EBGEO - euro-ce
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Aydogmus, T.; Klapperich, H. (2004): Geokunststoffbewehrte Böschungen und Stützkonstruktionen – <strong>EBGEO</strong> (neu). Weiterbildungsseminar<br />
DIN 1054 (neu): Praktische Beispiele - Vergleiche – Erfahrungen. Fortsetzung des Einführungsseminars vom 4.<br />
April 2003. 2. April 2004, pp. 23, refs. 21, Freiberg. www.<strong>euro</strong>-<strong>ce</strong>.com<br />
Geokunststoffbewehrte Böschungen und<br />
Stützkonstruktionen<br />
– <strong>EBGEO</strong> (neu) –<br />
Taner AYDOĞMUŞ 1) , Herbert KLAPPERICH 2)<br />
KURZFASSUNG: Im Januar 2003 erschien die DIN 1054 „Baugrund, Sicherheitsnachweise<br />
im Erd- und Grundbau“. Dieser Norm beruht auf dem <strong>euro</strong>päisch vereinbarten<br />
„Teilsicherheitskonzept“ (EC7) und soll die 1976 eingeführte DIN 1054<br />
„Zulässige Belastung des Baugrunds“ ersetzen. Dieser Beitrag soll einen Überblick<br />
geben, welche Regeln der DIN 1054 (Jan. 2003) die darin genannten geokunststoffbewehrten<br />
Erdkörper und konstruktiven Böschungssicherungen betreffen und welche<br />
Konsequenzen sich für die erforderliche Überarbeitung bzw. Ergänzung der „Empfehlungen<br />
für Bewehrungen aus Geokunststoffen“ (<strong>EBGEO</strong>) ergeben. <strong>EBGEO</strong> ist die<br />
erste deutsche Zusammenfassung des erreichten Wissensstandes für die ingenieurmäßige<br />
Bauweise und Anwendung der Geokunststoffe bei Bewehrungsaufgaben.<br />
Sie wurden im Rahmen der <strong>euro</strong>päischen Harmonisierung der Normen auf die Anwendung<br />
des neuen Sicherheitskonzepts (probabilistisches Sicherheitskonzept)<br />
gemäß DIN-V 1054-100 ausgerichtet. Jedoch wurde diese Norm nicht bauaufsichtlich<br />
eingeführt. <strong>EBGEO</strong> befindet sich derzeit in Überarbeitung. Im Vordergrund der<br />
Überarbeitung der <strong>EBGEO</strong> steht die Berücksichtigung der Neufassung der DIN 1054<br />
(Jan. 2003). Ferner werden in diesem Beitrag innovative versuchstechnische Möglichkeiten<br />
- am Institut für Geotechnik der Technischen Universität Bergakademie<br />
Freiberg - zur Untersuchung und Optimierung solcher Geokunststoff-Boden-<br />
Verbundkonstruktionen erläutert.<br />
1 Einführung<br />
Als ein Ergebnis der <strong>euro</strong>paweiten Harmonisierung werden im Bauingenieurwesen<br />
neue, einheitliche Normen eingeführt. Diese neue Normengeneration sieht<br />
anstelle der bisher üblichen „globalen“ Sicherheiten gegen das Versagen (deterministisches<br />
Sicherheitskonzept) Teilsicherheitskonzepte vor (probabilistisches Sicherheitskonzept),<br />
in dem versucht wird, die systematischen und zufallsbedingten<br />
Streuungen und Fehler der maßgebenden Einflussgrößen rechnerisch oder experimentell<br />
zu erfassen [1], [2].<br />
1) Dipl.-Ing. Taner Aydoğmuş; TU Bergakademie Freiberg, Institut für Geotechnik;<br />
Tel.: (+49-3731) 39-3453; Fax: (+49-3731) 39-3501; Email: Taner.Aydogmus@ifgt.tu-freiberg.de<br />
2) Univ.-Prof. Dr.-Ing. Herber Klapperich; TU Bergakademie Freiberg, Institut für Geotechnik;<br />
Tel.: (+49-3731) 39-3614; Fax: (+49-3731) 39-3501; Email: klapperi@ifgt.tu-freiberg.de<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 1 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
Mit der DIN 1054 „Baugrund, Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau“ erschien<br />
im Januar 2003 nach über 20 Jahren eine Neuausgabe dieser grundlegenden Norm.<br />
Die neue DIN 1054 steht im Zusammenhang mit dem neuen <strong>euro</strong>päischen Normenwerk,<br />
den Eurocodes (EC), hier insbesondere mit EN 1997 (EC 7) „Entwurf, Berechnung<br />
und Bemessung in der Geotechnik, Teil 1, Allgemeine Regeln“. Dieses<br />
Regelwerk liegt inzwischen vor, muss aber noch die <strong>euro</strong>päischen Gremien durchlaufen.<br />
Voraussichtlich werden in einer Übergangszeit von 5 Jahren beide neue<br />
Normen nebeneinander gültig sein. Später wird der EC 7 alleine verbindlich und eine<br />
ggf. noch einmal zu modifizierende DIN 1054 als nationaler Anhang des EC 7 zu<br />
beachten sein [2].<br />
Mit der Einführung der neuen DIN 1054 ergeben sich erhebliche Änderungen. Diese<br />
werden bei der Neubearbeitung und/oder Erweiterung bestehender Regelwerke,<br />
Richtlinien, Empfehlungen etc., wie z. B. bei <strong>EBGEO</strong> „Empfehlungen für Bewehrungen<br />
aus Geokunststoffen", eingearbeitet.<br />
Anhand geokunststoffbewehrter Böschungen und Stützkonstruktionen soll dieser<br />
Beitrag vornehmlich einen Überblick geben, welche Regeln der DIN 1054 (Jan. 2003)<br />
die darin genannten geokunststoffbewehrten Erdkörper und konstruktiven Böschungssicherungen<br />
betreffen und welche Konsequenzen sich für die erforderliche<br />
Überarbeitung bzw. Ergänzung der „Empfehlungen für Bewehrungen aus Geokunststoffen“<br />
(<strong>EBGEO</strong>) ergeben.<br />
Ferner wird der Vollständigkeit halber einleitend kurz auf das Fachgebiet der „Geokunststoffe“<br />
eingegangen und ein Abriss über <strong>EBGEO</strong> gegeben und somit der mittlerweile<br />
starken Entwicklung und Akzeptanz der Bauweise mit dem ökonomischen<br />
und ökologischen Baumaterial „Geokunststoff“ Rechnung getragen. Überdies werden<br />
in diesem Beitrag innovative versuchstechnische Möglichkeiten - am Institut für Geotechnik<br />
der Technischen Universität Bergakademie Freiberg - zur Untersuchung und<br />
Optimierung solcher Geokunststoff-Boden-Verbundkonstruktionen erläutert.<br />
2 Bauen mit Geokunststoffen<br />
„Geokunststoff ist ein Oberbegriff, der ein Produkt beschreibt, bei dem mindestens<br />
ein Bestandteil aus synthetischem oder natürlichem Polymer hergestellt<br />
wurde, in Form eines Flächengebildes, eines Streifens oder einer dreidimensionalen<br />
Struktur, das bei geotechnischen oder anderen Anwendungen im Bauwesen<br />
im Kontakt mit Boden und/oder anderen Baustoffen verwendet wird.“<br />
(E DIN EN ISO 10318, 2001-02, [13])<br />
Geokunststoffe werden im Küstenschutz sowie im Erd-, Straßen- und Bahnbau seit<br />
über 30 Jahren erfolgreich zum Trennen, Filtern, Drainieren, Bewehren und Schüt-<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 2 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
zen verwendet und ermöglichen ein technisch einfaches und wirtschaftliches Bauen.<br />
Einen Schwerpunkt im Straßenbau bildet z. B. der Einsatz von Geokunststoffen auf<br />
weichen Untergründen. Hier werden Vliesstoffe in Verbindung mit hochzugfesten<br />
Geogittern verlegt, um die Vermischung des weichen Untergrundes mit der Tragschicht<br />
zu vermeiden und gleichzeitig Spannungsspitzen abzubauen und eine großflächige<br />
Lastverteilung zu erreichen. Hierdurch wird die Spurrillenbildung reduziert<br />
und der Gebrauchswert der Trasse verlängert.<br />
2.1 Geo-Kunststoff = Bewehrungsmaterial<br />
Mit der Entwicklung neuartiger Technologien zur Herstellung von neuen Geokunststoffgenerationen,<br />
wie z. B. der kriecharmen, hochzugfesten Geogitter, die bei geringen<br />
Dehnungen hohe Zugkräfte aufnehmen können, sowie den Erkenntnissen neuer<br />
Forschungsarbeiten und durchgeführten Baumaßnahmen, respektive den anspruchsvollen<br />
Anforderungen des neuen Jahrhunderts, die eine konsequente Schonung<br />
der vorhandenen Ressour<strong>ce</strong>n verlangt, zeichnet sich eine weltweite Tendenz<br />
zum vermehrten Einsatz von Geokunststoffen im innovativen Ingenieurbau ab. Der<br />
Anwendungsbereich des ökonomischen und ökologischen Baumaterials „Geokunststoff“,<br />
insbesondere bei der Bewehrung des Bodens, vervielfacht sich mit der wachsenden<br />
Akzeptanz, so dass deren Anwendung in übersteilen Böschungen, hohen<br />
a) Damm auf wenig tragfähigem Untergrund<br />
c) bewehrte Gründungspolster<br />
e) bewehrte Stützwand<br />
Abb. 1: Beispiele für geokunststoffbewehrte Erdkörper<br />
b) Hohlraumüberbrückung bzw. Erdfallüberbrückung<br />
d) Bodenverbesserung von Straßenuntergrund<br />
und -unterbau<br />
f) bewehrte Böschung<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 3 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
Dämmen und bei der Hohlraumüberbrückung von Erdfall- und Tagesbruchgefährdeten<br />
Gebieten keine Seltenheit mehr ist. In Abb. 1 sind einige Anwendungen schematisch<br />
dargestellt.<br />
Zahlreiche in der Praxis ausgeführte Verbundbauwerke belegen, dass sich die Geokunststoffe<br />
als Bodenarmierungsmaterialien „bewährt“ haben (Herold, Aydogmus<br />
2002 [16]; Klapperich, Aydogmus, 2002 [18]; Aydogmus et al. 2003 [9]).<br />
2.2 Geokunststoffbewehrte Erde - Bewehrungsprinzip<br />
Geokunststoffbewehrte Erde (s. Abb. 1) ist ein Verbundkörper bestehend aus Geomaterialien<br />
und flächig ausgelegten Bewehrungselementen aus Geokunststoffen,<br />
welche bei unzureichender Tragfähigkeit des Untergrundes oder nicht ausreichender<br />
Standsicherheit des Erdkörpers, zur Stabilisierung angewendet werden. Die durch<br />
ständige und/oder Verkehrslasten hervorgerufenen Zugspannungen im Boden werden<br />
von den zugfesten Geokunststoffen, innerhalb ihrer Grenzdehnungen, über<br />
Reibung, Verzahnung und/oder Adhäsion im Korngerüst aufgenommen und in den<br />
Untergrund abgetragen. Die Bewehrungsrichtung entspricht dabei, ähnlich dem<br />
Stahlbetonbau, der Richtung, in welcher die Zugkräfte auftreten. In der Bewehrungsrichtung<br />
wird dadurch im Boden eine anisotrope Kohäsion erzeugt, deren Wert dem<br />
Reibungswiderstand Boden - Bewehrung direkt proportional ist. Dem Boden können<br />
somit Zugspannungen zugeordnet werden, die von rolligem Schüttmaterial nicht und<br />
von bindigem Lockergestein nur in geringem Maße aufgenommen werden können<br />
[19].<br />
Die Wirkungsweise geokunststoffbewehrter Böden lässt sich am besten schematisch<br />
durch die Darstellung einer steilen Böschung zeigen (s. Abb. 2). Das Ziel der Bewehrung<br />
in diesem Beispiel besteht generell darin, die dem Boden fehlende Eigenschaft<br />
- Zugkräfte aufzunehmen - einzubringen.<br />
Abb. 2: Aufgabe der Bewehrung<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 4 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
Im Boden ohne Bewehrung bilden sich beim Überschreiten der Scherfestigkeit Gleit-<br />
oder Bruchflächen. Das Verbinden durch Zugelemente quer über Gleitflächen verhindert<br />
das gegenseitige Verschieben der Gleitmassen durch Anspannen der Bewehrung.<br />
Gemäß der Erfahrung bewirken selbst geringe Mengen solcher „Zugfasern“<br />
ein total unterschiedliches Verhalten des sonst kohäsionslosen Bodens. Darin liegt<br />
der überraschende Erfolg der Geokunststoffeinlagen [17].<br />
2.3 Bewehrungsmaterialien<br />
Für die Bewehrung von Boden werden unterschiedlichste Geokunststoffe (Geotextilien,<br />
geotextilverwandte Produkte sowie Geoverbundstoffe oder Geokomposits) verwendet.<br />
Die produktspezifischen Eigenschaften von Bewehrungselementen werden<br />
im Wesentlichen von den Ausgangsmaterialien/Rohstoffen und der Herstellungsart<br />
bestimmt, die durch die Kurzzeit- und Langzeitzugfestigkeit, die elastischen und die<br />
bleibenden Dehnungen, die Querkontraktion und das Kriech- sowie Relaxationsverhalten<br />
beschrieben werden können.<br />
Für die Bewehrungsfunktion kommen dabei in erster Linie Geokunststoffprodukte mit<br />
relativ geringerer Dehnfähigkeit und kleinen Kriechverformungen zum Einsatz. Für<br />
diese Anwendung können u. a. folgende polymere Ausgangsmaterialien für Geokunststoffe<br />
angesehen werden:<br />
• Aramid (AR)<br />
• Polyamid (PA)<br />
• Polyester (PES, PET)<br />
• Polyethylen (PE)<br />
• Polyprophylen (PP)<br />
2.4 Füllboden<br />
Die einzuhaltenden Kriterien bei der Kornzusammensetzung des Füllbodens werden<br />
in <strong>EBGEO</strong> [14] in Abhängigkeit der Bauwerksbeanspruchung – vorwiegend statisch<br />
oder vorwiegend dynamisch – unterschieden. Die bodenmechanischen Minimalanforderungen,<br />
z. B. die Tragfähigkeit, das Verformungs- und Entwässerungsverhalten<br />
etc., richten sich nach den Forderungen, die an das Bauwerk zu stellen sind.<br />
Die Wahl der elementaren Materialien der Verbundkonstruktion geschieht unter Abwägung<br />
der bautechnischen Erfordernisse, des ökologischen Gesichtspunktes und<br />
der ökonomischen Machbarkeit. Wichtig ist, auf welche Geokunststoffe oder Füllböden<br />
die Wahl fällt, dass sie im Hinblick auf die Verbundwirkung (s. Kapitel 5) aufeinander<br />
abgestimmt sind.<br />
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3 <strong>EBGEO</strong><br />
Die „Empfehlungen für Bewehrungen aus Geokunststoffen“ (<strong>EBGEO</strong>) (s. Abb. 3,<br />
[14]) wurden vom Arbeitskreis 5.2 „Berechnung und Dimensionierung von Erdkörpern<br />
mit Bewehrungseinlagen aus Geokunststoffen“ der Fachsektion „Kunststoffe in der<br />
Geotechnik“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e. V. (DGGT) aufgestellt.<br />
Die <strong>EBGEO</strong> ist die erste deutsche Zusammenfassung des erreichten Wissensstandes<br />
für die ingenieurmäßige Bauweise und Anwendung der Geokunststoffe bei Bewehrungsaufgaben.<br />
Sie wurden im Rahmen der <strong>euro</strong>päischen Harmonisierung der<br />
Normen auf die Anwendung des neuen Sicherheitskonzepts (probabilistisches Sicherheitskonzept)<br />
gemäß DIN-V 1054-100 ausgerichtet.<br />
Abb. 3: Empfehlungen für Bewehrungen<br />
aus Geokunststoffen – <strong>EBGEO</strong> [14]<br />
In den Empfehlungen der 1997 erschienenen<br />
Erstfassung der <strong>EBGEO</strong> werden alle wichtigen<br />
Fragen zur Berechnung und Dimensionierung von<br />
Erdkörpern mit Bewehrungen aus Geokunststoffen<br />
für nachfolgende Anwendungen behandelt:<br />
• Dämme auf wenig tragfähigem Untergrund<br />
• Tragschichten von Eisenbahnstrecken<br />
• Bodenverbesserungsschichten im<br />
Straßenbau<br />
• Bewehrte Gründungspolster<br />
• Böschungen<br />
• Stützkonstruktionen und<br />
• Deponiebau<br />
Komplettiert wird das Regelwerk durch ausführliche<br />
Berechnungsbeispiele für die einzelnen Anwendungen<br />
im Anhang.<br />
Gerade durch die zunehmende Anwendung von Geokunststoffen in immer mehr<br />
Bereichen des Bauwesens sind diese Empfehlungen ein unverzichtbares Arbeitsmittel<br />
für Planer, Ausführende und Entscheidungsträger. Ein Zeichen dafür ist die Tatsache,<br />
dass die Empfehlungen für Bewehrungen aus Geokunststoffen (<strong>EBGEO</strong>)<br />
zwischenzeitlich vergriffen waren.<br />
Der AK 5.2 ist im März 1999 neu zusammengetreten und hat mit der Überarbeitung<br />
und Ergänzung der <strong>EBGEO</strong> begonnen. Da die Neufassung - aufgrund der neu aufzunehmenden<br />
Anwendungsgebiete - kurzfristig nicht fertig gestellt werden konnte,<br />
wurde ein unveränderter Nachdruck herausgegeben.<br />
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Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
Mit der Überarbeitung der <strong>EBGEO</strong> der DGGT wird der mittlerweile starken Entwicklung<br />
der Bauweise und der Geokunststoffprodukte Rechung getragen. Sowohl das<br />
Produktspektrum als auch das Anwendungsspektrum haben sich in den Jahren seit<br />
der Erarbeitung der Empfehlung stark erweitert. Ferner steht im Vordergrund der<br />
Überarbeitung der <strong>EBGEO</strong> die Berücksichtigung der Neufassung der DIN 1054 (Jan.<br />
2003), die in vielen Bereichen grundsätzliche Änderungen der bisherigen Vorgehensweise<br />
nach sich zieht. Eine Bearbeitung der <strong>EBGEO</strong> ohne Vorlage eines endgültigen<br />
Normentextes war bisher erschwert. Die Berücksichtigung der Regelungen<br />
hinsichtlich der CE – Kennzeichnung der Geokunststoffe bringt weiteren Überarbeitungsbedarf.<br />
Von den bestehenden Arbeitsgruppen, die sich an den bisherigen Kapiteln der<br />
<strong>EBGEO</strong> orientieren, liegen derzeit erste Textvorlagen u. a. zu den "Grundsätzen der<br />
Berechnungen" und zu dem Themenkreis "Stützkonstruktionen und Böschungen"<br />
vor. Dabei führte die Zuordnung zu den Grenzzuständen und die Behandlung der<br />
Sicherheitsbeiwerte der Bewehrungen zu regen Diskussionen (Bräu, 2002, [10]).<br />
Neben der Überarbeitung der bereits existierenden Abschnitte sollen weitere Möglichkeiten<br />
der Bewehrung mit Geokunststoffen behandelt werden. Zum Einsatzgebiet<br />
"Bewehrte Erdkörper auf punkt- und linienförmigen Traggliedern" wurde ein Empfehlungsentwurf<br />
in der Arbeitsgruppe fertig gestellt. Gegenstand der Vorlage ist die<br />
Bemessung des bewehrten Erdkörpers, der den wenig tragfähigen Boden zwischen<br />
vertikalen punktförmigen (Pfähle oder pfahlähnliche Elemente) oder linienförmigen<br />
Traggliedern (Schlitzwände, Pfahlwände) überbrückt und die Lasten in diese Tragglieder<br />
einleitet. Hierbei sind die Lastumlagerung im Erdkörper infolge Gewölbewirkung<br />
ebenso zu berücksichtigen wie die Membranwirkung der Bewehrung, bei der<br />
der wenig tragfähige Boden mehr oder weniger stark zur Mitwirkung herangezogen<br />
wird.<br />
Bei diesem Einsatzgebiet werden als vertikale Tragglieder vermehrt auch Bodensäulen<br />
in unterschiedlichsten Abmessungen verwendet, die mit Geokunststoffen ummantelt<br />
sind. Die Erarbeitung von Bemessungsempfehlungen und -anforderungen für<br />
„Geokunststoffummantelte Säulen“ ist im Arbeitskreis vorgesehen, wegen derzeit<br />
noch nicht geklärter Schutzansprüche verschiedener Hersteller jedoch ausgesetzt<br />
(Bräu, 2002, [10]).<br />
Ein weiterer Themenbereich, der nicht zuletzt auf der Tagung FS-KGEO 01 der<br />
Fachsektion "Kunststoffe in der Geotechnik" stark vertreten war und in der Praxis<br />
große Bedeutung erlangt hat, ist die „Überbrückung von Erdeinbrüchen“ mit bewehrten<br />
Erdkörpern. Hierzu wurde im Herbst 2001 eine neue Arbeitsgruppe eingerichtet.<br />
Die entstehende Empfehlung behandelt sowohl Sanierungs- als auch Sicherungslösungen<br />
im Zuge von Verkehrsbaumaßnahmen. Hierbei handelt es sich um die Sanierung<br />
von lokal bereits eingetretenen Erdeinbrüchen sowie um präventive Sicherung<br />
von Verkehrswegen, die über einbruchgefährdeten Gebieten hinweg geführt werden<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 7 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
müssen. Sicherungslösungen im Rahmen von Hochbaukonstruktionen werden in der<br />
Empfehlung somit nicht behandelt.<br />
4 Grundsätze der Sicherheitsnachweise geokunststoffbewehrter<br />
Böschungen und Stützkonstruktionen<br />
4.1 Geokunststoffbewehrte Böschungen und Stützkonstruktion<br />
Eine Stützkonstruktion im Sinne der <strong>EBGEO</strong> [14] ist eine Konstruktion zur Sicherung<br />
eines Geländesprungs, bestehend aus einem mit Geokunststoffen bewehrten Erdkörper,<br />
dessen Außenhaut eine Neigung gegenüber der Horizontalen von mindestens<br />
70° hat. Konstruktionen dessen Böschungsoberfläche bis zu 70° geneigt sind,<br />
werden als bewehrte Böschungen definiert. Dies hat jedoch keine Auswirkung auf die<br />
Art der durchzuführenden Nachweise. Ein Beispiel mit Bezeichnungen und Geometrie<br />
ist in Abb. 4 angegeben.<br />
Gesamthöhe H<br />
Begrünungs- und<br />
Erosionsschutzmatte<br />
Böschungsneigung<br />
Einbindetiefe T<br />
β<br />
Basisbreite B<br />
Mutterboden Terrain<br />
FÜLLBODEN<br />
Nach <strong>EBGEO</strong> (1997):<br />
• bewehrte Böschung: β < 70°<br />
• bewehrte Stützkonstruktion ≥ 70°<br />
Abb. 4: Bezeichnungen und Geometrie einer geokunststoffbewehrten Stützkonstruktion<br />
Lagenabstand<br />
GEOKUNSTSTOFF-<br />
BEWEHRUNG<br />
4.2 Zuordnung<br />
Die geokunststoffbewehrten Böschungen und Erdkonstruktionen finden sich in der<br />
neuen Normung DIN 1054 (Jan. 2003) im Abschnitt 12 unter den Nachweisen der<br />
Gesamtstandsicherheit von Geländesprüngen im Sinne eines Böschungs- und Geländebruchs<br />
nach DIN 4084. Hierbei werden im Wesentlichen die nachfolgend genannten<br />
Erd- und Stützkonstruktionen bzw. Sicherungsmaßnahmen erfasst:<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 8 –<br />
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(2) „Hänge, Böschungen und Dämme, die nicht oder nur durch eine Oberflächenabdeckung<br />
gesichert sind. Im Grenzzustand GZ 1 kann ein Erdkörper<br />
mit geneigter Geländeoberfläche aufgrund seines Eigengewichtes, gegebenenfalls<br />
auch unter zusätzlichem Einfluss von Bauwerkslasten oder infolge<br />
einer zusätzlichen Wirkung von Strömungsdruck, in Form eines<br />
Böschungsbruchs als Ganzes abrutschen (siehe 12.3).“<br />
(3) „Nicht verankerte Stützbauwerke in Form von Gewichtsstützwänden, z. B.<br />
massive unbewehrte Stützwände, Winkelstützwände, Raumgitterkonstruktionen,<br />
Stützkonstruktionen aus Gabionen, sowie nicht gestützte, im Boden<br />
eingespannte Wände, z. B. Spundwände, Bohrpfahlwände,<br />
Schlitzwände, Trägerbohlwände. Sie können im Grenzzustand GZ 1 zusammen<br />
mit dem Boden im Bereich des abgestützten Geländesprunges<br />
als Ganzes verschoben werden oder abrutschen (siehe 12.3).“<br />
(4) „Einfach oder mehrfach durch Anker oder Zugpfähle verankerte Stützwände,<br />
z. B. Spundwände, Schlitzwände, Bohrpfahlwände, Trägerbohlwände,<br />
die durch ihre Fußeinbindung waagerechte und senkrechte Kräfte in den<br />
Baugrund übertragen können. Sie können im Grenzzustand GZ 1 zusammen<br />
mit dem von den Ankern bzw. den Zugpfählen erfassten Boden oder<br />
auf Gleitflächen, welche einen Teil der Zugglieder schneiden, abrutschen<br />
(siehe 12.3).“<br />
(5) „Konstruktive Böschungssicherungen, z. B. Hangverdübelung, Felsverankerung,<br />
Bodenvernagelung, Elementwand, geotextilbewehrte Böschungen<br />
und geotextilbewehrte Konstruktionen sowie Bewehrte-Erde-<br />
Bauwerke, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Außenhaut außer<br />
ihrem Eigengewicht keine weiteren waagerechten oder senkrechten Auflagerlasten<br />
in den Baugrund eintragen kann. Diese Sicherungskonstruktionen<br />
können im Grenzzustand GZ 1 zusammen mit dem von den<br />
Zugelementen erfassten Boden oder auf Gleitflächen, welche die Zugelemente<br />
schneiden, als Ganzes abrutschen (siehe 12.4).“<br />
Die nachfolgend beschriebenen Ausführungen beziehen sich auf die unter Abschnitt<br />
12.1.1, Ziffer (5) beschriebenen Böschungen und Konstruktionen, für die zusätzlich<br />
zur Böschungs- oder Geländebruchsicherheit die ausreichende Tragfähigkeit im<br />
Rahmen des Grenzzustandes GZ 1 nachzuweisen ist.<br />
4.3 Nachweis der Standsicherheit<br />
Gemäß DIN 1054 (Jan. 2003) sind für Erdkörper mit Bewehrungseinlagen aus Geokunststoffen<br />
- gleichermaßen wie für andere geotechnische Bauwerke - die Grenzzustände<br />
der Tragfähigkeit (GZ 1) und der Gebrauchstauglichkeit (GZ 2) mit<br />
hinreichender Wahrscheinlichkeit abzusichern. Dem Grunde nach beinhaltet die DIN<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 9 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
1054 (Jan. 2003) die gleichen grundsätzlichen Anforderungen wie die bisherige Vornorm<br />
V DIN 1054-100, die auch der <strong>EBGEO</strong> (1997, [14]) zugrunde liegen. Abb. 5<br />
zeigt die Zuordnung der Nachweise zu den Grenzzuständen gemäß DIN 1054 (Jan.<br />
2003).<br />
Grenzzustand der Tragfähigkeit<br />
GZ 1<br />
GZ 1A<br />
o Sicherheit gegen Kippen<br />
o Lage der<br />
Sohldruckresultierenden<br />
Abb. 5: Zuordnung der Nachweise zu den Grenzzuständen gemäß DIN 1054 (Jan. 2003)<br />
Die Standsicherheit eines Erdkörpers mit Bewehrungseinlagen aus Geokunststoffen<br />
ist im Regelfall nachgewiesen, wenn die sog. Grenzzustandsbedingung<br />
∑Ed,i ≤ ∑R<br />
d,i<br />
(4.1)<br />
erfüllt ist. Hierin sind:<br />
Grenzzustand<br />
GZ<br />
GZ 1B GZ 1C<br />
o Geländebruch/<br />
Böschungsbruch<br />
o Versagen auf inneren<br />
Gleitlinien<br />
o Herausziehwiderstand der<br />
Bewehrung<br />
o Grundbruch<br />
o Gleitsicherheit<br />
o Bemessungsfestigkeit der<br />
Bewehrung<br />
o Nachweis Anschluss der<br />
Außenhaut<br />
o Nachweis<br />
Überlappung/Fugen der<br />
Bewehrung<br />
(Bewehrungsstöße)<br />
Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit<br />
GZ 2<br />
o Lage der<br />
Sohldruckresultierenden<br />
o Verformungen der<br />
Konstruktion<br />
o Setzungen in der<br />
Aufstandsfläche<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 10 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
E der Bemessungswert der Beanspruchungen<br />
d,i<br />
d,i<br />
E d = Ek⋅γF<br />
E k = charakteristischer Wert der Beanspruchung<br />
γ = Teilsicherheitsbeiwert für Einwirkungen<br />
F<br />
R der Bemessungswert der Widerstände<br />
Rk<br />
R d =<br />
γR<br />
R k = charakteristischer<br />
Wert des Widerstandes<br />
= Teilsicherheitsbeiwert für Widerstände.<br />
γ R<br />
Das Sicherheitsniveau wird konzeptionell mit Hilfe von Teilsicherheitsbeiwerten für<br />
Einwirkungen bzw. Beanspruchungen und für Widerstände abgedeckt (Tabelle 2 und<br />
3 der DIN 1054 (Jan. 2003)).<br />
4.4 Grenzzustand der Tragfähigkeit GZ 1<br />
Der Grenzzustand der Tragfähigkeit GZ 1 wird im Regelfall mit herkömmlichen<br />
Grenzgleichgewichtsmethoden bestimmt. Für den Nachweis des Grenzzustandes<br />
der Tragfähigkeiten müssen alle in Frage kommenden Gleitlinien untersucht und der<br />
ungünstigste Bruchmechanismus mit der kleinsten Sicherheit ermittelt werden. Es<br />
sind sowohl Bruchmechanismen, die Bewehrungslagen vollständig einschließen, als<br />
auch solche, deren Gleitlinien Bewehrungslagen schneiden zu untersuchen. Als<br />
Bruchmechanismen für geokunststoffbewehrte Erdkörper kommen in Frage:<br />
• Bruchkörper mit geraden Gleitlinien<br />
• Bruchkörper mit kreisförmigen Gleitlinien<br />
• Bruchkörper mit logarithmischen Spiralen als Gleitlinien<br />
• zusammengesetzte Bruchmechanismen mit mindestens 2 Bruchkörpern und<br />
• geraden Gleitlinien.<br />
Bei Einsatz von Geokunststoffen zur Stabilisierung bzw. zur Vergrößerung des Böschungswinkels<br />
sind entsprechend DIN 1054, Abschnitt 12.4 neben dem Nachweis<br />
der Gesamtstandsicherheit noch zusätzliche Nachweise für die eingebauten konstruktiven<br />
Böschungssicherungen und deren Herausziehen erforderlich. Im Einzelnen<br />
sind folgende Nachweise im GZ 1 zu führen:<br />
• Sicherheit gegen Versagen auf Gleitlinien durch den bewehrten Erdkörper,<br />
die die Bewehrungslagen schneiden oder zumindest tangieren (nach GZ 1C).<br />
Dabei ist als widerstehende Größe der kleinere Wert von den beiden nachfolgenden<br />
maßgebend, entweder:<br />
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− die Bemessungsfestigkeit jeder einzelnen Bewehrungslage (nach GZ 1B)<br />
oder<br />
− der Bemessungswert der Herausziehwiderstandskraft jeder einzelnen Bewehrungslage<br />
aus dem umgebenden Füllboden “links“ oder “rechts“ von<br />
der jeweiligen Gleitlinie (nach GZ 1C).<br />
• Sicherheit gegen Versagen auf Gleitlinien durch den bewehrten Erdkörper,<br />
die die Bewehrungslagen nicht schneiden oder nur tangieren (nach GZ 1C).<br />
• Festigkeit von Bewehrungsanschlüssen, -fugen, -nähten und eventuellen Anschlüssen<br />
von Konstruktionsteilen gegenüber den Einwirkungen (nach GZ<br />
1B).<br />
Im Unterschied zu der <strong>EBGEO</strong> vom 1997, bei der eine klare Trennlinie zwischen<br />
„äußeren“ und „inneren“ Nachweisen gezogen wird (<strong>EBGEO</strong> (1997), Kap. 6, [14]),<br />
wird in der Neuauflage der <strong>EBGEO</strong> der Nachweis der Standsicherheit bei Gleitlinien,<br />
die die Bewehrungslagen schneiden und/oder tangieren, als „kombinierter Nachweis“<br />
geführt werden. Hierbei erfolgt die Berechnung der Einwirkungen im GZ 1C,<br />
wobei die Bemessungsfestigkeit der Bewehrung im GZ 1B ermittelt wird. Der Herausziehwiderstand<br />
wird im GZ 1C berechnet.<br />
4.4.1 Grenzzustand GZ 1A - Verlust der Lagesicherheit<br />
Der GZ 1A, Versagen des Bauwerks durch Gleichgewichtverlust ohne Bruch, wird für<br />
geokunststoffbewehrte Systeme i. d. R. nicht maßgebend.<br />
4.4.2 Grenzzustand GZ 1C – Nachweis der Sicherheit gegen Böschungsbruch<br />
und Geländebruch<br />
Der Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit (GZ 1C) ist gemäß DIN<br />
1054, Abschnitt 3.1.2.7 wie folgt definiert:<br />
„Versagen des Baugrundes, ggf. einschließlich auf oder in ihm befindlicher<br />
Bauwerke, durch Bruch im Boden oder Fels, ggf. auch zusätzlich durch Bruch in<br />
mittrageden Bauteilen, z. B. Böschungsbruch, Geländebruch.“<br />
Für die Nachweise gemäß GZ 1C werden die Bemessungswerte der Einwirkungen<br />
aus den charakteristischen Werten durch Multiplikation und die Bemessungswerte<br />
der Widerstände aus den charakteristischen Werten durch Division mit den Teilsicherheitsbeiwerten<br />
erhalten (s. Gl. (4.2)).<br />
⎛ϕ⎞ ⎛ϕ = tan ϕ / γ ⎞<br />
k<br />
d k ϕ<br />
⎜ ⎟ ⎜ ⎟<br />
⎜ k ⎟<br />
→ ⎜ d = k / γc ⎟→<br />
d ϕd d γd ≤ d ϕd d γd<br />
⎜γ⎟ ⎜γ =γ ⎟<br />
⎝ k ⎠ ⎝ d k ⋅γG<br />
⎠<br />
c c c E( ,c, ) R( ,c, ) (4.2)<br />
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Die Sicherheit ist ausreichend erfüllt, wenn für die maßgebenden Bruchmechanismen<br />
und Bruchzustände die Grenzzustandsbedingungen nach DIN 4084 mit den<br />
Teilsicherheitsbeiwerten des Grenzzustandes GZ 1C berücksichtigt werden:<br />
Ed ≤ R d<br />
(4.3)<br />
Hierin sind:<br />
Ed der Bemessungswert der resultierenden Beanspruchung parallel zur Gleitfläche<br />
bzw. der Bemessungswert des Momentes der Einwirkungen um<br />
den Gleitkreismittelpunkt.<br />
Rd der Bemessungswert des Widerstandes parallel zur Gleitfuge bzw. der<br />
Bemessungswert des Momentes der Widerstände um den Gleitkreismittelpunkt.<br />
Bei Böschungen und Dämmen auf wenig scherfestem Untergrund ist auch die Sicherheit<br />
gegen Versagen in tiefreichenden Gleitflächen (Böschungsbruch) zu untersuchen<br />
(DIN 1054, Abschnitt 12.3, Ziffer 3).<br />
4.4.3 Grenzzustand GZ 1B & GZ 1C – Nachweis der Tragfähigkeit von konstruktiven<br />
Böschungssicherungen 3)<br />
Die in DIN 1054, Abschnitt 12.4 beschriebenen Nachweise gelten neben Konstruktionen<br />
zur Böschungssicherung sowie vernagelten oder verankerten Stützkonstruktionen<br />
für<br />
• Stützkonstruktionen aus bewehrtem, geschüttetem Boden, z. B. mit Metallstreifen<br />
oder Geotextilien bewehrte Erdkörper zur Sicherung einer Böschung;<br />
der Abschluss besteht aus einer dünnen Wandhaut oder einer leichten<br />
Wand, die nur ihr Eigengewicht in den Baugrund übertragen kann.<br />
• Bewehrte Stützkonstruktionen, die aus gestaffelten vorgefertigten massiven<br />
Wandelementen bestehen; die Wandelemente werden mittels Geotextilien<br />
verankert.<br />
Zum Nachweis der Tragfähigkeit sind die möglichen Bruchmechanismen bzw. deren<br />
Gleitfugen im Boden im Grenzzustand GZ 1C zu untersuchen. Hierbei sind die jeweilige<br />
Bauweise, Geländeform, Grundwassersituation sowie die äußeren Lasten zu<br />
berücksichtigen. Die Gleitfugen können sämtliche oder einen Teil der bewehrenden<br />
Elemente schneiden oder auch ganz umgehen.<br />
Folgende Anforderungen aus DIN 1054, Abschnitt 12.4 sollten für Konstruktionen<br />
aus Geokunststoffen hier herausgestellt sein:<br />
3) Dieser Abschnitt ist ein Extrakt aus dem Beitrag Floss, 2003, [15].<br />
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(1) Für die quasi-monolitisch definierte Konstruktion (geometrisch durch die<br />
Länge der Bewehrungselemente begrenzt) ist nachzuweisen:<br />
− die Tragfähigkeit im Grenzzustand GZ 1B (Nachweise für Flach- und<br />
Flächengründungen, DIN 1054, Abschnitt 7: Grundbruchsicherheit,<br />
Gleitsicherheit)<br />
− die zulässige Lage der Sohldruckresultierenden (DIN 1054, Abschnitt<br />
7.6.1)<br />
− die Sicherheit gegen Geländebruch im Grenzzustand GZ 1C (s. Kapitel<br />
4.4.2 des Beitrags).<br />
(2) Es ist eine ausreichende Sicherheit gegen Herausziehen des Bewehrungselementes<br />
nachzuweisen. Der Nachweis ist erbracht, wenn für den<br />
Grenzzustand GZ 1 C die Bedingung<br />
Ed ≤ R d<br />
(4.4)<br />
Erfüllt ist. Hierin sind:<br />
Ed der Bemessungswert der Herausziehbeanspruchung (DIN<br />
1054, Abschnitt 12.4.2).<br />
Rd der Bemessungswert des Herausziehwiderstandes (DIN 1054,<br />
Abschnitt 12.4.3).<br />
Die Bemessungswerte für Herausziehwiderstände von Bewehrungselementen<br />
ergeben sich aus den charakteristischen Werten, abgemindert mit<br />
den Teilsicherheitswerten (DIN 1054, Tabelle 3) für den Grenzzustand GZ<br />
1C. Die charakteristischen Werte sind nach den einschlägigen Empfehlungen<br />
und Zulassungen zu ermitteln (DIN 1054, Abschnitt 12.4.3).<br />
(3) Für alle Bauteile ist nach den dafür geltenden Regeln die Sicherheit gegen<br />
Materialversagen im Grenzzustand GZ 1B nachzuweisen. Hierbei ist folgendes<br />
zu beachten:<br />
− Die maßgebenden Bemessungswerte der Beanspruchungen ergeben<br />
sich aus den Bemessungswerten der Schnittgrößen (Regelungen nach<br />
DIN 1054, Abschnitt 12.4.2)<br />
− Für die Ermittlung der Bemessungswerte der Bauteilwiderstände sind<br />
die in den jeweiligen Bauartnormen und einschlägigen Empfehlungen<br />
angegebenen Materialkenngrößen und Teilsicherheitsbeiwerte maßgebend.<br />
Zum Nachweis der Tragfähigkeit regelt somit DIN 1054 (Jan. 2003) einige grundsätzliche<br />
Anforderungen und räumt – was wesentlich ist – den bauartspezifischen Regeln<br />
in Empfehlungen und Zulassungen maßgebende Bedeutung im Einzelfall ein. In<br />
diesem Kontext kommt somit den Empfehlungen der <strong>EBGEO</strong> besondere Bedeutung<br />
zu, insbesondere bezüglich der charakteristischen Werte für die Herausziehbean-<br />
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spruchungen, für die boden- sowie geokunststoffspezifischen Herausziehwiderstände<br />
sowie für die Materialkennwerte und Teilsicherheitsbeiwerte zur Bemessung der<br />
systembedingten Bauteilwiderstände.<br />
4.5 Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit GZ 2<br />
Der Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (GZ 2) bezieht sich auf zulässige Verformungen<br />
bzw. Verschiebungen. Zu diesem Nachweis enthält DIN 1054 noch keine<br />
hinreichenden Angaben. Der Grund liegt in der nach wie vor zu geringen Erfahrungsbasis<br />
mit zulässigen und tatsächlichen Verformungen bzw. Verschiebungen der<br />
verschiedenen Konstruktionssysteme. Wesentliche Kriterien für geokunststoffbewehrte<br />
Konstruktionen müssten gezielt nachgeholt und vorläufig bei der Neuauflage<br />
der <strong>EBGEO</strong> zur späteren Verifizierung vorgegeben werden. Immerhin beinhaltet die<br />
DIN 1054, Abschnitt 12.5 einige Regeln, die für die Bemessung weiterhelfen, ohne<br />
allerdings das hohe Sicherheitspotential von geokunststoffbewehrten Konstruktionen<br />
angemessen zu berücksichtigen (Floss, 2001, [15]):<br />
• Bei Böschungen in weichen bindigen Böden darf die Gebrauchstauglichkeit<br />
anhand der Scherfestigkeit im Triaxialversuch beurteilt werden (DIN 1054,<br />
Abschnitt 12.5, Ziffer 2).<br />
• Bei Geländesprüngen neben Gebäuden oder Verkehrsflächen, die erhöhten<br />
Gebrauchstauglichkeitsanforderungen unterliegen, wird je nach Einzelfall<br />
empfohlen:<br />
− die Einführung von Anpassungsfaktoren η < 1 für Bodenwiderstände beim<br />
Nachweis des Grenzzustandes GZ 1C,<br />
− die Beobachtungsmethode (vgl. DIN 1054, Abschnitt 12.5, Ziffer 3).<br />
• Beim Nachweis der Gebrauchstauglichkeit von Stützkonstruktionen mit nicht<br />
vorgespannten Zuggliedern ist die Verträglichkeit der Verformungen des gesamten<br />
Systems mit den Dehnungen der Zugglieder zu prüfen (DIN 1054,<br />
Abschnitt 12.5, Ziffer 4).<br />
Gemäß DIN 1054, Abschnitt 12.5, Ziffer 1 decken Teilsicherheitsbeiwerte der Tabelle<br />
2 und 3 für den Lastfall LF1 im Grenzzustand GZ 1C in der Regel auch eine ausreichende<br />
Sicherheit gegen den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit. Ferner darf<br />
auf den Nachweis der Verformung des bewehrten Erdkörpers im Regelfall bei Ansatz<br />
der Geotechnischen Kategorie 1 und 2 nach DIN 1054 (Jan. 2003) verzichtet werden,<br />
wenn dieses durch die Annahme eines nach den Erfahrungen ausreichenden<br />
Sicherheitsabstandes zum Bruchzustand (z. B. geringerer Ausnutzungsgrad 1/f ≤<br />
0,5) sichergestellt wird. Sofern keine gesicherten Erfahrungen oder Messwerte für<br />
vergleichbare Konstruktionen in dieser Bauweise vorliegen (vgl. DIN 1054), an denen<br />
die Verformungsberechnungen kalibriert werden können, ist bei Konstruktionen, die<br />
der Geotechnischen Kategorie 3 nach DIN 1054 zuzuordnen sind, die Beobachtungsmethode<br />
unabhängig vom zu führenden Verformungsnachweis anzuwenden.<br />
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Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
5 Innovative versuchstechnische Möglichkeiten zur Untersuchung<br />
und Optimierung von Verbundkonstruktionen<br />
Für den Grenzzustand der Tragfähigkeit von geotechnischen Konstruktionen wird in<br />
den üblichen auf Starrkörpermechanismen beruhenden Berechnungsverfahren davon<br />
ausgegangen, dass sich im Erdstoff kinematisch mögliche, diskrete Gleitflächen<br />
ausbilden. Diese Gleitflächen können innerhalb von Erdstoffen und in den Schnittgrenzen<br />
zwischen Erdstoffen und anderen Konstruktionselementen liegen. Für die<br />
Standsicherheitsnachweise werden nach dem EULER’schen Schnittprinzip an den<br />
Schnittufern die jeweils wirksamen Kraftvektoren angetragen, wobei sich die haltenden<br />
Komponenten meist aus Reibungskräften und ggf. Kohäsions- oder Adhäsionskräften<br />
zusammensetzen. Je nach der Lage der Gleitfläche ist somit zwischen der<br />
inneren Reibung von Erdstoffen und der äußeren Reibung in deren Schnittgrenzen<br />
zu anderen Bauteilen zu untersuchen [20]. Exemplarisch sind in Abb. 6 die Scher-,<br />
Reibungs- und Herausziehwiderstände an den Schichtgrenzen einer geokunststoffbewehrten<br />
Stützkonstruktion dargestellt, die für die Nachweise der Standsicherheit<br />
unerlässlich sind.<br />
Reibungswiderstand<br />
Füllboden/ Geokunststoff<br />
Herausziehwiderstand<br />
Füllboden/ Geokunststoff<br />
Beidseitiger<br />
Reibungswiderstand<br />
Scherwiderstand<br />
Füllboden/ anstehender Boden<br />
Terrain<br />
Scherwiderstand<br />
Füllboden/ Füllboden<br />
Abb. 6: Scher-, Reibungs- und Herausziehwiderstände bei den Nachweisen der Standsicherheit einer<br />
geokunststoffbewehrten Stützkonstruktion<br />
Demzufolge erfordert eine sichere und wirtschaftliche Bemessung von anspruchsvollen<br />
Konstruktionen mit Geokunststoffeinlagen, die vorwiegend für Bewehrungszwecke<br />
verwendet werden, genaue Kenntnis über die „Reibungseigenschaften“ in den<br />
Schichtgrenzen zwischen verschiedenen Geokunststoffen sowie zwischen Geokunststoffen<br />
und Geomaterialien. Dieser ist unter anderem von der Partikelgröße und<br />
-form des Geomaterials, der Materialeigenschaft und der Oberflächenbeschaffenheit<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 16 –<br />
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des Geokunststoffs sowie von der örtlich wirkenden Überlagerungsspannung abhängig.<br />
Zur Einschätzung der Hauptversagensmechanismen eines geokunststoffbewehrten<br />
Erdkörpers werden üblicherweise Scher-, Reibungs- und Pull-Out-Versuche durchgeführt.<br />
Folglich ist es von großem Interesse, ein Prüfgerät zur Ermittlung dieses<br />
Grenzflächenreibungsbeiwerts für die unterschiedlichen Versagensmechanismen zu<br />
benutzen, das eine Anpassung der Versuchsrandbedingungen an die in-situ Verhältnisse<br />
ermöglicht und zugleich negative Prüfgerät-Konfigurationseffekte auf das Versuchsergebnis<br />
weitgehend eliminiert. Aus dieser Notwendigkeit wurde am Institut für<br />
Geotechnik der Technischen Universität Bergakademie Freiberg – in Kooperation mit<br />
der Fa. Wille GeoTechnik GmbH, Göttingen – nach dem aktuellen Stand der Versuchstechnik<br />
entsprechend und nach den Vorgaben der neuen Normen (z. B. DIN<br />
18137-3: 2002-08) ein Großrahmenschergerät mit 500 mm x 500 mm Scherfläche,<br />
einer Probenhöhe von 200 mm, einer maximalen Normalspannung bis zu 600 kN/m 2<br />
sowie einer max. Scher- bzw. Herausziehkraft von 125 kN konstruiert und gebaut.<br />
Hierdurch wird die Bestimmung der für die Bemessung erforderlichen Parameter in<br />
einer Art und Weise ermöglicht, die weitgehend den in-situ Verhältnissen anpassbar<br />
ist. Mit anderen Worten: Die Untersuchung von grobkörnigen Erdstoffen bis zu einem<br />
Größtkorndurchmesser von 45 mm sowie größeren Normalspannungen und Scher-<br />
bzw. Herausziehwegen.<br />
Eine schematische Darstellung des Geosynthetik-Boden-Interaktionsprüfgeräts (IPG)<br />
im Querschnitt ist in Abb. 7 bzw. ein Foto in Abb. 8 dargestellt.<br />
Vortrieb<br />
T<br />
S<br />
Klemmbackeneinheit A<br />
K<br />
S<br />
A<br />
Großrahmenschergeräteeinheit<br />
H<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 17 –<br />
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P<br />
500 mm<br />
Abb. 7: Schematische Darstellung des Geosynthetik-Boden-Interaktionsprüfgeräts (IPG)<br />
H<br />
A<br />
Klemmbackeneinheit B<br />
200 mm<br />
K
5.1 Das Geosynthetik-Boden-Interaktionsprüfgerät – IPG<br />
Wie aus den Abbildungen 7 und 8 ersichtlich ist, besteht das Interaktionsprüfgerät im<br />
Wesentlichen aus den beiden Hauptelementen:<br />
Abb. 8: Geosynthetik-Boden-<br />
Interaktionsprüfgerät (IPG)<br />
• „Großrahmenschergeräteeinheit“ mit<br />
parallel geführtem, optional vertikal verschieblichem<br />
oberen Rahmen<br />
und<br />
• den neu entwickelten „Klemmbackeneinheiten“.<br />
Die modulare Bauweise des Prüfgeräts<br />
ermöglicht vielfältige, reproduzierbare mechanisch<br />
saubere kinematische und kinetische<br />
Randbedingungen im geprüften<br />
Material oder Materialverbund. Ferner gewährleisten<br />
die neu entwickelten, modularen<br />
Einspannklemmeinheiten die Fassung<br />
eines breiten Spektrums von Geokunststoffen,<br />
die weitgehend weder ein Klemmbruch<br />
noch eine Schwächung des zu prüfenden<br />
Materials verursachen.<br />
Die Konstruktion des vollautomatischen Interaktionsprüfgeräts mit integrierter Pull-<br />
Out-Einrichtung ermöglicht die Durchführung von<br />
• direkten Scherversuchen,<br />
• Reibungsversuchen,<br />
• Pull-Out-Versuchen<br />
sowie<br />
• eine Reihe, gegenüber der heutigen Geosynthetik Prüfpraxis, innovativer<br />
Scher-, Reibungs- und Pull-Out-Versuchsarten [Aydogmus et al. [3], [4], [5], [6]<br />
und [7]]<br />
mit leicht reproduzierbaren – den in-situ Verhältnissen anpassbaren – Randbedingungen.<br />
Das Prüfgerät ist mit einer grundlegenden Konfiguration an Kraft- und Wegmessaufnehmern<br />
ausgerüstet. Das elektronische System der Versuchseinrichtung stellt für<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 18 –<br />
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erweiterte Messaufgaben mit einer speziellen messtechnischen Ausrüstung eine<br />
Infrastruktur bereit. Die Datenerfassung wird mit einem gesonderten Messdatensammler<br />
abgewickelt und zur Überwachung, Berechnung und Auswertung in einen<br />
Rechner eingespeist.<br />
Die Software zur Steuerung und Regelung des Prüfgeräts sowie des Messprogramms<br />
zur Messdatenerfassung und -verarbeitung wurde mit dem Programmsystem<br />
LabVIEW von National Instruments entwickelt. Die Eigenentwicklung der<br />
Software hat den Vorteil, dass in bestimmtem Rahmen Spielraum für individuelle<br />
Anforderungen geschaffen wird, der für Forschungszwecke bedeutungsvoll ist. Die<br />
Versuchsauswertung und Protokollierung der Messergebnisse erfolgt mit dem Programm<br />
Microsoft EXCEL. Die Gestaltung des Versuchsprotokolls kann den individuellen<br />
Bedürfnissen angepasst werden.<br />
Das Ende 2002 fertiggestellte Interaktionsprüfgerät konnte erfolgreich in Betrieb<br />
genommen werden. Nach der Testphase ist das Gerät nunmehr voll in den Labor-<br />
und Forschungsbetrieb integriert. Eine intensive Nutzung findet bereits im Rahmen<br />
unserer Forschungsarbeiten und Dienstleistungen statt.<br />
Ziel eines Versuchsprogramms am Institut für Geotechnik ist es, die Interaktion von<br />
Boden-Geosynthetik-Verbundsystemen mit Hilfe von Scher-, Reibungs- und Pull-Out-<br />
Versuchen zu erforschen. Anknüpfend an die experimentellen Ergebnisse sollen<br />
numerische Modellierungen zusätzliche Informationen zu dem Scher- und Deformationsverhalten<br />
von Boden-Geosynthetik-Verbundsystemen liefern. Die Intention der<br />
Untersuchungen besteht darin, über das Systemverhalten einfache, praxistaugliche<br />
Verbesserungen zu entwickeln, die eine noch genauere und noch wirtschaftlichere<br />
Bemessung von geokunststoffbewehrten Erdkörpern ermöglicht.<br />
5.2 Numerische Modellierung von Verbundsystemen aus Geomaterialien und<br />
Geokunststoffen<br />
Parallel an die experimentellen Ergebnisse werden zwei- und dreidimensionale numerische<br />
Modellierungen von Verbundsystemen mit den Programmsystemen<br />
• PFC 2D und 3D - Distinct-Element-Methode (DEM)<br />
• FLAC 2D und 3D - Finite-Differen<strong>ce</strong>-Method (FDM)<br />
• PLAXIS - Finite-Elemente-Methode (FEM)<br />
durchgeführt, die zusätzliche Informationen zu den Scher- und Deformationsverhalten<br />
sowie der Spannungsverteilung im und am Probekörper liefern.<br />
Die Abb. 9 zeigt die Ergebnisse einiger numerischen Modellierung von Verbundsystemen<br />
aus Geomaterialien und Geokunststoffen bei unterschiedlichen Anwendungsgebieten<br />
der Geokunststoffe: bewehrtes Stützbauwerk, Hohlraum- bzw.<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 19 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
Erdfallüberbrückung eines Eisenbahndamms und Herausziehversuchs mit dem Programmsystem<br />
PFC. Beim letztgenannten sind die mit dem Herausziehen mobilisierten<br />
Zugkräfte im Bewehrungsmaterial und die Spannungen im Boden dargestellt. Die<br />
numerische Analyse gibt u. a. Aufschluss über die Herausziehkraft und die Verschiebungen<br />
bei verschiedenen Spannungsniveaus entlang der Bewehrung.<br />
Abb. 9: Ergebnisse der numerischen Modellierung von Verbundsystemen aus Geomaterialien und Geokunststoffen<br />
6 Zusammenfassung<br />
Die <strong>EBGEO</strong> ist die erste deutsche Zusammenfassung des erreichten Wissensstandes<br />
für die ingenieurmäßige Bauweise und Anwendung der Geokunststoffe bei Bewehrungsaufgaben.<br />
Sie wurden im Rahmen der <strong>euro</strong>päischen Harmonisierung der<br />
Normen auf die Anwendung des neuen Sicherheitskonzepts (probabilistisches Sicherheitskonzept)<br />
gemäß DIN-V 1054-100 ausgerichtet. Jedoch wurde diese Norm<br />
nicht bauaufsichtlich eingeführt. Die <strong>EBGEO</strong> befindet sich derzeit in Überarbeitung.<br />
Im Vordergrund der Überarbeitung der <strong>EBGEO</strong> stehen im Wesentlichen neben der<br />
Aufnahme bisher nicht beschriebener Anwendungen, die Berücksichtigung der Neu-<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 20 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
fassung der DIN 1054 (Jan. 2003) bzw. die Berücksichtigung der Regelungen hinsichtlich<br />
der CE – Kennzeichnung der Geokunststoffe.<br />
Gemäß DIN 1054 (Jan. 2003) sind für Erdkörper mit Bewehrungseinlagen aus Geokunststoffen<br />
- gleichermaßen wie für andere geotechnische Bauwerke - die Grenzzustände<br />
der Tragfähigkeit (GZ 1) und der Gebrauchstauglichkeit (GZ 2) mit<br />
hinreichender Wahrscheinlichkeit abzusichern. Dem Grunde nach beinhaltet die DIN<br />
1054 (Jan. 2003) die gleichen grundsätzlichen Anforderungen wie die bisherige Vornorm<br />
V DIN 1054-100, die auch den <strong>EBGEO</strong> (1997, [14]) zugrunde liegen.<br />
Ein wesentlicher Unterschied zu der <strong>EBGEO</strong> von 1997, bei der eine klare Trennlinie<br />
zwischen „äußeren“ und „inneren“ Nachweisen gezogen wird (<strong>EBGEO</strong> (1997), Kap.<br />
6, [14]), wird in der Neuauflage der <strong>EBGEO</strong> der Nachweis der Standsicherheit bei<br />
Gleitlinien, die die Bewehrungslagen schneiden und/oder tangieren, als „kombinierter<br />
Nachweis“ geführt werden. Hierbei erfolgt die Berechnung der Einwirkungen im GZ<br />
1C, wobei die Bemessungsfestigkeit der Bewehrung im GZ 1B ermittelt wird. Der<br />
Herausziehwiderstand wird im GZ 1C berechnet.<br />
Außerdem lässt die neue Normung DIN 1054 einige Operationsfreiräume offen, wie<br />
z. B., dass die Nachweise der GZ 2 hinreichend berücksichtigt sind, wenn für den<br />
Grenzzustand GZ 1B zusammen mit den charakteristischen Schnittgrößen bereits<br />
Verformungen mit berücksichtigt sind, die es für wirtschaftliche Lösungen zu nutzen<br />
gilt.<br />
In den letzten Jahren hat sich das Einsatzgebiet des ökonomischen Baumaterials<br />
„Geokunststoff“ in der Geotechnik für das Bauwesen, den Bergbau und den Umweltschutz<br />
erweitert, und ihre Verwendung hat aufgrund technischer und wirtschaftlicher<br />
Vorteile gegenüber konventionellen Baustoffen stetig zugenommen.<br />
Trotz aller Anwendungserfolge darf nicht verkannt werden, dass die Geokunststoffe<br />
auf dem Baustoffmarkt die mit Abstand jüngste Baustoff-Familie darstellen. Neben<br />
den klassischen vier Baustoffen<br />
• mineralische Baustoffe / Steine und Erden<br />
• Holz<br />
• Stahl<br />
• Beton / Stahlbeton<br />
mit teilweise Jahrtausende alten Bauerfahrungen erscheint die Anwendung von Geokunststoffen<br />
sehr kurz.<br />
Diesbezüglich wird am Institut für Geotechnik der technischen Universität Bergakademie<br />
Freiberg - die durchaus wesentliche „Verbundmechanik“ der Geokunststoff-<br />
Geomaterial-Verbundsystemen - experimentell mit einem neu entwickelten und ge-<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 21 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
auten Großrahmenschergerät mit kombinierter Herauszieheinrichtung und numerisch<br />
mit 3 unterschiedlichen Programmsystemen in 2D und 3D erforscht. Hiermit<br />
wird das Ziel verfolgt, die Verbundmechanik zu hinterleuchten und über das Systemverhalten<br />
einen Beitrag zur – auch im internationalen Rahmen – Fortentwicklung von<br />
sicheren und wirtschaftlichen Anwendungen und Bemessungen von Geokunststoffen<br />
im innovativen Ingenieurbau zu liefern.<br />
7 Literaturhinweise<br />
[1] KLAPPERICH, H., AYDOGMUS, T. (2003): Weiterbildungsseminar an der TU Bergakademie<br />
Freiberg: Sicherheitsnachweise in der Geotechnik - Bemessung – neue DIN<br />
1054 = EC 7 & EC 8 – die <strong>euro</strong>päische Einbettung = 4. April 2003, Freiberg.<br />
[2] AYDOGMUS, T (2003): Grundlagen der Sicherheitsphilosophie in der Geotechnik.<br />
Weiterbildungsseminar an der TU Bergakademie Freiberg: Sicherheitsnachweise in der<br />
Geotechnik - Bemessung – neue DIN 1054 = EC 7 & EC 8 – die <strong>euro</strong>päische Einbettung<br />
= 4. April 2003, pp. 17, refs. 24, Freiberg.<br />
[3] AYDOGMUS, T.; KLAPPERICH, H. (2003): Geosynthetik-Boden-Interaktionsprüfgerät<br />
zur Experimentellen Veranschaulichung der Interaktion von Boden-Geosynthetik-<br />
Verbundsystemen – Erste Ergebnisse. Pro<strong>ce</strong>edings zur 8. In-formations- und Vortragsveranstaltung<br />
über "Kunststoffe in der Geotechnik", Hrsg. R. Floss, Geotechnik Sonderheft,<br />
pp. 67-68, refs. 5, München.<br />
[4] AYDOGMUS, T.; TAMASKOVICS, N.; KLAPPERICH, H. (2001): Geosynthetik-Boden-<br />
Interaktionsprüfgerät zur Erfassung komplexer Randbedingungen mit optimaler Praxisanwendung.<br />
Pro<strong>ce</strong>edings zur 7. Informations- und Vortragsveranstaltung über "Kunststoffe<br />
in der Geotechnik", Hrsg. R. Floss, Geotechnik Sonderheft, pp. 189-197, refs. 7,<br />
München.<br />
[5] AYDOGMUS, T.; TAMASKOVICS, N.; KLAPPERICH, H. (2001): Geosynthetik-Boden-<br />
Interaktionsprüfgerät am Institut für Geotechnik. Veröffentlichungen des Instituts für<br />
Geotechnik der TU Bergakademie Freiberg, Heft 2001-1, pp. 115-131, refs. 9,<br />
Freiberg.<br />
[6] AYDOGMUS, T.; TAMASKOVICS, N.; KLAPPERICH, H. (2002): Enhan<strong>ce</strong>d shearpullout-testing<br />
devi<strong>ce</strong> for the examination of the interaction behaviour of soilgeosynthetic-compound-systems.<br />
Pro<strong>ce</strong>edings zur 7. icg - Seventh International Conferen<strong>ce</strong><br />
on Geosynthetics, 22.-27. September 2002, Ni<strong>ce</strong>, ISBN 90 5809 523 1, pp.<br />
1305-1308, refs. 12, Ni<strong>ce</strong>, Fran<strong>ce</strong>.<br />
[7] AYDOGMUS, T.; TAMASKOVICS, N.; KLAPPERICH, H. (2003): Neues Großrahmenschergerät<br />
mit integrierter Herausziehversuchseinrichtung zur Untersuchung von grobkörnigen<br />
Erdstoffen und großmaschiger Geogitter. Veröffentlichungen des Instituts für<br />
Geotechnik der TU Bergakademie Freiberg, Heft 2003-1, ISBN 3-86012-204-5, pp.<br />
169-177, refs. 9, Freiberg.<br />
[8] AYDOGMUS, T.; TAMASKOVICS, N.; KLAPPERICH, H.; SCHICK, R. (MÄRZ 2001):<br />
Geosynthetik-Geomaterial-Prüfgerät. Anmeldung auf Erteilung eines Patents, Deutsches<br />
Patent- und Markenamt, 15. März 2001, Aktenzeichen: 10112986.6. Patentschrift.<br />
(unpubl.)<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 22 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay
[9] AYDOGMUS, T.; TONDERA, D.; KLAPPERICH, H.; ALEXIEW, D. (2003): Einsatzmöglichkeiten<br />
von Geokunststoffen bei der Sanierung von Schäden durch den Altbergbau.<br />
3. Altbergbau-Kolloquium, 6.-8. November 2003, Freiberg, Verlag Glückauf GmbH –<br />
Essen, ISBN 3-7739-5989-3, pp. 302-319, refs. 23.<br />
[10] BRÄU, G. (2002): Arbeitskreis 5.2: Berechnung und Dimensionierung von Erdkörpern<br />
mit Bewehrungseinlagen aus Geokunststoffen. Stand: 18.12.2002, www.dggt.de.<br />
[11] DIN 1054 (2003-01): Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau. Beuth<br />
Verlag GmbH, Berlin.<br />
[12] DIN 4084 (1981-07): Baugrund – Gelände- und Böschungsbruchberechungen.<br />
Beuth Verlag GmbH, Berlin.<br />
[13] E DIN EN ISO 10318 (2001-02): Geokunststoffe - Geotextilien, geotextilverwandte<br />
Produkte, Dichtungsbahnen und geosynthetische Tondichtungsbahnen - Begriffe und<br />
ihre Definitionen. Beuth Verlag GmbH, Berlin.<br />
[14] <strong>EBGEO</strong> - DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR GEOTECHNIK e. V. (DGGT) (1997):<br />
Empfehlungen für Bewehrungen aus Geokunststoffen (<strong>EBGEO</strong>). Verlag Ernst & Sohn,<br />
1997, 174 S., Berlin, ISBN 3-433-01324-1.<br />
[15] FLOSS, R. (2001): Normative Sicherheitsnachweise für geokunststoffbewehrte Böschungen<br />
und Stützkonstruktionen. Pro<strong>ce</strong>edings zur 7. Informations- und Vortragsveranstaltung<br />
über „Kunststoffe in der Geotechnik“, Hrsg. R. Floss, Geotechnik<br />
Sonderheft, pp. 3-9, München.<br />
[16] HEROLD, A.; AYDOGMUS, T. (2002): Innovatives Bauen mit Geosynthetics. Geo2002,<br />
Fachkolloquium GEOTECHNIK im BAUWESEN - Grundbau - Felsbau - Spezialtiefbau.<br />
Veröffentlichungen des Instituts für Geotechnik der TU Bergakademie Freiberg, Heft<br />
2002-2, ISBN 3-860 12-190-1, pp. 99-113, refs. 11, Freiberg.<br />
[17] JAECKLIN, F. P. (2002): Bemessung geokunststoffbewehrter Stützmauern und Steilböschungen:<br />
Grundlagen, Methoden und Vorgehen. Fachtagung des SVG zum Thema<br />
„Bauen mit Geokunststoffen“, 1. März 2002, pp. 11, EMPA, Dübendorf, Schweiz.<br />
[18] KLAPPERICH, H.; AYDOGMUS, T.; (2002): Flächenrecycling mit Geosynthetics –<br />
Brachflächen und Bergbaufolgelandschaft. 5. Sächsisches Bautextilien-Symposium<br />
"Bautex 2002 – Straßen- und Ingenieurbau", pp. 9, refs. 8, Chemnitz.<br />
[19] MALUCHE, E. (1976): Was ist „Bewehrte Erde“ ?. Tiefbau, Ingenieurbau, Straßenbau<br />
(TIS) 8, pp. 523 – 527, refs. 12.<br />
[20] STOEWAHSE, C. (2001): Ermittlung des Reibungsverhaltens von Geokunststoffen und<br />
Erdstoffen im Rahmenschergerät. Mitteilungen Institut für Grundbau, Bodenmechanik<br />
und Energiewasserbau, Universität Hannover, Heft 57, Eigenverlag.<br />
[21] THURLWELL, P., NACIRI, O., HUYBREGTS, T. (2004): A comparison of national<br />
design standards for the design of reinfor<strong>ce</strong>d soil retaining walls. Pro<strong>ce</strong>edings zur 3.<br />
EuroGeo – Geosnthetics Conferen<strong>ce</strong>, Geotechnical Engeneering with Geosynthetics.<br />
Hrsg. R. Floss, G. Bräu, M. Nußbaumer, K. Laackmann, pp. 399-403, ref. 7, München.<br />
Weiterbildungsseminar DIN 1054 (neu), 02.04.2004, Freiberg – 23 –<br />
Aydogmus, T., Klapperich, H. Stand: 12.01.2008 / Ay