Die ungehorsame Garnrolle - Imaginata
Die ungehorsame Garnrolle - Imaginata
Die ungehorsame Garnrolle - Imaginata
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<strong>Die</strong> <strong>ungehorsame</strong> <strong>Garnrolle</strong><br />
110 kV-Halle<br />
Ziehst du am Seil, bewegt sich die <strong>Garnrolle</strong>.<br />
Doch warum rollt sie mal von dir weg und mal zu dir hin?<br />
� Wohin rollte die <strong>Garnrolle</strong>, wenn du das Seil waagerecht hältst?<br />
� Wohin rollt die <strong>Garnrolle</strong>, wenn du das Seil fast senkrecht hältst?<br />
� Probier verschiedene Zugwinkel aus; findest du den Winkel, an dem sich das<br />
Verhalten der <strong>Garnrolle</strong> ändert?<br />
� Was passiert, wenn du an diesem Punkt kräftig am Seil ziehst?<br />
� Was denkst du; ist dieser Winkel bei jeder <strong>Garnrolle</strong> gleich groß?<br />
159<br />
„<strong>Die</strong> kleinen<br />
Gegenstände sind<br />
<strong>ungehorsame</strong>r als die<br />
großen. Einen Stein<br />
kann man vermeiden,<br />
man kann ihm<br />
ausbiegen. Vor dem<br />
Staub aber kann man<br />
sich nicht retten. Man<br />
muß mitten hindurch.“<br />
Maxim Gorki, Das<br />
Leben des Klim Samgin
So ungehorsam ist die <strong>Garnrolle</strong> gar nicht, wenn du erst einmal die Gesetzmäßigkeit<br />
dahinter durchschaut hast. Hältst du das Seil sehr flach, d.h. in einem kleinen Winkel, so<br />
kommt die <strong>Garnrolle</strong> zu dir. Wenn du das Seil nach oben ziehst, ist der Zugwinkel groß<br />
und die Rolle rollt von dir weg. Durch Probieren findest du schnell den Zugwinkel, an dem<br />
die Rolle weder vor- noch zurückrollt, sondern rutscht, und der gleichsam die Grenze<br />
zwischen den beiden Rollbewegungen darstellt.<br />
Um die Bewegungen der nun sehr gehorsamen <strong>Garnrolle</strong> besser zu verstehen, lohnt es<br />
sich, einen Blick auf die an der Rolle wirkenden Kräfte zu richten. Kraft ist eine der<br />
grundlegenden physikalischen Größen. Sie ist nur über ihre Wirkung erfahrbar und ist – im<br />
Gegensatz beispielsweise zur Energie – immer gerichtet. Um Kräfte zu beschreiben,<br />
benötigen wir also nicht nur die Angabe über deren „Stärke“ (der Physiker spricht vom<br />
„Betrag“), sondern auch über die Richtung (den „Vektor“), in die die Kraft wirkt.<br />
In welche Richtung die Kraft an der <strong>Garnrolle</strong> wirkt, kannst du selbst beobachten. Bitte<br />
einen Partner, das Seil in Position zu halten und stelle dich neben die <strong>Garnrolle</strong>. Nun<br />
kannst du in Gedanken das Seil bis zum Boden verlängern und so die Richtung der<br />
Kraftwirkung erkennen.<br />
Wenn das Seil nach oben gezogen wird, wirkt die<br />
Kraft vor dem Auflagepunkt P auf die <strong>Garnrolle</strong>.<br />
Daraus resultiert eine Drehbewegung um den<br />
Auflagepunkt und die <strong>Garnrolle</strong> rollt nach hinten.<br />
Wenn das Seil in einem flachen Winkel gezogen wird,<br />
greift die Zugkraft hinter dem Auflagepunkt der<br />
<strong>Garnrolle</strong> an. <strong>Die</strong> daraus resultierende Drehbewegung<br />
lässt die <strong>Garnrolle</strong> nach vorn rollen.<br />
Wenn die Verlängerung des Seils genau auf den<br />
Auflagepunkt P zeigt, greift die Zugkraft auch exakt<br />
an diesem Auflagepunkt an. <strong>Die</strong> Rolle dreht sich<br />
nicht, sondern gerät allenfalls ins Rutschen. Wie groß<br />
dieser Winkel genau ist, hängt von dem Verhältnis<br />
des inneren zu äußeren Radius ab. So lässt sich die<br />
Geometrie der <strong>Garnrolle</strong> mit folgender Formel<br />
beschreiben:<br />
� Zugwinkel<br />
ri<br />
ri<br />
Radius der inneren Rolle<br />
ra<br />
Radius der äußeren Rolle<br />
cos�<br />
�<br />
160<br />
r<br />
a