DEGA-Bericht FNB komplett.pdf
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BETRIEB + MANAGEMENT<br />
SCHWERPUNKT<br />
LAPIS PERFECTUS<br />
Naturstein<br />
in Betonsteinqualität<br />
Weil die Pflasternorm den Anforderungen<br />
des Natursteins nicht gerecht wird (siehe<br />
Kasten auf S. 29), hat Johann Stoll einen<br />
Naturstein entwickelt, der funktioniert<br />
wie ein Betonpflasterstein, der also ganz<br />
kleine Fugen übrig lässt, überall gleich<br />
stark ist und auf ein abgezogenes Splittbett<br />
verlegt werden kann. „Jeder Betonstein<br />
hat einen Abstandhalter, der die<br />
Mindestfuge vorgibt“, erklärt der Unternehmer.<br />
„Bei Natursteinen geht das<br />
nicht.“<br />
„Das hat uns auf den Gedanken gebracht,<br />
im oberen Bereich diese Rückfräsung zu<br />
machen, sodass die Steine im unteren Bereich<br />
– also im Lastabtragungsbereich –<br />
fast knirsch aneinanderliegen“, führt er<br />
aus. Die Fuge werde dann so breit gefräst,<br />
wie der Kunde das will und werde zweilagig<br />
gefüllt: Im unteren Bereich ist feuergetrockneten<br />
Quarzzsand 0 bis 0,7 mm,<br />
in die obere verbleibende Fugentasche<br />
kommt ein Material von 0 bis zu einem<br />
Größtkorn entsprechend Fugenbreite.<br />
So würde man fast die gleiche Stabilität<br />
erzielen, wie bei der gebundenen Bauweise,<br />
habe aber zugleich den großen Vorteil,<br />
sich in der Regelbauweise zu bewegen.<br />
„Ich kann die Fläche sofort wieder belasten.<br />
Bei einer gebundenen Bauweise<br />
muss ich einfach mal vier Wochen warten,<br />
bis ich da Verkehr drauflassen kann, wenn<br />
ich Gewährleistung übernehmen soll“, beschreibt<br />
Stoll den Vorteil.<br />
Die Mehrkosten gegenüber einem bearbeiteten,<br />
ungefrästen Stein lägen bei etwa<br />
30 e/m², bei vierseitiger Bearbeitung.<br />
Aber 50 % der Mehrkosten seien bei der<br />
Verlegung schon wieder zu sparen. „Und<br />
dann habe ich ja eine ganz andere Flächenqualität“,<br />
gibt der Unternehmer zu<br />
bedenken.<br />
Bis das Geschäft richtig anläuft, will Stoll<br />
die Steine projektbezogen aus beliebigen<br />
Rohlingen auf der eigenen Maschine produzieren.<br />
Stoll hatte anfangs Partner im<br />
Bayerwald gesucht, bei denen aber im<br />
wahrsten Sinne des Wortes auf Granit gebissen.<br />
„Bua, da musst auf China gehen.<br />
So was mache mir net“, hatte ihm einer<br />
der lokalen Natursteinfürsten zugerufen.<br />
Nun kommt der Lapis perfectus ganz „made<br />
in Germany“ aus Lehrberg in Mittelfranken.<br />
tw<br />
Firma 7 000 m² Acker in Sichtweite des Betriebshofs,<br />
um darauf eine Halle und einen<br />
großen Lagerplatz zu errichten. Zwei Jahre<br />
später erwarb Stoll weitere 4 000 m² dazu.<br />
Platz genug, Dinge auszuprobieren, zu werkeln,<br />
Produkte vorzuführen und Abläufe zu<br />
optimieren. 2006 zum Beispiel ließen sich<br />
die Unternehmer auf dem insgesamt 1,1 ha<br />
großen Gelände eine Bauschuttrecyclinganlage<br />
genehmigen. „Der Ursprung war der,<br />
dass die ganzen öffentlichen Kippen um vier<br />
Uhr zumachen. Und wir arbeiten bis 16:30,<br />
17:00 Uhr“, sagt Stoll schmunzelnd. „Da<br />
haben wir gesagt, her mir auf, da schütten<br />
wir das Zeig do her“, ergänzt er in fränkischer<br />
Mundart. Statt selbst 10 e/t zu zahlen,<br />
ermuntert er jetzt andere Unternehmer aus<br />
der Region Bauschutt anzuliefern. Die zahlen<br />
bei der <strong>FNB</strong> etwa 8 e – für den Kubikmeter!<br />
Einmal im Jahr kommt der mobile<br />
Brecher und macht aus dem Abbruch Mineralgemisch,<br />
der bei <strong>FNB</strong> besonders in<br />
Hinterfüllungen oder als Tragschicht unter<br />
privaten Pflasterungen verschwindet.<br />
Ebenfalls ins Auge fällt ein 8 m hoher<br />
Siloturm einer Betonmischanlage. Die haben<br />
die Stolls letztes Jahr gebraucht für knapp<br />
9 000 e in Bozen gekauft. Statt mit fünf Mann<br />
in der Pritsche ins Betonwerk zu fahren, um<br />
eine halbe Stunde auf das Beladen zu warten,<br />
macht der russische Lagerverwalter<br />
den Beton im eigenen Mischwerk so fertig,<br />
dass er pünktlich zu Abfahrt zur Verfügung<br />
steht. „Und wenn der Beton 200 e kosten<br />
würde – das spielt überhaupt keine Rolle<br />
gegenüber den Lohnkosten“, sagt der Junior<br />
in Hinblick auf die Zeitersparnis. „Wir hatten<br />
uns eine Mischschaufel für den Radlader<br />
gekauft. Da haben wir die Kleinmengen selber<br />
gemacht“, erzählt er. Das sei aber zu<br />
umständlich gewesen.<br />
Ganz nebenbei entwickelt sich der Lagerplatz<br />
auch zur Handelsplattform. Denn<br />
in der Gegend hat sich rumgesprochen, dass<br />
der <strong>FNB</strong> viele Schüttgüter wie den guten<br />
alten Kalkbrechsand für die Fugen und weitere<br />
Baustoffe auf Vorrat vorhält. So mancher<br />
Landschaftsgärtner aus der Gegend<br />
kauft deshalb bei Stoll Materialien; so lohnen<br />
sich auch die Naturstein-Direktimporte von<br />
Blockstufen, Pflaster und Mauersteinen, die<br />
die Firma auf eigene Rechnung abwickelt.<br />
GLÜCK MIT DEM<br />
ZAHLENMENSCH<br />
So mancher Betriebswirtschaftler würde<br />
wahrscheinlich den Kopf schütteln, angesichts<br />
der Lager- und Entwicklungskosten,<br />
die die <strong>FNB</strong> jährlich abschreiben muss. Geld,<br />
das einerseits festliegt, andererseits aber<br />
auch Einsparungen und Gewinne in der Zukunft<br />
ermöglicht. Aber natürlich war nicht<br />
jede Investition ein Erfolg. Einen großen<br />
Mustergarten, ein gutes Stück Autofahrt<br />
vom Betriebssitz entfernt, sehen Vater und<br />
Sohn heute eher als Fehlinvestition.<br />
120000 e hat die aufwendige Anlage gekostet,<br />
die trotz regelmäßiger Beratungstermine<br />
von Bernd Göß vor Ort nicht auf die erwartete<br />
Resonanz stößt; Auch weil der<br />
Handwerkerzusammenschluss in dessen<br />
Rahmen die Anlage entstand, nicht so funktioniert<br />
hat, wie gewünscht.<br />
Doch trotz der einen oder anderen Fehlinvestition:<br />
In zwei Jahren wollen die Stolls<br />
von den Banken unabhängig sein und alle<br />
Kredite abgezahlt haben. Geholfen hat dabei<br />
unter anderem 2010 die „IQ-Zertifizierung“,<br />
die dem Unternehmen „Bauen mit Innungsqualität“<br />
bescheinigt. Da seien viele Prozesse<br />
auf den Prüfstand gekommen und<br />
viele Abläufe optimiert worden. Besonders<br />
geholfen aber auch ein Freund von Markus<br />
Stoll, der zusammen mit seiner Frau in Ansbach<br />
BWL studiert hat. Der hatte aufgrund<br />
eines geplanten Jobwechsels etwas Zeit und<br />
hat auf Wunsch des Juniors die Bücher<br />
geprüft; und zwar mit solcher Begeisterung,<br />
dass er nicht den neuen Job annahm,<br />
sondern als Berater in der Region blieb und<br />
nun wöchentlich die Finanzen der <strong>FNB</strong> kontrolliert.<br />
„Der macht unsere Zahlen und wir<br />
haben den Kopf <strong>komplett</strong> frei. Jetzt läuft<br />
aber auch nichts mehr ohne ihn“, erzählt<br />
Markus Stoll. „Aber, Du hast die Banker los.<br />
Das war ja für uns Horror“, fügt sein Vater<br />
an. Als Betriebswirtschaftler habe der ein<br />
ganzes anderes Auftreten gegenüber den<br />
Bankern.<br />
So einig, wie in Bezug auf die Banken<br />
sind sich Vater und Sohn vielleicht nicht in<br />
jeder Hinsicht. Aber das Team funktioniert<br />
und der Senior ist sichtlich stolz und glücklich,<br />
dass sein Filius Spaß an der Firma hat<br />
und das Unternehmen weiterführt. Und<br />
wenn Not am Mann ist, greift der Firmengründer<br />
ebenso wie der Rest der Belegschaft<br />
auch am Wochenende zum Pflasterhammer,<br />
um ein Projekt pünktlich zu Ende<br />
zu bringen. „Wir klatschen auch schon mal<br />
150 m² Natursteinpflaster an einem Samstag<br />
rein; mit der ganzen Mannschaft“, erzählt<br />
Johann Stoll grinsend. Das käme erstens bei<br />
der Kundschaft gut an und zweitens fänden<br />
es auch die Mitarbeiter toll, wenn „der Alte“<br />
30 7/2011