DEITSCH N4. 1 / 2015
Deitsch - Geschichten aus dem Pennsylvania Dutch Country
Deitsch - Geschichten aus dem Pennsylvania Dutch Country
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<strong>DEITSCH</strong><br />
News und Geschichten aus dem Pennsylvania Dutch Country<br />
<strong>2015</strong><br />
No. 1<br />
A Hiwwe wie Driwwe Publication<br />
Vorweihnachtszeit in Pennsylvania<br />
Belznickel & Co<br />
Gettysburg 1863<br />
„Dem Uncle Sam<br />
sind wir getreu“<br />
Berks County<br />
Geheimtipp<br />
Dietrich Meats<br />
Grischtdaag <strong>2015</strong><br />
„Vun drauss,<br />
vum Busch ...“
<strong>DEITSCH</strong><br />
Inhalt<br />
Weihnachtszeit in Pennsylvania. Viele Sitten und<br />
Gebräuche haben die Amerikaner von deutschen<br />
Einwanderern übernommen. Denken wir nur an den<br />
Weihnachtsbaum.<br />
03 Der Belzickel kummt ...<br />
In der Pfalz fast vergessen, treibt er in<br />
Pennsylvania in der Weihnachtszeit noch<br />
sein Unwesen.<br />
Auch das „Christkindel“ kam mit den Deutschen,<br />
wandelte sich aber schnell zu „Kriss Kringel“ und<br />
sah schon im 19. Jahrhundert aus wie Santa Claus.<br />
Die pfälzische Version des Nikolauses - der rohe<br />
und grobschlächtige Belznickel - ist in seiner neuen<br />
Heimat heute bekannter als in der alten und noch<br />
immer „live“ zu sehen.<br />
06 Dem Uncle Sam sind wir getreu ...<br />
Deutsche in Gettysburg 1863<br />
Überhaupt: Pennsylvania ist eine Reise wert, auch<br />
und gerade in der Vorweihnachtszeit. <strong>DEITSCH</strong> hat<br />
für Sie ein paar Tipps zusammengestellt.<br />
Viel Spass beim Lesen!<br />
Michael Werner<br />
08 Grischtdaag <strong>2015</strong><br />
Impressum<br />
Herausgegeben vom Privatarchiv pennsylvanisch-deutscher Literatur.<br />
Dr. Michael Werner. Pfannenstiel 13. 55270 Ober-Olm. Deutschland.<br />
Kontakt: michael-werner@t-online.de. Website: www.hiwwe-wie-driwwe.de<br />
<strong>DEITSCH</strong>S Geheimtipp<br />
Traditionelle pennsylvanisch-deutsche Wurstwaren<br />
kaufen, und diese auch noch im Dialekt bestellen, das<br />
geht bei Dietrich Meat & Country Store in Krumville<br />
bei Kutztown in Berks County (PA). Senior-Chefin<br />
Verna Dietrich, ihre Kinder und Enkel sprechen noch<br />
deitsch.<br />
www.dietrichsmeats.com<br />
02
<strong>DEITSCH</strong><br />
Fotos: S. Hess (Winter), P. Donmoyer, K. Brintzenhoff, K. Reigart<br />
Vorweihnachtszeit in Pennsylvania<br />
Belznickel & Co<br />
Weihnachtszeit in Pennsylvania. Viele Sitten und Gebräuche<br />
haben die Amerikaner von deutschen Einwanderern<br />
übernommen, zum Beispiel den Weihnachtsbaum.<br />
Auch das „Christkindel“ kam mit den Deutschen, wandelte<br />
sich aber schnell zu „Kriss Kringel“ und sah<br />
schon Ende des 19. Jahrhunderts aus wie Santa Claus.<br />
Der übrigens verdankt sein modernes Gesicht einem<br />
Pfälzer: Thomas Nast (1840-1902) aus Landau in der<br />
Pfalz. Zahlreiche Versionen zeichnete er ab 1863 in<br />
New York. Die Illustration oben, wie viele andere Arbeiten<br />
gezeichnet für „Harper‘s Weekly“, zeigt ihn lächelnd<br />
mit roten Mantel und Pfeife (1881). Von Nasts<br />
Zeichenblock setzte diese Darstellung des Santa Claus<br />
international seinen Siegeszug an.<br />
Doch zurück zum alten pfälzischen Belznickel: Roh und<br />
grobschlächtig ist er und hat ein rußverschmiertes<br />
Gesicht. Das Wort „pelzen“ bedeutet in westmitteldeutschen<br />
Dialekten „prügeln“, und „Nickel“ ist die Kurzform<br />
vom „Nikolaus“.<br />
Der „Belznickel“ ist die protestantische Antwort auf<br />
Sankt Martin und den Heiligen Nikolaus. In ihm fallen<br />
Gabenbräuche vom 11. November und 6. Dezember<br />
zusammen. Protestanten wollten sich nach der Reformation<br />
von den katholischen Festen unabhängig machen,<br />
und so verbreitete sich der Belznickel in der<br />
protestantischen Kurpfalz schnell. Und mit den pfälzischen<br />
Auswanderern kam er ab 1683 auch in die neue<br />
Welt. Dort treibt er - vor allem in Berks County und<br />
Lancaster County - noch heute sein Unwesen.<br />
03
<strong>DEITSCH</strong><br />
Winterstimmung in Lehigh County (PA)<br />
Damit ist der Belznickel in seiner<br />
neuen Heimat heute lebendiger als in<br />
seiner alten. Zwar ist die Bezeichnung<br />
im Südwesten Deutschlands<br />
heute noch bekannt, mehr aber auch<br />
nicht. Das war noch Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts ganz anders. Und so<br />
verlief sein Besuch:<br />
Der Belznickel in der Pfalz und angrenzenden<br />
Regionen war einfach<br />
gewandet in einem Mantel, hatte<br />
schwere Stiefel an, einen Stock oder<br />
eine Reisigrute und vielleicht noch<br />
eine Kette - und erinnerte an den<br />
Helfersmann des Nikolaus, an Knecht<br />
Ruprecht.<br />
(Die Figur des Knecht Ruprecht<br />
repräsentierte den germanischen<br />
Gott Wotan. Dieser hatte schon vor<br />
3000 Jahren, ähnlich wie später der<br />
Nikolaus und der "Belznickel", die<br />
Kinder aufgesucht, um sie zu bestrafen<br />
oder mit kleinen Gaben zu beschenken.)<br />
Der Belznickel trat laut polternd ins Haus und machte<br />
dabei heftigen Gebrauch von seinen dicken Stiefeln<br />
sowie Ketten und Rute. Hier lässt sich durchaus noch<br />
die Verwandtschaft mit dem germanischen Wotan erkennen.<br />
Im Laufe des Gesprächs mit Kindern wurde er<br />
ruhiger. Allerdings übergab er seine Gaben nicht einfach<br />
so, sondern schleuderte sie gelegentlich mit viel<br />
Gebrüll und Gepolter durch die ganze<br />
Stube. Danach verließ er den Raum.<br />
Mutige Buben in der Pfalz machten<br />
sich am 6. Dezember manchmal<br />
einen Spaß. Sie wollten herausfinden,<br />
wer aus ihrem Dorf sich hinter der<br />
Maske des Belznickels verbarg. So<br />
lauerten sie dem Gabenbringer auf<br />
und neckten ihn mit den Worten:<br />
"Belzenickel, Belzenickel, bum, bum,<br />
bum, schlag die beese Buwe um,<br />
awwer die brave Mädcher net, Belzenickel,<br />
Belzenickel, kriggsch mich<br />
net!"<br />
Im einem alten Gedicht des pennsylvanisch-deutschen<br />
Autors Henry<br />
Harbaugh (1817-1867) heißt es: „Oh<br />
kennscht du den wieschte, den<br />
garschtige Mann? / Hu! Derf mer den<br />
Kerl e Mensch heesse? / Ya, dass er<br />
en Mensch iss, mag glaawe, wer<br />
kann, / Er guckt mir zu viel wie der<br />
Beese!“<br />
In Pennsylvania gibt es in jedem<br />
Spätjahr Gelegenheit, alte deutsche bzw. pfälzische<br />
Weihnachtsbräuche „live“ zu erleben. Da die Amerikaner<br />
Weihnachten - „Grischtdaag“ im Pennsylvaniadeutschen<br />
- lieben, gesellen sich dazu natürlich auch Gebräuche,<br />
die in den letzten 400 Jahren in der neuen<br />
Welt entstanden sind. Pennsylvania ist in der Vorweihnachtszeit<br />
jedenfalls eine Reise wert.<br />
04
<strong>DEITSCH</strong><br />
Vorweihnachtszeit in Reading (PA)<br />
6 Insider-Reisetipps für‘s vorweihnachtliche Pennsylvania<br />
Lancaster (PA)<br />
Ephrata (PA)<br />
Kutztown (PA)<br />
Termin: 2.12.<strong>2015</strong>: 17:30 - 21 Uhr<br />
Veranstalter: Landis Valley Museum<br />
Event: Days of the Belschnickel Dinner<br />
Tour<br />
Kontakt: Jamie at (717) 581-0590<br />
Zum Einstimmen:<br />
http://bit.ly/1QiDbjR<br />
Termin: Dezember <strong>2015</strong><br />
Veranstalter: Ephrata Cloister<br />
Event: Lantern Tours<br />
Kontakt: (717) 733-6600<br />
Zum Einstimmen:<br />
Ephrata Cloister Chor - „Stille Nacht“<br />
http://bit.ly/1NjTU88<br />
Termin: 5.12.<strong>2015</strong>: 10 - 15 Uhr<br />
Veranstalter: Pennsylvania German<br />
Cultural Heritage Center<br />
Event: Christmas on the farm<br />
Kontakt: donmoyer@kutztown.edu<br />
Zum Einstimmen:<br />
http://bit.ly/1EISy3W<br />
Boyertown (PA)<br />
Bethlehem (PA)<br />
Paradise (PA)<br />
Termin: 27./28.11.<strong>2015</strong>: 11 - 16 Uhr<br />
Veranstalter: Boyertown Area<br />
Historical Society<br />
Event: Der Belznickel Craftshow<br />
Kontakt: boyertownhistory.org<br />
Termin: 20.11. - 20.12.<strong>2015</strong> (Fr, Sa, So)<br />
Veranstalter: City of Bethlehem /<br />
Historic Bethlehem Partnership<br />
Event: Christkindlmarkt<br />
Kontakt: christmascity.org<br />
Zum Einstimmen:<br />
http://bit.ly/1i6cXpP<br />
Termin: Dec. 6, <strong>2015</strong>: 10 - 15 Uhr<br />
Anbieter: National Christmas Center<br />
Event: Sonderausstellungen<br />
Kontakt:<br />
info@nationalchristmascenter.com<br />
Zum Einstimmen:<br />
http://bit.ly/1M4aMzr<br />
05
<strong>DEITSCH</strong><br />
Deutsche in Gettysburg 1863<br />
Dem Uncle Sam sind wir getreu ...<br />
06<br />
Es war eine der blutigsten Schlachten<br />
im amerikanischen Bürgerkrieg. Als<br />
Anfang Juli 1863 nach insgesamt drei<br />
Tagen Schießen und Sterben die Waffen<br />
schwiegen, waren knapp 6.000 gefallene<br />
und 37.000 verwundete Soldaten zu<br />
beklagen.<br />
Die Konföderierten unter General Robert<br />
Lee hatten versucht, ins Territorium<br />
der Nordstaaten einzudringen. Es<br />
war ihnen nicht gelungen. Gettysburg,<br />
die idyllische Kleinstadt in Adams County<br />
in Pennsylvania, gilt heute zusammen<br />
mit einigen weiteren Schlachten als<br />
Wendepunkt im Amerikanischen Bürgerkrieg.<br />
Nach diesem Sieg ging die<br />
Initiative weitgehend vom Norden aus.<br />
Insgesamt kämpften im Krieg über<br />
200.000 in Deutschland geborene Soldaten,<br />
die meisten davon für den Norden.<br />
Gerade in der Anfangszeit dienten<br />
sie als Freiwillige in rein deutschen<br />
Verbänden, in denen auch die Kommandosprache<br />
lange deutsch war. Daneben<br />
kämpften auch viele Pennsylvaniadeutsche<br />
für die Union.
<strong>DEITSCH</strong><br />
William Helfrich, 1863 Pfarrer in Fogelsville (PA), besuchte Gettysburg nur drei Tage nach der Schlacht. Er berichtet:<br />
„Je nächer wir dem Orte kamen, desto verwüsteter sah alles aus; die Fruchtfelder noch nicht abgeerntet, waren die<br />
Straßen gleich getreten und die Fenzen [Zäune] längs der Straße weggeräumt. Ehe man auf der York-Straße Gettysburg<br />
erreicht, steht an einem Bach der Depot; hier lag alles voll von leicht Verwundeten, die auf Transportation nach<br />
gelegeneren Hospitälern warteten. Das Ganze bot einen traurigen Anblick. Die Stadt war ebenfalls verwüstet; Fenster<br />
und Türen der Häuser waren zerschlagen, Kanonenkugeln hatten Löcher durch die Backsteinwände durchgeschlagen.<br />
Die Soldaten in der Nähe der Stadt waren beerdigt; drunten am Round Top lagen noch viele Rebellen, die in Verwesung<br />
übergingen.“ Gettysburg liegt ca. 90 Kilometer westlich von Lancaster und ist einen Abstecher wert.<br />
www.gettysburgmuseum.com<br />
www.gettysburgdiorama.com<br />
www.nps.gov/gett/index.htm<br />
07
<strong>DEITSCH</strong><br />
Grischtdaag <strong>2015</strong><br />
Der Belznickel<br />
Vun drauss, vum Busch, do kumm ich bei;<br />
Es muss mol widder Grischtdaag sei!<br />
Die Schtanne funkle in de Heh,<br />
Uff Dannebeem, datt glaenzt der Schnee;<br />
Un drowwe an dem Himmelsdoor,<br />
Datt schteht des Grischtkind graad devor,<br />
Un wie ich so gewandelt bin,<br />
Do ruft‘s micht aa mit heller Schtimm:<br />
„Belznickel, geh un dummel dich!<br />
Die Engel gaar, die freehe sich,<br />
Der Himmel schtrahlt, des Door iss uff,<br />
An Grischtbeem sinn die Lichter druff.<br />
Was Alt un Yung so glicklich macht,<br />
Sie ruhge vun de Lewensyacht,<br />
Un maryie flieg ich uff die Aerd,<br />
So ass es widder Grischtdaag watt.<br />
Do hawwich gsaat: „Soviel ich weess<br />
Bin ich am End vun meinre Rees;<br />
Yuscht do sinn Leit in dere Schtadt,<br />
Die henn so guude Kinner ghatt.“<br />
„Un hoscht dei groosser Sack bei dir?“<br />
Ich saag: „Mei Sack? Des denk ich schier!<br />
Mit Ebbel, Niss un Mandelkern,<br />
Die esse guude Kinner gern.“<br />
„Un hoschte aa die Fitz bei dir?“<br />
Ich saag: „Die Fitz? Des denk ich schier!<br />
Die schlechte Kinner, unne Fehl,<br />
Die gricke‘s graad uff‘s rechte Deel!“<br />
Grischtkinnel sagt: „So iss es recht,<br />
So geh mit Gott, du dreier Gnecht!“<br />
Vun draus, vum Busch, do kumm ich bei,<br />
Ich hab gedenkt, do schtopp ich rei.<br />
Nau, wer waar guud? Un wer war schlecht?<br />
Ass yedes yo die Wahrheet secht!<br />
John Birmelin (1873-1950)<br />
08