ZDB-Direkt 5/2008 - Zentralverband Deutsches Baugewerbe
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Sicherung von Qualität bei Planen und Bauen<br />
aus Sicht der Bauwirtschaft<br />
Dr.-Ing. Hans-Hartwig Loewenstein zum Leitbildprozess.<br />
"Bei allen Beteiligten am Bauprozess,<br />
bei Auftraggebern, Planern,<br />
Bauausführenden, Bauaufsicht,<br />
Wissenschaft, Gesetzgeber<br />
und der Politik muss das Verständnis<br />
für die Komplexität der<br />
mit der Qualität am Bau zusammenhängenden<br />
Fragestellungen<br />
verbessert werden. Es herrscht<br />
großer Konsens zum Bedürfnis<br />
nach mehr Bauqualität und zu<br />
den derzeitigen Hindernissen,<br />
die dem im Wege stehen. Alle<br />
Bautätigen sind aufgefordert,<br />
unter Zurückstellung der erfolgswidrigenPartikularinteressen<br />
gemeinsam Vorschläge zu<br />
entwickeln und umzusetzen, die<br />
uns auf dem Weg zur besseren<br />
Bauqualität voranbringen. Das<br />
Deutsche <strong>Baugewerbe</strong> wird seinen<br />
Beitrag dazu leisten." Dies<br />
war das Fazit von <strong>ZDB</strong>-Präsident<br />
Loewenstein anlässlich eines<br />
Symposiums zur Bauqualität auf<br />
Schloss Ettersburg. Seine Kernthese:<br />
"Nur das gemeinsame<br />
und zielgerichtete Wirken aller<br />
Beteiligten kann den Erfolg für<br />
Bauherren und Nutzer sicherstellen.<br />
Dabei sind alle Schnittstellen<br />
effizient zu bedienen."<br />
In den Mittelpunkt stellte Loewenstein<br />
die Frage: Wie kann<br />
dabei Qualität gesichert werden?<br />
Die vielzitierte Definition<br />
von Qualität: „Qualität wird<br />
mit dem Bauvertrag definiert.<br />
Qualität ist das, was vertraglich<br />
vereinbart ist.“ ist bei näherer<br />
Betrachtung unvollständig. Zu<br />
sehr stützt sie die Erwartung,<br />
über die Vertragsgestaltung<br />
Qualität ausreichend sichern<br />
zu können. Dazu Loewenstein:<br />
"Der Bezug auf bauvertragliche<br />
Festlegungen reduziert das Thema<br />
Qualität auf die bekannte<br />
Preis-Leistungs-Problematik.<br />
Seitens vieler Auftraggeber wird<br />
an das Unternehmen mit dem<br />
billigsten Preis nach dem Motto<br />
„Geiz ist geil“ vergeben. Die Auf-<br />
traggeber versuchen, mögliche<br />
Defizite bei der Qualität durch<br />
eine verstärkte Kontrolle oder<br />
auch durch Rechnungsabschläge<br />
und Schadensersatzansprüche<br />
auszugleichen. Dies setzt allerdings<br />
ausreichende Bauherren-<br />
Kompetenzen und die Hinnahme<br />
wachsender Kosten für das<br />
Kontrollpersonal voraus."<br />
Diese derzeit praktizierte Strategie<br />
zur Qualitätssicherung, die<br />
Bauüberwachung zu verstärken,<br />
jeden Handschlag zu kontrollieren,<br />
mit seitenlangen Checklisten<br />
und QM-Systemen Qualität<br />
in das Projekt zu zwingen, hat<br />
nicht den erwarteten Erfolg gebracht.<br />
Immer neue Regelwerke,<br />
Normen, Gesetze und Verordnungen<br />
werden erarbeitet in<br />
dem Glauben, damit Qualität<br />
sicherstellen zu können. Aufgrund<br />
umfangreicher Sparmaßnahmen<br />
sind viele Bauherren<br />
aber gar nicht in der Lage, diese<br />
Kontrolle tatsächlich auszuüben.<br />
Besonders in der Pflicht sieht<br />
Loewenstein die öffentlichen<br />
Auftraggeber. Sie sind gefordert,<br />
eine Vorreiterfunktion auszuüben:<br />
Bei der Vergabe öffentlicher<br />
Aufträge muss mehr als bisher<br />
das wirtschaftlichste und nicht<br />
das billigste Angebot den Zuschlag<br />
erhalten. Gerade bei der<br />
Vergabe der öffentlichen Hand<br />
kann viel für eine verbesserte<br />
Bauqualität getan werden. Noch<br />
heute wirtschaftlich nutzbare,<br />
historische Gebäude zeigen,<br />
dass dies den staatlichen Bauverwaltungen<br />
in der Vergangenheit<br />
mit nachhaltigen Zielvorstellungen<br />
gelungen ist.<br />
Die VOB, die hier der Maßstab<br />
ist, gibt Hilfestellung: Bei der<br />
Wertung von Angeboten gibt<br />
sie im § 8 des Teils A Vorgaben<br />
zur Beurteilung der Fachkunde,<br />
Leistungsfähigkeit und Zuverläs-<br />
sigkeit von Unternehmen. Entscheidend<br />
bleibt aber die Vorbereitung<br />
der Bauausführung<br />
im weitesten Sinne. Dabei ist<br />
die Aufstellung einer vollständigen,<br />
eindeutigen und richtigen<br />
Leistungsbeschreibung nicht<br />
unmöglich. In den Abschnitten 0<br />
„Hinweise für das Aufstellen<br />
der Leistungsbeschreibung“ der<br />
VOB/C ist normiert, was in der<br />
jeweiligen Leistungsbeschreibung<br />
anzugeben ist. Loewenstein:<br />
"Der Abschnitt 0 ist die<br />
Quintessenz einer jahrzehntelangen<br />
Baupraxis, ein von Praktikern<br />
zusammengetragener<br />
Erfahrungsschatz, auf den nicht<br />
verzichtet werden kann. Die<br />
Baupraxis zeigt, dass eine vollständige<br />
Leistungsbeschreibung<br />
auf Grundlage des Abschnittes 0<br />
der VOB/C eine große Sicherheit<br />
für eine konfliktfreie Baudurchführung<br />
und Bauabrechnung<br />
sowie eine zureichende Qualität.<br />
Dies gilt in gleicher Weise für die<br />
dem Auftragnehmer zu übergebenden<br />
Unterlagen, die vollständig,<br />
richtig und eindeutig sein<br />
sollen."<br />
Die Bauqualität wird auch von<br />
einer Vielzahl politisch begründeter<br />
Rahmenbedingungen<br />
beeinflusst. Dazu gehört das Arbeitsrecht,<br />
die Abschaffung der<br />
Meisterpflicht in einigen Gewerken<br />
oder die Abschaffung des alten<br />
Studienganges des Diplom-<br />
Ingenieurs. Positiv ist das von<br />
der deutschen Bauwirtschaft<br />
gemeinsam mit Bund, Ländern,<br />
kommunalen Spitzenverbänden<br />
und der Gewerkschaft eigeführte<br />
Präqualifikationssystem.<br />
Loewenstein: "Dieses System,<br />
das die Spreu vom Weizen trennen<br />
soll, muss weiter etabliert<br />
und sinnvoll ausgebaut werden.<br />
Präqualifikation muss eine der<br />
wichtigsten Voraussetzung zur<br />
Vergabe öffentlicher Aufträge<br />
werden!"<br />
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