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Einfach nur ICH...Jeanette ein außergewöhnlicher Junkie

Dieses Buch ist meiner Leidensgefährtin Jeanette gewidmet, einer außergewöhnlichen Frau unter den Junkies. Zum Abschluss meiner biografischen Trilogie möchte ich noch einmal meinen schlimmsten Lebensabschnitt aufgreifen. Ich möchte aber hier klar und eindeutig erklären, dieses Buch soll in keiner Weise zum Drogenkonsum anregen, auch wenn manchmal alles cool und aufregend klingt, was wir gemeinsam erlebt haben. Junkie sein ist weder cool noch aufregend, sondern es ist meistens der Anfang eines langen Leidensweges bis zum qualvollen Tod. Jede Art von Droge ist ein Selbstbetrug der irgendwann in Reue umschlägt ©Franz Schmidberger

Dieses Buch ist meiner Leidensgefährtin Jeanette gewidmet, einer außergewöhnlichen Frau unter den Junkies.
Zum Abschluss meiner biografischen Trilogie möchte ich noch einmal meinen schlimmsten Lebensabschnitt aufgreifen.
Ich möchte aber hier klar und eindeutig erklären, dieses Buch soll in keiner Weise zum Drogenkonsum anregen, auch wenn manchmal alles cool und aufregend klingt, was wir gemeinsam erlebt haben.
Junkie sein ist weder cool noch aufregend, sondern es ist meistens der Anfang eines langen Leidensweges bis zum qualvollen Tod.

Jede Art von Droge ist ein Selbstbetrug
der irgendwann in Reue umschlägt
©Franz Schmidberger

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Ein Wort zum Inhalt<br />

Ich berichte in diesem Buch über <strong>ein</strong>e wahre Lebensgeschichte. Dieses Mal geht es nicht<br />

<strong>nur</strong> m<strong>ein</strong>e, sondern auch um die <strong>ein</strong>er Frau, die ich persönlich kannte. Wir durchlebten<br />

ungefähr vier Jahre lang gem<strong>ein</strong>sam die Drogenszene.<br />

Wer m<strong>ein</strong>e Geschichte kennt, die ich in den zwei Büchern „<strong>Einfach</strong> <strong>nur</strong> <strong>ICH</strong> … ich<br />

habe überlebt“ und „<strong>Einfach</strong> <strong>nur</strong> Ich … und ich lebe immer noch“, erzählt habe, weiß,<br />

dass mir viel Unvorstellbares widerfahren ist, ebenso wie <strong>Jeanette</strong>. Nur hat sie es anders<br />

gemeistert als ich.<br />

Teil 1 m<strong>ein</strong>er Geschichte gibt <strong>ein</strong>en generellen Überblick über m<strong>ein</strong> turbulentes<br />

Leben. Wer erwartet hat, dass m<strong>ein</strong> Kampf nach dem Ausstieg aus der Drogenszene<br />

und mit m<strong>ein</strong>er Auswanderung nach Kalabrien zu Ende war, irrte sich.<br />

In Teil 2 berichte ich detaillierter über <strong>ein</strong>ige Lebensabschnitte und erwähne<br />

Begebenheiten, die ich zuvor teils bewusst und teils unbewusst verschwiegen habe, und<br />

erzähle, wie es mir nach m<strong>ein</strong>er Auswanderung und nach der Veröffentlichung des 1.<br />

Buches erging.<br />

Teil 3 befasst sich nun genauer mit der Zeit, die ich im Drogenmilieu verbrachte. Zu<br />

diesem Lebensabschnitt gehört für mich unweigerlich <strong>Jeanette</strong>. Sie war <strong>ein</strong>e<br />

außergewöhnliche Frau unter den <strong>Junkie</strong>s. Was das Besondere an ihr war, und wie sie<br />

m<strong>ein</strong> Leben be<strong>ein</strong>flusst hat, werden Sie hier erfahren.<br />

Man kann allerhand erleben in der Drogenszene – vorwiegend aber Schreckliches.<br />

Ich habe gute und schlechte Menschen kennengelernt. <strong>Jeanette</strong> war mir immer <strong>ein</strong>e<br />

ganz besondere Freundin in dieser grausamen Szene.<br />

Mit diesem Bericht von unserer Freundschaft und dem, was wir gem<strong>ein</strong>sam erlebt<br />

haben, möchte ich nun m<strong>ein</strong>e biografische Lebensgeschichte abschließen.<br />

Was ich hier ganz klar und deutlich sagen muss, ist, dass dieses Buch in k<strong>ein</strong>er Weise<br />

zum Drogenkonsum anregen soll, auch wenn manchmal alles cool und aufregend klingt.<br />

<strong>Junkie</strong> s<strong>ein</strong> ist weder cool noch aufregend, sondern in den meisten Fällen der Beginn<br />

<strong>ein</strong>es langen Leidensweges bis zum qualvollen Tod.


Daggi Geiselmann<br />

Inhalt<br />

Ein Wort zum Inhalt<br />

<strong>Jeanette</strong> – So lernte ich sie kennen<br />

Die ersten Joints<br />

In der Ausnüchterungszelle<br />

Ohne <strong>Jeanette</strong> – und schon war es passiert<br />

Alltag unter <strong>Junkie</strong>s<br />

<strong>Jeanette</strong> und ich im Urlaub auf Sizilien<br />

Weiter im alten Trott<br />

Angst um <strong>Jeanette</strong><br />

Daggi fährt <strong>ein</strong> (Knast)<br />

Ein neues Leben mit Michele<br />

Abschied mit Hindernissen<br />

Aus war es mit dem neuen Glück<br />

Ein freudiges Wiedersehen mit klaren Vorgaben<br />

Tod im Benediktinerhof<br />

Das zweckentfremdete Ultraschall-Foto<br />

Das Leben ging weiter<br />

Die bisherigen Bücher


<strong>Jeanette</strong> – So lernte ich sie kennen<br />

An <strong>ein</strong>em eiskalten Winterabend im Dezember 1985 stand ich, wie jeden Abend, an<br />

m<strong>ein</strong>em Stammplatz an der Post in Singen und wartete auf Freier. Ich wusste, dass es<br />

Sperrbezirk war, es interessierte mich aber damals nicht im Geringsten. M<strong>ein</strong>er<br />

M<strong>ein</strong>ung nach musste man <strong>nur</strong> die Augen offen halten, falls die Polizei Kontrollen<br />

durchführte, um diese Gesetzesvorschriften zu umgehen.<br />

Mir war kalt, ich zitterte schon in m<strong>ein</strong>em Minirock mit weit ausgeschnittenem<br />

Pullover und offener Lederjacke. Dann bemerkte ich <strong>ein</strong> Mädchen in Jeans und weißer<br />

Bluse, ohne Jacke auf der anderen Straßenseite. All<strong>ein</strong> schon ihr Anblick ließ mich noch<br />

mehr frieren. Einer m<strong>ein</strong>er Freier hielt bei ihr an und sie stieg <strong>ein</strong>. Nun wusste ich, dass<br />

auch sie anschaffte, denn das konnte k<strong>ein</strong> Zufall s<strong>ein</strong>. Ich kannte eigentlich alle, die im<br />

Sperrbezirk auf Freiersuche gingen. Meist waren es Drogensüchtige, von denen ich bis<br />

zu diesem Zeitpunkt kaum etwas wusste.<br />

„Der Idiot sucht frische Ware und mir erzählt er jedes Mal, wie sehr er auf mich<br />

steht, sich nie von <strong>ein</strong>er anderen bedienen lassen würde. Sind alle gleich, diese<br />

Dreckskerle“, dachte ich und war stinksauer.<br />

Nach <strong>ein</strong>er halben Stunde hatte ich immer noch k<strong>ein</strong>en Kunden gefunden und wollte<br />

<strong>ein</strong>en Kaffee trinken gehen, um mich aufzuwärmen, als ich sah, wie das Mädchen<br />

wieder aus dem Auto stieg und sich mit <strong>ein</strong>em Winken von dem Kunden verabschiedete.<br />

Sie überquerte die Straße, drängelte sich durch den dichten Verkehr und kam direkt<br />

auf mich zu.<br />

„Darf ich dich zu <strong>ein</strong>em heißen Kaffee <strong>ein</strong>laden? Ich bin total durchgefroren, weil ich<br />

m<strong>ein</strong>e Jacke vergessen habe. Außerdem habe dir ja gerade d<strong>ein</strong>en Freier geklaut. Das<br />

hat der mir zumindest gesagt.“ Sie lächelte.<br />

Das fand ich nett von ihr, so etwas war nicht üblich unter den Frauen, die ich beim<br />

Anschaffen kennengelernt hatte. Deshalb ging ich auf ihr Angebot <strong>ein</strong> und wir machten<br />

uns gem<strong>ein</strong>sam auf den Weg zu m<strong>ein</strong>er Stammkneipe.


„Ich bin <strong>Jeanette</strong> und wie heißt du denn?“, fragte sie.<br />

„Lisa nennt man mich, aber eigentlich heiße ich Daggi“, antwortete ich.<br />

Das musste für sie irgendwie lustig s<strong>ein</strong>, denn sie lachte schallend und konnte sich<br />

kaum beruhigen.<br />

„Sorry, aber warum lässt du dich Lisa nennen? Klingt irgendwie wie Lieschen<br />

Müller, aber du siehst mir nicht wie Lieschen Müller aus. Als Nutte!“, kreischte sie,<br />

während sie immer noch unter Lachtränen nach Luft rang.<br />

So hatte ich das noch nicht gesehen und musste nun auch grinsen. Mir ging durch<br />

den Kopf, dass eher sie mit ihren langen braunen Haaren, Jeans und Bluse, dünn wie<br />

<strong>ein</strong>e Bohnenstange, nach Lieschen Müller aussah, aber das sagte ich ihr nicht. Ihr<br />

Lachen war ansteckend und so kamen wir gut gelaunt in der Kneipe an und bestellten<br />

Kaffee, als wir an der Theke vorbeigingen. Wir setzten uns an den <strong>ein</strong>zigen noch freien<br />

Tisch.<br />

Ich klärte sie darüber auf, wie es zu dem, für sie so lustigen, Namen gekommen war.<br />

M<strong>ein</strong> „Freund“ konnte Dagmar nicht richtig aussprechen und bevorzugte deshalb<br />

m<strong>ein</strong>en zweiten Namen Elisabeth. So kam es, dass mich alle mit Lisa ansprachen.<br />

Durch zwei oder drei gezielte Fragen, die ich ihr ehrlich beantwortete, fand <strong>Jeanette</strong><br />

schnell heraus, dass m<strong>ein</strong> „Freund“ <strong>ein</strong> Zuhälter aus Sizilien war.<br />

„Ah, so <strong>ein</strong>e Filzlaus, also so <strong>ein</strong>en Blutsauger kann ich nicht finanzieren. Ich brauch<br />

m<strong>ein</strong> Geld für Stoff, für Koks und Heroin“, erklärte sie mir.<br />

Sofort verteidigte ich ihn und betonte ausdrücklich, dass er k<strong>ein</strong> Blutsauger sei und<br />

ich ihn liebte. Auf m<strong>ein</strong>e Gegenfrage, warum sie denn dieses Zeug brauche, ging sie<br />

nicht <strong>ein</strong>.<br />

„Na gut – geht mich nichts an. Ist d<strong>ein</strong> Bier, was du machst und m<strong>ein</strong>es, was ich<br />

mache“, antwortete sie gelassen.<br />

Als der Kaffee ausgetrunken war, begaben wir uns wieder auf den Weg zum<br />

„Arbeitsplatz“.


„Ich mach noch <strong>ein</strong>en und dann geh ich erst mal m<strong>ein</strong>e Jacke aufsammeln. Die muss<br />

bei m<strong>ein</strong>em Dealer herumliegen. Das hält ja k<strong>ein</strong> Mensch aus in dieser Kälte“, jammerte<br />

<strong>Jeanette</strong>. Ihre Zähne klapperten schon nach den ersten Schritten in der Kälte.<br />

Sie hatte mehr Glück als ich und fand sofort den nächsten Freier. Nachdem ich mir<br />

<strong>ein</strong>e weitere Stunde die B<strong>ein</strong>e in den Bauch gestanden hatte, fand auch ich endlich <strong>ein</strong>en.<br />

<strong>Jeanette</strong> sah ich an diesem Abend nicht wieder.<br />

Ich hatte sie schon fast vergessen, als wir uns nach zwei Tagen zufällig wieder im<br />

Sperrbezirk begegneten. Es war sehr spät und sie verärgert, weil es regnete und kaum<br />

Betrieb war.<br />

„Ich brauch m<strong>ein</strong>en Schuss für morgen, sonst krieg ich <strong>ein</strong>en üblen Turkey“, stöhnte<br />

sie.<br />

„Was für <strong>ein</strong> Ding – <strong>ein</strong>en Truthahn?“, fragte ich verwundert.<br />

„Entzugsersch<strong>ein</strong>ungen nennen wir Turkey in der Szene“, klärte sie mich auf.<br />

Ich konnte mir unter Entzugsersch<strong>ein</strong>ungen nicht wirklich etwas vorstellen, verstand<br />

aber, dass es ihr wichtig war, diese zu vermeiden. Sie legte sich mächtig ins Zeug, um<br />

<strong>ein</strong>en Kunden zu finden, machte jeden an, der an uns vorbeilief, egal, ob der auf Suche<br />

war oder nicht.<br />

Ich hatte Glück und fand dann vor ihr jemanden, der Interesse zeigte. <strong>Jeanette</strong> tat<br />

mir leid. Deshalb aktivierte ich all m<strong>ein</strong>e Überredungskünste und machte ihm <strong>ein</strong>en<br />

flotten Dreier schmackhaft. Als er darauf <strong>ein</strong>ging, rief ich <strong>Jeanette</strong> und sie stieg ins Auto<br />

<strong>ein</strong>.<br />

Na ja – den genauen Ablauf schildere ich jetzt nicht, denn m<strong>ein</strong>e Erzählung soll k<strong>ein</strong><br />

Porno werden. Ich sage <strong>nur</strong> so viel, war ganz lustig, <strong>ein</strong>en Dreier im Auto zu<br />

bewerkstelligen, irgendwo auf <strong>ein</strong>em abgelegenen Parkplatz. Wir konnten uns das<br />

Lachen b<strong>ein</strong>ahe nicht verkneifen, so <strong>ein</strong>fältig stellte der sich an. Aber er erreichte s<strong>ein</strong><br />

Ergebnis und die Kasse stimmte für uns beide. Der Abend war gerettet und <strong>Jeanette</strong><br />

sagte: „So etwas macht nicht jede, danke dir, Lisa – du hast mich gerettet! Werde mich<br />

bei Gelegenheit revanchieren.“ Überschwänglich drückte sie mir <strong>ein</strong>en Kuss auf die<br />

Wange.


Einige Nächte hindurch liefen wir uns regelmäßig über den Weg, wechselten <strong>ein</strong> paar<br />

Worte, tranken gelegentlich Kaffee zusammen. Irgendwann fragte sie mich: „Was<br />

machst du eigentlich tagsüber?“<br />

„Nicht viel, und du?“, gab ich die Frage an sie zurück.<br />

„Ich mach eigentlich das Gleiche wie nachts. Du kannst ja morgen mal an den<br />

Brunnen vor dem Central-Kino kommen. Da findest du mich bestimmt so ab zwölf<br />

Uhr“, m<strong>ein</strong>te sie.<br />

„Mal sehen“, gab ich so desinteressiert wie möglich zur Antwort. Aber ich wusste<br />

genau, dass ich <strong>Jeanette</strong> auch tagsüber treffen wollte, denn sie gefiel mir schon richtig<br />

gut. Zudem waren m<strong>ein</strong>e Tage ziemlich <strong>ein</strong>tönig, und ich versprach mir etwas<br />

Abwechslung davon. Freundinnen hatte ich k<strong>ein</strong>e, war <strong>nur</strong> auf m<strong>ein</strong>en Sizilianer fixiert.<br />

So kam es, dass ich am nächsten Tag gegen mittag zum besagten Brunnen im<br />

Stadtzentrum spazierte. Schon von Weitem erblickte ich <strong>Jeanette</strong>, sie saß mit <strong>ein</strong>igen<br />

anderen Mädchen dort, die ich beim Anschaffen auch schon gesehen hatte. Ich setze<br />

mich dazu.<br />

„Hey – hallo Lisa“, begrüßte sie mich lachend.<br />

Ich nickte und folgte dem Gespräch, das sie mit den Mädchen führte. Es ging um<br />

Heroin, Dealer, und wer momentan den besten Stoff anbot. <strong>Jeanette</strong> hatte wohl <strong>ein</strong>e<br />

Quelle, die die anderen nicht kannten, und sie ließ sich Geld geben, um ihnen den Stoff<br />

zu beschaffen, den sie in den höchsten Tönen lobte.<br />

„In <strong>ein</strong>er halben Stunde bin ich wieder hier“, rief sie mir zu und lief eilig davon.<br />

So hatte ich mir unser erstes Treffen tagsüber zwar nicht vorgestellt, aber da ich<br />

sowieso nichts anderes vorhatte, wartete ich mit den anderen auf ihre Rückkehr. Die<br />

Mädchen waren sichtlich nervös und schauten ständig auf die Uhr.<br />

„Kennst du <strong>Jeanette</strong> näher? Kann man sich auf die verlassen?“, fragte mich <strong>ein</strong>e von<br />

ihnen.<br />

Ich war froh, dass sie gerade in diesem Moment zurückkam, jedem der Mädchen <strong>ein</strong><br />

kl<strong>ein</strong>es Briefchen in Silberpapier zusteckte, und mich damit von <strong>ein</strong>er Antwort entband.<br />

Fluchtartig verschwand sie, jede <strong>ein</strong>e andere Richtung.


„Sorry Lisa – ging nicht anders – aber jetzt hab ich Zeit. Lass uns Kaffeetrinken<br />

gehen“, sagte <strong>Jeanette</strong> und zog mich vom Brunnenrand hoch, ohne <strong>ein</strong>e Antwort<br />

abzuwarten.<br />

Auf dem Weg zu unserem Stammcafé redete sie pausenlos von dem guten Geschäft,<br />

das sie gerade mit den Mädels gemacht und sich dadurch ihren Schuss gratis verdient<br />

habe. Sie berichtete auch von ihrem Dealer und dem sauberen Stoff, den er anbot und<br />

davon, dass die Mädels froh s<strong>ein</strong> konnten, ihr das Geld anvertraut zu haben.<br />

„Die meisten anderen <strong>Junkie</strong>s wären wohl mit dem Geld durchgebrannt oder hätten<br />

das Material viel stärker gestreckt als ich, um selbst mehr daran zu verdienen“, sagte sie<br />

stolz.<br />

Ich verstand zu diesem Zeitpunkt <strong>nur</strong> die Hälfte von dem, was sie da plauderte und<br />

war mächtig be<strong>ein</strong>druckt.<br />

Während wir unseren Kaffee schlürften, erzählte ich ihr dann aus m<strong>ein</strong>em Leben.<br />

Zum Beispiel, wie es dazu gekommen war, dass ich Anschaffen ging, und wie aus <strong>ein</strong>em<br />

ganz normalen jungen Mädchen <strong>ein</strong>e Prostituierte wurde.<br />

Sie können das in m<strong>ein</strong>em Buch „<strong>Einfach</strong> <strong>nur</strong> <strong>ICH</strong> … ich habe überlebt“ nachlesen.<br />

Ich sprach auch davon, dass m<strong>ein</strong>e Tage <strong>ein</strong>tönig verflossen. „Ich hätte gern <strong>ein</strong><br />

bisschen Abwechslung, um auf andere Gedanken zu kommen.“<br />

<strong>Jeanette</strong> konnte schon damals nicht verstehen, was ich heute auch nicht mehr richtig<br />

nachvollziehen kann: Ich habe aus Liebe zu <strong>ein</strong>em Mann m<strong>ein</strong>en Körper verkauft und<br />

selbst nicht den geringsten Verdienst daran gehabt.<br />

Die nächsten Tage verliefen ähnlich und m<strong>ein</strong>e Treffen mit <strong>Jeanette</strong> waren zur<br />

Gewohnheit geworden. Kam <strong>ein</strong>mal etwas dazwischen, sodass wir uns nicht sehen<br />

konnten, fehlte mir etwas und ihr ging es nicht anders. Unsere Freundschaft entwickelte<br />

sich und diskret sprach <strong>Jeanette</strong> immer wieder <strong>ein</strong> Thema an: die Abhängigkeit von<br />

m<strong>ein</strong>em Freund, dem Zuhälter. Nie würde sie verstehen können, dass ich solch <strong>ein</strong>en<br />

Typen lieben konnte, denn sie erfuhr fast täglich, wie schlecht er mich behandelte.<br />

Sie selbst sprach zuerst kaum über sich. Ich wusste <strong>nur</strong>, sie hatte wie ich <strong>ein</strong> Zimmer<br />

in <strong>ein</strong>er Kneipe, war fünf Jahre jünger als ich, und um nichts in der Welt wollte sie<br />

aufhören mit dem Drogenkonsum. Es gehörte irgendwie zu ihr, wie zu mir m<strong>ein</strong> Freund


gehörte. Aber diese Tatsache wirkte nicht abstoßend auf mich, weil sie sich von den<br />

anderen Süchtigen, die ich flüchtig kannte, unterschied. Sie sah gepflegter aus und man<br />

sah es ihr nicht auf den ersten Blick an, dass sie <strong>ein</strong> <strong>Junkie</strong> war. Außerdem war sie fast<br />

immer gut gelaunt und beklagte sich <strong>nur</strong> selten. Sie hatte für jeden <strong>ein</strong> freundliches<br />

Wort und selbst, wenn es ihr schlecht ging, ließ sie sich das nicht anmerken.<br />

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