Kommunikationsmoderator
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Angehörigen-Kommunikation<br />
dabei von Angehörigen die höchste<br />
Priorität eingeräumt (Hickey M ;Heart<br />
Lung 1990; 19:401).<br />
Verbesserungen der kommunikativen<br />
Prozesse zwischen Ärzten und Angehörigen<br />
können die Behandlungsqualität<br />
verbessern, aber auch einen positiven<br />
Einfluss auf psychische Spätfolgen<br />
bei Angehörigen nehmen (Lautrette A<br />
N Engl J Med 2007; 356:469, Scheunemann<br />
LP Chest 2011; 139:543).<br />
In einer neuen, prospektiv randomisierten<br />
Studie wird der Einsatz eines <strong>Kommunikationsmoderator</strong>s<br />
zur Optimierung<br />
der Kommunikation zwischen Angehörigen<br />
und dem Behandlungsteam<br />
evaluiert (Curtis JR Am J Respir Crit<br />
Care Med 2016; 193:154). Die Studie<br />
wurde an 2 Krankenhäusern mit insgesamt<br />
5 Intensivstationen durchgeführt.<br />
Folgende Einschlusskriterien<br />
wurden festgelegt:<br />
1. Liegedauer ≥ 24 Stunden auf der Intensivstation,<br />
2. invasive Beatmung bei Studieneinschluss,<br />
3. ein Sequential Organ Failure (SOFA)<br />
Score ≥ 6 oder eine prognostizierte<br />
ICU-Sterblichkeit ≥ 30% und<br />
4. ein Angehöriger, welcher regelmäßig<br />
auf die Intensivstation kommen kann.<br />
Tabelle: Intensivliegedauer und Krankenhausliegedauer für die Interventionsgruppe<br />
und die Kontrollgruppe (nach Curtis JR; Am J Respir Crit Care Med 2015; 193:154)<br />
Endpunkt Patienten, n Kontrollgruppe Interventionsgruppe p-Wert<br />
Intensivliegedauer,<br />
168 21,4 17,4 0,297<br />
Mittelwert (Tage)<br />
Verstorbene 46 28,5 7,7 0,001<br />
Überlebende 122 19,1 20,0 0,589<br />
KH-Liegedauer<br />
153 32,6 24,1 0,001<br />
Mittelwert (Tage)<br />
Verstorbene 49 31,8 8,0 0,001<br />
Überlebende 104 32,5 30,6 0,508<br />
Die <strong>Kommunikationsmoderator</strong>en<br />
(Pflegekraft und Sozialarbeiter) wurden<br />
im Vorfeld speziell geschult. Dabei<br />
wurde die aktuelle Evidenz in der<br />
Durchführung der Kommunikation von<br />
Ärzten mit Angehörigen auf einer Intensivstation<br />
dargestellt. Ebenfalls wurden<br />
die unterschiedlichen Bindungsstile<br />
und ihre Bedeutung für zwischenmenschliche<br />
Beziehungen eingehend<br />
erörtert, sowie die für den jeweiligen<br />
Bindungsstil adäquate Kommunikationsstrategie<br />
trainiert. Die Technik einer<br />
Mediation in sechs Schritten wurde<br />
ebenfalls eingehend erlernt.<br />
In der Interventionsgruppe führten<br />
die <strong>Kommunikationsmoderator</strong>en Interviews<br />
mit den Angehörigen durch,<br />
um ihre Sorgen, Bedürfnisse und ihr<br />
Kommunikationsverhalten besser zu<br />
verstehen. Diese Erkenntnisse wurden<br />
in Besprechungen dem Behandlungsteam<br />
(Intensivmediziner, Pflegepersonal<br />
und andere Ärzte) mitgeteilt<br />
und vermittelt. Die Kommunikation<br />
und emotionale Unterstützung wurden<br />
an die jeweiligen Bindungsstile der Angehörigen<br />
angepasst. Darüber hinaus<br />
nahmen die <strong>Kommunikationsmoderator</strong>en<br />
an den Angehörigenkonferenzen<br />
teil und kontaktierten die Angehörigen<br />
spätestens 24 Stunden nach Verlegung<br />
von der Intensivstation.<br />
Folgende Studienziele wurden<br />
a priori festgelegt:<br />
1. Psychologische Symptome wurden<br />
mit validierten Bewertungsinstrumenten<br />
erfasst wie Patient Health<br />
Questionnaire - PHQ-9 für die Depression,<br />
Generalized Anxiety Disorder<br />
- GAD-7 für Angst und PTSD<br />
Checklist Civilian Version - PCL für<br />
eine posttraumatische Belastungsstörung.<br />
Der PHQ-9 Score sowohl nach<br />
3 und 6 Monaten wurde als primäres<br />
Studienziel bestimmt.<br />
2. Länge der Intensivbehandlung.<br />
3. Kosten der Intensiv- und Krankenhausbehandlung.<br />
Zwischen 11/2008 und 10/2013 wurden<br />
Angehörige von 488 Intensivpatienten<br />
angesprochen, von denen schließlich<br />
168 Patienten mit insgesamt 268<br />
Angehörigen in die Studie eingeschlossen<br />
wurden (Interventionsgruppe n =<br />
137, Kontrollgruppe n = 131) . Der<br />
<strong>Kommunikationsmoderator</strong> hatte in<br />
der Interventionsgruppe insgesamt 9,4<br />
± 6,5 Kontakte mit den Angehörigen<br />
und verbrachte mit ihnen 267 ± 211<br />
Minuten.<br />
Nach 3 Monaten lag der angepasste Depressions-Score<br />
in der Interventionsgruppe<br />
nicht signifikant niedriger, nach<br />
6 Monaten fand sich ein signifikanter<br />
Unterschied zugunsten der Interventionsgruppe.<br />
Angst und die posttraumatische<br />
Belastungsstörung waren nach 3<br />
und 6 Monaten ohne signifikanten Unterschied<br />
zwischen beiden Gruppen.<br />
Die nicht adjustierte Sterblichkeit zeigte<br />
keinen Unterschied zwischen Interventionsgruppe<br />
und Kontrollgruppe (ICU-<br />
Sterblichkeit 26% versus 29%, Krankenhaus-Sterblichkeit<br />
27% versus 37%).<br />
Die Intensivliegedauer und Krankenhausliegedauer<br />
zeigten eine signifikante<br />
Interaktion bezüglich Sterblichkeit zwischen<br />
der Interventions-und Kontrollgruppe<br />
(Tabelle).<br />
Die Intensiv- und Krankenhausbehandlungskosten<br />
lagen in der Interventionsgruppe<br />
signifikant niedriger,<br />
dabei waren die Kosten vor allem in<br />
der Gruppe der verstorbenen Patienten<br />
der Interventionsgruppe geringer<br />
(Abbildung). Die Kostenunterschiede<br />
ließen sich nicht vollständig durch die<br />
Nr. 1, 2016 15