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Einfach schräg verschraubt

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Spezialschrauben, Teil 2<br />

<strong>Einfach</strong> <strong>schräg</strong> <strong>verschraubt</strong><br />

Schräg eingebaute Vollgewindeschrauben erweisen sich als wahre<br />

Alleskönner. Ob an Koppelpfetten, in Gitterträgern oder bei der<br />

Sanierung alter Holzbalkendecken – die Verbinder punkten neben<br />

dem einfachen Einbau vor allem mit ihrer hohen Tragfähigkeit.<br />

Das Prinzip der Diagonalen<br />

wird in der Statik z.B. beim<br />

Fachwerk, bei Aussteifungen,<br />

bei der aufgelösten Rahmenecke,<br />

bei Abspannungen oder<br />

Kopfbändern genutzt. Auch für die<br />

Vollgewindeschraube birgt es großes<br />

Anwendungspotenzial. Die diagonale<br />

(<strong>schräg</strong>e) Einschraubung<br />

ist nach dem aktuellen Regelwerk<br />

unter einem Winkel 45 Grad ≤ � ≤<br />

90 Grad zur Faserrichtung des Holzes<br />

zulässig. Eigene Versuche des<br />

Autors und einige Quellen aus der<br />

Fachliteratur halten sogar Winkel<br />

bis 0 Grad für möglich.<br />

Laut dem Beitrag „Systematik<br />

der stift- oder stabförmigen Verbindungsmittel“<br />

in der Zeitschrift<br />

Zuschnitt 11/2003 wurden maximale<br />

Tragfähigkeiten bei einem<br />

Einschraubwinkel von 30 Grad gemessen.<br />

In diesem Bereich gibt es<br />

noch Forschungsbedarf.<br />

Schrägschraubenverbindungen<br />

sind im Ingenieurholzbau in folgenden<br />

Bereichen anzutreffen:<br />

• Anschluss von Spezial-Holzverbindern<br />

an Hirnholz (Vollgewindeschrauben<br />

bis 100 mm Länge)<br />

• Koppelpfetten-Anschlüsse nach<br />

dem Fachwerkprinzip (Zulassung<br />

Z-9.1-472, SFS Befestiger<br />

WT-T-8.2 x L mm)<br />

• Anschlüsse Haupt- an Nebenträger<br />

und Stütze an Nebenträger<br />

(Ergänzung der üblichen Verbindungen<br />

mit Balkenschuhen)<br />

• nachgiebig verbundene Biegeträger,<br />

Gitterträger (siehe XXX-<br />

Träger auf S. 58)<br />

56<br />

HOLZBAU & FORSCHUNG<br />

• Verstärkung von Deckenbalken,<br />

Unterzügen, Pfetten, Sparren,<br />

Bindern usw. (s. UHB-Decke)<br />

Eine entsprechende Anordnung<br />

der Schrauben erlaubt die Übertragung<br />

von Normalkräften, Querkräften<br />

und Momenten (s. Bilder S.<br />

57). Bei den <strong>schräg</strong>en, meist unter<br />

45 Grad eingebauten Verbindungen<br />

sind zwei Fälle zu unterscheiden<br />

(Kraftübertragung parallel zur<br />

Fuge):<br />

• parallele, einseitig geneigte Anordnung<br />

• gekreuzte oder abwechselnd geneigte<br />

Anordnung<br />

Die ausschließlich parallele Einschraubung<br />

ergibt eine Zugkomponente<br />

in der Schraube und eine<br />

Druckkraft im Holz senkrecht zur<br />

Fuge, mit einer günstig wirkenden<br />

Reibung (Haftkraft).<br />

Eine gekreuzte Anordnung zerlegt<br />

die Anschluss- bzw. Kopplungskraft<br />

in eine diagonale Zug-<br />

und Druck-Komponente in den<br />

Schrauben (ohne Reibungskraft).<br />

Dies ermöglicht die Überbrückung<br />

von Hohlräumen oder nicht druckfesten<br />

Zwischenschichten. Im Fertighausbau<br />

sind damit Trägeranschlüsse<br />

durch Beplankungen hindurch<br />

möglich, was bei normalen<br />

Blech-Holzverbindern nicht zulässig<br />

ist. Auch die UHB-Sanierung<br />

nutzt dieses Prinzip (UHB = Unterspannte<br />

Holzbalkendecke).<br />

In allen Fällen wird die übliche<br />

Abscher- und Lochleibungsbeanspruchung<br />

im Verbindungsbereich<br />

durch die wesentlich effi zientere<br />

mikado 6/2006<br />

axiale Zug- und Druckbeanspruchung<br />

bzw. die Kombination Abscheren/Zug/Druck<br />

ersetzt.<br />

Eine der ersten bauaufsichtlich<br />

zugelassenen Anwendungen einer<br />

Schrägverschraubung nach dem<br />

Fachwerkprinzip war die Koppelpfettenverbindung<br />

(Z-9.1-472). Die<br />

Kopplungskraft wird durch 45<br />

Grad Schraubenkreuze aus SFS<br />

WT-T Doppelgewindeschrauben in<br />

Zug- und Druckdiagonalen aufgeteilt<br />

(s. hinterlegtes Bild S. 56).<br />

UHB-Verfahren für alte<br />

Holzdecken<br />

Alte Holzbalkendecken sind in aller<br />

Regel den heutigen schalltechnischen,<br />

statischen und schwingungstechnischen<br />

Anforderungen<br />

nicht mehr gewachsen. Aufwendige<br />

Sanierungsverfahren von der<br />

Entfernung der Ausfachung bis<br />

zum kompletten Austausch der<br />

Tragstruktur kommen derzeit noch<br />

zum Einsatz. Seit ca. eineinhalb<br />

Jahren setzt sich das patentierte<br />

UHB-Verfahren nach Prof. Berg<br />

als Sanierungsalternative in der<br />

Praxis durch. mikado berichtete<br />

bereits in seiner Ausgabe 1-2/2005.<br />

Die Hauptrolle spielen bei diesem<br />

Verfahren <strong>schräg</strong>e Vollgewindeschrauben,<br />

die direkt unter dem<br />

vorhandenen Putz ein Verstärkungsholz<br />

schubfest mit dem alten<br />

Deckenbalken verbinden. Sparschalung<br />

und Putz bilden eine nicht<br />

druckfeste Zwischenschicht. Aus<br />

diesem Grund sind zum Aufl ager<br />

SFS INTEC


hin geneigte Schrauben erforderlich,<br />

um die Druckkomponente zu<br />

übertragen. Es entstehen Schraubenkreuze,<br />

mit deren Eigenschaften<br />

(Abstand, Einschraubtiefe,<br />

Durchmesser) der Verstärkungsgrad<br />

sehr gut gesteuert werden<br />

kann. Mit einer zusätzlichen Bohlenlage<br />

quer zu den Deckenbalken<br />

kann der Steiner‘sche Anteil der<br />

Steifi gkeit weiter erhöht werden.<br />

Weitere Verbesserungen sind<br />

möglich, wenn anstatt KVH hochfestes<br />

Furnierschichtholz (z.B. Kerto-S)<br />

verwendet wird.<br />

Die Vorteile im Überblick:<br />

• Das UHB-System ermöglicht<br />

eine höhere Tragfähigkeit, eine<br />

Verbesserung der Schall-,<br />

Brand-, Erschütterungs- und<br />

Schwingungseigenschaften einer<br />

bestehenden Holzbalkendecke<br />

• Der Luftschallschutz erreicht<br />

bewertete Schalldämmaße R‘ w ><br />

60 dB. Beim Trittschallschutz<br />

wird mit schwimmenden Estrichen<br />

auch bei harten Fußbodenbelägen<br />

(Fliesen, Parkett) das<br />

erhöhte Anforderungsniveau<br />

nach DIN 4109, Beibl. 2<br />

(< 46 dB) erreicht<br />

• Große vorhandene Durchbiegungen<br />

können um bis ca. 50 %<br />

zurückgestellt werden<br />

• Es sind Steifi gkeitserhöhungen<br />

von bis zu 400 % möglich<br />

• Aufnahme höherer Nutzlasten<br />

oder zusätzlicher Schallschutzestriche<br />

• Eine zusätzliche Querversteifung<br />

von unten kann die Schwingungsparameter<br />

Frequenz, Beschleunigung<br />

und Geschwindigkeit<br />

günstig beeinfl ussen<br />

• Die vorhandene Decke kann erhalten<br />

bleiben – keine Öffnung<br />

der Gefache<br />

• Sanierung nur von der Unterseite<br />

– kein Eingriff in die Nutzung<br />

des darüber liegenden Raums<br />

• Keine Schmutz- und Staubentwicklung<br />

• <strong>Einfach</strong>e Ausrichtung der Unterkonstruktion<br />

bzw. Ausgleich<br />

von Höhenunterschieden<br />

Anschlussbeispiele mit geneigten Vollgewindeschrauben<br />

F/2 F/2<br />

F<br />

Schubfl uss<br />

mikado 6/2006<br />

F F F<br />

Anschlüsse zur Übertragung von Zug- und Druckkräften<br />

F<br />

Übertragung von Kräften parallel zur Fuge<br />

Einsinnige Anordnung der Vollgewindeschrauben<br />

F F<br />

F/2 F/2<br />

SURFTIPP: NÜTZLICHE HILFEN AUS DEM NETZ<br />

Für Leser, die tiefer in das Thema „Einsatz von Vollgewindeschrauben“<br />

einsteigen möchten, lohnt sich ein Blick auf folgende Internetseiten:<br />

Produktinformationen zu Vollgewindeschrauben:<br />

• www.spax.com<br />

• www.sfsintec.biz<br />

Webservices (prüffähige statische Nachweise, Infos):<br />

• www.windimnet.de<br />

• H.NET Holzbau<br />

• V.NET Verbindungen<br />

• M.NET Mauerwerk usw.<br />

UHB-Sanierung:<br />

• www.windimnet.de<br />

• UHB-Decke<br />

• www.uhb-decke-berg.de<br />

Maschinen, Geräte:<br />

• www.protool.de<br />

• www.makita.de<br />

Übertragung von Kräften parallel zur Fuge<br />

Gekreuzte Anordnung der Vollgewindeschrauben<br />

F<br />

F/2<br />

F<br />

F/2<br />

57<br />

DR. HELLER NACH ZEITSCHRIFT ZUSCHNITT 11/2003“


DR. HELLER DR. HELLER<br />

58<br />

HOLZBAU & FORSCHUNG<br />

UHB-Verstärkung von Deckenbalken mit zusätzlicher Querversteifung<br />

k o<br />

k u<br />

b 2<br />

Konstruktionshöhen k u , k o infolge Sanierung<br />

Vollgewindeschrauben 8, 10 oder 12 mm<br />

• Die Planung und Ausführung ist<br />

von jeder qualifi zierten Baufi rma<br />

durchführbar<br />

• Die jeweiligen Konstruktionshöhen<br />

bzw. Tragfähigkeitssteigerungen<br />

sind durch die Art der<br />

Verschraubung und der Verstärkungshölzer<br />

fl exibel anpassbar<br />

• In Sonderfällen ist auch eine<br />

Versteifung von oben möglich<br />

• Wesentlich geringerer Kosten-<br />

und Zeitaufwand gegenüber der<br />

traditionellen Sanierung mit<br />

Öffnung der Gefache<br />

In vielen Fällen kann mit dem<br />

UHB-Verfahren die historische<br />

Bausubstanz erhalten und verbessert<br />

werden. Auch Dachkonstruk-<br />

h 2<br />

h 4<br />

h 3<br />

z. B. Parkett<br />

Trittschalldämmung Option<br />

Dielung<br />

z. B. Sand<br />

vorh. Deckenbalken b x H 2 2<br />

z. B. Lehmschlag<br />

Putz (hier ohne Putzträger)<br />

Querversteifung b 4 x h 4<br />

UHB-Verstärkung b 3 x h 3<br />

Bedämpfung (Mineralwolle)<br />

Federschiene UHB-Decke<br />

2 Lagen Gipskartonplatten<br />

tionen, die auf der zu sanierenden<br />

Decke aufl agern, müssen dann<br />

nicht abgetragen werden.<br />

Sonderfall XXX-Träger<br />

Eine weitere Sonderanwendung<br />

längerer Vollgewindeschrauben<br />

liegt im Gitterträger, dem so genannten<br />

„XXX-Träger“. Hierbei<br />

nehmen Schraubenkreuze dessen<br />

Schubfl uss komplett auf.<br />

Die Ober- und Untergurte aus<br />

KVH oder Furnierschichtholz<br />

(Kerto-S) werden unter 45 Grad<br />

kreuzweise <strong>verschraubt</strong>, sodass ein<br />

extrem materialarmer Steg in<br />

XXX-Form entsteht. Die Anwen-<br />

mikado 6/2006<br />

Sanierung einer<br />

Holzbalkendecke<br />

mit dem UHB-<br />

Verfahren. Den<br />

<strong>schräg</strong> eingebautenVollgewindeschrauben<br />

kommt<br />

eine tragende<br />

Rolle zu<br />

Gurtverformung an<br />

einem XXX-Träger<br />

durch interne<br />

Torsionsmomente<br />

und Knicken der<br />

Schrauben<br />

dungsbereiche sind ähnlich wie bei<br />

den Leichtbau-Trägern Nail-Web<br />

(Wellsteg), TJI bzw. FJI mit einem<br />

Steg aus OSB-Platten.<br />

In der Versuchsabteilung des Ingenieurbüros<br />

Dr. Heller wurden diverse<br />

XXX-Träger bis zum Bruch<br />

belastet, um das Tragverhalten des<br />

Gesamtsystems und der einzelnen<br />

Schraubenkreuze zu untersuchen.<br />

Clever kombiniert<br />

Für alte Holzbalkendecken mit<br />

großen Balkenabständen e > 1,30 m<br />

und oft auch fl ach liegenden Querschnitten<br />

ist die statische Ertüchtigung<br />

mit einem sehr hohen Aufwand<br />

verbunden.<br />

Hierfür hat der Autor ein neuartiges<br />

Sanierungssystem entwickelt,<br />

das im vorhandenen Gefach einen<br />

verdeckten XXX-Träger erzeugt.<br />

Die Gurte des Trägers werden<br />

durch den Lehmschlag oder die<br />

Schlackenfüllung hindurch (ggf.<br />

auch durch die Dielung) mit Vollgewindeschrauben<br />

zu einem schubfesten<br />

System verbunden.<br />

Die Aufl agerung erfolgt durch<br />

Abhängung an einer Querversteifung,<br />

Einstemmen der Gurte oder<br />

auf speziellen Balkenschuhen. Die<br />

Halbierung des Balkenabstands<br />

bringt die erforderliche Steifi gkeit<br />

für die statischen und schwingungstechnischen<br />

Anforderungen.<br />

DR. HELLER


Die Einleitung größerer Einzellasten<br />

oder der Ersatz vorhandener<br />

Deckenbalken können mit diesem<br />

Verfahren elegant gelöst werden.<br />

Normen, Zulassungen,<br />

Nachweise<br />

Mit den seit einigen Jahren verfügbaren<br />

bauaufsichtlichen Zulassungen<br />

und der neuen DIN 1052:2004<br />

ist erstmals ein komplexes Regelwerk<br />

nutzbar, das die technische<br />

Nachweisführung axial beanspruchter<br />

Vollgewindeschrauben<br />

mit den entsprechenden Ansätzen<br />

auf der Seite der Einwirkungen und<br />

Widerstände unterstützt.<br />

Auch die Schrägeinschraubung<br />

bis zu 45 Grad zur Holzfaserrichtung<br />

ist geregelt. Ebenso verfügbar<br />

sind die Mindestabstände der<br />

Schrauben nach der Norm oder Zulassung.<br />

Bei Sonderproblemen, wie<br />

z.B. Knicken der Schrauben im<br />

Holz, muss auf spezielle Quellen<br />

zurückgegriffen werden – wie den<br />

Bericht „Verstärkung von Bauteilen<br />

aus Holz mit Vollgewindeschrauben“<br />

von Dr. Bejtka, Universität<br />

Karlsruhe.<br />

Für die Berechnung von Verbundbauteilen<br />

aus nachgiebig miteinander<br />

verbundenen Querschnittsteilen<br />

stehen nach DIN 1052:2004 folgende<br />

zwei Verfahren zur<br />

Verfügung:<br />

Die UHB-<br />

Verstärkung<br />

zusammen mit dem<br />

verdeckten XXX-<br />

Träger im Modell<br />

mikado 6/2006<br />

DR. HELLER<br />

• Näherungsverfahren nach Abschn.<br />

8.6.2 (Gamma-Verfahren):<br />

Die Steiner‘schen Anteile der<br />

Querschnittsteile werden mit einem<br />

Faktor Gamma abgemindert.<br />

Hier spielt z.B. die Fugensteifi<br />

gkeit (Verschiebungsmodul)<br />

und das Langzeitverhalten<br />

des Systems eine Rolle<br />

• Verfahren mit dem Flächenmodell<br />

nach Anhang D.3: Hierbei<br />

wird das Tragsystem in drei Flächen<br />

A, B und C aufgeteilt, denen<br />

unterschiedliche Steifi gkeiten<br />

zugeordnet werden. Die Flächen<br />

haben die gleichen<br />

Verformungen u, v und w:<br />

• Fläche A: Biege-, Drill- und<br />

Dehnsteifi gkeit der einzelnen<br />

Schichten (Plattenwirkung)<br />

• Fläche B: Steiner‘sche Anteile<br />

und Schubsteifi gkeit inkl.<br />

Nachgiebigkeit<br />

• Fläche C: Dehn- und Schubsteifi<br />

gkeit (Scheibenwirkung)<br />

Bemessungs- und Nachweistools<br />

für Vollgewindeschrauben nach<br />

der neuen Holzbaunorm DIN 1052<br />

sind derzeit noch dünn gesät. Nachweise<br />

mit Variantenuntersuchungen<br />

oder Optimierung per Handrechnung<br />

sind wegen des aufwendigen<br />

Formelapparats kaum machbar.<br />

Unter www.windimnet.de fi nden<br />

sich einige kostenlose Nachweismöglichkeiten<br />

für Holzverbinder<br />

inkl. Querzugsicherung mit Vollgewindeschrauben.<br />

Einschrauben leicht gemacht<br />

Eine technische Neuerung wie die<br />

Vollgewindeschraube hat nur als<br />

Systemlösung, vom Produkt über<br />

die Planung und Nachweise bis hin<br />

zur Ausführung, eine Chance, sich<br />

relativ schnell bei den Fachleuten<br />

und im Markt zu platzieren. Aus<br />

diesem Grund gibt der Autor einige<br />

Informationen zum praktischen<br />

Einsatz der Schrauben.<br />

Anreißtechnik: Bei Einzelanwendungen<br />

(z.B. Querzug, Quer druck,<br />

Abhängung) spielt das Thema<br />

59


60<br />

HOLZBAU & FORSCHUNG<br />

Anreißen keine Rolle. Anders verhält<br />

es sich dann, wenn hunderte<br />

Schrauben nach entsprechenden<br />

Schraubenbildern eingemessen werden<br />

müssen. Ein Beispiel ist die<br />

UHB-Sanierung. Momentan fehlt es<br />

noch an einer Technik, die ein<br />

schnelles Ändern und Markieren<br />

von x-y-Abständen auf dem Werkstück<br />

vor Ort ermöglicht. Derzeit<br />

nutzen die Zimmerleute vor allem<br />

Hartholzschablonen, die das Anreißen<br />

und Führen der Vorbohrung<br />

gleichzeitig erledigen.<br />

Führungstechnik: Laut den Zulassungen<br />

Z-9.1-519 (Spax-S Vollgewindeschrauben)<br />

und Z-9.1-472<br />

(SFS-Befestiger WT-T-8.2 x L mm)<br />

sind die Schrauben ohne Vorbohren<br />

einzudrehen. Die Schraube<br />

muss während des Eindrehens im<br />

entsprechenden Winkel geführt<br />

werden. Für Einzelanwendungen<br />

wie Anschluss Haupt- an Nebenträger,<br />

Koppelpfetten oder verdübelte<br />

Balken bieten die Schraubenhersteller<br />

Universallehren und<br />

Setzgeräte an. Bei größeren Verschraubungszahlen<br />

sind diese Geräte<br />

jedoch nicht effektiv. In der<br />

Praxis behilft man sich derzeit mit<br />

den Hartholzschablonen. Mittels<br />

dieser bringen die Zimmerleute<br />

eine ca. 3 cm tiefe Vorbohrung ein,<br />

welche die Schraube unter 45 oder<br />

90 Grad führt.<br />

Einschraubtechnik: In jedem<br />

Fall sind Spezialmaschinen für die<br />

Einschraubung erforderlich. Hohe<br />

Drehmomente bei geringen Drehzahlen,<br />

Dauereinsatz für tausende<br />

Schrauben, geringes Gewicht,<br />

Sanftanlauf und ergonomisches<br />

Handling (Eindrehen nach oben,<br />

Arbeiten auf dem Gerüst) sind einige<br />

Kriterien, die die Maschine<br />

erfüllen muss. Entsprechend der<br />

ISO 5393 liegt beim Einschrauben<br />

von Vollgewindeschrauben ein so<br />

genannter „weicher bis mittlerer<br />

Schraubfall“ vor. Die Drehwinkel<br />

zum Festziehen der Schraube liegen<br />

bei mehr als 360 Grad, also<br />

mehr als eine Umdrehung. Unter<br />

diesen Kriterien sind Schlagschrauber<br />

mit kurzzeitig hohem Drehmoment<br />

nicht geeignet. Die längeren<br />

Vollgewindeschrauben erfordern<br />

Drehmomente größer 35 Nm. Damit<br />

sind auch Akkuschrauber nicht<br />

zu empfehlen.<br />

Hier seien zwei Maschinen erwähnt,<br />

mit denen der Autor bei der<br />

UHB-Sanierung und bei der Herstellung<br />

von XXX-Trägern sehr gute<br />

Erfahrung gesammelt hat.<br />

• Protool DRP 20 ET FF<br />

(„Quadrill“), 98 Nm, Bitaufnahme<br />

in der Spindel, optional Winkelkopf<br />

• Makita Winkelbohrmaschine<br />

DA 6301, fl ache Bauart, günstig<br />

für Überkopfarbeit<br />

Die elektrische Einschraubung<br />

von Vollgewindeschrauben reicht<br />

als Einsatzform für einen normalen<br />

Zimmereibetrieb aus. Bei permanenter<br />

und massenhafter Anwendung<br />

lohnt jedoch der Einsatz<br />

von Drucklufttechnik.<br />

Blick nach vorn<br />

Gehärtete Vollgewindeschrauben<br />

mit Durchmessern von 6 bis 12 mm<br />

und Längen bis 600 mm werden in<br />

Zukunft eine wesentliche Rolle im<br />

Ingenieurholzbau spielen. Neben<br />

effektiven neuartigen Verbindungen<br />

sind sie vor allem geeignet, die<br />

Schwächen des Holzes quer zur Faserrichtung<br />

auszugleichen.<br />

Ähnlich wie die Bewehrung im<br />

Stahlbeton lassen sie sich als Zug-<br />

oder Druckarmierung im Holz einsetzen.<br />

Dabei bringt insbesondere<br />

die <strong>schräg</strong>e Verschraubung erhöhte<br />

Verschiebungssteifi gkeiten ins<br />

Spiel. Auch im Zusammenwirken<br />

mit Holzverbindern aus Stahl und<br />

Aluminium sind ökonomisch und<br />

technisch anspruchsvolle Lösungen<br />

möglich. Das UHB-Verfahren<br />

lebt sogar von den positiven Eigenschaften<br />

der Vollgewindeschraube.<br />

Dennoch ist die Entwicklung<br />

noch nicht vorbei. Für die Zukunft<br />

gilt es folgende Probleme zu lösen:<br />

mikado 6/2006<br />

Vorbohren eines<br />

Verstärkungsträgers<br />

für eine<br />

Deckensanierung<br />

DER AUTOR<br />

• Parameter für Einschraubung<br />

mit Vorbohren (z.B. Anwendung<br />

bei Harthölzern)<br />

• Parameter für Einschraubwinkel<br />

kleiner 45 Grad zur Faserrichtung<br />

des Holzes<br />

• Vollgewindeschrauben in Nutzungsklasse<br />

3 (Korrosionsproblematik)<br />

• differenziertere Ausziehparameter<br />

für KVH, BSH und andere<br />

Holzwerkstoffe<br />

• differenziertere Defi nition der<br />

Mindestabstände<br />

• dynamische Beanspruchungen<br />

• Dämpfungsverhalten nachgiebig<br />

<strong>schräg</strong> <strong>verschraubt</strong>er Strukturen<br />

(Schwingungen, Schall)<br />

• Software für die statischen<br />

Nachweise<br />

Die Literaturliste zu den beiden<br />

Teilen des Beitrags steht zum<br />

Download im Internet unter<br />

www.mikado-online.de<br />

Dr. Hanfried Heller ist Geschäftsführer<br />

des gleichnamigen<br />

Ingenieurbüros im thüringischen<br />

Weimar. Arbeitsschwerpunkt<br />

des Büros ist die Entwicklung neuartiger<br />

ingenieurtechnischer Tools im Internet, den so genannten<br />

Webservices.<br />

Kontakt: ibh@windimnet.de<br />

DR. HELLER

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