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DEITSCH Nr. 1 / 2016

News und Geschichten aus dem Pennsylvania Dutch Country

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<strong>DEITSCH</strong><br />

News und Geschichten aus dem Pennsylvania Dutch Country<br />

<strong>2016</strong><br />

No. 1<br />

A Hiwwe wie Driwwe Publication<br />

Winter in Pennsylvania<br />

Murmeltieralarm<br />

Mehrwert Mundart<br />

Die Pfalz<br />

in Pennsylvania<br />

Lancaster County<br />

Geheittipp<br />

Stable Auctions<br />

Im Portrait<br />

Rachel Yoder:<br />

Folk Artist


<strong>DEITSCH</strong><br />

Reisen Sie mal im Januar<br />

oder Februar ins sogenannte<br />

„Pennsylvania Dutch Country“<br />

westlich von Philadelphia.<br />

Wahrscheinlich empfangen<br />

Sie frostige Temperaturen<br />

und eine eisig verschneite<br />

Landschaft - jedenfalls ist das<br />

in vielen Wintern so.<br />

Dennoch ist die Gegend gerade<br />

zu dieser Jahreszeit eine<br />

Reise wert. Zunächst einmal:<br />

Es werden wenige Touristen da sein, und die Museen,<br />

Attraktionen und Geschäfte freuen sich besonders über<br />

Ihren Besuch. Und so kommen Sie leicht ins Gespräch<br />

mit Einheimischen ... vielleicht sogar mit en zurückgezogen<br />

lebenden Amish People in Lancaster County. Vor<br />

allem aber könnte ein Abstecher nach Punxsutawny zu<br />

einem unvergesslichen Erlebnis werden. Die alljährliche<br />

Frühlingsprognose des Murmeltiers Phil hat 1993 schon<br />

Bill Murray und Andie MacDowell in „Groundhog Day“in<br />

den Bann gezogen. Und es spricht vieles dafür, dass<br />

auch Sie sich dem Charme des Murmeltiers nicht werden<br />

entziehen können. Viel Spaß beim Lesen dieser<br />

Ausgabe wünscht Ihnen // Michael Werner<br />

03 Winter in Pennsylvania ...<br />

Murmeltier-Alarm<br />

06 Mehrwert Mundart<br />

Die Pfalz in Pennsylvania<br />

08 Portrait: Rachel Yoder - Folk Artist<br />

Impressum<br />

Herausgegeben vom Privatarchiv pennsylvanisch-deutscher Literatur.<br />

Dr. Michael Werner. Pfannenstiel 13. 55270 Ober-Olm. Deutschland.<br />

Kontakt: michael-werner@t-online.de. Website: www.hiwwe-wie-driwwe.de<br />

<strong>DEITSCH</strong>S Geheimtipp: New Holland Sales Stables<br />

Touristen verirren sich normalerweise nicht in die Ställe des New Holland<br />

Auktionshauses. Hier werden an verschiedenen Tagen der Woche Tiere,<br />

Heu und anderes Farmequipment an Bauern der Region versteigert.<br />

Interessant ist, dass dorthin auch Amish People, Mennoniten sowie<br />

„gewöhnliche“ US-amerikanische Bauern kommen. Mit vielen kann man im<br />

Dialekt sprechen. Aber Achtung: Beim Fotografieren unbedingt sehr<br />

zurückhaltend sein und NICHT blitzen. Es irritiert den Auktionator.<br />

Mehr Informationen: http://bit.ly/1RCYlwK<br />

02


<strong>DEITSCH</strong><br />

Winter in Pennsylvania<br />

Murmeltier-Alarm<br />

www.groundhog.org<br />

ıGibts an Lichtmess Sonnenschein,<br />

wirds ein spätes Frühjahr sein.„<br />

Deutsche Bauernregel<br />

Die Winter in Pennsylvania können lang und hart sein.<br />

Temperaturen von - 20° Celsius sind durchaus nichts<br />

Ungewöhnliches, vor allem im Januar und Februar. Der<br />

bis dahin gefallene Schnee vereist und verwandelt<br />

Bürgersteige und Grundstückseinfahrten in gefährliche<br />

Schlitterbahnen. Wer kann, bleibt zu Hause oder fährt<br />

eben möglichst mit dem Auto. „Drive Thru“-Services<br />

haben in dieser Zeit Hochkonjunktur.<br />

Und dennoch tut sich auf dem Land am 2. Februar Sonderliches:<br />

Männer in Frack und Zylinder gehen zu Fuß<br />

ins Feld und suchen einen bestimmten Murmeltierbau.<br />

Das Tier wird aus dem Schlaf geholt und befragt, ob es<br />

seinen Schatten sieht. Falls ja, bleibt der Winter noch<br />

weitere sechs Wochen. Falls nicht, so beginnt das Frühjahr<br />

zeitig.<br />

Die alte Bauernregel stammt aus dem Südwesten des<br />

deutschsprachigen Raumes. Dort gilt: Ein Hoch mit<br />

Kaltluft und Sonnenschein ist Anfang Februar relativ<br />

stabil. Die Trefferquote liegt bei etwa 70%. Als Wetterpropheten<br />

galt hier übrigens meist der Dachs.<br />

Das Sprichwort gelangte im 18. Jahrhundert mit den<br />

deutschsprachigen Siedlern in die neue Welt - und<br />

macht dort meteorologisch überhaupt keinen Sinn.<br />

Was niemanden groß interessierte ...<br />

03


<strong>DEITSCH</strong><br />

Die Bauernregel hielt sich, und im Jahr 1887 organisierte<br />

der deutschstämmige Pennsylvanier Clymer<br />

Fries (1867-1942) erstmals eine Veranstaltung mit<br />

offizieller Murmeltierbefragung und anschließendem<br />

Essen. Das war in Punxsutawney in Jefferson County.<br />

Die Sache kam an, und seitdem entwickelte sich das<br />

kleine Nest in Zentralpennsylvania zur inoffiziellen<br />

Wetterhauptstadt der USA. Jedes Jahr zum 2. Februar<br />

(Maria Lichtmess) pilgern die Meteorologen der großen<br />

Fernsehstationen nach Punxsutawney, um von der Murmeltierbefragung<br />

- morgens um 7 Uhr Ortszeit - live zu<br />

berichten. Ein Denkmal gesetzt wurde dem Brauch<br />

durch den Hollywood-Film<br />

„Groundhog Day“, der mit<br />

deutschen Titel „Und täglich<br />

grüsst das Murmeltier“ heißt.<br />

Die deutschstämmigen Siedler<br />

kommen als Hinterwäldler<br />

in dem Streifen nicht besonders<br />

vorteilhaft weg. Dabei<br />

haben die Verantwortlichen<br />

über viele Jahre großen<br />

Geschäftssinn gezeigt, indem<br />

sie den „Groundhog Day“<br />

sukzessive zu einem nationalen<br />

Event entwickelten, der<br />

mittlerweile auch viele Touristen anzieht - aus den USA,<br />

aber auch aus dem Ausland. „Punxsutawney Phil“, so<br />

der Name des Murmeltiers“, spricht übrigens kein<br />

Pennsylvaniadeutsch mehr und gilt heute als<br />

„englischer Wetterprophet“ Weswegen ihm die die<br />

Pennsylvaniadeutschen im „Dutch Country“ westlich<br />

von Philadelphia auch nicht vertrauen und seit 1933<br />

insgesamt 17 eigene Groundhog Lodges mit jeweils<br />

eigenen Murmeltieren gegründet haben. Die Veranstaltungen<br />

dieser Bruderschaften (es herrscht Frauenverbot!)<br />

werden noch im pennsylvaniadeutschen Dialekt<br />

abgehalten. Terminkollisiionen verhindert die frühzeitige<br />

Absprache in der Dachorganisation,<br />

der sogenannten<br />

„Groossdaadi Grundsau<br />

Lodsch“. Touristen kommen<br />

hier kaum an Eintrittskarten.<br />

Man muss schon ein Mitglied<br />

der Bruderschaft kennen,<br />

um mitgenommen zu werden.<br />

„Punxsutawney Phil“ aber<br />

freut sich über jeden Besuch<br />

auch aus der alten Heimat<br />

der Bauernregel. Diese geht<br />

auch so: „Lichtmess im Klee,<br />

Ostern im Schnee!“<br />

04


<strong>DEITSCH</strong><br />

Ein Bauernhof in Lehigh County<br />

6 Insider-Reisetipps: Pennsylvania im Winter<br />

Lancaster (PA)<br />

Lancaster (PA)<br />

Kutztown (PA)<br />

Event: Charter Day - 3 Centuries of<br />

Penna. German Folk Art Traditions<br />

Termin: 13.03.<strong>2016</strong>: 12:00 - 17:00 Uhr<br />

Veranstalter: Landis Valley Museum<br />

Kontakt: Timothy Essig (717-569-0401)<br />

Mehr Informationen:<br />

http://bit.ly/1OhDhVR<br />

Event: Pennsylvania German Mud Sales<br />

in Lancaster County<br />

Termin: 27.02.<strong>2016</strong>—20.03.<strong>2016</strong><br />

Quelle: LancasterPA.com<br />

Kontakt: 1-800-AMISH-PA<br />

Mehr Informationen<br />

http://bit.ly/1MqHNjs<br />

Event: Easter on the farm<br />

Termin: 19.03.<strong>2016</strong>: 10:00 - 16:00 Uhr<br />

Veranstalter: Pennsylvania German<br />

Cultural Heritage Center<br />

Kontakt: donmoyer@kutztown.edu<br />

Mehr Informationen:<br />

http://bit.ly/1Pjrwn6<br />

Strasburg (PA)<br />

Hershey (PA)<br />

Germantown (PA)<br />

Event: Easter Bunny Train<br />

Termin: 25.-27.03.<strong>2016</strong>: 11 - 16 Uhr<br />

Veranstalter: Strasburg Railroad<br />

Museum<br />

Kontakt: 1-866-725-9666<br />

Zum Einstimmen: http://bit.ly/1TZ8WQh<br />

Event: Hershey Chocolate World<br />

Termin: täglich, 9:00 bis 17:00 Uhr<br />

Veranstalter: Hershey Company<br />

Kontakt: 717-534-4900<br />

Zum Einstimmen:<br />

http://bit.ly/1PjrPy1<br />

Event: Historic Germantown Museum<br />

Termin: Dienstags und Donnerstags,<br />

13:00 bis 17:00<br />

Anbieter: Historical Society<br />

Kontakt: (215) 844-1683<br />

Mehr Informationen: http://<br />

vstphl.ly/1QTza7B<br />

05


<strong>DEITSCH</strong><br />

Mehrwert Mundart<br />

Die Pfalz in Pennsylvania<br />

Es war eine Auswanderungswelle,<br />

wie es sie bis zu diesem<br />

Zeitpunkt noch nicht gegeben<br />

hatte. Zwischen 1683 und 1776<br />

verließen knapp 100.000 Deutsche<br />

ihre Heimat, um in der<br />

Neuen Welt ihr Glück zu suchen.<br />

Die meisten von ihnen kamen<br />

aus der Kurpfalz und damit der<br />

Region links und rechts des<br />

Rheins.<br />

Der weit überwiegende Teil zog<br />

auf dem Wasserweg den Rhein<br />

hinunter nach Holland und setzte<br />

von dort zunächst nach London<br />

über. Von da ging es in<br />

einer mehrwöchigen, gefährlichen<br />

Seereise über den Atlantik.<br />

Zielhafen war meist Philadelphia.<br />

Die ausgewanderten Kurpfälzer<br />

entstammten unter<br />

anderem den heutigen Regionen<br />

Pfalz, Rheinhessen, Saarpfalz,<br />

Südhessen und dem Kraichgau.<br />

Daneben siedelten auch Deutsche<br />

aus anderen Regionen in<br />

Pennsylvania.<br />

Sie nahmen allerhand mit in die<br />

neue Welt: Nicht nur Kleidung,<br />

Tuchware und Geschirr, sondern<br />

auch ihre Bräuche.<br />

06


<strong>DEITSCH</strong><br />

Und vor allem die Sprache. Jenen pfälzischen Dialekt, der auch heute noch, über 300 Jahre nach der Ankunft der<br />

ersten deutschen Auswanderer, in der neuen Welt er gesprochen wird. „Pennsylvania German“ oder „Pennsylvania<br />

Dutch“ heißt er heute im Englischen. Im Dialekt sagt man: „Mer schwetze deitsch!“ Von der Pfalz (engl. „Palatinate“)<br />

haben die wenigsten Pennsylvaniadeutschen je gehört. Die meisten antworten auf die Frage, wo die Vorfahren denn<br />

herkommen: „Aus em alte Land!“ Touristen, die aus Deutschlands Südwesten kommen, können das Pennsylvaniadeutsche<br />

recht gut verstehen. Und auch im öffentlichen Raum finden sich immer wieder Hinweise auf die alte Heimat der<br />

Siedler. Und so bietet sich bei einem Aufenthalt in Pennsylvania immer auch eine Fotosafari an. Wer findet die meisten<br />

deutschsprachigen Schilder und Beschriftungen?<br />

07


<strong>DEITSCH</strong><br />

3 Fragen an:<br />

Rachel Yoder: Folk Artist<br />

http://on.fb.me/1QQfcwj<br />

Rachel, was bedeutet es für dich, pennsylvanischdeutsche<br />

Volkskunst zu machen?<br />

Die pennsylvanisch-deutsche Volkskunst bedeutet die<br />

Welt für mich. Es ist wie ein Gottesdienst, eine spirituelle<br />

Erfahrung, wenn ich zeichne und male. Und ganz<br />

besonders, wenn es sich um die Interpretation alter<br />

Originale handelt, ist es ein wilder Tanz mit meinen<br />

Ahnen, die mich intuitiv bei jedem Pinselstrich führen.<br />

Meine Art Volkskunst erhält so eine ganz eigene Authentizität,<br />

eine eigene Stimme und Stil.<br />

Die Motive sind 200 bis 300 Jahre alt. Auf welche<br />

Weise wirkt das 21. Jahrhundert in deine Kunst hinein?<br />

Für mich sind viele Motive zeitlos: Liebe, Heirat, Geburt,<br />

Familie, Tod. Was meine Kunst von den Motiven<br />

des 18. und 19. Jahrhunderts abhebt, ist, dass die<br />

Zeichnungen bzw. Malereien das Zentrum und den<br />

Hauptfokus eines Bildes ausmachen, während sie in<br />

den Originalen eher Beiwerk waren, das einen Text<br />

umrahmt hat. Ich glaube, dass diese Verschiebung des<br />

Schwerpunkts durch meine andere aktuelle, nicht<br />

pennsylvanisch-deutsche Kunst, beeinflusst ist. Aber<br />

der Hauptunterschied ist wohl, dass ich eine Frau bin.<br />

In unserer Kultur sind weibliche Künstler und Kunsthandwerker<br />

deutlich unterrepräsentiert und geringer<br />

geschätzt - zwar nicht bei Künstlerkollegen, aber doch<br />

in der Gesellschaft durch die sehr traditionellen Geschlechterrollen.<br />

Das würde ich sehr gerne ändern.<br />

Das Thema Gleichberechtigung immer wieder einzubringen<br />

ist, denke ich, mein Ansatz für eine pennsylvanisch-deutsche<br />

Volkskunst im 21. Jahrhundert.<br />

Was ist dein Lieblingsmotiv, und warum?<br />

Ich habe zwei Lieblingsmotive. Was die traditionelle<br />

Volkskunst betrifft, ist es die "Wassernix" oder<br />

"Meerjungfrau". Bei meinen eigenen Originalen ist es<br />

der "Belznickel". Was beide verbindet, ist das Mystische,<br />

das ihnen anhaftet.<br />

Foto: Hunter Yoder<br />

Direktlink zu Rachels Website und Shop: http://www.rachelyoderart.net<br />

08

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