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Die Instabilität der Patella - Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie ...

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:: Fachbeiträge<strong>Die</strong> <strong>Instabilität</strong> <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>Von Rainer SieboldKeywords: <strong>Patella</strong>, <strong>Instabilität</strong>, MPFL, DysplasieSchätzungsweise 7-49 Personen pro 100 000 erleiden eine Luxation<strong>der</strong> <strong>Patella</strong>. Meist sind junge <strong>und</strong> aktive Patienten betroffen, wobeidie Inzidenz beim weiblichen Geschlecht höher ist. Der Pathomechanismusist komplex <strong>und</strong> multifaktoriell <strong>und</strong> erfor<strong>der</strong>t eine genaueklinische <strong>und</strong> radiologische Ursachenforschung <strong>und</strong> differenzierteTherapie.Anatomie <strong>und</strong> BiomechanikDas Verständnis <strong>der</strong> funktionellen Anatomiedes patellofemoralen Gelenkes ist <strong>für</strong> dasVerständnis <strong>der</strong> <strong>Instabilität</strong> <strong>und</strong> die Einleitung<strong>der</strong> richtigen Therapie gr<strong>und</strong>legend. Involler Extension ist die <strong>Patella</strong> nicht im knöchernenGleitlager <strong>der</strong> Trochlea verankert,son<strong>der</strong>n liegt proximal im Bereich des oberenRecessus. Wird die Flexion eingeleitet, hatnur <strong>der</strong> distale <strong>Patella</strong>pol Kontakt zum superiorenAspekt <strong>der</strong> Trochlea. <strong>Die</strong> knöcherneFührung <strong>der</strong> Trochlea ist <strong>für</strong> die Stabilität despatellofemoralen Gelenkes entscheidend.Der dynamische Stabilisator <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>ist <strong>der</strong> Quadrizeps <strong>und</strong> <strong>der</strong> primäre statischeWeichteilstabilisator das mediale Retinakulummit dem medialen patellofemoralen Ligament(MPFL). Es inseriert im Bereich desoberen Drittels des medialen <strong>Patella</strong>randes<strong>und</strong> hat seinen Urspung zwischen <strong>der</strong> knöchernenInsertion <strong>der</strong> Adduktor magnusSehne <strong>und</strong> des Epikondylus medialis. DasMPFL hat eine Länge zwischen 5 - 6 cm <strong>und</strong>garantiert mehr als 50 % <strong>der</strong> Zugfestigkeit<strong>der</strong> medialen parapatellaren Weichteilstrukture(Desio et al).Klassifikation <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>instabilität<strong>Die</strong> traditionelle Klassifikation <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>instabilitätumfasst kongenitale, traumatische<strong>und</strong> die habituelle <strong>Patella</strong>instabilität sowieAbb. 1: Mechanismus<strong>der</strong> lateralen<strong>Patella</strong>luxation (ausTeitge et al.)die Subluxation. Um eine gezielte Therapieeinzuleiten, hat David Dejour et al. 1998 eineKlassifikation entwickelt, die auf klinischenSymptomen basiert. Dabei unterscheidet er:Patienten nach <strong>Patella</strong>luxation (mit 3 Untergruppen),2. Patienten mit patellofemoralenSchmerzen <strong>und</strong> 3. Patienten mit patellofemoralenSchmerzen <strong>und</strong> anatomischen Anomalien.Ätiologie<strong>Die</strong> Ätiologie <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>instabilität ist multifaktoriell(<strong>Patella</strong> alta, Trochleadysplasie,Dysplasie <strong>der</strong> lateralen Femurkondyle, hypoplastischerlateraler Trochlearand, flacheTrochlearinne, Rotationsfehlstellungen, Insuffizienzdes Vastus medialis obliquus, Gelenklaxität,zu enge laterale Weichteilstrukturen,Trauma, vorausgegangene Operationen).Ein strukturelles <strong>und</strong> funktionelles Ungleichgewichtim patellofemoralen Gelenkführt zu chronischer <strong>Instabilität</strong> (Abb. 1).Henry Dejour et al. (1994) hat vier wichtigeprädisponierende Faktoren definiert, von denenzumindest einer in 96 % <strong>der</strong> Fälle bei habitueller<strong>Patella</strong>luxation zu finden ist: PatellofemoraleDysplasie (Abb. 2), pathologischeDistanz zwischen <strong>der</strong> Tuberositas tibia <strong>und</strong>dem tiefsten Punkt <strong>der</strong> Trochlea (TTTG > 20mm) (Abb. 3), <strong>Patella</strong> alta (Hochstand) <strong>und</strong>eine pathologische laterale Verkippung <strong>der</strong><strong>Patella</strong> (Tilt > 20°). Durch diese Faktoren| 24


ATOSnewsAbb. 2: Dysplasieformen <strong>der</strong> Trochlea (aus H. Dejour et al.)wird die knöcherne Führung <strong>der</strong> <strong>Patella</strong> in<strong>der</strong> Trochlea negativ beeinflusst <strong>und</strong> eine<strong>Patella</strong>luxation begünstigt.Bei <strong>der</strong> Anamnese ist es wichtig nachzufragen,ob die Ursache <strong>für</strong> die Luxation traumatischerNatur war o<strong>der</strong> kein adäquatesTrauma vorlag. Auch die Häufigkeit <strong>der</strong> Luxationen<strong>und</strong> das Alter zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Erstluxationsind <strong>für</strong> die Therapie von Interesse.Abb. 3: Vermessung des TTTG zwischenTuberositas tibiae <strong>und</strong> Trochlea (aus Zaffagniniet al.)An Begleitverletzungen ist insbeson<strong>der</strong>e beitraumatischer Ursache zu denken, <strong>und</strong> dieFrage nach Gelenkblockaden (durch abgescherteosteochondrale Flakes) zu klären.Eine vor<strong>der</strong>e Kreuzbandruptur als primäreUrsache <strong>für</strong> die traumatische <strong>Patella</strong>luxationist ebenfalls auszuschließen.Klinische UntersuchungDa die Ursache <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>luxation multifaktoriellist, erfor<strong>der</strong>t die Untersuchung einegründliche Überprüfung <strong>der</strong> gesamten unterenExtremität inklusive <strong>der</strong> <strong>Hüft</strong>en <strong>und</strong>Fußstatik. Dabei ist die Inspektion <strong>der</strong> Beinachse(Varus, Valgus, Rotation) gr<strong>und</strong>legend.Auch eine Ganganalyse kann im Einzelfallhilfreich sein.In <strong>der</strong> sitzenden Position mit hängendenUnterschenkeln kann die klinische Untersuchungbegonnen werden. Schwellung, Erguss,Schmerzlokalisation etc. werden überprüft.Häufig beobachtet man eine Atrophiedes Vastus medialis obliquus. <strong>Die</strong>s kann Ursacheo<strong>der</strong> Folge <strong>der</strong> patellofemoralen Pathologiesein. Muskelverkürzungen sind häufigUrsache <strong>für</strong> ein patellofemorales Schmerzsyndrom.Auch <strong>der</strong> Q-Winkel kann klinisch in90° Flexion überprüft werden. Er liegt normalerweisezwischen 8-10 Grad bei Männern<strong>und</strong> zwischen 15-20 Grad bei Frauen.<strong>Die</strong> radiologische Überprüfung des TTTG istwesentlich genauer <strong>und</strong> ist deshalb bei <strong>der</strong>Entscheidungsfindung dem Q-Winkel vorzuziehen.In Rücken- <strong>und</strong> Bauchlage werdendie Ante- <strong>und</strong> Retrotorsion des Femur <strong>und</strong>Rotationsfehler <strong>der</strong> Tibia überprüft. Ein Genurecurvatum wirkt sich in Extension negativauf die knöcherne <strong>Patella</strong>führung aus.<strong>Die</strong> klinische Überprüfung <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>instabilitätist vielfältig. Mit dem „passiven<strong>Patella</strong>-Tilt Test“ wird die Stabilität des lateralenRetinakulums überprüft. Dabei wird<strong>der</strong> laterale Rand <strong>der</strong> <strong>Patella</strong> in Extensionangehoben. Der Normalwert liegt bei 0°Tilt (<strong>Patella</strong>ebene parallel zum Tisch). Mitdem „passiven <strong>Patella</strong> Glide Test“ wirddas gleichmäßige Ausmaß <strong>der</strong> medialen <strong>und</strong>lateralen Translation überprüft. Exzessiver<strong>Patella</strong> Glide begünstigt die <strong>Instabilität</strong>. Dassog. Zohlen-Zeichen ist <strong>für</strong> den Patientenhäufig sehr schmerzhaft, hat wenig Aussagekraft<strong>und</strong> ist deshalb bei <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>untersuchungnicht mehr zu empfehlen. Liegt einpatellofemoraler Crepitus vor ist eine Knorpelschädigungwahrscheinlich.Das sog. „Engagement-Zeichen“ weistauf Probleme im Bereich <strong>der</strong> proximalenTrochlea hin. Eine dysplastische Trochlea(z. B. Trochlea-Bumb), <strong>Patella</strong> alta o<strong>der</strong> einGenu recurvatum sind prädisponierendeFaktoren. Dabei wird <strong>der</strong> Lauf des unteren<strong>Patella</strong>pols aus <strong>der</strong> Extension heraus bis zum„Engagement“ in <strong>der</strong> Trochlea mit dem Daumenüberprüft. Der wohl bekannteste Testzur Überprüfung <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>instabilität ist<strong>der</strong> „Apprehension-Test“. Der Patient wirdaufgefor<strong>der</strong>t das <strong>Knie</strong> aus <strong>der</strong> 30° Positionheraus zu strecken während <strong>der</strong> Untersucherdie <strong>Patella</strong> nach lateral drückt. Der Testist positiv wenn <strong>der</strong> Patient eine <strong>Instabilität</strong>o<strong>der</strong> Subluxation be<strong>für</strong>chtet <strong>und</strong> dagegenspannt.➔25 |


:: FachbeiträgeWeiteres zur klinischen Untersuchungsiehe auch Beiträg Pässler, Seite 39 ff.Röntgen <strong>und</strong> KernspintomographieAbb. 4: „Crossing Sign“ (aus H. Dejour et al.)Röntgenaufnahmen (ap, lateral, 30° axial)<strong>und</strong> eine Kernspintomographie sind zurgenauen Evaluierung <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>instabilitätnotwendig.Der Grad <strong>der</strong> patellofemoralen Arthrose,<strong>der</strong> Gesamtzustand des <strong>Knie</strong>gelenkes sowieknöcherne Abnormalitäten werden damit erfasst.Auf den streng lateral angefertigtenRöntgenaufnahmen können außerdem diewichtigen Dysplasiekriterien nach H. Dejourüberprüft werden.<strong>Die</strong> Weichteil- <strong>und</strong> Knorpelverhältnisse,Begleitverletzungen (z. B. osteochondraleFlakes) <strong>und</strong> die patellofemorale Dysplasiesind außerdem auf Kernspinaufnahmensichtbar. Eine Ruptur des medialen patellofemoralenLigaments (MPFL) ist auf sagittalen<strong>und</strong> axialen T2-gewichteten Aufnahmen imAkutstadium gut zu überprüfen. Auch erkenntman das Bone bruise an <strong>der</strong> medialen<strong>Patella</strong>facette <strong>und</strong> lateralen Femurkondyleals Zeichen <strong>der</strong> stattgehabten Kontusionnach akuter <strong>Patella</strong>luxation.Das von H. Dejour beschriebene sog.„crossing sign“ in <strong>der</strong> sagittalen Femuransichtdefiniert das Ausmaß <strong>der</strong> Trochleadysplasie.Auch <strong>der</strong> sog. „Supra-trochlearspur“ <strong>und</strong> die „Doppelkontur“ tragen zurBeurteilung <strong>der</strong> Trochlea bei. (Abb. 4) Weiterewichtige Informationen sind die <strong>Patella</strong> formnach Wiberg, <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>-Tilt nach Laurinsowie die <strong>Patella</strong>höhe. Letztere wird nachCaton-Deschamps, Insall-Salvati o<strong>der</strong> Blackburne<strong>und</strong> Peel ermittelt <strong>und</strong> gibt Hinweiseauf eine <strong>Patella</strong> alta.<strong>Die</strong> Computer-Tomographie (CT) stelltdie knöchernen Strukturen im patellofemoralenGelenk am genausten dar <strong>und</strong> wirddeshalb <strong>für</strong> die Erfassung <strong>der</strong> knöchernenGegebenheiten <strong>und</strong> Vermessung <strong>der</strong> Dysplasiebeson<strong>der</strong>s in komplexen Situationenebenfalls häufig eingesetzt. Dabei ist dieStrahlenbelastung am <strong>Knie</strong> mit 600 mGy/cmgeringer als bei einer Ganzbeinaufnahme.Erstluxation <strong>der</strong> <strong>Patella</strong><strong>Die</strong> Erstluxation <strong>der</strong> <strong>Patella</strong> kann durchauserfolgreich konservativ behandelt werden.Es empfiehlt sich eine vorübergehende 2–3wöchige Ruhigstellung in einer <strong>Knie</strong>orthesegefolgt von funktioneller Rehabilitation zurKräftigung des Quadrizepsmuskels mit Vastusmedialis obliquus sowie Stretching deslateralen Retinakulums, <strong>der</strong> Hamstrings, desQuadrizeps <strong>und</strong> <strong>der</strong> Achillessehne mit iliotibalemBand. Auch rumpfstabilisierendeMaßnahmen sowie das Erzielen eines funktionellenAligments <strong>der</strong> unteren Extremitätsind wichtig. Desweiteren wurde das Trageneiner <strong>Patella</strong>bandage <strong>und</strong> <strong>Patella</strong>taping alshilfreich beschrieben.Unter <strong>der</strong> konservativen Therapie kommtes ca. in 17 % zu einer erneuten 2. Luxation.Das Risiko da<strong>für</strong> ist bei jungen Patienten mithohem Aktivitägrad <strong>und</strong> mit ausgeprägterpatellofemoraler Dysplasie <strong>und</strong> bei <strong>Patella</strong>alta erhöht. Kommt es zur 2. Luxation steigtdie Wahrscheinlichkeit <strong>für</strong> weitere Ereignisseauf 50 % an. Deshalb empfehlen wir nachZweitluxation einen operativen Eingriff mitMPFL-Repair im Bereich <strong>der</strong> medialen Kapsel<strong>und</strong> ggf. knöchernem Begleiteingriff. AuchAbb. 5: Prinzip <strong>der</strong> MPFL-Rekonstruktion(aus Gent et al.)nach Erstluxation kann eine initiale operativeBehandlung zur Naht des MPFL, beson<strong>der</strong>sbei o.g. Risikopatienten sinnvoll sein. Bei Begleitverletzungen(z. B. osteochondrales Flake)ist die Operation klar indiziert.Operatives ManagementBei rezidivieren<strong>der</strong> symptomatischer <strong>Patella</strong>instabilitätwird zumeist ein operatives <strong>und</strong>differenziertes Vorgehen notwendig. Dabeiist <strong>der</strong> Leidensdruck des Patienten, das Patientenalter,die Einschränkung des Aktivitätsgrads<strong>und</strong> <strong>der</strong> Zustand des <strong>Knie</strong>gelenkes zubeachten. Es wird zwischen proximalen <strong>und</strong>distalen Re-Alignement-Operationen unterschieden.Proximale Alignement-OperationenRekonstruktion des medialen patellofemoralenLigamanets (MPFL): Folge <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>luxationist eine Ruptur o<strong>der</strong> Insuffizienzdes medialen patellofemoralen Ligaments| 26


(MPFL). Deshalb ist aus Sicht <strong>der</strong> Spezialistendie operative Rekonstruktion des MPFLGr<strong>und</strong>lage, um die <strong>Patella</strong>stabilität wie<strong>der</strong>herzustellen (Fithian et al).Bei <strong>der</strong> MPFL-Rekonstruktion wird entwe<strong>der</strong>eine Naht o<strong>der</strong> ein Ersatz des MPFLmittels Bandplastik durchgeführt. Eine Nahtmacht nur bei exakter Lokalisation <strong>der</strong> Ruptur<strong>und</strong> bei qualitätiv guten Bandverhältnissendes MPFL Sinn. Bei habitueller <strong>Patella</strong>luxationsind die Ergebnisse nach Naht nichtbefriedigend, so dass dann eine klare Indikationzum MPFL-Ersatz besteht (Abb. 5). AlsTransplantat <strong>für</strong> die MPFL-Rekonstruktionbietet sich die Gracillissehne an, die eine höhereReißfestigkeit hat als das MPFL (208 N)hat. Auch die Semitendinosussehne wirdverwendet erscheint uns jedoch im Verhältniszum natürlichen MPFL speziell bei jungenPatienten zu kräftig <strong>und</strong> zu prominent. <strong>Die</strong>Fixation des MPFL-Transplants erfolgt mittelsBohrkanälen, Fäden, bzw. resorbierbarenImplantaten an Patellla <strong>und</strong> Femur. Eine genaueKenntnis <strong>der</strong> Anatomie <strong>und</strong> eine intraoperativeRöntgendarstellung <strong>der</strong> femoralenInsertion des MPFL sind absolute Notwendigkeit,um ein Überspannen des MPFL miterhöhtem patellofemoralem Druck <strong>und</strong> dendamit verb<strong>und</strong>enen Folgen zu vermeiden.<strong>Die</strong> Re-Luxationsrate nach MPFL Rekonstruktionist gering <strong>und</strong> liegt laut Literaturbei ca. 4 % (Christiansen et al. 2008, Watanabeet al. 2008). Kombinationsoperationensind bei ausgeprägter Dysplasie, Rotationsfehlstellungen,<strong>Patella</strong> alta <strong>und</strong> bei pathologischem<strong>Patella</strong>tilt (>20°) <strong>und</strong> TTTG >20°notwendig. Eine Kontraindikation <strong>für</strong> dieMPFL-Rekonstruktion sind isolierte patellofemoraleSchmerzen ohne <strong>Instabilität</strong> <strong>und</strong>eine patellofemorale Arthrose. Weiteres zurMPSL-Rekonstruktion siehe unser Beitrag inAN 14Auch eine offene mediale Kapselraffungunter Einbeziehung des MPFL, bzw.ein arthroskopisches Reefing <strong>der</strong> medialenWeichteilstrukturen werden in <strong>der</strong> Literaturbeschrieben (Ali <strong>und</strong> Bhatti et al.) von unsjedoch nur noch selten angewandt.➔


:: FachbeiträgeLaterale Retinakulumspaltung: <strong>Die</strong> Indikationzum lateralen Release sollte heute nurnoch sehr zurückhaltend gestellt werden.Aus unserer Sicht besteht sie bei schmerzhaftemexzessivem lateralen Hyperkompressionssyndrom<strong>und</strong> schwerer lateralerpatellofemoraler Arthrose. Auch bei pathologischem<strong>Patella</strong>-Tilt (>20°) könnte ein lateralesRelease als Ergänzung im Rahmen einerpatellastabilisierenden Kombinationsoperationsinnvoll sein.Der alleinige Einsatz <strong>der</strong> Operation bei<strong>der</strong> <strong>Patella</strong>luxation ist kontraindiziert. AuchHyperlaxität mit Hypermobilität <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>nach medial <strong>und</strong> lateral (erhöhter medialer<strong>und</strong> lateraler <strong>Patella</strong>-Glide) sind ebenfallseine absolute Kontraindikation.Distale Alignement-OperationenTuberositas tibia Medialisierung nachElmslie-Trillat: <strong>Die</strong> Medialisierung <strong>der</strong> Tuberositastibiae nach Elmslie-Trillat ist eine <strong>der</strong>am häufigsten durchgeführten Operationenzur Behandlung einer patellofemoralen <strong>Instabilität</strong>.Sie wurde ursprünglich von Roux1888 beschrieben. <strong>Die</strong> Indikation zur Operationist ab einem pathologischen TTTG >20°(CT-Messung) bei Patienten ohne schweremediale Knorpelschäden gegeben. UrsächlicheRotationsfehler des Femur o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Tibiasollten ausgeschlossen werden. Bei <strong>der</strong>Operation wird die Tuberositas tibia mit anhängen<strong>der</strong><strong>Patella</strong>sehne vorsichtig osteotomiert,medialisiert <strong>und</strong> mit Schrauben fixiert.Eine mediale Kapseldopplung o<strong>der</strong> eineMPFL-Rekonstruktion kann bei ausgeprägterDysplasie notwendig sein, ebenso ein lateralesRelease unter Berücksichtigung o.g.Kriterien.Distalisierung <strong>der</strong> Tuberositas tibiae: Liegteine <strong>Patella</strong> alta vor, so kann zusätzlich zurMedialisierung eine bildwandlergestützteDistalisierung <strong>der</strong> Tuberositas tibiae angeschlossenwerden, um die Führung <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>in <strong>der</strong> proximalen Trochlea zu verbessern.<strong>Die</strong> Messung <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>höhe erfolgtauf einer streng lateralen Röntgenaufnahme<strong>und</strong> wird mit dem Caton-Deschamps Indexbestimmt, da hiermit ein Vergleich zu postoperativmöglicht ist.Trochleaplastik <strong>und</strong> Osteotomie: <strong>Die</strong> sehraufwendige Trochleaplastik ist nur sehr seltenindiziert. Man unterscheidet eine, dielaterale Trochlea anhebende Operation voneinem, den zentralen Trochleasulcus absenkendenEingriff. Bei <strong>der</strong> häufigeren zweitenForm wird <strong>der</strong> Knorpel <strong>der</strong> Trochlea mit einersubchondralen Knochenlamelle abgelöst<strong>und</strong> die darunter liegende knöcherne Trochleaanatomisch geformt. Der invasive Eingriffwird bei den zumeist jungen Patientennur als Mittel <strong>der</strong> letzten Wahl eingesetzt.<strong>Die</strong> Indikation da<strong>für</strong> wird von D. Dejour beiausgeprägter Trochleadysplasie Grad B <strong>und</strong>D (Abb. 2) <strong>und</strong> Patienten mit schwerer <strong>Patella</strong>instabilitäto<strong>der</strong> permanenter <strong>Patella</strong>luxationgesehen. Langzeitergebnisse <strong>für</strong>die Trochleaplastik stehen noch aus. <strong>Die</strong> Lebensqualitätkann bei strenger Indikationsstellungim Einzelfall deutlich verbessertwerden. Eine hypoplastische laterale Trochleafacettekann außerdem durch eine lateralaufklappende Trochleaosteotomie behandeltwerden. Bei diesen äußerst komplexen <strong>Instabilität</strong>ensind Kombinationseingriffe mitMPFL-Rekonstruktion, etc. häufig.Rotationsosteotomie an Femur <strong>und</strong> Tibia:Liegt ursächlich eine Rotationsfehlstellungzugr<strong>und</strong>e ist eine Rotationsosteotomie zudiskutieren. Auch dabei handelt es sich umaufwendige Eingriffe, die im Einzelfall gutbedacht werden müssen.SchlussfolgerungZur Diagnostik <strong>und</strong> Therapie patellofemoralerBeschwerden ist eine differenzierte Betrachtungsweisenotwendig. Man unterscheidetPatienten mit klinischer <strong>Patella</strong>instabilität<strong>und</strong> stattgehabter <strong>Patella</strong>luxation bei anatomischerAnomalie von Patienten mit patellofemoralemSchmerzsyndrom mit/ohne anatomischeAnomalien. Neben <strong>der</strong> gründlichenAnamnese <strong>und</strong> klinischen Untersuchung sindradiologische Aufnahmen zur Diagnostik <strong>der</strong><strong>Patella</strong>dysplasie, Bestimmung <strong>der</strong> <strong>Patella</strong>höhe<strong>und</strong> des TTTG notwendig. ::Literatur beim VerfasserPD Dr. med. Rainer Siebold<strong>Zentrum</strong> <strong>für</strong> <strong>Knie</strong>- <strong>und</strong> <strong>Fußchirurgie</strong>,SporttraumatologieATOS KlinikHeidelbergsiebold@atos.dewww.kreuzband.de| 28

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