21.04.2016 Aufrufe

Kolpingmagazin 05-06 2016

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

NACHRICHTEN<br />

Kolpingwerk Deutschland positioniert sich zum Embryonenschutz<br />

Bioethik braucht internationale Standards<br />

Ab der ersten Zellteilung der befruchteten Eizelle gilt das Embryonenschutzgesetz für den<br />

Menschen bereits in seinem frühen Entwicklungsstadium.<br />

Der Bundesvorstand des Kolpingwerkes<br />

Deutschland hat sich angesichts des sich in<br />

Großbritannien abzeichnenden Tabubruchs<br />

in der Bioethik positioniert. Er spricht ein<br />

klares Nein gegenüber einer „verbrauchenden<br />

Forschung“ mit menschlichen Embryonen<br />

aus, ebenso gegenüber der Forschung<br />

zur Verwirklichung von Eingriffen in die<br />

Keimbahn menschlicher Embryonen. Er<br />

plädiert für einen Schutz des Menschen<br />

vom ersten bis zum letzten Augenblick des<br />

Lebens. Hier der Wortlaut der Erklärung:<br />

1. Die Freiheit von Wissenschaft und Forschung<br />

bedeutet ein hohes Gut: Die<br />

Menschheit verdankt ihr u. a. den medizinischen<br />

Fortschritt mit der erfolgreichen Bekämpfung<br />

von Krankheiten, unter denen<br />

die Menschen lange Zeit leiden mussten.<br />

2. Ein Teil des medizinischen Fortschritts<br />

besteht in der Reproduktionsmedizin, die<br />

eine künstliche Befruchtung – die Vereinigung<br />

von Ei und Samenzelle außerhalb des<br />

Körpers – ermöglicht. Dies belastet die Eltern,<br />

insbesondere die Frau, durch die nötigen<br />

Eingriffe. Besondere Verantwortung<br />

obliegt den beteiligten Medizinern, weil sie<br />

den Befruchtungsakt anstelle des Zeugungsaktes<br />

ausführen. Eine künstliche Befruchtung<br />

wird nach der Lehre der katholischen<br />

Kirche abgelehnt, weil die Zeugung menschlichen<br />

Lebens vom Liebesakt abgekoppelt<br />

wird (Dignitas personae Nr. 6). Besonders<br />

scharf wird von der Kirche kritisiert, dass<br />

die künstliche Befruchtung „die willentliche<br />

Beseitigung von Embryonen“ mit sich<br />

bringt (Dignitas personae Nr. 14).<br />

3. In Deutschland ist die künstliche Befruchtung<br />

legal. Sie ist aber nicht eine reine Privatangelegenheit<br />

der Beteiligten. Über die<br />

Wahrung der Menschenwürde zu wachen<br />

und das menschliche Leben vom ersten bis<br />

zum letzten Augenblick zu schützen, gehört<br />

zu den Rechten und Pflichten des staatlichen<br />

Handelns. Deshalb hat der Gesetzgeber<br />

in Deutschland bereits seit dem Jahr 1990<br />

die Reproduktionsmedizin aus ethischen<br />

Gründen durch das Embryonenschutzgesetz<br />

reguliert und in verantwortbare Bahnen<br />

gelenkt. Dabei schützt der deutsche Gesetzgeber<br />

den Embryo vom Zeitpunkt der<br />

Entstehung an. Embryo ist nach § 8 Embryonenschutzgesetz<br />

die befruchtete, entwicklungsfähige<br />

menschliche Eizelle. Als<br />

entwicklungsfähig gilt laut Gesetz jede befruchtete<br />

Eizelle, außer es zeigt sich innerhalb<br />

von 24 Stunden nach der Befruchtung,<br />

dass sie sich nicht teilen kann. Unter Strafe<br />

gestellt wird die missbräuchliche Anwendung<br />

von Fortpflanzungstechniken mit<br />

Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe<br />

unter anderem, wenn eine Befruchtung<br />

zu einem anderen Zweck als zur<br />

Schwangerschaft vorgenommen wird, innerhalb<br />

eines Zyklus mehr als drei Embryonen<br />

übertragen werden oder mehr als drei<br />

Eizellen im Eileiter befruchtet werden. Strafbar<br />

ist bereits, mehr Eizellen einer Frau zu<br />

befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus<br />

übertragen werden sollen. Ebenso streng<br />

verboten ist die Verwendung des menschlichen<br />

Embryos für Zwecke, die keine<br />

Schwangerschaft herbeiführen sollen.<br />

4. Anfang Februar hat in Großbritannien die<br />

Zulassung einer neuen Forschungsmethode<br />

Aufsehen erregt. Die britische Behörde<br />

HFEA (Human Fertilisation and Embryology<br />

Authority) hat die genetische<br />

Veränderung von vorhandenen menschlichen<br />

Embryonen erlaubt, die von der Reproduktionsmedizin<br />

nicht mehr zur Erzeugung<br />

einer Schwangerschaft benötigt<br />

werden. Dies würde in Deutschland gegen<br />

die gültigen ethischen Normen verstoßen<br />

und wäre nach den Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes<br />

unter Strafe gestellt.<br />

Die britischen Wissenschaftler brechen damit<br />

ein bislang weltweit gültiges Tabu und<br />

erlauben erstmals die Manipulation der<br />

menschlichen Keimbahn. Die Veränderungen<br />

sollen Aufschluss darüber geben, warum<br />

es zu Fehlgeburten kommt. Die Embryonen<br />

dürfen keiner Frau eingepflanzt<br />

und müssen nach längstens zwei Wochen<br />

vernichtet werden.<br />

5. Auch der Europäische Gerichtshof<br />

(EUGH) in Luxemburg stellte in einem<br />

Grundsatzurteil im Oktober 2011 Embryonen<br />

unter den Schutz der Menschenwürde.<br />

6. Menschliche Embryonen dürfen nicht als<br />

Forschungsmaterial zur Verfügung stehen!<br />

Eingriffe in die menschliche Keimbahn und<br />

die damit verbundene Umprogrammierung<br />

sämtlicher Nachkommen können in ihren<br />

Auswirkungen nicht eingeschätzt werden,<br />

sie sind unkalkulierbar. Sie betreffen die<br />

Genstruktur nachfolgender Generationen,<br />

ihre Manipulation muss aus ethischen<br />

Gründen tabu bleiben. Die Anwendung von<br />

Keimbahnveränderungen in der menschlichen<br />

DNA würde zudem das Risiko verursachen,<br />

dass die gewonnenen medizinischen<br />

Erkenntnisse nicht nur zur Abwendung von<br />

schweren Erkrankungen genutzt werden,<br />

sondern auch zur Entwicklung von optimierten<br />

Menschen („Designer-Babys“). Die<br />

genetische Optimierung von Menschen<br />

würde ein unausschöpfliches Betätigungsfeld<br />

bieten, dessen logisches Ergebnis darin<br />

bestehen würde, genetisch ideale Menschen<br />

zu erschaffen.<br />

7. Das Kolpingwerk tritt für hohe rechtliche<br />

Standards in der Bioethik in Deutschland<br />

ein, welche die Würde des Menschen<br />

vom Beginn bis zum Ende des Lebens schützen.<br />

Fotos: shutterstock_375421339, Barbara Bechtloff, Ludolf Dahmen<br />

4 KOLPINGMAGAZIN MAI-JUNI <strong>2016</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!