Arbeitsheft: Bilder lesen und verstehen - kunst-rs-bayern.de
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<strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> <strong>lesen</strong> <strong>und</strong> <strong>ve<strong>rs</strong>tehen</strong><br />
erarbeitet vom Arbeitskreis Kunsterziehung<br />
Leitung <strong>de</strong>s Arbeitskreises<br />
Elisabeth Mehrl, ISB<br />
Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Arbeitskreises<br />
Jens Knaudt, Renate Stieber, Otmar Wagner<br />
Verantwortlich für <strong>de</strong>n Inhalt<br />
Renate Stieber (Autorin)<br />
1
Wir leben in einer Welt von <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>n.<br />
„Davon will ich ein Bild machen.“<br />
Ein Bild ist in <strong>de</strong>r Regel bewusst gestaltet <strong>und</strong> soll gesehen,<br />
betrachtet <strong>und</strong> ve<strong>rs</strong>tan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Und nicht<br />
nur Künstler machen <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>.<br />
Je<strong>de</strong>s Bild ist ein Kommunikationsmittel, vergleichbar<br />
einer Sprache. Es gibt eine Bildsprache, die wir beher<strong>rs</strong>chen<br />
sollten, weil je<strong>de</strong>r von uns in irgen<strong>de</strong>iner<br />
Weise <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> macht o<strong>de</strong>r <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>n begegnet.<br />
Bildkompetenz<br />
Gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen zum Thema Bildbetrachtung<br />
Es gibt ganz unte<strong>rs</strong>chiedliche <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> in unserer Umgebung,<br />
wir sehen sie zu Hause o<strong>de</strong>r im Museum, in <strong>de</strong>r Tageszeitung,<br />
im Fernseher, auf <strong>de</strong>r Straße.<br />
<strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> zeigen zum Beispiel unsere Fre<strong>und</strong>e, ein Kind beim<br />
Spielen o<strong>de</strong>r Politiker bei <strong>de</strong>r Unterzeichnung eines Vertrages,<br />
eine Gruppe von Menschen, die sich vor <strong>de</strong>m<br />
Hochwasser rettet, einen Baum o<strong>de</strong>r einen Sonnenuntergang,<br />
einen schön ge<strong>de</strong>ckten Tisch, das neue Auto ...<br />
Es sind <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> aus unserer Welt o<strong>de</strong>r <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> aus längst<br />
vergangenen Welten, festgehalten mit Stift o<strong>de</strong>r Farbe,<br />
mit Fotoapparat o<strong>de</strong>r Filmkamera.<br />
Je<strong>de</strong>s dieser <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> kann zum Gegenstand <strong>de</strong>r gezielten<br />
Betrachtung wer<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>m bewussten Sehen <strong>und</strong> Ve<strong>rs</strong>tehen<br />
von <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>n befasst sich die Bildbetrachtung.<br />
Der Begriff „Bild“ wird allgemein ve<strong>rs</strong>tan<strong>de</strong>n als je<strong>de</strong> visuell<br />
wahrnehmbare Da<strong>rs</strong>tellung, unabhängig von einem<br />
künstlerischen Anspruch: Dokumentarfoto o<strong>de</strong>r Werbung,<br />
Kunstwerk o<strong>de</strong>r Privatfoto.<br />
<strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> machen ist nicht zwangsläufig die Aufgabe eines<br />
Künstle<strong>rs</strong>, <strong>und</strong> nicht je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> macht, sieht sich<br />
als Künstler. Alle visuellen Da<strong>rs</strong>tellungen können aber<br />
Gegenstand einer Bildbetrachtung wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong>s Bild<br />
kann nach <strong>de</strong>n hier aufgestellten Kriterien beschrieben,<br />
analysiert <strong>und</strong> ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n.<br />
Jemand erzählt mir etwas mit einem Bild, ich sehe <strong>und</strong> ve<strong>rs</strong>tehe<br />
es. Man spricht <strong>de</strong>shalb von einer Bildsprache, die<br />
<strong>de</strong>r Betrachter aber <strong>lesen</strong> <strong>und</strong> <strong>ve<strong>rs</strong>tehen</strong> können muss. Viele<br />
<strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> aus <strong>de</strong>r Vergangenheit können heute nur noch von<br />
Fachleuten ve<strong>rs</strong>tan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>n kulturellen o<strong>de</strong>r historischen<br />
Zusammenhang kennen. Manche <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> unserer<br />
Zeit ve<strong>rs</strong>teht auch nur, wer etwa <strong>de</strong>n technischen Hintergr<strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>uten kann. Vieles glauben wir zu <strong>ve<strong>rs</strong>tehen</strong>, aber<br />
<strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> können wie Worte auch bewusst lügen. <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> wer<strong>de</strong>n<br />
häufig mit einem bestimmten Ziel e<strong>rs</strong>tellt: Sie wollen<br />
informieren, präsentieren, werben <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r verkaufen.<br />
= die Fähigkeit <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> als Kommunikationsmittel zu <strong>ve<strong>rs</strong>tehen</strong><br />
<strong>und</strong> zu nutzen, <strong>und</strong> die Fähigkeit selbst solche<br />
bildnerische Aussagen zu produzieren. Missve<strong>rs</strong>tändnisse<br />
in <strong>de</strong>r Wahrnehmung können dabei beabsichtigt sein.<br />
Es gehört zur Bildkompetenz, Verwirrung <strong>und</strong> missve<strong>rs</strong>tändliche<br />
Da<strong>rs</strong>tellungen ebenso zu erkennen wie „Eyecatcher“,<br />
die die Aufmerksamkeit gezielt einfangen.<br />
Die Bildbetrachtung, also <strong>de</strong>r Umgang mit <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>n aller Art, ist ein zentrales Anliegen <strong>de</strong>s Kunstunterrichts. Es<br />
geht hier darum, Jugendliche mit <strong>de</strong>r Fähigkeit auszustatten, in einer Welt von <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>ren Sprache zu beher<strong>rs</strong>chen<br />
<strong>und</strong> sich aktiv wie in <strong>de</strong>r reinen Betrachtung damit auseinan<strong>de</strong>rzusetzen.<br />
Dieses Heft eignet sich in Ausschnitten für die Schüler, es ist jedoch in e<strong>rs</strong>ter Linie eine Zusammenstellung aller<br />
wesentlichen Aspekte <strong>de</strong>r Bildbetrachtung für die Lehrkraft. Je nach Schwerpunkt <strong>und</strong> Zielsetzung wird die<br />
Lehrkraft <strong>de</strong>shalb die geeigneten Seiten auswählen müssen.<br />
Bildbeispiele können in diesem Heft - gera<strong>de</strong> im Bereich zeitgenössischer Kunst, vor allem aber auch für Fotografie,<br />
Film, Werbung, Plakatgestaltung u.v.m. nicht in ausreichen<strong>de</strong>m Umfang zur Verfügung gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
So ergibt sich die Notwendigkeit - o<strong>de</strong>r die Möglichkeit - sich auf die Suche nach geeignetem Bildmaterial zu<br />
begeben <strong>und</strong> auf diese Weise das Informationsheft mit- <strong>und</strong> weiter zu gestalten. Damit wird auch erreicht, dass<br />
die aktuellen Bildbeispiele immer „zeitgemäß“ sind. Auf keinen Fall sollte die Bildkompetenz sich nur <strong>und</strong><br />
schwerpunktmäßig auf historische bzw. <strong>kunst</strong>geschichtlich be<strong>de</strong>utsame Beispiele beschränken. Die <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>welt<br />
<strong>de</strong>r jeweiligen Generation muss einbezogen wer<strong>de</strong>n, damit die Bildsprache eine lebendige Sprache bleibt.<br />
2
Andachtsbild<br />
religiöse Da<strong>rs</strong>tellung<br />
Rogier van <strong>de</strong>r Wey<strong>de</strong>n, 1440<br />
Der Hl. Lukas malt die Madonna<br />
Bildbetrachtung = E<strong>rs</strong>chließung eines Bil<strong>de</strong>s<br />
Allgemeine Informationen zur systematischen Bildbetrachtung<br />
Dokumentarfoto<br />
Informationswert, scheinbar objektiv<br />
Dorothea Lange, 1936<br />
Die Wan<strong>de</strong>rarbeiterin<br />
Die systematische Bildbetrachtung befasst sich im Wesentlichen mit drei Bereichen:<br />
Privates Familienbild<br />
Erinnerungswert o<strong>de</strong>r Zeitzeugnis<br />
Die Bildbeschreibung nimmt alle objektiv wahrnehmbaren Fakten auf <strong>und</strong> stellt diese Beobachtungen in einen logischen<br />
Zusammenhang. Hier ergibt sich eine enge Verbindung zum Fach Deutsch. Wie sich zum Beispiel ein Porträt o<strong>de</strong>r<br />
eine Da<strong>rs</strong>tellung von Menschen allgemein in Worte fassen lässt, erfor<strong>de</strong>rt - wie auch alle an<strong>de</strong>ren bildnerischen<br />
Motive - eine Logik in <strong>de</strong>r Glie<strong>de</strong>rung: Wie beginne ich? Wie wird <strong>de</strong>r Blick durch ein Bild geführt? Welche Kriterien<br />
spielen eine Rolle? In welcher Reihenfolge ist die Beschreibung sinnvoll? Zusätzlich zu <strong>de</strong>n im Bild gesehenen<br />
Informationen gehört zum Wahrnehmbaren auch <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Bild verb<strong>und</strong>ene Bilduntertitel, die Informationstafel<br />
zum Bild in einer Ausstellung o<strong>de</strong>r einem Museum <strong>und</strong> vieles mehr.<br />
Die Bildanalyse bezieht sich auf die klassischen Gestaltungsmittel <strong>und</strong> ist damit ein spezieller Bereich <strong>de</strong>s Fachs<br />
Kunsterziehung. Bei mo<strong>de</strong>rnen Techniken wird das Fach Informationstechnologie mit <strong>de</strong>n Inhalten Bildbearbeitung<br />
o<strong>de</strong>r Multimedia wichtige Ergänzungen bzw. Erkenntnisse liefern.<br />
Die Bild<strong>de</strong>utung bezieht sich auf das Wissen aus <strong>de</strong>m Fach Kunst (Stilepochen, Künstler etc.); die Kenntnis <strong>de</strong>r<br />
historische Hnintergrün<strong>de</strong> <strong>und</strong> zusätzliches Wissen z. B. aus <strong>de</strong>m Bereich Religion sind häufig unerlässlich für eine<br />
klare Deutung. Im Bereich <strong>de</strong>r Medien (Werbung, Film) spielt <strong>de</strong>r Kontext eine wesentliche Rolle. Ein Bild kann nur mit<br />
umfassen<strong>de</strong>m Wissen um alle Zusammenhänge von Motiv, Entstehung <strong>und</strong> Absicht wahrheitsgemäß ge<strong>de</strong>utet<br />
wer<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>re<strong>rs</strong>eits ist es wichtig, eine eigene, ganz pe<strong>rs</strong>önliche Deutung abzugeben <strong>und</strong> damit die subjektive<br />
Wirkung eines Bil<strong>de</strong>s zu benennen.<br />
1 Bildbeschreibung = Beschreibung <strong>de</strong>s Sichtbaren <strong>und</strong> Lesbaren WAS SEHE ICH?<br />
zum Beispiel Porträt<br />
zum Beispiel Landschaft<br />
zum Beispiel Stillleben<br />
zum Beispiel Abstrakte Da<strong>rs</strong>tellung<br />
2 Bildanalyse = Analyse <strong>de</strong>r verwen<strong>de</strong>ten Gestaltungsmittel WIE IST ES GEMACHT?<br />
Form<br />
Farbe<br />
Licht<br />
Raum<br />
Komposition<br />
3 Bild<strong>de</strong>utung WARUM & WOZU IST ES SO?<br />
Absicht <strong>de</strong>s Künstle<strong>rs</strong> bzw. Auftraggebe<strong>rs</strong><br />
Wirkung auf <strong>de</strong>n Betrachter<br />
3
Künstler bzw. Urheber:<br />
Wie heißt er, woher stammt er?<br />
Titel bzw. Bilduntertitel: Wie heißt das Bild?<br />
Welche Informationen sind <strong>de</strong>m zu entnehmen?<br />
Entstehungszeit: Wann ist das Bild entstan<strong>de</strong>n?<br />
evtl. auch: Wo befin<strong>de</strong>t sich das Werk?<br />
1 Bildbeschreibung<br />
Ein Bild beschreiben heißt alles benennen, was sichtbar o<strong>de</strong>r im unmittelbaren Umfeld lesbar ist. Die Beschreibung<br />
beantwortet die Frage: Was ist auf diesem Bild dargestellt? Die schlichte Frage nach <strong>de</strong>m, was ich<br />
sehen kann, wird dabei ergänzt durch Informationen, die ich im Umfeld <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s erfahre - o<strong>de</strong>r schon weiß.<br />
Was erfahre ich im direkten Umfeld <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s?<br />
Was sehe ich beim Betrachten <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s?<br />
Was weiß ich schon über das Bild?<br />
Bildtyp/ Bildgattung<br />
Allgemeine Hintergr<strong>und</strong>informationen<br />
Hintergr<strong>und</strong>wissen zur Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r<br />
Inhalte/ Figuren/Objekte<br />
Diese Informationen sind in <strong>de</strong>r Regel im direkten Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>m Bild zu <strong>lesen</strong> (Bilduntertitel, Tafel). Der<br />
Künstler signiert sein Werk, bzw. ein Urheber ist genannt. Im<br />
Museum wie in Veröffentlichungen sind diese Informationen<br />
verfügbar bzw. müssen sogar genannt sein (Bildrecht). Bei<br />
vielen Bildwerken fehlen allerdings diese Informationen.<br />
Dies sehe ich auf <strong>de</strong>m Bild selbst, wenn ich nur wirklich genau hinschaue <strong>und</strong> das Bild systemtatisch betrachte:<br />
Pe<strong>rs</strong>onen bzw. Objekte<br />
Raum bzw. Umgebung<br />
wichtige Details<br />
Szene/ Situation<br />
Welche Figuren <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r Objekte sind zu sehen?<br />
Wo befin<strong>de</strong>n sie sich im Bild?<br />
Wie sind sie zueinan<strong>de</strong>r angeordnet?<br />
In welcher Art wer<strong>de</strong>n sie <strong>de</strong>m Betrachter zugeordnet?<br />
In welcher Lage wer<strong>de</strong>n die Objekte gezeigt?<br />
Welche Körpe<strong>rs</strong>prache zeigen Figuren (Haltung, Gestik, Mimik)?<br />
Welche Umgebung wird gezeigt?<br />
Wo befin<strong>de</strong>n sich Objekte bzw. Figuren im Raum?<br />
Gibt es Gegenstän<strong>de</strong>, die <strong>de</strong>n Blick auf sich ziehen?<br />
Haben Details eine beson<strong>de</strong>re Stellung in <strong>de</strong>r Szenerie?<br />
Was geschieht gera<strong>de</strong>?<br />
Wer ein Bild ansieht, bringt Vorwissen mit ein, es gibt dabei<br />
immer auch Übe<strong>rs</strong>chneidungen mit <strong>de</strong>m Aspekt Bild<strong>de</strong>utung.<br />
Das Erfassen eines Bil<strong>de</strong>s ist komplex, die Bereiche lassen<br />
sich nicht immer klar voneinan<strong>de</strong>r trennen.<br />
Gehört es zu <strong>de</strong>n klassischen Bildgattungen: Ist es ein Bildnis,<br />
ein Paar- o<strong>de</strong>r Gruppenbild? Ist es eine Landschaft o<strong>de</strong>r Stadtansicht?<br />
Ist es ein Stillleben? Ist es eine abstrakte Da<strong>rs</strong>tellung? Ist<br />
<strong>de</strong>r Inhalt historisch, dokumentarisch, privat o<strong>de</strong>r religiös? Liegt<br />
die Funktion in <strong>de</strong>r Betrachtung, <strong>de</strong>r Information, <strong>de</strong>r Werbung?<br />
Welche Be<strong>de</strong>utung hatte <strong>de</strong>r Autor o<strong>de</strong>r Künstler zu seiner<br />
Zeit, evtl. wer waren seine Auftraggeber, welche Vorbil<strong>de</strong>r hatte<br />
er? Stammt <strong>de</strong>r Titel <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s vom Künstler selbst? Welche<br />
Rolle spielte das Werk in <strong>de</strong>r Zeit seiner Entstehung, welche<br />
Funktion hatte es? Welche Be<strong>de</strong>utung hat es heute für uns?<br />
Welche beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung haben die abgebil<strong>de</strong>ten Figuren<br />
o<strong>de</strong>r Objekte in ihrer Zeit? (z. B. gesellschaftliche Rolle <strong>de</strong>r Pe<strong>rs</strong>onen,<br />
religiöser Zusammenhang, Symbolsprache u. a.) Haben<br />
die Details eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung für <strong>de</strong>n Maler, für <strong>de</strong>n<br />
Auftraggeber o<strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n aktuellen Betrachter?<br />
Was ist eigentlich dargestellt? Aus welchem Bereich stammt<br />
die Szene (religiös, historisch o. a.) Ist es eine bekannte Szene?<br />
Wird eine (bekannte) Geschichte erzählt? Ist diese Szene<br />
auch heute noch ve<strong>rs</strong>tändlich o<strong>de</strong>r nur aus <strong>de</strong>r Entstehungszeit<br />
<strong>und</strong> mit <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n Hintergr<strong>und</strong>wissen zu <strong>ve<strong>rs</strong>tehen</strong>?<br />
4
Checkliste:<br />
Pe<strong>rs</strong>onen<br />
Situation<br />
Raum<br />
Anzahl <strong>de</strong>r Pe<strong>rs</strong>onen<br />
äußere E<strong>rs</strong>cheinung (Geschlecht, Alter, Aussehen)<br />
Kleidung<br />
beson<strong>de</strong>re Attribute (evtl. auch <strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung)<br />
Körpe<strong>rs</strong>prache: Haltung - Gestik - Mimik<br />
evtl. die Art <strong>de</strong>r Beziehung <strong>de</strong>r Pe<strong>rs</strong>onen zueinan<strong>de</strong>r<br />
Beschreibung <strong>de</strong>r Situation<br />
Beson<strong>de</strong>rheit <strong>de</strong>r Körpe<strong>rs</strong>prache in <strong>de</strong>r Beziehung zueinan<strong>de</strong>r<br />
Beson<strong>de</strong>rheit <strong>de</strong>r Körpe<strong>rs</strong>prache in <strong>de</strong>r Beziehung zum Betrachter<br />
Umgebung bzw. Raum<br />
Weiterführung <strong>de</strong>s Blicks nach draußen<br />
Bezug <strong>de</strong>r Pe<strong>rs</strong>onen zur Umgebung<br />
Beschreibung <strong>de</strong>s Motivs PORTRÄT<br />
Als Porträt o<strong>de</strong>r Bildnis wird die Da<strong>rs</strong>tellung eines Menschen bezeichnet. Man unte<strong>rs</strong>chei<strong>de</strong>t nach <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r<br />
abgebil<strong>de</strong>ten Pe<strong>rs</strong>onen Einzel-, Paar- <strong>und</strong> Gruppenbil<strong>de</strong>r; eine beson<strong>de</strong>re Rolle nimmt das Selbstporträt ein.<br />
Bei einem Porträt kann je nach Funktion o<strong>de</strong>r Anliegen die Pe<strong>rs</strong>önlichkeit (individuelle Da<strong>rs</strong>tellung) <strong>de</strong>r dargestellten Menschen<br />
im Mittelpunkt stehen o<strong>de</strong>r die gesellschaftliche Rolle (repräsentative Da<strong>rs</strong>tellung). Porträtda<strong>rs</strong>tellungen gab es in<br />
<strong>de</strong>r Antike (Grabbildnis, Büsten); die Blütezeit <strong>de</strong>s wirklichkeitsgetreuen Porträts begann in <strong>de</strong>r Renaissance, dies hängt<br />
auch mit <strong>de</strong>m wachsen<strong>de</strong>n Selbstbewusstsein <strong>de</strong>r Menschen zusammen. Mit <strong>de</strong>r Fotografie schwand das Porträt als<br />
Aufgabe <strong>de</strong>s Künstle<strong>rs</strong> zunehmend.<br />
Das Abbil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Menschen verfolgt zu allen Zeiten dieselben Ziele: Festhalten <strong>de</strong>s Augenblicks für eine Ewigkeit, Da<strong>rs</strong>tellen<br />
einer gesellschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Rolle, Dokumentation (z. B. politisches Bild, Zeitungsfoto) o<strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntifikation<br />
(z. B. Werbefoto). Häufig sind diese Bereiche nicht ein<strong>de</strong>utig voneinan<strong>de</strong>r zu trennen.<br />
Bei <strong>de</strong>r Beschreibung eines Porträts steht naturgemäß die Figur im Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>, die Wahl <strong>de</strong>r Situation <strong>und</strong> <strong>de</strong>s<br />
Raumes kann zusätzlich eine wichtige Be<strong>de</strong>utung haben. Beson<strong>de</strong>res Augenmerk sollte auf die <strong>de</strong>m Betrachter<br />
zugewiesene Rolle gelegt wer<strong>de</strong>n, er wird meist bewusst als Zuschauer <strong>und</strong> „Ansprechpartner“ benutzt.<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Suche <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Porträts entsprechen<strong>de</strong> Da<strong>rs</strong>tellungen von Menschen aus <strong>de</strong>m Bereich<br />
<strong>de</strong>r Fotografie. Achte dabei auf die Vergleichbarkeit <strong>de</strong>r abgebil<strong>de</strong>ten Situation<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Körpe<strong>rs</strong>prache. Fertige einen Vergleich mit Hilfe <strong>de</strong>r Checkliste an.<br />
Duane Hanson: Putzfrau,<br />
1972, Kunstharz, reale Kleidung <strong>und</strong> Ausstattungsstücke<br />
Albrecht Dürer: Selbstbildnis mit Landschaft,<br />
1528, Öl auf Leinwand<br />
5
Beschreibung <strong>de</strong>s Motivs PAARBILDNIS<br />
Bei Paarbildnissen wird die Wirkung sehr stark durch <strong>de</strong>n Bildaufbau (Komposition) bestimmt (vgl. Thema Komposition<br />
bei <strong>de</strong>r Bildanalyse): Die Körperhaltung <strong>de</strong>r Pe<strong>rs</strong>onen bestimmt die wichtigen Bildlinien; stehen<strong>de</strong> Figuren<br />
stellen z. B. senkrechte Bildlinien mit entsprechend ruhiger <strong>und</strong> wür<strong>de</strong>voller Ausstrahlung dar (vgl. Jan van Eyck:<br />
Hochzeit <strong>de</strong>r Arnolfini; Hans Holbein: Die Gesandten). Die vom Künstler o<strong>de</strong>r Auftraggeber erwünschte Bildwirkung<br />
(„Wie will ich gesehen wer<strong>de</strong>n?“) wird in <strong>de</strong>r Regel in allen repräsentativen Da<strong>rs</strong>tellungen o<strong>de</strong>r <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>n mit öffentlicher<br />
bzw. offizieller Funktion sehr bewusst gestaltet, z. B. bei Hochzeitsbil<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Da<strong>rs</strong>tellung von Politikern.<br />
Der Bildaufbau, in diesem Fall die Anordnung von zwei Figuren zueinan<strong>de</strong>r, lässt sich auch als eine Deutung <strong>de</strong>r<br />
Beziehung erklären. So ist ein Paarbildnis immer auch eine soziale o<strong>de</strong>r gesellschaftliche Studie zum Verhältnis <strong>de</strong>r<br />
abgebil<strong>de</strong>ten Pe<strong>rs</strong>onen.<br />
Peter Paul Rubens:<br />
Geißblattlaube, 1609<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Otto Dix:<br />
Die Eltern <strong>de</strong>s Künstle<strong>rs</strong>, 1924<br />
Suche diesen Paarbil<strong>de</strong>rn aus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r klassischen Kunst entsprechen<strong>de</strong> Da<strong>rs</strong>tellungen<br />
von Menschen aus <strong>de</strong>m privaten Bereich.<br />
Vergleiche diese Da<strong>rs</strong>tellung in Bezug auf die Körpe<strong>rs</strong>prache.<br />
Wähle eine Da<strong>rs</strong>tellung aus <strong>de</strong>r Werbung, die eine Gruppe von Pe<strong>rs</strong>onen in <strong>de</strong>n Mittelpunkt<br />
stellt <strong>und</strong> beschreibe diese Da<strong>rs</strong>tellung mit Hilfe <strong>de</strong>r Kriterien Äußere E<strong>rs</strong>cheinung,<br />
Körpe<strong>rs</strong>prache, Situation <strong>und</strong> Umgebung.<br />
Übertrage dazu die Tabelle auf ein eigenes Blatt.<br />
Marc Chagall:<br />
Der Spaziergang, 1917<br />
In <strong>de</strong>r Werbung soll <strong>de</strong>r Betrachter sich mit <strong>de</strong>r dargestellten Pe<strong>rs</strong>on o<strong>de</strong>r Pe<strong>rs</strong>onengruppe i<strong>de</strong>ntifizieren, die seine<br />
Bedürfnisse, Wünsche o<strong>de</strong>r Ängste stellvertretend verkörpert. Bei einem Gruppenbild wird <strong>de</strong>r Betrachter als Teil <strong>de</strong>r<br />
Gemeinschaft angesprochen, <strong>de</strong>r als Betrachter einer Szene „dazugehören“ möchte. Viele Firmen bzw. Marken<br />
entwickeln <strong>und</strong> präsentieren dazu einen ganz bestimmten Pe<strong>rs</strong>onentyp als I<strong>de</strong>ntifikationsfigur für ihre Zielgruppe.<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Vergleich in Tabellenform:<br />
Pe<strong>rs</strong>onen<br />
äußere E<strong>rs</strong>cheinung<br />
Körpe<strong>rs</strong>prache<br />
Bezug zum Betrachter<br />
Situation<br />
Raum<br />
Funktion <strong>de</strong>s Paarbildnisses<br />
Ähnlichkeiten Unte<strong>rs</strong>chie<strong>de</strong><br />
z. B. Bei<strong>de</strong> Da<strong>rs</strong>tellungen zeigen... z. B. Während Da<strong>rs</strong>tellung A .....,<br />
zeigt Da<strong>rs</strong>tellung B .......<br />
6
Checkliste:<br />
Art <strong>de</strong>r Landschaft<br />
Äußere Gegebenheiten<br />
Staffage (Beiwerk),<br />
Ve<strong>rs</strong>atzstücke<br />
Beschreibung <strong>de</strong>s Motivs LANDSCHAFT<br />
Unter einer Landschaftsda<strong>rs</strong>tellung ve<strong>rs</strong>teht man ein Bild von o<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r Natur, bei <strong>de</strong>m einzelne Elemente wie<br />
Berg, Baum, Weg u. a. als Ve<strong>rs</strong>atzstücke verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Eine wichtige Rolle spielt dabei <strong>de</strong>r Himmel, <strong>de</strong>r Tageso<strong>de</strong>r<br />
Jahreszeit bzw. spezielle Wetterverhältnisse anzeigt <strong>und</strong> damit entschei<strong>de</strong>nd die Wirkung beeinflusst.<br />
Landschaftsda<strong>rs</strong>tellungen waren in <strong>de</strong>r Kunstgeschichte seit <strong>de</strong>r Renaissance zunächst vor allem Hintergr<strong>und</strong> für<br />
Szenen mit biblischem Inhalt. Eine e<strong>rs</strong>te Blütezeit erlebt die Landschaftsda<strong>rs</strong>tellung im Barock in <strong>de</strong>r nie<strong>de</strong>rländischen<br />
Malerei. Landschaftsbil<strong>de</strong>r haben bis heute einen ungebrochenen Reiz. Ein Beispiel dafür sind etwa die<br />
stimmungsvollen romantischen Landschaften in unzähligen Bildkalen<strong>de</strong>rn. Die Landschaft spielt als Träger von<br />
Gefühlen eine wichtige Rolle u. a. auch in <strong>de</strong>r Werbefotografie <strong>und</strong> im Film.<br />
Bei <strong>de</strong>r Beschreibung einer Landschaft ist es sinnvoll von vorne nach hinten durch <strong>de</strong>n natürlichen Raum zu „gehen“<br />
bzw. <strong>de</strong>n Blick von vorn nach hinten zu lenken. Dabei sollten Details angemessen zusammengefasst wer<strong>de</strong>n (z .B.<br />
Baumgruppe, Bergkette u. a.). Je nach Da<strong>rs</strong>tellung kann auch von einem auffälligen Einzelobjekt aus <strong>de</strong>r Blick<br />
weitergeführt wer<strong>de</strong>n bzw. von einem beson<strong>de</strong><strong>rs</strong> wichtigen Element zum Nebensächlichen. Hier kann <strong>de</strong>r Bezug zum<br />
Bildtitel <strong>de</strong>n Ausschlag geben (z. B. „Die Mühle von Wiiyk“ von Ruisdael o<strong>de</strong>r „Der einsame Baum“ von C. D. Friedrich).<br />
Auch Standort <strong>und</strong> Blickwinkel <strong>de</strong>s Betrachte<strong>rs</strong> müssen in die Bildbeschreibung einbezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
z. B. Ebene, Gebirge, Küste....,<br />
Witterung (Wetterlage), Tageszeit, Jahreszeit<br />
evt. Pe<strong>rs</strong>onenstaffage <strong>und</strong> Bezug <strong>de</strong>r Pe<strong>rs</strong>onen zur Landschaft<br />
(Spaziergänger, Bauern, Soldaten...)<br />
alles, was in <strong>de</strong>r Landschaft auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n bzw. <strong>de</strong>m Wasser zu fin<strong>de</strong>n ist<br />
(Bäume, Gebäu<strong>de</strong>, Schiffe...), auch Straßen, Wege....<br />
Caspar David Friedrich, Der einsame Baum, 1821<br />
Wähle ein Landschaftsfoto <strong>und</strong> vergleiche es auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>r Checkliste mit <strong>de</strong>m<br />
Gemäl<strong>de</strong> „Der einsame Baum“ von Caspar David Friedrich. E<strong>rs</strong>telle o<strong>de</strong>r suche ein<br />
Landschaftsfoto, das <strong>de</strong>n gleichen Bildaufbau zeigt wie „Der einsame Baum“.<br />
7
Unter einem Stillleben ve<strong>rs</strong>teht man die bewusste Anordnung lebloser Objekte nach ästhetischen Gesichtspunkten.<br />
Stillleben sind seit <strong>de</strong>m Barock ein eigenständiges Thema, vorher waren Objekte nur ein be<strong>de</strong>utungsvolles o<strong>de</strong>r<br />
symbolhaftes Detail innerhalb eines Porträts o<strong>de</strong>r einer religiösen Da<strong>rs</strong>tellung. Die Blütezeit <strong>de</strong>s Stilllebens ist die<br />
nie<strong>de</strong>rländische Malerei <strong>de</strong>s 17. Jh., hier dient es vor allem <strong>de</strong>korativen Zwecken <strong>und</strong> zeigt <strong>de</strong>n Luxus, aber auch die<br />
Schönheit <strong>de</strong>r einfachen Dinge. Daneben gelten die Objekte als Sinnbild für die Scheinhaftigkeit <strong>de</strong>s Lebens: Nichts<br />
ist von Dauer. So wird im Stillleben eine<strong>rs</strong>eits <strong>de</strong>r Reichtum präsentiert <strong>und</strong> zur Schau gestellt, an<strong>de</strong>re<strong>rs</strong>eits warnend<br />
auf die Vergänglichkeit hingewiesen. Dieser sogenannte Vanitas-Gedanke ist Leitmotiv <strong>de</strong>r barocken Stillleben.<br />
Stillleben sind ein beliebtes Thema bei <strong>de</strong>n Künstlern, <strong>de</strong>nen sie auch zum Training <strong>de</strong>s eigenen Könnens im Blick<br />
auf die Da<strong>rs</strong>tellung <strong>de</strong>r Form dienten, ebenso wie beim Kunstpublikum. Je<strong>de</strong>r Künstler <strong>und</strong> je<strong>de</strong>r Betrachter gibt <strong>de</strong>n<br />
Dingen seine eigene Be<strong>de</strong>utung, ve<strong>rs</strong>teht die Objekte als Teil seines pe<strong>rs</strong>önlichen Alltags, seiner pe<strong>rs</strong>önlichen<br />
Repräsentation o<strong>de</strong>r widmet ihnen wegen ihrer Farbe, Form o<strong>de</strong>r Oberflächeneigenart beson<strong>de</strong>re Aufmerksamkeit.<br />
Bei <strong>de</strong>r Beschreibung eines Stilllebens ist es sinnvoll mit Begriffen zu arbeiten, die die Anordnung <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Objekte ausdrücken: davor o<strong>de</strong>r dahinter, daneben, darunter o<strong>de</strong>r darüber usw. So e<strong>rs</strong>chließt sich <strong>de</strong>r Aufbau eines<br />
Stilllebens von selbst. Dabei wer<strong>de</strong>n Details angemessen zusammengefasst (mehrere, eine Gruppe von o. ä.). Je<br />
nach Da<strong>rs</strong>tellung kann auch beim Stillleben von einem auffälligen Einzelobjekt aus <strong>de</strong>r Blick weitergeführt bzw. von<br />
einem beson<strong>de</strong><strong>rs</strong> wichtigen Element zum Nebensächlichen gelenkt wer<strong>de</strong>n, dabei ist oft <strong>de</strong>r Bildtitel hilfreich.<br />
Checkliste:<br />
Art <strong>de</strong>s Stillebens<br />
Aufstellung bzw. Anordnung<br />
Untergr<strong>und</strong><br />
Hintergr<strong>und</strong>, Raum<br />
Beschreibung <strong>de</strong>s Bildmotivs STILLLEBEN<br />
Welche Art von Gegenstän<strong>de</strong>n? Gibt es einen sinnvollen Überbegriff?<br />
Einzelstücke s. o. vom Wichtigen zum Nebensächlichen o<strong>de</strong>r von links<br />
nach rechts, von vorne nach hinten usw. benennen<br />
je nach Motiv strukturiert vorgehen, dabei Details sinnvoll zusammenfassen<br />
Lage <strong>de</strong>r einzelnen Stücke zueinan<strong>de</strong>r („daneben, darunter, dahinter ....“)<br />
Wo liegen die Gegenstän<strong>de</strong>?<br />
Die beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung o<strong>de</strong>r Symbolik einzelner Objekte wird im Punkt Wirkung bzw. Aussage behan<strong>de</strong>lt. Viele<br />
Objekte, die in Bildwerken von Renaissance <strong>und</strong> Barock auftauchen, kennen wir heute nicht mehr o<strong>de</strong>r nicht in ihrer<br />
früheren Be<strong>de</strong>utung. Gera<strong>de</strong> für die Symbolhaftigkeit gibt es eine ganze Reihe von Nachschlagewerken, die uns<br />
erklären, wie etwa im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert Brot <strong>und</strong> Wein, Nüsse o<strong>de</strong>r Silberpokale ve<strong>rs</strong>tan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n. Auch in unserer Zeit<br />
wer<strong>de</strong>n nicht alle Betrachter die in Stillleben abgebil<strong>de</strong>ten Gegenstän<strong>de</strong> gleich interpretieren o<strong>de</strong>r wertschätzen. Ein<br />
wichtiger Gesichtspunkt ist die pe<strong>rs</strong>önliche Beziehung <strong>de</strong>s Betrachte<strong>rs</strong> zu bestimmten Inhalten <strong>und</strong> seine individuell<br />
geprägten Assoziationen.<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Beschreibe das Stillleben mit Hilfe <strong>de</strong>r<br />
Checkliste.<br />
Fotografiere Dinge, die dir pe<strong>rs</strong>önlich<br />
wichtig sind, in einer vergleichbaren<br />
Anordnung.<br />
Samuel van Hoogstraten,<br />
Augentäuscher-Stillleben, 1668<br />
8
Beschreibung <strong>de</strong>s Bildmotivs ABSTRAKTES BILDMOTIV<br />
Ein Motiv wird allgemein als <strong>de</strong>r wesentliche Inhalt eines Bil<strong>de</strong>s ve<strong>rs</strong>tan<strong>de</strong>n. Wenn die wesentlichen Bil<strong>de</strong>lemente<br />
we<strong>de</strong>r Menschen noch Objekte sind, son<strong>de</strong>rn geometrische Elemente, Flächen <strong>und</strong> Linien, dann sprechen wir<br />
von einem abstrakten o<strong>de</strong>r gegenstandslosen Bildmotiv.<br />
Die Beschreibung wird selten vom Bildtitel ausgehen können. Wassily Kandinsky, mit <strong>de</strong>m die gegenstandslose<br />
Malerei beginnt, benennt seine <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> vergleichbar musikalischen Kompositionen mit „Improvisation“ o<strong>de</strong>r „Komposition“.<br />
So geht es in <strong>de</strong>r Regel um die Anordnung von Farben <strong>und</strong> Formen auf <strong>de</strong>r Bildfläche. Bei <strong>de</strong>r Beschreibung<br />
benutzt <strong>de</strong>r Betrachter Begriffe, die die Ordnung <strong>de</strong>r Bildfläche beschreiben: in <strong>de</strong>r Mitte, oben o<strong>de</strong>r unten, daneben<br />
o<strong>de</strong>r quer dazu usw. Zusätzlich wer<strong>de</strong>n Farben <strong>und</strong> Formen benannt, Fachbegriffe sind dabei sinnvoll <strong>und</strong> hilfreich.<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Jackson Pollock:<br />
unformed figure, 1953<br />
Ordne <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Da<strong>rs</strong>tellungen die folgen<strong>de</strong>n Begriffe zu:<br />
wild - geordnet - klar - chaotisch - lebhaft - starr - zufällig - geometrisch - rhythmisch -<br />
geradlinig - geschwungen - kantig - ger<strong>und</strong>et - überlagert - fröhlich - aggressiv - langweilig<br />
- exakt - klar begrenzt - übereinan<strong>de</strong>r geschichtet - konstruiert - spontan<br />
E<strong>rs</strong>telle eine Liste <strong>de</strong>r Begriffe, die sachlich beschreiben <strong>und</strong> nicht <strong>de</strong>uten.<br />
Victor Vasarely<br />
Vaar, 1970<br />
Gestalte zu je<strong>de</strong>m Beispiel ein eigenes Bild, zu <strong>de</strong>m die genannten Begriffe passen.<br />
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2 Bildanalyse<br />
In einer Bildanalyse geht es um die Frage, wie ein Motiv gestaltet wur<strong>de</strong>, mit welchen Gestaltungsmitteln also. In <strong>de</strong>r<br />
Kunstgeschichte beziehen wir uns dabei auf die Mittel eines Zeichne<strong>rs</strong>, Male<strong>rs</strong> o<strong>de</strong>r Bildhaue<strong>rs</strong>. In <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne wer<strong>de</strong>n<br />
zusätzlich dazu die typischen Gestaltungsmittel eines Fotos o<strong>de</strong>r eines Films betrachtet. Schwieriger ist dies bei <strong>de</strong>r<br />
Analyse eines zeitgenössischen Kunstwerks wie einer Installation. Gr<strong>und</strong>sätzlich gelten jedoch immer dieselben<br />
Kriterien, egal ob ein Gemäl<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r ein Werbefoto, ein Standbild im Film o<strong>de</strong>r das Layout einer Website analysiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong>r Bereich hat eigene, typische Gestaltungsmittel, die Mehrzahl <strong>de</strong>r Gestaltungsmittel aber ist in allen<br />
Gattungen vergleichbar <strong>und</strong> bietet eine allgemeine Gr<strong>und</strong>lage, wie <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n MindMap zu entnehmen ist, eine<br />
ausführliche Erläuterung <strong>de</strong>r einzelnen Aspekte wird auf <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Seiten dargelegt.<br />
realistisch<br />
vereinfacht<br />
verfrem<strong>de</strong>t<br />
abstrakt<br />
Gol<strong>de</strong>ner Schnitt<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
WIE IST ES GESTALTET?<br />
FORM FARBE<br />
Drittel-Teilung<br />
Wandle das MindMap in eine Tabelle um.<br />
Suche zu je<strong>de</strong>m Hauptpunkt geeignete Beispiele für eine vergleichen<strong>de</strong> Bildanalyse<br />
z. B. zum Stichpunkt Farbe ein Bild mit realistischer <strong>und</strong> eines mit expressiver Farbigkeit.<br />
Antoine Watteau,<br />
Gilles, um 1719<br />
In <strong>de</strong>r vergleichen<strong>de</strong>n Bildanalyse lassen sich die Merkmale<br />
<strong>de</strong>utlicher erkennen. Vergleiche können sich dabei<br />
auf unte<strong>rs</strong>chiedliche Aspekte <strong>de</strong>r Gestaltung beziehen:<br />
FORM: Die Da<strong>rs</strong>tellung ist realistisch, zum Vergleich könnte<br />
die stark vereinfachte Da<strong>rs</strong>tellung einer Figur herangezogen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
FARBE: Die Farben sind realistisch, es sind hier nur kühle<br />
Farben gewählt wor<strong>de</strong>n. Im Vergleich könnte ein Porträt<br />
in leuchten<strong>de</strong>n Farben gewählt wer<strong>de</strong>n.<br />
KOMPOSITION: Die Figur steht zentral. Vergleichend könnte<br />
eine Da<strong>rs</strong>tellung mit einer bewegten Figur betrachtet<br />
wer<strong>de</strong>n, die nicht auf <strong>de</strong>r Mittelachse angeordnet ist.<br />
RAUM: Hier ist eine Landschaft realistisch dargestellt.<br />
Ein Vergleich mit einem nicht bestimmbaren Raum bietet<br />
sich an.<br />
KOMPOSITION LICHT<br />
Bildlinien bzw. Kurven<br />
(waagrecht, senkrecht,<br />
diagonal)<br />
geschlossene o<strong>de</strong>r offene Formen im<br />
Bild (Dreieck, Kreis, Ellipse, Spirale)<br />
realistisch<br />
RAUM<br />
vereinfacht<br />
negiert<br />
verfrem<strong>de</strong>t<br />
realistisch<br />
expressiv<br />
gleichmäßig / gerichtet<br />
irreal / realistisch<br />
symbolisch<br />
Der Analyse sollte die Beschreibung <strong>de</strong>s Bildmotivs immer vorausgehen, <strong>de</strong>nn beim genauen Betrachten wird <strong>de</strong>r Blick<br />
durch das Bild gelenkt <strong>und</strong> alle Elemente wer<strong>de</strong>n bewusst wahrgenommen. Es ist immer wie<strong>de</strong>r notwendig zu<br />
kontrollieren, in welchem Teil <strong>de</strong>r Bildbetrachtung man sich befin<strong>de</strong>t, also ob man gera<strong>de</strong> „nur“ beschreibt, was man<br />
sieht, o<strong>de</strong>r erklärt, wie es gemacht ist o<strong>de</strong>r gar bereits erläutert, wie es wirkt.<br />
10
Die Da<strong>rs</strong>tellung <strong>de</strong>r Realität meint die Wie<strong>de</strong>rgabe <strong>de</strong>r Form. Wir beurteilen sie im Vergleich mit unserer Wahrnehmung,<br />
also <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Realität auftreten<strong>de</strong>n Formen. Neben <strong>de</strong>m tatsächlichen Augenschein kann uns <strong>de</strong>r Vergleich<br />
mit einem Foto klar machen, wie realistisch eine Da<strong>rs</strong>tellung ist.<br />
realistisch<br />
abstrakt<br />
Prinzipiell lässt sich dieser Aspekt in Art eines Pfeils da<strong>rs</strong>tellen: ausgehend von <strong>de</strong>r absolut wahrnehmungsgetreuen Da<strong>rs</strong>tellung<br />
über die Vernachlässigung bestimmter Einzelheiten bis zur völlig abstrakten, vom realen Objekt gelösten Da<strong>rs</strong>tellung.<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Ordne <strong>de</strong>n Da<strong>rs</strong>tellungen die folgen<strong>de</strong>n Sätze zu.<br />
O Die Materialien sind nicht erkennbar.<br />
O Die Dinge sind naturgetreu dargestellt.<br />
O Die Farben entsprechen nicht <strong>de</strong>r Wirklichkeit.<br />
O Die Spiegelung sieht echt aus.<br />
O Die Dinge wirken dreidimensional.<br />
O Die Farben sind wirklichkeitsgetreu.<br />
O Die Objekte zeigen keinen Schatten.<br />
O Die Materialien sind ein<strong>de</strong>utig erkennbar.<br />
O Licht <strong>und</strong> Schatten sind realistisch.<br />
O Größen <strong>und</strong> Proportionen sind richtig dargestellt.<br />
Bildanalyse DARSTELLUNG DER REALITÄT<br />
Sehen die Objekte so aus wie in <strong>de</strong>r Wirklichkeit? Dann sind sie wirklichkeitsgetreu, realistisch o<strong>de</strong>r<br />
naturgetreu, an<strong>de</strong><strong>rs</strong> gesagt: naturalistisch, dargestellt. In diesem Fall „stimmt“ die äußere Form ebenso<br />
wie die Proportion <strong>de</strong>r Teile zueinan<strong>de</strong>r <strong>und</strong> zu an<strong>de</strong>ren Objekten. Die Plastizität bzw. die Da<strong>rs</strong>tellung <strong>de</strong>s<br />
Volumens entspricht <strong>de</strong>r Realität. Die Oberfläche zeigt wirklichkeitsgetreu die Reflexion von Licht, d. h.<br />
glatte Materialien spiegeln das Licht, während eine fehlen<strong>de</strong> Reflexion matte <strong>und</strong> rauhe Oberflächen<br />
kennzeichnet.<br />
Vielleicht zeigt <strong>de</strong>r Künstler die Dinge o<strong>de</strong>r Menschen auch i<strong>de</strong>alisiert: Alles ist perfekter <strong>und</strong> schöner<br />
als in <strong>de</strong>r Realität <strong>und</strong> entspricht damit seinem eigenen bzw. <strong>de</strong>m Schönheitsi<strong>de</strong>al seiner Zeit. Die<br />
„schöne Lüge“ war in <strong>de</strong>r klassischen Kunst üblich, heute ist sie es mit <strong>de</strong>n Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Bildnachbearbeitung<br />
ebenso, für uns ist sie oft gar nicht mehr als Lüge wahrnehmbar.<br />
Fehlen wichtige Details o<strong>de</strong>r ist die Da<strong>rs</strong>tellung <strong>de</strong>r „echten“ Oberflächeneigenschaften (Stofflichkeit) nicht<br />
naturgetreu? Dann nennen wir die Da<strong>rs</strong>tellung vereinfacht o<strong>de</strong>r im extremen Fall abstrahiert. Dies ist<br />
zum Beispiel <strong>de</strong>r Fall, wenn die Pinselspur trotz <strong>de</strong>r Materialeigenart <strong>de</strong>s Objekts nicht erkennbar ist<br />
(Beispiel Fernand Leger) o<strong>de</strong>r die Handschrift <strong>de</strong>s Künstle<strong>rs</strong> die eigentliche Materialtextur überlagert<br />
(Beispiel Vincent van Gogh).<br />
Wenn wir die Dinge verzerrt, verfrem<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r irreal nennen, dann meinen wir damit, dass sie an<strong>de</strong><strong>rs</strong>,<br />
fremdartig, verän<strong>de</strong>rt dargestellt sind. Dieses Urteil treffen wir, in<strong>de</strong>m wir äußere Form, Plastizität, Proportionen<br />
<strong>und</strong> Stofflichkeit mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit vergleichen.<br />
Können wir in <strong>de</strong>r Da<strong>rs</strong>tellung keine reale Form mehr erkennen? Spielt <strong>de</strong>r gegenständliche Bezug keinerlei<br />
Rolle mehr? Dann nennen wir die Da<strong>rs</strong>tellung abstrakt.<br />
Georg Flegel, Stillleben mit Ki<strong>rs</strong>chen, 1635 Juan Gris, Der Kaffeesack, 1920<br />
11
Der FARBKREIS nach Johannes Itten mit <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>- o<strong>de</strong>r Primärfarben Gelb, Rot <strong>und</strong> Blau sowie <strong>de</strong>n Sek<strong>und</strong>ärfarben<br />
Orange, Grün <strong>und</strong> Violett bil<strong>de</strong>t die Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>r Beobachtungen zum Thema Farbe.<br />
Die Hauptfarben wer<strong>de</strong>n beschrieben in ihrer Farbqualität (im Wesentlichen die Farbbezeichnungen aus <strong>de</strong>m sechsteiligen<br />
Farbkreis) mit differenzierten Hinweisen zu<br />
Intensität = Reinheit, Leuchtkraft o<strong>de</strong>r Sättigungsgrad einer Farbe,<br />
Helligkeit = die Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r reinen Farbe durch Beimischung von Weiß o<strong>de</strong>r Schwarz bzw. die Eigenhelligkeit<br />
einer Farbe, z. B. Gelb ist im Vergleich zu Blau o<strong>de</strong>r Violett eine helle Farbe, reines Gelb ist die hellste<br />
Farbe im Farbkreis.<br />
Temperatur = die eher kühle bzw. kalte o<strong>de</strong>r warme Wirkung einer Farbe. Sie ist durch <strong>de</strong>n Anteil an Rotorange<br />
in einem Farbton bestimmt. Gleichzeitig wirken dunklere Farben eher warm, helle Farben eher kalt.<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Farbbezeichnung FARBQUALITÄT INTENSITÄT HELLIGKEIT TEMPERATUR<br />
maigrün Gelbgrün leuchtend hell warm<br />
pink Rotviolett leuchtend mittel kühl<br />
Alexej Jawlenski, Das Gebet, 1922<br />
Bildanalyse FARBE<br />
Ergänze die Tabelle.<br />
Erweitere die Farbbeispiele durch dir geläufige Farbtöne, die bestimmten Produkten<br />
zugeordnet sind wie Coca Cola o<strong>de</strong>r Blue Jeans.<br />
Farbkontraste ergeben sich aus <strong>de</strong>r oben genannten Farbbeschreibung<br />
unter an<strong>de</strong>rem als Intensitäts-, Helligkeits- o<strong>de</strong>r<br />
Temperaturkontrast; meist sind dabei mehrere Farbkontraste<br />
gleichzeitig vertreten.<br />
Der Komplementärkontrast gilt als stärkstmöglicher Kontrast,<br />
gleichzeitig stellt er einen harmonischen Ausgleich zwischen<br />
zwei Farbtönen her. Die Farben ergänzen sich.<br />
Farben können realistisch benutzt wer<strong>de</strong>n, d. h. sie stehen im<br />
naturalistischen Sinn für <strong>de</strong>n Gegenstand (Gegenstandsfarbe).<br />
Die Wahrnehmung eines Farbwerts än<strong>de</strong>rt sich jedoch unter einem<br />
bestimmten Lichteinfluss (E<strong>rs</strong>cheinungsfarbe). Die E<strong>rs</strong>cheinungsfarbe<br />
spielt u. a. im Impressionismus eine wichtige Rolle.<br />
Farben können auch völlig irreal gewählt wer<strong>de</strong>n, d. h. die Farbe<br />
hat keinen erkennbaren Bezug zur Realität. Dann stellt sich in <strong>de</strong>r<br />
Regel die Frage, warum <strong>de</strong>r Künstler diese Farbwahl getroffen<br />
hat. Die Künstler <strong>de</strong>s Surrealismus wählen häufig irreale Farben,<br />
auch in <strong>de</strong>r Werbung kann die irreale Farbe (z. B. das Lila<br />
<strong>de</strong>r Milka-Kuh) <strong>de</strong>n Erkennungswert einer Marke bestimmen.<br />
Innerhalb einer Kultur gibt es Symbolfarben, die für bestimmte Werte<br />
<strong>und</strong> Begriffe stehen wie z. B. Rot für Macht <strong>und</strong> Lei<strong>de</strong>nschaft o<strong>de</strong>r<br />
Weiß für Reinheit. Symbolfarben wer<strong>de</strong>n meist in religiös motivierten<br />
Da<strong>rs</strong>tellungen, z. B. in <strong>de</strong>r mittelalterlichen Malerei, benutzt,<br />
o<strong>de</strong>r in festen Zusammenhängen (Farben von Parteien, Flaggenfarben<br />
u.v.m.), in <strong>de</strong>nen die Farbbe<strong>de</strong>utung in einer Gesellschaft<br />
ein<strong>de</strong>utig zugeordnet ist.<br />
Auch die psychologische o<strong>de</strong>r emotionale Wirkung <strong>de</strong>r Farbe kann<br />
eine Rolle spielen <strong>und</strong> ist vom zeitlichen, kulturellen <strong>und</strong> individuellen<br />
Umfeld abhängig. Typisches Beispiel in <strong>de</strong>r Kunstgeschichte ist hier<br />
<strong>de</strong>r Expressionismus. Diese subjektiv geprägte Farbwirkung<br />
spielt unter an<strong>de</strong>rem im Film, in <strong>de</strong>r Produktgestaltung o<strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>r Werbung eine herausragen<strong>de</strong> Rolle.<br />
Farbauftrag <strong>und</strong> Malweise bil<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Bildanalyse eine weitere<br />
Kategorie, die in e<strong>rs</strong>ter Linie <strong>de</strong>r Malerei zugeordnet wird; in <strong>de</strong>r Malerei<br />
wird ein Farbton <strong>de</strong>ckend o<strong>de</strong>r durchscheinend, also pastos<br />
o<strong>de</strong>r lasierend aufgetragen wer<strong>de</strong>n. Die Farbe kann alla prima (ohne<br />
weitere Übermalung) auf <strong>de</strong>r Leinwand stehen. Eine Pinselspur kann<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n, um die Oberflächeneigenart eines Objekts wie<strong>de</strong>rzugeben<br />
(z.B. Fell), die Pinselspur kann aber auch als die pe<strong>rs</strong>önliche<br />
Handschrift <strong>de</strong>s Künstle<strong>rs</strong> erkennbar sein (Duktus).<br />
12
Dem Licht <strong>und</strong> seiner Wirkung kommt in allen Bereichen <strong>de</strong>r bildnerischen Gestaltung eine sehr große Be<strong>de</strong>utung<br />
zu. Licht beeinflusst in beson<strong>de</strong>rem Maß unsere Stimmung, ohne dass dies immer bewusst wird, <strong>de</strong>nn es schafft<br />
einen atmosphärischen Rahmen, einen Hintergr<strong>und</strong>, <strong>de</strong>r unmittelbar Empfindungen auslöst.<br />
Licht beeinflusst die Sichtbarkeit <strong>de</strong>r Dinge <strong>und</strong> Räume um uns <strong>und</strong> ermöglicht damit e<strong>rs</strong>t die Wahrnehmung, es<br />
beeinflusst aber auch die Wahrnehmung von Farben: „Nachts sind alle Katzen grau“, d.h. ohne Licht bzw. Beleuchtung<br />
gibt es keine Farbwahrnehmung.<br />
Die Lichtquelle kann innerhalb o<strong>de</strong>r außerhalb <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s liegen <strong>und</strong> ist damit für <strong>de</strong>n Betrachter sichtbar <strong>und</strong><br />
erkennbar o<strong>de</strong>r muss aus <strong>de</strong>m Zusammenhang e<strong>rs</strong>chlossen wer<strong>de</strong>n. Eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung erhält das Licht,<br />
wenn seine Herkunft nicht zu erklären ist. Die Lichtquelle kann eng begrenzt <strong>und</strong> scharf o<strong>de</strong>r diffus <strong>und</strong> unscharf in<br />
ihrer Strahlung sein. Neben natürlichen Lichtquellen (Sonne, Mondlicht) bil<strong>de</strong>n künstliche Lichtquellen wie elektrisches<br />
Licht o<strong>de</strong>r Kerze einen wichtigen Faktor für die gesamte Stimmung. Eine Lichtquelle mit extremer Ausstrahlung<br />
ist das Scheinwerferlicht.<br />
Auch <strong>de</strong>r Lichteinfall kann als diffus o<strong>de</strong>r ein<strong>de</strong>utig gestaltet sein. Scharfes Schlaglicht bedingt einen harten Schattenbereich.<br />
In <strong>de</strong>r Fotografie wird häufig durch weiße Schirme erreicht, einen Scheinwerferkegel weniger scharf begrenzt<br />
wirken zu lassen bzw. das Licht <strong>de</strong>utlich zu streuen. Die Richtung <strong>de</strong>s Lichteinfalls lenkt <strong>de</strong>n Blick <strong>de</strong>s Betrachte<strong>rs</strong>.<br />
In <strong>de</strong>r Licht-Schatten-Wirkung wird unte<strong>rs</strong>chie<strong>de</strong>n zwischen <strong>de</strong>m extremen Hell-Dunkel-Kontrast (chiaroscuro-<br />
Effekt) o<strong>de</strong>r einer gleichmäßig ausgeleuchteten Da<strong>rs</strong>tellung.<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Bildanalyse LICHT<br />
Adolph von Menzel, Das Balkonzimmer, 1845 Vermeer van Delft, Der Maler in seinem Atelier,<br />
um 1665<br />
Beschreibe <strong>de</strong>n Unte<strong>rs</strong>chied in <strong>de</strong>r Gestaltung <strong>de</strong>s Lichts in <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Bildbeispielen.<br />
Suche zu je<strong>de</strong>m dieser Beispiel aus <strong>de</strong>r Kunstgeschichte ein vergleichbares Bild aus<br />
<strong>de</strong>r Werbung. Beschreibe jeweils die Lichtquelle, <strong>de</strong>n Lichteinfall <strong>und</strong> die daraus resultieren<strong>de</strong><br />
Wirkung.<br />
13
Die Analyse <strong>de</strong>r Komposition glie<strong>de</strong>rt sich in die Berücksichtigung <strong>de</strong>s Bildformats selbst <strong>und</strong> die Analyse <strong>de</strong>r<br />
Anordnung <strong>de</strong>r Elemente auf diesem Format.<br />
Bildformat<br />
Das klassische von Künstlern verwen<strong>de</strong>te Quer- <strong>und</strong> Hochformat hat häufig die Proportionen <strong>de</strong>s Gol<strong>de</strong>nen Schnitts<br />
(Die kurze verhält sich zur langen Strecke wie die lange Strecke zum Ganzen, o<strong>de</strong>r: a : b = b : (a+b)). Dies gilt jedoch<br />
nicht mehr für die zeitgenössische Kunst. Abweichen<strong>de</strong> Formate sind extreme Hoch- o<strong>de</strong>r Querformate o<strong>de</strong>r die<br />
quadratische Form, auch die Kreisform stellt ein - wenn auch selten - gebräuchliches Bildformat dar. Printmedien<br />
verwen<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Regel die DIN-Formate verwen<strong>de</strong>t, die aber häufig auch korrigiert vorkommen unter Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r Drucktechnik. In <strong>de</strong>r Fotografie ist durch das verwen<strong>de</strong>te Filmmaterial das Format 10x15 Standard, während<br />
für Filme unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r Monitore unter an<strong>de</strong>rem die Formate 16:9 <strong>und</strong> 3:4 üblich sind.<br />
Neben <strong>de</strong>n Standardformaten gibt es Son<strong>de</strong>rabmessungen: Extreme Proportionen von Hoch- <strong>und</strong> Querformaten betonen<br />
jeweils eine Richtung. Das extreme Querformat wird oft verwen<strong>de</strong>t für Landschaftsda<strong>rs</strong>tellungen, während stehen<strong>de</strong> Figuren<br />
o<strong>de</strong>r hohe Objekte durch das extreme Hochformat aus <strong>de</strong>r Umgebung isoliert wer<strong>de</strong>n können. Quadratische Formate<br />
bedingen ebenso wie kreisförmige eine beson<strong>de</strong>re Anordnung <strong>de</strong>r Bildteile <strong>und</strong> <strong>de</strong>mzufolge <strong>de</strong>r Wirkung <strong>de</strong>s Motivs. So<br />
zeigt die eher ungewöhnliche Kreisform (Tondo) die enge Zusammengehörigkeit. Kreisformate wur<strong>de</strong>n häufig in einen<br />
quadratischen Rahmen gesetzt.<br />
Pieter Brueghel, Heimkehr <strong>de</strong>r Jäger, um 1565 Antoine Watteau, Gilles, 1719<br />
Das Querformat bietet einen breiten Überblick über die<br />
Landschaft, <strong>de</strong>r ausgeglichen wird durch die Senkrechten<br />
<strong>de</strong>r Bäume <strong>und</strong> durch die Schrägen im Motiv sowie in <strong>de</strong>r<br />
Blickführung.<br />
Edgar Degas,<br />
Die blauen Tänzerinnen, 1890<br />
Raffael,<br />
Madonna <strong>de</strong>lla Sedia, 1513<br />
Auffällige Formate wie Quadrat <strong>und</strong> Kreis ziehen die Aufmerksamkeit auf<br />
sich. Geometrische Formen betonen Ordnung <strong>und</strong> Harmonie. Der Bildinhalt<br />
nimmt in beson<strong>de</strong>rer Weise Bezug auf das Format.<br />
Das Hochformat vermittelt<br />
Wür<strong>de</strong>, dies wird durch die<br />
Symmetrie <strong>und</strong> die mittig<br />
stehen<strong>de</strong> Figur betont.<br />
Bildanalyse KOMPOSITION<br />
Das extreme Hochformat<br />
hat Spannung<br />
<strong>und</strong> passt hier zum<br />
Motiv.<br />
Max Bill, Rotation um ein sich aus<strong>de</strong>hnen<strong>de</strong>s<br />
Weiß, 1981<br />
Das auf <strong>de</strong>r Spitze stehen<strong>de</strong> Quadrat<br />
wirkt dynamisch <strong>und</strong> bewegt, im<br />
Bildtitel zeigt sich dies <strong>de</strong>utlich.<br />
14
Bild-Linien <strong>und</strong> Kompositions-Schemata<br />
Schemata bzw. Ordnungsgefüge ergeben sich sowohl durch tatsächlich vorhan<strong>de</strong>ne Objekte auf <strong>de</strong>r Bildfläche<br />
wie auch durch die Blickrichtung <strong>und</strong> die Blickführung <strong>de</strong>s Betrachte<strong>rs</strong>:<br />
Senkrecht betont die Wür<strong>de</strong> <strong>und</strong> Ausgewogenheit (v. a. als Mittelachse)<br />
Waagerecht betont die Ruhe<br />
Raster aus Senkrecht <strong>und</strong> Waagrecht ordnen<strong>de</strong>s Liniengerüst<br />
Diagonale <strong>und</strong> Gegendiagonale betonen Dynamik <strong>und</strong> Bewegung<br />
Kreiskomposition schließt zusammen, steht für I<strong>de</strong>al <strong>und</strong> Harmonie<br />
Oval geschlossen, trotz<strong>de</strong>m bewegt<br />
geschwungene Linien bringen Bewegung, führen das Auge<br />
Dreieckskomposition steht für Ruhe, Harmonie, perfekte Ausgeglichenheit<br />
Pyrami<strong>de</strong>nkomposition greift dabei zusätzlich <strong>de</strong>utlich in <strong>de</strong>n Raum<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Die waagrechten Bildlinien<br />
geben <strong>de</strong>m scheinbaren Chaos,<br />
das Hoogstraten für dieses<br />
Augentäuscher-Stillleben wählt,<br />
Halt <strong>und</strong> Ordnung.<br />
Bruegel schafft in seiner „Heimkehr <strong>de</strong>r<br />
Jäger“ durch Diagonale (Haus, Hügel)<br />
<strong>und</strong> Gegendiagonale (Gruppe <strong>und</strong> ihre<br />
Bewegungsrichtung) eine ausgleichen<strong>de</strong><br />
Wirkung.<br />
Der Kreis schließt die Figuren<br />
ein, Peter Paul Rubens betont<br />
dadurch die Zusammengehörigkeit<br />
<strong>und</strong> Nähe in seinem<br />
Hochzeitsbild „Geißblattlaube“.<br />
Bildanalyse<br />
Suche <strong>de</strong>n genannten Kompositions-Schemata entsprechen<strong>de</strong> Da<strong>rs</strong>tellungen aus <strong>de</strong>m<br />
Bereich <strong>de</strong>r Werbe<strong>kunst</strong>. Achte dabei auf die Vergleichbarkeit <strong>de</strong>r Bildkomposition.<br />
Zeichne die Kompositionsschemata <strong>und</strong> die wichtigsten Bildlinien ein.<br />
15
3 Glie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Bildfläche<br />
Bildanalyse KOMPOSITION<br />
Eine spannungsreiche Glie<strong>de</strong>rung wird erreicht, in<strong>de</strong>m Bildteile an <strong>de</strong>n Rand gerückt wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Bildlinien in kontrastreichen<br />
Proportionen verlaufen.<br />
Demgegenüber schafft <strong>de</strong>r „Gol<strong>de</strong>ner Schnitt“ eine harmonische Wirkung durch ausgewogene Proportionen, z.B.<br />
Lage <strong>de</strong>r Horizontlinie, Positionierung eines Baumes u.a.).<br />
Im Gegensatz zu Caspar David Friedrich, <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>m Bild „Einsamer Baum“ für sein Hauptmotiv exakt die Mitte wählt (Abb.links)<br />
<strong>und</strong> Vincent van Gogh, <strong>de</strong>r die Zypresse in <strong>de</strong>r „Sternennacht“ weit an <strong>de</strong>n Rand setzt (Abb. rechts), positioniert Jacob Ruisdael<br />
seine „Mühle von Wyk“ annähernd im Gol<strong>de</strong>nen Schnitt in die Bildfläche.<br />
In <strong>de</strong>n bei Projektionen <strong>und</strong> Monitoren üblichen Querformaten spielt die Drittel-Teilung eine bestimmen<strong>de</strong> Rolle. Die<br />
wichtigen Objekte <strong>und</strong> Bildteile liegen auf <strong>de</strong>n Kreuzungsstellen bzw. berücksichtigen die entstehen<strong>de</strong>n Bildfel<strong>de</strong>r.<br />
Dies ergibt auch in klassischen Werken stimmige Ergebnisse bei <strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>r Komposition.<br />
Vincent van Gogh, Die Sternennacht, 1889<br />
16
Das Thema Raum bezieht sich prinzipiell auf die Frage: „Was ist vorn, was ist dahinter, was ist ganz hinten?“. Dabei spielt<br />
eine wesentliche Rolle die Tatsache, dass wir bei <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>n vornehmlich an Bildflächen <strong>de</strong>nken. Die Wahrnehmung von „vorn“<br />
o<strong>de</strong>r „hinten“ muss also folgerichtig eine Täuschung sein.<br />
Im Gegensatz dazu wer<strong>de</strong>n in Filmbil<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r auch in virtuellen Da<strong>rs</strong>tellungen zwar echte dreidimensionale Räume<br />
gezeigt, diese e<strong>rs</strong>cheinen aber in <strong>de</strong>r Regel auf einer flachen Projektionsfläche (Leinwand, Monitor u. a.). Auch hier<br />
geht es um eine Gestaltungsabsicht, nämlich einen Raum extrem tief o<strong>de</strong>r weniger tief o<strong>de</strong>r gar nicht tief wirken zu<br />
lassen. Auch <strong>de</strong>r Filme-Macher nutzt dazu geeignete Tricks.<br />
Im Vergleich mit unserer Wahrnehmung ergibt sich eine Einschätzung <strong>de</strong>r Raumwirkung zwischen „nicht-pe<strong>rs</strong>pektivisch“<br />
<strong>und</strong> „pe<strong>rs</strong>pektivisch = wahrnehmungsgetreu“.<br />
nichtpe<strong>rs</strong>pektivisch = Negierung, Verneinung, Ablehnung <strong>de</strong>r<br />
pe<strong>rs</strong>pektivischen Wirkung = flächige Wirkung<br />
Diese Wirkung haben alle stark abstrahierten o<strong>de</strong>r abstrakten Bildwerke.<br />
Frühzeitliche <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> zeigen ebenso wie die Da<strong>rs</strong>tellungen von<br />
Kin<strong>de</strong>rn sehr einfache Mittel <strong>de</strong>r Raumda<strong>rs</strong>tellung wie Übe<strong>rs</strong>chneidung<br />
<strong>und</strong> Größenkontrast o<strong>de</strong>r auch die Anordnung von Objekten auf<br />
<strong>de</strong>r Bildfläche. Hier geht es um eine bewusste Ablehnung aller„Tricks“,<br />
die etwas an<strong>de</strong>res vortäuschen wollen als die Bild-Fläche.<br />
Paul Klee, Südliche Gärten, 1919<br />
Vernachlässigung <strong>de</strong>r Pe<strong>rs</strong>pektive = irreale o<strong>de</strong>r verzerrte Pe<strong>rs</strong>pektive<br />
Hier sind die Künstler, Fotografen u.a. gemeint, die über die Mittel verfügen,<br />
eine räumliche Wirkung vorzutäuschen, diese aber zugunsten<br />
einer Gestaltungsabsicht nicht verwen<strong>de</strong>n.<br />
Henri Matisse, Die Lebensfreu<strong>de</strong>, 1905/06<br />
Bildanalyse RAUM<br />
Wahrnehmungsgetreue Wie<strong>de</strong>rgabe <strong>de</strong>s Raums = pe<strong>rs</strong>pektivische<br />
Wirkung = wie in einem Foto bzw. wie mein Auge die Welt<br />
tatsächlich wahrnimmt.<br />
Der Künstler nutzt „Tricks“: Aus frühen Zeiten bekannt sind Übe<strong>rs</strong>chneidung<br />
(vor allem <strong>de</strong>r Horizontlinie) <strong>und</strong> Größenkontrast. Noch<br />
u<strong>rs</strong>prünglicher ist die Anordnung auf <strong>de</strong>r Fläche: Je weiter unten,<br />
umso näher beim Betrachter wird ein Objekt wahrgenommen.<br />
Durch Naturbeobachtung kamen die Künstler auf <strong>de</strong>n Effekt <strong>de</strong>r<br />
Farbpe<strong>rs</strong>pektive <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Luftpe<strong>rs</strong>pektive. Im 15. Jhdt. entwickelten<br />
die italienischen Künstler auf Gr<strong>und</strong> ihrer Fo<strong>rs</strong>chung die<br />
Fluchtpunktpe<strong>rs</strong>pektive sowie die Zentralpe<strong>rs</strong>pektive.<br />
Caspar David Friedrich, Einsamer Baum, 1821<br />
17
Ein Bild kann die Realität abbil<strong>de</strong>n...<br />
Autor o<strong>de</strong>r Auftraggeber wollen vielleicht<br />
<strong>de</strong>n Betrachter gezielt beeinflussen.<br />
<strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> können auch einfach schmücken<strong>de</strong>s,<br />
<strong>de</strong>koratives Beiwerk sein<br />
o<strong>de</strong>r ganz autonom bleiben.<br />
Unabhängig von <strong>de</strong>r Absicht <strong>de</strong>s Auto<strong>rs</strong><br />
wirkt ein Bild auf <strong>de</strong>n Betrachter.<br />
Ein Bild wird spontan ve<strong>rs</strong>tan<strong>de</strong>n, ...<br />
Ein Bild kann eine feste Be<strong>de</strong>utung haben.<br />
In manchen <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>n wird eine ve<strong>rs</strong>teckte<br />
Be<strong>de</strong>utung vermittelt.<br />
Die individuelle Deutung kann von all diesen<br />
Kriterien beeinflusst sein.<br />
3 Deutung ... Informationen zum Ve<strong>rs</strong>tändnis <strong>de</strong>r Bildsprache<br />
... <strong>und</strong> damit ein naturgetreues Abbild sein; dies wird von einem Porträt unter<br />
Umstän<strong>de</strong>n verlangt, ganz sicher aber von einem Dokumentarfoto erwartet,<br />
das in einer Zeitung, im Fernsehen o<strong>de</strong>r Internet zu sehen ist. Heute - in einer<br />
Medienwelt - wissen wir allerdings, dass durchaus nicht alles wahr ist, was<br />
auf einem Bild zu sehen ist.<br />
Dann wird er durch die Bildgestaltung bewusst appellieren <strong>und</strong> eine bestimmte<br />
Wirkung erreichen wollen. Dies gilt heute z. B. für Werbeda<strong>rs</strong>tellungen.<br />
Religiöse Da<strong>rs</strong>tellungen wie die prachtvollen Altarbil<strong>de</strong>r im Barock wollten aber<br />
ebenfalls bewusst eine Wirkung erzielen, auch im politischen Bereich gibt es<br />
Auftrags<strong>kunst</strong> mit propagandistischer Absicht. Ein Bild sollte zu diesem Zweck<br />
auch vor seinem biografischen <strong>und</strong> zeitgeschichtlichen Hintergr<strong>und</strong><br />
gesehen wer<strong>de</strong>n.<br />
Dies war traditionell eine Aufgabe <strong>de</strong>r Maler von Stillleben <strong>und</strong> Landschaften,<br />
sie waren <strong>de</strong>shalb auch weniger angesehen als die Maler von historischen<br />
o<strong>de</strong>r religiösen Da<strong>rs</strong>tellungen. Heute gilt dies zum Beispiel für Illustrationen,<br />
manchmal auch für Kalen<strong>de</strong>rbil<strong>de</strong>r u. ä.<br />
„Kunst einfach <strong>de</strong>r Kunst wegen“ war die Devise <strong>de</strong>r Künslter, die ihre Werke<br />
nicht ge<strong>de</strong>utet sehen <strong>und</strong> die sich keinem Zweck unterwerfen wollten.<br />
Wir können uns <strong>de</strong>m Bild nicht einfach entziehen. Das Motiv, die Farbigkeit<br />
o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Gestaltungsaspekte üben Einfluss aus.<br />
... wenn es Elemente enthält, die wir als nonverbales Signal <strong>ve<strong>rs</strong>tehen</strong>, die<br />
sich also in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong> drängen. Diese Elemente sprechen biologische<br />
Gr<strong>und</strong>bedürfnisse an (Sicherheit <strong>und</strong> Sexualität) o<strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>erfahrungen, die<br />
unabhängig von Kultur <strong>und</strong> Sprache sind (viele Aspekte von Mimik <strong>und</strong> Gestik).<br />
Entsprechend <strong>de</strong>n Wahrnehmungsbedingungen <strong>de</strong>s Menschen wer<strong>de</strong>n<br />
z. B. bewegte Inhalte, Inhalte, die primäre Bedürfnisse ansprechen <strong>und</strong><br />
auffällig gestaltete Inhalte bevorzugt wahrgenommen.<br />
Es wird also zumin<strong>de</strong>st in einer bestimmten Kultur o<strong>de</strong>r sozialen Gruppe in<br />
einer ganz bestimmten Art ge<strong>lesen</strong> <strong>und</strong> ve<strong>rs</strong>tan<strong>de</strong>n, das gilt z. B. für Piktogramme,<br />
für ein Logo, auch für die Comicsprache o<strong>de</strong>r Schriftzeichen. In einer<br />
an<strong>de</strong>ren Kultur o<strong>de</strong>r in einer an<strong>de</strong>ren Gesellschaft sind diese <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> zum<br />
Teil missve<strong>rs</strong>tändlich o<strong>de</strong>r gar nicht zu <strong>ve<strong>rs</strong>tehen</strong>.<br />
Dinge können unte<strong>rs</strong>chiedlich interpretiert wer<strong>de</strong>n. Dazu gehören Symbolik<br />
<strong>und</strong> Allegorie.<br />
Je<strong>de</strong>r einzelne Betrachter hat eine subjektive Einstellung auf Gr<strong>und</strong> seiner<br />
ganz pe<strong>rs</strong>önlichen Geschichte, je<strong>de</strong>r sieht „die Dinge“ auf eigene Art.<br />
Deutung ist vielschichtig. Das Titelbild <strong>de</strong>s Jahresbericht einer Schule<br />
- nur ein <strong>de</strong>koratives Abbild <strong>de</strong>r Schule? O<strong>de</strong>r sieht die Realität vielleicht<br />
außerhalb <strong>de</strong>s Bildrahmens ganz an<strong>de</strong><strong>rs</strong> aus, dann lügt das Bild? Wirbt<br />
die Abbildung für neue Architektur? Geht es um grafische Formen<br />
o<strong>de</strong>r um Freu<strong>de</strong> an Sport <strong>und</strong> Bewegung?<br />
18
3 Deutung<br />
Die klassische Fragestellung lautet: Was will <strong>de</strong>r Autor? Was will <strong>de</strong>r Künstler mit seinem Bild sagen? Welche Wirkung<br />
wird beim Betrachter erreicht? Die Antwort auf diese Fragen können wir nur geben, wenn wir vom Künstler aus e<strong>rs</strong>ter Hand<br />
- durch Interviews, Briefe o. ä. - tatsächlich wissen, welche Absicht er verfolgte.<br />
Wir wissen also eher selten, was <strong>de</strong>r Autor will. Wir nehmen aber in je<strong>de</strong>m Fall die Haltung eines Betrachte<strong>rs</strong> ein <strong>und</strong><br />
formulieren durch unsere Deutung, welche Sicht bei uns erreicht wird. Diese Deutung ist zunächst subjektiv, kann jedoch<br />
auf Gr<strong>und</strong> sachlicher Kriterien objektiv formuliert wer<strong>de</strong>n: Wir sehen, was auf <strong>de</strong>m Bild ist. Wir nehmen die Gestaltung von<br />
Form, Farbe, Licht, Komposition o<strong>de</strong>r auch die Folgen <strong>de</strong>r technischen Ausführung wahr. Auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage unserer Beobachtungen<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>r Gestaltungsmittel fassen wir die Wirkung eines Bil<strong>de</strong>s zusammen.<br />
Deutung zeigt sich in <strong>de</strong>r Wortwahl <strong>und</strong> ist klar abzugrenzen von Betrachtung, Beobachtung o<strong>de</strong>r Beschreibung <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>lemente<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gestaltungsmittel.<br />
... wirkt ..., <strong>de</strong>nn .....<br />
... be<strong>de</strong>utet für mich ..., weil ...<br />
... sieht aus, als ob ..., <strong>de</strong>nn ...<br />
... interpretiere ich als ..., weil...<br />
In <strong>de</strong>r Ausformulierung greift <strong>de</strong>r Betrachter sinnvollerweise zurück auf die Ergebnisse <strong>de</strong>r systematischen Bildbeschreibung<br />
<strong>und</strong> Analyse <strong>de</strong>r Gestaltungsmittel. Damit wird seine Deutung für an<strong>de</strong>re nachvollziehbar <strong>und</strong> auch<br />
objektiv gültig <strong>und</strong> bewertbar.<br />
Otto Dix,<br />
Die Eltern <strong>de</strong>s Künstle<strong>rs</strong>,<br />
1924<br />
AUFGABENBEISPIEL<br />
Diese Wörter sind gut geeignet, eine Deutung zu formulieren. Dabei ist<br />
es sinnvoll, diese Deutung immer auch als pe<strong>rs</strong>önliche Meinung darzustellen<br />
<strong>und</strong> auf Beobachtungen <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r Wissen zu begrün<strong>de</strong>n.<br />
Wen<strong>de</strong> die o. g. Begriffe auf das vorliegen<strong>de</strong> Bildbeispiel an.<br />
Belege <strong>de</strong>ine Deutung, in<strong>de</strong>m du auf die Da<strong>rs</strong>tellung <strong>de</strong>s Ehepaa<strong>rs</strong> (Kleidung <strong>und</strong> Körpe<strong>rs</strong>prache)<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Raumes sowie auf <strong>de</strong>n Aufbau <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s Bezug nimmst.<br />
19
Arbeitsteilige Partner- bzw. Gruppenarbeit bei<br />
gleicher Bildvorlage<br />
Arbeitsgleiche Partner- bzw. Gruppenarbeit<br />
mit unte<strong>rs</strong>chiedlichen Bildvorlagen<br />
<strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> nachstellen - Körpe<strong>rs</strong>prache nachempfin<strong>de</strong>n,<br />
Wirkungen nachspüren<br />
auf <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>suche gehen bzw. Bildzitate<br />
recherchieren<br />
Mo<strong>de</strong>ratorenkarten für die Besprechung anlegen<br />
(interaktive) Präsentation<br />
Lernen durch Nachahmung<br />
METHODISCHE HINWEISE FÜR DEN UNTERRICHT<br />
Zu einem Bildbeispiel wer<strong>de</strong>n unte<strong>rs</strong>chiedliche Arbeitsaufträge formuliert,<br />
z. B. zu Künstler <strong>und</strong> zeitgeschichtlichem Umfeld o<strong>de</strong>r auch<br />
zu <strong>de</strong>n unte<strong>rs</strong>chiedlichen Gestaltungsmitteln wie Farbe, Form,<br />
Raumwirkung o<strong>de</strong>r Komposition. Die unte<strong>rs</strong>chiedlichen Ergebnisse<br />
wer<strong>de</strong>n zusammengetragen <strong>und</strong> ergeben eine umfassen<strong>de</strong><br />
Bildbetrachtung.<br />
Wenn <strong>de</strong>r Schwerpunkt auf einen bestimmten Gesichtspunkt gelegt<br />
wird, z. B. die Farbgestaltung, dann können mit arbeitsgleichen<br />
Gruppen mehrere Bildvorlagen veglichen wer<strong>de</strong>n. Prinzipiell gilt,<br />
dass <strong>de</strong>utliche Unte<strong>rs</strong>chie<strong>de</strong> das Vergleichen erleichtern <strong>und</strong> interessant<br />
machen. Auch Vergleiche unte<strong>rs</strong>chiedliche Bildarten wie<br />
Werbung, Altarbild o<strong>de</strong>r zeitgenössische Kunst wirken anregend<br />
<strong>und</strong> bereichernd.<br />
Die Gruppengröße richtet sich hier nach <strong>de</strong>r Bildvorlage. Vor <strong>de</strong>m<br />
Nachgestalten <strong>de</strong>r <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> sollte zumin<strong>de</strong>st ein Teil <strong>de</strong>r Gruppe die<br />
Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Standbilds kennen: Eine Haltung, Gestik <strong>und</strong> Mimik<br />
wird „eingefroren“. Der Schüler bzw. Spieler übernimmt diese Körpe<strong>rs</strong>prache<br />
aus <strong>de</strong>r Vorlage, sie wird ihm vorgespielt o<strong>de</strong>r er erhält<br />
klare Anweisungen. Bewährt hat sich die folgen<strong>de</strong> Vorgehensweise:<br />
Ein Spieler beginnt, <strong>de</strong>r nächste or<strong>de</strong>nt sich dazu bzw. wird von<br />
einem Regisseur dazu geordnet, die letzte Figur stellt sich selbst<br />
ins Bild. Ergänzend kann für je<strong>de</strong> Figur ein Satz von <strong>de</strong>n Spielern<br />
o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Betrachtern entwickelt <strong>und</strong> gesprochen wer<strong>de</strong>n, so<br />
dass die Einfühlung in das Bild auch auf <strong>de</strong>r sprachlichen Ebene<br />
gelingt. (Vgl. Metho<strong>de</strong> „Szenisches Spiel“)<br />
Die Internet-Recherche bietet sich an, wenn die erfor<strong>de</strong>rliche Technik<br />
vorhan<strong>de</strong>n ist o<strong>de</strong>r als Hausaufgabe geleistet wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Hier ist es zunächst erfor<strong>de</strong>rlich, die Recherche durch Angabe geeigneter<br />
Web-Seiten anzuleiten. Auch <strong>de</strong>r Umgang mit Fach- bzw.<br />
Kunstbüchern lohnt hier, wenn die entsprechen<strong>de</strong>n Werke zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Bei <strong>de</strong>r gemeinsamen Besprechung von Kunstwerken, Arbeitsergebnissen,<br />
Gruppenleistungen bietet die vorformulierte<br />
Mo<strong>de</strong>ratorenkarte <strong>de</strong>n Schülern eine wichtige Hilfe. Satzanfänge<br />
sind ebenso sinnvoll wie Stichworte. In Zusammenhang mit <strong>de</strong>r<br />
Projektpräsentation ist <strong>de</strong>r Umgang mit Mo<strong>de</strong>rationshilfen unerlässlich.<br />
Die Arbeit am PC erfor<strong>de</strong>rt von <strong>de</strong>r Lehrkraft eine sehr klar formulierte<br />
Aufgabenstellung: Nur, wer weiß, was er will <strong>und</strong> was am<br />
En<strong>de</strong> herauskommen soll, wird hier ein sinnvolles effektives Ergebnis<br />
erzielen. Geeignete Programme ermöglichen interaktive<br />
o<strong>de</strong>r auf die Mo<strong>de</strong>ration angelegte Präsentationen. Eine klare<br />
Glie<strong>de</strong>rung <strong>und</strong> die Bereitstellung von geeignetem Material (z. B.<br />
durch vorausgehen<strong>de</strong> angeleitete Recherche) sind wichtige Bausteine:<br />
Planung, Recherche <strong>und</strong> Gestaltung <strong>de</strong>r Präsentation be<strong>de</strong>uten<br />
einen großen Zeitaufwand, das Ergebnis sollte entsprechend<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Unbedingt anzuraten ist die Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Fach IT.<br />
Die Analyse z. B. von Werbungen nach <strong>de</strong>n genannten Kriterien<br />
kann in einer praktischen Aufgabe mün<strong>de</strong>n: Die Vorgaben einer<br />
Werbung wer<strong>de</strong>n analysiert - Schriftart, Schriftgröße,<br />
Positionierung, Farbwahl <strong>und</strong> -zusammenstellung, ggf. auch Wahl<br />
eines Bil<strong>de</strong>lements - <strong>und</strong> nachgestaltet. Dabei wird nachvollziehbar,<br />
wie <strong>de</strong>r Grafiker das Bild geplant hat.<br />
Dies ist auch möglich, wenn bildnerische Da<strong>rs</strong>tellungen aus an<strong>de</strong>ren<br />
Bereichen bearbeitet wer<strong>de</strong>n. Gera<strong>de</strong> im Bereich <strong>de</strong>r Werbung<br />
bietet sich aber die Möglichkeit an, aus guten Beispielen zu<br />
beobachten <strong>und</strong> zu lernen.<br />
20
Wortkartei zu Wortfel<strong>de</strong>rn<br />
Mind Map<br />
Tabelle<br />
Interview<br />
z. B. Wortfeld Haltung<br />
z. B. Wortfeld Gestik<br />
z. B. Wortfeld Mimik<br />
z. B. Wortfeld Raum<br />
z. B. Wortfeld Farbe<br />
Museumsr<strong>und</strong>gang -<br />
Begegnung mit Kunstwerken<br />
Virtueller Ausstellungbesuch<br />
z. B. Wortfeld Wirkung<br />
METHODISCHE HINWEISE FÜR DEN UNTERRICHT<br />
Ein großes Problem stellt für Jugendliche die Ve<strong>rs</strong>prachlichung dar.<br />
Die E<strong>rs</strong>tellung von Wortfel<strong>de</strong>rn zu <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Bereichen ist<br />
sehr hilfreich <strong>und</strong> erweitert das nötige Vokabular. Wortfel<strong>de</strong>r können in<br />
Partner- o<strong>de</strong>r Gruppenarbeit e<strong>rs</strong>tellt wer<strong>de</strong>n, als Mind-Map o<strong>de</strong>r in<br />
Gegensatzpaaren.<br />
stehen, sitzen, hocken, kauern, liegen<br />
ausgestreckt, aufrecht, gebückt, geduckt, gekrümmt<br />
Hand ausgestreckt, abgewinkelt, zur Faust geballt, locker aufgelegt,<br />
hält etwas, Finger zeigen ..., Finger gestreckt, ve<strong>rs</strong>chränkt,<br />
Augen geöffnet, aufgerissen, (teilweise) geschlossen, gerichtet<br />
auf ..., Augenbrauen angehoben, zusammengezogen,<br />
M<strong>und</strong>winkel nach oben bzw. unten gezogen, M<strong>und</strong> (teilweise) geöffnet,<br />
lachend o. a.<br />
Blick zum Betrachter, zu jeman<strong>de</strong>m/ auf etwas<br />
vorn, vor, davor, hinten, dahinter, daneben, in gleicher Höhe, übe<strong>rs</strong>chnitten<br />
von ...,<br />
im Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>, im Mittelgr<strong>und</strong>, im Hintergr<strong>und</strong><br />
am Horizont, direkt vor <strong>de</strong>m Betrachter<br />
im Farbton (12-teiliger Farbkreis!)<br />
hell, dunkel - leuchtend, kräftig, intensiv o<strong>de</strong>r ge<strong>de</strong>ckt, gedämpft -<br />
rein o<strong>de</strong>r abgetönt - warm, kühl, kalt - Ton-in-Ton, harmonisch,<br />
kontrastreich u. a.<br />
ausdrucksvoll, emotional (z. B. bei Pe<strong>rs</strong>onen ängstlich, vo<strong>rs</strong>ichtig,<br />
fröhlich, traurig, aggressiv), harmonisch, eintönig, langweilig,<br />
leer, chaotisch, aufgeregt, unruhig u. a.<br />
Wenn ein Kunstwerk in <strong>de</strong>n Mittelpunkt gestellt wird, bietet das<br />
Mindmap die Möglichkeit, bestimmte Bereiche herauszunehmen <strong>und</strong><br />
Beobachtungen dazu zu sammeln.<br />
Auch das ungeordnete Sammeln von Beiträgen ist <strong>de</strong>nkbar, die in<br />
einem folgen<strong>de</strong>n Schritt zugeordnet wer<strong>de</strong>n.<br />
Bei einem Vergleich von <strong>Bil<strong>de</strong>r</strong>n liegt die Beantwortung in einer<br />
tabellarischen Übe<strong>rs</strong>icht nahe, zumin<strong>de</strong>st wenn es um die <strong>de</strong>utlichen<br />
Unte<strong>rs</strong>chie<strong>de</strong> geht. Die Tabellenstruktur ermöglicht es, eine<br />
verb<strong>und</strong>ene Zeile für die Gemeinsamkeiten zu gestalten. Die<br />
Ordnung einer Tabelle erleichtert es, die Beobachtungen <strong>und</strong><br />
Gedanken zusammenzufügen <strong>und</strong> einen Überblick zu schaffen.<br />
Eine neue Herangehensweise bieten die handlungsorientierten<br />
Metho<strong>de</strong>n: Eine dargestellte Pe<strong>rs</strong>on kann dabei zum Beispiel in <strong>de</strong>r<br />
Interview-Technik befragt wer<strong>de</strong>n. Dabei ist es sinnvoll, dieses<br />
Interview durch die Vermittlung von Hintergr<strong>und</strong>wissen (Zeit,<br />
Lebensweise, Ort o. ä.) interessanter zu gestalten.<br />
Auch ein ein Objekt, zum Beispiel ein Werk, kann auf diese Weise<br />
befragt wer<strong>de</strong>n. Nur wenn Fragen gestellt wer<strong>de</strong>n, entsteht ein<br />
Interesse an einer Antwort.<br />
Mit dieser Technik kann ein direkter Bezug zum Bild erreicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Assoziationen o<strong>de</strong>r die unmittelbare Reaktion auf ein Bild wer<strong>de</strong>n in<br />
direkte Fragen umgesetzt. Die Beantwortung ermöglicht dann die<br />
eingehen<strong>de</strong> Auseinan<strong>de</strong><strong>rs</strong>etzung mit <strong>de</strong>m Bild <strong>und</strong> seinem Autor.<br />
<strong>Bil<strong>de</strong>r</strong> sollten so weit möglich in ihrem „echten“ Umfeld erlebt<br />
wer<strong>de</strong>n, bei Kunstwerken in <strong>de</strong>r Regel im Museum bzw. <strong>de</strong>r<br />
Kunstausstellung. Ein Besuch <strong>de</strong>r Werke vor Ort kann mit <strong>de</strong>n<br />
genannten Metho<strong>de</strong>n gezielt vorbereitet wer<strong>de</strong>n.<br />
Ein brauchbarer E<strong>rs</strong>atz, evtl. auch Vor- o<strong>de</strong>r Nachbereitung ist<br />
möglich durch <strong>de</strong>n Museumsbesuch im Internet o<strong>de</strong>r einer eigens<br />
gestalteten Präsentation. Die interaktive Präsentation ermöglicht es<br />
<strong>de</strong>m Schüler, gelenkt <strong>und</strong> doch selbstständig zu sein. Querverweise<br />
zu Gestaltung, Leben <strong>und</strong> Werk von Künstlern o<strong>de</strong>r Hintergr<strong>und</strong>wissen<br />
können sinnvoll verknüpft wer<strong>de</strong>n.<br />
21
Paul Gauguin, NAEFA Faa ipoipo<br />
(Wann heiratest du?), 1892<br />
Baustein1 Betrachtung<br />
Ich sehe zwei Frauen in einer tropischen<br />
Landschaft. Sie hocken am<br />
Bo<strong>de</strong>n. Die hintere Figur sitzt mit<br />
aufrechtem Oberkörper <strong>und</strong> blickt<br />
frontal zum Betrachter, die vor<strong>de</strong>re<br />
Figur stützt <strong>de</strong>n Oberkörper an einem<br />
Knie <strong>und</strong> lehnt sich nach vorn,<br />
<strong>de</strong>r Blick geht am Betrachter vorbei,<br />
<strong>de</strong>r Kopf ist leicht schräg geneigt.<br />
Im Mittelgr<strong>und</strong> sind auf einer grünen<br />
Fläche zwei weitere stehen<strong>de</strong> Menschen<br />
zu erkennen. Im Hintergr<strong>und</strong><br />
grenzen Berge <strong>de</strong>n Landschaftsraum<br />
ab. Hinter <strong>de</strong>n Frauen ist ein<br />
Baumstamm zu sehen.<br />
Das Bild heißt „Wann heiratest<br />
du?“ <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> 1892 von Paul<br />
Gauguin gemalt.<br />
Baustein 2 Analyse<br />
Die Frauen sind stark vereinfacht dargestellt,<br />
die Proportionen sind richtig, aber die Oberflächen<br />
<strong>und</strong> Materialien wer<strong>de</strong>n nicht realistisch<br />
wie<strong>de</strong>rgegeben, son<strong>de</strong>rn lediglich als<br />
Farbflächen. Die Körper sind plastisch dargestellt,<br />
Kleidung <strong>und</strong> Landschaft eher flächig.<br />
Die Farben sind insgesamt leuchtend, warm<br />
<strong>und</strong> kontrastreich. Auffällig sind die Hauptfarben<br />
Rot, Orange <strong>und</strong> Gelb. Der Bereich Grün, Blau<br />
<strong>und</strong> Violett ist <strong>de</strong>m mengenmäßig untergeordnet.<br />
Schwarz <strong>und</strong> dunkles Braun in <strong>de</strong>n Figuren<br />
<strong>und</strong> Baumstämmen stellen einen <strong>de</strong>utlichen<br />
Kontrast zu <strong>de</strong>n intensiven Farben dar.<br />
Die Raumwirkung wird erreicht durch Übe<strong>rs</strong>chneidungen<br />
(Figuren, Figur/Landschaft,<br />
Baumstamm/Horizont) <strong>und</strong> die Anordnung <strong>de</strong>r<br />
Farben (Farbpe<strong>rs</strong>pektive).<br />
Der Bildaufbau wird bestimmt durch die mittige<br />
Anordnung <strong>de</strong>r Figuren <strong>und</strong> die klare Einteilung<br />
in waagrechte Landschaftsteile.<br />
Die Malweise ist flächig.<br />
HINWEISE FÜR DEN UNTERRICHT<br />
Ein Bild ... drei Wege <strong>de</strong>r Betrachtung<br />
Baustein 3 Deutung<br />
Das Bild wirkt durch die Farben<br />
intensiv warm <strong>und</strong> leuchtend. Es<br />
erinnert an tropische Sonne <strong>und</strong><br />
eine üppige Vegetation.<br />
Durch die Körpe<strong>rs</strong>prache (hocken<strong>de</strong><br />
bzw. kauern<strong>de</strong> Haltung, nach<strong>de</strong>nkliche<br />
Mimik) machen die Frauen<br />
einen eher nach<strong>de</strong>nklichen Eindruck.<br />
Deshalb entsteht insgesamt<br />
kein fröhlicher Ausdruck, son<strong>de</strong>rn<br />
eine eher nach<strong>de</strong>nkliche<br />
Stimmung.<br />
Der Bildtitel belegt meiner Ansicht<br />
nach diese Deutung, <strong>de</strong>nn<br />
die Frage „Wann heiratest du?“<br />
klingt eher ernsthaft.<br />
Die Bausteine <strong>de</strong>r Bildbetrachtung können in unte<strong>rs</strong>chiedlicher Weise zusammengesetzt wer<strong>de</strong>n. Während <strong>de</strong>r<br />
Weg von <strong>de</strong>r sachlichen Betrachtung über die Analyse zur Deutung eher „kopfgesteuert“ ist, entspricht es <strong>de</strong>r<br />
üblichen Herangehensweise, von <strong>de</strong>r subjektiven Empfindung auszugehen. Kin<strong>de</strong>r erzählen intuitiv zue<strong>rs</strong>t, wie<br />
ein Bild bzw. seine Elemente wirken, dann beschreiben sie, was objektiv wahrnehmbar ist bzw. wie die Bil<strong>de</strong>lemente<br />
im Einzelnen gestaltet sind. Eine spontane Gefühlsäußerung, Assoziationen, eine unmittelbare Reaktion<br />
kann gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>und</strong> in je<strong>de</strong>r Alte<strong>rs</strong>gruppe am Anfang stehen: Was fällt dir ein, was fällt dir auf? Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
führen alle Wege zum gleichen Ergebnis, sofern im Lauf <strong>de</strong>r Bildbetrachtung alle Bausteine bearbeitet<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Hintergr<strong>und</strong>wissen (Leben <strong>und</strong> Gesamtwerk <strong>de</strong>s Künstle<strong>rs</strong>) ergänzt eine umfassen<strong>de</strong> Betrachtung.<br />
22