Erarbeitet von Dr. Meike Hensel-Grobe, VGD - Historisches Museum ...
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Arbeitsblätter Arbeitsblätter Arbeitsblätter für für für den den den Unterricht: Unterricht: Unterricht: Sek. Sek. Sek. II<br />
II<br />
<strong>Erarbeitet</strong> <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Meike</strong> <strong>Hensel</strong>-<strong>Grobe</strong>, <strong>VGD</strong><br />
Gefangennahme Gefangennahme des des Papstes Papstes oder oder Gang Gang nach nach Canossa Canossa – 1111 als<br />
Höhepunkt Höhepunkt des des Investiturstreits?<br />
Investiturstreits?<br />
M M 1a: 1a: Vertrag Vertrag Vertrag <strong>von</strong> <strong>von</strong> Santa Santa Maria Maria Maria in in Turri, Turri, 4. 4. Februar 1111<br />
1111<br />
Der Investiturstreit wurde erst 1122 mit dem Wormser Konkordat gelöst, in der Zeit nach Canossa<br />
(1077) wurde zwischen Papst, Kaiser/König und Fürsten um die Lösung gerungen und verhandelt.<br />
Heinrich V., der 1106 durch ein <strong>von</strong> vielen (geistlichen) Fürsten unterstütztes Aufbegehren gegen<br />
seinen Vater an die Macht gekommen war, und Papst Paschalis II. verhandelten vor der für den<br />
12. Februar geplanten Kaiserkrönung intensiv um die Investiturfrage. Dabei kamen sie zu der hier<br />
dargelegten Vereinbarung, die aber nie in die Realität übersetzt wurde.<br />
„Am Tag seiner Krönung [zum Kaiser] wird der Herr König im Angesichte des Klerus und des<br />
Volkes durch ein Schriftstück die gesamte Investitur aller Kirchen in die Hand des Herrn Papstes<br />
übergeben. […]<br />
[Wenn der König dies erfüllt hat] wird der Herr Papst den anwesenden Bischöfen am Tage der<br />
Kaiserkrönung befehlen, dem König und dem Reich jene Regalien zu überlassen, die in der Zeit<br />
Karls, Ludwigs, Heinrichs und seiner übrigen Vorgänger zum Reich gehörten. […]<br />
(Nach: Laudage, Johannes/Matthias Schrör, Der Investiturstreit. Quellen und Materialien, Köln, Weimar, Wien 2 2006, S.<br />
203ff. (deutlich gekürzt und vereinfacht))<br />
M M 1b: 1b: Auszug Auszug aus aus dem dem Privileg Privileg Papst Papst Papst Paschalis‘ Paschalis‘ II. II. für für Heinrich Heinrich V., V., 12. 12. Februar Februar 1111:<br />
1111:<br />
„Sowohl durch das Gebot des göttlichen Rechts ist es verfügt als auch durch die heiligen<br />
Kanones untersagt, dass die Priester sich mit weltlichen Sorgen abgeben […] In den Gebieten<br />
Eures Reiches aber geben sich die Bischöfe und Äbte so sehr mit weltlichen Geschäften ab, dass<br />
sie ständig gezwungen sind, immer wieder das Grafenamt wahrzunehmen und Kriegsdienst zu<br />
leisten […], weil sie Städte, Herzogtümer, Markgrafschaften, Münzen, Pfalzen und sonstiges,<br />
was zum Reichsdienst gehört, <strong>von</strong> den Königen übernommen haben. Und darum hat sich der<br />
für die Kirche unerträgliche Brauch herausgebildet, dass gewählte Bischöfe keinesfalls die<br />
Weihe empfingen, es sei denn sie wären zuvor durch die Hand des Königs investiert worden.<br />
Daher gebieten Wir, es sollen Dir und dem Reich die Regalien überlassen werden, die<br />
offensichtlich zum Reich gehörten in den Zeiten Karls, Ludwigs, Heinrichs und Deiner übrigen<br />
Vorgänger. Wir untersagen und verbieten […], dass irgendein Bischof oder Abt, weder ein<br />
jetziger noch ein künftiger, diese Regalien an sich reißt, also Herzogtümer, Markgrafschaften,<br />
Grafschaften, Münzen, Zoll, Markt, Pfalzen und Burgen des Reiches.<br />
Andererseits erklären Wir, dass die Kirchen mit ihren Stiftungen und erblichen Besitzungen,<br />
soweit sie offenkundig nicht dem Reich zugehörten, frei bleiben sollen, […].“<br />
(aus: Weinrich, Lorenz (Bearb.): Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis 1250,<br />
Darmstadt 2 2000 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, 32), S. 175ff.)<br />
<strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> der Pfalz Speyer<br />
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Arbeitsblätter Arbeitsblätter Arbeitsblätter für für für den den den Unterricht: Unterricht: Unterricht: Sek. Sek. Sek. II<br />
II<br />
<strong>Erarbeitet</strong> <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Meike</strong> <strong>Hensel</strong>-<strong>Grobe</strong>, <strong>VGD</strong><br />
Arbeitsvorschläge:<br />
Arbeitsvorschläge:<br />
1. Erarbeiten Sie die Vereinbarung zwischen König Heinrich V. und Paschalis II. aus M 1a und<br />
M1b.<br />
Erklären Sie, wie der Investiturstreit mit diesen Vereinbarungen gelöst werden sollte und<br />
differenzieren Sie, wessen Forderungen und Interessen dabei berücksichtigt bzw.<br />
vernachlässigt wurden (Kirchenreformer, Papst, König, Bischöfe).<br />
2. Die Vereinbarungen <strong>von</strong> Heinrich V. und Paschalis II. im Vorfeld der Kaiserkrönung werden<br />
in ihrer Zielsetzung selbst <strong>von</strong> nüchternen Fachwissenschaftlern als „revolutionär“ oder<br />
als „die Säkularisation vorwegnehmend“ eingestuft. Erklären Sie diese Urteile.<br />
3. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Ereignisse <strong>von</strong> 1111/12 in Rom.<br />
4. In Schulbüchern werden zum Teil die Ereignisse <strong>von</strong> 1076/77 mit dem Gang nach Canossa<br />
als Höhe- und Kristallisationspunkt des Investiturstreits dargestellt. Diskutieren Sie,<br />
inwiefern die Ereignisse <strong>von</strong> 1111 besser geeignet wären, die zentralen Konflikte und ihre<br />
Hintergründe im Investiturstreit zu erläutern. (Überprüfen Sie auch die Deutung in Ihrem<br />
Schulbuch).<br />
<strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> der Pfalz Speyer<br />
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Arbeitsblätter Arbeitsblätter Arbeitsblätter für für für den den den Unterricht: Unterricht: Unterricht: Sek. Sek. Sek. II<br />
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<strong>Erarbeitet</strong> <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Meike</strong> <strong>Hensel</strong>-<strong>Grobe</strong>, <strong>VGD</strong><br />
Didaktischer Didaktischer Kommentar<br />
Kommentar<br />
Das Arbeitsblatt ist für einen Kurs der Jahrgangsstufe 11 geeignet, der sich mit dem<br />
Investiturstreit beschäftigt. Es kann sowohl im Anschluss an eine Behandlung des<br />
Investiturstreits nach Lehrbuch als auch in der Vor- oder Nachbereitung eines<br />
Ausstellungsbesuches in Speyer eingesetzt werden. Es ist für eine Unterrichtsstunde konzipiert,<br />
mit dem folgenden Arbeitsblatt zur Beurteilung <strong>von</strong> 1111 kann es sinnvoll erweitert und<br />
vertieft werden (Doppelstunde).<br />
In der deutschen Erinnerungskultur hat sich Canossa (1077) als das prägende Ereignis des<br />
Investiturstreits verfestigt. Die Ereignisse und Lösungsansätze <strong>von</strong> 1111 spielen in der<br />
öffentlichen Diskussion um den Investiturstreit eigentlich kaum eine Rolle, dabei ist dies der<br />
Abschnitt des Streits, der schon <strong>von</strong> den Zeitgenossen international intensiv wahrgenommen<br />
und diskutiert wurde, was für Canossa nicht gilt. Die Vereinbarungen zwischen Heinrich V. und<br />
Papst Paschalis II. über eine weitgehende Trennung <strong>von</strong> weltlichen und geistlichen<br />
Einflusssphären eignen sich gut, um die wesentlichen Konfliktpunkte des Investiturstreits<br />
beispielhaft zu verdeutlichen. Die Tumulte, das Aufbegehren der Bischöfe gegen den Entzug<br />
der Regalien, die Gefangennahme des Papstes durch Heinrich V. und die Erzwingung der später<br />
aus kirchlicher Sicht „Pravileg“ (Schanddiktat) genannten Zusicherung der<br />
Investiturbeteiligung des Königs <strong>von</strong> 1111 tragen dazu bei, die Brisanz des Konflikts auch für<br />
Schüler greifbar zu machen.<br />
(Vgl. hierzu künftig Bernd Schneidmüller, Das Kaisertum Heinrichs V. als europäisches Ereignis, in: Die Salier – Macht im<br />
Wandel, Katalog zur Ausstellung 2011).<br />
<strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> der Pfalz Speyer<br />
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Arbeitsblätter Arbeitsblätter Arbeitsblätter für für für den den den Unterricht: Unterricht: Unterricht: Sek. Sek. Sek. II<br />
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<strong>Erarbeitet</strong> <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Meike</strong> <strong>Hensel</strong>-<strong>Grobe</strong>, <strong>VGD</strong><br />
Erwartete Erwartete Schülerleistung Schülerleistung zum zum Arbeitsvorschlag Arbeitsvorschlag 1:<br />
1:<br />
Der König verspricht, keinen Einfluss mehr auf die Einsetzung <strong>von</strong> Bischöfen und anderen<br />
Geistlichen auszuüben, die Investitur soll nur noch Sache des Papstes und der Kirche sein. Der<br />
Papst hingegen verspricht, dass die Kirche alle Regalien (im Privileg aufgezählt mit:<br />
Herzogtümer, Grafschaften, Markgrafschaften, Münzen, Pfalzen, Zoll, Markt), welche die Kirche<br />
seit Karl dem Großen bekommen hat, an das Reich zurückgibt. Dafür wird die Kirche frei <strong>von</strong><br />
herrschaftlicher Einflussnahme. Insgesamt hätten die Vereinbarungen <strong>von</strong> Turri und das<br />
Privileg Papst Paschalis‘ II. vom 12. Feb. eine weitgehende Trennung zwischen weltlichen und<br />
geistlichen Angelegenheiten bedeutet. Für den König hätte dies eine komplette Veränderung<br />
der Reichsstruktur beinhaltet, da seine Herrschaft sich sehr auf die geistlichen Fürsten stützte<br />
(ottonisch-salisches Reichskirchenwesen). Für den Papst und die Kirche wäre damit ein<br />
„Rückzug aus der Welt“ verbunden gewesen, gleichzeitig aber auch eine Verwirklichung der<br />
Kirchenreform, deren Forderungen in den Begründungen Paschalis‘ anklingen. Größte<br />
Konsequenz hätten diese Vereinbarungen für die meist adeligen Reichsbischöfe gehabt, die im<br />
Vorfeld nicht informiert waren. Ihre Ausrichtung hätte sich komplett verändert und auf die<br />
geistlichen Aufgaben konzentriert, wohingegen sich die Bischöfe, die Heinrich begleiteten, als<br />
Reichsfürsten verstanden (mögliches Beispiel: Adalbert <strong>von</strong> Mainz, zu diesem Zeitpunkt noch<br />
als Kanzler und engster Vertrauter des Königs auch bei der Romfahrt an dessen Seite).<br />
Erwartete Erwartete Schülerleistung Schülerleistung zum zum Arbeitsvorschlag Arbeitsvorschlag 2<br />
2<br />
„Revolutionär“ waren die Vereinbarungen, weil sie zunächst auf der gedanklichen Ebene eine<br />
in dieser Radikalität neue Auffassung <strong>von</strong> einer Trennung zwischen Temporalia und Spiritualia<br />
zeigen. Es wird offenbar, dass sich die an den Vereinbarungen Beteiligten zu Beginn des 12.<br />
Jahrhunderts der Grundproblematik in einem Maße bewusst waren, wie man es<br />
wahrscheinlich eher erst in der Aufklärung vermutet hätte. Mit der Umsetzung der<br />
Vereinbarung wäre auf Reichsebene eine politische Umwälzung einhergegangen. Die zentrale<br />
Säule der salischen Herrschaftsstruktur wäre verloren gegangen und neue Systeme hätten<br />
entwickelt werden müssen, Heinrich V. hätte aber Regalien in großem Ausmaße in der<br />
königlichen Verfügungsgewalt gehabt. Heinrich musste sich der Brisanz der Vereinbarungen<br />
für sein Verhältnis zu den geistlichen Fürsten bewusst gewesen sein. Mit der Veröffentlichung<br />
der Vereinbarung mussten sie zur Opposition werden. Für die einzelnen Kirchen und Klöster<br />
hätte dieser Beschluss durchaus eine Verarmung zur Folge gehabt, sie sollten nur noch aus<br />
dem Zehnten, den Spenden und den geringen Eigengütern finanziert werden.<br />
Bei dem Bezug zur Säkularisation müssen die Schüler ihr Wissen über die Ereignisse in<br />
Deutschland zwischen 1795 und 1803 zurückgreifen oder gegebenenfalls den Begriff<br />
nachschlagen. Denkbar wäre eine allgemeine und historisch übergreifende Erklärung,<br />
<strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> der Pfalz Speyer<br />
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Arbeitsblätter Arbeitsblätter Arbeitsblätter für für für den den den Unterricht: Unterricht: Unterricht: Sek. Sek. Sek. II<br />
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<strong>Erarbeitet</strong> <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Meike</strong> <strong>Hensel</strong>-<strong>Grobe</strong>, <strong>VGD</strong><br />
Einziehung kirchlicher Güter (ohne Zustimmung) durch weltliche Gewalten wie sie<br />
beispielsweise in der französischen Revolution durch die Versteigerungen des geistlichen<br />
Besitzes erfolgte. Denkbar wäre aber auch eine konkretere Erklärung über den<br />
Reichsdeputationshauptschluss <strong>von</strong> 1803.<br />
Erwartete Erwartete Sch Schülerleistung Sch ülerleistung zum zum Arbeitsvorschlag Arbeitsvorschlag 3<br />
3<br />
3. Die Ereignisse <strong>von</strong> 1111 werden in den gängigen Überblickswerken dargestellt (dtv-<br />
Weltatlas, Der große Ploetz). Alternativ kann folgende Zeitleiste ausgeteilt werden:<br />
1110/11: Romzug Heinrichs V. , der mit Hilfe einer Fürstenopposition gegen seinen Vater Heinrich IV. an<br />
die Macht gekommen war (1105/06). Die ersten Jahre seiner Herrschaft waren <strong>von</strong> einer gut<br />
funktionierenden Zusammenarbeit mit den Fürsten (geistliche wie weltliche) bei Reichsangelegenheiten<br />
geprägt. Heinrich wurde auch zur Kaiserkrönung <strong>von</strong> einem großen Gefolge an Fürsten und<br />
Funktionsträgern begleitet:<br />
- 4. Februar 1111: „Vertrag <strong>von</strong> Santa Maria in Turri“: Wechselseitige Vereinbarung zwischen<br />
König und Papst über die Lösung der Investiturfrage: Weitgehende Trennung <strong>von</strong> weltlichen und<br />
geistlichen Angelegenheiten (M 1).<br />
- 12. Februar 1111: Mit einem Privileg Papst Paschalis II. wurden die oben genannten<br />
Vereinbarungen bestätigt (vgl. M1b), verlesen und damit erstmals auch für die Anwesenden<br />
öffentlich gemacht. In der Peterskirche in Rom, in der sich anlässlich der Kaiserkrönung auch die<br />
deutschen Bischöfe versammelt hatten, kam es zu großen Tumulten. Die Bischöfe wehrten sich<br />
gegen diese Beschlüsse und die Zeremonie musste abgebrochen werden, hektisch eingeleitete<br />
Verhandlungen konnten keine Lösung bringen. Heinrich V. ließ in der allgemein verworrenen<br />
Situation den Papst und die Kardinäle gefangen nehmen.<br />
- 12. April 1111: Vertrag <strong>von</strong> Ponte Mammolo (erzwungener Vertrag zwischen Paschalis II. und<br />
Heinrich V., als „Pravileg“ = Schanddiktat bezeichnet) – dem König wird das Recht der Investitur<br />
mit Ring und Stab vor der Weihe des Bischofs oder Abtes zugestanden. Der Papst verpflichtet<br />
sich per Eid, nichts gegen den König zu unternehmen oder ihn gar zu bannen.<br />
- 14. April 1111: Kaiserkrönung Heinrichs V.<br />
- März 1112: Auf der Lateransynode wird das Verbot der Laieninvestitur erneuert.<br />
- Sept. 1112 und folgende Jahre: Heinrich V. wird <strong>von</strong> Erzbischof Guido <strong>von</strong> Vienne und auf<br />
verschiedenen Synoden gebannt, die Reichsbischöfe fallen <strong>von</strong> Heinrich ab, wenden sich dem<br />
Papst zu und fordern nun auch ein königliches Investiturverbot.<br />
Erwartete Erwartete Schülerleistung Schülerleistung Schülerleistung zum zum Arbeitsauftrag Arbeitsauftrag 4<br />
4<br />
Der Arbeitsauftrag dient vor allem auch der Einordnung und Bedeutungsgewichtung der<br />
beiden historischen Ereignisfelder. Zu erklären wäre bei den Grundlagen neben dem Begriff der<br />
Investitur das ottonisch-salische Reichskirchenwesen mit der Bedeutung der geistlichen<br />
Fürsten für die Reichspolitik und die Ansätze und Forderungen der Kirchenreform, die <strong>von</strong><br />
Cluny ausging und dann auf das Papsttum ausstrahlte. Die folgenden Überlegungen<br />
<strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> der Pfalz Speyer<br />
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Arbeitsblätter Arbeitsblätter Arbeitsblätter für für für den den den Unterricht: Unterricht: Unterricht: Sek. Sek. Sek. II<br />
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<strong>Erarbeitet</strong> <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Meike</strong> <strong>Hensel</strong>-<strong>Grobe</strong>, <strong>VGD</strong><br />
entsprechen einer umfangreicheren Reflexion, die aber - je nachdem wie intensiv die<br />
Herrschaftsstrukturen des Hochmittelalters zuvor behandelt wurden - jederzeit abgekürzt und<br />
auf die oben genannten wesentlichen Aspekte reduziert werden kann.<br />
„Canossa“ ist ein deutscher Erinnerungsort, der aus der Sicht des 19. Jahrhunderts als<br />
Erniedrigung des Königs im kulturellen Gedächtnis bis heute tradiert wird, auch wenn diese<br />
Narration mittlerweile einer nüchternen Betrachtung gewichen ist und die Deutung viel mehr<br />
die Konstellationen zwischen den drei Wirkmächten Papst – König – Fürsten berücksichtigt, so<br />
dass die politische Machtverteilung im Reich anhand der Ereignisse um Canossa<br />
problematisiert werden kann. Insgesamt spricht aber eher die geschichtskulturelle Dimension<br />
für einen Fokus auf Canossa, die historische Dimension in Bezug auf den Investiturstreit und<br />
die ihm zugrunde liegende Auseinandersetzung über weltliche und geistliche Gewalt lässt sich<br />
eher an 1111 verdeutlichen: Der so weit gehende Lösungsansatz in den Vereinbarungen <strong>von</strong><br />
Turri verrät im Vergleich mit dem Wormser Konkordat die Grundsätzlichkeit des Problems. Für<br />
den König ist die Einflussnahme auf die Investitur aufgrund der Bedeutung der Bischöfe und<br />
Reichsäbte für die Reichsverwaltung entscheidend. Die Bischofskirchen und Reichsabteien sind<br />
in wesentlichen Teilen Reichsbesitz, so dass eine Lösung der Fürsten aus dem<br />
Herrschaftsverbund die Gesamtstruktur des Reiches gefährden würde. Will er die<br />
Machtstruktur des Reiches erhalten, muss der König Einfluss auf die Auswahl der geistlichen<br />
Fürsten nehmen, es sei denn die Verbindung zwischen Bischofsamt und geistlichem<br />
Fürstentum würde aufgehoben werden. Diese könnte nur mit der in Turri erzielten<br />
Vereinbarung über die Rückgabe der Regalien geschehen. Auf der anderen Seite hatte gerade<br />
Heinrich V. sowohl seinen Aufstieg als auch die Erfolge seiner ersten Regierungsjahre der<br />
gemeinsamen politischen Arbeit mit den Fürsten zu verdanken, man verstand sich als<br />
Gemeinschaft für das Reich. Heinrich muss deutlich gewesen sein, dass er mit dem<br />
Bekanntwerden dieser Vereinbarungen den Konsens mit den Fürsten sprengen und eine<br />
zentrale Säule seiner Herrschaft verlieren würde, dementsprechend muss die<br />
Verfügungsgewalt über einen solchen „Regalienschatz“ <strong>von</strong> einer entsprechend großen<br />
Attraktivität gewesen sein, dass er sich dafür entschied.<br />
Papst Paschalis II. musste zwischen den Reformanliegen und der weltlichen Macht (inkl. dem<br />
Vermögen) der Kirche entscheiden. Abgesehen <strong>von</strong> dem äußeren <strong>Dr</strong>uck, den das große<br />
heraneilende Heer Heinrichs V. im Jan./Feb. 1111 auf ihn ausgeübt haben könnte, dürfte ein<br />
Entscheidungsmotiv auch die Möglichkeit gewesen sein, den amtskirchlichen Zentralismus der<br />
Papstkirche gegenüber den bislang so selbstbewusst agierenden Bischöfen zu stärken.<br />
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<strong>Erarbeitet</strong> <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Meike</strong> <strong>Hensel</strong>-<strong>Grobe</strong>, <strong>VGD</strong><br />
Die – meist adeligen - Bischöfe verstanden sich als Reichsbischöfe, die politischen Aufgaben<br />
waren für sie durchaus zentrale Bestandteile ihrer Selbstauffassung. Die Gefangennahme des<br />
Papstes mit der Erzwingung des so genannten Pravilegs und die in diesen Abläufen<br />
eingewobene Kaiserkrönung regen auch zu einer Reflexion über die Aufgabe des Kaisertums<br />
(Schutzmacht der Kirche und des Papsttums) an, wie es sich auch in der zeitgenössischen<br />
Literatur niederschlug. Gerade in der französischen Kirche häuften sich die Stimmen in jener<br />
Zeit, die einen „deutschen“ Anspruch auf das Kaisertum in Frage stellten.<br />
<strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> der Pfalz Speyer<br />
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