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Das Baby im Arm – die Zukunft in der Hand - Amie

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| Migros-Magaz<strong>in</strong> | Nr. 47, 21. November 2011 | leben | familie| 83<strong>Das</strong> <strong>Baby</strong> <strong>im</strong> <strong>Arm</strong>,<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hand</strong>Wer früh Mutter wird, verpasst oft den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong>s Erwerbsleben. Mit Hilfe des Projekts <strong>Amie</strong>schaffen Frauen wie Daniela Dubach o<strong>der</strong> Esmaidelyn Nuñez den Sprung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Beruf,mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können und <strong>der</strong> ihnen auch noch Freude macht.Esmaidelyn Nuñez (22) war 17 Jahrealt und mitten <strong>in</strong> ihrem ersten Praktikumals Pflegeassistent<strong>in</strong>, als ihrFrauenarzt be<strong>im</strong> rout<strong>in</strong>emässigen Abtasten<strong>der</strong> Gebärmutter sagte: «Da istetwas dr<strong>in</strong>.» Den Rest habe sie nichtmehr mitbekommen, sagt <strong>die</strong> Basler<strong>in</strong>.Nach dem ersten Schock über <strong>die</strong>Schwangerschaft freuten sich <strong>die</strong> jungeFrau und ihr damals 19-jähriger Freundauf das <strong>Baby</strong>. Die beiden suchten nache<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Wohnung und bildetendrei Jahre lang e<strong>in</strong>e zufriedeneKle<strong>in</strong>familie. <strong>Das</strong> E<strong>in</strong>kommen des jungenVaters als selbständiger Gastrounternehmerreichte knapp zum Leben.«Doch vor an<strong>der</strong>thalb Jahren hat er unsverlassen», erzählt Esmaidelyn. Ihr geme<strong>in</strong>samerSohn Marquis ist heute vier,und se<strong>in</strong>e alle<strong>in</strong>erziehende Mutter machte<strong>in</strong>e Berufslehre als Büroassistent<strong>in</strong>.Je<strong>der</strong> Tag ist e<strong>in</strong>e Zerreissprobe.K<strong>in</strong>d, Arbeit, Schule!Esmaidelyn legt ihren Blazer ab undsetzt sich müde an den Tisch. Seit sie <strong>im</strong>August <strong>die</strong> Lehre <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Basler Fotostudiobegonnen hat,ist ihr Alltag tägliche<strong>in</strong> Kraftakt. Dreie<strong>in</strong>halbTage arbeitet sie,e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Tage proWoche besucht sie<strong>die</strong> <strong>Hand</strong>elsschule.Frühmorgens br<strong>in</strong>gtsie ihren Sohn Marquis<strong>in</strong>s Tageshe<strong>im</strong> und eilt zur Arbeit.Nach e<strong>in</strong>em langen Tag <strong>im</strong> Büro holt sieden Vierjährigen ab, bereitet das Abendessenzu und spielt mit dem K<strong>in</strong>d. WennMarquis <strong>im</strong> Bett liegt, fängt <strong>die</strong> Nachtarbeitan: Esmaidelyn büffelt für <strong>die</strong> Prüfungen,manchmal bis Mitternacht. «Ichb<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e starke Person», sagt sie, «aberich b<strong>in</strong> schon extrem erschöpft. Manch-mal frage ich mich, warum ich mir dasantue.»Esmaidelyns Mutter zog kurz nach <strong>der</strong>Geburt ihres Enkels zurück <strong>in</strong> <strong>die</strong> Dom<strong>in</strong>ikanischeRepublik, ihr Herkunftsland.Esmaidelyn pendelte fortan zwischen<strong>der</strong> Karibik und <strong>der</strong> Schweiz, lebte jeweilse<strong>in</strong> paar Monate <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dom<strong>in</strong>ikanischenRepublik und e<strong>in</strong> paar Monate <strong>in</strong>Basel. Dann hatte sie plötzlich genugvom Nichtstun. «Drei Jahre lang habe ichnur W<strong>in</strong>deln gewechselt, während an<strong>der</strong>ee<strong>in</strong>e Lehre machten und arbeiteten»,sagt Esmaidelyn. «Ich hatte genugdavon, als faule junge Mutter zu gelten.Ich wollte festen Boden unter den Füssenund me<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Hand</strong> nehmen.»«Ich hatte genugdavon, als fauleMutter zu gelten.»Esmaidelyn Nuñez (22)Also zog sie def<strong>in</strong>itiv zurück <strong>in</strong> <strong>die</strong>Schweiz, meldete sich bei <strong>der</strong> Sozialhilfean und entdeckte dort e<strong>in</strong> Informationsplakatvon <strong>Amie</strong>. «<strong>Amie</strong> war me<strong>in</strong>e letzteChance.» Während des e<strong>in</strong>jährigen<strong>Amie</strong>-Kurses frischte Esmaidelyn ihrSchulwissen auf, erhielt Unterstützungbei <strong>der</strong> Lehrstellensuche und e<strong>in</strong>en Krippenplatzfür ihren Sohn.Nach 15 Absagen hat EsmaidelynNuñez e<strong>in</strong>e Lehrstelle bekommenIn Gruppengesprächen mit den an<strong>der</strong>enTeilnehmer<strong>in</strong>nen setzte sie sich mit ihrerSituation ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und sprach mit<strong>der</strong> Familientherapeut<strong>in</strong> L<strong>in</strong>da Altherrüber Erziehungsthemen. Ausserdem<strong>Amie</strong> ‒ e<strong>in</strong> Basler Projekt mitnationaler AusstrahlungSeit 2007 ermöglicht das Projekt <strong>Amie</strong> <strong>in</strong> Baseljungen Müttern, <strong>die</strong> von <strong>der</strong> Sozialhilfe abhängigs<strong>in</strong>d und kaum familiäre Unterstützunghaben, den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong>s Berufsleben. Der Kursdauert e<strong>in</strong> Jahr und bietet Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g,Berufsberatung, Auffrischungdes Schulstoffs sowie Unterstützung <strong>in</strong>Erziehungs fragen. Die Frauen erhalten be<strong>im</strong>Basler Frauenvere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Krippenplatz für ihreK<strong>in</strong><strong>der</strong> und werden während <strong>der</strong> Berufslehre<strong>in</strong>dividuell weiterbegleitet. Da <strong>der</strong> Kurs vomSozialamt bezahlt wird, steht er nur Sozialhilfebeziehenden Müttern offen. <strong>Das</strong> soll sich dankdem engagement von Stiftungen bald än<strong>der</strong>n.bisher hat <strong>Amie</strong> 64 Frauen zwischen 16 und 26Jahren begleitet. Im Sommer 2011 haben <strong>die</strong>ersten Frauen e<strong>in</strong>e Lehre abgeschlossen undden Absprung aus <strong>der</strong> Sozialhilfegeschafft. <strong>Das</strong> Projekt soll schweizweit Schulemachen. Anfang 2012 lanciert das SchweizerischeArbeiterhilfswerk «<strong>Amie</strong> Zürich». AnfangNovember diskutierten Schweizer Sozialhilfe-stellen an e<strong>in</strong>er Fachtagung <strong>in</strong> Basel übermöglichkeiten, mehr junge Mütter zu erreichen.www.amie-basel.chwww.sah-zh.chFamilientherapeut<strong>in</strong> L<strong>in</strong>da Altherr diskutiertmit jungen Müttern über Erziehung.

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