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Werkzeugkasten - Sketching at Work

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Werkzeugkiste | 34. Erfolgspfade | Martin J. EpplerWerkzeugkiste34. System<strong>at</strong>isch Routinen brechen:Die Methode der Erfolgspfade für die Ideenentwicklungin TeamsWie macht man das? Wie kann man so eine Methode an wenden? In der Hitliste der Fragen und Wün sche, die uns alsBer<strong>at</strong>er wie Re dakteure erreichen, steht die nach Um set zungs-Know-how ganz oben. Wir wollen mit dieser Rub rik dazubeitragen, dass sich Bera tungs tätigkeit und Veränderungs arbeit in Organis<strong>at</strong>ionen fundiert und pro fessionalisiert.Zielgruppe ist der stets wachsende Kreis un serer Leserinnen und Leser, die das Tätigkeitsfeld des Change Ma na ge mentsund der Organisa ti ons be ra tung für sich neu erarbeiten und dafür Unterstützung su chen. Unser <strong>Werkzeugkasten</strong> wirdkeine einfachen P<strong>at</strong>ent lö sun gen für kom plexe Interventions pro ble me bieten, sondern den Kontext und Anwendungsspezifikader Me tho den verdeutlichen. Letztlich liegt die Verantwortung beim An wender selbst. Dieser muss entscheiden,in welcher Do sie rung, zu welchem Zeitpunkt und mit welch eigener Kom petenz und Si cherheit er das Instrumenteinsetzt.Menschen in Organis<strong>at</strong>ionen haben meist nicht den Luxus, aufdie geniale Idee für ein anstehendes Problem warten zu könnenoder einfach auf den passenden Einfall beim Joggen, Cafétrinken oder Autofahren zu vertrauen. Sie benötigen gute Ideenauf Abruf – während einer Sitzung, bei der Arbeit im Projektteamoder auf dem Weg zum Kunden. Viele Organis<strong>at</strong>ionenverwenden dazu die Methode des Brainstormings: Sie setzensich in der Gruppe zusammen und nennen zügig so viele Ideenwie möglich, ohne diese zu kommentieren oder zu bewerten.Unsere Forschung zeigt, dass diese Form von Brainstormingdie zurzeit (mit großem Abstand) bekannteste und ammeisten genutzte Kre<strong>at</strong>ivitätstechnik im Management ist. Sieist jedoch leider auch keine optimale Ideengenerierungsmethode,wie zahlreiche Studien eindrücklich belegen (z.B. Connollyet al. 1993 oder Paulus & Nijstad 2003).Warum ist Brainstorming keine geeignete Kre<strong>at</strong>ivitätsmethode und was sind kre<strong>at</strong>ive Mechanismen, die am Arbeitspl<strong>at</strong>zfunktionieren? Wie kann man diese Mechanismen einfachund system<strong>at</strong>isch einsetzen? Wie schafft man es, system<strong>at</strong>ischaus alten Denkmustern auszubrechen und das Neue zuzulassen?Mit der Werkzeugkiste zur Erfolgspfadmethode (Englisch:P<strong>at</strong>hs to Success) wollen wir diese Fragen beantworten.82 Organis<strong>at</strong>ionsEntwicklung Nr. 1 |2013


Martin J. Eppler | 34. Erfolgspfade | Werkzeugkisteund wie? Wie würde z.B. Google Ihr Problem lösen? Waskön nen Sie von Roger Federer lernen für Ihr Ziel? Was kannman sich aus der Pflanzenwelt abschauen und es auf IhrProblem übertragen? Überlegen Sie sich mindestens dreiderartige Analogien und teilen Sie diese anschließend imPlenum. Streichen Sie auch hier wieder die beste Idee mitdem Marker an.5. BARRIEREN: Zeichnen Sie drei kleine Kreise zwischen St<strong>at</strong>us-quound Ziel. Auf der Rückseite des A3-Bl<strong>at</strong>tes schreibenSie nun Kandid<strong>at</strong>en für die drei Hauptbarrieren für dieZielerreichung auf. Danach diskutieren Sie im Plenum ,welchedrei Barrieren gemäß Konsens in der Gruppe die wichtigstensind. Pl<strong>at</strong>zieren Sie diese als Hauptbarrieren derZielerreichung in den drei Kreisen und dies sowohl auf demeigenen A3 Bl<strong>at</strong>t wie auch auf dem gemeinsamen Bl<strong>at</strong>t ander Wand bzw. auf der Projektion.6. LÖSUNGEN: Zeichnen Sie nun drei Pfeile vom St<strong>at</strong>us-quozu den drei Barrieren und dann weiter zum Ziel. WelcheSchritte können die Barrieren reduzieren? Schreiben Sieentsprechende Ideen (wiederum zunächst für sich unddann im Plenum) neben die Pfeile.7. BARRIEREN UMGEHEN: Zeichnen Sie nun einen Pfeil, derum die Barrieren herumgeht, und fragen Sie sich, wie diedrei Hindernisse gänzlich umgangen werden oder irrelevantgemacht werden können? Gelingt dies nicht, versuchen Siemindestens eine der Barrieren zu umgehen: Was müsste gegebensein, damit diese Barriere für Sie nicht mehr relevantist? Notieren Sie entsprechende Ideen neben dem Pfeil undtauschen Sie diese sodann in der Gruppe aus. Der Moder<strong>at</strong>ornotiert auch hier wieder die Hauptideen gut sichtbar aufder gemeinsamen PS2 Abbildung.8. OHNE RESTRIKTION: Zeichnen Sie jetzt einen weiteren Pfeilweit um die Barrieren herum zum Ziel und stellen Sie sichfolgende Frage: Wie würde man das Problem lösen, wennZeit (oder Geld) keine Rolle spielten? Notieren Sie entsprechendeLuxuslösungen neben dem Pfeil und tauschen Siediese dann im Plenum aus. Auch hier markieren Sie die besteIdee farbig. Diskutieren sie kurz, ob eine der Lösungenauch mit wenig Geld und Zeit realisierbar wäre (und wie).9. ZIELERLEBNIS: Zeichnen Sie nun einen Loopingpfeil ober ­halb des Ziels (der also vom Ziel weg geht und dann wiederin einem Halbkreis zu ihm zurück). Um diesen Pfeil mitStichwörtern zu füllen, überlegen Sie sich folgendes: Wiefühlt es sich an, wenn das Ziel erreicht wurde? Woran erkenntman, dass es erreicht wurde? Wie würden Sie Ihre Situ<strong>at</strong>iondann beschreiben? Tragen Sie diese Stichworte umden Pfeil herum ein und besprechen Sie diese anschließendkurz im Plenum.10. NEUKOMBINATION: Zeichnen Sie nun einen Pfeil vom St<strong>at</strong>us-quozum Ziel, der sich in seiner Mitte in drei Pfeile aufteilt,die dann wieder zusammenkommen. Für jeden der dreiTeile verwenden Sie nun per Marker hervorgehobene Ideenaus den vorgängigen Schritten. Überlegen Sie sich, welchedrei Ideen Sie zu einem neuen Lösungsweg kombinierenkönnten. Tragen Sie diese Kombin<strong>at</strong>ionsidee stichwort artigneben den Pfeil ein und diskutieren Sie sie im Plenum.11. ALTERNATIVES ZIEL: Pl<strong>at</strong>zieren Sie nun ein Kästchen linksvom St<strong>at</strong>us-quo mit einem altern<strong>at</strong>iven sinnvollen Ziel undpl<strong>at</strong>zieren Sie auf einem Pfeil dahin Wege es zu erreichen.Diskutieren Sie sodann auch in der Gruppe altern<strong>at</strong>ive Zielezu Ihrem ursprünglich formulierten Ziel aus Schritt 2. Istdas ursprünglich formulierte SOLL-Ziel das optimale odermüsste man nach jetzigem Kenntnisstand nicht ein altern<strong>at</strong>ivesZiel anpeilen?12. INDIREKTES ZIEL: Pl<strong>at</strong>zieren Sie nun ein neues Kästchenrechts auf Höhe des St<strong>at</strong>us-quo Feldes und zeichnen Sie einenPfeil vom St<strong>at</strong>us-quo zu diesem Kästchen: DiskutierenSie folgende Fragen im Plenum: Was wäre ein indirektesoder mittelfristiges Ziel, das uns helfen könnte das Ziel zuerreichen? Auch für diesen Schritt können Sie bei entsprechenderZeitreserve Kästchen und konkrete Maßnahmen,um das Zwischenziel zu erreichen, auf dem entsprechendenPfeil notieren. Sollten sich aus diesem Schritt direkt kurzfristigeMaßnahmen ergeben, notieren Sie diese in einer To-Do-Liste als Teil des Sitzungsprotokolls.13. DREISPRUNG: Zeichnen Sie nun drei vertikale, aneinanderanschließende dicke Pfeile vom St<strong>at</strong>us-quo zum Ziel. Fürden ersten Pfeil stellen Sie sich folgende Frage: Was ist dererste Schritt, um sich dem Ziel innerhalb einer Woche anzunähern?Oder noch radikaler: Was könnten Sie innerhalbder nächsten 48 Stunden tun, um sich Ihrem Ziel zu nähern?Tauschen Sie diese Ideen im Plenum aus. Notieren Sie dann,welche zwei weiteren Schritte daran anschließen müssten,um das Ziel zu erreichen? Leiten Sie aus diesen Schritten,wenn möglich, weitere Sofortmaßnahmen für die Gruppeab, die Sie in der To-Do-Liste ergänzen.14. NEUE PFEILE: Erweitern Sie nun selbst die Methode undergänzen Sie ein bis zwei weitere Pfeile. Tragen Sie entprechendeIdeen auf den Pfeilen stichwortartig ein. Auch diesenSchritt sollten Sie wiederum zuerst individuell für sichvornehmen und dann im Plenum präsentieren und diskutieren.Ein Beispiel für eine derartige MethodenerweiterungOrganis<strong>at</strong>ionsEntwicklung Nr. 1 |201385


Martin J. Eppler | 34. Erfolgspfade | WerkzeugkisteAbbildung 2 zeigt ein Beispiel einer P2S Sitzung, die diesenSchritten folgte. Das Bild umfasst die Ideen eines 45-minütigen<strong>Work</strong>shops mit vier Teilnehmern zur Fragestellung, wie mandie eigene Arbeitsproduktivität im Betrieb steigern kann.Fallstricke bei der Anwendungder MethodeWorauf man bei der P2S Methode achten sollte, ist deren Passungan den jeweiligen Anwendungskontext. Denn: Die fünfzehnSchritte der PS2 Methode müssen nicht zwingend in dieserReihenfolge durchschritten werden, auch wenn sie sich indieser Abfolge bewährt haben (so ist z.B. der Flip Flop Schrittzu Beginn eine sehr gute Aufwärmübung). Es ist auch nichtnotwendig, bei jeder Durchführung eines Kre<strong>at</strong>ivitätsworkshopsalle fünfzehn Schritte zu verwenden.In unserer Praxiserfahrung in ca. 20 <strong>Work</strong>shops mit der Methodeh<strong>at</strong> sich gezeigt, dass die ersten sieben Schritte derenwe sentlichen Teil ausmachen und nicht weiter verkürzt werdensollten. Gerade in Kombin<strong>at</strong>ion mit den Schritten 12 und15 kann man eine Kurzversion nutzen, die wesentlich wenigerZeit in Anspruch nimmt.Je nach Gruppenzusammensetzung, Gruppendynamik, Zeitund Problemstellung können einzelne Schritte hinzugenommenoder weggelassen werden. So kann z.B. Schritt 11 (altern<strong>at</strong>iveZie le bedenken) für manche Teams den Zielhorizont zu starkausweiten und wird deshalb manchmal übersprungen. AuchSchritt 14 (neue Pfeile er finden) funktioniert nur dann gut, wenneine Gruppe Freude an unkonventionellem Vorgehen h<strong>at</strong>.Ein Moder<strong>at</strong>or muss zur optimalen Nutzung der Methodealso genau beobachten, wie die Teilnehmer reagieren und wassie mehr oder weniger anspricht und inspiriert. Je nachdemkann er einen Schritt verkürzen, überspringen oder auchspontan einen neuen Schritt ergänzen.Der Schritt mit den Reizbildern kann etwa mit ausgewähltenResult<strong>at</strong>en aus der Marktforschung ergänzt oder gar ersetztwerden: Anst<strong>at</strong>t Fotografien für die Inspir<strong>at</strong>ion der Gruppe zuverwenden, können – z.B. für die Entwicklung neuer Produktideen– auch inform<strong>at</strong>ive Marktd<strong>at</strong>en, St<strong>at</strong>istik-Charts oderKun denzit<strong>at</strong>e als Stimuli gezeigt werden. Dadurch wird dieserSchritt der Ideenentwicklung bedarfsorientierter, analytischerund evidenzbasierter. Für eher intuitiv denkende Teilnehmerkann es demgegenüber sinnvoll sein, diesen Schritt offener zugestalten und ungewöhnliche Ge genstände zu verwenden. JederTeilnehmer nimmt dabei einen vom Moder<strong>at</strong>or bereit gestelltenGegenstand (z.B. ein Spielzeug) in die Hand und mussdiesen auf die Aufgabenstellung beziehen.Bei derartigen phantasievollen Schritten ist jedoch, wie erwähnt,besonders darauf zu achten, wie offen die Gruppe fürspekul<strong>at</strong>ives Vorgehen ist. Es empfiehlt sich generell mit deneher analytischen Schritten zu beginnen und die eher experimen­tellen Pfade (wie etwa Schritt 9) erst dann einzusetzen, wenn dieGruppe sich bereits voll auf die Methode eingelassen h<strong>at</strong>.Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor zur Anwendung der Methode(neben der richtigen Dosierung der Schritte) ist das Erwartungsmanagementzu Beginn. Die Methode garantiert nichtfür jede Situ<strong>at</strong>ion einen Durchbruch und ihr Gelingen hängtim Wesentlichen vom Eins<strong>at</strong>z und der Energie der Teilnehmerab. Das sollte zu Beginn eines Kre<strong>at</strong>ivitätsworkshops klar gestelltwerden, so dass sich alle Teilnehmer ihrer Verantwortungfür das Endergebnis bewusst sind.FazitDie Methode der Erfolgspfade lädt spielerisch dazu ein, mehrereWege zum Ziel auszuprobieren und sich auf verschiedeneLösungsperspektiven und Leitfragen einzulassen. Durch ihrenlebendigen, visuellen Ans<strong>at</strong>z, den abwechslungsreichen Rhythmuswechselund durch die Nutzung bewährter Prinzipien derGruppenkre<strong>at</strong>ivität ermöglicht sie es Teams, quasi «auf Abruf»kre<strong>at</strong>iv zu sein und in kurzer Zeit eine große Anzahl von passendenIdeen zu entwickeln. Dazu muss die Methode jedochan den jeweiligen Gruppenkontext angepasst werden. Diese Anpassungkann einerseits aus der Auswahl einiger «Lieblingsschritte»der Methode bestehen oder auch eigene, neue Lösungspfadeenthalten. So wird die Methode zum eigenen Werk zeug,das zum Thema, den Teilnehmern, der zur Verfügung stehendenZeit und zum eigenen Moder<strong>at</strong>ionsstil passt.Liter<strong>at</strong>urMartin J. Eppler, Redakteur Organis<strong>at</strong>ionsEntwicklung,martin.eppler@unisg.ch• Connolly, T, Routhieaux, R. & Schneider, S. (1993). On the effectivenessof group brain storming — Test of an underlying cognitive mechanism.Small Group Research, 24(4): S. 490—503.• Clarke, P & George, J. (2005). Big box thinking: Overcoming barriersto cre<strong>at</strong>ivity in manufacturing, in: Design Management Review, 16(2):S. 42—48.• Eppler, M.J. & Pfister, R.A. (2012). <strong>Sketching</strong> <strong>at</strong> <strong>Work</strong>. 35 StarkeVisualisierungstools für Manager, Ber<strong>at</strong>er, Trainer und Moder<strong>at</strong>oren.Schäffer-Poeschel.• Paulus, P.B. & Nijstad, B. (2003). Group cre<strong>at</strong>ivity. Oxford Univ. Press.• Schulz-Hardt, S. & Brodbeck, F.C. (2007). Group performance andleadership (Chapter 13), In: M. Hewstone, W. Stroebe & K. Jonas (Hrsg.)Introduction to Social Psychology: A European Perspective, 4th Edition.Wiley-Blackwell, S. 264—289.Organis<strong>at</strong>ionsEntwicklung Nr. 1 |201387

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