01 | 2015 banking insight
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anking <strong>insight</strong><br />
Unter Kontrolle<br />
Was der neue SREP für die Banken bedeutet
Impressum<br />
Haftungsausschluss Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und<br />
zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie<br />
für zwischenzeitliche Änderungen übernehmen Redaktion, Verlag und<br />
Herausgeber keine Gewähr.<br />
Herausgeber<br />
Handelsblatt GmbH, Kasernenstraße 67, 40213 Düsseldorf<br />
Die Handelsblatt GmbH ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH.<br />
Geschäftsführung Gabor Steingart (Vorsitzender), Frank Dopheide, Ingo Rieper<br />
Registergericht Amtsgericht Düsseldorf, HRB 38183<br />
UID 812 813 090<br />
msgGillardon AG, Edisonstraße 2, 75<strong>01</strong>5 Bretten, www.msg-gillardon.de<br />
Fachliche Verantwortung Holger Dürr, Ralf Zimpel, Markus Nicklas, Prof. Dr. Konrad Wimmer<br />
Ansprechpartner Studie Holger Dürr, holger.duerr@msg-gillardon.de<br />
Vorstand Dr. Stephan Frohnhoff (Vorsitz), Peter Dietrich, Dr. Jörg Schmidt<br />
Aufsichtsratsvorsitz Hans Zehetmaier<br />
Registergericht Amtsgericht Mannheim, HRB 240802, Sitz der Gesellschaft: Bretten<br />
Vertriebsservice Kaufhaus der Weltwirtschaft – Shop von Handelsblatt und WirtschaftsWoche,<br />
Tel. 0800.0002056, Fax 0 79 53.88 35 09,<br />
kaufhaus@vhb.de, www.kaufhaus.handelsblatt.com<br />
oder über msgGillardon: www.msg-gillardon.de/studie-bestellen<br />
Projektverantwortung Susan Koll, susan.koll@handelsblatt360.com<br />
Holger Suerken, holger.suerken@msg-gillardon.de<br />
Verlag<br />
corps. Corporate Publishing Services GmbH,<br />
Kasernenstraße 69, 40213 Düsseldorf, www.corps-verlag.de<br />
Geschäftsführung Holger Löwe, Wilfried Lülsdorf<br />
Objektleitung Philipp Werthmüller<br />
Redaktion Marcel Berndt<br />
Gestaltung Ernst Merheim, Andrea Goerke, Klaus Niesen<br />
Titelfoto ©Pirita-shutterstock<br />
Druck Medienhaus Ortmeier GmbH, Industriestraße 8, 48369 Saerbeck
Vorwort<br />
Die Aufsicht nimmt die Zügel in die Hand – und zwar fester denn je. Ab Januar<br />
gelten schließlich die neuen Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht<br />
für den SREP. Damit will sie den „Supervisory Review and Evaluation Process“<br />
in allen EU-Staaten nicht nur harmonisieren, sondern auch die Risiken<br />
der Institute allumfassend beurteilen. Die Mindestanforderungen an das Risikomanagement<br />
(MaRisk) und das Kreditwesengesetz (KWG) decken zwar bereits einen großen<br />
Teil des neuen SREP ab, allerdings geht die Europäische Aufsicht einige Schritte weiter.<br />
So sehen ihre Leitlinien etwa eine stärkere Regelgebundenheit und weniger Methodenfreiheit<br />
vor. Die Vorgaben sind deutlich detaillierter, beispielsweise was die einzelnen<br />
Analysepflichten der Aufseher angeht. Bei ihrer Überprüfung sollen sich die Aufseher<br />
zudem ein eigenes quantitatives Bild von den Kapital- und Liquiditätsrisiken machen,<br />
was der deutsche Ansatz so bisher nicht vorgesehen hat.<br />
Neu ist ebenfalls die Scoring-Einordnung. Der Prozess wird künftig mit einem Ergebnis<br />
zwischen 1 bis 4 abschließen, was die Grundlage für etwaige aufsichtliche Maßnahmen<br />
bildet. Auch diese sind Bestandteil des SREP, worin sich ein weiteres Novum zeigt: die<br />
Ganzheitlichkeit des Ansatzes. Er schlägt den Bogen von der Kategorisierung der Banken<br />
über Liquiditäts- und Kapitalrisiken bis hin zur Geschäftsmodellanalyse. Gerade<br />
bei letztem Punkt fürchten Banken künftig Eingriffe in ihre Geschäftsstrategie durch<br />
die Aufsicht.<br />
Auch außerhalb des SREP tut sich einiges an der Aufsichtsfront. Hinzu kommen aufsichtliche<br />
Initiativen, um die Methoden zur Messung des Zinsänderungsrisikos im<br />
Anlagebuch zu verbessern, den Kreditrisikostandard-Ansatz (KSA) für Geschäftsmodelle<br />
weiterzuentwickeln und die Steuerung von Banken zu optimieren.<br />
All das haben msgGillardon und das Handelsblatt zum Anlass genommen, 200 Fachund<br />
Führungskräfte zu befragen, wie sie auf diese ganzen Neuerungen vorbereitet sind.<br />
Aus ihren Antworten geht unterm Strich hervor, dass Banken an vielen Stellen Nachholbedarf<br />
haben und sich teils über die Konsequenzen aus den neuen Leitlinien nicht<br />
vollständig im Klaren sind. Experten aus der Bundesbank sowie aus Verbänden beziehen<br />
zudem in Interviews Stellung zu den neuen Vorgaben.<br />
Wir wünschen Ihnen eine interessante, aufschlussreiche Lektüre und viel Erfolg bei<br />
Ihren Vorbereitungen auf den neuen SREP.<br />
msgGillardon und Handelsblatt<br />
im September 2<strong>01</strong>5
Inhalt<br />
Positionen<br />
6 Keine Angst<br />
vor SREP<br />
Eingriffe ins Geschäftsmodell, höhere Kapitalanforderungen,<br />
Belastung kleiner Banken – die Unsicherheiten<br />
rund um den neuen SREP sind groß. Im<br />
Interview beschwichtigt Dr. Stefan Blochwitz von<br />
der Deutschen Bundesbank die Kritiker.<br />
Das Handelsblatt und die Unternehmensberatung msgGillardon haben 200 Fachund<br />
Führungskräfte deutscher Kreditinstitute befragen lassen. Da die Antworten<br />
der Fachkräfte (N = 100) deutlich von den Antworten der Führungskräfte (N = 100)<br />
abweichen, werden die beiden Gruppen gegenübergestellt. In weiterführenden<br />
Vergleichen wurden nur die Führungskräfte berücksichtigt. Die Online-Befragung fand<br />
im Juni 2<strong>01</strong>5 statt. Die Zahlen in den Grafiken sind auf ganze Zahlen gerundet.
Perspektiven<br />
Praxis<br />
Fotos: (c)Antonio M. Rosario, Phil Ashley, Andrew Brookes AB Still Ltd, Westend61/Getty Images<br />
8 Ein weiter<br />
Weg<br />
Auf Deutschlands Banken rollen zahlreiche Änderungen<br />
zu. Weder sind sie sich allen Konsequenzen<br />
bewusst, noch sind sie ausreichend auf alle<br />
Vorgaben vorbereitet. Die Management-Summary<br />
fasst die Umfrageergebnisse zusammen.<br />
10 Die Strategie<br />
auf dem Prüfstand<br />
Die Aufsicht nimmt künftig auch das Geschäftsmodell<br />
unter der Lupe – und die Führungskräfte<br />
bereiten sich darauf vor. Gerade die Bewertung<br />
des Vertriebsrisikos und der Nachhaltigkeit ihrer<br />
Strategie entpuppt sich als besondere Herausforderung.<br />
14 Mehr Harmonie,<br />
weniger Freiheit<br />
Die Aufsicht will die Messung des Zinsänderungsrisikos<br />
im Anlagebuch in Europa angleichen. Dies<br />
wird die Methodenfreiheit der Banken bei der<br />
Ermittlung des Zinsänderungsrisiko einschränken.<br />
Die Studienergebnisse zeigen, wie sie sich darauf<br />
vorbereiten.<br />
17 Erwartete, aber<br />
ungeliebte Reformen<br />
Die Kapitalanforderungen sollen künftig steigen,<br />
um Kreditinstitute besser vor hereinbrechenden<br />
Krisen zu schützen. Auch die Banken wissen, dass<br />
etwas geschehen muss. Die geplanten Reformen<br />
halten sie aber für falsch.<br />
22 Neue,<br />
alte Bekannte<br />
Auf Banken kommen noch mehr Governance-<br />
Bestimmungen zu. Diese sind konkreter als die<br />
Vorgaben aus BCBS 239. Obwohl das Thema<br />
bekannt ist, zeigen sich Institute eher schlecht<br />
vorbereitet.<br />
28 Vier Fragen<br />
an drei Experten<br />
Verbandsvertreter äußern sich dazu, was der neue<br />
SREP für ihre Mitgliedsinstitute bedeutet, wie sie<br />
die Geschäftsmodellanalyse sehen und wie sich<br />
Deutschlands Bankenlandschaft auf die Neuerungen<br />
einstellt.
6 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
Standpunkt<br />
Keine Angst vor SREP<br />
Eingriffe ins Geschäftsmodell, höhere Kapitalanforderungen, überproportionale Belastung<br />
kleiner Banken – die Unsicherheiten rund um den neuen SREP sind groß. Im Interview beschwichtigt<br />
Dr. Stefan Blochwitz von der Deutschen Bundesbank die Kritiker.<br />
Das Geschäftsmodell von Banken kommt<br />
künftig auf den Prüfstand – dies ist einer von<br />
mehreren Bestandteilen des neuen SREP-<br />
Ansatzes. Inwiefern mischt sich die Aufsicht<br />
damit ins operative Geschäft der Banken ein?<br />
Ergeben sich für das Geschäftsmodell einer<br />
Bank Zweifel, was seine Nachhaltigkeit betrifft,<br />
dann werden wir dies ansprechen und gegebenenfalls<br />
im SREP berücksichtigen. Wir werden<br />
aber der Bank nicht vorschreiben, welche<br />
Geschäfte sie zu machen hat und welche nicht.<br />
Die Aufsicht versteht sich nicht als der bessere<br />
Bankmanager.<br />
Und doch urteilt sie über Tragfähigkeit und<br />
Nachhaltigkeit eines Geschäftsmodells.<br />
Wir urteilen nicht über Geschäftsmodelle, sondern<br />
bewerten diese nach einer eingehenden<br />
Analyse. Die Finanzkrise hat uns nämlich gelehrt,<br />
nicht nur auf das Hier und Jetzt, sondern<br />
auch auf die zukünftige Entwicklung zu schauen.<br />
Das trägt zum besseren Verständnis bei und<br />
deckt mögliche künftige Schwachstellen der<br />
Banken auf, die die Solvenz und Liquidität gefährden.<br />
Werden Erkenntnisse hieraus Banken dazu<br />
veranlassen, ihr Geschäftsmodell anzupassen?<br />
Aus der Analyse des Geschäftsmodells ergibt<br />
sich kein Zwang für die Banken, das Modell zu<br />
ändern. Dennoch dürfte jedem klar sein, dass<br />
sich ein insgesamt nicht tragfähiges Konzept<br />
auch durch Kapitalerhöhungen oder gestriche-<br />
Zum Autor<br />
Dr. Stefan Blochwitz ist für die<br />
Vorgaben bei Prüfungen in deutschen<br />
Banken verantwortlich. Als Abteilungsleiter<br />
für bankgeschäftliche Prüfungen<br />
und Implementierung internationaler<br />
Standards bei der Deutschen Bundesbank<br />
vertritt er diese in der „Standard<br />
Implementation Group“ des Baseler<br />
Ausschusses. Von 20<strong>01</strong> bis 2<strong>01</strong>1 hat er<br />
aufseiten der Bundesbank unter<br />
anderem den „Internal Ratings-Based<br />
Approach (IRB)“ sowie die Prüfung der<br />
internen Ratingsysteme in Deutschland<br />
eingeführt.<br />
ne Dividenden nicht heilen lassen wird. In<br />
diesen Fällen stellt sich die Frage, womit eine<br />
betroffene Bank langfristig eigentlich Geld verdienen<br />
soll und kann. Gerade die deutschen<br />
Banken stehen vor besonderen Herausforderungen:<br />
Sie müssen sich alle im aktuellen Niedrigzinsumfeld<br />
und in einem intensiven Wettbewerb<br />
zurechtfinden. Hinzu kommen die<br />
vorhandenen Kostenstrukturen. Daher sollten<br />
alle Institute auf ihrer Agenda haben, ihre Geschäftsmodelle<br />
zu überprüfen.<br />
Zur Geschäftsmodellanalyse kommen noch<br />
zahlreiche weitere Aspekte hinzu: Die Anforderungen<br />
reichen von der Kategorisierung<br />
der Banken über die Liquiditäts- und Kapitalrisikobewertung<br />
bis hin zu aufsichtlichen<br />
Maßnahmen wie Abwicklung und Sanierung.<br />
Welche Herausforderung bringt diese ganzheitliche<br />
Sicht mit sich?<br />
Die deutsche Aufsicht hat schon immer einen<br />
ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Daher stellen<br />
die von Ihnen angeführten Anforderungen<br />
keine Neuerung dar. Gleichwohl werden künftig<br />
durch den neuen SREP-Ansatz die verschiedenen<br />
Elemente deutlich stärker miteinander<br />
verzahnt. Dazu mag auch Sanieren oder Abwickeln<br />
gehören – allerdings muss ich betonen,<br />
dass diese Maßnahmen die große Ausnahme<br />
bleiben werden. Sie stehen nicht nur<br />
ganz am Ende einer erfolglosen Entwicklung,<br />
sondern stellen auch das letzte aufsichtliche<br />
Mittel dar.<br />
Foto: privat, Antonio M. Rosario/Getty Images
Positionen 7<br />
Bei ihrem Blick auf die Risiken soll sich die<br />
Aufsicht künftig ein quantitatives Bild machen.<br />
Wie bewerten Sie das?<br />
Die quantitative Analyse gewinnt weiter an<br />
Bedeutung, um alle Banken nachvollziehbar<br />
bewerten zu können. So neu ist das für die<br />
deutsche Aufsicht aber nicht: Als Stichworte<br />
seien hier genannt: Risikoprofile zu erstellen<br />
und bankinterne Risikotragfähigkeitskonzepte<br />
zu überprüfen und zu bewerten. Hierbei möchte<br />
ich betonen, dass die quantitative Analyse<br />
nur eine Facette des SREP darstellt. Auch zukünftig<br />
werden Risiken in einer umfassenden<br />
Gesamtbetrachtung auch qualitativ gewürdigt.<br />
Wir werden aufpassen, dass dies nicht zu kurz<br />
kommt.<br />
Werden sich Banken auf automatische Kapitalaufschläge<br />
seitens der Aufsicht einstellen<br />
müssen?<br />
Dies hat es seitens der Aufsicht noch nicht gegeben<br />
und wird es auch nicht geben. Es erfolgt<br />
immer eine umfassende Beurteilung aller relevanten<br />
Faktoren, ehe eine Kapitalentscheidung<br />
getroffen wird.<br />
Die Aufsicht teilt Banken künftig in vier Kategorien<br />
ein, bei denen sie den SREP-Ansatz<br />
nach dem Proportionalitätsprinzip anwendet.<br />
Wie wird die Kategorisierung innerhalb<br />
der deutschen Bankenlandschaft ausfallen?<br />
Vorgesehen ist es, die Institute anhand ihrer<br />
Größe, Struktur und internen Organisation<br />
sowie Art und Komplexität der Geschäftstätigkeit<br />
einzuteilen. Die Überlegungen hierzu sind<br />
jedoch noch nicht abgeschlossen.<br />
„ Wer jetzt gut aufgestellt<br />
ist, dem muss auch<br />
künftig wenig bange<br />
sein.<br />
Und wie sehen Sie Deutschlands Banken auf<br />
die neuen SREP-Anforderungen vorbereitet?<br />
In den neuen SREP-Anforderungen werden sich<br />
viele Elemente der bisherigen deutschen Praxis<br />
wiederfinden. Zugleich kann ich Ihnen versichern,<br />
dass die deutsche Aufsicht anstrebt, die<br />
SREP-Anforderungen proportional so umzusetzen,<br />
dass sie den Besonderheiten des deutschen<br />
Bankenmarkts gerecht werden. Insofern<br />
gilt die Devise: Wer jetzt gut aufgestellt ist, dem<br />
muss auch künftig wenig bange sein.<br />
Für Banken bietet sich unter anderem ein<br />
Hauptansprechpartner für die Aufsicht an<br />
sowie eine übergreifende, konsistente Datenbasis.<br />
Schließlich umfassen die neuen Leitlinien<br />
verschiedene Bereiche der Bankensteuerung.<br />
Berücksichtigen Institute dies bereits<br />
bei ihren Projekten rund um den Standard<br />
BCBS 239?<br />
Eine Koordinierungsstelle, die einen Gesamtüberblick<br />
über sämtliche Bereiche hat und alle<br />
relevanten Informationen zusammenführt, ist<br />
sicherlich sinnvoll und würde die Zusammenarbeit<br />
mit der Aufsicht erleichtern. Ähnlich<br />
verhält es sich mit einer übergreifenden, konsistenten<br />
Datenbasis. Sie stellt eine wichtige<br />
Voraussetzung für ein effektives Datenmanagement<br />
dar. Bei der Umsetzung der Anforderungen<br />
an die Risikodatenaggregation und an das<br />
Berichtswesen – Sie nannten bereits das Stichwort<br />
BCBS 239 – haben viele Institute erkannt,<br />
dass ein effektives Datenmanagement und damit<br />
die Banksteuerung als Ganzes mit inkompatiblen<br />
Insellösungen kaum möglich ist.<br />
Sehen Sie unterm Strich mehr einen Gewinn<br />
oder eine Belastung durch den neuen SREP-<br />
Ansatz für Deutschlands Banken?<br />
Dies lässt sich nicht so einfach beantworten.<br />
Ich verstehe natürlich, dass die Institute momentan<br />
sicher vor allem ihre zusätzlichen Belastungen<br />
wahrnehmen. Andererseits dürfen<br />
wir nicht vergessen, dass der SSM, also der<br />
Single Supervisory Mechanism, geschaffen<br />
wurde, um das Finanzsystem insgesamt sicherer<br />
zu machen und die Aufsicht zu harmonisieren.<br />
Wichtig ist hierbei, dass man zwischen<br />
den SREP-Anforderungen an große signifikante<br />
Banken und an die weniger bedeutenden<br />
Institute angemessen differenziert und das im<br />
Europarecht verankerte Prinzip der Proportionalität<br />
beachtet. ■
8 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
Management-Summary<br />
Ein weiter Weg<br />
Auf Deutschlands Banken rollen zahlreiche Änderungen zu. Weder sind sie sich<br />
allen Konsequenzen bewusst, noch sind sie ausreichend auf alle Vorgaben vorbereitet.<br />
Dies zeigt die Umfrage zum neuen SREP.<br />
Neue Prüfungspraxis, neue Herausforderungen:<br />
Die Europäische Bankenaufsicht<br />
(European Banking<br />
Authority, EBA) hat neue Leitlinien<br />
für den bankaufsichtlichen Überprüfungsprozess<br />
(Supervisory Review and Evaluation Process,<br />
SREP) aufgesetzt. Auch wenn sie auf den<br />
ersten Blick nur die direkt von der Europäischen<br />
Zentralbank (EZB) beaufsichtigten Banken<br />
betreffen, bilden sie auch die Grundlage<br />
für das deutsche Aufsichtsrecht. Damit wird<br />
sich ab Januar einiges in der nationalen Prüfungspraxis<br />
ändern.<br />
Die EBA verspricht sich durch ihre Vorgaben,<br />
die Risikosituation der Institute umfassend<br />
beurteilen zu können. Dazu gehört eine zukunftsorientierte<br />
Bewertung, in der das Risikoprofil<br />
eines Instituts kontinuierlich mithilfe<br />
quantitativer Informationen analysiert wird.<br />
Hinzu kommen unter dem weit gefassten Begriff<br />
Governance weitere qualitative Aspekte<br />
wie Risikostrategie und Risikoappetit, Aufbauund<br />
Ablauforganisation, prozessuale Umsetzung,<br />
effektive Informationssysteme und internes<br />
Kontrollsystem. Darüber hinaus wird die<br />
notwendige Kapital- und Liquiditätsausstattung<br />
überprüft.<br />
Für diese Studie haben sich Marktteilnehmer<br />
dazu geäußert, welche Impulse die aufsichtlichen<br />
Neuerungen mit sich bringen.<br />
Außer der SREP-Leitlinie gehören dazu die<br />
aufsichtlichen Initiativen, um die Methoden<br />
zur Messung des Zinsänderungsrisikos im<br />
Anlagebuch zu verbessern, den Kreditrisikostandard-Ansatz<br />
(KSA) weiterzuentwickeln<br />
sowie die Steuerung von Banken zu optimieren.<br />
Geschäftsmodellanalyse<br />
Die Führungskräfte deutscher Banken sind in<br />
Habachtstellung. Künftig nimmt die Aufsicht<br />
schließlich ihre Geschäftsmodelle ins Visier.<br />
60 Prozent der Führungskräfte setzen sich<br />
mit den Veröffentlichungen zur Business Model<br />
Analysis (BMA) auseinander und knapp<br />
30 Prozent denken über ein eigenes Verfahren<br />
nach, um ihr Geschäftsmodell zu beurteilen.<br />
Die zentralen Herausforderungen sind, seine<br />
Nachhaltigkeit nachzuweisen sowie das Vertriebsrisiko<br />
zu messen.<br />
Hier haben Banken noch einiges zu tun.<br />
Fachlicher Handlungsbedarf, um die Nachhaltigkeit<br />
des Geschäftsmodells nachzuweisen,<br />
besteht vor allem darin, mehrperiodische,<br />
szenariobasierte Planungsrechnungen aufzubauen.<br />
In technischer Hinsicht müssen sie<br />
daran arbeiten, die unterschiedlichen Planungsrechnungen<br />
zu den Bereichen „Erlöse,<br />
Kosten, Risiko“ zusammenzuführen und so<br />
ein einheitliches, vernetztes Planungssystem<br />
zu schaffen.<br />
Beim Vertriebsrisiko herrscht unter den<br />
befragten Marktteilnehmern eine hohe Sensibilität.<br />
Bereits heute geben zwei Drittel der<br />
Führungskräfte an, den pauschalen Abzug des<br />
Vertriebsrisikos vom Plangewinn mit einem<br />
Modell plausibilisieren zu können. Unklar ist<br />
jedoch, ob sie dazu auch geeignete Modelle<br />
einsetzen, die den erhöhten Anforderungen<br />
aus dem SREP nachkommen.<br />
Zinsänderungsrisiko<br />
Die zur Diskussion gestellten Ansätze für das<br />
Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch führen<br />
angesichts der direkten (Säule 1) bzw. der – wie<br />
aktuell gehandhabt – indirekten Eigenmittelunterlegung<br />
(Säule 2) bei vielen Instituten dazu,<br />
dass sich die Eigenkapitalanforderungen möglicherweise<br />
erhöhen werden. Die Umfrageteilnehmer<br />
lehnen es daher mehrheitlich ab, das<br />
Zinsänderungsrisiko in die Eigenkapitalunterlegung<br />
nach Säule 1 unmittelbar einzubeziehen.<br />
Rund zwei Drittel befürworten auch zukünftig<br />
eine Berechnung mit bankinternen Modellen<br />
gemäß der Säule 2.
Perspektiven 9<br />
Weiterentwicklung des KSA<br />
und des IRB-Ansatzes<br />
Der vom Baseler Ausschuss veröffentlichte<br />
Vorschlag zur Reform des Kreditrisikostandardansatzes<br />
(KSA) betrifft alle Banken – auch<br />
die Anwender des IRB-Ansatzes (Internal<br />
Ratings Based Approach), da der neue Capital-Floor<br />
ebenfalls auf dem reformierten KSA<br />
basiert. Für KSA-Institute ändern sich die<br />
Regeln zur Ermittlung der risikogewichteten<br />
Aktiva erheblich. Hierdurch erhöht sich z.B.<br />
auch der Aufwand für die Datenbereitstellung<br />
zur Berechnung der Kennzahlen und der –<br />
potenziell höheren – Kapitalanforderungen.<br />
Hoher Handlungsbedarf besteht u.a. in<br />
der Forderungsklasse Unternehmen zur Bestimmung<br />
der Risikogewichte für die Kennzahlen<br />
Umsatz und Verschuldung (Leverage).<br />
80 Prozent der befragten Institute können<br />
diese derzeit nicht zuweisen. Auch im Bereich<br />
Immobilienfinanzierung gibt es einiges zu<br />
tun. Lediglich zehn Prozent der befragten<br />
KSA-Anwender können die Kennzahl „Loan<br />
to Value“ aktuell berechnen. Bei der „Debt<br />
Service Charge“ sind es 20 Prozent der KSA-<br />
Banken.<br />
Daher überrascht es, dass rund 70 Prozent<br />
der Befragten die vorgeschlagenen Neuerungen<br />
als unkritisch betrachten. Dies lässt<br />
sich nur dadurch begründen, dass sie ihre<br />
derzeitige Kapitalausstattung als komfortabel<br />
einschätzen oder die Dimension der Neuerungen<br />
– insbesondere bei KSA-Anwendern<br />
– aufgrund fehlender Daten nur unvollständig<br />
überblicken.<br />
Governance und Datenmanagement<br />
In der neuen SREP-Leitlinie treffen Banken<br />
auf alte Bekannte. Darin bestätigt die EBA die<br />
Bestandteile, die der Baseler Ausschuss für<br />
Bankenaufsicht 2<strong>01</strong>3 in seinem Standard<br />
BCBS 239 formuliert hat. Diese betreffen die<br />
Bereiche Datenarchitektur, Governance-<br />
Framework, Ebenen der Risikomessung sowie<br />
die von den IT-Systemen zu berücksichtigenden<br />
Risiken. Zusätzlich zu diesen Baseler<br />
„Grundsätzen an die effektive Aggregation<br />
von Risikodaten und die Risikoberichterstattung“<br />
formulieren die SREP-Leitlinien neue<br />
Anforderungen an das Datenmanagement<br />
außerhalb von Risikodaten.<br />
Hierbei haben sich aus der Studie einige<br />
Handlungsfelder ergeben. So reicht die Speicherung<br />
aggregierter Daten allein nicht mehr<br />
aus, um zukünftige Anforderungen zu erfüllen.<br />
Hier hilft nur ein Datawarehouse mit<br />
Granularität Einzelgeschäft weiter. Dadurch<br />
lassen sich zukünftige Anforderungen wie<br />
beispielsweise die Auswertungen von Kosten<br />
und Ertragssituation einzelner Geschäftseinheiten,<br />
insbesondere rund um die Geschäftsmodellanalyse,<br />
abdecken. Der Aufbau, die<br />
Verwaltung und Pflege dieses Datenpools<br />
erfordern organisatorische Verantwortung,<br />
Verankerung und Regeln in Form einer<br />
Governance. Der SREP schlägt teilweise konkrete<br />
IT-Frameworks für Data-Governance,<br />
IT-Service-Management und IT-Security mit<br />
dem Fokus auf Sicherstellung des Betriebes<br />
auch in Stresssituationen vor.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass die Banken<br />
bei diesen Themen im Vergleich zum Stand<br />
der „<strong>banking</strong> <strong>insight</strong>“-Studie zu BCBS vom<br />
letzten Jahr kaum weitergekommen sind.<br />
Fazit<br />
So viel Neues auf die Banken auch zukommt,<br />
so unzureichend sind sie in vielen Bereichen<br />
darauf vorbereitet. Die Ergebnisse der Studie<br />
zeigen zudem auf, dass die Konsequenzen<br />
für Geschäftsmodelle und Steuerung der<br />
Institute noch nicht vollständig überblickt<br />
werden. ■
10 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
Geschäftsmodellanalyse<br />
Die Strategie<br />
auf dem Prüfstand<br />
Die Aufsicht nimmt künftig auch das Geschäftsmodell der Banken unter die Lupe<br />
– und die Führungskräfte bereiten sich darauf vor. Gerade die Bewertung des<br />
Vertriebsrisikos und der Nachhaltigkeit ihrer Strategie entpuppt sich als besondere<br />
Herausforderung.<br />
Foto: Getty Images
Perspektiven 11<br />
Deutschlands Banken können sich<br />
ab Januar auf eine neue Prüfungspraxis<br />
gefasst machen. Dann sollen<br />
die neuen SREP-Leitlinien der EBA<br />
implementiert sein. Diese richten sich zwar an<br />
die Aufsichtsbehörden der EU-Staaten und<br />
betreffen vordergründig nur alle unmittelbar<br />
von der EZB beaufsichtigten Institute – mittelbar<br />
bilden sie aber auch die Grundlage für das<br />
deutsche Aufsichtsrecht und damit für die nationale<br />
Prüfungspraxis.<br />
Durch die Leitlinie verspricht sich die Aufsicht,<br />
die Risikosituation der Institute umfassend<br />
beurteilen zu können. Sie wird erstens<br />
eine zukunftsorientierte Risikobewertung der<br />
Institute vornehmen und das Risikoprofil eines<br />
Instituts mithilfe quantitativer sowie qualitativer<br />
Informationen kontinuierlich analysieren.<br />
Zweitens überprüft sie die notwendige Kapitalund<br />
Liquiditätsausstattung. Hierbei schaut die<br />
Aufsicht, ob diese angemessen ist und ob hierbei<br />
aufsichtliche Maßnahmen gefragt sind.<br />
Den Banken geht es an ihre DNA<br />
Abb. 1: Wie sich Banken mit der Geschäftsmodellanalyse befassen<br />
Im Rahmen des SREP sollen die Aufsichtsbehörden künftig auch das Geschäftsmodell (BMA = Business Model<br />
Analysis) der Institute analysieren und Geschäftsrisiken und strategische Risiken beurteilen. Nehmen Sie das<br />
in Ihrem Institut zum Anlass, Ihr Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen?<br />
Ja, wir setzen uns bereits jetzt mit den<br />
Veröffentlichungen zur BMA auseinander.<br />
Ja, wir entwickeln ein eigenes Modell zur<br />
Beurteilung des Geschäftsmodells unseres Instituts.<br />
Nein, wir warten ab, bis die Bankenaufsicht<br />
das Geschäftsmodell prüft.<br />
Weiß nicht/keine Angabe<br />
All dies bringt zahlreiche Änderungen mit sich<br />
– auch für das Geschäftsmodell von Banken.<br />
Die geplante „Business Model Analysis“ (BMA)<br />
untersucht sowohl, wie tragfähig als auch wie<br />
nachhaltig ein Institut aufgestellt ist. Bei der<br />
Tragfähigkeit geht es darum, ob sich durch das<br />
Geschäftsmodell ausreichend Erträge in den<br />
kommenden zwölf Monaten erzielen lassen. In<br />
Sachen Nachhaltigkeit prüft die Aufsicht, ob<br />
dies auch mindestens für die nächsten drei<br />
Jahre der Fall ist. Dabei greift sie auf strategische<br />
Pläne und Planungsrechnungen zurück.<br />
Außerdem untersucht sie den Risikogehalt<br />
einer Strategie.<br />
Da es den Banken an ihre DNA geht, bereiten<br />
sich die Führungskräfte in den Geldhäusern<br />
gründlich auf die BMA vor: 59 Prozent setzen<br />
sich mit den Veröffentlichungen zu diesem<br />
Thema auseinander und immerhin 28 Prozent<br />
planen, ein eigenes Modell zur Beurteilung des<br />
Geschäftsmodells zu entwickeln (siehe Abbildung<br />
1). Der SREP liefert also durchaus Impulise,<br />
bankintern das Geschäftsmodell auf den<br />
Prüfstand zu stellen und zu überdenken. Dies<br />
ist aber auch angesichts der wegbrechenden<br />
Erträge durch die Niedrigzinsphase nachvollziehbar.<br />
Umso erstaunlicher erscheint die Zurückhaltung<br />
der Fachebene: Nur rund ein<br />
Fünftel verfolgt bislang die Veröffentlichungen<br />
zur BMA.<br />
Führungskräfte<br />
10%<br />
28%<br />
59%<br />
Fachkräfte<br />
16%<br />
17%<br />
24%<br />
3% 43%<br />
Basis: alle Befragten, N = 200 (N = 100 Führungskräfte,<br />
N = 100 Fachkräfte); Einfachnennung Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
Verschiedene Kennzahlen bieten sich an, um<br />
dieses Vorhaben anzugehen und Tragfähigkeit<br />
und Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells zu<br />
prüfen. In Sachen Tragfähigkeit hält knapp die<br />
Hälfte der befragten Führungskräfte den Return<br />
on Equity und die Cost of Equity für gut<br />
geeignet (siehe Abbildung 2). Im Gegensatz<br />
dazu möchte sich die Fachebene weniger an<br />
diesen rechnungslegungsnahen Kennzahlen<br />
orientieren und lieber auf interne Ertragsgrößen<br />
wie Konditionsbeiträge oder Fristentransformationsbeiträge<br />
zurückgreifen.<br />
Geschäftsmodelle beurteilen<br />
Für die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells<br />
müssen die Institute außer Planzahlen auch<br />
strategische Pläne und Planrechnungen vorlegen.<br />
Hier zeigt sich die Planungskompetenz der
12 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
Bankenvertreter sowie ob und wo sie Handlungsbedarf<br />
sehen. Dieser besteht der Umfrage<br />
zufolge sowohl in fachlicher als auch in technischer<br />
Hinsicht (siehe Abbildung 3). Zum<br />
fachlichen Handlungsbedarf zählt in erster<br />
Linie der Aufbau mehrperiodischer, szenariobasierter<br />
Planungsrechnungen. Hier wollen 39<br />
Prozent der Führungskräfte ansetzen. Ein Viertel<br />
sieht Handlungsbedarf in technischer Hinsicht,<br />
also im Aufbau eines einheitlichen, vernetzten<br />
Planungssystems. Dahinter verbirgt<br />
sich die Zusammenführung unterschiedlicher<br />
Planungsrechnungen zu Erlösen, Kosten und<br />
Risiko. Ebenfalls ein Viertel sieht sowohl fachlichen<br />
als auch technischen Handlungsbedarf.<br />
Letzteres gilt ebenfalls für die Fachebene.<br />
Allerdings erkennen nur 14 Prozent der Fachkräfte<br />
einen rein fachlichen Bedarf. Hier scheinen<br />
die Führungskräfte als Empfänger der<br />
Planungsbotschaften weniger fachliches Zutrauen<br />
zu haben als die operativ Planenden.<br />
Das Vertriebsrisiko im Blick<br />
Um das Geschäftsmodell zu bewerten, muss<br />
auch das Vertriebsrisiko berücksichtigt werden.<br />
Mit dem Vertriebserfolg steht und fällt das Geschäftsmodell.<br />
Beim Vertriebsrisiko handelt es<br />
sich um das Risiko, die Neugeschäftsziele aus<br />
der Vertriebsplanung nicht erreichen zu können.<br />
Darunter fallen insbesondere Margenbarwerte<br />
nach Adressrisikoprämien, Provisionsbarwerte<br />
und Rentabilitätsziele. Damit handelt<br />
es sich beim Vertriebsrisiko zugleich um das<br />
Neugeschäftsrisiko.<br />
Bei der Berücksichtigung des Plangewinns<br />
in der Risikotragfähigkeit fordert die Bankenaufsicht,<br />
dessen vorsichtige Ermittlung. Allerdings<br />
ist fraglich, wie diese Vorsicht aussehen<br />
soll. Daher bietet es sich an, das Vertriebsrisiko<br />
explizit zu modellieren und quantifizieren.<br />
Dem sind sich die Institute bereits bewusst –<br />
das „Wie“ ist ihnen allerdings noch unklar. Immerhin<br />
zwei Drittel der Führungskräfte geben<br />
an, den pauschalen Abzug vom Plangewinn<br />
mithilfe eines Modells plausibilisieren zu können<br />
oder explizit den Risikowert mit einem<br />
Modell zu ermitteln (siehe Abbildung 4). Rund<br />
26 Prozent der Führungskräfte wählen einen<br />
pauschalen Abzug vom Plangewinn, ohne die<br />
Pauschale genauer plausibilisieren zu können,<br />
und riskieren damit, dass sich die Aufsicht bei<br />
ihnen nach der Herleitung erkundigt. Unklar<br />
ist, ob die 42 Prozent der Führungskräfte, die<br />
Abb. 2: Wie Banken die Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells beurteilen<br />
Welche der folgenden Kennzahlen sind aus Ihrer Sicht geeignet, um die aktuelle Tragfähigkeit Ihres Geschäftsmodells<br />
hinsichtlich der Erzielung ausreichender Erträge in den nächsten zwölf Monaten zu beurteilen?<br />
Return on Equity<br />
Cost of Equity<br />
Beiträge aus unterschiedlichen<br />
Ergebnisquellen*<br />
RORAC<br />
Profit before Tax (PbT)<br />
Sonstige Größen**<br />
Führungskräfte<br />
1%<br />
16%<br />
25%<br />
32%<br />
Fachkräfte<br />
48% 21%<br />
* Konditionsbeiträge, Zinsfristentransformationsbeitrag, Liquiditätsfristentransformationsbeitrag<br />
** Verbrauchsgrößen, Cashflow, Cost-Income-Ratio<br />
Basis: alle Befragten, N = 200 (N = 100 Führungskräfte,<br />
N = 100 Fachkräfte); Mehrfachnennung Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
47%<br />
Abb. 3: Welcher Handlungsbedarf in Instituten besteht<br />
Die Aufsicht prüft auch die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells mit Blick auf die Erzielung ausreichender Erträge<br />
in den nächsten drei Jahren. Institute müssen hierzu entsprechende strategische Pläne und Planungsrechnungen<br />
vorlegen. Wenn Sie an die damit geforderte Planungskompetenz denken, welchen Handlungsbedarf<br />
sehen Sie da für Ihr Institut? In unserem Institut besteht …<br />
Handlungsbedarf in fachlicher Hinsicht (Aufbau<br />
mehrperiodischer szenariobasierter Planungsrechnungen<br />
mit Dokumentation der Planungsprämissen)<br />
Handlungsbedarf in technischer Hinsicht<br />
(Zusammenführung unterschiedlicher Planungsrechnungen<br />
zu den Bereichen Erlöse, Kosten, Risiko bzw. einheitliches<br />
vernetztes Planungssystem)<br />
Handlungsbedarf in fachlicher und technischer Hinsicht<br />
Kein Handlungsbedarf<br />
Weiß nicht/keine Angabe<br />
Abb. 4: Wie Banken das Vertriebsrisiko berücksichtigen<br />
Inwieweit berücksichtigen Sie im Zusammenhang mit der Beurteilung der Nachhaltigkeit Ihres<br />
Geschäftsmodells auch das Vertriebsrisiko, also das Risiko, Planergebnisse nicht zu erzielen?<br />
Das Vertriebsrisiko wird als pauschaler Abzug<br />
vom Plangewinn berücksichtigt; die Pauschale kann nicht<br />
genauer plausibilisiert werden.<br />
Das Vertriebsrisiko wird als pauschaler Abzug vom<br />
Plangewinn berücksichtigt; die Pauschale kann mithilfe<br />
eines Modells plausibilisiert werden.<br />
Das Vertriebsrisiko wird explizit modelliert und<br />
im Plangewinn berücksichtigt.<br />
Das Vertriebsrisiko wird nicht berücksichtigt.<br />
Weiß nicht/keine Angabe<br />
Führungskräfte<br />
Basis: alle Befragten, N = 200 (N = 100 Führungskräfte,<br />
N = 100 Fachkräfte); Einfachnennung Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
Führungskräfte<br />
5%<br />
3%<br />
26%<br />
24%<br />
2%<br />
9%<br />
42%<br />
13%<br />
31%<br />
Fachkräfte<br />
Basis: alle Befragten, N = 200 (N = 100 Führungskräfte,<br />
N = 100 Fachkräfte); Einfachnennung Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
3%<br />
8%<br />
25%<br />
25%<br />
10%<br />
11%<br />
18%<br />
28%<br />
52%<br />
39%<br />
33%
Perspektiven 13<br />
angeben, den pauschalen Abzug vom Plangewinn<br />
mit einem Modell genauer plausibilisieren<br />
zu können, tatsächlich über ein geeignetes<br />
Modell verfügen. Denn in diesem Fall würde<br />
es sich anbieten, explizit ein solches Modell<br />
einzusetzen. Diese Vorgehensweise wendet erst<br />
ein Viertel der Führungskräfte an – wobei keine<br />
Unterschiede zwischen den befragten Banksegmenten,<br />
wie Großbanken, Sparkassen oder<br />
Genossenschaftsbanken, bestehen (siehe Abbildung<br />
5).<br />
Die letztgenannte Vorgehensweise bestätigen<br />
28 Prozent der Fachebene. Das zeigt, dass<br />
eine gemeinsame Sicht auf diese Risikoart besteht<br />
(siehe Abbildung 4). Allerdings kann ein<br />
Drittel der Vertreter der Fachebene hierzu<br />
keine Angaben machen und nur rund 18 Prozent<br />
sehen sich in der Lage, einen pauschalen<br />
Abzug vom Plangewinn mit einem Modell genauer<br />
zu plausibilisieren. Hier weichen die<br />
Sichtweisen von Führungskräften und der<br />
Fachebene doch sehr deutlich voneinander ab.<br />
Insgesamt stellt die Geschäftsmodellanalyse<br />
zahlreiche Geldhäuser vor neue Herausforderungen:<br />
Vor allem die Messung des Vertriebsrisikos<br />
und der Nachweis der Nachhaltigkeit<br />
des Geschäftsmodells fallen hier ins Auge. ■<br />
Abb. 5: Wie Banken das Vertriebsrisiko berücksichtigen<br />
Inwieweit berücksichtigen Sie im Zusammenhang mit der Beurteilung der Nachhaltigkeit Ihres Geschäftsmodells auch das Vertriebsrisiko, also das Risiko,<br />
Planergebnisse nicht zu erzielen?<br />
Beurteilung der Nachhaltigkeit des<br />
Geschäftsmodells: Vertriebsrisiko<br />
Das Vertriebsrisiko wird als<br />
pauschaler Abzug vom Plangewinn<br />
berücksichtigt; die Pauschale kann<br />
nicht genauer plausibilisiert werden.<br />
Das Vertriebsrisiko wird als pauschaler<br />
Abzug vom Plangewinn berücksichtigt;<br />
die Pauschale kann mithilfe eines<br />
Modells plausibilisiert werden.<br />
Das Vertriebsrisiko wird explizit<br />
modelliert und im Plangewinn<br />
berücksichtigt.<br />
Führungskräfte<br />
Großbank /<br />
Landesbank<br />
Privatbank /<br />
Regionalbank<br />
Banktyp<br />
Sparkasse Sonstige* Ja, nach<br />
dem IRB-<br />
Basisansatz<br />
IRB-Institut**<br />
Ja, nach dem<br />
fortgeschrittenen<br />
IRB-<br />
Ansatz<br />
Systemrelevant bzw.<br />
EZB-überwacht<br />
Nein Ja Nein<br />
Basis (Fallzahl) 100 31 32 19 18 35 34 20 79 21<br />
Das Vertriebsrisiko wird nicht<br />
berücksichtigt.<br />
26 % 35 % 25 % 21 % 17 % 40 % 15 % 35 % 28 % 19 %<br />
42 % 32 % 50 % 42 % 44 % 40 % 53 % 25 % 42 % 43 %<br />
24 % 26 % 22 % 21 % 28 % 20 % 26 % 30 % 25 % 19 %<br />
5 % 3 % 3 % 11 % 6 % 0 % 6 % 10 % 4 % 10 %<br />
Weiß nicht/keine Angabe 3 % 3 % 0 % 5 % 6 % 0 % 0 % 0 % 1 % 10 %<br />
* Zu Sonstigen zusammengefasst: genossenschaftliches Kreditinstitut, Spezialinstitut,<br />
Niederlassung eines ausländischen Kreditinstituts; ** Ohne „Weiß nicht“<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (Einfachnennung)<br />
■ min. 5 Prozentpunkte über dem Gesamtwert<br />
■ min. 5 Prozentpunkte unter dem Gesamtwert<br />
Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5
14 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
Foto: Getty Images/Cultura RF
Perspektiven 15<br />
Zinsbuchänderungsrisiko<br />
Mehr Harmonie,<br />
weniger Freiheit<br />
Die Aufsicht will die Messung des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch in Europa<br />
angleichen. Dies wird die Methodenfreiheit der Banken bei der Ermittlung des Zinsänderungsrisikos<br />
einschränken. Die Studie zeigt, wie sie sich darauf vorbereiten.<br />
Banken können sich auf eine höhere<br />
Kapitalunterlegung für das Zinsänderungsrisiko<br />
einstellen. Darauf lassen<br />
zahlreiche Veröffentlichungen<br />
der EBA und des Baseler Ausschusses schließen.<br />
Denn außer den neuen SREP-Leitlinien<br />
hat die EBA ein Konsultationspapier zum Zinsänderungsrisiko<br />
im Anlagebuch (EBA/<br />
CP/2<strong>01</strong>3/23) vorgelegt. Dieses sieht Annahmen<br />
zur Risikomessung vor – dazu zählen insbesondere<br />
Annahmen zur Modellierung von Cashflows<br />
sowie Verhaltensannahmen zu eingebetteten,<br />
impliziten Optionen. Aktuell beschäftigt<br />
dieses Thema auch den Baseler Ausschuss, der<br />
ebenfalls ein Konsultationspapier vorgelegt hat.<br />
All diese Aktivitäten zeigen: Es besteht eine<br />
klare Tendenz, die Messung des Zinsänderungsrisikos<br />
im Anlagebuch auf EU-Ebene stärker zu<br />
harmonisieren. Eine Vorgabe maximaler Laufzeiten<br />
könnte die bisherigen Freiheiten bei der<br />
Darstellung des zinsvariablen Geschäfts einschränken.<br />
Dies würde aktuell zu einer Erhöhung<br />
des Zinsänderungsrisikos führen, bei<br />
einer gleichzeitig in Aussicht gestellten unmittelbaren<br />
Einbeziehung in die Eigenkapitalunterlegung<br />
nach Säule 1 sowie der mittelbaren<br />
Unterlegung im viel zitierten „Säule 1+“-Ansatz<br />
nach dem SREP.<br />
Prüfkriterium als Pate<br />
Das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch wird<br />
heute über den „Zinsschock Basel II“, besser<br />
gesagt anhand des Prüfkriteriums, gemessen.<br />
Demnach muss die Eigenkapitalanforderung<br />
nach der Kapitaladäquanzverordnung der EU<br />
(Capital Requirements Regulation, CRR) zuzüglich<br />
der negativen Barwertveränderung aus<br />
dem Zinsschock kleiner sein als 95 Prozent der<br />
aufsichtsrechtlichen Eigenmittel. Dieses Kriterium<br />
könnte Pate stehen für eine künftige generelle<br />
Eigenkapitalunterlegung.<br />
Der Vergleich des Prüfkriteriums zwischen<br />
verschiedenen Instituten hängt stark ab von<br />
den Verhaltensannahmen zu eingebetteten<br />
impliziten Optionen sowie von den gewählten<br />
Prämissen im variablen Geschäft. In Deutschland<br />
sind dies insbesondere die Mischungsverhältnisse<br />
der gleitenden Durchschnitte. Dies<br />
bestätigen rund 70 Prozent der befragten Führungskräfte<br />
(siehe Abbildung 6). Insofern verwundert<br />
es nicht, dass die Aufsicht hier nach<br />
mehr Harmonisierung strebt – für die Institute<br />
wäre dies jedoch eine starke Beschränkung der<br />
bisherigen Freiheiten bei der individuellen<br />
Modellierung und dem damit verbundenen<br />
Zinsanpassungsverhalten als wichtigem preispolitischem<br />
Element.<br />
Institute gegen Standardisierung<br />
64 Prozent der Führungskräfte geben an, dass<br />
sich dieses Kriterium schon in der heutigen<br />
Ausprägung – insbesondere aufgrund der insgesamt<br />
steigenden Eigenkapitalanforderungen<br />
– zukünftig nur schwer wird einhalten lassen.<br />
In diesem Punkt sind sich die sehr unterschiedlich<br />
aufgestellten Großbanken und Landesbanken<br />
einerseits sowie die Sparkassen andererseits<br />
weitgehend einig (siehe Abbildung 7).<br />
Auch befürworten rund zwei Drittel eine<br />
künftige Orientierung an der bankinternen
16 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
Modellierung (Säule 2). Die Standardisierungstendenz<br />
analog zum bisherigen „Zinsschock<br />
Basel II“ und der zur unrealistischen Zinsstrukturverschiebung<br />
lehnen die Führungskräfte<br />
mit 56 Prozent mehrheitlich ab (siehe Abbildung<br />
6). Andererseits wünschen sich zwei<br />
Drittel eine Vorgabe der Aufsicht, um den Zinsschock<br />
für Vergleichszwecke zu modellieren.<br />
Führungskräfte können mehrheitlich die Notwendigkeit<br />
der Aufsicht nachvollziehen, hierfür<br />
auf einen Standard zu setzen.<br />
Fazit<br />
Das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch erweist<br />
sich angesichts der direkten und auch<br />
angesichts der aktuell gehandhabten indirekten<br />
Eigenkapitalunterlegung als Damoklesschwert.<br />
Denn die ohnehin knappe Eigenkapitaldecke<br />
würde dadurch bei vielen Instituten schließlich<br />
noch weiter belastet werden.<br />
Insofern bleibt abzuwarten, zu welchem<br />
konkreten Ergebnis letztlich die angesprochenen<br />
Konsultationsprozesse führen werden. ■<br />
Abb. 6: Wie Banken zum „Zinsschock Basel II“ stehen<br />
Mit dem „Zinsschock Basel II“ wird das Zinsänderungsrisiko eines Instituts im Anlagebuch gemessen. Nach diesem Prüfkriterium müssen mindestens 95 Prozent der<br />
aufsichtsrechtlichen Eigenmittel ausreichen, um die Eigenkapitalanforderung nach CRR zuzüglich negativer Barwertveränderung zu decken. Inwieweit treffen die<br />
folgenden Aussagen auf Ihr Institut zu, wenn es um die Einhaltung dieses Prüfkriteriums geht?<br />
Führungskräfte<br />
Wir befürworten eine künftige Orientierung an der<br />
bankinternen Modellierung (Säule 2).<br />
Aufgrund der steigenden EK-Anforderungen ist das Prüfkriterium in<br />
der heutigen Ausprägung nur schwer einzuhalten.<br />
Eine Vorgabe der Aufsicht zur Modellierung des Zinsschocks halten wir für<br />
Vergleichszwecke für wünschenswert.<br />
Der Vergleich des Prüfkriteriums verschiedener Institute ist stark abhängig von den<br />
gewählten Prämissen im variablen Geschäft (Mischungsverhältnisse der gleitenden<br />
Durchschnitte) und den Verhaltensannahmen zu eingebetteten/impliziten Optionen.<br />
Infolge der unrealistischen Zinsstrukturverschiebung lehnen wir den Zinsschock ab.<br />
38% 28% 21% 4% 9%<br />
37% 27% 25% 7% 4%<br />
32% 29% 22% 11% 6 %<br />
25% 45% 22% 4% 4%<br />
23% 33% 23% 15% 6%<br />
Trifft voll und ganz zu Trifft eher zu Trifft eher nicht zu Trifft überhaupt nicht zu Weiß nicht<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (skalierte Abfrage, sortiert nach „Trifft voll und ganz zu“) Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
Abb. 7: Wie Banken zum „Zinsschock Basel II“ stehen<br />
Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Ihr Institut zu, wenn es um die Einhaltung dieses Prüfkriteriums geht?<br />
Antwort: Trifft voll und ganz zu<br />
Wir befürworten eine künftige Orientierung<br />
an der bankinternen Modellierung<br />
(Säule 2).<br />
Aufgrund der steigenden EK-Anforderungen<br />
ist das Prüfkriterium in der<br />
heutigen Ausprägung nur schwer einzuhalten.<br />
Eine Vorgabe der Aufsicht zur Modellierung<br />
des Zinsschocks halten wir für<br />
Vergleichszwecke für wünschenswert.<br />
Der Vergleich des Prüfkriteriums verschiedener<br />
Institute ist stark abhängig<br />
von den gewählten Prämissen im variablen<br />
Geschäft (Mischungsverhältnisse<br />
der gleitenden Durchschnitte) und den<br />
Verhaltensannahmen zu eingebetteten/impliziten<br />
Optionen.<br />
Infolge der unrealistischen Zinsstrukturverschiebung<br />
lehnen wir den Zinsschock<br />
ab.<br />
Führungskräfte<br />
Großbank /<br />
Landesbank<br />
Privatbank /<br />
Regionalbank<br />
Banktyp<br />
Sparkasse Sonstige* Ja, nach<br />
dem IRB-<br />
Basisansatz<br />
IRB-Institut**<br />
Ja, nach dem<br />
fortgeschrittenen<br />
IRB-<br />
Ansatz<br />
Systemrelevant bzw.<br />
EZB-überwacht<br />
Nein Ja Nein<br />
Basis (Fallzahl) 100 31 32 19 18 35 34 20 79 21<br />
38 % 35 % 41 % 26 % 50 % 57 % 26 % 40 % 39 % 33 %<br />
37 % 52 % 25 % 42 % 28 % 54 % 29 % 35 % 42 % 19 %<br />
32 % 32 % 38 % 26 % 28 % 49 % 18 % 45 % 34 % 24 %<br />
25 % 29 % 25 % 11 % 33 % 29 % 26 % 25 % 25 % 24 %<br />
23 % 26 % 16 % 26 % 28 % 37 % 18 % 15 % 24 % 19 %<br />
* Zu Sonstigen zusammengefasst: genossenschaftliches Kreditinstitut, Spezialinstitut,<br />
Niederlassung eines ausländischen Kreditinstituts; ** Ohne „Weiß nicht“<br />
■ min. 5 Prozentpunkte über dem Gesamtwert<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (skalierte Abfrage, sortiert nach „Trifft voll und ganz zu“) ■ min. 5 Prozentpunkte unter dem Gesamtwert<br />
Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5
Perspektiven 17<br />
KSA und IRB-Ansatz<br />
Erwartete,<br />
aber ungeliebte Reformen<br />
Die Capital Floors sollen künftig steigen, um Banken besser vor Krisen<br />
zu schützen. Auch die Institute wissen, dass etwas geschehen muss.<br />
Die geplanten Reformen halten sie aber für falsch.<br />
Foto: Phil Ashley/Getty Images
18 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
Sie sind dem Baseler Ausschuss ein<br />
Dorn im Auge: Schwankungen bei risikogewichteten<br />
Aktiva (Risk Weighted<br />
Assets, RWA). Die Baseler Aufseher<br />
versuchen, diese zu reduzieren und die Gültigkeit<br />
der Kalibrierung zu überprüfen, sodass<br />
Kapitalanforderungen ihrem unterliegenden<br />
Risiko besser entsprechen. Dafür veröffentlichten<br />
sie im März 2<strong>01</strong>5 das Konsultationspapier<br />
„Revisions to the Standardised Approach for<br />
Credit Risk“ mit Vorschlägen zur Veränderung<br />
des jetzigen Kreditrisikostandard-Ansatzes<br />
(KSA). Zugleich hat der Ausschuss im Dokument<br />
„Capital-Floors: the Design of a Framework<br />
Based on Standardised Approaches“ die<br />
Einführung von Capital-Floors, also Kapitaluntergrenzen,<br />
für IRB-Institute analysiert.<br />
KSA-basierte Capital-Floors würden die<br />
intern ermittelten Kapitalanforderungen von<br />
IRB-Instituten mit denen, die sich aus einer<br />
theoretischen KSA-Berechnung ergeben, vergleichen.<br />
Ist die Kapitalquote niedriger als eine<br />
noch zu definierende Grenze, müssen die Banken<br />
zusätzliches Kapital unterlegen. Die Auswirkungen<br />
dieser neue Regel sind eindeutig:<br />
Die Kapitalunterlegung kann im besten Fall<br />
genauso hoch ausfallen wie momentan – eventuell<br />
sogar noch höher.<br />
Alle Banken sind betroffen<br />
Die Weiterentwicklung des KSA zielt schließlich<br />
auf jene Geldhäuser ab, die anhand von<br />
regulatorischen Parametern ihre Kapitalanforderungen<br />
berechnen. Der neue Ansatz<br />
plant die Einführung von „einfachen“ Modellen<br />
– etwa unter dem Einsatz von Kennzahlen<br />
wie Leverage, Umsatz oder Loan to Value. Bei<br />
Letzterem handelt es sich um die Höhe des<br />
Kredits im Vergleich zum Sicherheitswert. All<br />
diese Kennzahlen sollen helfen, Aktiva risikoorioentierter<br />
zu ermitteln und vor allem den<br />
übermäßigen Verlass auf externe Ratings zu<br />
reduzieren. In nahezu allen Fällen sind die<br />
neu zugewiesenen Risikogewichte deutlich<br />
höher als beim jetzigen Ansatz, was eine künftige<br />
Erhöhung der Kapitalunterlegung bei<br />
KSA-Instituten andeutet.<br />
So versucht die Aufsicht die Banken besser<br />
gegen Krisen zu wappnen. In der vergangenen<br />
Finanzkrise hat sich schließlich gezeigt, dass<br />
viele der damaligen Maßnahmen ineffektiv<br />
waren. Der Baseler Ausschuss hat seitdem zahlreiche<br />
Stellschrauben unter die Lupe genommen<br />
– fast immer mit dem gleichen Ergebnis:<br />
Höhere sowie qualitativ bessere Kapitalunterlegungen<br />
sind die Lösung.<br />
Institute zeigen sich skeptisch<br />
Abb. 8: Wie Institute zu den Kapitalanforderungen aus Basel III stehen<br />
Denken Sie, dass die seit Basel III eingeführten Kapitalanforderungen zu einer erhöhten Systemstabilität beitragen?<br />
Welcher der folgenden Aussagen stimmen Sie am ehesten zu?<br />
Ich bin mir sicher, dass die neuen<br />
Kapitalanforderungen zu einem sicheren<br />
Bankensystem führen.<br />
Eine Aktualisierung ist zwar notwendig,<br />
aber nicht alle Maßnahmen sind sinnvoll.<br />
Ich halte die meisten Änderungen für<br />
unnötig und nicht zielführend.<br />
Ich finde alle damit verbundenen<br />
Maßnahmen unnötig.<br />
Die große Mehrheit der befragten Führungskräfte<br />
stimmt der Aktualisierung des Standards<br />
zu, wobei über 60 Prozent von ihnen die geplante<br />
Form für falsch halten (siehe Abbildung<br />
9). Den Führungskräften ist also ebenfalls klar,<br />
dass etwas geändert werden muss – auch wenn<br />
sie sich gegenüber weiter steigenden Eigenmittelanforderungen<br />
skeptisch zeigen. Vor allem<br />
für Regionalbanken und Sparkassen ist absehbar,<br />
dass sich viele ihrer derzeitigen Klassifizierungsverfahren<br />
stark ändern müssen (siehe<br />
Abbildung 8). Dieser Aufwand bedeutet ge-<br />
Führungskräfte<br />
Großbank /<br />
Landesbank<br />
Privatbank /<br />
Regionalbank<br />
Banktyp<br />
Sparkasse Sonstige* Ja, nach<br />
dem IRB-<br />
Basisansatz<br />
IRB-Institut**<br />
Ja, nach dem<br />
fortgeschrittenen<br />
IRB-<br />
Ansatz<br />
Systemrelevant bzw.<br />
EZB-überwacht<br />
Nein Ja Nein<br />
Basis (Fallzahl) 100 31 32 19 18 35 34 20 79 21<br />
34 % 71 % 16 % 26 % 11 % 60 % 35 % 0 % 41 % 10 %<br />
50 % 19 % 72 % 63 % 50 % 37 % 53 % 65 % 48 % 57 %<br />
9 % 6 % 9 % 0 % 22 % 0 % 9 % 25 % 5 % 24 %<br />
4 % 0 % 3 % 11 % 6 % 3% 0 % 10 % 4 % 5 %<br />
Weiß nicht/keine Angabe 3 % 3 % 0 % 0 % 11 % 0 % 3 % 0 % 3 % 5 %<br />
* Zu Sonstigen zusammengefasst: genossenschaftliches Kreditinstitut, Spezialinstitut,<br />
Niederlassung eines ausländischen Kreditinstituts; ** Ohne „Weiß nicht“<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (skalierte Abfrage)<br />
■ min. 5 Prozentpunkte über dem Gesamtwert<br />
■ min. 5 Prozentpunkte unter dem Gesamtwert<br />
Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5
Perspektiven 19<br />
meinsam mit der gegenwärtigen Niedrigzinsphase<br />
eine starke Belastung für diese Institute.<br />
Von den befragten KSA-Banken findet keine,<br />
dass die neuen Richtlinien zu einem sicheren<br />
Bankensystem führen werden. Lediglich Großbanken<br />
sind von den neuen Maßnahmen überzeugt.<br />
Daraus lässt sich schließen, dass große<br />
Institute von den neuen Einschränkungen<br />
weniger betroffen sind, was ihnen einen Wettbewerbsvorteil<br />
verschafft.<br />
Andere Bank, andere Situation<br />
Ob sie wollen oder nicht – künftig müssen alle<br />
Institute die neu eingeführten Kennzahlen<br />
nach KSA adaptieren: Erfolgt die Kapitalberechnung<br />
über KSA, stellen die Kennzahlen die<br />
neuen regulatorischen Parameter dar. Für IRB-<br />
Häuser dient die KSA-Berechnung nur als Referenz<br />
und Basiswert, um den Capital-Floor zu<br />
bestimmen.<br />
Der Umfrage zufolge können IRB-Banken<br />
die entsprechenden Indikatoren bereits berechnen,<br />
da bei ihnen meist Kreditrisikoschätzverfahren<br />
existieren, die solche Indikatoren<br />
berücksichtigen (siehe Abbildung 10 und 11).<br />
Außerdem besitzen sie große Datenmengen,<br />
um interne Modelle zu entwickeln. Diese können<br />
als Basis für die KSA-Vergleichsrechnungen<br />
dienen.<br />
Im Vergleich dazu sind KSA-Institute<br />
schlechter für den Einsatz externer Einstufungen<br />
durch eine erweiterte KSA-Methodik aufgestellt.<br />
Dies verdeutlichen folgende Aspekte:<br />
■■<br />
Grundsätzlich brauchen KSA-Institute zwischen<br />
sechs und zwölf Monate, um die<br />
Kennzahlen bereitzustellen. Damit belegen<br />
sie den letzten Platz in dieser Kategorie.<br />
Eine Ausnahme bildet die Asset-Quality-<br />
Ratio, eine Art durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit<br />
im eigenen Portfolio.<br />
Hier sind die KSA-Banken schneller unterwegs.<br />
■■<br />
Besonders kritisch ist die Situation in der<br />
Forderungsklasse Unternehmen, wo die<br />
aktualisierten Risikogewichte anhand von<br />
Umsatz und Leverage ermittelt werden.<br />
Momentan können jedoch 80 Prozent der<br />
Abb. 9: Wie Institute zu den Kapitalanforderungen aus Basel III stehen<br />
Denken Sie, dass die seit Basel III eingeführten Kapitalanforderungen zu einer erhöhten Systemstabilität<br />
beitragen? Welcher der folgenden Aussagen stimmen Sie am ehesten zu?<br />
Ich bin mir sicher, dass die neuen<br />
Kapitalanforderungen zu einem sicheren<br />
Bankensystem führen.<br />
Eine Aktualisierung ist zwar notwendig,<br />
aber nicht alle Maßnahmen sind sinnvoll.<br />
Ich halte die meisten Änderungen für<br />
unnötig und nicht zielführend.<br />
Ich finde alle damit verbundenen<br />
Maßnahmen unnötig.<br />
Weiß nicht/keine Angabe<br />
Führungskräfte<br />
4%<br />
3%<br />
9%<br />
KSA-Institute diese Indikatoren nicht zuweisen<br />
(siehe Abbildung 11).<br />
■■<br />
Risikogewichte werden im Bereich Immobilienfinanzierung<br />
durch Loan to Value<br />
und Debt-Service-Charge ermittelt. Hinter<br />
Letzterem verbirgt sich der Anteil der Darlehensrate,<br />
bezogen auf das Nettoeinkommen.<br />
Die Situation bei der Erstellung dieser<br />
Kennzahlen ist ebenfalls problematisch:<br />
Obwohl sie teilweise als Treiber in<br />
Kreditrisikomodellen einfließen, können<br />
nur zehn Prozent der KSA-Institute den<br />
Loan to Value sofort berechnen. Bei der<br />
Debt-Service-Charge beträgt diese Quote<br />
20 Prozent (siehe Abbildung 11).<br />
Das Kreditrisiko bleibt bei allen Banktypen der<br />
größte Treiber bei der Risikotragfähigkeitsanalyse.<br />
Änderungen in der Berechnungsmethode<br />
dieses Risikos und in der Eigenkapitalunterlegung<br />
würden die Banken nicht gutheißen – vor<br />
allem, wenn Minderungen extrem schwer zu<br />
erzielen sind. Die Kreditinstitute müssen<br />
schließlich seit der Einführung von Basel III<br />
einen Doppeleffekt steuern: Einerseits bekommen<br />
die gleichen Geschäfte durch die KSAoder<br />
IRB-Erweiterungen ein höheres Risikogewicht.<br />
Das heißt, Aktiva werden meist als riskanter<br />
angesehen. Andererseits ist mehr<br />
Kapital gefordert, um Risiken abzudecken. Seit<br />
Basel III erhöht sich die Kapitalquote schrittweise,<br />
bis sie im Jahr 2<strong>01</strong>8 mindestens 10,5<br />
Prozent beträgt.<br />
Wie oben analysiert, ist also die Ausgangslage<br />
insbesondere bei KSA-Instituten bescheiden,<br />
um die neuen Vorschläge umzusetzen.<br />
Daher ist es umso überraschender, dass ungefähr<br />
70 Prozent der befragten Führungskräfte<br />
die neue Situation als positiv oder zumindest<br />
nicht als bedrohlich bewerten (siehe Abbildung<br />
12). KSA-Institute und sonstige Banken gehen<br />
nur in etwa einem Drittel der Fälle von einer<br />
negativen Auswirkung aus.<br />
Fazit<br />
Fachkräfte<br />
34% 17%<br />
Basis: alle Befragten, N = 200 (N = 100 Führungskräfte,<br />
N = 100 Fachkräfte); Einfachnennung Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
50%<br />
3%<br />
16%<br />
18%<br />
46%<br />
Unterm Strich zeigen die Ergebnisse der Studie,<br />
dass Institute zwar durchaus Neuerungen bezüglich<br />
der Richtlinien zur Kapitalberechnung<br />
erwartet haben. Allerdings sind die aktuellen<br />
Reformvorschläge des Baseler Komitees wenig<br />
willkommen.<br />
Für KSA-Institute ändern sich, wie bereits<br />
erwähnt, die Regeln zur Ermittlung der RWAs.<br />
Diese sollen anhand von „einfachen“ Kennzahlen<br />
zugewiesen werden, was die Anforderungen<br />
an die Datenverfügbarkeit erhöht – in einigen<br />
Fällen erheblich. Viele dieser Institute
20 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
können ihre Informationsverfügbarkeit aber<br />
momentan nicht abschätzen. Die Bereitstellung<br />
dieser Daten wird erheblichen Aufwand mit<br />
sich bringen und das Risiko von überraschenden<br />
Kapitalanpassungen weiter erhöhen.<br />
Bei den Capital Floors, um die RWA-Abweichung<br />
unter ähnlichen Banken zu reduzieren,<br />
ist bislang noch unklar, ob sie für alle Risikoarten<br />
einer Bank gelten werden oder nur für<br />
einzelne Risiken. Beim ersten Fall handelt es<br />
sich um einen sogenannten „Aggregate RWAbased<br />
Floor“, beim zweiten um „Risk-Categorybased<br />
Floors“.<br />
Hier wird für jede bedeutende Risikokategorie,<br />
also für Kredit- und Marktrisiken sowie<br />
operationelle Risiken, eine Untergrenze festgelegt.<br />
Eine Verrechnung der Kapitalanforderungen<br />
zwischen den einzelnen Risikoarten ist<br />
nicht vorgesehen. Trotz der unklaren Ausgestaltung<br />
steht fest: Banken werden künftig ihre<br />
Kapitalanforderungen nach IRB und KSA berechnen<br />
müssen, um die endgültigen Eigenmittelbedürfnisse<br />
festlegen zu können.<br />
Die Einführung von Floors kann für IRB-<br />
Institute sehr bedeutend sein. Das Baseler<br />
Komitee hat hierfür noch keine Parametrisierung<br />
offengelegt. Um die Wirkung dieser Maßnahmen<br />
abzuschätzen, sind Banken hier derzeit<br />
noch auf Annahmen angewiesen. Die<br />
Studienergebnisse zeigen, dass die meisten<br />
Banken die Situation dennoch für nicht besonders<br />
kritisch halten. Eine erste Erklärung könnte<br />
sein, dass die derzeitige Kapitalunterlegung<br />
bereits weit über dem regulatorischen Minimum<br />
liegt und die neuen Vorschläge somit<br />
keine oder nur eine geringe Kapitalanpassung<br />
verursachen.<br />
Eine alternative Hypothese ist, dass viele<br />
Banken aufgrund mangelhafter Daten ihre<br />
Proberechnungen mit zahlreichen Annahmen<br />
durchgeführt und die vorläufigen Ergebnisse<br />
kein „rotes Licht“ gemeldet haben. Wie oben<br />
beschrieben, können momentan nicht alle<br />
KSA-Institute die benötigten Daten zur Verfügung<br />
stellen. Bei IRB-Banken ist die endgültige<br />
Version der Kapitaluntergrenzen inklusive<br />
Kalibrierung und Implementierung für Ende<br />
des Jahres geplant. Erst dann werden Banken<br />
erfahren, ob ihre Annahmen der Realität entsprechen.<br />
Unabhängig von der Situation werden wesentliche<br />
Änderungen in den Regeln zur Kapitalberechnung<br />
in der Zukunft erwartet. Diese<br />
verursachen für KSA-Institute viel Arbeit, um<br />
die Daten bereitzustellen. Anderseits ergibt sich<br />
die Chance bei IRB-Instituten, ihre Portfolios<br />
je nach der endgültigen Parametrisierung der<br />
Capital-Floors zu optimieren. Eins ist schon<br />
jetzt klar: Das Thema Kapitalunterlegung wird<br />
spannend bleiben. ■<br />
Abb. 10: Wie Banken auf die Weiterentwicklung des KSA und des IRB-Ansatzes vorbereitet sind<br />
Würden diese Änderungen (KSA, Capital-Floor) heute in Kraft treten, was schätzen Sie, wann könnten Sie unter Berücksichtigung dieser Änderungen die folgenden<br />
Indikatoren kalkulieren bzw. ermitteln?<br />
Zeitraum Kalkulation/Ermittlung<br />
Capital-Adequacy (vom eigenen Institut)<br />
Führungskräfte<br />
Großbank /<br />
Landesbank<br />
Privatbank /<br />
Regionalbank<br />
Banktyp<br />
Sparkasse Sonstige* Ja, nach<br />
dem IRB-<br />
Basisansatz<br />
IRB-Institut**<br />
Ja, nach dem<br />
fortgeschrittenen<br />
IRB-<br />
Ansatz<br />
Systemrelevant bzw.<br />
EZB-überwacht<br />
Nein Ja Nein<br />
Basis (Fallzahl) 100 31 32 19 18 35 34 20 79 21<br />
Sofort 47 % 61 % 38 % 53 % 33 % 66 % 44 % 35 % 48 % 43 %<br />
In weniger als 6 Monaten 31 % 19 % 41 % 32 % 33 % 14 % 38 % 40 % 32 % 29 %<br />
In mehr als 6 Monaten 14 % 13 % 19 % 11 % 11 % 20 % 12 % 15 % 15 % 10 %<br />
Asset-Quality-Ratio (vom eigenen Institut)<br />
Weiß nicht 8 % 6 % 3 % 5 % 22 % 0 % 6 % 10 % 5 % 19 %<br />
Sofort 32 % 42 % 25 % 32 % 28 % 37 % 26 % 40 % 32 % 33 %<br />
In weniger als 6 Monaten 47 % 39 % 63 % 42 % 39 % 51 % 56 % 35 % 49 % 38 %<br />
Umsatz (Unternehmenskredite)<br />
In mehr als 6 Monaten 12 % 13 % 6 % 16 % 17 % 9 % 12 % 20 % 11 % 14 %<br />
Weiß nicht 9 % 6 % 6 % 11 % 17 % 3 % 6 % 5 % 8 % 14 %<br />
Sofort 30 % 39 % 31 % 21 % 22 % 40 % 29 % 20 % 33 % 19 %<br />
In weniger als 6 Monaten 29 % 23 % 31 % 37 % 28 % 26 % 26 % 45 % 24 % 48 %<br />
In mehr als 6 Monaten 31 % 32 % 31 % 32 % 28 % 34 % 35 % 25 % 34 % 19 %<br />
Weiß nicht 10 % 6 % 6 % 11 % 22 % 0 % 9 % 10 % 9 % 14 %<br />
* Zu Sonstigen zusammengefasst: genossenschaftliches Kreditinstitut, Spezialinstitut,<br />
Niederlassung eines ausländischen Kreditinstituts; ** Ohne „Weiß nicht“<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (skalierte Abfrage)<br />
■ min. 5 Prozentpunkte über dem Gesamtwert<br />
■ min. 5 Prozentpunkte unter dem Gesamtwert<br />
Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5
Perspektiven 21<br />
Abb. 12: Wie sich Kapitaluntergrenzen auf Banken auswirken<br />
Das Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) hat einen Vorschlag für die Überarbeitung des Kreditrisikostandardansatzes<br />
(KSA) und die Einführung von Capital-Floors (Kapitaluntergrenzen) veröffentlicht. Wie<br />
bewerten Sie den Einfluss dieser vorgeschlagenen Maßnahme für Ihr Institut? Haben diese Maßnahmen einen<br />
eher negativen, eher positiven oder gar keinen Einfluss? Wie ist das mit …<br />
Führungskräfte<br />
Überprüfung der Capital-Floors<br />
Überprüfung von Risikominderungstechniken<br />
Überprüfung des KSA zur Ermittlung von RWA<br />
50% 17% 25% 8%<br />
49% 16% 28% 7%<br />
46% 26% 20% 8%<br />
Positiv Negativ Kein Einfluss Weiß nicht/keine Angabe<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (skalierte Abfrage, sortiert nach „Positiv“) Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5t<br />
Abb. 11: Wie Banken auf die Weiterentwicklung des KSA und des IRB-Ansatzes vorbereitet sind<br />
Würden diese Änderungen (KSA, Capital-Floor) heute in Kraft treten, was schätzen Sie, wann könnten Sie unter Berücksichtigung dieser Änderungen die folgenden Indikatoren<br />
kalkulieren bzw. ermitteln?<br />
Foto: Floriano Rescigno/Getty Images<br />
Zeitraum Kalkulation/Ermittlung<br />
Leverage (Unternehmenskredite)<br />
Loan to Value<br />
Führungskräfte<br />
Großbank /<br />
Landesbank<br />
Privatbank /<br />
Regionalbank<br />
Banktyp<br />
Sparkasse Sonstige* Ja, nach<br />
dem IRB-<br />
Basisansatz<br />
IRB-Institut**<br />
Ja, nach dem<br />
fortgeschrittenen<br />
IRB-<br />
Ansatz<br />
Systemrelevant bzw.<br />
EZB-überwacht<br />
Nein Ja Nein<br />
Basis (Fallzahl) 100 31 32 19 18 35 34 20 79 21<br />
Sofort 25 % 29 % 34 % 11 % 17 % 31 % 24 % 20 % 25 % 24 %<br />
In weniger als 6 Monaten 38 % 42 % 38 % 53 % 17 % 43 % 29 % 55 % 41 % 29 %<br />
In mehr als 6 Monaten 27 % 23 % 25 % 26 % 39 % 23 % 38 % 20 % 27 % 29 %<br />
Weiß nicht 10 % 6 % 3 % 11 % 28 % 3 % 9 % 5 % 8 % 19 %<br />
Sofort 20 % 35 % 13 % 16 % 11 % 34 % 12 % 10 % 20 % 19 %<br />
In weniger als 6 Monaten 40 % 32 % 56 % 26 % 39 % 29 % 50 % 50 % 41 % 38 %<br />
In mehr als 6 Monaten 30 % 26 % 25 % 42 % 33 % 37 % 24 % 35 % 30 % 29 %<br />
Debt-Service-Charge (Mengengeschäft)<br />
Weiß nicht 10 % 6 % 6 % 16 % 17 % 0 % 15 % 5 % 9 % 14 %<br />
Sofort 25 % 42 % 16 % 16 % 22 % 34 % 21 % 20 % 25 % 24 %<br />
In weniger als 6 Monaten 38 % 19 % 50 % 58 % 28 % 34 % 35 % 50 % 39 % 33 %<br />
In mehr als 6 Monaten 26 % 26 % 28 % 21 % 28 % 23 % 35 % 25 % 27 % 24 %<br />
Weiß nicht 11 % 13 % 6 % 5 % 22 % 9 % 9 % 5 % 9 % 19 %<br />
* Zu Sonstigen zusammengefasst: genossenschaftliches Kreditinstitut, Spezialinstitut,<br />
Niederlassung eines ausländischen Kreditinstituts ; ** Ohne „Weiß nicht“<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (skalierte Abfrage)<br />
■ min. 5 Prozentpunkte über dem Gesamtwert<br />
■ min. 5 Prozentpunkte unter dem Gesamtwert<br />
Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5
22 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
Governance<br />
Neue, alte Bekannte<br />
Auf Banken kommen noch mehr Governance-Bestimmungen zu.<br />
Diese sind konkreter als die Vorgaben aus BCBS 239. Obwohl das Thema<br />
bekannt ist, zeigen sich Institute eher schlecht vorbereitet.<br />
Foto: Hiroshi Watanabe/Getty Images
Perspektiven 23<br />
Governance ist ein großer Begriff, der<br />
in jeden Bereich einer Bank hineinspielt.<br />
Dafür hat die EBA grundlegende<br />
Bestandteile zusammengestellt,<br />
die für jede Governance gelten. Demnach<br />
haben klar formulierte Regeln vorsteuernden<br />
Charakter und sollen gewisse Bezugsobjekte<br />
in einen bestimmten und gewollten Zustand<br />
überführen oder diese dort halten. Im Management<br />
braucht es eine klare Verantwortung<br />
dafür, die Regeln auszugestalten und einzuhalten.<br />
Diese liegt dem Deutschen Corporate<br />
Governance Kodex zufolge beim Vorstand,<br />
sofern es sich bei den Bezugsobjekten und ihren<br />
Regeln um Compliance-Anforderungen<br />
handelt. Gerade für die Finanzwelt haben sich<br />
durch die Regulierungen nach der Finanz- und<br />
Staatsschuldenkrise viele Vorgaben und Rahmenbedingungen<br />
geändert; zugleich sind neue<br />
dazugekommen. Hierzu müssen sich Banken<br />
als „regulatory compliant“ erweisen. Ein Dritter<br />
muss zudem Kontrollen wie interne Revisionen<br />
oder Audits vornehmen, die er durch Messungen<br />
und regelmäßige Berichte dokumentiert.<br />
Alarmsysteme erkennen Abweichungen, die<br />
nachsteuernde Maßnahmen mit sich bringen,<br />
um den gewollten Zustand des Bezugsobjektes<br />
wiederherzustellen.<br />
In ihrer Vielfältigkeit kommt die Governance<br />
allerdings nicht mit diesen elementaren<br />
Anforderungen aus. Daher hat die Europäische<br />
Bankenaufsicht zusätzliche Vorgaben für einzelne<br />
Bereiche formuliert:<br />
■■<br />
Allgemeine Anforderungen an das Governance-Framework<br />
■■<br />
Unternehmens- und Risikokultur<br />
■■<br />
Organisation und Management<br />
■■<br />
Vergütungssysteme<br />
Abb. 13: Wie Banken den Aufwand bei den IT-Governance-Systemen sehen<br />
Wie bewerten Sie den Aufwand, die neuen aufsichtsrechtlichen externen Vorgaben und<br />
Anforderungen in Ihren IT-Governance-Systemen umzusetzen?<br />
■■<br />
Risikomanagement in Verbindung mit<br />
ICAAP (Internal Capital Adequacy<br />
Assessment Process) und ILAAP (Internal<br />
Liquidity Adequacy Assessment Process)<br />
■■<br />
Interne Kontroll- und Auditsysteme<br />
■■<br />
Informationssysteme und Sicherstellung<br />
des Betriebes<br />
■■<br />
Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten<br />
Rein regulatorisch induzierter<br />
Mehraufwand<br />
Weitgehend neutral<br />
Im Wesentlichen wertstiftend, jedoch<br />
aktuell zu umfangreich<br />
Durchgehend wertstiftend auch für<br />
operative, unternehmerische Zwecke<br />
Weiß nicht/keine Angabe<br />
Führungskräfte<br />
2 %<br />
4 %<br />
Bei den „Allgemeinen Anforderungen an das<br />
Governance-Framework“ fordert die EBA für<br />
alle später auftretenden spezifischen Anforderungen<br />
vorab ein angemessenes Governance-<br />
Framework. Dafür braucht es dringend die<br />
zuvor beschriebenen elementaren Bestandteile<br />
einer Governance und eine verständliche<br />
Dokumentation hierzu. Die EBA konzentriert<br />
sich hierbei vor allem auf den Punkt Verantwortung,<br />
wenn es um Outsourcing geht. Sie<br />
22 %<br />
Fachkräfte<br />
36% 13%<br />
Basis: alle Befragten, N = 200 (N = 100 Führungskräfte,<br />
N = 100 Fachkräfte); Einfachnennung Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
36%<br />
5%<br />
22%<br />
verweist auf die „Guidelines on Outsourcing“<br />
des CEBS („Committee of European Banking<br />
Supervision“), die besagen, dass die Verantwortung<br />
für bestimmte Tätigkeiten beim Institut<br />
liegt, sofern sie für das Geschäftsmodell notwendig<br />
sind. Dies gilt auch, wenn die Bank<br />
diese Tätigkeiten ausgelagert hat.<br />
Durchregulierte Governance<br />
30%<br />
30%<br />
Die Anforderungen in Sachen „Unternehmensund<br />
Risikokultur“, „Organisation und Management“,<br />
„Vergütungsmanagement“ sowie „interne<br />
Kontroll- und Auditsysteme“ flankieren das<br />
Thema Geschäftsmodellanalyse. Sie geben vor,<br />
dass Banken eine Risikostrategie passend zur<br />
Geschäftsstrategie formulieren und kommunizieren<br />
müssen. Diese beiden Strategien müssen<br />
sich in einer Auf- und Ablauforganisation sowie<br />
in deren Management-Commitment wieder-
24 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
finden. Bei den „internen Kontroll- und Auditsystemen“<br />
konkretisiert die Aufsicht, wie spezifisch<br />
Banken ein Vieraugenprinzip und Auditprozesse<br />
ausprägen sollen.<br />
Beim „Risikomanagement in Verbindung<br />
mit ICAAP und ILAAP“ erläutert die EBA, wie<br />
konsistent die Kapital- und Liquiditätsausstattung<br />
im Risikomanagement integriert sein soll.<br />
So fordert die Aufsicht etwa, dass Banken die<br />
Auswirkungen von Geschäftsentscheidungen<br />
auf Liquidität und Kapital auch in Stresssituationen<br />
prüfen. Außerdem müssen sie den einzelnen<br />
Geschäftseinheiten entsprechend ihren<br />
Risiken Liquidität und Kapital zuordnen. Dafür<br />
benötigen sie eine umfangreiche und granu lare<br />
Datenbasis.<br />
Mit all diesen Vorgaben kommt mehr Aufwand<br />
auf die Geldhäuser zu. Immerhin 22 Prozent<br />
ihrer Führungskräfte halten die zusätzliche<br />
Arbeit im Wesentlichen für wertstiftend –<br />
auch wenn sie ihnen aktuell zu umfangreich<br />
erscheint (siehe Abbildung 13). Lediglich zwei<br />
Prozent sehen einen durchgehenden Mehrwert<br />
auch für operative, unternehmerische Zwecke.<br />
Handlungsbedarf zeigt sich bei den Fachkräften,<br />
die sich nach heutigem Stand häufig nicht<br />
in der Lage sehen, Governance-Themen zu<br />
bewerten.<br />
Abb. 14: Wo die Verantwortung für Datenqualität liegt<br />
Wer verantwortet das Thema Datenqualität in Ihrem Institut?<br />
IT<br />
Fachbereich<br />
Gemeinsam IT & Fachbereich<br />
Chief Data-Officer<br />
Vorstand<br />
BI-Competence-Center<br />
Sonstige<br />
Weiß nicht/keine Angabe<br />
Führungskräfte<br />
1 %<br />
4 %<br />
4 %<br />
4 %<br />
16 %<br />
21 %<br />
19 %<br />
Fachkräfte<br />
31 % 19%<br />
Basis: alle Befragten, N = 200 (N = 100 Führungskräfte,<br />
N = 100 Fachkräfte); Einfachnennung Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
1%<br />
1%<br />
7%<br />
10%<br />
14 %<br />
19 %<br />
29%<br />
Schnittmengen mit BCBS 239<br />
Gerade letzteres Ergebnis überrascht. Governace<br />
ist schließlich ein essenzielles Thema und<br />
in der Regulierung auch schon bekannt. Bereits<br />
der 2<strong>01</strong>3 veröffentlichte Baseler Standard BCBS<br />
239 geht darauf direkt in seinem ersten Grundsatz<br />
ein. Der Baseler Ausschuss fordert darin<br />
die Banken auf, ihre IT-Strategie auf die Fähigkeit<br />
der Organisationseinheiten zur übergreifenden<br />
Risikodatenaggregation auszurichten.<br />
Transparent dokumentierte technische und<br />
prozessuale Verarbeitungsschritte sollen die<br />
Validierungsmöglichkeiten durch Dritte gewährleisten.<br />
Der zweite Grundsatz befasst sich<br />
mit Datenqualität und Datenverfügbarkeit auch<br />
in Stresssituationen.<br />
Die Studie zeigt, dass die befragten Führungskräfte<br />
das Thema Datenqualität noch<br />
immer mehrheitlich in der IT verorten. Dies<br />
geben 31 Prozent an (siehe Abbildung 14). Er-<br />
Abb. 15: Wie Institute ihre Datenqualität erhöhen und gewährleisten<br />
Welche der folgenden Maßnahmen wenden Sie an, um Ihre Datenqualität zu erhöhen und zu gewährleisten?<br />
Optimierung der Qualität bei Erfassung<br />
Bereinigungsaktionen bei Bedarf<br />
Optimierung der Datenqualität durch die IT<br />
Regelmäßige manuelle Bewertung<br />
der Datenqualität<br />
Automatisierte Messung der Datenqualität<br />
anhand fester Kennzahlen<br />
Etablierte DQ-Governance<br />
Sonstige<br />
Keine<br />
Weiß nicht/keine Angabe<br />
Führungskräfte<br />
4%<br />
17%<br />
31%<br />
29%<br />
29%<br />
40%<br />
Fachkräfte<br />
55% 42%<br />
1%<br />
7%<br />
4%<br />
22%<br />
5% 28%<br />
Basis: alle Befragten, N = 200 (N = 100 Führungskräfte,<br />
N = 100 Fachkräfte); Mehrfachnennungen Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
32%<br />
31%<br />
29%
Perspektiven 25<br />
freulich ist, dass mit 29 Prozent der größte<br />
Anteil der Fachkräfte eine gemeinsame Sorgfaltspflicht<br />
von IT- und Fachseite für das Thema<br />
sieht. Aus den Antworten von Fach- und Führungskräften<br />
lässt sich schlussfolgern, dass sich<br />
noch kein Verständnis dafür durchgesetzt hat,<br />
dass es einen Gesamtverantwortlichen für Datenqualität<br />
aus dem Topmanagement braucht.<br />
Immerhin finden Fach- und Führungskräfte<br />
mehrheitlich, dass es prozessuale Optimierungen<br />
auf Erfassungsebene braucht, um die<br />
Datenqualität zu erhöhen (siehe Abbildung 15).<br />
Bereits zu lange haben Bankmitarbeiter und<br />
-manager dieses Thema lediglich als nachstehende<br />
technische Optimierungsmöglichkeit in<br />
Form von „Bereinigungsaktionen“ abgetan.<br />
Foto: shutterstock<br />
Abb. 16: Wie Institute ihre Daten zu den Risiken aus SREP # 184 halten<br />
Inwieweit sind die Daten zu den im SREP #184 genannten Risiken in einem für die Banksteuerung relevanten<br />
konsolidierten Datenbestand enthalten?<br />
Führungskräfte<br />
Kreditnehmerrisiken<br />
Sicherheiten<br />
Kreditrisikokonzentrationen<br />
Credit-Exposures<br />
Unberechtigte Überziehungen<br />
Durchgängige Einhaltung von Vertragsbedingungen<br />
57% 21% 15% 7%<br />
44% 21% 28% 7%<br />
34% 29% 23% 14%<br />
33% 45% 14% 8%<br />
33% 35% 25% 7%<br />
28% 40% 19% 13%<br />
Explizit Implizit Manuelle Zulieferung Weiß nicht<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (skalierte Abfrage) Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
Abb. 17: Wie die IT der Banken für die neuen Anforderungen gerüstet ist<br />
Wie bewerten Sie Ihre IT-Architektur hinsichtlich Komplexität und der Fähigkeit, neue Anforderungen zeitnah<br />
umzusetzen (Agilität)?<br />
Führungskräfte<br />
Dimension Komplexität<br />
Dimension Agilität<br />
36% 41% 15%<br />
35% 32% 21%<br />
2% 4%<br />
2%<br />
5%<br />
6%<br />
1%<br />
Sehr gut Gut Teils/teils Schlecht Sehr schlecht Weiß nicht<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (skalierte Abfrage) Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5<br />
Aus alt mach neu<br />
Die alten Forderungen des Baseler Ausschusses<br />
in BCBS 239 hat nun die EBA in ihren SREP-<br />
Leitlinien erneuert. Diese befinden sich im<br />
Abschnitt „Governance, Informationssysteme<br />
und Sicherstellung des Betriebs“. Außerdem<br />
geht das Papier auch immer wieder an anderen<br />
Stellen auf Risikodaten ein. So gibt die Europäische<br />
Bankenaufsicht etwa vor, dass Banken in<br />
der Lage sein müssen, ihre Risiken in drei Bereichen<br />
zu messen: auf Ebene der Kreditnehmer,<br />
der Transaktionen sowie des Portfolios.<br />
Konzentrationsrisiken müssen sie auf Personenebene,<br />
für Branchen und geografische Gebiete<br />
ermitteln können. Weiterhin nennt die<br />
Aufsicht sechs risikorelevante Inhalte, die Bankhäuser<br />
im IT-System berücksichtigen müssen:<br />
■■<br />
Kreditnehmerrisiken<br />
■■<br />
Credit–Exposures<br />
■■<br />
Sicherheiten/Deckungsbeträge<br />
■■<br />
Durchgängige Einhaltung der Vertragsbedingungen<br />
und Vereinbarungen<br />
■■<br />
Unberechtigte Kontoüberziehungen und<br />
Reklassifizierungen von Kreditverbindlichkeiten<br />
■■<br />
Relevante Quellen für Kreditrisikokonzentrationen<br />
In den Instituten liegen die geforderten Daten<br />
bereits heute keinesfalls immer explizit im Datenhaushalt<br />
vor (siehe Abbildung 16). Während
26 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
die implizite Haltung, also beispielsweise die<br />
Ad-hoc-Ermittlung auf Grundlage anderer vorhandener<br />
persistenter Daten, nicht per se zu<br />
bemängeln ist, stellen sich manuelle Zulieferungen<br />
als höchst problematisch dar. Die Gründe<br />
liegen einerseits in der allgemein höheren<br />
Fehleranfälligkeit manueller Prozesse gegenüber<br />
automatisierten Prozessen sowie der gegebenenfalls<br />
eingeschränkten Möglichkeit zur<br />
Reproduktion der Daten. Andererseits liegen<br />
sie in der möglicherweise existierenden Abhängigkeit<br />
von einzelnen Kopfmonopolen innerhalb<br />
der Organisation.<br />
All diese Fragen sind lediglich Beispiele. Banken<br />
sollten sich auf jeden Fall darauf einstellen,<br />
dass die Aufsicht während ihrer Prüfung zukünftig<br />
Anforderungen an Auswertungen flexibel<br />
formulieren wird. Diese müssen die Institute<br />
dann kurzfristig umsetzen. Dafür braucht<br />
es eine leistungsfähige IT-Architektur und ein<br />
transparentes Datenmanagement.<br />
Fehlende Flexibilität<br />
Allerdings sieht etwa ein Drittel der befragten<br />
Führungskräfte ihre IT-Architektur als ungeeignet,<br />
um agile Vorgehensweisen zu ermöglichen<br />
(siehe Abbildung 17). Auffällig sind gehäufte<br />
negative Einschätzungen aus KSA-Instituten<br />
sowie aus Instituten mit mehr als 100.000<br />
Mitarbeitern. Ein Grund für fehlende Agilität<br />
kann eine zu hohe Komplexität sein, die es erschwert,<br />
Ansatzpunkte und Auswirkungen zu<br />
erkennen, wenn sich Datenaggregationsprozesse<br />
ändern. Nur 15 Prozent der Institute im<br />
KSA bewerten die Transparenz innerhalb der<br />
eigenen Datenverarbeitung als sehr gut. Bei<br />
Instituten, die sich im fortgeschrittenen IRB-<br />
Ansatz befinden, sind es hingegen schon 54<br />
Prozent. Während der Zulassung zum IRB-<br />
Umfassendes Datenmanagement<br />
Über das Risikodaten- und Datenmanagement<br />
hinaus macht die EBA in ihren SREP-Leitlinien<br />
weitere Empfehlungen, um eine IT-Governance<br />
zu etablieren. Wie wichtig IT-Sicherheit und<br />
IT-Service-Management sind, um Betriebssicherheit<br />
zu gewährleisten, zeigt sich darin, dass<br />
mit COBIT („Control Objectives for Information<br />
and Related Technology“) ein konkretes Framework<br />
für IT-Governance sowie weitere Frameworks,<br />
wie zum Beispiel ISO 27000 und ITIL<br />
(„IT Infrastructure Library“) genannt werden.<br />
Auch beim Datenmanagement im engen<br />
Sinn beschränkt sich die SREP-Leitlinie nicht<br />
darauf, die Anforderungen aus BCBS 239 zu<br />
wiederholen. Denn für ICAAP, ILAAP und Geschäftsmodellanalyse<br />
braucht es mehr als lediglich<br />
reine Risikodaten. Wenn das Geschäftsmodell<br />
auf den Prüfstand kommt, könnten<br />
beispielsweise folgende Fragen aufkommen:<br />
■■<br />
Wie lassen sich Fragen zur Ertragsliquiditätslage<br />
oder Kostensituation beantworten,<br />
die eine Geschäftseinheit oder eine von<br />
dem Regulator definierte Gruppe von Geschäftseinheiten<br />
betreffen?<br />
■■<br />
Wie lassen sich Limitverbräuche in Bezug<br />
auf die Risikostrategie eines Geschäftsfeldes<br />
ad hoc ermitteln?<br />
■■<br />
Wie lassen sich Planabweichungen zeitnah<br />
verfolgen?<br />
■■<br />
Wie lässt sich der Verzehr an regulatorischem<br />
Eigenkapital je Einzelgeschäft ermitteln?<br />
Abb. 18: Zentraler, intergrierter Datenhaushalt<br />
SREP #85<br />
Management<br />
Komitees<br />
Relationen<br />
z.B. Netto-<br />
Exposure<br />
z.B.<br />
EL, VaR<br />
Planung<br />
Organisationeinheit<br />
Sicherheit<br />
Partner/Kunde<br />
Portfolios<br />
Bsp. 1: (SREP # 99e)<br />
Warnsystem bei Verletzung<br />
ICAAP-/ILAAP-Planung in OE<br />
Bsp. 2: (SREP # 99)<br />
Risikotypen je OE<br />
ad hoc reporten<br />
Einzelgeschäft<br />
Bsp. 3: Erträge je<br />
Kunde ableiten!<br />
Vertriebssteuerung<br />
Regul. EK-<br />
Verbrauch<br />
Eine zentrale, granulare Datenhaltung als Basis zur Erfüllung regulatorischer<br />
und betrieblicher Anforderungen<br />
Ergebnisdaten<br />
aus Rechenkernen<br />
Risiko<br />
Cashflows<br />
Erträge/Provisionen<br />
z.B.<br />
PD, LGD<br />
Quelle: msgGillardon<br />
Abb. 19: Welche Daten auf granularer Ebene das Datawarehouse hält<br />
Beinhaltet Ihr Datawarehouse Daten auf granularer Ebene zu den folgenden Geschäftsobjekten?<br />
Führungskräfte<br />
Einzelgeschäfte<br />
Erträge<br />
Sicherheiten<br />
Kosten<br />
Cashflows<br />
Kunden<br />
Risiken<br />
Produkte<br />
Organisationseinheiten<br />
Portfolios<br />
75% 19% 6%<br />
67% 26% 7%<br />
65% 29% 6%<br />
65% 22% 13%<br />
62% 29% 8%<br />
60% 28% 12%<br />
58% 29% 13%<br />
52% 41% 7%<br />
51% 38% 12%<br />
51% 39% 11%<br />
Ja Nein Weiß nicht<br />
Basis: alle Befragten, deren Institut ein institutsweites Datawarehouse betreibt oder plant; N = 212<br />
(N = 85 Führungskräfte und N = 36 Fachkräfte ); skalierte Abfrage (sortiert nach „Ja“) Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5
Perspektiven 27<br />
Ansatz scheinen viele Banken auf diesem Handlungsfeld<br />
bereits aktiv geworden zu sein und<br />
sich somit nun eine verbesserte Ausgangsposition<br />
geschaffen zu haben, um neue regulatorische<br />
Anforderungen zu erfüllen.<br />
Die Ursache für all die Defizite ist historisch<br />
zu suchen. Je nach Adressat haben Banken unterschiedliche<br />
Datenpools aufgebaut – etwa<br />
einen für das Risikocontrolling, einen für die<br />
Unternehmenssteuerung oder einen für das<br />
externe Meldewesen. Unterm Strich hatten<br />
Banken dadurch zahlreiche nebeneinander her<br />
existierende Datenpools. Hinzu kamen technische<br />
und fachliche Abhängigkeiten zwischen<br />
ihnen. All das sorgte für immer komplexere<br />
und unflexiblere Strukturen.<br />
Kampf gegen Komplexität<br />
Mit einem zentralen, integrierten Datenhaushalt<br />
für sämtliche Adressaten der Gesamtbanksteuerung<br />
und -planung lässt sich die IT-Architektur<br />
von unnötiger Komplexität befreien. Da<br />
je nach Adressat verschiedene Aggregationsstufen<br />
nötig sind, müssen die Daten möglichst<br />
granular gespeichert werden. Die höchstmögliche<br />
Granularität ergibt sich durch Speicherung<br />
der Daten auf Einzelgeschäftsebene, verbunden<br />
mit ebenfalls hochgranularen Basisdaten<br />
zum bankfachlichen Produkt. Um diesen<br />
„gemeinsamen Nenner“ herum können sämtliche<br />
verbundene Daten, wie etwa Informationen<br />
zum Partner, Kunden oder Kontrahenten,<br />
gespeichert werden. Gleiches gilt für die Zuordnung<br />
von Cashflows, Sicherheiten oder<br />
Kosten und Erträgen. Die Zuordnung der Einzelgeschäfte<br />
zu Organisationseinheiten oder<br />
Portfolios erfolgt im Datenmodell durch Schlüsselbeziehungen<br />
(siehe Abbildung 18).<br />
Diese hochgranulare und historisierte Datenhaltung<br />
stellt eine robuste Basis für aktuelle<br />
Auswertungen und zukünftige Anforderungen<br />
dar. Außerdem lassen sich betriebliche<br />
Fragen durch ein Datawarehouse verbessern.<br />
Das Datwarehouse kommt<br />
Bereits 42 Prozent der befragten Führungskräfte<br />
berichten, dass ihr Institut ein zentrales Datawarehouse<br />
im Einsatz hat, 43 Prozent planen<br />
den Aufbau (siehe Abbildung 20). Hauptabnehmer<br />
von Daten ist das Risikomanagement. Auch<br />
hier bestätigt sich die These, dass mit der Zulassung<br />
zum erweiterten IRB-Ansatz bereits die<br />
Grundlagen für eine robuste IT-Architektur<br />
geschaffen wurden.<br />
Von den bereits aufgebauten Datawarehouse-Architekturen<br />
verfügen jedoch nur 75<br />
Prozent über Daten auf Granularität des Einzelgeschäftes<br />
(siehe Abbildung 19). Allerdings<br />
ist fraglich, inwieweit bereits auf Datawarehouse-Ebene<br />
aggregierte Datenbestände<br />
auch zukünftig ausreichen werden, um zusätzliche<br />
Anforderungen immer kurzfristigererfüllen<br />
zu können. Deutlich robuster und zukunftsfähiger<br />
ist dagegen die fachbereichs-spezifische<br />
Datenaggregation erst auf Datamart-Ebene.<br />
Gerade die für die SREP-Geschäftsmodellanalyse<br />
benötigten Daten zu Organisationseinheiten<br />
und Portfolios liegen bei fast der Hälfte der<br />
befragten Institute nicht auf granularer Ebene<br />
im Datenhaushalt vor. Das zeigt: Handlungsbedarf<br />
besteht nach wie vor in vielen Geldhäusern.<br />
Fazit<br />
Allein die Entwicklung im regulatorischen Meldewesen<br />
zeigt: Statt der Aufsicht aggregierte<br />
Daten zu liefern, geht der Trend zu Einzeldaten.<br />
Weitere Anforderungen aus SREP machen es<br />
außerdem unverzichtbar, Daten auf granularer<br />
Ebene zu speichern. Wichtig hierbei ist, zu erkennen,<br />
dass es langfristig nicht mehr funktionieren<br />
wird, für einzelne neue Anforderungen<br />
jeweils einzelne, „schlanke“ Speziallösungen<br />
aufzubauen – egal ob die Anforderungen regulatorischer<br />
oder betriebswirtschaftlich-operativer<br />
Art sind.<br />
Kreditinstitute können den Aufbau eines<br />
qualitätsgesicherten, konsistenten Datenbestandes<br />
für alle Adressaten der Gesamtbanksteuerung<br />
nicht länger aufschieben. Der Aufbau,<br />
die Pflege und die Erweiterung sowie auch<br />
die Verwendung eines solchen Datenbestandes<br />
muss gesteuert und überwacht werden. Und<br />
hierfür ist es unerlässlich, organisatorische<br />
Verantwortung und Regeln in Form einer<br />
Governance zu etablieren. ■<br />
Abb. 20: Welche Banken ein institutsweites Datawarehouse betreiben oder planen<br />
Betreiben Sie ein institutsweites Datawarehouse oder planen Sie dessen Nutzung?<br />
Nutzung eines institutsweiten<br />
Datawarehouses<br />
Führungskräfte<br />
Großbank /<br />
Landesbank<br />
Privatbank /<br />
Regionalbank<br />
Banktyp<br />
Sparkasse Sonstige* Ja, nach<br />
dem IRB-<br />
Basisansatz<br />
IRB-Institut**<br />
Ja, nach dem<br />
fortgeschrittenen<br />
IRB-<br />
Ansatz<br />
Systemrelevant bzw.<br />
EZB-überwacht<br />
Nein Ja Nein<br />
Basis (Fallzahl) 100 31 32 19 18 35 34 20 79 21<br />
Ja, ist bereits vorhanden. 42 % 81 % 19 % 37 % 22 % 66 % 29 % 25 % 47 % 24 %<br />
Nein, ist aber in Planung (konzernweit). 43 % 19 % 63 % 42 % 50 % 29 % 59 % 45 % 42 % 48 %<br />
Nein, ist auch nicht geplant. Es<br />
sind mehrere dezentrale Warehouse-<br />
Ansätze vorhanden.<br />
7 % 0 % 9 % 11 % 11 % 6 % 6 % 10 % 6 % 10 %<br />
Nein, es besteht kein Bedarf. 4 % 0 % 9 % 0 % 6 % 0 % 3 % 15 % 3 % 10 %<br />
Weiß nicht/keine Angabe 4 % 0 % 0 % 11 % 11 % 0 % 3 % 5 % 3 % 10 %<br />
* Zu Sonstigen zusammengefasst: genossenschaftliches Kreditinstitut, Spezialinstitut,<br />
Niederlassung eines ausländischen Kreditinstituts; ** Ohne „Weiß nicht“<br />
Basis: alle Führungskräfte, N = 100 (Einfachnennung)<br />
■ min. 5 Prozentpunkte über dem Gesamtwert<br />
■ min. 5 Prozentpunkte unter dem Gesamtwert<br />
Quelle: Studie <strong>banking</strong> <strong>insight</strong> 2<strong>01</strong>5
28 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
Meinung<br />
Vier Fragen<br />
an drei Experten<br />
Verbandsvertreter äußern sich dazu, was der neue SREP für ihre Mitgliedsinstitute<br />
bedeutet, wie sie die Geschäftsmodellanalyse sehen und<br />
wie sich Deutschlands Bankenlandschaft auf die Neuerungen einstellt.<br />
Dirk Jäger, Geschäftsführer für Bankenaufsicht,<br />
Bundesverband deutscher<br />
Banken (BdB)<br />
Prof. Dr. Liane Buchholz, Hauptgeschäftsführerin,<br />
Bundesverband<br />
Öffentlicher Banken (VÖB)<br />
Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis,<br />
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied<br />
des Deutschen Sparkassen- und<br />
Giroverbandes (DSGV)<br />
Fotos: privat
Praxis 29<br />
1.<br />
Was bedeuten die neuen SREP-Leitlinien<br />
für Ihre Mitgliedsinstitute?<br />
Jäger: Zunächst einmal richten sich die neuen<br />
Leitlinien der EBA nicht direkt an Banken,<br />
sondern an die Aufsicht – und es ist noch nicht<br />
klar, wie sie diese konkret umsetzen wird. Daher<br />
ist es noch schwierig, die Auswirkungen<br />
abschließend einzuschätzen. Aktuell erwarten<br />
wir die größten Änderungen beim ICAAP, also<br />
dem Internal Capital Adequacy Assessment<br />
Process. Anders als in Säule I, wo die Höhe der<br />
Kapitalanforderungen streng regelgebunden<br />
für bestimmte Risiken vorgegeben sind, berechnen<br />
die Institute bislang in Säule II den<br />
Kapitalbedarf nach ökonomischen Aspekten<br />
auf Basis von internen Verfahren für alle wesentlichen<br />
Risiken.<br />
Die EBA sieht einen so genannten Säule-<br />
1-Plus-Ansatz vor. Damit wird der Rahmen nun<br />
enger: Die Kapitalanforderungen aus Säule 1<br />
gelten als Untergrenze für den SREP in Säule<br />
2. Hinzu kommt Kapital für alle Risiken, die<br />
nicht durch Säule I abgedeckt sind, wie Konzentrations-<br />
oder Zinsänderungsrisiken.<br />
Auch werden zukünftig risikoartenübergreifende<br />
Diversifikationseffekte – auch wenn<br />
das ökonomisch sinnvoll wäre- von der Aufsicht<br />
nicht mehr berücksichtigt. Zudem stellt sie die<br />
Berechnungen des Instituts ihren eigenen gegenüber.<br />
All das dürfte dazu führen, dass Risiken<br />
konservativer bewertet werden und die<br />
Kapitalanforderungen weiter steigen.<br />
Schackmann-Fallis: Die Leitlinien stellen einen<br />
signifikanten Bruch mit der bisherigen Aufsichtswelt<br />
dar. Die EBA folgt streng der „Säule 1 plus“-<br />
Logik, die vor allem von der britischen Finanzaufsicht<br />
entwickelt wurde. „Säule 1 plus“ bedeutet:<br />
alle Risikoarten werden bewertet, die<br />
Kapitalanforderungen hierfür addiert und mit<br />
Säule-1-fähigem Eigenkapital unterlegt. Das führt<br />
zu einer Überzeichnung der Risiken und wird<br />
die Kapitalanforderungen weiter ansteigen lassen.<br />
Weitere Folgen lassen sich derzeit kaum<br />
einschätzen, da es darauf ankommt, wie die Aufseher<br />
all die EBA-Vorgaben letztlich anwenden<br />
werden. Das entsprechende Aufsichtshandbuch<br />
der EZB ist bedauerlicherweise nicht öffentlich.<br />
Um Planungssicherheit zu schaffen, ist es unumgänglich,<br />
dass die Aufseher ihre Anforderungen<br />
eindeutig kommunizieren. Zudem sollte die EZB<br />
die neuen Vorgaben gemeinsam mit den Instituten<br />
und Verbänden ausgestalten, so wie es in<br />
Deutschland bewährte Praxis war und ist.<br />
Buchholz: Die EBA-Leitlinien zum SREP sind<br />
für unsere Mitglieder von sehr großer Bedeutung.<br />
Die EZB und die nationalen Aufsichtsbehörden<br />
sind derzeit damit beschäftigt, die<br />
Vorgaben der EBA in ihre Aufsichtspraxis zu<br />
überführen. Die Institute werden abhängig von<br />
ihrer Größe, Struktur und internen Organisation<br />
sowie von Art, Umfang und Komplexität<br />
ihrer Geschäftsaktivitäten in vier Kategorien<br />
eingeteilt. Diese sollen das jeweilige Risiko für<br />
das Finanzsystem reflektieren, das von einem<br />
Institut ausgeht.<br />
Davon hängt letztlich ab, wie intensiv eine<br />
Bank beaufsichtigt wird. Das heißt konkret, wie<br />
häufig bestimmte Schlüsselindikatoren überwacht<br />
werden, wie verschiedene Kernbereiche<br />
bewertet werden und wie regelmäßig der Aufsichtsdialog<br />
stattfindet. Obwohl die zuständigen<br />
Aufsichtsbehörden die EBA-Leitlinien erst<br />
ab Januar 2<strong>01</strong>6 bei ihrer Aufsichtstätigkeit anwenden<br />
müssen, wirken sie sich schon seit<br />
ihrer Veröffentlichung im Dezember 2<strong>01</strong>4 auf<br />
die laufende Aufsicht aus. Für Institute, die die<br />
EZB beaufsichtigt, beruhen die neuen SREP-<br />
Quoten etwa bereits ab diesem Jahr auf der<br />
EBA-Systematik.<br />
2.<br />
Der neue Ansatz bringt mehr Regelgebundenheit<br />
und weniger Methodenfreiheit mit sich. Wie stark sehen Sie<br />
Ihr Mitgliedsinstitute dadurch eingeschränkt?<br />
Jäger: Der neue SREP wird wesentlich standardisierter<br />
und vor allem quantitativer ausgerichtet<br />
sein. So schließen die Prüfungen der<br />
einzelnen SREP-Elemente künftig mit Scoring-<br />
Ergebnissen zwischen 1 und 4 ab. Diese werden<br />
teils automatisch berechnet und der Aufseher<br />
hat nur begrenzte Möglichkeiten, dies zu ändern.<br />
Je nach Wert geht das dann mit höheren<br />
Kapitalvorgaben einher.<br />
Wie stark die Methodenfreiheit abnimmt,<br />
wird sich zeigen, wenn wir die Erwartungen<br />
der Aufsicht kennen. Grundsätzlich können<br />
Institute weiterhin nach internen Verfahren in<br />
Säule II steuern. Wenn der Aufseher aber Risiken<br />
anders kalkuliert und etwa nur regulatorische<br />
Eigenmittel als Kapital zur Deckung der<br />
Risiken akzeptiert, dürften sich die Institute<br />
daran orientieren und sich entsprechend anpassen.<br />
Exemplarisch seien die Risikotragfähigkeitsansätze<br />
genannt: Hier ist Deutschland<br />
im europäischen Vergleich sehr fortgeschritten.<br />
Die hiesige Unterscheidung nach Going-<br />
Concern- und Liquidationsansätzen ist dort<br />
eher unbekannt. Wir erwarten, dass die EZB<br />
für die Zwecke des SREP eine Mischung aus<br />
beiden Ansätzen verfolgen wird. Aber grundsätzlich<br />
ist die Diskussion noch im Gang und<br />
noch nichts entschieden.<br />
Schackmann-Fallis: Die eingeschränkte Methodenfreiheit<br />
zeigt sich vor allem darin, dass<br />
die Institute ihre Verfahren zunehmend an den<br />
aufsichtlichen Erwartungen und Benchmarks<br />
ausrichten müssen. Die Aufsicht wird schließlich<br />
nun verstärkt mit Benchmark-Vergleichen<br />
und Peergroup-Analysen arbeiten. Das gehört<br />
zu dem neuen, quantitativen Ansatz. Die Veränderungen<br />
werden sehr deutlich spürbar sein.<br />
Mit Blick auf die gesamte Branche hal- ➔
30 <strong>banking</strong> <strong>insight</strong><br />
ten wir es für bedenklich, wenn sich alle am<br />
gleichen aufsichtlich verordneten Risikosteuerungsansatz<br />
ausrichten.<br />
Das bewirkt ein gewisses Herdentriebverhalten<br />
und bringt doch wieder ganz neue Risiken<br />
mit sich. Wir halten es für besser, das interne<br />
Risikomanagement weiter zu stärken, das<br />
sich an den individuellen Gegebenheiten der<br />
Institute ausrichtet.<br />
Buchholz: Mit Blick auf die heterogene Bankenlandschaft<br />
in Deutschland halten wir für<br />
die zweite Säule eine prinzipienorientierte,<br />
qualitative Aufsichtspraxis für deutlich besser<br />
geeignet als eine regelbasierte, quantitative<br />
Vorgehensweise.<br />
Im Vergleich zum SREP ermöglicht das detaillierte<br />
Risikotragfähigkeitskonzept der deutschen<br />
Aufsicht eine individuelle Banksteuerung<br />
und wird so den Gegebenheiten der deutschen<br />
Bankenbranche deutlich besser gerecht.<br />
Insbesondere halten wir es nicht für sachgerecht,<br />
etwaige Kapitalzuschläge für Säule-<br />
2-Risiken zum regulatorischen Kapital aus den<br />
Säule-1-Anforderungen hinzuzurechnen. Eine<br />
sinnvolle, auf das Institut ausgerichtete Risikosteuerung<br />
und Kapitalunterlegung ist nach<br />
diesem Ansatz nicht mehr so möglich, wie das<br />
bisher. der Fall war<br />
Wir befürchten außerdem, dass der SREP<br />
stärker auf Benchmark-Vergleiche innerhalb<br />
sogenannter Peer-Groups hinausläuft und nicht<br />
flexibel genug ausgerichtet ist. All das würdigt<br />
die Besonderheiten eines Institutes nicht hinreichend<br />
und schränkt die Methodenfreiheit<br />
unnötig ein.<br />
3.<br />
Wie bewerten Sie die<br />
Geschäftsmodellanalyse der Banken?<br />
Jäger: Die Beurteilung des Geschäftsmodells<br />
ist völlig in Ordnung. Die Aufsicht sollte schließlich<br />
wissen, was eine Bank tut und wie ihre<br />
Perspektive aussieht. Das Problem zeigt sich<br />
vielmehr bei der standardisierten Bewertung<br />
über ein Scoring.<br />
Wer beispielweise in einer Nische unterwegs<br />
ist, wird gegebenenfalls eine schlechtere<br />
Bewertung erhalten, weil sein Geschäftsmodell<br />
nicht genügend diversifiziert ist und so auf den<br />
ersten Blick ein höheres Risiko trägt. Betroffen<br />
sind etwa Kreditgeber, die sich beispielsweise<br />
auf Immobilienfinanzierung konzentrieren,<br />
oder Banken, die nur in einer bestimmten Region<br />
aktiv sind. Diese Institute können bei<br />
Marktveränderungen nicht auf andere Bereiche<br />
ausweichen.<br />
Wir finden aber, dass Bankhäuser, die teils<br />
schon 300 Jahre in ihrer Nische unterwegs<br />
sind, die Nachhaltigkeit ihres Geschäftsmodells<br />
mehr als bewiesen haben. Wir befürchten nun,<br />
dass viele Banken ihr Geschäftsmodell anpassen,<br />
um einer schlechten Bewertung zu entgehen.<br />
Damit laufen wir jedoch Gefahr, dass sich<br />
die Geschäftsmodelle zu sehr angleichen und<br />
neue systemische Risiken entstehen.<br />
Schackmann-Fallis: Der Ansatz, dass die Aufseher<br />
auch auf die Geschäftsstrategie eines<br />
Instituts schauen, und wie nachhaltig seine<br />
Erträge sind, ist an sich nachvollziehbar. Das<br />
führt allerdings dazu, dass sie durch ihre Bewertung<br />
die individuellen Geschäftsmodelle<br />
beeinflussen. Die Aufsicht könnte demnach mit<br />
schlechten Bewertungen Anpassungen in der<br />
Geschäftspolitik forcieren, übernimmt aber<br />
nicht die Verantwortung für die damit eventuell<br />
verbundenen Risiken.<br />
Bei allem Verständnis für manche Regulierungsvorhaben<br />
der Vergangenheit: In die betriebswirtschaftliche<br />
Entscheidungsfreiheit des<br />
Vorstands darf nach meiner festen Überzeugung<br />
nicht hineinreguliert werden. Die Festlegung<br />
der Geschäftsstrategie muss in den Händen<br />
der Verantwortlichen bleiben. Das sind<br />
Vorstände und Träger oder auch die Eigentümer<br />
der Institute.<br />
Wird diese Grenze überschritten, so droht<br />
eine indirekte Strukturpolitik, indem zum Beispiel<br />
spezialisierte oder auch sehr kleine Institute<br />
schlechtere Bewertungen für ihre Geschäftsmodelle<br />
erhalten. Hierfür besitzen EBA<br />
und EZB keinerlei Mandat. Davon abgesehen<br />
hat sich in der letzten großen Krise doch eindeutig<br />
gezeigt, dass ein diversifizierter Bankensektor<br />
stabilisierend wirkt.<br />
Buchholz: Die Geschäftsmodelle in die Bankenaufsicht<br />
miteinzubeziehen, sehen wir kritisch.<br />
Aus unserer Sicht liegt die Verantwortung<br />
für die Geschäftsmodelle bei der Geschäftsführung<br />
und den Eigentümern. Die Analyse der<br />
Aufsicht darf deren unternehmerische Verantwortung<br />
nicht infrage stellen. Wenn aber die<br />
Aufsicht jede Planabweichung in „Echtzeit“<br />
verfolgen kann, bei jeder Risikoausschusssitzung<br />
am Tisch sitzt und die Strategie sowie das<br />
Geschäftsmodell quasi genehmigt, wird sich<br />
bei einem Verlust die Frage stellen: Wer außer<br />
dem Management trägt die Verantwortung?<br />
Wer ist haftbar, falls ein von der EZB geprüftes<br />
Geschäftsmodell scheitert? Werden Investoren<br />
Verluste gegenüber den Aufsichtsbehörden<br />
einklagen? Zudem sehen wir die Gefahr einer<br />
„Harmonisierung“ oder „Gleichmacherei“ der<br />
Geschäftsmodelle, woraus neue Klumpen- und<br />
Systemrisiken entstehen können. Ich denke,<br />
die Vielfalt der Geschäftsmodelle sichert gerade<br />
die Stabilität des Finanzsystems.
Praxis 31<br />
4.<br />
Wie stellen sich Ihre<br />
Mitglieder auf die Neuerungen ein?<br />
Jäger: Da wir von höheren Kapitalanforderungen<br />
ausgehen, berücksichtigen dies viele<br />
Banken bereits in ihrer Kapitalplanung. Dies<br />
ist allerdings noch schwierig, da niemand weiß,<br />
wie hoch die Vorgaben tatsächlich aussehen<br />
werden. Überhaupt wissen die Banken noch<br />
wenig im Detail, was genau auf sie zukommt.<br />
Die Leitlinien stehen schließlich erst seit Ende<br />
vergangenen Jahres fest und die EZB hält sich<br />
zu konkreten Maßnahmen bedeckt. Unsere<br />
Mitglieder tragen daher momentan vor allem<br />
möglichst viele Informationen über die Neuerungen<br />
zusammen. Vor allem kleinere Banken<br />
warten vorerst ab. Es ist schwierig auf etwas<br />
zu reagieren, wovon kaum jemand weiß, wie<br />
es letztlich aussehen wird.<br />
Foto: Getty Images<br />
Schackmann-Fallis: Diejenigen Institute der<br />
Sparkassen-Finanzgruppe, die die EZB direkt<br />
beaufsichtigt, sind bereits durch das „Asset<br />
Quality Review“ und durch den Stresstest intensiv<br />
mit dem neuen Aufsichtsansatz vertraut.<br />
Die weiterhin national beaufsichtigten Institute<br />
setzen sich ebenfalls eingehend mit dem<br />
neuen aufsichtlichen Kontext und seinen absehbaren<br />
Auswirkungen auseinander.<br />
Nach eigenen Aussagen führt die EZB ihre<br />
Prüfungen bereits im laufenden Jahr nach Vorgaben<br />
durch, die auf den EBA-Leitlinien zum<br />
neuen Aufsichtsprozess basieren. Diese Vorgaben<br />
veröffentlicht sie jedoch nicht. So wie sie<br />
den neuen Aufsichtsansatz einführt, kann man<br />
von einem Verfahren mit Lernschleifen sprechen:<br />
Die EZB-Aufseher stellen bestimmte Anfragen<br />
oder geben einzelne Wertungen oder<br />
Empfehlungen ab, die Institute reagieren darauf,<br />
und die EZB passt ihre internen Vorgaben<br />
möglicherweise nochmals an.<br />
Wir hoffen, dass die Beschlüsse der EZB<br />
Ende 2<strong>01</strong>5 mehr Klarheit bringen. Das gilt für<br />
die Ergebnisse der aufsichtlichen Bewertungen<br />
als auch für deren Kommunikation gegenüber<br />
den Instituten.<br />
Buchholz: Um sich auf neue Vorgaben einstellen<br />
zu können, müssen diese zunächst im Detail<br />
bekannt sein. Die EBA-Vorgaben sind zwar<br />
sehr umfangreich, aber nicht sonderlich konkret,<br />
da es sich lediglich um Leitlinien handelt.<br />
Gleichzeitig plant die deutsche Aufsicht, die<br />
bisher in einem Rundschreiben niedergelegten<br />
Vorgaben an das Risikomanagement in eine<br />
Verordnung zu überführen, die dann auch von<br />
der EZB zu beachten wäre.<br />
Schließlich haben die Institute einige weitere<br />
neue oder geänderte Vorgaben umzusetzen.<br />
Dazu zählen etwa die Anforderungen an<br />
Sanierungspläne, die aktuell überarbeitet werden,<br />
oder die geplanten Bankenaufsichtlichen<br />
Anforderungen an die IT, kurz BAIT genannt.<br />
Das ist eine enorme Belastung. Wir hoffen, dass<br />
alle neuen Regelungen mit den europäischen<br />
Vorgaben vereinbar sind, um Zusatzbelastungen<br />
zu vermeiden.<br />
Zudem werben wir weiterhin für einen<br />
intensiven Dialog mit der europäischen und<br />
der deutschen Aufsicht, um weitere Datenabfragen<br />
möglichst effizient zu gestalten.<br />
Etwas mehr Transparen ist für alle Akteure<br />
von Vorteil. ■
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