Zusammenarbeit von Arzt und Hebamme - AWMF
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dieselben Haftungsregeln wie bei der Praxisgeburt.<br />
Beim Vertrag mit einem Belegarzt will die Schwangere den fachärztlichen Standard klinischer Geburtshilfe in<br />
Anspruch nehmen. Um diesen zu gewährleisten, gehört es zu den Aufgaben <strong>und</strong> Befugnissen des die<br />
Belegabteilung leitenden <strong>Arzt</strong>es, die <strong>Zusammenarbeit</strong> mit der <strong>Hebamme</strong> zu regeln, <strong>und</strong> zwar durch den<br />
Vertrag, durch den einer freiberuflich tätigen <strong>Hebamme</strong> die Arbeit in der Belegabteilung gestattet wird, im<br />
Übrigen durch Organisationsstatut (Dienstanweisung). Insoweit gelten die Ausführungen zu 3.4<br />
entsprechend.<br />
3.4. Entbindung im Krankenhaus (Vollanstalt)<br />
Begibt sich die Schwangere zur Entbindung in ein Krankenhaus, hat sie Anspruch auf den Standard einer<br />
fachärztlich geleiteten klinischen Geburtshilfe, <strong>und</strong> zwar differenziert danach, ob es sich um ein Haus der<br />
Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Regelversorgung, ein Schwerpunktkrankenhaus oder ein Haus der Maximalversorgung handelt.<br />
Falls sie nicht ausdrücklich darauf verzichtet, darf sie erwarten, dass die Geburt <strong>von</strong> einem bestimmten<br />
Stadium an unter der Leitung <strong>und</strong> Verantwortung eines <strong>Arzt</strong>es stattfindet.<br />
Die Arbeit der <strong>Hebamme</strong>n wird in Vollanstalten in der Regel <strong>von</strong> Anstaltshebammen wahrgenommen. Jedoch<br />
kann auch freiberuflich tätigen <strong>Hebamme</strong>n die Mitarbeit im Krankenhaus vertraglich gestattet werden.<br />
Gleichgültig, ob die fest angestellten <strong>Hebamme</strong>n der Pflegedienstleitung oder einer anderen Stelle oder<br />
Person unterstellt sind, hat in jedem Fall der die Geburtshilfeabteilung leitende <strong>Arzt</strong> die Aufgabe, über den<br />
Einsatz seiner Ärzte <strong>und</strong> <strong>Hebamme</strong>n zu bestimmen, ihnen ihre Aufgaben- <strong>und</strong> Verantwortungsbereiche<br />
zuzuweisen <strong>und</strong> für eine sinnvolle Arbeitsteilung zu sorgen. Er ist dabei nicht an Artikel 4 der oben genannten<br />
Richtlinie 80/150/ EWG geb<strong>und</strong>en. Wenn die Schwangere mit dem Aufsuchen eines Krankenhauses ärztliche<br />
Geburtshilfe in Anspruch nimmt, ist es Ausfluss der Organisationsgewalt <strong>und</strong> des Weisungsrechts des<br />
Chefarztes, näher zu bestimmen, welche Aufgaben bei der Geburtshilfe den ärztlichen Mitarbeitern<br />
vorbehalten bleiben <strong>und</strong> welche <strong>von</strong> den <strong>Hebamme</strong>n <strong>und</strong> dem nichtärztlichen Pflegepersonal wahrzunehmen<br />
sind.<br />
Das gilt im Übrigen nicht nur für Anstaltshebammen. Soweit freiberuflich tätigen <strong>Hebamme</strong>n eine Mitarbeit im<br />
Krankenhaus gestattet wird, muss mit ihnen vertraglich vereinbart werden, dass sie ebenso wie die<br />
Anstaltshebammen der Organisationsgewalt <strong>und</strong> dem Weisungsrecht des Chefarztes unterliegen.<br />
Hierzu ein Urteil des OLG Köln, in dem es heißt:<br />
"Wer sich zur Entbindung in eine voll ausgestattete <strong>und</strong> auf Geburten spezialisierte Klinik begibt, möchte auch<br />
dann nicht auf eine umfassende ärztliche Betreuung im Rahmen eines totalen Krankenhausvertrags<br />
verzichten, wenn er eine externe <strong>Hebamme</strong> zur Geburt mitbringen will (Rn 41).<br />
Der Krankenhausträger muss bereits beim Besichtigungstermin klarstellen, dass er bei Einschaltung einer<br />
externen <strong>Hebamme</strong> die medizinische Verantwortung zur Geburtsleitung ausschließlich bei dieser sehen will<br />
(Rn. 42).<br />
Gestattet der Krankenhausträger einer Gebärenden aktiv durch Vorhalten entsprechender Listen, eine<br />
freiberufliche <strong>Hebamme</strong> hinzuzuziehen, ist ein dieser unterlaufener Behandlungsfehler ihr zuzurechnen, denn<br />
diese übernimmt die Geburtsleitung als Erfüllungsgehilfin innerhalb der übergeordneten Kompetenz des<br />
leitenden <strong>Arzt</strong>es (Rn. 54).<br />
Unklarheiten über Art <strong>und</strong> Umfang des Pflichten des krankenhausärztlichen Personals <strong>und</strong> der externen<br />
<strong>Hebamme</strong>n gehen zu Lasten des Krankenhausträgers (Rn. 55).<br />
(OLG Köln 5. Zivilsenat; Entscheidungsdatum 31.01.2005 AZ: 5 U 130/01)"<br />
Für das Organisationsstatut einer geburtshilflichen Abteilung kommen besonders folgende Punkte in<br />
Betracht.<br />
Es empfiehlt sich die Anordnung, dass <strong>von</strong> der Aufnahme einer Schwangeren zur Entbindung ein <strong>Arzt</strong> der<br />
gynäkologischen Abteilung unterrichtet wird <strong>und</strong> er die Schwangere in angemessenem zeitlichen Intervall<br />
selbst sieht. Zusätzlich sollte eindeutig bestimmt sein, ab wann der <strong>Arzt</strong> auch bei normalem Geburtsverlauf<br />
ununterbrochen anwesend zu sein hat. Hierfür bietet sich spätestens der Beginn der Pressperiode an.<br />
Bis zu diesem Zeitpunkt entspricht es bewährter Übung, dass die <strong>Hebamme</strong> die Schwangere in eigener<br />
Verantwortung, wenn auch als Erfüllungs- <strong>und</strong> Verrichtungsgehilfin des <strong>Arzt</strong>es, betreut. Dazu gehört<br />
insbesondere die Vorbereitung auf die Geburt, ein Entspannungsbad, das Anlegen eines CTG sowie dessen<br />
laufende Kontrolle <strong>und</strong> generell die Beobachtung der Schwangeren. Ob auch die Aufnahmeuntersuchung <strong>von</strong><br />
der <strong>Hebamme</strong> durchgeführt werden darf, ist im Hinblick auf ein ablehnendes Urteil des OLG Stuttgart strittig.<br />
Sachverständig beraten vertritt dieses Gericht die Auffassung, dass die Aufnahmeuntersuchung stets durch<br />
4 12.10.2010 15:01<br />
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ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die "Leitlinien" sind für Ärzte rechtlich nicht bindend <strong>und</strong> haben daher weder<br />
haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung.<br />
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