10Feminismus?30–56.Roma &Quelle:Arndt, Susan (2000):Feminismus imWiderstreit. AfrikanischerFeminismusin Gesellschaft undLiteratur. Münster.Was ist Feminismus? Was bzw.wen stellen Feministinnen dar?Alice Walker, afroamerikanischeSchriftstellerin und Aktivistin,brachte über den FeminismusFolgendes zum Ausdruck:„Feminismus ist die politischeTheorie, die darum kämpft, alleFrauen zu befreien; SchwarzeFrauen, Frauen der Arbeiterklasse,arme Frauen, Frauen mitBehinderung, lesbische Frauen,alte Frauen sowie auch weiße,ökonomisch privilegierte, heterosexuelleFrauen. Alles jenseitsdieser Vision totaler Freiheit istnicht Feminismus, sondern bloßeSelbsterhöhung von Frauen.“(Arndt, Feminismus imWiderstreit, S. 30)In Roma Communities spielenMütter eine besondere Rolle.Was wenige heute wissen ist: Wirsind ein matriarchalisches Volk.Ehrfürchtig, respektvoll undnahezu heilig wird das Wort Dej/Daj/ benutzt. Die Mutter einesRoms zu beleidigen gleicht einerKriegserklärung. Eine Dej/ Dajist unantastbar.Warum ist das so? Weil wirwissen, welches Leid unsereMütter ertragen, während sieversuchen, uns in schwerenZeiten durchzubringen. Sieertragen Ungerechtigkeit undhalten für uns den Kopf hin,wenn wir Angst um diesenhaben.Als terni Bori (frisch vermählteSchwiegertochter) sind dieFrauen den Schwiegermütternergeben, bis sie selber Schwiegertöchterhaben. Und wie ergehtes ihnen heute und im Ausland,fernab der „Heimat“?Als nicht-privilegierte und vomBildungssystem ausgeschlosseneFrauen, die in unseren Kreisenstärker vertreten sind als in derMehrheitsgesellschaft, gehen sieniedrig bezahlter und körperlichschwerer Arbeit nach. In denmeisten Fällen ist es das Putzen.Sie putzten und putzen bei Windund Wetter. Sie schrubben auchheute Böden und Fenster glatt,damit ihre Kinder es besserhaben. Wohlgemerkt nicht ihreSöhne oder ihre Töchter, ihreKinder sollen es besser haben.Die meisten von uns sind gebildet,wir haben akademischeTitel. Wir werden von unserenMännern, Brüdern und Väterngleichberechtigt behandelt. Außerhalbder Familie und mittenin Europa glauben wir sogar,dass wir den Männern gleichgestelltsind. Wir wissen um unsereRechte Bescheid und fordern sie,wenn sie uns verweigert werden.Schauen wir aber genau hin werdenwir entdecken, dass mancheRoma Frau immer noch ihrentrinkenden und prügelnden Tyrannenerträgt, der sie obendreinselbstverständlich mit mehrerenFrauen betrügt und sie um ihreRechte bringt.Warum haben soviele Roma Männereine zunehmend verachtendeHaltunggegenüber einerFrau und erst rechteiner Feministin?Ist es Verachtung? Oder Angst?Womöglich beides? Wer sinddiese Männer, die uns verachtenund uns fürchten?Es sind die Söhne schwerarbeitender Frauen, die unsunsere Freiheiten und unserselbstbestimmtes „leichteres“Leben nicht gönnen. Männer,die uns glauben lassen wollen,dass sie die besseren Menschensind. Männer, die glauben, dassGott der Allmächtige Intelligenznach Geschlechtern verteilt hat.Natürlich glauben sie, dass sieals Männer das meiste abbekommenhaben. Männer, die unsangeblich den Weg ebnen wollen,eine Frauenbewegung zu starten– vorausgesetzt wir tanzen nachderen Pfeife und stellen keineFragen.Dabei wird gern übersehen, dassdie seit den 50ern existierendeFrauenbewegung uns RomaFrauen nicht erreichen kann, u.a.weil wir Männer haben, die unsum unsere Rechte beschneiden.Männer, deren Kinder wir austragenund ihnen wohlwollendein Zuhause bieten.Brauchen Roma Feministinnen?Müssen wir uns Feministinnennennen und Feministinnen sein?Solange wir um Gleichberechtigungund Anerkennung kämpfenmüssen, ja!Solange auch nur ein einzigerMann glaubt, er sei ein GeschenkGottes an die Frau, ja!Solange Mann uns das Rechtnimmt, selbst entscheiden zudürfen, was uns gut tut und wasfür uns gut ist, ja!Die Gesellschaft brauchtFeministinnen, allen voran sindes Roma, die dringend mehrFeministinnen brauchen!Liebe Frauen, liebe Mütter vonheute, schützt eure Töchter unddie Umwelt.Hört auf Paschas in die Welt zusetzen. Sie gleichen einerschlimmen Umweltverschmutzung.Achen Devlessa Phejalen!Von Hasiba Dzemajlji,Roma Aktivistin, Dolmetscherin &Übersetzerin
Sehr geehrte InitiatorInnen, KooperationspartnerInnenund UnterstützerInnen desProjekts „Bio Knoblauch Romanes“, ...11Sie führen mit Ihrem sogenannten Roma Integration Vorzeigeprojektinstitutionelle und strukturelle Gewalt gegen Romaaus.Das vom österreichischen Verein „European Neighbours“entwickelte Konzept „BIO KNOBLAUCH ROMANES - einnachhaltiges öko-soziales Zukunftsprojekt für Roma in Europa“geht von rassenanthropologischen Festschreibungen ausund fördert eine koloniale Politik.Die Idee wurde von Bernd Spiegl des Grazer Vereins zurFörderung von Benachteiligten in Europa, „European-Neighbours“,entwickelt und nicht von Roma selbst. Ihre Forderungenund unterschiedlichen Perspektiven fehlen somit in demKonzept.Es steht in gedanklicher Nähe zu Leibeigenschaft undZwangsarbeit. Überdies ist es eine Eingrenzung in derArbeitspolitik der EU und gleichzeitig auch eine diskriminierendePraxis, denn offenbar wird mit diesem Projekt gezielteine bestimmte Gruppe von Menschen ausgegrenzt unddiskriminiert.Außerdem sind wir der Meinung, dass wenn das Ziel verfolgtwird Roma in deren „Heimat“ Arbeitsplätze zu schaffen, dasRecht auf Bewegungsfreiheit der Roma und das Recht dort zuleben wo wir wollen eingeschränkt wird.„Wir wollen diese Idee fördern, weil es darum geht, denWorten Taten folgen zu lassen. Wir unterstützen mit BioKnoblauch Romanes die Schaffung von Arbeitsplätzen fürRoma in deren Heimat sowie deren Arbeitswilligkeit undArbeits fähigkeit. Knoblauch anzubauen ist eine sinnstiftendeTätigkeit – im Vergleich zum unwürdigen Betteln!“, so Dr.Christian Buchmann (Landesrat des Landes Steiermark).Gegenwärtig sind Roma u.a. das Ziel von Naziaufmärschenund Opfer von Pogromen.Gerade im Hinblick dazu erscheinen uns die Haltungen undAussagen der InitiatorInnen, KooperationspartnerInnen undUnterstützerInnen des Projekts „Bio Knoblauch Romanes“als sehr unreflektiert. D.h. dass eine Aufarbeitung derGeschichte der Roma und Sinti fehlt und dass rassistischesWissen über uns (die Mythen über die Lebensweisen derRoma) nicht reproduziert werden sollte.Sie nutzen schamlos die derzeitige Lage und Situation vonuns Roma aus und missbrauchen Ihre Macht um uns für Ihrsehr wenig durchdachtes Projekt zu instrumentalisieren.Die Fördersumme von 109.000 Euro wird von den Projektabwicklernmissbraucht, ohne dass eine genügende Expertiseund Erfahrungen im Bereich der Zusammenarbeit mit Romafür notwendig gehalten werden und nebenbei ohne dasnotwendige Know-how der Einpflanzung bis hin zur Pflegeund Vermarktung desBio Knoblauchs inEuropa.Die Kooperationspartnerindes ProjektsSissi Potzinger,Grazer ÖVP Gemeinderätin,spricht inder Öffentlichkeitvon „Familienarbeit“und darf ungesühntOnline Petition„Stop Bio knoblauchRomanes / OrganicGarlic Romanes“marikaschmiedt.wordpress.<strong>com</strong>rassistische Klischees über Roma Kinder reproduzieren undIhr „Wissen“ über Roma von berühmten Operetten beziehen.Wir fragen uns wie das sein kann, dass eine Politikerin undKooperationspartnerin des Roma Integration „Vorzeigeprojekts“ihre pseudowissenschaftlichen Rassentheorien überRoma im 21. Jahrhundert ungefiltert in der Öffentlichkeitpropagieren darf. Schockiert sind wir auch, dass diesesProjekt mit dem Obmann des Kulturvereines der österreichischenRoma, Professor Rudolf Sarközi, initiiert worden ist.„Wir wollen den Menschen helfen“ so Sarközi.Wir finden aber, dass Knoblauchanbau für junge Roma keineausreichende Zukunftsperspektive ist. Warum wird uns dasRecht und die Motivation um z.B. zu studieren genommen/versperrt?In Berlin-Neukölln werden SchülerInnen „derzeit in besonderenLerngruppen für Kinder ohne Deutschkenntnisse ander Hermann-von-Helmholtz-Schule, der Walter-Gropius-Schule und der Schule am Zwickauer Damm beschult. Vielevon ihnen bringen aus ihren Heimatländern nicht genügendschulische Vorerfahrung und Sprachkenntnisse mit, umeinen regulären Schulabschluss in Deutschland zu erlangen.Insofern ist eine frühe alternative berufliche Perspektivenentwicklungnotwendig.“ (BA Neukölln, 13.11.2012)Es ist empörend, dass für Roma Jugendliche kein Bewusstsein,keine Verantwortung und Sensibilität sowie Unterstützungbesteht. An den Aussagen lässt sich erkennen wie wenigVerständnis und Willen zur Unterstützung und Solidaritätseitens „European-Neighbours“, deren Kooperationspartner-Innen und deren UnterstützerInnen besteht. Stefan Benedikund Barbara Tiefenbacher (Zeitgeschichte-Institut derUniversität Graz) sind der Ansicht, dass mit diesem Projekteine koloniale Politik gefördert wird. In der eben erwähntenPolitik wird von rassenanthropologischen Festschreibungenausgegangen. Folglich wird in dem Konzept zum Projektdavon ausgegangen, dass „ZigeunerInnen“ weniger