetzungen gegen dieZentralregierungen <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> ist, ebenso wie die sie tragenden Organisationenlang <strong>und</strong> kann <strong>in</strong> diesem Rahmen nicht erschöpfend behandelt werden. Die <strong>in</strong>itialeKraft, die e<strong>in</strong>e Gruppe von Menschen zu e<strong>in</strong>er nationalistischen Bewegung, bzw.e<strong>in</strong>er anderen Befreiungsbewegung verb<strong>in</strong>det ist jedoch, hier schließe ich michder Me<strong>in</strong>ung Markakis' ( 39) an, immer auch materieller Natur. Die politischenKonsequenzen aus dem Bericht über die Ursachen von Hunger werden imSchlußkapitel kurz angesprochen. Die Konflikte am Horn von Afrika als"Hungerproteste" im klassischen europäischen S<strong>in</strong>n zu bezeichnen hieße jedoch,die Relevanz kultureller, psychologischer <strong>und</strong> anderer Faktoren zu negieren <strong>und</strong>würde somit zu kurz greifen.Ist deshalb auch e<strong>in</strong> Beitrag über die <strong>Hungerkrisen</strong> nomadischer Bevölkerungen imKontext der Protestforschung fehl am Platz?Zwei Überlegungen sprechen dagegen: E<strong>in</strong>mal wird der Blick zurückgelenkt auf diedurch menschliches Handeln oder Unterlassen begründeten Ursachen des Hungers <strong>und</strong>die daraus erwachsenden Aufgaben <strong>und</strong> Möglichkeiten, ihn zu bekämpfen - e<strong>in</strong>Zusammenhang, der von der Protestforschung häufig übersehen worden ist. Zumanderen ist die Relevanz, die <strong>Hungerkrisen</strong> für Konflikte <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> hatte,augenfällig. Aufstände hatten <strong>in</strong> der Vergangenheit immer auch ihren Gr<strong>und</strong> <strong>in</strong> derunzureichenden Versorgungslage der Akteure ( 40), <strong>und</strong> <strong>Hungerkrisen</strong> wurden sowohlvon Kaiser Haile Selassie als auch von Mengistu Haile Miriam ausmachtpolitischen Gründen <strong>in</strong>strumentalisiert ( 41).Der klassische Hungerprotest <strong>in</strong> Europa hat zwei Adressaten. Neben denunmittelbaren Zielgruppen - den Aufkäufern, Exporteuren, Verarbeitern, Händlernusw. -,die für den Mangel an Nahrungsmitteln <strong>und</strong> hohe Preise verantwortlichgemacht werden, s<strong>in</strong>d es die örtlichen Honoratioren, vor allem aber die lokalenInstanzen der politischen Adm<strong>in</strong>istration, die Krisenverhütung <strong>und</strong> -steuerung alsihre Aufgabe ansehen <strong>und</strong> <strong>in</strong> Nahrungskonflikten an ihre Pflicht er<strong>in</strong>nert werdenkönnen. Die Motive für die Interventionsbereitschaft dieser Personengruppenkönnen vielfältig se<strong>in</strong>: religiöse Überzeugungen, humanitäre Werthaltungen oderpatriarchales Selbstverständnis, die Sorge, daß Unruhen im eigenenVerantwortungsbereich höheren Orts als Versagen im Amt vermerkt werden könnten,die Furcht, daß Brotrevolten sich zu allgeme<strong>in</strong>eren Übergriffen auf das Eigentumausweiten oder daß die verfügbaren Ordnungskräfte nicht ausreichen, um denProtest zu unterdrücken. In der Vielfalt dieser Motive liegt die Chance derProtestierenden, daß ihre Forderungen aus dem e<strong>in</strong>en oder anderen Gr<strong>und</strong>e positivbeantwortet werden. Ist der Staat <strong>in</strong> der Krisenregion nicht existent oder ist esgerade se<strong>in</strong>e Intervention <strong>in</strong> ursprüngliche wirtschaftliche <strong>und</strong> sozialeZusammenhänge gewesen, die die Hungerkrise ausgelöst hat, wie im Ogaden, dannfällt der Staat als Adressat <strong>und</strong> Korrektiv <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em begrenzten Teilkonflikt aus.Besserung ist dann nur von e<strong>in</strong>em Herrschaftswechsel zu erwarten.Der Widerstand der Nomaden richtete sich daher während der ersten beidenDekaden diesen Jahrh<strong>und</strong>erts direkt gegen die Kolonialmächte. Die Derwish-Bewegung (1899-1920) war unter den somalischen Nomaden e<strong>in</strong>e mächtige politischeBewegung, deren Motivation <strong>und</strong> Legitimität ihren Ausdruck <strong>in</strong> der religiösenIdeologie fand. Gegründet <strong>und</strong> angeführt wurde der Aufstand gegen dieeuropäischen <strong>und</strong> äthiopischen Okkupanten von dem religiösen Führer MohamedAbdille Hassan (1864-1920), dessen Reputation <strong>und</strong> E<strong>in</strong>fluß tribale Grenzenüberw<strong>in</strong>den half, auch wenn er schließlich mehr <strong>und</strong> mehr von der Unterstützungse<strong>in</strong>es eigenen Clans, der Ogadenis abhängig war. Bis heute gilt Mohamed AbdilleHassan, trotz der endgültigen Niederlage, als Vorreiter des Somali-Nationalismus.Aber auch die postkolonialen Regierungen <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong> wurden von e<strong>in</strong>er Vielzahlvon politischen Gruppen bekämpft. Sie def<strong>in</strong>ieren sich selbst über Nationalität,Region, Ethnizität, Klasse oder Religion. Allen geme<strong>in</strong>sam ist jedoch ihrerelative Machtlosigkeit e<strong>in</strong>hergehend mit materieller Deprivation <strong>und</strong> sozialerDiskrim<strong>in</strong>ierung. Im Ogaden Gebiet war es die "West Somalis Liberation Front",die von großen Teilen der hier lebenden Nomaden unterstützt wurde ( 42).Festzuhalten bleibt, daß es wennimmer die Unzufriedenheit über politischeMaßnahmen der Zentralregierung herrschte, <strong>in</strong> fast allen Regionen <strong>Äthiopien</strong>s zurBildung organisierter Oppositionsgruppen kam, die sich meist mit Waffengewalt


7gegen die Regierung auflehnten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Herrschaftswechsel anstrebten.Nahrungsproteste im S<strong>in</strong>ne von aus Europa bekannten Marktrevolten hat es h<strong>in</strong>gegenunter der nomadischen Bevölkerung <strong>Äthiopien</strong>s nicht gegeben. Dies ist <strong>in</strong> dergr<strong>und</strong>sätzlich anderen Funktion des Marktes im Vergleich zu den europäischenMärkten begründet:Auf den Märkten am Horn von Afrika verkauften die Nomaden <strong>und</strong> Bauern den Surplusihrer Subsistenzproduktion. Da die Gr<strong>und</strong>nahrungsmittelversorgung also nichtdurch die Preise auf dem Markt gefährdet wurde, kam es hier auch nichtunmittelbar zu Nahrungsprotesten wie sie aus europäischen Ländern ausTeuerungszeiten <strong>und</strong> <strong>Hungerkrisen</strong> bekannt s<strong>in</strong>d. Protest regte sich vielmehr dann,wenn durch staatliche (koloniale) Politikmaßnahmen die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für dieSubsistenzproduktion geändert <strong>und</strong> deren Existenzfähigkeit dadurch gefährdetwurde. Politikmaßnahmen dieser Art führten regelmäßig, wenn auch nicht alsexklusive Faktoren, zu schwerwiegenden Hungersnöten. Daher richteten sich dieAkteure nicht an den Staat oder andere Honoratioren als regulierende Instanzen,sondern protestierten gegen ihre E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> die bestehenden sozio-ökonomischenStrukturen.Zusammenfassung <strong>und</strong> PerspektivenDas Gleichgewicht zwischen menschlicher <strong>und</strong> tierischer Bevölkerung wurde imOgadengebiet durch ökologische Faktoren (Knappheit <strong>und</strong> Unregelmäßigkeit derNiederschlagsmenge; Knappheit von Oberflächenwasser; Trockenheit <strong>und</strong>Tierkrankheiten) <strong>und</strong> durch soziale Mechanismen wie die räumliche <strong>und</strong>organisatorische Aufteilung der Herden <strong>und</strong> Arbeitskräfte, die rationale Nutzungder Weideflächen <strong>und</strong> durch das ger<strong>in</strong>ge Bevölkerungswachstum sichergestellt. DerNomadismus gilt daher als bestmögliche Anpassung an die ökologischenGegebenheiten <strong>in</strong> diesem ariden Gebiet.Der traditionale Nomadismus bef<strong>in</strong>det sich heute <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wandel, der durchKommerzialisierung, koloniale Grenzziehung <strong>und</strong> die Nomaden- <strong>und</strong>M<strong>in</strong>derheitenpolitik <strong>Äthiopien</strong>s hervorgerufen wurde. Die Logik der traditionalenWirtschafts- <strong>und</strong> Sozialsysteme wurde durch diesen Wandel aufgebrochen ohne durche<strong>in</strong> angemessenes System ersetzt werden zu können. Als Folge entstand e<strong>in</strong>enomadische Gesellschaft, deren Existenzfähigkeit abnimmt <strong>und</strong> deren Anfälligkeitfür <strong>in</strong> immer kürzeren Zeitabständen auftretende Dürren, zunimmt. So g<strong>in</strong>gen z. B.durch die koloniale Grenzziehung Weidegebiete verloren <strong>und</strong> die regionaleMobilität der Nomaden wurde e<strong>in</strong>geschränkt. Dies hatte zur Folge, daß dieBevölkerung <strong>und</strong> ihre Herden auf die übrig gebliebenen Weidegebietezurückgedrängt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Überweidung hierdurch Vorschub geleistet wurde. Dengleichen Effekt hat die Aufhebung traditionaler kollektiver Landnutzungsrechtedurch den Staat, der große Gebiete zur Weiterentwicklung der Agrarwirtschaftbeanspruchte.Der fortschreitenden Des<strong>in</strong>tegration des nomadischen Produktionsystems <strong>und</strong>Lebensstils mit ihren für die Betroffenen verhängnisvollen Folgen, kann u. E.nur durch gezielte Projekte E<strong>in</strong>halt geboten werden. Programme zur Entwicklungdes nomadischen Sektors s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Ostafrika neben <strong>Äthiopien</strong> (Livestock DevelopmentProjects) auch <strong>in</strong> Somalia (Trans-Juba Project/Central Rangelands Project), Kenia(Masai Livestock and Range Management Program) <strong>und</strong> Tansania (Tanzanian LivestockMarket<strong>in</strong>g and Development Project) durchgeführt worden. In se<strong>in</strong>er detaillertenAnalyse dieser Projekte kommt Bennett (1984) zu dem Schluß, daß die <strong>in</strong> allenFällen entäuschenden Ergebnisse auf unzureichende Vorstudien <strong>und</strong> damit demmangelnden Wissen der Planer bezüglich der Funktionsweise der nomadischenWirtschafts- <strong>und</strong> Sozialstruktur zurückzuführen seien. Bei zukünftigen Projektensei zu berücksichtigen, daß die Viehproduktion sich <strong>in</strong> authentischenmenschlichen Geme<strong>in</strong>schaften vollziehe, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Änderung der Produktionszielegleichzeitig e<strong>in</strong>e Änderung der sozialen Basis erfordere ( 43). Daß es sich hierbeium e<strong>in</strong> schwieriges Unterfangen handelt, dokumentieren ungezählte Bemühungenafrikanischer Regierungen, die bereits fehlgeschlagen s<strong>in</strong>d ( 39 ). Voraussetzungfür e<strong>in</strong>e Entwicklung, die die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln <strong>und</strong> dieBefriedigung elementarer Gr<strong>und</strong>bedürfnisse der Masse der Bevölkerung zum Zielhat, ist jedoch die Befriedung der gesamten Region.Nach dem Sturz der Diktatoren Mengistu Haile Mariam im Mai 1991 <strong>und</strong> MohamedSiyad Barre im Januar 1991 bef<strong>in</strong>den sich <strong>Äthiopien</strong> <strong>und</strong> Somalia <strong>in</strong>gesellschaftspolitischen Umbruchprozessen. Während die Interimsregierung<strong>Äthiopien</strong>s unter dem Führer der siegreichen "Äthiopischen RevolutionärenDemokratischen Front" (EPDRF) Meles Zenawi, auf dem Verhandlungsweg dieKonsolidierung der politischen Strukturen des Landes mit den anderen relevantenBefreiungsbewegungen anstrebt, ist <strong>in</strong> Somalia die Beendigung des immer nochanhaltenden Bürgerkrieges nicht <strong>in</strong> Sicht ( 40 ).


In den vergangenen Jahrzehnten hat die Ost-West-Rivalität die Krisen am Horn vonAfrika angefacht, dies hat sich seit dem Ende des "Kalten Krieges" wesentlichgeändert. Im H<strong>in</strong>blick auf die Beendigung der Konflikte gibt es heute ke<strong>in</strong>ewesentlichen Differenzen mehr zwischen den USA <strong>und</strong> der UdSSR, allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>dsie auch wenig geneigt sich energisch hierfür e<strong>in</strong>zusetzen ( 41 ). Durch dentiefgreifenden Wandel des <strong>in</strong>ternationalen Kontextes ist Afrika <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e direkteKonkurrenz mit Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa um wirtschaftliche Unterstützung <strong>und</strong>Zusammenarbeit getreten. Im Interesse Afrikas <strong>und</strong> Europas bleibt zu hoffen, daßdie Industrienationen sich nicht aus Afrika zurückziehen, denn die: "(...)sogenannten global challenges (Umwelt <strong>und</strong> die Auswirkungen der Massenarmut:Nord-Süd-Migration, <strong>Dr</strong>ogenhandel, Terrorismus etc.) werden früher oder spätere<strong>in</strong>e andere Politik erzw<strong>in</strong>gen. Später könnte dann allerd<strong>in</strong>gs zu spät se<strong>in</strong>" ( 42 ).8


9LiteraturverzeichnisAsh<strong>in</strong>e, Aberra, Aufstellung der <strong>in</strong>neren entwicklungshemmenden Faktoren <strong>in</strong><strong>Äthiopien</strong> als Beitrag zur regionalen Entwicklungsplanung am Beispiel derProv<strong>in</strong>z Wollega, Diss.,Berl<strong>in</strong> 1979Chole, Eishetu /Teshome Mulat, Land Settlement <strong>in</strong> Ethiopia, <strong>in</strong>: A. S. Oberai(Hrsg.): Land Settlement Policies and Population Redistribution <strong>in</strong>Develop<strong>in</strong>g Countries, New York 1988Bitima, Tamene/Jürgen Steuber, Die ungelöste nationale Frage <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>,Frankfurt a. M. 1983Bennett, John W., Political Ecology and Development Projects affect<strong>in</strong>gPastoralist Peoples <strong>in</strong> East Africa, Wiscons<strong>in</strong> 1984Benz<strong>in</strong>g, Brigitta/Kahsai Wolde-Giorgis, Das neue <strong>Äthiopien</strong>, Köln 1980Brüne, Stefan, <strong>Äthiopien</strong> - Unterentwicklung <strong>und</strong> radikale Militärherrschaft,Hamburg 1986Brüne, Stefan/Volker Matthies (Hrsg.), Krisenregion Horn von Afrika, Hamburg1990B<strong>und</strong>t, Christian/Gertrud Heiland/Hartmut Lang/Rudolf Mathias/Sab<strong>in</strong>ePoppe/Günther Schlee/Ula Stemler, Wo ist "vorn"? - S<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Uns<strong>in</strong>nentwicklungspolitischen E<strong>in</strong>greifens bei ostafrikanischen Hirtennomaden,<strong>in</strong>: Sociologus, 29. Jg- 1979, H. 1. S. 21-59Dahl, Gudrun: Production <strong>in</strong> Pastoral Societies, <strong>in</strong>: Galaty, John G./DanAronson/Philip Carl Salzmann/Amy Chou<strong>in</strong>ard (Hrsg.), The Future of PastoralPeoples, Proceed<strong>in</strong>gs of a Conference held <strong>in</strong> Nairobi, Kenya, 4 - 8 August1980, Ottawa 1981Farah Mohamed, Ahmed/Jasm<strong>in</strong> <strong>Touati</strong>, Sedentarisierung von Nomaden - Chancen <strong>und</strong>Gefahren e<strong>in</strong>er Entwicklungsstrategie am Beispiel Somalias, BielefelderStudien zur Entwicklungssoziologie, Bd 48, Saarbrücken/Fort Lauderdale1991F<strong>in</strong>ancial Times, 5.10.1990; 30.12.1990Galaty, John G./Dan Aronson/Philip Carl Salzmann/Amy Chou<strong>in</strong>ard (Hrsg.), TheFuture of Pastoral Peoples, Proceed<strong>in</strong>gs of a Conference held <strong>in</strong> Nairobi,Kenya, 4 - 8 August 1980, Ottawa 1981Giorgis, Dawit Wolde, Red Tears - War, Fam<strong>in</strong>e and Revolution <strong>in</strong> Ethiopia, NewJersey 1989Glucksmann, Andre/Thierry Wolton, Politik des Schweigens - H<strong>in</strong>tergründe derHungerkatastrophe <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>, Stuttgart 1987Göricke, Fred F., Revolutionäre Agrarpolitik <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>, Saarbrücken 1977Hurni, Hans, Agrarentwicklung <strong>und</strong> Umweltprobleme <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>, <strong>in</strong>:Brüne/Matthies (Hrsg.): Krisenregion, Hamburg 1990, S. 91-106Janssen, Volker, Politische Herrschaft <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>, Freiburg 1976Khapoya, V<strong>in</strong>cent B., Historical Orig<strong>in</strong>s of the Refugee Problem, <strong>in</strong>: Horn ofAfrica, Vol. V No. 1, 1982, S. 29-31Kühne, W<strong>in</strong>rich, Afrika nach dem Ende des Ost-West-Konflikts - Die Notwendigkeitzu e<strong>in</strong>em "Neuen Realismus", <strong>in</strong>: Afrika Spectrum, H.2 1990, S. 139-166Lachenmann, Gudrun, Ökologie <strong>und</strong> Sozialstruktur im Sahel, <strong>in</strong>: Afrika Spectrum,1984, H.3. S. 201-230)- dies., Ökologische Krise <strong>und</strong> sozialer Wandel <strong>in</strong> afrikanischen Ländern,Saarbrücken 1990


10Lewis, Ian Myrdal: A Pastoral Democracy, London 1961- ders., The Ogaden and the Fragility of Somali Segmentary Nationalism, <strong>in</strong>: Hornof Africa, Vol. XIII No. 1+2, 1990, S. 55-61Markakis, John: National and Class Conflict <strong>in</strong> the Horn of Africa, CambridgeUniv. Press. 1989Matthies, Volker, Das "Horn von Afrika" <strong>in</strong> den <strong>in</strong>ternationalen Beziehungen,München 1976- ders., Der Eritrea - Konflikt, Hamburg 1981Sahleh Mohamed, Abdul Kader, Die Afar - Saho Nomaden <strong>in</strong> Nord - Ost - Afrika,Diss., Münster 1984Schlee, Günther, Zielkonflikte <strong>und</strong> Zielvere<strong>in</strong>heitlichung zwischenEntwicklungsplanung <strong>und</strong> Wanderhirten <strong>in</strong> Ostafrika, <strong>in</strong>: Scholz/Janzen(Hrsg.), Nomadismus, Berl<strong>in</strong> 1982, S. 97-110Scholz, Fred/Jörg Janzen (Hrsg.), Nomadismus - E<strong>in</strong> Entwicklungsproblem?,Abhandlungen des geographischen Instituts Anthropogeographie, Bd. 33,Berl<strong>in</strong> 1982Wais, Ismail, An Account of the Colonial Experience of the Western Somalis, <strong>in</strong>:Horn of Africa, Vol. IV No. 4, 1981/82, S. 23-29


11123456789101112131415161718192021222324F<strong>in</strong>ancial Times 5.10.1990; 30.12.1990.Zur Begriffsbestimmung "Nomadismus" siehe Fred Scholz, E<strong>in</strong>leitung <strong>in</strong>: FredScholz/Jörg Janzen (Hrsg.), Nomadismus - E<strong>in</strong> Entwicklungsproblem?, Berl<strong>in</strong>1982, S. 2.Aberra Ash<strong>in</strong>e, Aufstellung der <strong>in</strong>neren entwicklungshemmenden Faktoren <strong>in</strong><strong>Äthiopien</strong> als Beitrag zur regionalen Entwicklungsplanung am Beispiel derProv<strong>in</strong>z Wollega, Berl<strong>in</strong> 1979, S. 90.Eishetu Chole/Teshome Mulat, Land Settlement <strong>in</strong> Ethiopia, <strong>in</strong>: A. S. Oberai(Hrsg.): Land Settlement Policies and Population Redistribution <strong>in</strong>Develop<strong>in</strong>g Countries, New York 1988.Ebd. S. 161.Vgl. Fred Scholz, E<strong>in</strong>führung, <strong>in</strong>: Scholz/Janzen, Nomadismus (Anm. 1), S. 1-8).Zur Beschreibung der sozialen Organisation verwenden wir im folgenden dieTerm<strong>in</strong>ologie Ian Myrdal Lewis' (ders.: A Pastoral Democracy, London 1961).Bereits im Alter von 7 bis 8 Jahren werden die Jungen zum Hüten der Kamele<strong>in</strong> den Satellitenlagern herangezogen. Hier erlernen sie die "Kunst derKamelbewirtschaftung": die Versorgung des Viehs, sie lernen ihre Wasser<strong>und</strong>Weidebedürfnisse kennen, welches Futter schädlich ist <strong>und</strong> vermiedenwerden muß usw. (vgl. Lewis, Democracy, (Anm. 6), S. 75).Vgl. Lewis, Democracy (Anm. 6).Vgl. John G. Galaty/Dan Aronson/Philip Carl Salzmann/Amy Chou<strong>in</strong>ard (Hrsg.),The Future of Pastoral Peoples, Ottawa 1981, S. 199.Vgl. Gudrun Dahl, Production <strong>in</strong> Pastoral Societies, <strong>in</strong>: ebd. S. 204 f.Christian B<strong>und</strong>t/Gertrud Heiland/Hartmut Lang/Rudolf Mathias/Sab<strong>in</strong>ePoppe/Günther Schlee/Ula Stemler, Wo ist "vorn"? - S<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Uns<strong>in</strong>nentwicklungspolitischen E<strong>in</strong>greifens bei ostafrikanischen Hirtennomaden, <strong>in</strong>:Sociologus, 29. Jg- 1979, H. 1. S. 29.Ebd., S. 45.Vgl. Gudrun Lachenmann, Ökologische Krise <strong>und</strong> sozialer Wandel <strong>in</strong>afrikanischen Ländern, Saarbrücken 1990, S. 156.Zu den Implikationen der Kommerzialisierung e<strong>in</strong>er Wanderviehwirtschaftsiehe: Ahmed Farah Mohamed/Jasm<strong>in</strong> <strong>Touati</strong>, Sedentarisierung von Nomaden,Saarbrücken 1991.Zur kolonialen Vorgeschichte des Grenzkonflikts <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalenDimension siehe: Stefan Brüne/Volker Matthies (Hrsg.), Krisenregion Hornvon Afrika, Hamburg 1990; Volker Matthies, Das "Horn von Afrika" <strong>in</strong> den<strong>in</strong>ternationalen Beziehungen, München 1976; V<strong>in</strong>cent B. Khapoya, HistoricalOrig<strong>in</strong>s of the Refugee Problem, <strong>in</strong>: Horn of Africa , Vol V No. 1, 1982, S.29-31.E<strong>in</strong>e Darstellung der restriktiven Politik <strong>Äthiopien</strong>s gegenüber dersomalischen Bevölkerung f<strong>in</strong>det sich bei: Ismail Wais, An Account of theColonial Experience of the Western Somalis, <strong>in</strong>: Horn of Africa, Vol. IV No.4, 1981/82, S. 23-29.Vgl. Matthies, Beziehungen, (Anm. 15), S. 28.Vgl. Wais, Colonial Experience (Anm. 16).Ion Myrdal Lewis, The Ogaden and the Fragility of Somali SegmentaryNationalism, <strong>in</strong>: Horn of Africa, Vol. XIII, No. 1+2 1990, S. 55-61.Volker Janssen, Politische Herrschaft <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>, Freiburg 1976, S. 219.Siehe auch: Volker Matthies, Der Eritrea - Konflikt, Hamburg 1981; TameneBitima/ Jürgen Steuber, Die ungelöste nationale Frage <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>,Frankfurt a. M. 1983; John Markakis, National and Class Conflict <strong>in</strong> theHorn of Africa, Cambridge Univ. Press 1989.Die Bauern führten 75 % ihrer landwirtschaftlichen Produktion ab; 2 % derBevölkerung kontrollierte mehr als drei Viertel der landwirtschaftlichenNutzflächen (Stefan Brüne, <strong>Äthiopien</strong> - Unterentwicklung <strong>und</strong> radikaleMilitärherrschaft, Hamburg 1986 , S. 74).Ebd., S. 88.


1225Zur Implementierung <strong>und</strong> Durchführung der revolutionären Agrarpolitik siehe:Fred F. Göricke, Revolutionäre Agrarpolitik <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>, Saarbrücken 1977.26Vgl. Brigitta Benz<strong>in</strong>g/Kahsai Wolde-Giorgis, Das neue <strong>Äthiopien</strong>, Köln 1980,S. 71.27Ebd., S. 71.28Chole/Mulat, Land Settlement (Anm. 3), S. 164.29Vgl. John W. Bennett, Political Ecology and Development Projects affect<strong>in</strong>gPastoralist Peoples <strong>in</strong> East Africa, Wiscons<strong>in</strong> 1984, S. 35.30Ebd., S. 36.31So z.B. Gudrun Lachenmann, Ökologie <strong>und</strong> Sozialstruktur im Sahel, <strong>in</strong>: AfrikaSpectrum, H.3. 1984, S. 201-230.32Vgl. Abdul Kader Sahleh Mohamed, Die Afar-Saho Nomaden <strong>in</strong> Nord-Ost-Afrika,Diss., Münster 1984.33Zit. nach Chole/Mulat, Land Settlement (Anm. 3), S. 167.34Ebd., S. 169.35Vgl. Hans Hurni, Agrarentwicklung <strong>und</strong> Umweltprobleme <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>, <strong>in</strong>:Brüne/Matthies (Hrsg.): Krisenregion (Anm. 5), S. 91-106; AndreGlucksmann/Thierry Wolton, Politik des Schweigens, Stuttgart 1987, S. 21f.36Vgl. Hans Hurni, Agrarentwicklung <strong>und</strong> Umweltprobleme <strong>in</strong> <strong>Äthiopien</strong>, <strong>in</strong>:Brüne/Matthies, Krisenregion (Anm. 15); Glucksmann/Wolton, Politik desSchweigens (Anm. 34); Brüne, <strong>Äthiopien</strong> (Anm. 15).37Günther Schlee, Zielkonflikte <strong>und</strong> Zielvere<strong>in</strong>heitlichung zwischenEntwicklungsplanung <strong>und</strong> Wanderhirten <strong>in</strong> Ostafrika, <strong>in</strong>: Scholz/Janzen,Nomadismus (Anm. 1), S. 97-110.38Vgl. Farah Mohamed/<strong>Touati</strong>, Sedentarisierung (Anm. 14).39Vgl. Markakis, Class Conflict, (Anm. 22), E<strong>in</strong>leitung.40 Vgl. ebd., z.B. die Ogaden Rebellion 1963 (S. 169), Rebellion <strong>in</strong> Bale <strong>und</strong>Sidamo 1963-68 (S. 191). Sowie die bewaffneten Kämpfe der verschiedenenBefreiungsbewegungen während der Dürreperioden Mitte der 1970er <strong>und</strong> 1980erJahre.41 Kaiser Haile Selassie versuchte während der Hungersnot Anfang der 1970er Jahreden Tod von h<strong>und</strong>erttausenden Äthiopiern vor der Weltöffentlichkeit <strong>und</strong> vorallem der städtischen Bevölkerung zu verheimlichen. Die Aufklärung derBevölkerung Addis Abbebas über das Leid der ländlichen Bevölkerung durchden Dergue gilt als letzte Vorbereitung des Sturzes des Kaisers der somitendgültig diskreditiert wurde (vgl. Dawit Wolde Giorgis, Red Tears, NewJersey 1989, S. 15). Mengistu Haile Miriam negierte <strong>in</strong> den achtziger Jahrendie Hungersnot gleichfalls um die aufwendigen Feiern zum zehnten Jahrestagder Revolution (1984) ungestört begehen zu können (ebd., S. 121 ff.)42 Inwieweit die Befreiungsfront der westlichen Somali (WSLF) jemals mehr war alse<strong>in</strong> verlängerter Arm Somalias <strong>und</strong> wie authentisch der Anspruch aufSelbstbestimmung war, ist umstritten. Als 1981 die <strong>in</strong>ternationaleFlüchtl<strong>in</strong>gshilfe für Somalia e<strong>in</strong>geschränkt wurde, wurde die WSLF praktischgelähmt.43 Vgl. Bennett, Political Ecology, (Anm. 29), S. 138).39Vgl. Walter Goldschmidt, The Failure of Pastoral Economic DevelopmentProgrammes <strong>in</strong> Africa, <strong>in</strong>: Galaty/Aronson/Salzmann/Chou<strong>in</strong>ard, The Future(Anm. 9), S. 101-108.40Heute sehen sich die ehemaligen Ogaden-Nomaden, die im Laufe der Zeit e<strong>in</strong>eBleibe <strong>in</strong> Süd-Somalia gef<strong>und</strong>en haben, vor e<strong>in</strong> neues Problem gestellt:aufgr<strong>und</strong> ihrer ehemals engen politischen Zusammenarbeit mit dem gestürztenPräsidenten Mohamed Siyad Barre, werden sie nun von den anderen, nachtribalistischen Pr<strong>in</strong>zipien organisierten Oppositionsbewegungen als Fe<strong>in</strong>debetrachtet <strong>und</strong> massenhaft aus ihren Häusern bzw. den Flüchtl<strong>in</strong>gslagernvertrieben.41Vgl. W<strong>in</strong>rich Kühne, Afrika nach dem Ende des Ost-West-Konflikts - DieNotwendigkeit zu e<strong>in</strong>em "Neuen Realismus", <strong>in</strong>: Afrika Spectrum, H. 2, 1990,S. 139-166.42Ebd., S. 165, Hervorhebung im Orig.

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