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Tenero - Patrizia Kummer

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«cool and clean»<br />

im Höhenflug Begegnung mit<br />

Präsident Jörg Schild Alle Talente<br />

nach <strong>Tenero</strong><br />

4/06 www.swissolympic.ch


4<br />

swiss sport 4 | 2006<br />

4. Mai 2006<br />

10<br />

22<br />

4 Fokus «cool and clean»<br />

Wie die Junioren des FC Sternenberg sauber bleiben<br />

6 Das ist alles im «cool and clean»-Starter-Kit drin<br />

7 Die beiden «cool and clean»-Botschafter stellen sich vor<br />

8 So macht Prävention Spass<br />

10 Swiss Olympic Inside Jörg Schild, Präsident von Swiss Olympic, im Porträt<br />

12 Die Sportschule Brig bietet ein optimales Umfeld für talentierte Nachwuchssportler<br />

15 Swiss Olympic bildet Sportmanager aus<br />

16 Die grössten Schweizer Nachwuchshoffnungen am Talent Treff <strong>Tenero</strong><br />

19 Sportpolitik<br />

20 Gigathlon Campus: die ideale Vorbereitung auf das grosse Ausdauer-Abenteuer<br />

22 Im Gespräch Der Zeichner Jerzovskaja hat eine Alternative zu den Panini-<br />

Fussballbildern geschaffen<br />

24 Panorama Sporthilfe Nachwuchspreis 2006<br />

26 In Kürze | Kurzmeldungen | «… for the spirit of sport»: Was Verbände gegen<br />

sexuelle Übergriffe tun können<br />

IMPRESSUM | swiss sport – offizielles Organ von Swiss Olympic | Herausgeber Swiss Olympic Association Redaktionsadresse Swiss<br />

Olympic Association, Abteilung Marketing und Kommunikation, Haus des Sportes, Laubeggstr. 70, Postfach 606, CH-3000 Bern 22, Telefon 031 359 71 11,<br />

Fax 031 352 33 80 E-Mail info@swissolympic.ch Internet www.swissolympic.ch Redaktionsleitung, Koordination Christof Kaufmann, 031 359 71 35,<br />

christof.kaufmann@swissolympic.ch Redaktionsteam Markus Aerni, Werner Augsburger, Judith Conrad, Claudia Imhasly, Christof Kaufmann, Patrick<br />

Pfister Inserate Claudia Hübner, 031 359 71 44, claudia.huebner@swissolympic.ch Produktion und Layout Atelier Richner, Visuelle Gestaltung, Bern.<br />

www.atelierrichner.ch Druck und Vertrieb Birkhäuser+GBC AG, Reinach BL Auflage 8500 Ex. (6900 Ex. deutsch, 1600 Ex. französisch) Erscheint 10 x<br />

jährlich Nachdruck Der Nachdruck einzelner Artikel unter Quellenangabe ist erwünscht. Das PDF ist im Internet unter www.swissolympic.ch abrufbar<br />

Verteiler Verbände, Athletinnen und Athleten, Trainer, Funktionäre, Gremien und Institutionen von Swiss Olympic, Partner, Sportredaktionen der<br />

Schweizer Medien Abonnementspreise Im Mitgliederbeitrag enthalten/Abopreise für Nichtmitglieder: 1Jahr CHF 45.– / 2 Jahre CHF 80.–.<br />

Titelseite Daniel Käsermann | Das nächste swiss sport erscheint Mitte Juni 2006<br />

12


20<br />

E D I T O R I A L<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Ist cool, wer seine Sportart fair und ohne Doping ausübt, und<br />

davor und danach auf Alkohol und Tabak verzichtet? «Ja» sagen die<br />

14 000 Jugendlichen, die bis jetzt bei «cool and clean» mitmachen.<br />

«Ja» sagen auch die über 100 000 Sportlerinnen und Sportler in 1300<br />

Vereinen, die sich für den Wettbewerb Sport rauchfrei angemeldet<br />

haben. Sie sind Vorbilder für alle jene, die bis jetzt noch «Nein» sagen.<br />

Wie «cool and clean» noch mehr sportliche Kinder, Jugendliche und<br />

Erwachsene überzeugen will, «Ja» zu sagen, damit beschäftigt sich<br />

das Fokus-Thema dieses Hefts.<br />

Im Fokus steht auch Jörg Schild. Am 4. November 2005 wählte ihn<br />

die Versammlung des Sportparlaments zum neuen Präsidenten von<br />

Swiss Olympic. Am 1. Januar 2006 trat er sein neues Amt offiziell an,<br />

blieb aber noch bis Ende März vollamtlich als Polizeidirektor und<br />

Regierungsrat von Basel tätig. Seit dem 1. April widmet er sich nun<br />

voll und ganz seiner neuen Aufgabe an der Spitze von Swiss Olympic.<br />

Was Politiker und Sportler voneinander unterscheidet, was Taufe<br />

und Konfirmation mit seinem Übergewicht zu tun haben und wie er<br />

die Sportfamilie ernähren will, verrät er in diesem Heft.<br />

Ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung beim Lesen dieser beiden<br />

und weiterer Themen.<br />

Christof Kaufmann<br />

Redaktor «swiss sport»


F O K U S<br />

Das Pflichtenheft<br />

der Sternenberg-Junioren<br />

«cool and clean» erobert die Schweiz.<br />

Das Präventionsprogramm lädt seit Anfang<br />

März alle Sport treibenden Jugendlichen<br />

der Schweiz ein, sich der «cool and clean»-<br />

Gemeinschaft anzuschliessen. Als eine der<br />

ersten Jugendsport-Mannschaften haben<br />

sich die D-Junioren des FC Sternenberg<br />

für «cool and clean» angemeldet.<br />

Text und Bild Christof Kaufmann<br />

4 swiss sport 4 2006<br />

Die D-Junioren des FC Sternenberg<br />

und ihr Trainer Miguel Rey wollen<br />

sich an die Abmachungen von «cool<br />

and clean» halten.<br />

enthält 5 neue<br />

Freitag Abend, Turnhalle Oberscherli bei Köniz. Die<br />

D-Junioren des FC Sternenberg trainieren eifrig<br />

das Kurzpass-Spiel. Trainer Miguel Rey feuert die<br />

Jugendlichen an, korrigiert, gibt Anweisungen.<br />

Mit Alkohol und Tabak scheinen diese jungen<br />

Fussballer nichts am Hut zu haben. Er wisse gar nicht, wie<br />

das schmecke, sagt denn auch der 13-jährige Mariyo. Sein<br />

Teamkollege Lee unterstützt ihn: «Das ist sowieso grusig.»<br />

Auch wenn nicht alle Junioren des FC Sternenberg Erfahrungen<br />

im Umgang mit Suchtmitteln haben, gehören sie<br />

dennoch zur Zielgruppe des Präventionsprogramms «cool<br />

and clean». «Wir wollen junge Sportlerinnen und Sportler<br />

in der Schweiz für fairen und sauberen Sport zusammenbringen»,<br />

sagt Programmleiter Pierre-Yves Caboussat.<br />

Nachdem «cool and clean» sich anfangs auf Nachwuchstalente<br />

konzentriert hatte, ist das Programm aufgrund des<br />

Erfolges seit Anfang März auf den gesamten Schweizer<br />

Jugendsport ausgeweitet worden. Nun können alle Jugendlichen<br />

zwischen10 und 20 Jahren mitmachen. Damit


«cool and clean»<br />

Das grösste Präventionsprogramm im Schweizer<br />

Sport heisst «cool and clean». In der Trägerschaft<br />

sind Swiss Olympic, das Bundesamt für Sport und<br />

das Bundesamt für Gesundheit. Die operative<br />

Leitung liegt bei Swiss Olympic. Die Finanzierung<br />

des Programms erfolgt durch den Tabakpräventionsfonds.<br />

Vor zwei Jahren ist «cool and clean»<br />

bei regionalen und nationalen Nachwuchskadern<br />

erfolgreich lanciert worden, heute haben sich<br />

bereits über 550 Mannschaften, Kader, Sportklassen<br />

und Sportlager dem Programm angeschlossen.<br />

Dies entspricht mehr als 14 000 Jugendlichen.<br />

Mehr Informationen: www.coolandclean.ch<br />

Abmachungen<br />

sich möglichst viele Mannschaften der «cool and clean»-<br />

Gemeinschaft anschliessen, ist ein breites Angebot an<br />

Unterstützungsmassnahmen zusammengestellt worden:<br />

Anleitungsbroschüren für die Trainer, Kleber und Snapbänder<br />

für die Jugendlichen, Spielformen, mit denen die<br />

Präventionsmassnahmen vermittelt werden können, auch<br />

eine «cool and clean»-Party ist angekündigt. «Prävention<br />

soll im Sport nicht als Fremdkörper wahrgenommen werden»,<br />

sagt Caboussat, «sie soll als Bereicherung im Training<br />

integriert werden und darf Spass machen.» Und<br />

sollte ein Jugendlicher suchtgefährdet sein, bietet «cool<br />

and clean» nicht nur eine Anleitung, die dem Leiter hilft,<br />

den Jugendlichen auf sein Verhalten anzusprechen. Das<br />

Programm baut darüber hinaus ein gesamtschweizerisches<br />

Netzwerk mit bestehenden regionalen Präventionsfachstellen<br />

auf, an die sich Leiter in schwierigen Fällen<br />

wenden können.<br />

«Abgemacht?!» – «Ja!»<br />

Vom Präventionskonzept von «cool and clean» hat man<br />

sich auch in Oberscherli überzeugen lassen. Die Junioren<br />

des FC Sternenberg haben als eine der ersten Jugend-<br />

sport-Mannschaften über das Präventionsprogramm Bescheid<br />

gewusst. Trainer Miguel Rey ist wie die anderen<br />

Trainer des Klubs von «cool and clean»-Botschafter Marc<br />

Ringgenberg über das Programm informiert worden. Er<br />

habe sich sofort entschieden mitzumachen, sagt Rey.<br />

Bereits habe er die fünf Commitments mit den Jugendlichen<br />

besprochen. «Ich habe sie gefragt, was sie über<br />

Alkohol und Tabak wissen und jeder hat über seine Erfahrungen<br />

gesprochen.» Es sei ihm wichtig, mit seinen<br />

Junioren über Suchtmittel zu diskutieren und sie nicht<br />

einfach davor zu warnen, sagt Rey. «Man darf Alkohol<br />

und Tabak nicht verteufeln.» Jeder solle selber entscheiden,<br />

ob er Suchtmittel konsumieren wolle oder nicht,<br />

aber er müsse sich darüber im Klaren sein, warum er sie<br />

konsumieren wolle oder warum nicht. Die Anmeldung<br />

bei «cool and clean» biete die Gelegenheit, diese Themen<br />

im Team zu besprechen. In einer Mannschaft habe jeder<br />

Rechte und Pflichten, und seine Junioren würden von<br />

nun an die Abmachungen von «cool and clean» rund um<br />

den Sport einhalten, sagt der Trainer: «Die fünf Commitments<br />

stehen jetzt in ihrem Pflichtenheft.»<br />

Abmachungen trifft Rey mit seinen Junioren nicht nur,<br />

wenn es um Suchtmittel oder Fairplay geht, sondern auch<br />

im Kleinen. Als die Wahl des Balles ansteht für das «Abschlussmätschli»,<br />

und sich die Jugendlichen nicht einigen<br />

können, ob mit dem grossen, dem mittelgrossen oder<br />

dem kleinen Ball gespielt werden soll, sagt Rey: «Zuerst<br />

der kleine, dann der mittlere, dann der grosse; abgemacht?!»<br />

Und die jungen Fussballer antworten laut und<br />

deutlich: «Ja!» Dann dürfen sie wieder das tun, was ihnen<br />

am meisten Spass macht: Fussball spielen. Fair natürlich.<br />

4 2006 swiss sport 5


F O K U S<br />

Optimal<br />

ausgerüstet<br />

Mit dem Beitritt zu «cool and clean» erhält jeder Verein<br />

das «cool and clean»-Starter-Kit. Es unterstützt Trainerinnen und<br />

Funktionäre bei der Umsetzung der fünf Commitments.<br />

Text Christoph Emch<br />

6 swiss sport 4 2006<br />

«‹cool and clean› ist kein Zusatz, sondern eine Erweiterung<br />

des Trainings», sagt Pierre-Yves Caboussat, Programmleiter<br />

von «cool and clean». Das Starter-Kit bildet<br />

die Basis dafür, diese Erweiterung sinnvoll ins Training zu<br />

integrieren. Herzstück des umfassenden Pakets bilden<br />

die «cool and clean»-Spielformen, welche als handliche,<br />

wasserfeste Karten daherkommen und drei Mal pro Jahr<br />

durch weitere Formen ergänzt werden. Sie sollen den<br />

Kindern und Jugendlichen die fünf Commitments auf<br />

spielerische Weise vermitteln und sind somit dafür verantwortlich,<br />

dass die Theorie der Prävention in die Praxis<br />

umgesetzt werden kann. Zu diesem Theorieteil finden<br />

sich im Starter-Kit zwei Broschüren, eine für die Jugendlichen<br />

und eine für die Leitenden, und eine Anleitung zur<br />

Umsetzung von «cool and clean».<br />

In den Broschüren werden die fünf Commitments, denen<br />

sich alle Mitglieder von «cool and clean» verpflichten, und<br />

die zentralen Elemente des Programms kurz erläutert. Die<br />

Anleitung zur Umsetzung beschreibt hingegen konkret,<br />

wie man die Inhalte von «cool and clean» am effektivsten<br />

vermitteln und langfristig bei den Jugendlichen verankern<br />

kann. Speziell für Leitende von Sportlagern hat «cool<br />

and clean» ein Camp-Kit entwickelt, welches unter anderem<br />

einen Wettbewerb zu den Commitments inklusive<br />

Preise enthält.<br />

Zahlreiche Projekte in der Pipeline<br />

Zum Konzept von «cool and clean» gehört ebenfalls, dass<br />

die Mitgliedschaft nach aussen demonstriert wird. Zu<br />

diesem Zweck enthält das Starter-Kit reflektierende<br />

Snapbänder und eine Postkarte mit Klebern. Um die Leitenden<br />

als Vorbilder erkennbar zu machen, erhalten sie<br />

ein «cool and clean»-T-Shirt. Weitere Elemente, um Werbung<br />

für «cool and clean» zu machen, sind online erhältlich.<br />

«Sehr wirkungsvoll sind die personifizierten Plakate,<br />

die man auf der Website von ‹cool and clean› bestellen<br />

kann», sagt Caboussat. Bereits sind weitere Projekte zur<br />

Ausgestaltung des Auftritts von «cool and clean» in Planung.<br />

So soll noch diesen Sommer eine DVD als Einführungsmedium<br />

erscheinen. In der Pipeline sind ebenfalls<br />

eine «cool and clean»-Card, welche Zugang zu vergünstigten<br />

Angeboten ermöglicht, und ein Trikot-Bestellservice<br />

für Teamsportarten. Mittels dieses Services kann<br />

über das Internet das Trikot des eigenen Teams inklusive<br />

Sponsoren und Nummern gestaltet werden. Die Trikots<br />

werden dem Verein fertig bedruckt zugestellt. Auch im<br />

Bereich «cool and clean»-Talents laufen weitere Projekte.<br />

Für die Nachwuchshoffnungen soll beispielsweise schon<br />

bald ein Talent-Shirt für öffentliche Auftritte erhältlich<br />

sein.


Die zwei «cool and clean»-Botschafter<br />

Marc Ringgenberg und Guy Schacher<br />

sind in der Deutschschweiz und<br />

der Romandie unterwegs, um Vereinen<br />

das Präventionsprogramm näher zu<br />

bringen.<br />

Text und Bilder Christoph Emch<br />

Prävention,<br />

die den Sport fördert<br />

Möglichst viele neue Mitglieder für «cool and<br />

clean» gewinnen: So lautete der Auftrag,<br />

als Marc Ringgenberg und Guy Schacher<br />

vor rund zwei Monaten ihre Arbeit aufnahmen.<br />

Ihre Aufgabe besteht jedoch nicht<br />

allein darin, Werbung für das Präventionsprogramm zu<br />

machen. Sie sind Botschafter für fairen und sauberen<br />

Sport. «Für mich ist wichtig, dass ich direkte und gute<br />

Kontakte zu Verantwortlichen in den Vereinen habe», sagt<br />

Schacher, der das Präventionsprogramm in der französisch<br />

sprechenden Schweiz vertritt. Er wolle eine Vertrauensbasis<br />

schaffen, auf der eine gute und langfristige Zusammenarbeit<br />

entstehen könne. Schacher kann dabei aus<br />

seinem grossen Erfahrungsschatz als Trainer im Rudersport<br />

schöpfen. Er kennt die Probleme im Jugendbereich<br />

und die daraus entstehenden Konflikte bestens und kann<br />

so den Trainerinnen und Trainern wie auch den Funktionären<br />

mit Rat und Tat zur Seite stehen. Der Kontakt dürfe<br />

jedoch nicht einseitig sein. «Es soll ein Austausch stattfinden,<br />

bei dem beide Seiten dazulernen.»<br />

Persönliche Kontakte sind wichtig<br />

Auch Marc Ringgenberg hat sich für seine Arbeit in der<br />

Deutschschweiz viel vorgenommen. «Mein Ziel ist es,<br />

mindestens alle zwei Monate persönlich mit den Vereinsverantwortlichen<br />

Kontakt aufzunehmen», sagt er. Er sei<br />

sich aber bewusst, dass dies nur möglich sei, solange die<br />

Zahl der Mitgliedvereine nicht allzu hoch sei. Auch Ring-<br />

Die «cool and clean»-Botschafter Marc<br />

Ringgenberg (links) und Guy Schacher haben<br />

sich für ihre Aufgabe viel vorgenommen.<br />

genberg bringt optimale Voraussetzungen für seine Arbeit<br />

mit. Der ausgebildete Lehrer ist seit seinem vierten<br />

Lebensjahr in den Sportarten Fussball und Tennis im<br />

Vereinssport tätig und hat zwischenzeitlich auch als<br />

Sportanimator gearbeitet. «Ich habe mittlerweile sehr<br />

viel Erfahrung in der Ausbildung von Jugendlichen. Das<br />

kommt mir entgegen», sagt er.<br />

Zugpferde gesucht<br />

Für beide Botschafter geht es in der ersten Phase darum,<br />

vor allem grosse Vereine von «cool and clean» zu überzeugen.<br />

«Pro Kanton wählen wir zwei bis drei Sportarten<br />

aus, in denen wir die grössten klubs ansprechen», sagt<br />

Schacher. Dabei treffe man sich mit Funktionären und<br />

Trainern aus der Juniorenabteilung und stelle Ihnen das<br />

Konzept von «cool and clean» vor. Prominenteste Vertreter<br />

und quasi Zugpferde unter den Mitgliedvereinen sind<br />

die Juniorenabteilungen von Neuchâtel Xamax und dem<br />

Schlittschuhclub Bern. Um möglichst viele Vereine gleichzeitig<br />

ansprechen zu können, stellen Schacher und Ringgenberg<br />

«cool and clean» auch an Veranstaltungen wie<br />

dem Streethockey Cup vor.<br />

Nächstes Jahr beginnt für «cool and clean» die Evaluationsphase,<br />

die bis Ende 2007 dauert. Während dieser Zeit<br />

werden Eckdaten wie beispielsweise Mitgliederzahlen gesammelt<br />

und ausgewertet. Ringgenberg zieht bereits<br />

nach den ersten zwei Monaten eine positive Bilanz. «Die<br />

Reaktionen waren bisher durchwegs erfreulich.» Man verstehe<br />

«cool and clean» als Präventionsprogramm für den<br />

Sport und nicht als lästige Pflicht. «Und das Wichtigste ist:<br />

Die Jugendlichen sind motiviert mitzumachen.»<br />

4 2006 swiss sport 7


F O K U S<br />

Geniessen<br />

ist erlaubt<br />

8 swiss sport 4 2006<br />

«cool and clean» geht in der Prävention neue Wege. Statt Moralpredigten<br />

und Nulltoleranz will man Kindern und Jugendlichen fairen<br />

und sauberen Sport spielerisch vermitteln.<br />

Text Christoph Emch<br />

«Unser Präventionsansatz ist ganzheitlich und praxisbezogen»,<br />

sagt Adrian von Allmen, Programmleiter von<br />

«cool and clean» Jugendsport und verantwortlich für das<br />

Präventionskonzept des Programms. Mit ganzheitlich<br />

meint von Allmen, dass «cool and clean» trotz dem Fokus<br />

auf Tabak auch die anderen Teilbereiche wie Alkohol und<br />

Gewalt abdeckt. Praxisbezogen sei die Prävention, weil<br />

sie direkt im sportlichen Alltag der Jugendlichen ansetze.<br />

Anstelle von langen Vorträgen sucht «cool and clean» den<br />

Zugang zu den Sportlerinnen und Sportlern über kurze<br />

Spielformen. «Ein wichtiger Bestandteil der Spielformen<br />

ist die kurze Reflexionsphase, welche den Jugendlichen<br />

die Möglichkeit gibt, über das Erlebte nachzudenken und<br />

einen Zusammenhang zu den fünf Commitments herzustellen»,<br />

sagt von Allmen. So werde beispielsweise beim<br />

Trinkhalm-Lauf, bei dem nur durch einen Trinkhalm geatmet<br />

darf, aufgezeigt, welche Auswirkungen Tabakkonsum<br />

auf die Gesundheit haben kann.<br />

Mit einer Mitgliedschaft bei «cool and clean» verpflichten<br />

sich Vereine, solche Spielformen mindestens einmal pro<br />

Monat ins Training zu integrieren. Diese Trainingseinheiten<br />

wurden in Zusammenarbeit mit dem Klett-Verlag und<br />

Fachleuten erarbeitet und beanspruchen höchstens zwölf<br />

Minuten. Die Devise lautet: möglichst kurz und möglichst<br />

effizient.<br />

Frühzeitig erkennen und richtig reagieren<br />

Was aber bedeutet Prävention genau? Von Allmen, sagt<br />

es so: «Prävention bemüht sich einerseits um das Stärken<br />

der Schutzfaktoren von Jugendlichen.» Dies geschehe,<br />

indem die Leitenden ihre Schützlinge gleichermassen<br />

lobten und ihnen Grenzen aufzeigt. «Die jungen Athletinnen<br />

und Athleten bekommen so ein Gefühl dafür, auch im<br />

Alltag in den entsprechenden Situationen adäquate Entscheidungen<br />

zu treffen.» Andererseits fördere Prävention<br />

auch das frühzeitige Erkennen von und das richtige Reagieren<br />

auf Entwicklungen, die zu Problemen führen können.<br />

Ziel von «cool and clean» sei es, Trainerinnen und<br />

Trainer dazu zu ermutigen und sie darin zu unterstützen,<br />

Mit Spielformen wie dem «Trinkhalm-Lauf»<br />

werden den Jugendlichen die Commitments von<br />

«cool and clean» spielerisch vermittelt.


Prävention in diesem Sinne umzusetzen. Zu diesem Zweck<br />

offeriert «cool and clean» ein umfassendes «Starter-Kit».<br />

Darüber hinaus werden in Zusammenarbeit mit diversen<br />

Fachstellen weitere Dienstleistungen und für grössere Vereine<br />

gar Schulungen angeboten. «cool and clean» bietet<br />

damit Zugang zu einem gesamtschweizerischen Netzwerk<br />

von Fachleuten.<br />

Tabak und Cannabis sind tabu<br />

Zum praxisorientierten Konzept der Prävention von «cool<br />

and clean» gehört auch, dass auf eine Nulltoleranz beim<br />

Alkoholkonsum verzichtet wird. «Wir halten uns an die<br />

durch den Jugendschutz vorgegebenen Rahmenbedingungen»,<br />

sagt von Allmen. Will heissen, dass an Jugendliche<br />

unter 16 Jahren kein Alkohol abgegeben werden<br />

darf. Ansonsten wird verlangt, dass der Durst mit nichtalkoholischen<br />

Getränken gestillt wird. Ein Bier nach dem<br />

Sport – zum Genuss – ist erlaubt. «Tabak und Cannabis<br />

sollen jedoch tabu bleiben, weil sie die Gesundheit stark<br />

und nachhaltig schädigen», betont von Allmen.<br />

Danke<br />

Swiss Olympic dankt den Partnern<br />

für die gute Zusammenarbeit:<br />

Leading Partner<br />

Partner<br />

Supplier<br />

www.swissolympic.ch/partner<br />

4 2006 swiss sport 9


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

Jörg Schild,<br />

der neue Vater<br />

der Sportfamilie<br />

Seit Anfang April widmet sich Jörg Schild voll und ganz<br />

seinem neuen Amt als Präsident von Swiss Olympic. Aber wer<br />

ist eigentlich dieser ehemalige Handball-Nationalspieler und<br />

Polizeidirektor aus Basel? Eine Begegnung.<br />

Text Christof Kaufmann Bilder Keystone<br />

Jörg Schild geht es gut. Zufrieden<br />

sitzt der 60-jährige Basler in seiner<br />

Wohnung im Basler Neubad-Quartier<br />

und blickt auf seine ersten drei<br />

Monate als Präsident von Swiss<br />

Olympic zurück. Dass eine seiner ersten<br />

Aufgaben darin bestand, mit der Schweizer<br />

Delegation an den aus helvetischer Sicht<br />

so erfolgreichen Olympischen Winterspielen<br />

in Turin teilzunehmen, hat wesentlich<br />

zur Zufriedenheit Schilds beigetragen. «Die<br />

10 swiss sport 4 2006<br />

Olympischen Spiele als Präsident miterleben<br />

zu dürfen, das war grossartig», sagt er.<br />

Am meisten beeindruckt habe ihn in Turin,<br />

dass die Schweizer Delegation eine Gemeinschaft<br />

gewesen sei. «Man hatte das<br />

Gefühl, man gehört zusammen, trotz drei<br />

Olympischen Dörfern.» In Turin hat Schild<br />

auch sich selber überrascht: «Ich hätte nie<br />

gedacht, dass ich einmal Fähnchen schwingend<br />

auf einer Tribüne sitzen und mich<br />

derart über eine Schweizer Medaille freuen<br />

könnte.»<br />

«Der Hometrainer ist aufgestellt»<br />

Den Kontakt zum Sport hat der ehemalige<br />

Handball-Nationalspieler Schild auch als<br />

Basler Regierungsrat nie verloren. Bis zur<br />

Wahl zum Präsidenten von Swiss Olympic<br />

sass er im Vorstand der Genossenschaft<br />

St.-Jakob-Park, und von 2000 bis 2005<br />

präsidierte er die Sport-Toto-Gesellschaft.<br />

«Natürlich habe ich auch selber Sport getrieben,<br />

allerdings ist das ein wenig zu<br />

kurz gekommen in den letzten Jahren»,


Der berufliche Werdegang von Jörg Schild<br />

Bis 1975: Studium der Jurisprudenz an der Universität Basel<br />

1978 –1979: Gerichtsschreiber am Enteignungsgericht sowie Aktuar<br />

der Überweisungsbehörde Basel-Landschaft<br />

1979 –1989: Staatsanwalt in Basel | ab 1982 als Chef des Betäubungsmitteldezernats<br />

1989 –1992: Chef der Zentraldienste der Bundesanwaltschaft in Bern<br />

1992 – 2006: Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt<br />

1998 – 2004: Präsident der Konferenz kantonaler Justiz- und<br />

Polizeidirektoren (KKJPD)<br />

sagt Schild. Er sei erschrocken, als er letzthin<br />

an einer Konfirmationsfeier teilgenommen<br />

habe. Da wurden Fotos herumgereicht<br />

von der Taufe des Konfirmanden, an<br />

der Schild ebenfalls teilgenommen hatte.<br />

Acht Kilos, schätzt Schild, dürften seit besagter<br />

Taufe dazugekommen sein, und die<br />

müssen jetzt wieder weg: «Der Hometrainer<br />

ist aufgestellt.» Schild will aber nicht<br />

nur strampeln, auch andere Sportarten<br />

will er wieder vermehrt betreiben, wobei<br />

eine klare Tendenz erkennbar sei: «Die<br />

Bälle werden immer kleiner.» Mit Handball<br />

fing Schild an, Tennis spielte er auch, heute<br />

ist er ein begeisterter Golfer. «Wenn das so<br />

weitergeht, werde ich bald mit Murmeln<br />

spielen», sagt Schild lachend. Nachdem er<br />

im vergangenen Jahr ganze sieben Mal auf<br />

dem Golfplatz habe stehen können, will er<br />

in Zukunft wieder häufiger dem Golfball<br />

hinterher marschieren. «Im Moment spielt<br />

meine Frau noch besser als ich.» Das soll<br />

sich ändern.<br />

Terminkalender nach wie vor überfüllt<br />

Schild sagt, er habe viel gelernt in den<br />

Jahren als Vorsteher der Basler Polizei. Viel<br />

Führungserfahrung habe er gesammelt<br />

und sich die Fähigkeit erworben, Beziehungsnetze<br />

aufzubauen. «Das wird mir<br />

beides zugute kommen als Präsident von<br />

Swiss Olympic.» Die Zeit als Politiker habe<br />

ihn auch insofern geprägt, als er gelernt<br />

habe, Schulterklopfer zu erkennen. Um<br />

sich vor falschen Freunden und auch vor<br />

Anfeindungen zu schützen, habe er sich<br />

eine Schutzmauer aufbauen müssen. Dass<br />

er diese nun weniger brauchen wird, das<br />

hofft er. Schliesslich werde unter Sportlern<br />

ein anderer Stil gepflegt, ist Schild überzeugt.<br />

Der Respekt vor anderen Meinungen<br />

sei grösser im Sport, was auch damit<br />

zu tun habe, dass man in der Politik viel<br />

stärker im Rampenlicht stehe. «Seit meinem<br />

Rücktritt als Polizeidirektor muss ich<br />

nicht mehr jeden Morgen in die Zeitung<br />

schauen, um zu sehen, ob ich etwas falsch<br />

gemacht habe.» Der Druck der Öffentlichkeit<br />

sei in den letzten 14 Jahren manchmal<br />

gross gewesen. Er spüre deshalb, dass seit<br />

seinem Rücktritt als Regierungsrat Ende<br />

März eine Last von ihm abgefallen sei, sagt<br />

Schild. Weniger zu tun hat der neue Swiss-<br />

Olympic-Präsident deswegen aber nicht,<br />

obwohl sein neuer Job eigentlich nur ein<br />

50-Prozent-Pensum beanspruchen sollte.<br />

«Mein Terminkalender sieht fast aus wie<br />

vorher, mit dem Unterschied, dass ich<br />

noch mehr unterwegs bin.»<br />

Vater der Sportfamilie<br />

Schild hat sich einiges vorgenommen als<br />

Präsident von Swiss Olympic. Als erstes hat<br />

er sich über die Wünsche der Verbände ins<br />

Bild setzen lassen. An drei Abenden hat er<br />

die Mitgliedverbände eingeladen, «damit<br />

man mich kennen lernt und damit ich die<br />

Anliegen der Verbände kennen lerne.» Er<br />

verstehe Swiss Olympic als Dienstleistungsunternehmen<br />

für die Verbände, sagt<br />

Schild. Ein weiteres Ziel des neuen Präsidenten<br />

ist es, in der Schweiz so bald wie<br />

möglich eine Nationale Doping-Agentur<br />

zu haben. Das sei ihm spätestens während<br />

der Konferenz der Präsidenten der Nationalen<br />

Olympischen Komitees, die Anfang<br />

April in Seoul stattfand, klar geworden.<br />

Viel Energie will Schild auch in das Marketing<br />

investieren, da sei viel Potenzial vorhanden.<br />

«Ich fühle mich ein bisschen als<br />

Vater der Sportfamilie», sagt Schild. Eine<br />

zentrale Aufgabe eines Vaters sei es, die<br />

Familie zu ernähren. Diese Aufgabe will er<br />

anpacken. «Das liebe Geld», seufzt Schild<br />

und lächelt. Es hat ihn als Regierungsrat<br />

beschäftigt, es wird ihn als Präsident von<br />

Swiss Olympic beschäftigen.<br />

Von links nach rechts<br />

Jörg Schild (rechts) besuchte am 9. Februar 2006 zusammen mit Sportminister<br />

Samuel Schmid (links) das Olympische Dorf in Turin.<br />

Der Polizeidirektor in Aktion: Jörg Schild diskutiert am 30. November 2000<br />

mit Streikenden vor der Zentralwäscherei Basel.<br />

4 2006 swiss sport 11


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

Das Label<br />

hat etwas bewegt<br />

Erich Hanselmann, Chef Nachwuchsförderung<br />

Schweiz, eröffnete<br />

sein Referat am Meeting<br />

Labelschulen, das Ende März in<br />

Magglingen stattfand (siehe Kasten<br />

S. 14), mit den Worten: «Labelschulen<br />

haben eine zentrale Aufgabe im Nachwuchskonzept<br />

von Swiss Olympic.» Vor<br />

ihm sassen Vertreterinnen und Vertreter<br />

der 29 Schulen, die von Swiss Olympic<br />

für ihre Sportförderungskonzepte eines<br />

von vier entsprechenden Labels erhalten<br />

haben. Eine dieser Schulen ist die öffentliche<br />

Handelsmittelschule für Sportler und<br />

12 swiss sport 4 2006<br />

Künstler (HSK), die in das Kollegium Spiritus<br />

Sanctus Brig integriert ist. Sie trägt<br />

das Label «Swiss Olympic Sport School»,<br />

das höchste Label, das Swiss Olympic an<br />

Sportschulen vergibt. Neben Brig sind das<br />

Hochalpine Institut Ftan, die Sportmittelschule<br />

Engelberg, das Sportgymnasium<br />

Davos und die Nationale Elitesportschule<br />

Thurgau Träger dieses Labels.<br />

Viel Überzeugungsarbeit nötig<br />

Reinhold Schnyder ist Schulleitungsmitglied<br />

und Leiter der HSK, und wenn er<br />

über die Sportschule spricht, spürt man<br />

sein Engagement für dieses Projekt. Viel<br />

Die Sportschule Brig tut viel dafür,<br />

dass ihre Schülerinnen und<br />

Schüler sich so oft und so intensiv<br />

wie möglich dem Sport widmen<br />

können. Der Aufwand lohnt sich, wie<br />

der Erfolg aktueller und ehemaliger<br />

Schüler zeigt.<br />

Text und Bilder Christof Kaufmann<br />

Aufbau- und Überzeugungsarbeit habe<br />

er mit seinen Kollegen leisten müssen,<br />

bis sich das Konzept der Sportschule in<br />

Brig habe etablieren können. Der Einsatz<br />

Schnyders kommt nicht von ungefähr. Der<br />

ehemalige Kunstturner weiss, welchen<br />

Aufwand junge Spitzensportler betreiben<br />

müssen. Als Mitglied des Nationalkaders<br />

sei er zwei bis drei Mal pro Woche von<br />

Sion nach Magglingen gefahren, um zu<br />

trainieren. Solche Reisen will er nun möglichst<br />

vielen Talenten ersparen. Um eine<br />

funktionierende Sportschule aufzubauen,


sei viel Überzeugungsarbeit nötig, sagt<br />

Schnyder. Auch brauche es einen Rektor,<br />

der das Projekt unterstütze, denn eine<br />

Sportschule bringe viel Mehrarbeit mit<br />

sich. Beispielsweise müsse das Kollegium<br />

Spiritus Sanctus nun neue Trainingsörtlichkeiten<br />

bauen und ein Stützprogramm<br />

erarbeiten für die Sportschüler, die oft<br />

fehlten in der Schule. Schliesslich müsse<br />

auch die Politik mitziehen, kantonal wie<br />

national. «Denn», so Schnyder, «es kann ja<br />

nicht sein, dass nur Privatschulen ein umfassendes<br />

Angebot für Sporttalente anbieten.»<br />

Das Label «Swiss Olympic Sport<br />

School» habe der Sportschule viel Anerkennung<br />

gebracht, nach innen wie nach<br />

aussen. Weil Swiss Olympic mit dem Label<br />

jeweils Auflagen – im Falle des Kollegiums<br />

Spiritus Sanctus wird vor allem der Neubau<br />

von Trainingsräumlichkeiten verlangt –<br />

verbinde, sei man zudem nun nahe dran,<br />

neue Sporträume zu realisieren. «Das Label<br />

hat etwas bewegt», sagt Schnyder.<br />

«So lange ich snowboarden kann …»<br />

Eines der Talente, das dieses Angebot<br />

nutzt, ist <strong>Patrizia</strong> <strong>Kummer</strong>. Die 18-jährige<br />

Snowboarderin aus Mühlebach im Kanton<br />

Wallis gehört dem B-Kader Snowboard<br />

alpin an und steht in ihrem dritten Jahr<br />

an der HSK. Sie schätzt die Möglichkeiten,<br />

welche ihr die Sportschule bietet. «Wir be-<br />

Von links nach rechts<br />

<strong>Patrizia</strong> <strong>Kummer</strong>, Schülerin der Sportschule<br />

Brig, will schon bald in die Snowboard-Weltspitze<br />

fahren.<br />

Reinhold Schnyder ist Leiter der Sportschule<br />

Brig und Schulleitungsmitglied des Kollegiums<br />

Spiritus Sanctus.<br />

«Es kann ja nicht sein, dass<br />

nur Privatschulen ein<br />

umfassendes Angebot für<br />

Sporttalente anbieten»<br />

kommen immer frei, wenn es für den<br />

Sport nötig ist», sagt <strong>Kummer</strong>. Im Herbst<br />

und Winter verbringe sie jeweils noch ein<br />

bis zwei Tage pro Woche im Schulzimmer.<br />

Es sei aber klar, dass auch die schulischen<br />

Leistungen stimmen müssten. «Zum Glück<br />

weiss ich, was in einem Text steht, nachdem<br />

ich ihn einmal durchgelesen habe.»<br />

In den Trainingslagern könne sie nämlich<br />

nicht lernen, da sei sie jeweils zu erschöpft.<br />

Dass neben der Schule und dem Sport<br />

fast nichts anderes mehr Platz hat, kümmert<br />

die junge Walliserin nicht. «So lange<br />

ich snowboarden kann, ist mir das egal.»<br />

Beim Snowboarden allein soll es aber<br />

nicht bleiben. <strong>Kummer</strong> hat grosse Ziele.<br />

Kollegium Spiritus Sanctus Brig<br />

In «zwei, drei Jahren» will sie in der Weltspitze<br />

angekommen sein, das Fernziel<br />

heisst Vancouver 2010. Nächstes Jahr wolle<br />

sie im Weltcup «Fuss fassen», nachdem sie<br />

diesen Winter auf Platz 39 des Weltcup-<br />

Schlussklassements abgeschlossen hat.<br />

Gutes «Stützkonzept» ist wichtig<br />

Damit <strong>Kummer</strong> bei ihrem Weg an die<br />

Snowboard-Weltspitze auch schulisch<br />

nicht ins Stocken kommt, hält die Sportschule<br />

in ihrem Leitbild fest, dass sie für<br />

eine «optimale Koordination von Schule,<br />

Sport und Internat in enger Zusammenarbeit<br />

mit den Sportverbänden» sorgen<br />

will. Zuständig dafür ist Patrick Grichting,<br />

der Sportliche Leiter. Grundsätzlich sei am<br />

Morgen Schule angesagt, am Nachmittag<br />

lernten die Schüler selber oder trainier-<br />

1200 Schülerinnen und Schüler besuchen das Kollegium Spiritus Sanctus<br />

Brig, das einzige Gymnasium im Oberwallis. Davon besuchen rund 70 die<br />

Handelsmittelschule für Sportler und Künstler (HSK), die bereits seit 20 Jahren<br />

besteht. 2004 erhielt die HSK das Label «Swiss Olympic Sport School».<br />

Seit diesem Jahr ist die HSK auch Bildungspartner der Nationalen Akademie<br />

Ski alpin von Swiss Ski. Für Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz im Wallis<br />

ist der Besuch der Sportschule kostenlos. Talente, die von ausserhalb des<br />

Kantons nach Brig kommen, bezahlen 4000 Franken im Jahr. Das Internat<br />

kostet 6000 Franken jährlich. Von den 70 Sportschülern kommen rund<br />

90 Prozent aus dem Wallis. Das Kollegium Spiritus Sanctus Brig ist Partner<br />

des Schweizerischen Skiverbandes, der in Brig die Nationale Akademie<br />

Ski alpin für die besten Nachwuchstalente installiert hat und zusätzlich ein<br />

Nationales Leistungszentrum betreibt.<br />

4 2006 swiss sport 13


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

ten, erklärt Grichting. Die Schule biete<br />

genügend Freiraum für das persönliche<br />

Training. Koordination sei aber nicht immer<br />

möglich. Skifahrer und Snowboarder<br />

seien häufig einfach zwei, drei Tage weg.<br />

Deshalb sei es wichtig, dass die Schule<br />

über ein gutes «Stützkonzept» verfüge,<br />

damit die Schüler den verpassten Schulstoff<br />

selbstständig wieder aufarbeiten<br />

könnten. Dazu kommt, dass die schulische<br />

Belastung in Brig auch deshalb geringer<br />

ist, weil die Sportschüler die Handelsmittelschule<br />

während vier statt wie üblich<br />

drei Jahren absolvieren können. Generell<br />

hat Grichting eine Entwicklung zu Gunsten<br />

des Sports beobachtet. «Noch vor ein<br />

paar Jahren herrschte in der Schweiz klar<br />

die Meinung vor, dass der Sport nach der<br />

Ausbildung kommt.»<br />

Extremer Aufwand<br />

Auch Jan Seiler konnte von den Strukturen<br />

der Sportschule profitieren. Der Skifahrer<br />

aus Brig-Glis hat die HSK vor zwei Jahren<br />

mit der gymnasialen Matura abgeschlossen<br />

und trainiert auch heute noch hin und<br />

wieder im Kraftraum der Sportschule. «Der<br />

Aufwand ist im Skisport extrem», sagt Seiler.<br />

Die HSK habe es ihm überhaupt erst<br />

ermöglicht, diesen Aufwand zu betreiben.<br />

«Die Nachmittage waren schulfrei und für<br />

Konditionstrainings reserviert», so Seiler.<br />

Zudem hätten die Lehrer den Skifahrern,<br />

die häufig abwesend gewesen seien, je-<br />

14 swiss sport 4 2006<br />

weils sehr bereitwillig Stützunterricht erteilt.<br />

Für Seiler haben sich die Investitionen<br />

des Kollegiums Spiritus Sanctus in die<br />

Sportschule ausgezahlt. Er hat in diesem<br />

Winter mehrere FIS-Rennen gewonnen<br />

und fuhr beim Weltcup-Slalom in Schladming<br />

auf den 39. Rang. Und er steht nicht<br />

alleine da. Auch Ralf Kreuzer, der ebenfalls<br />

schon Weltcup-Erfahrung gesammelt hat,<br />

und Rabea Grand, die heuer den Abfahrts-<br />

Europacup gewonnen hat, gehören zu<br />

den Absolventen der HSK.<br />

Matthias Zurbuchen (links) moderierte an<br />

der Nationalen Konferenz für Leistungssport,<br />

Schule und Ausbildung die Podiums-Diskussion<br />

zum Thema «Die richtigen Talente in die Förderschulen!»<br />

Schule und Leistungssport<br />

Ende März trafen sich in Magglingen Vertreterinnen und Vertreter von<br />

Sportförderschulen sowie die kantonalen Beauftragten für Nachwuchsförderung.<br />

Anlass waren zwei Tagungen.<br />

Die Nationale Konferenz Leistungssport, Schule und Ausbildung, an der<br />

rund 140 Personen teilnahmen, bot den Vertretern von Swiss Olympic<br />

Talents die Gelegenheit, die Weiterentwicklung der beiden Projekte «Swiss<br />

Olympic Talents Card» und «cool and clean» vorzustellen. In verschiedenen<br />

Workshops wurden zudem Themen wie «Drop-outs» oder «Lerncoaching<br />

für Sporttalente» diskutiert.<br />

Am «Meeting Labelschulen» trafen sich die Vertreter der 29 Sportschulen,<br />

die Swiss Olympic mit einem Label ausgezeichnet hat, zum Erfahrungsaustausch.<br />

Der Grundtenor war äusserst positiv. Die Schulen profitierten<br />

nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr vom Label, das eine höhere<br />

Anerkennung gegenüber den Verbänden und politischen Gremien bringe.<br />

Zudem fördere es die Identifikation der Schülerinnen und Schüler mit dem<br />

Institut und sorge dadurch für eine höhere Motivation. Beide Tagungen<br />

wurden von Matthias Zurbuchen, Leiter Karriereplanung, Leistungssport<br />

und Schule Swiss Olympic Talents, geleitet. Er forderte die Vertreter der<br />

Sportförderschulen auf, sich ein Sportartenprofil zu geben und in Zukunft<br />

noch enger mit den entsprechenden Sportverbänden und –klubs zusammenzuarbeiten.


Know-how<br />

für die Verbände<br />

Der Sportmanagement-Lehrgang<br />

wappnet Funktionäre für die anspruchsvolle<br />

Führung von Sportorganisationen.<br />

Eine Ausbildungswoche fand Anfang<br />

April im Haus des Sportes in Bern statt.<br />

Text und Bild Christof Kaufmann<br />

Der Sportmanagement-Lehrgang<br />

(SML) mache Sportfunktionäre<br />

mit den Besonderheiten und der<br />

Funktionsweise von Schweizer<br />

Sportorganisationen vertraut,<br />

sagt Marco Blatter. Der CEO von Swiss<br />

Olympic hielt im Rahmen eines SML-W<br />

here<br />

ochenmoduls, das im Haus des Sportes in<br />

Bern stattfand, selber ein Referat mit dem<br />

Titel «Problemstellen des Verbandsmanagements».<br />

Der Lehrgang sei eine qualitativ<br />

hochstehende Ausbildung und richte sich<br />

in erster Linie an bereits auf hoher Stufe<br />

ausgebildete Funktionäre, so Blatter. Für<br />

die Teilnehmenden bedeute der SML «14tägige<br />

harte Knochenarbeit plus eine Diplomarbeit<br />

und eine Abschlussprüfung».<br />

Swiss Olympic hat den Sportmanagement-Lehrgang<br />

in Zusammenarbeit mit<br />

dem Verbandsmanagement Institut (VMI)<br />

der Universität Freiburg mit einem klaren<br />

Ziel entwickelt: «Mit dem SML wollen wir<br />

das Know-how in den Verbänden erhöhen»,<br />

sagt Judith Conrad, Leiterin der<br />

Abteilung Ausbildung und Entwicklung<br />

von Swiss Olympic. Der Lehrgang solle<br />

aber auch die Attraktivität für eine langfristige<br />

Verbandsarbeit erhöhen. «Wir erhoffen<br />

uns, dass durch den SML die Personalwechsel<br />

und der damit verbundene Wissensverlust<br />

für die Verbände minimiert<br />

werden können», sagt Conrad.<br />

Hochinteressant, aber teuer<br />

Dirk Beisel, sportlicher Leiter bei Swiss-Ski<br />

und einer der Teilnehmer des Lehrgangs,<br />

lobt dessen Inhalte. Er habe es geschätzt,<br />

dass das Modul praxisbezogen gewesen<br />

sei, sagt Beisel. Allerdings sei der SML relativ<br />

teuer. Hohe Qualität habe ihren Preis,<br />

sagt Judith Conrad dazu. Auch Remo<br />

Balzaretti, der als Einsatzleiter bei Swiss<br />

Unihockey arbeitet, findet lobende Worte.<br />

Der Lehrgang sei «hochinteressant» gewesen,<br />

so Balzaretti. Die Woche sei gut<br />

organisiert gewesen. Seiner Ansicht nach<br />

könnten vom Lehrgang in erster Linie hö-<br />

Marco Blatter hielt ein Referat über<br />

«Problemstellen des Verbandsmanagements».<br />

Funktionäre profitieren, da auch<br />

komplexe Themen wie Controlling und<br />

Marketing ausführlich behandelt würden.<br />

Ein solcher ist Roland Zolliker, Präsident<br />

der Swiss Karate Federation. Er habe zwar<br />

die meisten Dinge schon gewusst, sagt<br />

Zolliker, dennoch sei das Modul «sehr<br />

gut» gewesen. Bezüglich Sport- und Wettbewerbsrecht<br />

habe er einiges gelernt,<br />

und auch das Referent über das Mehrwertsteuerrecht<br />

sei sehr lehrreich gewesen,<br />

so Zolliker.<br />

«Mit dem SML wollen wir das<br />

Know-how in den Verbänden<br />

erhöhen»<br />

4 2006 swiss sport 15


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

16 swiss sport 4 2006<br />

Alle Talente nach<br />

<strong>Tenero</strong><br />

Die besten Nachwuchssportlerinnen und -sportler treffen sich alljährlich im<br />

Tessin, am «Talent Treff <strong>Tenero</strong>». Gemeinsam trainieren sie, gemeinsam erleben<br />

sie ein erstes Mal den olympischen Spirit. Der Talent-Treff ist so beliebt, dass er<br />

heuer sogar zwei Mal durchgeführt wird.<br />

Text Christof Kaufmann Bilder Erich Hanselmann (S.16), Simone Hubacher (S.18)<br />

«Shake hands, make friends.» Unter<br />

diesem Motto steht der Talent Treff 2006.<br />

Dass die grössten Talente des Landes im<br />

«Centro sportivo» in <strong>Tenero</strong> nicht nur<br />

Hände schütteln und Freunde gewinnen<br />

sollen, sei klar, sagt Hanspeter Brigger,<br />

Leiter des Präventionsprogramms «cool<br />

and clean» Talents, der in <strong>Tenero</strong> für das<br />

Rahmenprogramm sorgen wird. «Die Jugendlichen<br />

werden hart und zielgerichtet<br />

trainieren, aber daneben sollen sie sich<br />

auch gegenseitig kennen lernen», sagt<br />

Brigger. «cool and clean» hat sich einiges<br />

einfallen lassen, um den Talent Treff zu einem<br />

Gemeinschaftserlebnis zu machen.<br />

Neben der Eröffnungs- und der Schlussfeier<br />

wird eine «cool and clean»-Party<br />

stattfinden, und in einem 3T-Gigathlon<br />

werden sich die Talente in sportartenübergreifenden<br />

Teams miteinander messen.<br />

«cool and clean» wird auch eine Athleten-<br />

Weiterbildung anbieten. «Dieses Jahr grei-<br />

fen wir in Rahmen unseres ersten Commitments<br />

‹Ich will an die Spitze› das Thema<br />

Optimales Zeitmanagement auf», sagt<br />

Brigger. In einem 90-minütigen Workshop<br />

solle den jungen Sportlern gezeigt werden,<br />

wie sie Leistungstraining, Familie und<br />

Freunde, Beruf oder Schule unter einen<br />

Hut bringen könnten. Auch werden Spitzensportler<br />

in <strong>Tenero</strong> sein und den Talenten<br />

konkrete Tipps geben. Während der<br />

ganzen Woche wird zudem eine Lounge<br />

bereitstehen mit Kissen, Musik, Videos und<br />

eine Mannschaft sein kann, weiss Brigger,<br />

der die U18-Faustball-Nationalmannschaft<br />

trainiert, aus eigener Erfahrung. «In <strong>Tenero</strong><br />

holten wir uns einen Super-Teamgeist und<br />

gewannen danach an der Weltmeisterschaft<br />

die Bronzemedaille.»<br />

Sportartenübergreifender Austauch<br />

Solche Erfolge freuen Cornel Hollenstein,<br />

Leiter Verbandsförderung bei Swiss Olympic<br />

Talents und OK-Vizepräsident des<br />

Talent Treffs. Der persönliche und kultu-<br />

«Die Jugendlichen werden<br />

hart trainieren»<br />

einer Bar, an der selbstverständlich nur<br />

alkoholfreie Getränke serviert werden.<br />

«Mit diesem breiten Angebot wollen wir<br />

von ‹cool and clean› dazu beitragen, dass<br />

der Talent Treff für die Jugendlichen zu einer<br />

bereichernden Erfahrung wird», sagt<br />

Brigger. Wie wertvoll der Talent Treff für<br />

relle Austausch – auch über die Grenzen<br />

zwischen Sportarten und Sprachregionen<br />

hinweg – sei ein zentrales Element des<br />

Talent Treffs. «In <strong>Tenero</strong> erleben die Nachwuchssportler<br />

erstmals so etwas wie den<br />

olympischen Spirit», sagt Hollenstein. Es


sei wichtig für die jungen Sportlerinnen<br />

und Sportler zu sehen, welcher Aufwand<br />

in anderen Sportarten betrieben werde.<br />

«Einem Sportler, der zehn Stunden pro<br />

Woche trainiert und das Gefühl hat, er sei<br />

am Anschlag, tut es gut, wenn er mit einer<br />

Kunstturnerin redet, die 25 Stunden pro<br />

Woche trainiert und daneben noch zur<br />

Schule geht.» Wie wertvoll eine Teilnahme<br />

am Talent Treff für die Jugendlichen sei,<br />

hätten mittlerweile alle Verbände eingesehen,<br />

so Hollenstein. «Im ersten Jahr waren<br />

wir froh, dass sich überhaupt qualifizierte<br />

Nachwuchssportler angemeldet haben.»<br />

Mittlerweile müsse er mit den Verbänden<br />

hart verhandeln, alle wollten ihre besten<br />

Talente nach <strong>Tenero</strong> schicken. Die «Talents<br />

Card National» sei deshalb zur Minimalanforderung<br />

geworden für den Talent<br />

Treff. Von der hervorragenden Infrastruktur<br />

des Centro Sportivo <strong>Tenero</strong> können<br />

rund 500 Athletinnen und Athleten sowie<br />

rund 100 Betreuer profitieren. «Der Talent<br />

Treff ist zur nationalen Talentschau geworden»,<br />

sagt Hollenstein.<br />

Innert zwei Wochen ausgebucht<br />

Aufgrund der stetig steigenden Nachfrage<br />

haben die Organisatoren entschieden,<br />

den Talent Treff künftig zwei Mal pro Jahr<br />

durchzuführen, im Mai (21.–27. 5.) und im<br />

September (24.–30. 9.). Die tausend Plätze<br />

seien innerhalb von zwei Wochen aus-<br />

Am Talent Treff <strong>Tenero</strong> trainieren während<br />

einer Woche die grössten Talente der Schweiz<br />

aus rund 30 Sportarten.<br />

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4 2006 swiss sport 17


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

Das gemeinsame Wohnen im engen Zelt<br />

fördert den Teamgeist.<br />

gebucht gewesen, sagt Bixio Caprara, OK-<br />

Präsident und Direktor des «Centro sportivo».<br />

Dies habe auch damit zu tun, dass<br />

nun Sportarten wie Biathlon oder Segeln<br />

am Talent Treff teilnehmen könnten, denen<br />

dies vorher nicht möglich gewesen sei,<br />

weil sie im Mai entweder mitten in oder<br />

völlig ausserhalb der Saison stünden.<br />

Diese Verbände könnten ihre Nachwuchssportler<br />

nun im Herbst nach <strong>Tenero</strong> schicken,<br />

sagt Caprara. Die Finanzierung der<br />

beiden Trainingslager sei bereits gesichert.<br />

Der langjährige Sponsor Banca del Gottardo<br />

habe seine weitere Unterstützung<br />

zugesagt, und mit «cool and clean» sei ein<br />

weiterer Sponsor dazu gekommen. Auch<br />

das Bundesamt für Sport (BASPO) unterstütze<br />

das Projekt nach wie vor.<br />

«Gemeinsamen Spirit aufbauen»<br />

Rolf Bühler, Nachwuchschef von Swiss<br />

Tennis, geht nicht nur wegen der guten<br />

Trainingsbedingungen gerne nach <strong>Tenero</strong>.<br />

«Im Nationalen Leistungszentrum in Biel<br />

stehen mir mehr Hallen zur Verfügung.»<br />

In <strong>Tenero</strong> lernten die Tennisspieler aber<br />

Talente aus anderen Sportarten kennen.<br />

Dadurch werde ihnen bewusst, dass auch<br />

andere einen hohen Aufwand für den Erfolg<br />

betrieben, sagt Bühler. Tennisspieler<br />

seien meist allein, spielten allein, trainierten<br />

allein. Am Talent Treff übernachteten<br />

sie zusammen in einem Zelt und müssten<br />

aufeinander Rücksicht nehmen. «Das haben<br />

Tennisspieler sonst nie, und deshalb<br />

finde ich den Talent Treff hervorragend»,<br />

sagt Bühler. David Egli, Trainer der U17-<br />

Nationalmannschaft Handball, schätzt vor<br />

allem die Möglichkeit, mit seinen Spielern<br />

andere Sportarten auszuüben. «Gerade in<br />

dem Alter, in dem meine Spieler sind, ist<br />

es zentral, Ausgleichssportarten zu betreiben»,<br />

sagt Egli. Dafür nähmen sich die<br />

Handballer in normalen Lehrgängen nicht<br />

so viel Zeit. Das von Giorgio Pifaretti zusammengestellte<br />

Angebot ist gross und<br />

beinhaltet unter anderem Golf, Rafting und<br />

Sportklettern.«In <strong>Tenero</strong> können wir zudem<br />

einen gemeinsamen Spirit aufbauen in der<br />

Mannschaft, dieses Camp eignet sich hervorragend<br />

dafür» , sagt Egli.<br />

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Bei der Verteidigung der mühsam errungenen Ausnahmebestimmungen für den Sport bei der Mehrwertsteuer<br />

werden wir mit Aussagen konfrontiert, die wenig überzeugend widerlegt werden können.<br />

Wenn der Sport sich als eine Einheit betrachtet, dann muss er an dem einen oder anderen Ort über<br />

die Bücher gehen.<br />

Eines dieser Kapitel ist die Play-out-Formel im Eishockey. Nach Ausscheiden der Titelaspiranten in<br />

den Play-offs setzt regelrecht ein «catch-as-catch-can» nach Verdienst interessierten Ausländern ein.<br />

Ungeachtet der aus dem Ruder laufenden Kosten und der damit verbundenen Budgetüberschreitungen<br />

stellt sich der Sport orientierte Betrachter die Frage auch nach dem Fairplay.<br />

Die in der Schweiz ansässigen internationalen Sportverbände bewegen zum Teil Finanzströme,<br />

die das Bild eines überreichen Sports verbreiten. Das ist in der Tat der Fall, wenn wir Organisationen<br />

wie das IOK, die FIFA, die UEFA, die FIVB, die IIHF oder die FIS betrachten. Der grösste Teil des Geldes<br />

wird – und das sollte mit unserem sozialen Gewissen vereinbar sein – den Ländern mit sportlichem<br />

und wirtschaftlichem Entwicklungspotenzial zuteil. Nach wie vor nimmt die Schweiz in der OECD-Einkommensstatistik<br />

einen Spitzenrang ein und ist somit nach dem biblischen Zitat «Die Ersten werden<br />

die Letzten sein» am Ende der Verteilliste für diese Gelder zu finden.<br />

Swiss Olympic verfügt in seiner Jahresrechnung 2005 über rund 23 Miollionen Schweizer Franken,<br />

die frei zur Verfügung für die Förderung des Spitzensports in annähernd 40 Verbänden stehen.<br />

Dieser kleine Betrag erfordert eine Schwergewichtsbildung bei der Zuteilung. Diese für den gesamten<br />

Spitzensport einsetzbare Summe entspricht in etwa dem Einzelverdienst von erfolgreichen Schweizer<br />

Managern.<br />

Das Bild in der Öffentlichkeit wird weitergehend dadurch verzerrt, dass medial nur noch die «Ausreisser»<br />

zuunterst und zuoberst auf der Skala interessieren. Das heisst, eben die grossen Verdiener<br />

und die grossen Schuldenmacher.<br />

Die Leistung des grossen Mittelbaus, unmittelbar für unsere Gesellschaft und deren Gesundheit<br />

dienlich, wird kaum transparent. Am 19./20. Mai 2006 werden Zahlen und Fakten anlässlich der ersten<br />

Swiss Sport Session von Fachleuten dargelegt. Es wäre wünschbar, dass auch die Kritiker des Sports<br />

ihren Weg ins Stade de Suisse finden. Das eben erwähnte von den Medien geprägte Bild wird an dieser<br />

Veranstaltung erhebliche Retouchen erfahren und aufzeigen, dass sich die Schweiz im internationalen<br />

Vergleich von finanziellem Input und Medaillenbilanz im vordersten Fünftel der Rangliste situiert.<br />

Vielleicht nicht mit Erfolgen in jenen Sportarten, die sich die wirtschaftlich Kräftigen wünschen, aber<br />

das wäre wieder ein anderes Kapitel.<br />

Freundliche Grüsse<br />

Marco Blatter<br />

CEO Swiss Olympic Association<br />

Die Spannweite des Sports<br />

SPORTPOLITIK<br />

4 2006 swiss sport 19


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

Bis zu 24 Stunden lang werden die Teilnehmer<br />

des Gigathlon 2006 am 8. Juli zwischen Genf<br />

und Bern unterwegs sein. Da braucht es eine<br />

optimale Vorbereitung, und die bietet der<br />

Gigathlon Campus. Ein Augenschein in Uster,<br />

wo der erste von drei Campuses stattfand.<br />

Text Christof Kaufmann Bilder Werner Bosshard (S.20), Christof Kaufmann (S.21)<br />

W<br />

ild mit den Armen rudernd<br />

steht Bennie Lindberg vor einer<br />

Wandtafel und ruft: «Das<br />

ist alles bremsen, bremsen,<br />

bremsen!» Was wie eine Szene aus einem<br />

avantgardistischen Theaterstück anmutet,<br />

ist in Tat und Wahrheit eine ernste Sache.<br />

Videoanalyse mit dem Sieger des Gigathlon<br />

2004 ist angesagt. Lindberg macht<br />

seinen rund dreissig Schülerinnen und<br />

Schülern gerade vor, wie man nicht<br />

schwimmen soll, wenn man den Gigathlon<br />

beenden oder gar auf dem Podest<br />

landen will. Am Morgen wurden die<br />

Campus-Teilnehmer im Hallenbad Uster<br />

gefilmt, am Nachmittag nun werden die<br />

Aufnahmen analysiert. Lindberg findet<br />

fast bei jedem Schwimmer etwas Kritikwürdiges.<br />

Die einen «hängen im Wasser»,<br />

andere bewegen sich zu hastig, wieder<br />

20 swiss sport 4 2006<br />

Gerüstet für das<br />

Abenteuer<br />

andere schwimmen zu «breit». Lindberg<br />

schaut, spult zurück, analysiert, gibt Tipps<br />

wie diesen: «Konzentriert euch darauf,<br />

das Wasser besser zu fassen, das macht<br />

euch schneller.»<br />

«Ich will den Gigathlon überleben»<br />

Gezielt können Gigathleten in drei Campuses<br />

an ihren schwächsten Disziplinen<br />

feilen. Soviel kostet die Teilnahme an einem<br />

der drei Kurstage in Uster, Luzern und<br />

Bern, die von Swiss Olympic in Zusammenarbeit<br />

mit Urban Schumacher, Gigathlon<br />

Single Man 2002, angeboten werden. Die<br />

Trainings werden von Spitzenathleten wie<br />

dem Triathleten Olivier Bernhard oder Läufer<br />

Tadese Abraham geleitet. Dazu haben<br />

die Organisatoren hochkarätige Referenten<br />

wie den Sportpsychologen Hanspeter<br />

Gubelmann verpflichtet. In den Kurskosten<br />

sind ausserdem eine Videoanalyse und<br />

die Verpflegung enthalten. Diese hat es<br />

Roy Studer besonders angetan. Studer ist<br />

aber nicht nur wegen der guten Verpflegung<br />

zufrieden mit dem Campus-Tag. «Ich<br />

werde dieses Jahr zum ersten Mal am<br />

Gigathlon teilnehmen, und ich will ihn<br />

überleben», sagt der 23-jährige Hubersdorfer.<br />

Um dieses Ziel – auch wenn es<br />

nicht wörtlich zu verstehen ist – zu erreichen,<br />

hat sich Studer für den Gigathlon<br />

Campus in Uster angemeldet – und viel<br />

gelernt. Gut sei vor allem gewesen, dass<br />

er die Theorie immer gleich in die Praxis<br />

habe umsetzen können. «Ich weiss jetzt<br />

zum Beispiel, dass ich für die Laufstrecke<br />

noch mehr Kraft im Rumpf aufbauen<br />

muss», sagt Studer.


Gigathlon<br />

Viel Qualität für wenig Geld<br />

Die Stimmung am Campus sei äusserst gut,<br />

sagt Mitorganisatorin Simone Perrinjaquet.<br />

Das habe auch damit zu tun, dass viele der<br />

Teilnehmenden am Gigathlon starten würden<br />

und die Vorfreude darauf teilten. Mit<br />

120 Teilnehmenden pro Campus sei man<br />

heuer aber an die oberste Grenze gegangen,<br />

sagt Perrinjaquet: «Mehr können nicht<br />

teilnehmen.» Das sieht auch Urban Schumacher<br />

so. «Eine Videoanalyse bringt den<br />

Teilnehmern viel, aber bei 120 Leuten wird<br />

es schwierig, auf jeden einzelnen einzugehen.»<br />

Dass so viele Sportlerinnen und<br />

Sportler am Campus teilnehmen wollten,<br />

sei kein Wunder, sagt Schumacher. «Wenn<br />

man die Qualität der Trainingsleiter anschaut,<br />

sind 50 Franken wenig.»<br />

Das findet auch Gabriele Werthmüller. Ihr<br />

hat der Campus in Uster so gut gefallen,<br />

dass sie sich auch für den Campus in Bern<br />

angemeldet hat. Sie freue sich sehr auf den<br />

Gigathlon, an dem sie in einem Fünfer-<br />

Team in der Disziplin Inline-Skaten starten<br />

wird. Sie nehme zum ersten Mal teil und<br />

wolle Erfahrungen sammeln. «Wenn es mir<br />

gut läuft, will ich mich nächstes Jahr in der<br />

Kategorie Couple versuchen.» Dann will<br />

sie sich auch auf die Laufstrecke wagen<br />

und wird vom Campus in Uster profitieren<br />

können. «Das Lauftraining mit Tadese<br />

Abraham war ein einmaliges Erlebnis»,<br />

sagt Werthmüller.<br />

Von links nach rechts<br />

«Denkt an den Ellbogenknick!» Bennie Lindberg machte vor,<br />

wie man schnell und Kräfte sparend schwimmen kann.<br />

Jede gegen jeden: Gleichgewichtsübungen auf dem Mountainbike.<br />

4 2006 swiss sport 21


I M G E S P R Ä C H<br />

In der Schweiz grassiert das Sammelfieber,<br />

Panini-Fussballbilder werden millionenfach<br />

verkauft. Für Kunstliebhaber haben die<br />

beiden Illustratoren Jerzovskaja und Ashi<br />

die perfekte Alternative vorgelegt: 50 Zeichner<br />

porträtieren die WM-Mannschaften und alle<br />

Weltmeister-Teams seit 1930. Im Gespräch<br />

erzählt Jerzovskaja, wie es zu dem Projekt<br />

kam, warum ihn das Sammeln von Panini-<br />

Bildern frustrierte und warum Raphael Wicky<br />

aus dem Schweizer Nationalteam flog.<br />

22 swiss sport 4 2006<br />

«Jedes Bild ist eine<br />

Hommage»<br />

Interview Christof Kaufmann<br />

Illustrationen www.fussballhelden.com Bild Palma Fiacco<br />

swiss sport Jerzovskaja, Ihr Buch verbindet<br />

auf unterhaltsame Weise Kunst und Sport.<br />

Ihren Lebensunterhalt verdienen Sie als Künstler –<br />

sind Sie auch Sportler?<br />

Jerzovskaja Sport hat mich immer interessiert. Als Kind<br />

war ich in einem Fussballklub, mit zwölf wechselte ich<br />

zum Handball, wo ich mit 18 in der 1. Liga spielte. Aber<br />

der Leistungssport ist mir verleidet. Ich trainierte bis zu<br />

vier Mal die Woche, hatte für nichts anderes mehr Zeit. Als<br />

18-Jähriger hatte ich bereits schwache Kniegelenke, und<br />

während meiner sportlichen Karriere habe ich vier jähzornige<br />

Trainer erlebt. Der Tribut, den der Spitzensport<br />

fordert, war mir zu hoch. Mit dem aktiven Sport habe ich<br />

abgeschlossen, heute gehe ich lieber gut essen. Ich<br />

schwimme aber und bin viel mit dem Fahrrad unterwegs.<br />

Für Ihr Buch «Fussballhelden» haben 50 Zeichner<br />

aus 17 Ländern kostenlos gezeichnet. Wie haben<br />

Sie die Zeichner ausgewählt?<br />

Ashi und ich haben 100 Zeichner, deren Arbeit wir lieben,<br />

gefragt, ob sie ein Team für uns zeichnen würden. Die<br />

Hälfte sagte zu. Erstaunlich ist, dass viele mitgemacht<br />

haben, die mit Fussball nichts anfangen können oder<br />

Spitzensport entschieden ablehnen. Einige von ihnen<br />

schauen sich jetzt die Spiele der Mannschaft an, die sie<br />

gezeichnet haben.<br />

Ein WM-Kader umfasst 23 Spieler, in ihrem Buch<br />

finden sich pro Mannschaft aber nur elf Porträts.<br />

Ich habe eine Vorauswahl getroffen. Während rund tausend<br />

Arbeitsstunden bin ich im Internet gesurft, um herauszufinden,<br />

welche elf Spieler porträtiert werden sollten<br />

und um Fotos zu sammeln, die den Zeichnern als Vorlagen<br />

dienten. Diese Wahl ist natürlich immer subjektiv gefärbt.<br />

Zudem haben die Künstler auch selber selektioniert und<br />

zum Beispiel einen der Spieler, die ich ausgewählt habe,<br />

mit einem ihres Lieblingsklubs ersetzt. Oder sie schafften<br />

es einfach nicht, einen bestimmten Spieler zu porträtieren.<br />

Dann flog er aus dem Team. Der Schweizer Raphael<br />

Wicky ist so ein Fall.


Wenig Schlaf, viel Energie<br />

Jerzovskaja ist Zeichner mit Leib und Seele. Sein Atelier in Zürich sei seine Welt, sagt er,<br />

und wenn ihn etwas begeistere, dann sei er nicht zu bremsen. Das Projekt «Fussballhelden»<br />

hat ihn begeistert. Seit Juni 2005 hat er seine Idee eines Kunstbildbandes, der<br />

wie ein Panini-Album daherkommt, zusammen mit seinem Freund Achilles Greminger<br />

(Künstlername: Ashi) in die Tat umgesetzt. Am Tag erledigten die beiden Illustratoren<br />

Aufträge für ihre Kunden, in der Nacht arbeiteten sie an ihrem Buch. Geschlafen habe<br />

er in den letzten zehn Monaten zwei bis drei Stunden pro Nacht, sagt Jerzovskaja. Nun<br />

sitzt er an der Bar des Luzerner Kunstlokals UG, in dem die 700 Porträts seiner Fussballhelden<br />

ausgestellt sind – und strahlt. Jerzovskaja, der von sich sagt, dass er aufpassen<br />

müsse, durch seine Begeisterung fürs Zeichnen nicht zum unsozialisierten Wesen zu<br />

werden, redet und erzählt eineinhalb Stunden, spricht über sich, über seine Jugend,<br />

über sein Projekt. Zwei Kaffees trinkt er dazu, ansonsten sind ihm die schlaflosen<br />

Nächte nicht anzumerken.<br />

Von links nach rechts<br />

Wie sich der Künstler selber sieht:<br />

Jerzovskajas Selbstporträt.<br />

Alain Sutter, ehemaliger Star der<br />

Schweizer Fussball-Nationalmannschaft,<br />

gezeichnet von Ashi.<br />

Ashi (links) und Jerzovskaja (rechts) sind<br />

die beiden Köpfe hinter Fussballhelden.<br />

Wayne Rooney sieht aus wie ein Lausbub, Zinédine<br />

Zidane hat Mickey-Maus-Ohren: Viele der gezeichneten<br />

Fussballer dürften an ihrem Porträt wenig<br />

Freude haben.<br />

Für einen Illustrator ist es einfach, eine Person lächerlich<br />

aussehen zu lassen. Das hat aber keiner der 50 Zeichner<br />

gemacht. Wir haben die Spieler respektvoll dargestellt.<br />

Jedes Bild im Buch ist eine Hommage und keine Karikatur.<br />

Indem sich die Zeichner intensiv mit ihrer Mannschaft<br />

beschäftigt haben, sind nicht nur Abbilder der Fussballer<br />

entstanden, sondern auch neue Figuren.<br />

Inspiration für Ihr Buch waren die Panini-Alben,<br />

wegen denen in der Schweiz das Sammelfieber<br />

ausgebrochen ist. Haben Sie die Sticker selber<br />

auch gesammelt als Kind?<br />

Ich habe ein paar Mal angefangen zu sammeln. Es war ein<br />

frustrierendes Erlebnis, weil ich mir als Kind das Sammeln<br />

schlicht nicht leisten konnte.<br />

Heute können Sie sich das Sammeln leisten. Tun Sie<br />

es auch?<br />

Ich besitze heute alle Panini-WM-Alben seit 1968, gesammelt<br />

habe ich aber kein einziges Bild. Ich habe mir die<br />

Alben in Bücherantiquariaten gekauft. Ich bewundere<br />

Panini. Die Bilder sind von schlechtester Qualität, und die<br />

Firma macht damit ungeheuer viel Geld. Die Leute geben<br />

mindestens 200 Franken aus, um ein Album voll zu kriegen.<br />

Da kann ich nur den Kopf schütteln, wenn uns vorgeworfen<br />

wird, unser Buch mit über 900 Bildern in höchster<br />

Druckqualität sei mit 60 Franken zu teuer.<br />

Freuen Sie sich auf die WM?<br />

Ja, klar. Da ich selber keinen Fernseher habe, werde ich wie<br />

immer während Fussball-Grossanlässen für drei Wochen zu<br />

meinem Bruder ziehen, er hat nämlich einen Beamer. Aber<br />

vergiftet sind wir nicht. Ist ein Spiel langweilig, schalten wir<br />

den Beamer aus und kochen gemeinsam.<br />

Jerzovskaja<br />

Bürgerlicher Name Kai Jerzö Alter 34<br />

Wohnort Zürich Beruf Selbstständiger Illustrator<br />

mit eigenem Atelier in Zürich<br />

Jerzovskaja & Ashi, «Fussballhelden», Herzglut-Verlag.<br />

4 2006 swiss sport 23


P A N O R A M A<br />

Von der Kantine<br />

aufs Schloss<br />

Zum 25. Mal hat die Sporthilfe Ende März die besten Nachwuchstalente<br />

ausgezeichnet. An der Preisverleihung, die auf Schloss Lenzburg stattfand,<br />

nahm auch Sepp Zellweger, allererster Nachwuchssportler des Jahres, teil.<br />

Text Christof Kaufmann Bilder Keystone<br />

Für einmal gehörte die Bühne nicht den Stars,<br />

sondern den Talenten. An der Preisverleihung<br />

des Nachwuchs-Preises der Schweizer Sporthilfe<br />

sassen die beiden Olympiasiegerinnen Daniela<br />

Meuli und Evelyne Leu im Saal, auf der Bühne<br />

wurden die besten Nachwuchssportler des Jahres 2005<br />

geehrt. Fünf Kandidatinnen und Kandidaten hatte Swiss<br />

Olympic Talents, die nationale Lenkungsstelle für Nachwuchsförderung,<br />

nominiert. Aus diesen wählten Schweizer<br />

Sportjournalisten, die Siegerinnen und Sieger. Die Ehrung<br />

der Nachwuchssportler des Jahres war wie schon in<br />

den vergangenen Jahren mit einem opulenten Festmahl<br />

auf Schloss Lenzburg verbunden, zu dem sich rund 200<br />

Gäste aus Sport, Politik und Wirtschaft einfanden. Köbi<br />

Kuhn, Trainer der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft,<br />

24 swiss sport 4 2006<br />

war da und betonte, dass in seiner Mannschaft nicht deshalb<br />

so viele junge Spieler stünden, weil sie jung seien,<br />

«sondern weil sie gut sind.» Auch Rainer Huber, Bildungsdirektor<br />

des Kantons Aargau, hatte einen Auftritt und<br />

fand es gut, dass der Nachwuchssport gefördert wird,<br />

«weil sportliche Erfolge so wichtig sind für die Identität<br />

eines Landes.»<br />

Sophie Lamon zwei Mal ausgezeichnet<br />

Die herausragende Persönlichkeit des Abends war aber<br />

Sophie Lamon. Die 21-jährige Degen-Fechterin hatte letztes<br />

Jahr an der Junioren-WM in Linz sowohl in der Einzelals<br />

auch in der Teamwertung die Goldmedaille gewonnen.


Auch für die Sportjournalisten lag die Fechterin zwei Mal<br />

vorne: Lamon wurde nicht nur Nachwuchssportlerin des<br />

Jahres, sondern erhielt zusammen mit ihren Team-<br />

Kameradinnen Tiffany Géroudet, Lorraine Marty und Simone<br />

Näf auch die Auszeichnung «Bestes Nachwuchsteam»,<br />

für die jede der vier Athletinnen 2000 Franken und<br />

der Fechtverband 17 000 Franken erhält.<br />

Als Nachwuchssportlerin des Jahres tritt Lamon in Fussstapfen,<br />

die so illustre Sportlerinnen wie Flavia Rigamonti<br />

oder Anita Weyermann hinterlassen haben. Und die ehrgeizige<br />

Walliserin ist gewillt, sie auszufüllen. Vor sechs<br />

Jahren hat sie mit dem Elite-Team an den Olympischen<br />

Spielen in Sydney bereits die Silbermedaille gewonnen, in<br />

Peking 2008 soll es nun Gold im Einzelwettkampf werden.<br />

Um dieses Ziel zu erreichen, kann sie das Preisgeld gut<br />

gebrauchen. 2500 Franken erhält Lamon, dazu kommen<br />

600 Franken pro Monat während einem Jahr.<br />

«Zwei Sekunden fehlen»<br />

Die gleiche Summe erhält der Nachwuchssportler des<br />

Jahres 2005, Skifahrer Beat Feuz. Der 19-jährige Schangnauer<br />

fuhr an der diesjähriger Junioren-WM in Quebec<br />

sowohl in der Abfahrt wie auch im Super-G auf den vierten<br />

Platz, nachdem er an der WM im vergangenen Jahr<br />

die Slalom-Bronzemedaille gewonnen hatte. Es sei eine<br />

grosse Ehre, den Preis zu erhalten, sagte Feuz an der<br />

Preisverleihung. Viele Skifahrer hätten den Preis schon<br />

gewonnen, und die seien heute im Weltcup. «Ich hoffe,<br />

dass ich auch dahin komme.» In der Tat setzt Feuz eine<br />

lange Reihe von erfolgreichen Skifahrern fort. Fast die<br />

Hälfte aller bisher Ausgezeichneten waren Skifahrer, unter<br />

anderen Michaela Figini (1983), Urs Lehmann (1987),<br />

Sylviane Berthod (1996) und Daniel Albrecht (2003). Auf<br />

die Frage von Moderator Michael Sokoll, was denn noch<br />

fehle, damit er den Sprung vom B- ins A-Kader schaffe,<br />

antwortete Feuz schlagfertig: «Etwa zwei Sekunden.»<br />

Von links nach rechts<br />

Der erste Preisträger und die bisher letzte Preisträgerin:<br />

«Götti» Sepp Zellweger überreichte Sophie Lamon<br />

die Auszeichnung als Nachwuchssportlerin des Jahres.<br />

Beat Feuz, Nachwuchssportler des Jahres, mit «Gotte»<br />

Daniela Meuli.<br />

Die Preisträger …<br />

… der vergangenen fünf Jahre<br />

2004 Sabrina Altermatt (Leichtathletik) | Nino Schurter (Mountainbike)<br />

2003 Tamara Wolf (Ski alpin) | Daniel Albrecht (Ski alpin)<br />

2002 Bettina Schmid (Mountainbike) | Daniel Hubmann (OL)<br />

2001 Fränzi Aufdenblatten (Ski alpin) | Sven Riederer (Triathlon)<br />

2000 Nicola Spirig (Triathlon) | Daniel Défago (Ski alpin)<br />

«Schön hergerichtete Kantine»<br />

Nicht ein Skifahrer war der allererste Träger des Nachwuchs-Preises.<br />

Kunstturner Sepp Zellweger hatte vor 25<br />

Jahren die Auszeichnung in Empfang genommen und<br />

sich ihrer wie kaum ein anderer als würdig erwiesen. In<br />

seinem Palmarès finden sich 24 Schweizermeister-Titel,<br />

eine EM-Bronze-Medaille und zwei Olympia-Final-Teilnahmen<br />

(1984 Los Angeles, 1988 Seoul). Zellweger erinnert<br />

sich noch gut an «seine» Preisverleihung. In der Kantine<br />

der Schweizerischen Kreditanstalt im Üetlihof in Zürich,<br />

die «schön hergerichtet» worden sei, habe der Anlass<br />

stattgefunden. Wie gut dem ehemaligen Kunstturner der<br />

Ort der Preisverleihung gefallen haben muss, lässt sich<br />

allein schon daran erkennen, dass Zellweger heute als<br />

Manager bei der Credit Suisse, Nachfolgerin der Kreditanstalt,<br />

arbeitet.<br />

Auch Trainer ausgezeichnet<br />

Nicht vergessen hat die Sporthilfe jene, welche die Erfolge<br />

der jungen Sportlerinnen und Sportler erst möglich<br />

gemacht haben, meist aber im Hintergrund stehen. Vier<br />

Trainer und eine Trainerin wurden zu «Nachwuchstrainern<br />

2005» ernannt: Bettina Villars (Badminton), Rolf<br />

Müller (Kunstturnen), Marcel Burkhard (Judo), Alfred Gut<br />

(Schiessen) und Bernhard Bruggmann (Fussball). Überreicht<br />

wurde die Auszeichnung vom Trainer des Jahres<br />

2005 höchstpersönlich, von Köbi Kuhn.<br />

Der mit 10 000 Franken dotierte «Prix Credit Suisse», mit<br />

dem das beste Verbandsförderungskonzept ausgezeichnet<br />

wird, ging an den Turnverband für seine nachhaltige<br />

Nachwuchsförderung im Kunstturnen Männer. Die Boarding<br />

Association Switzerland East (BASE) erhielt von der<br />

Credit Suisse für ihr aussergewöhnliches Förderungskonzept<br />

einen Sonderpreis von 7500 Franken. Insgesamt<br />

wurden im Rahmen des «Sporthilfe Nachwuchs-Preises»<br />

121900 Franken verteilt.<br />

4 2006 swiss sport 25


I N K Ü R Z E<br />

ALLGEMEINES<br />

Patrick Hürlimann in den<br />

Weltverband gewählt<br />

Vier Jahre nach der Abwahl des Baslers<br />

Bruno Schallberger ist Swiss Curling wieder<br />

in der Exekutive des Curling-Weltverbandes<br />

(WCF) vertreten. An der WCF-Generalversammlung<br />

in Lowell (USA) wurde<br />

Patrick Hürlimann im ersten Wahlgang<br />

mit dem absoluten Mehr vor acht Mitbewerbern<br />

glanzvoll gewählt. Hürlimann<br />

wurde 1998 Olympiasieger und ist Teamcoach<br />

von St. Galler Bär.<br />

Olympische Spiele<br />

IOC mit Pekings Fortschritten<br />

zufrieden<br />

Das Internationale Olympische Komitee ist<br />

mit den Pekinger Vorbereitungen für die<br />

Olympischen Spiele 2008 sehr zufrieden.<br />

«Wir blicken mit grosser Zuversicht auf<br />

2008», erklärte IOC-Chefinspektor Hein<br />

Verbruggen in einem Schreiben an alle<br />

Nationalen Olympischen Komitees. «Die<br />

Olympiabauten sind im Plan, auch die Infrastruktur<br />

für den Transport entwickelt<br />

sich gut», führte der Holländer aus. Das<br />

operative Budget des Pekinger Organisationskomitees<br />

BOCOG beträgt rund zwei<br />

Milliarden Dollar und ist damit deutlich<br />

höher als die bei der Bewerbung vorgesehenen<br />

1,6 Milliarden. Zudem steckt Peking<br />

TERMINPLAN FÜR DIE MITGLIEDVERBÄNDE<br />

Datum Zeit Anlass<br />

19.05.2006 Sport Session und Youth Session, Stade de Suisse, Bern (–20.05.06)<br />

19.05.2006 Olympia-Schlussfeier, Bern<br />

21.05.2006 Talent Treff <strong>Tenero</strong> (–27.05.06)<br />

07.07.2006 Gigathlon. Genf-Bern (–08.07.06)<br />

05.09.2006 Forum Athletenbetreuung, Bern<br />

23.09.2006 Preteam Event EYOF Jaca 2007 (–24.09.06)<br />

24.09.2006 Talent Treff <strong>Tenero</strong> II (–30.09.06)<br />

03.11.2006 Super10Kampf, Zürich<br />

10.11.2006 16.30 10. Versammlung des Sportparlaments, Bern<br />

12.12.2006<br />

2007<br />

4. Nationale Konferenz Nachwuchsförderung, Magglingen<br />

18.02.2007 Winter European Youth Olympic Festival (EYOF), Jaca (Spanien)<br />

(–23.02.07)<br />

22.07.2007<br />

2008<br />

Summer European Youth Olympic Festival (EYOF), Belgrad (Serbien-<br />

Montenegro) (–27.07.07)<br />

08.08.2008 Olympische Sommerspiele Peking (–24.08.08)<br />

06.09.2008 Paralympics Peking (–17.09.08)<br />

rund 40 Milliarden Dollar in die Neugestaltung<br />

des Stadtbildes. Alle Olympiabauten<br />

sollen spätestens Ende 2007 fertig gestellt<br />

sein.<br />

Mindestens sechs Bewerber für 2016<br />

An der Ausrichtung der Olympischen<br />

Sommerspiele 2016 bekunden mindestens<br />

sechs Länder Interesse. Gemäss dem Internationalen<br />

Olympischen Komitee wollen<br />

sich Indien, Japan, Spanien, die USA, Brasilien<br />

und Italien bewerben. Im Hinblick auf<br />

die Spiele 2016 soll die IOC-Exekutive bei<br />

der Zusammenstellung des olympischen<br />

Programms mehr Verantwortung übernehmen<br />

und der Vollversammlung ein<br />

«Gesamtpaket» zur Abstimmung vorschlagen.<br />

Den Antrag legte die Vereinigung<br />

der olympischen Sommersport-Verbände<br />

(ASOIF) zum Abschluss der IOC-Tagungen<br />

in Seoul vor. Damit würde nicht mehr einzeln<br />

über jede Sportart abgestimmt, wie<br />

es für die Spiele in London der Fall war. Für<br />

2012 wurden Baseball und Softball ersatzlos<br />

aus dem Programm gekippt.<br />

VERBÄNDE<br />

Müller folgt auf Magyar<br />

Der Berner Professor Hansruedi Müller ist<br />

an der 34. Delegiertenversammlung des<br />

Schweizerischen Leichtathletik-Verbandes<br />

(SLV) in Bern einstimmig als Nachfolger<br />

von Verbandspräsident Patrick Magyar gewählt<br />

worden. Magyar hatte die Führung<br />

des SLV vor zwei Jahren übernommen und<br />

den in die Krise geschlitterten Leichtathletik-Verband<br />

innert weniger Monate wieder<br />

in geordnete Bahnen gelenkt. Hansruedi<br />

Müller ist Leiter des Forschungsinstituts<br />

für Freizeit und Tourismus an der Uni Bern.<br />

Vor seiner Wahl nannte er sechs Strategien,<br />

die er in den nächsten Jahren verfolgen<br />

möchte. Darunter befindet sich als<br />

Fernziel auch die Durchführung einer<br />

Leichtathletik-EM.<br />

AUSBILDUNG SWISS OLYMPIC 2006<br />

Leitung Ort Dauer Datum<br />

SML Sport-Management Lehrgang VMI/Swiss Olympic gemäss Detailausschreibung<br />

CBE Cours de base d’entraîneurs Formation des entraîneurs Macolin 5 x 3 jours + 20.04 –<br />

Swiss Olympic examens 24.11.2006<br />

Spitzensport<br />

CDE Cours d'entraîneurs, 2006 – 2007 Formation des entraîneurs Divers 12 x 3 jours + 30.08. –<br />

Swiss Olympic examens 22.11.2007<br />

WEITERBILDUNG SWISS OLYMPIC 2006<br />

Leitung Ort Dauer Datum<br />

Fachkompetenz<br />

S040 Sicher unterwegs mit dem Kleinbus Instruktoren der Test & Training tcs AG Diverse 1 Tag Diverse<br />

S520 La route en sécurité avec les minibus Instructeurs du Test et Training tcs SA divers 1 jour Divers<br />

Methodenkompetenz<br />

S030 Fanbeauftragte – Der direkte Draht zu den Fans Verein pro Fan Bern, HdSp 1 Tag Individuell<br />

S510 Délégués des supporters Club pro Fan Berne, MdSp 1 jour individuel<br />

26 swiss sport 4 2006


Zivilcourage und Sorgfalt<br />

sind gefragt<br />

An der Fachtagung «Keine sexuellen<br />

Übergriffe im Sport!» beschäftigten<br />

sich Verbandsvertreter und Experten<br />

mit der Frage, was wie getan werden<br />

muss, wenn es im Sport zu sexuellen<br />

Übergriffen kommt.<br />

«Wir haben zwei Möglichkeiten», sagte<br />

Jacqueline Fehr. «Wir können die Augen<br />

schliessen oder sie öffnen und handeln.»<br />

Die Nationalrätin ist Mitglied der Trägerschaft<br />

der Kampagne «Keine sexuellen<br />

Übergriffe im Sport!», welche 2004 von<br />

Swiss Olympic in Zusammenarbeit mit<br />

dem Bundesamt für Sport ins Leben gerufen<br />

wurde. Im Rahmen dieser Kampagne<br />

fand Ende März im Haus des Sportes in<br />

Bern eine Tagung zum Thema statt.<br />

Polizei ermittelt, aber betreut nicht<br />

Ein erklärtes Ziel der Tagung war es, den<br />

Verbänden aufzuzeigen, wie sie sich im<br />

Falle eines sexuellen Übergriffs richtig verhalten.<br />

Christian Brenzikofer, Fürsprecher<br />

und Chef Spezialfahndung 1 bei der Kantonspolizei<br />

Bern, erläuterte in diesem<br />

Zusammenhang die rechtlichen Rahmenbedingungen.<br />

Massgebend seien bei der<br />

Beurteilung der jeweilige Einzelfall und<br />

die kantonalen Gesetzgebungen. Die Polizei<br />

messe bei ihren Ermittlungen zudem<br />

den Wohl des Opfers viel Gewicht bei:<br />

«Manchmal kann eine aussergerichtliche<br />

Lösung für die Geschädigten durchaus<br />

besser sein», sagte Brenzikofer. Er verwies<br />

zudem darauf, wie wichtig es sei, die Polizei<br />

möglichst früh einzuschalten, damit<br />

die Beteiligten rasch und tatnah befragt<br />

werden könnten. Primäre Aufgabe der<br />

Polizei seien die Ermittlungen, während<br />

die Opferbetreuung in den Kompetenzbereich<br />

anderer Organisationen falle.<br />

Eine Verbandsvertreterin äusserte Bedenken,<br />

bei Verdacht auf sexuelle Übergriffe<br />

die Polizei einzuschalten. Oft sei ein Fall<br />

nicht eindeutig und gründe auf Aussagen<br />

und Vermutungen. «Wer auf dieser Basis<br />

die Polizei einschaltet, läuft Gefahr, selbst<br />

wegen Verleumdung angezeigt zu werden»,<br />

sagte die Frau. Dem hielt Brenzikofer<br />

entgegen, dass seitens der Polizei die<br />

Quelle der Information geschützt werde.<br />

«Und wer nach bestem Wissen und Gewissen<br />

handelt, kann auch im Falle einer<br />

Falschvermutung nicht rechtlich belangt<br />

werden», so Brenzikofer. Es brauche beim<br />

Erkennen von sexuellen Übergriffen Zivilcourage,<br />

aber auch Sorgfalt, sagte Peter<br />

Kaenel von «Fil rouge Kindesschutz», dem<br />

Angebot des Kantons Bern bei Verdacht<br />

oder Gewissheit in Fällen von Kindsmisshandlung.<br />

Verbände müssen handeln<br />

Intensiv beschäftigten sich die Tagungsteilnehmer<br />

auch mit der Frage, inwieweit<br />

Verbände, die von Vorfällen in ihren Vereinen<br />

überhaupt nichts wussten, für ihre<br />

Untätigkeit verantwortlich gemacht werden<br />

können. «Ein Verband kann nicht zur<br />

Rechenschaft gezogen werden, wenn er<br />

über die Vorkommnisse nichts wissen<br />

konnte», sagte Kaenel. Er sei aber dazu<br />

verpflichtet, Massnahmen zu ergreifen,<br />

um zukünftige sexuelle Übergriffe zu verhindern.<br />

Wichtig sei auch, bereits beim<br />

ersten Jobinterview mit potentiellen Trainern<br />

Fragen nach rechtskräftigen Verurteilungen<br />

oder der Beteiligung an Strafverfahren<br />

zu stellen. So könne ein Verband<br />

bereits bei der Anstellung von Trainern<br />

und Funktionären präventiv wirken. che

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