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Bericht Praktikum Bystrinsky Naturpark Esso von Berit Voges

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<strong>Bericht</strong> <strong>Praktikum</strong> <strong>Bystrinsky</strong> <strong>Naturpark</strong> <strong>Esso</strong><br />

Im Anschluss an mein Studium der<br />

Landschaftsökologie absolvierte ich<br />

vom Juli 2008 bis Juli 2009 ein Volon-<br />

tariat auf Kamtschatka. Unterbrochen<br />

wurde dieser Aufenthalt <strong>von</strong> einer<br />

zweimonatigen Ausreise aufgrund <strong>von</strong><br />

Visaproblemen, die im <strong>Bericht</strong> <strong>von</strong><br />

Hannah Seyfang erläutert werden.<br />

Aufgabenbereiche<br />

Die erste Zeit in <strong>Esso</strong> war für mich<br />

sehr ungewohnt. Meine russischen<br />

Kenntnisse waren für den täglichen<br />

Gebrauch zu schlecht, es war sehr<br />

mühsam sich mit mir zu unterhalten.<br />

Dennoch waren alle Mitarbeiter im<br />

Park an diese Situation schon gewöhnt<br />

und zeigten sich sehr geduldig. Trotz<br />

der anfänglichen Sprachbarriere konn-<br />

te ich <strong>von</strong> Anfang an mithelfen.<br />

Die ersten Aufgaben waren die<br />

Fertigstellung des Besucherzentrums<br />

und die Organisation der Eröffnungs-<br />

feier, die wir mit einer Clown- und<br />

Jonglagenummer bereicherten.<br />

Anschließend suchte ich mir<br />

hauptsächlich handwerkliche Aufga-<br />

ben. Wir gaben den Unterstellhäuser<br />

einen neuen Anstrich und bastelten<br />

Spielzeug für die Kinderecke. An der<br />

<strong>von</strong> <strong>Berit</strong> <strong>Voges</strong><br />

Murmelbahn erfreuen sich auch nach<br />

einem Jahr noch alle Gäste.<br />

Des Weiteren gestaltete ich ein<br />

großes Aufstellschild aus Holz für die<br />

Straße, damit Touristen sofort sehen,<br />

dass es in unserem Besucherzentrum<br />

etwas zu entdecken gibt. Auch Weg-<br />

weiser im Dorf und im Wald gestaltete<br />

ich mit einer Oberfräse und lackierte<br />

sie anschließend. Diese Arbeiten fallen<br />

mir sehr leicht und ich kann gut mit<br />

Bild 1: Hannah Seyfang und <strong>Berit</strong> <strong>Voges</strong> bei der<br />

Eröffnungsfeier des Besucher-Zentrums.<br />

Bild 2: Kardon.


Werkzeugen umgehen. Für Russland<br />

allerdings eine sehr ungewöhnliche<br />

Situation. Es dauerte einige Zeit die<br />

Parkmitarbeiter daran zu gewöhnen,<br />

aber schon bald durfte ich den Werk-<br />

stattschlüssel immer bei mir haben und<br />

konnte auch das ein oder andere Mal<br />

den Inspektoren die Geräte erklären.<br />

Mein größtes Projekt war ein Holz-<br />

Schild für den Kardon mit einem ein-<br />

geschnitzten Rentier.<br />

Die kalte Jahreszeit brachte es<br />

leider mit sich, hauptsächlich im Büro<br />

zu arbeiten. Dort überarbeitete ich die<br />

deutsche und englische Power-Point<br />

Präsentation für das Besucher-Center,<br />

sortierte das Datenchaos der letzen<br />

Jahre (nun ist und wird alles auf einer<br />

zentralen Festplatte gespeichert und<br />

alle Rechner sind an ein Netzwerk an-<br />

geschlossen) und überarbeitete die<br />

Homepage.<br />

Am Computer entwarf ich au-<br />

ßerdem ein neues Design für die Visi-<br />

tenkarten, gestaltete einen Notizblock<br />

und Foto-Magnete, die nun als Souve-<br />

nirs verkauft werden.<br />

Die Betreuung des Kinderklubs<br />

und Einarbeitung der neuen Mitarbeite-<br />

rin in diesen Klub gehörten ebenfalls<br />

zu meinen Aufgabenbereich. Leider<br />

verließ Olga Petrovna den Park aus<br />

persönlichen Gründen nach einem hal-<br />

ben Jahr wieder. Sie war sehr lernwillig<br />

Bild 3: Holz-Schild am Kardon.<br />

und brachte frischen Wind in das Kol-<br />

legium. Zusammen organisierten wir<br />

Unterrichtseinheiten für die Schule zu<br />

den Themen Müll, Nadelbäume und<br />

Rentiere. Die Klassen kamen in den<br />

Park und lernten spielerisch etwas zu<br />

diesen Themen. Des Weiteren organi-<br />

sierten wir Tageswanderungen für die<br />

Dorfkinder.<br />

Eine weitere kontinuierliche<br />

Aufgabe war der wöchentliche<br />

Deutschunterricht. Anfänglich war es,<br />

aufgrund der sprachlichen Barriere, für<br />

alle sehr anstrengend. Im Laufe des<br />

Jahres lernten wir viel dazu, so dass<br />

Bild 4: Olga Petrovna mit einer Schulklasse.


ich nach einiger Zeit freien Unterricht<br />

geben konnte, ohne ständig die Nase<br />

im Wörterbuch zu haben.<br />

Im Winter organisierten wir, Hannah<br />

Seyfang, Frederik Baumgarten und ich,<br />

ein Zirkusprojekt für Kinder.<br />

Allgemeines zur Arbeit im Park<br />

Da dieser Park erst am Anfang steht,<br />

was die Bereiche Umweltbildung und<br />

Tourismus betrifft, stehen natürlich vie-<br />

le Ideen im Raum. Dieses wird sicher-<br />

lich noch durch die verschiedenen<br />

Praktikanten gefördert, die natürlich<br />

alle den Anspruch haben, hier etwas<br />

Eigenes schaffen zu wollen. Dadurch<br />

gibt es viele angefangene Projekte, die<br />

auch teilweise schon durchgeplant<br />

sind, um dann wieder im Computer zu<br />

verschwinden. Dieses ist mir bei der<br />

Sichtung des Datenchaos bewusst<br />

geworden. Mittlerweile fand allerdings<br />

auch bei der Manfred-Hermsen-<br />

Stiftung ein umdenken statt. Die Volon-<br />

täre werden nicht mehr mit konkreten<br />

Aufgaben nach <strong>Esso</strong> geschickt, son-<br />

dern werden vor Ort <strong>von</strong> Kollegen in<br />

aktuelle Projekte eingearbeitet. Meine<br />

Hauptaufgabe hätte eigentlich eine<br />

Modellzone für regenerative Energien<br />

am Kardon werden sollen. Dieses Pro-<br />

jekt war allerdings schon vor meiner<br />

Abreise aus Deutschland zum schei-<br />

tern verurteilt, was ich leider erst in<br />

Bild 5: Zirkusaufführung im Konferenzsaal.<br />

Bild 6: Mitarbeiter im Park.<br />

Bild 7: Informationsschild für das Besucher-<br />

Zentrum.<br />

<strong>Esso</strong> erfahren habe. Inzwischen wird<br />

es in anderer Form langsam realisiert.<br />

Die <strong>von</strong> vielen ehemaligen häufig kriti-<br />

sierte russische Arbeitsweise brachte<br />

mich auch mehrmals zur Verzweiflung.<br />

Allerdings werden wir Volontäre sicher


nicht die Arbeits- und Denkweise der<br />

Einwohner ändern können und dürfen.<br />

Diese Einsicht erforderte bei mir einige<br />

Nerven und Zeit. Doch zum Ende<br />

konnte ich mich gut damit arrangieren<br />

und wusste auch die Vorzüge dieser<br />

Mentalität zu schätzen.<br />

Besonders angenehm war für<br />

mich die Situation, selbständig arbeiten<br />

zu dürfen. Außerdem wurde unsere<br />

wissen am Computer <strong>von</strong> allen Mitar-<br />

beitern sehr geschätzt. Meiner Mei-<br />

nung nach, habe ich am meisten mit<br />

Präsentationen, Installationen, Gestal-<br />

tungen <strong>von</strong> Souveniren und allgemei-<br />

nem Computerrat dem Park geholfen.<br />

Des Weiteren wurden wir im Laufe un-<br />

seres Volontariats immer häufiger um<br />

unsere Meinung bei diversen Ent-<br />

scheidungen gebeten.<br />

<strong>Esso</strong> – Heimat auf Zeit….<br />

Während meines Studiums verbrachte<br />

ich ein halbes Jahr in der Ramsau,<br />

einem kleinen Dorf in Bayern, nicht<br />

ganz so abgeschnitten vom Rest der<br />

Welt wie <strong>Esso</strong>, doch eine gute Vorbe-<br />

reitung für Kamtschatka.<br />

Die ersten drei Monate vergingen ra-<br />

send schnell. Alles und jeder war<br />

fremd, es gab also viel zu entdecken<br />

und zu lernen. Dann folgte die Zwi-<br />

schenausreise nach Deutschland, mit<br />

der steten Frage ob wir ein längeres<br />

Visum erhalten. Mitte Dezember sa-<br />

ßen wir alle drei zusammen im Flug-<br />

zeug und richteten uns langsam auf<br />

den langen kalten Winter ein. Ich hatte<br />

schon viele Pläne geschmiedet, was<br />

ich gegen die Langeweile machen<br />

wollte. Aber dazu kam es nicht. Die<br />

Temperaturen waren erträglich, so<br />

dass einem Spaziergang nichts im<br />

Wege stand. Außerdem hielt ich mich<br />

oft in der Werkstatt auf und lernte<br />

Schnitzen aus Rentiergeweihen. Dann<br />

hatte ich mittlerweile viele Freunde im<br />

Ort gefunden, die wenigstens einmal in<br />

der Woche einen Besuch erwarteten.<br />

Bild 8: Selbstgemachter Messergriff und<br />

Messerscheide.<br />

Bild 9: Braunbären aus Rentiergeweih.


Es folgten im Winter ein wunderschö-<br />

nes Sylvester am Kardon, der Tag des<br />

Rentierhirtens, der 8. März und die<br />

Beringia. Kurz darauf zog ich aus der<br />

„Volontärs-Wohnung“ aus, und bei Na-<br />

talia Petrovna und Petja Petrovitch ein.<br />

Das Ehepaar verbrachte den Ende des<br />

Winters und Anfang des Frühlings in<br />

Moskau und so hatte ich Haus und<br />

Garten alleine zu versorgen. Es blieb<br />

wieder keine Zeit für Langeweile. Mit<br />

dem Sommer kamen auch zahlreiche<br />

Freunde zu Besuch und nahmen mich<br />

mit großem Abschiedsschmerz letzt-<br />

endlich wieder mit nach Deutschland.<br />

Dieses Jahr war für mich sehr<br />

bewegend und prägend. Ich habe ge-<br />

lernt unter welchen Bedingungen man<br />

zufrieden leben kann und welche nich-<br />

tigen Probleme uns in Deutschland<br />

beschäftigen.<br />

Ich freue mich sehr, dass mir<br />

diese Erfahrungen ermöglicht wurden<br />

und werde <strong>Esso</strong> immer in guter Erinne-<br />

rung behalten und sicherlich wieder<br />

zurückkehren.<br />

Danke……<br />

Möchte ich natürlich der Manfred-<br />

Hermsen-Stiftung sagen, die die Idee<br />

und die Möglichkeiten für diesen Auf-<br />

enthalt gegeben hat. Außerdem gilt<br />

dem Deutschen Museum ein herzli-<br />

ches Dankeschön für die Finanzspritze<br />

in letzter Minute. Neben finanzieller<br />

Hilfe braucht man immer tolle Men-<br />

schen, die so ein Jahr unvergessen<br />

machen. Besonderer Dank gilt meiner<br />

lieben Mitbewohnerin und Kollegin<br />

Hannah, die mich auf manchem Hö-<br />

hen- und Tiefflug wieder aufgefangen<br />

hat. Natürlich möchte ich mich auch<br />

bei allen meinen Freunden in <strong>Esso</strong><br />

bedanken, die sich mit so viel Zeit und<br />

Freude einem stummen Ausländer<br />

gewidmet haben. Und dann natürlich<br />

noch Danke für den liebsten wartenden<br />

in Deutschland.<br />

Bild 9 u. 10: Rentiere kurz vor <strong>Esso</strong>.<br />

Gronau, 01.12.2009<br />

<strong>Berit</strong> <strong>Voges</strong>

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