Innovative Wärmebehandlung von Keramik mit „low ... - Riedhammer
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422 KERAMISCHE ZEITSCHRIFT 6-2008<br />
Besondere Brennatmosphärenbedingungen<br />
sind beispielsweise im Schnellbrand<br />
beim Hartporzellan-Glattbrand notwendig.<br />
Schnellbrand heißt hier, den gesamten<br />
Brennprozess einschließlich der Kühlung in<br />
4–8 h durchzuführen. Die gewünschte Farbe<br />
und da<strong>mit</strong> Qualität das Porzellanscherbens<br />
wird durch eine nahstöchiometrische aber<br />
reduzierende Brennatmosphäre (Luftfaktor<br />
�≈0,95) im Temperaturbereich zwischen ca.<br />
1100 °C und der Maximaltemperatur <strong>von</strong> ca.<br />
1400 °C eingestellt und überwacht. Ähnlich<br />
wird die Qualität <strong>von</strong> Elektroporzellan, wie<br />
z. B. Hochspannungsisolatoren beeinflusst.<br />
Zur thermischen Behandlung <strong>von</strong> Schüttgütern<br />
unter bestimmten sauerstoffarmen Bedingungen<br />
können auch indirekt beheizte<br />
Drehrohröfen eingesetzt werden, die <strong>mit</strong><br />
Spezialdichtungen ausgerüstet sind (Bild 3)<br />
und deren Brennraum über entsprechende<br />
Lanzentechnik <strong>mit</strong> z. B. Inertgasen gespült<br />
wird.<br />
Bild 3 • Indirekt beheizter Drehrohrofen <strong>mit</strong> Atmosphärensteuerung<br />
Wenn größere Produktionskapazitäten <strong>von</strong><br />
Weichferriten benötigt werden, kommen<br />
elektrisch beheizte, gasdichte Rollenöfen<br />
und insbesondere gasdichte Platten schuböfen<br />
zum Einsatz.<br />
Die magnetischen Eigenschaften <strong>von</strong><br />
Weichferriten werden durch einen zum Teil<br />
sehr schnellen Wechsel <strong>von</strong> fast atmosphärischen<br />
Bedingungen in Sauerstoffbereiche bis<br />
zu 30 ppm erzielt. Dieser Atmosphärenwechsel<br />
ist in den letzten Abschnitten der Temperaturkurve<br />
zwischen Haltezeit bei Maximaltemperatur<br />
bis unterhalb der Curietemperatur<br />
notwendig. Je nach Produkt sind aber<br />
bereits in der Aufheizphase unterschiedliche<br />
Sauerstoffgehalte einzuhalten.<br />
Rollenöfen und Plattenschuböfen werden<br />
auch bei der Herstellung anderer Elektronikkeramiken<br />
und keramischer Dieselpartikelfilter<br />
eingesetzt.<br />
Wenn kleinere Produktionskapazitäten<br />
<strong>von</strong> Weichferriten benötigt werden, reichen<br />
-- Licensed for DVS Media GmbH --<br />
Bild 4 • Zwei elektrisch beheizte,<br />
gasdichte Hau ben öfen<br />
inter<strong>mit</strong>tierend betriebene<br />
Ofenanlagen aus. Das meist<br />
verwendete Aggregat für diese<br />
Produktion ist der elektrisch<br />
beheizte, gasdichte Haubenofen<br />
(Bild 4), in dem auch die<br />
o. g. geringen Sauerstoffwerte<br />
erreicht werden.<br />
Als weiteres Beispiel für die<br />
Vielzahl bekannter Anwendungen einer thermischen<br />
Behandlung <strong>mit</strong> niedrigem Sauerstoffgehalt<br />
sei die Herstellung <strong>von</strong> Kunstkohle<br />
genannt. Der Abbrand <strong>von</strong> Kohlenstoff<br />
kann nur verhindert werden, wenn kein Sauerstoff<br />
und nach dem Boudouard’schen<br />
Gleichgewicht kein CO 2-Gas während des Prozesses<br />
<strong>mit</strong> der Kunstkohle in Berührung<br />
kommt. Als eine typische Produktionsanlage<br />
kann hier der Tiefofen zur Herstellung <strong>von</strong><br />
Anoden und Kathoden genannt werden. Diese<br />
„quasi kontinuierliche“ Anlage besteht aus<br />
einzelnen Kammern, die <strong>mit</strong> Produkt gefüllt<br />
werden. Zwischen dem Produkt befinden<br />
sich Kanäle aus keramischen Kassettensteinen.<br />
Eine Brennerbühne „wandert“ im periodischen<br />
Abstand <strong>von</strong> 26–32 h <strong>von</strong> einer<br />
Kammer zur nächsten. Ihre Brenner erzeugen<br />
Abgase, die durch die Kanäle geführt<br />
werden und so für den indirekten Wärmeübergang<br />
sorgen. Vor dem Schließen jeder<br />
Kammer wird das Produkt allseitig in Koks<br />
eingepackt, um den Sauerstoffzutritt sicher<br />
zu verhindern.<br />
5 Die neue <strong>„low</strong>-O 2“-Technologie<br />
Die neue <strong>„low</strong>-O2“-Technologie für innovative<br />
<strong>Wärmebehandlung</strong>sanlagen <strong>mit</strong> integriertem<br />
Entbinderungsprozess unterscheidet<br />
sich im Wesentlichen in verfahrenstechnischer<br />
Hinsicht <strong>von</strong> den beschriebenen Anlagen.<br />
Die neue <strong>„low</strong>-O 2“-Technologie ist eine<br />
thermische Verfahrenstechnik, <strong>mit</strong> der bei<br />
nahstöchiometrischer Verbrennung die kürzeste,<br />
energetisch günstigste thermische Behandlung<br />
<strong>von</strong> keramischen Produkten bester<br />
Qualität erzielt wird. Als wichtigste Regelgröße<br />
ist die bei Betrachtung des Entbinderungsprozesses<br />
herzuleitende Abhängigkeit<br />
dieses Prozesses vom Sauerstoffgehalt und<br />
der Reaktionsintensität einzusetzen.<br />
Auch wenn die Konzentrationen der gasförmigen<br />
Entbinderungsprodukte in allen<br />
bisher bekannten Fällen im ungefährdeten<br />
ppm-Bereich liegen, ist für die neue <strong>„low</strong>-<br />
O 2“-Technologie die Kenntnis der Entbinderungsreaktionen<br />
und die Berechnung der<br />
möglichen Konzentrationen während des<br />
Entbinderungsprozesses notwendig, um Deflagrationen<br />
vorzubeugen.<br />
Wie die Tabellen 1–3 zeigen wird beim<br />
Entbinderungsprozess vorwiegend Formaldehyd<br />
– auch Methanal genannt – freigesetzt.<br />
Die Gase sind in einem Gas-Luftgemisch<br />
<strong>mit</strong> 7 % – das ist die untere Explosionsgrenze<br />
(UEG) – bis zur oberen Explosionsgrenze<br />
(OEG) <strong>mit</strong> 73 % explosiv. Die folgende Explosionsschutzbetrachtung<br />
bezieht sich beispielhaft<br />
auf das ternäre System Methanal, Stickstoff<br />
und Luft (Bild 5).<br />
Die drei Achsen <strong>mit</strong> einer Skaleneinteilung<br />
<strong>von</strong> jeweils 0–100 % definieren <strong>mit</strong> den jeweiligen<br />
Eckpunkten den Ausgangszustand<br />
einer reinen Komponente. Um Punkte im<br />
Dreistoffsystem eindeutig den prozentualen<br />
Anteilen zuzuordnen, werden die Bezugsachsen<br />
parallel verschoben, bis sie den gesuchten<br />
Konzentrationspunkt treffen. Die drei<br />
Konzentrationsanteile der Stoffe müssen zusammen<br />
immer 100 % ergeben. Zur Konzentrationser<strong>mit</strong>tlung<br />
eines Punktes reicht die<br />
Tabelle 2 • Pyrolyseprodukte <strong>von</strong> PVA<br />
Pyrolyseprodukte Summenformel<br />
Formaldehyd CH2O<br />
Acetaldehyd CH3CHO<br />
Cotonaldehyde C4H6O<br />
Benzen C6H6<br />
Phenol C6H5OH<br />
Benzaldehyd C7H6O<br />
Toluen C7H8<br />
Styrol C8H8<br />
Cresol C 7H 8O<br />
Benzofuran C8H6O<br />
Naphthalin C10H 8